Spiel mit dem Feuer - Tara Sue Me - E-Book

Spiel mit dem Feuer E-Book

Tara Sue Me

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Beschreibung

Julie Masterson sehnt sich nach Abenteuer und Gefahr. Eines Tages trifft sie auf Daniel Covington, den verführerischen Vizepräsidenten der Weston Bank. Er zieht sie nicht nur völlig in seinen Bann, sondern auch in eine Welt voll von prickelnder Erotik und diese Welt nimmt Julie vollkommen gefangen. Daniel selbst macht Julies Mischung aus Unschuld und Leidenschaft fast verrückt und lässt ihn sogar an seinem geliebten Single-Dasein zweifeln. Als das Knistern zwischen den beiden schließlich in Funken überschlägt, ist Daniel bereit, das Kommando über Julie komplett zu übernehmen. Doch schnell kommen die Gefahren ihres heißen Spiels zum Vorschein und Julie muss sich entscheiden, ob sie Daniel genug vertraut, um sich ihm ganz und gar hinzugeben, oder ob sie fliehen soll, bevor sein Feuer sie verbrennt.

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Seitenzahl: 330

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National­bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://d-nb.de abrufbar.

Für Fragen und Anregungen:

[email protected]

1. Auflage 2016

© 2016 by Lago, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH

Nymphenburger Straße 86

D-80636 München

Tel.: 089 651285-0

Fax: 089 652096

© der Originalausgabe 2014 by Tara Sue Me

Das amerikanische Original erschien 2014 bei New American Library unter dem Titel Seduced by Fire.

All rights reserved including the right of reproduction in whole or in part in any form.

This edition published by arrangement with New American Library, an imprint of Penguin Publishing Group, a division of Penguin Random House LLC.

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Übersetzung: Antoinette Gittinger

Redaktion: Dunja Reulein

Umschlaggestaltung: Kristin Hoffmann

Umschlagabbildung: iStock

Satz: Carsten Klein

ISBN Print 978-3-95761-124-6

ISBN E-Book (PDF) 978-3-95762-055-2

ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-95762-056-9

Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter

www.lago-verlag.de

Für Ginger, die – ohne es zu wissen – alles ins Rollen brachte.

Kapitel 1

Nach Ansicht von Sasha, Julies bester Freundin und Geschäftspartnerin, kauften Männer nur aus zwei Gründen Blumen: um einen zum Sex zu verführen oder erneut dazu zu verführen. Während Julie dies nicht für die absolute Wahrheit hielt, änderte Sasha, wenn sie sich eine Meinung gebildet hatte, diese nur selten.

Die Eingangstür von Petal Pushers, dem Blumenladen, der ihnen gemeinsam gehörte, öffnete sich mit einem melodischen Klingeln. Als Julie die beiden Kunden sah, die gerade den Laden betraten, beschloss sie, Sasha die Sache noch einmal darzulegen.

»Schau dir die beiden an«, sagte sie flüsternd und achtete darauf, dass die Kunden sie nicht hörten. »Ich zweifle stark daran, dass er versucht, sie zum Sex zu überreden.«

Sasha blickte von ihrem Computer hoch; sie war gerade damit beschäftigt, die Bestellungen für die nächste Woche aufzugeben. Der Mann, um den es ging, war hochgewachsen, mit ausgeprägten kantigen Gesichtszügen und schmutzig blondem Haar, doch die Frau neben ihm war nicht die übliche Vorzeigefreundin. Sie war eine ältere Dame, die gegen die Winterkälte in Wilmington, Delaware, einen weißen Wintermantel trug, der vermutlich mehr kostete, als Julie in einem Jahr verdiente.

»Heutzutage weiß man nie.« Sasha betätigte diverse Tasten auf dem Computer. »Ich muss noch schnell ein paar Anrufe erledigen. Kannst du die beiden bedienen?«

Julie bedeutete ihr mit einer Handbewegung, sich ins Büro im hinteren Teil des Ladens zu verziehen, und wandte ihre Aufmerksamkeit dem Paar zu, das sich immer noch neben der Tür aufhielt. Sie mus­terte den Mann, der in sein Handy sprach, und stellte fest, dass auch er einen sehr teuren Mantel trug. Die Frau neben ihm bewunderte gerade ein Blumenarrangement, das für eine bevorstehende Hochzeit bestimmt war.

»Guten Tag«, sagte Julie. »Herzlich willkommen. Kann ich Ihnen helfen?«

Die ältere Dame lächelte. »Heute Abend hat meine Urenkelin eine Ballettaufführung. Ich wollte ihr ein paar Blumen schenken.«

Sie wandte sich dem jungen Mann zu, der immer noch das Handy ans Ohr presste. »Daniel, leg es weg und komm her.«

Der Mann an der Tür sprach noch ein paar Worte in sein Handy und schaltete es dann aus. »Entschuldige, Großmama, aber es konnte nicht warten.«

Sie verdrehte die Augen. »Das kann es nie.«

»Das habe ich gehört.« Seine Stimme war tief und volltönend. Als er näher kam, verfing sich sein Blick in Julies. Wie Stahl, ging es ihr durch den Kopf, als sie seine blauen Augen sah. Hart und unnachgiebig. Sein Blick war so intensiv, dass sie sich unbehaglich fühlte.

Einen Moment lang glaubte sie, er durchschaue, welche Wirkung er auf sie ausübte, denn in seinen Augen leuchtete kurz Verstehen auf. Dann umspielte ein sanftes Lächeln seine Mundwinkel. »Wir suchen etwas, das das Herz einer fünfjährigen Ballerina begeistern kann.«

Julie nahm sich vor, sich auf den Wunsch des Kunden zu konzentrieren und nicht auf seine Augen. »Ihre Tochter?«

Die ältere Dame lachte. »Um Gottes willen, nein. Doch nicht Daniel«, sagte sie, so als sei die Vorstellung, Daniel könnte eine Tochter haben, höchst amüsant. »Es ist für seine Nichte.«

An Daniel schienen die Worte seiner Großmutter abzugleiten. Er hob lediglich eine Augenbraue und schickte sich an, seine Lederhandschuhe abzustreifen.

Er befreite einen Finger nach dem anderen, und Julie war aus unerfindlichem Grund unfähig, den Blick von dieser banalen Tätigkeit abzuwenden. Seine Finger waren lang und schlank. Als er endlich den zweiten Handschuh abgestreift hatte, bewunderte sie die Eleganz seiner Bewegungen. Ihre Fantasie ging mit ihr durch. Sie stellte sich vor, wie diese Finger ihre Haut berührten, diese Hände sie streichelten …

Wie würde sich die Berührung anfühlen, wenn er ihr Kinn umfasste und die Finger nach unten gleiten ließ, über ihre Brüste? Und noch weiter nach unten, über ihre Hüfte und immer näher an …

Er klatschte die Handschuhe gegen seine Handfläche.

»Die fünfjährige Ballerina«, erklärte er, und seine Augen blitzten, als er ihren erschreckten Gesichtsausdruck bemerkte, »liebt Rüschen, Ponys und alles, was Prinzessinnen mögen.«

Konzentrier dich auf die Blumen, schalt sie sich.

»Klingt, als würde sie pinkfarbene Rosen mögen.«

»Pinkfarbene Rosen. Ausgezeichneter Vorschlag, Miss Masterson«, erwiderte er leise, nachdem er einen Blick auf ihr Namensschild geworfen hatte. »Genau das habe ich auch gedacht, aber Großmama stellt sich Wildblumen vor.«

»Aufgrund Ihrer Schilderung schlage ich unbedingt pinkfarbene Rosen vor.«

»Wir nehmen ein Dutzend.« Seine blauen Augen ließen sie nicht los. Sie beugte sich weiter vor, als er noch leiser sprach. »Und welche Blumen mögen Sie, Miss Masterson?«

»Ich bin eigentlich kein Blumenmädchentyp.«

»Tatsächlich?«

Sie zuckte mit den Schultern. »Ich denke, es liegt daran, dass ich den ganzen Tag mit ihnen arbeite.«

Es war keineswegs so, dass sie Blumen nicht mochte; sie mochte es nur nicht, sie von Männern geschenkt zu bekommen. Ihrer Meinung nach gab es jede Menge anderer romantischer Geschenke.

»Daniel«, sagte seine Großmutter. »Hast du dich für etwas entschieden?«

Er zwinkerte Julie zu. »Wir nehmen die pinkfarbenen Rosen. Sie wird sie bestimmt mögen.«

Nachdem sie den Laden mit den Rosen verlassen hatten, versuchte Julie herauszufinden, was er an sich hatte, das sie so reagieren ließ. Er besaß ein natürliches Selbstbewusstsein, was aber viele ihrer Kunden hatten. Doch die Art, wie er sich bewegte, schien dies noch zu unterstreichen.

»Sind sie weg?«, fragte Sasha, die aus dem Büro wieder nach vorne kam und sich mit den Fingern durch die dunkle Igelfrisur fuhr.

»Ja. Und du hast dich geirrt – er hatte nicht vor, jemanden anzumachen, sondern kaufte Blumen für seine Nichte.«

Sasha blätterte die Kassenbons des Tages durch. »Daniel Covington braucht nicht zu versuchen, jemanden anzumachen. Die Frauen lassen schon allein bei seinem Anblick die Höschen fallen.«

Julie blickte von dem Blumenarrangement, das sie gerade zusammengestellt hatte, hoch. »Kennst du ihn?«

Es hätte sie eigentlich nicht überraschen dürfen, denn Sasha kannte Gott und die Welt. Das war auch einer der Gründe, weshalb ihr Blumenladen so erfolgreich war. Julie war die Geschäftstüchtige von beiden, Sasha für die PR zuständig.

Oder vielleicht hatte sie mal eine Affäre mit ihm gehabt. Sasha war dafür bekannt, dass sie die Männer wie Hemden wechselte. Jeden zweiten Monat schleppte sie einen anderen Kerl an. Einen neuen und besseren, höchst austauschbaren. Aber an Daniel hätte sich Julie bestimmt erinnert.

»Ich kenne ihn nicht persönlich«, erklärte sie. »Aber ich weiß, wer er ist. Er ist der Senior-Vizepräsident der Weston Bank.«

Die zweitgrößte Bank in Delaware.

Das erklärte also, weshalb er keine Miene verzog, als er den Preis für ein Dutzend pinkfarbener Rosen im Januar hörte.

»Wohlhabend und gut aussehend«, bemerkte Julie seufzend. »Das Leben ist so ungerecht.«

Sashas Kopf schnellte hoch. »Nicht du auch noch.«

»Was meinst du damit?«

»Dass du auch auf Daniel scharf bist.«

Julie nahm die Blume, die sie gerade beschnitten hatte, hoch und drehte sie zwischen den Fingern. Sie bemühte sich, die Vorstellung von Daniels Händen auf ihrem Körper zu verdrängen. »Das bin ich wirklich nicht. Was geht dich das übrigens an? Du predigst mir doch immer, öfter auszugehen.«

»Dabei meinte ich aber nicht mit ihm.«

»Willst du damit sagen, dass ich für den Senior-Vizepräsidenten der Weston Bank nicht gut genug bin?«, bemerkte Julie und richtete die Blume auf Sasha. »Zwing mich nicht, zu dir rüberzukommen.«

Diese Worte waren als Scherz gedacht, aber im Grunde kaschierten sie einfach ihre Verletzung wegen der Unterstellung, sie sei für jemanden wie Daniel nicht gut genug. Ja, sie war verletzt, aber auch wütend auf ihre Freundin. Wie konnte sie nur andeuten, dass eine Führungspersönlichkeit tabu für sie sei? Und wer war denn schon Sasha, um das beurteilen zu können? Es war ja nicht gerade so, dass sie besonders erfolgreich mit Männern war.

»Ich will dir damit nur klarmachen, dass du nicht zu ihm passt.«

»Und ich dachte, du kennst ihn nicht?«

»Tu ich auch nicht«, konterte Sasha in einem Ton, der Julie als Warnung dienen sollte, das Thema fortzuführen.

Julie überlegte, ob sie weitermachen sollte. Was wusste Sasha über Daniel, das sie so sicher sein ließ, dass sie nicht zusammenpassten? Erneut überlegte sie, ob sie nicht doch eine Affäre gehabt hatten.

»Spielt ja auch keine Rolle«, sagte sie schließlich. »Er wollte ja nur Rosen kaufen, ich werde ihn vermutlich nie mehr wiedersehen.« Denn das Leben war wirklich nicht fair.

Sasha warf ihr einen entschuldigenden Blick zu und deutete mit einer Kopfbewegung auf die arrangierten Blumen, an denen sich Julie zu schaffen machte. »Andererseits scheinen Menschen, die wir nicht unbedingt wiedersehen möchten, immer wieder aufzukreuzen. Hinten im Büro hatte ich gerade einen Anruf.«

Julie ließ die Blume fallen. »Mrs Grant? Schon wieder? Sie hat ihre Bestellung bereits zweimal geändert.«

»Sie hat einen Artikel gelesen.«

»Natürlich hat sie das.«

Sasha kramte in ihrer Tasche und förderte einen Zehndollarschein zutage. »Holst du uns einen Caffè mocha? Dieses Mal kümmere ich mich um sie.«

Julie nahm das Geld. »Du bist die Beste.«

»Vergiss das bloß nicht«, neckte ihre Freundin sie, als sie abschwirrte.

Das Geräusch von auf Haut klatschender Haut durchdrang das ansonsten ruhige Spielzimmer, in dem Daniel das Paar beobachtete. Ron war sein neuer Schützling, eine heiß begehrte Position in ihrer lokalen BDSM-Gruppe. Daniel hatte sich hin und wieder mit dem jungen Mann unterhalten, aber heute hatte er ihn das erste Mal mit einer Sub beobachtet.

Dena war eine erfahrene Sub in ihrer Gruppe. Eine gute Wahl für einen Dom im Training. Das war auch der Grund, weshalb Daniel sie gebeten hatte, nachmittags zu ihnen zu kommen.

Daniel trat an den mit einer weichen Unterlage ausgestatteten Tisch, auf dem Ron die Sub positioniert hatte. »Ideale Stelle«, sagte er in Reaktion auf das Spanking, das der junge Mann gerade verabreicht hatte. »Aber mach es noch einmal, dieses Mal stärker.« Er fuhr mit der Hand über Denas Hintern. Kaum warm. »Auch wenn sie keine Masochistin ist, muss sie es spüren.«

Ron nickte und widmete sich erneut dem Spanking.

»Achte auf Zeichen«, erklärte ihm Daniel. Dena war nicht befohlen worden, ruhig zu sein, und sie war auch nicht gefesselt. »Wenn sie in Erregung gerät, wird sie sich dir entgegendrängen. Hör ihr zu. Wenn ihr nicht befohlen wurde, still zu sein, kannst du ihre Reaktion an ihrem Stöhnen erkennen.« Er hob die Stimme, damit sie ihn besser hören konnte. »Aber heute habe ich Schweigen geboten. Sollte sie auch nur ein Wimmern von sich geben, dann kannst du beobachten, wie ich sie bestrafe.«

Ihm entging nicht, wie ihr Atem stockte. Er lächelte und stellte sich neben ihren Kopf. »Freu dich nicht zu sehr, Mädchen, ich nenne es Bestrafung aus einem bestimmten Grund. Es wird dir nicht gefallen.«

Dena wappnete sich, und Daniel hätte darauf wetten können, dass es heute keinen Ungehorsam geben würde. Er trat einen Schritt zurück, sodass er beide Teilnehmer im Blick hatte. Ron führte seinen Schlag kräftiger aus, und sie mochte es.

»Fass zwischen ihre Beine«, befahl ihm Daniel. »Dann merkst du, wie feucht sie ist, und kannst ihre Erregung steigern.«

Ron versetzte ihr noch einen Klaps auf den Hintern und ließ die Hände dann zwischen ihre Beine gleiten. »Sie ist feucht.«

»Versetz ihrer Möse mehrmals einen schnellen harten Schlag und sag ihr, dass sie ein braves Mädchen ist.«

Ron setzte die Lektion fort, befolgte Daniels Rat, korrigierte sich, wenn erforderlich, und brachte Dena dem Höhepunkt immer näher. Während Daniel beobachtete, wie sein Schützling die Sub oral befriedigte, erkannte er sein eigenes Bedürfnis. Es war schon Wochen her, dass er mit jemandem gespielt hatte; viel zu lange, seit er eine Frau unterworfen und ihr gezeigt hatte, welche Lust er ihr verschaffen konnte.

Unwillkürlich wanderten seine Gedanken zu der kleinen Floristin mit dem langen dunklen Haar zurück, mit der er sich vor ein paar Tagen unterhalten hatte. Sie hatte etwas Besonderes an sich. Nicht nur ihr gutes Aussehen zog ihn an, es war mehr. Vielleicht war es der intelligente und selbstsichere Ausdruck ihrer Augen oder ihre ungenierte Art, ihn zu mustern. Zwischen ihnen hatte zweifellos eine gewisse sexuelle Spannung geherrscht. Wie wäre es wohl, wenn sie sich ihm unterwerfen würde? Er ihre Lust kontrollieren würde? Es fiel ihm nicht schwer, sie sich auf den Knien vor ihm vorzustellen.

Vergiss es, schalt er sich. Sie ist nichts Besonderes.

Nicht, dass er es genau gewusst hätte, aber vor langer Zeit hatte er gelernt, dass man am besten davon ausging, eine Frau sei 08/15, bevor man sich vom Gegenteil überzeugt hatte.

Er zwang sich, sich wieder auf das Paar vor ihm zu konzentrieren. Er musste Ron beibringen, wie man sich um eine Sub kümmerte, nachdem das Spiel zu Ende war, und seine Gedanken an die verführerische Floristin verdrängen.

Denn sosehr er sich auch bemühte, den Gedanken abzuschütteln, wusste er, dass es nur eine Frage der Zeit wäre, bis sie ihn in seinen Fantasien verfolgte.

»Dena«, sagte er, als Ron das Haus verlassen hatte. »Würde es dir gefallen, noch etwas zu bleiben?«

Dena warf ihm einen Blick zu und nickte. In ihren Augen las er freudige Erwartung.

Verdammt. Vermutlich denkt sie, ich will spielen.

Nicht, dass dies undenkbar wäre. Sie hatten bereits miteinander gespielt. Sie war eine attraktive Frau und hatte ihre Rolle als Sub voll angenommen. Er hatte sich schon öfter die Frage gestellt, warum sie nie ein Paar geworden waren, fand aber keine einleuchtende Antwort. Schließlich tat er es damit ab, dass er noch nicht bereit war für eine feste Beziehung.

Als sie in der Küche waren, schenkte er ihr ein Glas Wasser ein und rückte ihr einen Stuhl zurecht.

»Danke«, sagte sie und nahm Platz. Sie warf den Kopf in den Na­cken.

»Alles in Ordnung?«

»Ja, natürlich.« Er schenkte sich ebenfalls ein Glas ein und setzte sich ihr gegenüber. »Was hältst du von Ron?«

»Er besitzt Potenzial. Ich habe schon schlechter gedient.« Ihr Mundwinkel kräuselte sich ein wenig. »Natürlich habe ich auch schon besser gedient.«

Ihr schelmischer Kommentar weckte in ihm die Erinnerung an das letzte Mal, als sie gespielt hatten. Doch zu seinem Erstaunen verblassten die Erinnerungen im Vergleich zu den Fantasien, die ihn beim Gedanken an die Floristin überfielen. Er stellte sich unwillkürlich vor, wie sie vor ihm kniete.

Stopp! Er ballte eine Faust. Er würde seine Gedanken in Schach halten, sie würden ihn nicht übermannen. Er riss sich zusammen und konzentrierte sich auf die Unterhaltung mit Dena. »Ich finde auch, dass er Potenzial zeigt, er ist begierig zu lernen.«

Seit über zehn Jahren führte Daniel den Lebensstil eines Doms und war seit fünf Jahren als Mentor tätig. In dieser Zeit hatte er viele Männer und Frauen kennengelernt, die Doms oder Dominas werden wollten. Häufig funktionierte es nicht, weil sie BDSM als eine Möglichkeit sahen, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen, zu kontrollieren und Macht über eine oder einen Sub auszuüben. Auch wenn es seiner Meinung nach bei einem Machtaustausch Platz hierfür gab, war die Fürsorge eines Doms für seine Sub um vieles wichtiger. Wie er ihr Vertrauen gewann und dieses nutzte, um ihnen beiden Lust zu verschaffen.

Erneut wanderten seine Gedanken zurück zu der Floristin. Wie wäre es wohl, wenn er mit ihrer Unterwerfung betraut würde? Er stellte sich vor, wie sie unten in seinem Spielzimmer über den Tisch gebeugt wäre, den Hintern ihm zugewandt, die Beine gespreizt und bereit, alles mit ihrem Körper machen zu lassen, wozu ihm zumute war.

Allein schon bei der Vorstellung wurde sein Schwanz hart.

»Herr, Sie scheinen heute etwas zerstreut zu sein.«

Die Subs ihrer Gruppe mussten, wenn sie sich nicht in der Öffentlichkeit aufhielten, die Doms mit »Herr« anreden. Daniel hatte Dena die Erlaubnis erteilt, ihn beim Namen zu nennen, wenn sie nicht spielten. Es war leicht zu durchschauen, dass sie ihm durch die formellere Anrede auf subtile Weise andeuten wollte, dass sie Interesse daran hatte zu spielen.

Er musste sie dazu bringen, sich auf etwas anderes zu konzentrieren. »Mir geht gerade viel durch den Kopf.« Bevor sie ihm anbieten konnte, ihn abzulenken, fuhr er fort: »Ich habe Ron aufgetragen, dich in den nächsten zwei Tagen anzurufen. Lass mich wissen, wenn er’s nicht tut. Ich würde auch gern von dir wissen, in welchen Bereichen er Unterstützung benötigt.«

Sie nickte, war nicht überrascht. Sie hatte schon vorher mit Doms trainiert und wusste, was erwartet wurde. »Ende der Woche schicke ich dir eine Mail.«

»Ist heute irgendetwas geschehen, worüber du gerne reden würdest?«

Sie schüttelte den Kopf. »Es hat sich nichts Außergewöhnliches oder Unerwartetes ereignet.«

»Fein.«

»Hast du immer noch vor, beim nächsten Treffen eine Rede zu halten?«

Ihre Ortsgruppe hielt einmal pro Monat ein Treffen ab, im Allgemeinen vor einer Party, und er hatte vor, beim nächsten Treffen eine Rede zu halten. »Ja.«

»Lass mich wissen, wenn du Hilfe bei einer Demonstration oder Ähnlichem brauchst.«

Er verspürte das Bedürfnis nach einem langen, anstrengenden Jogging. Es wurde Zeit, dass sie ging. Er trank sein Wasser aus und schob den Stuhl zurück. »Ich glaube, ich komme zurecht, aber danke für dein Angebot. Komm, ich begleite dich zur Tür.«

Sie rührte sich nicht von der Stelle, und ihre Mundwinkel kräuselten sich zu einem verschmitzten Lächeln. »Ich hatte eigentlich gehofft, wir könnten uns noch etwas in Ihrem Spielzimmer aufhalten, Herr.«

Es wäre so einfach. Nur ein Wort und ein leichtes Nicken, und sie würde sich ihm unterwerfen. Sie bot ihm ihren Körper an, damit er sein Verlangen stillen konnte, und ein Teil von ihm wollte das Angebot annehmen. Ihren Körper benutzen. Sie benutzen. Aber der größte Teil von ihm wusste, dass er nicht in der richtigen mentalen Verfassung für das Spielzimmer war. Es wäre reine Geilheit und Dummheit, sie dorthin zu führen. Also beherrschte er sich und nickte lediglich.

»Nicht heute, Dena.« Er streichelte ihre Wange und hoffte, durch diese Geste ihre eventuelle Verlegenheit zu vertreiben. »Ich muss jetzt unbedingt noch ein paar Anrufe erledigen.«

Als sie gegangen war, zog er sich um und ging joggen. Danach stellte er sich unter die Dusche, öffnete dann seinen Laptop und scrollte sich durch die Mails, die ihm sein Verwaltungsassistent in den letzten Wochen geschickt hatte. Beim Joggen war ihm plötzlich etwas in den Sinn gekommen. Aus Erfahrung wusste er, dass er so lange grübeln würde, bis er die Sache überprüft hatte. Er sortierte die Mails und suchte nach einer bestimmten.

Und da war sie.

Er überflog sie, trommelte ein paar Augenblicke mit den Fingerspitzen auf die Tischplatte, dann beantwortete er sie.

»Ich kann nicht glauben, dass du mir verschwiegen hast, dass wir einen Auftrag von der Weston Bank haben.« Julie knallte die Wagentür zu, verriegelte sie und warf Sasha einen bösen Blick zu. »Daniel Covington hält mich sicherlich für eine Idiotin, weil ich es in unserem Gespräch nicht erwähnt habe.«

Gestern hatte Sasha beiläufig erwähnt, dass heute um zwei Uhr eine Sitzung in der Bank stattfände, um die Blumenarrangements für die Benefizgala der Melanom-Stiftung in zwei Wochen zu besprechen.

Sasha trat neben sie. »Ehrlich, Jules, ich bin mir sicher, dass Daniel Covington keine blasse Ahnung hat, wer die Blumen liefert.«

Tap. Tap. Tap. Julie konzentrierte sich auf das Geräusch, das ihre High Heels auf dem Gehsteig hinterließen. Sie konnte es sich nicht leisten, bei diesem Treffen nervös zu sein. Die Gala war ein großes Ereignis. Wenn alles klappte, konnte dies in Zukunft zu größeren Aufträgen führen. Im Übrigen hatte Sasha sich richtig verhalten. Hätte Julie von diesem Treffen gewusst, hätte sie sich nur Sorgen gemacht. Es war Daniel durchaus zuzutrauen, dass er davon ausging, die Blumen würden aus dem Nichts auftauchen.

»Du hast recht. Im Übrigen konntest du ja nicht wissen, dass er mit seiner Großmutter vorbeikommen würde«, bemerkte Julie und stieß die Tür auf. »Wenn dieses Treffen gut ausgeht, lade ich dich zum Essen ein.«

»Super, denn alles, was ich zu Hause habe, ist eine überreife Banane.«

Die Dame am Empfang notierte ihre Namen und führte sie zu einem kleinen Sitzungszimmer. »Mr Covington ist gleich bei Ihnen.«

Julies Kopf schnellte zu Sasha herum. »Was hat sie gesagt?«

Sasha blickte genauso überrascht wie Julie. »Offensichtlich weiß er doch über die Blumen Bescheid.«

Glücklicher- oder unglücklicherweise, je nachdem, wie sie es betrachtete, hatte Julie nicht die Zeit, sich damit aufzuhalten. Innerhalb weniger Augenblicke wurde die Tür aufgerissen, und Daniel schneite herein. Er trug einen leichten grauen Anzug und eine hellblaue Krawatte, die perfekt zu seinen Augen passte. Als er Sasha sah, wirkte er kurz überrascht, doch als er sich Julie zuwandte, lächelte er strahlend und streckte die Hand aus.

»Miss Masterson, ich freue mich, Sie wiederzusehen. Meine Nichte war begeistert von den Rosen.«

Dann wandte er sich an Sasha und schüttelte ihr die Hand. »Miss Blake.«

Julie erkannte sofort, dass zwischen ihnen ein Funke des Wiedererkennens aufblitzte. Doch weder Sasha noch Daniel schienen es anerkennen zu wollen, als hätten sie stillschweigend vereinbart, so zu tun, als würden sie sich nicht kennen.

Daniel wies auf die Stühle. »Setzen wir uns doch und besprechen alles.«

Ein Vizepräsident hatte doch wohl Wichtigeres zu tun, als sich über die Blumen für eine Benefizgala Gedanken zu machen? Aber es gehörte sich nicht, danach zu fragen, sodass Julie seiner Aufforderung folgte und Platz nahm.

»Diese Benefizgala liegt mir sehr am Herzen«, sagte Daniel. »Mein Großvater starb an einem Melanom.«

»Das tut mir leid«, erwiderte Julie.

»Danke, aber es ist schon Jahre her. Die Blumen, die letztes Jahr für die Gala geliefert wurden, waren unter aller Kritik, und ich wollte sicherstellen, dass so etwas nicht noch einmal vorkommt. Deshalb haben wir dieses Mal Sie mit dem Blumenschmuck beauftragt.«

»Ich versichere Ihnen, dass Petal Pushers nur erstklassige Blumen liefert«, sagte Julie.

»Das höre ich gerne.« Sein Lächeln wirkte natürlich und freundlich, doch sein Blick verriet einen Hauch von Verlangen.

Fünfundzwanzig Minuten später hatten sie sich über den Blumenschmuck und die Preise geeinigt. Daniel unterzeichnete den Vertrag mit Schwung und lächelte.

»Es ist mir ein Vergnügen, Geschäfte mit Ihnen zu machen. Ich habe das Gefühl, dass ich mich in erfahrenen Händen befinde.«

Als sie sich zum Gehen anschickten, wandte er sich an Sasha. »Kann ich bitte einen Augenblick mit Miss Masterson allein sprechen?«

Sashas Miene verriet Argwohn, doch sie kniff die Lippen zusammen und nickte. »Julie, ich warte im Auto auf dich.«

Julies Herz raste, und sie hatte das Gefühl, dass die Raumtemperatur um mindestens fünfzehn Grad zugenommen hatte.

»Julie«, sagte Daniel, als sich die Tür hinter Sasha geschlossen hatte. »Der Name passt zu Ihnen. Darf ich Sie Julie nennen?«

Wild entschlossen, nicht so nervös zu erscheinen, wie ihr zumute war, lächelte sie. »Wenn ich Daniel zu Ihnen sagen darf.«

»Natürlich.« Spielte ihr ihre Fantasie einen Streich oder verdüsterte sich sein Blick, als er sprach? »Julie, ich habe mich gerade gefragt, ob Sie, abgesehen von dem Blumenschmuck, an der Gala teilnehmen werden?«

Ein Ticket kostete hundert Dollar, was sie sich nicht leisten konnte. »Nein, ich werde vor Beginn dort sein, und wenn alles arrangiert ist, ziehe ich mich wieder zurück.«

Er trat einen Schritt auf sie zu, und ihr Herzschlag spielte verrückt. »Und wenn ich Sie als meine Tischdame einladen würde, würden Sie dann kommen?«

Unwillkürlich dachte sie an Sashas warnende Worte, doch sie verdrängte sie. Zwischen ihr und Daniel herrschte eine besondere Chemie. Sie hatte es bereits bei der ersten Begegnung gefühlt, und offensichtlich ging es ihm genauso. Sie wäre eine Närrin, wenn sie dem nicht auf den Grund gehen würde.

Doch wie konnte sie beides unter einen Hut bringen? Sich um den Blumenschmuck für die Benefizgala zu kümmern und sich gleichzeitig für den Abend rauszuputzen?

Am besten wäre es, in dem Hotel, in dem sie stattfand, ein Zimmer zu reservieren. Das Problem war nur, dass es sich um ein Fünfsternehotel handelte, mit den entsprechenden Preisen. Sie stellte sich kurz ihr Rendezvous mit Daniel vor und wusste, sie würde den horrenden Hotelzimmerpreis bezahlen.

»Sie können Nein sagen, ich verspreche Ihnen, ich kann es ertragen.«

Ihr Kopf schnellte herum. »Wie bitte? Oh nein. Ich habe nur in Gedanken versucht, die Logistik auszutüfteln. Ich würde Ihre Einladung gerne annehmen.«

»Und ist es Ihnen gelungen?«

Nein. Sie hatte keine Vorstellung, wie das alles funktionieren sollte, wie sie alles auf die Reihe bringen könnte. Den Gedanken an Sashas Kommentar verdrängte sie völlig. Der Blick in seine faszinierenden Augen und sein Lächeln ließen sie alles andere vergessen.

»Nein, noch nicht. Aber ich werde eine Lösung finden.«

»Würde ich mein Glück damit überstrapazieren, Sie irgendwann nächste Woche vor der Benefizgala auf einen Kaffee einzuladen?«

Zwei Dates in einer Woche? »Donnerstagnachmittag?«

Er holte unter dem Stapel von Papieren auf seinem Schreibtisch eine Visitenkarte hervor und kritzelte etwas darauf. »Da ist meine Handynummer. Rufen Sie mich bitte an.«

Das würde sie, ganz bestimmt.

Eine Woche später gab sie gerade einem Begräbnisgesteck den letzten Touch, als Sasha hereinkam. Es war Mittwoch. Neuerdings gönnte sich Sasha mittwochs immer eine lange Mittagspause, um mit ihrem neuesten Freund Peter zusammen zu sein.

»Wie war dein Essen?«, erkundigte sich Julie. Dabei hätte sie sich die Frage sparen können. Denn so wie Julie ins Geschäft schlenderte, mit der Ausstrahlung »befriedigte Frau«, und hie und da an einer Blüte zupfte, erübrigten sich Worte.

»Du weißt, dass ich keinen Bissen zu mir genommen habe.« Ihr Blick verschleierte sich, und sie grinste. »Aber da du es erwähnt hast. Während ich …«

»Lass es gut sein, keine perversen Sexgespräche im Laden. Es könnte jede Minute jemand hereinkommen.«

Julie wusste, dass ihre Freundin Sascha eine Sub war, und kannte einige Details dieser sexuellen Praktik. Jedes Mal, wenn Sasha mit einem neuen Dom zugange war, fungierte Julie als ihr Sicherheitsdienst und wartete eine bestimmte Zeit darauf, dass Sasha ihr unter einem Geheimcode eine SMS schickte oder sie anrief, damit Julie wusste, dass alles in Ordnung war. Obwohl ein Teil von ihr der Meinung war, dass es irgendwie beängstigend sein sollte, dass etwas wie ein Sicherheitsanruf nötig war, fragte sich ein noch größerer Teil von ihr, wie es sich wohl anfühlen würde, sich sexuell zu unterwerfen.

»Ich meine ja nur«, erwiderte Sasha. »Einen guten erkennt man schnell. Es ist, als ob sie Gedanken lesen könnten. Irgendwie eigenartig.«

»Einen guten was?«

»Einen guten Dom.«

»Der Typ, der das Kommando hat?«

»Es ist so viel mehr. Es ist wie ein Kribbeln. Und wenn man den richtigen Dom gefunden hat, ist es ein Erlebnis.« Sasha seufzte vor tiefer Befriedigung und gleichzeitiger Erregung.

Wenn Julie Sasha so reden hörte, verspürte sie immer stärker den Wunsch, es zu versuchen. Schließlich schien es Sasha zu gefallen. Und nur weil sie es versuchte, brauchte es ja nicht für immer zu sein. Sie konnte einfach testen, ob es ihr zusagte.

Kaum war ihr dieser Gedanke durch den Kopf gegangen, überlegte sie, wie es wohl sein würde, die Sub von Daniel zu sein. Würde er im Bett sanft sein oder sich brutal und schnell das nehmen, was er wollte?

»Du seufzt ja«, bemerkte Sasha. »Was geht dir durch den Kopf?«

Hatte sie laut geseufzt? Sie hatte es nicht gemerkt.

»Hab nur über etwas nachgedacht.«

»Könnte dieses Etwas ein gewisser Vizepräsident sein?«

»In letzter Zeit dreht sich hier alles um ihn.«

»Sei einfach vorsichtig, okay?«

Aber genau das war das Problem. Sie war immer vorsichtig. Doch einmal wollte sie etwas riskieren.

Als Julie am Donnerstag beim Café angelangt war, wartete Daniel drinnen auf sie. Sie beobachtete ihn einen Moment lang vom Fenster aus. Da er direkt aus der Firma kam, trug er einen eleganten dunklen Anzug, der einen reizvollen Kontrast zu seinen blonden Haaren bildete und sein gutes Aussehen unterstrich. Er zog die bewundernden Blicke einiger Frauen auf sich.

Dieses Café, das einem Ortsansässigen gehörte, war das Stammlokal von Sasha und ihr. Ausgestattet mit exklusiven Ledersofas und handgefertigten Bücherregalen, war es der ideale Aufenthaltsort für einen Winternachmittag. Sie fragte sich, ob Daniel schon mal hier gewesen war. Er starrte gerade auf eine Wand im Hintergrund. Doch sie konnte nicht sehen, worauf er blickte.

Musste ein schlechter Tag gewesen sein.

Sie warf einen Blick auf das Poloshirt, das sie immer bei der Arbeit trug, und wünschte sich, sie hätte Zeit gehabt, nach Hause zu laufen und sich etwas Hübscheres anzuziehen. Wenn sie neben Daniel trat, würde es nicht so aussehen, als gehöre sie zu ihm. Sie schüttelte den Kopf und stieß die Tür auf. Sollten die Leute doch denken, was sie wollten. Im Augenblick war sie mit Daniel verabredet, und das war alles, was zählte.

Als er sie erblickte, hellte sich seine Miene auf, und er kam auf sie zu. »Hallo, kommen Sie schnell herein. Geben Sie mir Ihren Mantel,«

Sie schälte sich aus ihrem Wintermantel und beherrschte sich mühsam, keine Reaktion zu zeigen, als sich ihre Hände streiften. »Danke.«

Er wirkte völlig ungerührt und hängte den Mantel an den Garderobenständer neben der Tür. »Wollen Sie sich um einen Tisch kümmern, während ich an der Theke die Bestellung aufgebe?«

Sie zählte ihre Wünsche auf: einen Milchkaffee und einen Heidelbeerscone. Dann suchte sie einen Tisch und wartete. Er stand noch nicht lange in der Schlange, als eine junge Frau auf ihn zuging und auf ihn einsprach. Er schüttelte den Kopf. Die junge Frau machte Anstalten, ihn zu berühren, aber er bedachte sie mit einem Blick, der sie erstarren ließ.

Dieser Blick verwirrte Julie ein wenig. Er war so kalt und streng gewesen, schien gar nicht zu Daniel zu passen. Zumindest soweit sie Daniel bis jetzt kannte. Aber vielleicht hatte sie ihn keineswegs so korrekt eingeschätzt, wie sie dachte.

Als er wenige Minuten später an ihren Tisch trat, fragte sie ihn: »Hat das Mädchen Sie angebaggert?«

Er stellte den Milchkaffee und den Scone vor sie hin. »Ja, manche Leute können nicht verstehen, wenn man Nein sagt.«

»Manche Leute sind wirklich dreist. Ich kann mir nicht vorstellen, einen Fremden in einem Café anzusprechen.«

Er trank einen Schluck. »Sie war keine Fremde.«

Das konnte bedeuten, dass sie eine Ex war, eine Freundin, die mehr wollte, vielleicht eine Geschäftspartnerin? Gerne hätte sie gefragt, unterließ es aber. Es war ihr erstes Date; sie hatte keine Ansprüche auf ihn, und er schuldete ihr keine Erklärung.

»Ich bin sehr wählerisch bei der Auswahl der Damen, mit denen ich ausgehe«, sagte er.

Sie hob eine Augenbraue, und er lachte.

»Das hört sich etwas snobistisch an, nicht wahr?«, fragte er.

»Etwas. Es klingt, als wären Sie der Meinung, wir Übrigen würden uns mit jedem treffen, der Grundkenntnisse in Englisch besitzt und noch die meisten seiner Zähne hat.«

»Dann lassen Sie es mich neu formulieren.« Er saß da und grübelte eine Weile, dann gab er sich geschlagen. »Nein, mir fällt nichts ein.«

»Geht in Ordnung, ich verstehe. Sie haben bestimmte Kriterien, die eine Frau erfüllen muss, und einige fallen durchs Raster. Ich bin bei der Auswahl meiner Begleiter ebenfalls wählerisch.«

»Da bin ich aber froh, dass ich den Anforderungen gerecht werde.«

Sie zuckte mit den Achseln. »Was soll ich sagen, ich bin einfach Wachs in den Händen eines Mannes, der in ganzen Sätzen spricht.«

Er nahm es nicht so amüsiert auf, wie sie gehofft hatte, aber sein Blick verriet sehnsüchtiges Verlangen. »Ich zweifle daran, dass Sie Wachs in den Händen irgendeines Mannes wären, egal, wie gut er sich ausdrücken kann.«

Sämtliche Unterhaltungen, die sie je mit Sasha über Unterwerfung gehabt hatte, gingen ihr durch den Kopf, doch sie verdrängte sie. Stattdessen konzentrierte sie sich auf Daniel. Es fiel ihr schwer, den Gedanken daran, wie sie Wachs in seinen Händen wäre, beiseitezuschieben.

»Es ist eine Redensart. Ich bin eine Geschäftsfrau. Ich bin in niemandes Händen Wachs und habe auch nicht vor, es zu sein.«

»Ist das so?« Er blickte ihr so tief in die Augen, dass sie sich fragte, ob er durch sie hindurchschaute.

»Ja«, bekräftigte sie, aber nicht einmal sie selbst glaubte an ihre Worte. Der Blick, den Daniel ihr zuwarf, verriet ihr, dass er es ebenfalls nicht tat.

»Das ist aber jammerschade.«

Er sprach so leise, dass sie nicht sicher war, ob seine Worte für ihre Ohren bestimmt waren.

Er wechselte das Thema, kam auf die Benefizgala am Samstag zu sprechen. Julie fragte ihn nach seinem Großvater, und er freute sich, über ihn sprechen zu können. Er erzählte ihr einige Geschichten, wie er als Junge mit ihm beim Angeln gewesen war, was sie zum Lachen brachte. Doch sie erkannte auch, wie viel Herzlichkeit und Wärme zwischen den beiden geherrscht hatte. Ihre Großeltern waren noch vor ihrer Geburt gestorben, sodass sie keine derartige Verbundenheit fühlte, wie es bei Daniel und seinem Großvater der Fall gewesen war. Sie bewunderte die Liebe, die er offensichtlich für seinen Großvater empfand, und war gerührt, dass er dies durch die Organisation der jährlichen Benefizgala der Melanom-Stiftung zum Ausdruck brachte.

Sie empfand Daniel als unkomplizierten, amüsanten Gesprächspartner. Er besaß eine Ausstrahlung, die ihr Wohlbehagen vermittelte. Mit Ausnahme der Augenblicke – und es gab mehrere, was ihr zeigte, dass sie es sich nicht einbildete –, als er sie mit seinen blauen Augen so durchdringend ansah, dass es ihr den Atem raubte.

Daniel übte eine ungewöhnliche Anziehungskraft auf sie aus. Sie wusste nur noch nicht genau, woran das lag.

Kapitel 2

Der Tag der Melanom-Benefizgala brachte genau das Ausmaß an Problemen und Chaos mit sich, das Daniel von großen Benefizveranstaltungen erwartete. Deshalb war er froh, dass er erfahrenen Firmen gutes Geld gezahlt hatte, damit sie auftretende Probleme aus dem Weg räumten.

Er war drei Stunden vor dem erwarteten Eintreffen des ersten Gasts im Hotel aufgetaucht, hatte also genug Zeit, um alles zu überprüfen und in aller Ruhe in seinen Smoking zu schlüpfen, bevor er dann seinen Auftritt hatte.

Das ist nicht der wahre Grund, weshalb du so früh gekommen bist.

Nein, der wahre Grund war der, dass er Julie sehen wollte.

Diese war im Augenblick damit beschäftigt, einem armen Lieferjungen eine Predigt über irgendetwas zu halten. Sie hatte die Hände in die Hüften gestemmt und deutete von Zeit zu Zeit auf eine Blumenvase. Der Anblick, wie sie die Führung übernahm und alles Fehlerhafte korrigierte, ließ ihn eine unangenehme Erektion bekommen.

Sie hatte ihr braunes Haar zu einem lockeren Knoten aufgesteckt. Allzu leicht kam in ihm die Vorstellung auf, wie er den Knoten lös­te, mit seinen Fingern durch ihr Haar fuhr und kräftig daran zerrte, während er in sie eindrang, um ihr Verlangen zu stillen.

Sie wandte sich um und erblickte ihn. »Mr Covington.«

Die Gedanken an Julies Haare und daran, was er damit anstellen würde, verblassten, als sie auf ihn zutrat. Er hoffte, ihr fiel nicht auf, wie sehr ihn diese Gedanken erregt hatten.

Als sie vor ihm stand, bemerkte er, dass sich ein paar einzelne Lo­cken aus ihrem Knoten gelöst hatten. Er streckte die Hand aus und streifte ihr eine eigenwillige Strähne hinters Ohr.

»Hatten wir nicht ausgemacht, dass Sie mich Daniel nennen?«

»Die förmliche Anrede klang professioneller.«

»Herr«, ich möchte, dass du mich »Herr« nennst. Aber er wusste, es war unmöglich, diese Worte ihr gegenüber laut auszusprechen. »Solange Sie mich heute Abend Daniel nennen.«

Sie nickte, und ihr Hals überzog sich mit Röte. Sie räusperte sich. »Alles ist arrangiert, mit Ausnahme des Mittelstücks der großen Tafel, und das wird in wenigen Minuten geschehen sein.«

»Es sieht alles wundervoll aus. Ihr Team hat großartige Arbeit geleistet.«

»Danke.«

Gleich würde er alles begutachten. Auch wenn er wirklich bezweifelte, dass dies nötig war. Julies und Sashas Team hatte seinen Job wirklich gut gemacht. Aber im Augenblick hatte er dringlichere Dinge zu erledigen. Als er sie gebeten hatte, ihn zu begleiten, hatte er etwas vergessen.

»Wo soll ich Sie heute Abend abholen?«, fragte er.

Sie zögerte kurz. »Wir könnten uns im Foyer treffen.«

»Im Foyer? Nein. Geben Sie mir Ihre Adresse, und ich hole Sie ab.«

»Ich habe heute Nacht ein Zimmer im Hotel gebucht. Meine Sachen sind oben, also habe ich Zeit, mich umzuziehen.«

»Sie haben ein Zimmer gebucht? Warum? Oh. Oh«, erwiderte er, als es ihm dämmerte.

Sie klopfte mit dem Kuli gegen das Klemmbrett in ihrer Hand. Auf dem pinkfarbenen Poloshirt, das sie trug, prangte nicht nur das Logo ihres Geschäfts, es wies auch Flecken von Erde und grünen Pflanzen auf.

»Julie, es tut mir ja so leid. Ich hatte nicht bedacht, wie hektisch der Tag für Sie sein würde.«

Ich dachte nur an mich, wollte dich abends an meiner Seite haben.

Sie bewegte die Hände, als wolle sie seine Bemerkung wegscheuchen. »Ihr Männer, ihr zieht einen Smoking an, und alles ist okay. Wir Frauen müssen unser Haar richten, Make-up auflegen und versuchen, hauchdünne Strümpfe überzustreifen, ohne sie mit unseren Nägeln zu ruinieren.«

Hauchdünne Strümpfe. Ihre Beine.

Seine Hände, die ihre Beine spreizten.

»Verzichten Sie auf die Strümpfe«, bemerkte er zwischen zusammengebissenen Zähnen.

»Wie bitte?«

Idiot.

»Ich meine, wenn das so kompliziert ist.« Seine Stimme klang heiser.

»Zum Glück habe ich keine mitgenommen. Und außerdem« – sie bewegte die Finger in seine Richtung – »habe ich Floristinnenfinger.«

»Wissen Sie, ich betrachte diese Finger und sehe die Hände einer Frau, die hart gearbeitet hat, um das zu erreichen, was sie wollte.«

»Das kann man so sagen. Aber manchmal denke ich, es wäre hübsch, gepflegte Nägel zu haben.«

»Man muss eben Opfer bringen.«

Sie wirkte nachdenklich. Plötzlich wünschte er, es wären bei ihrer Verabredung nicht Hunderte von Menschen um sie herum. Er wollte sie allein für sich haben und alles über sie erfahren. Mit ihr reden. Er wollte wissen, wo sie zur Schule gegangen war, ob sie Geschwister hatte und was ihr Lieblingsessen war.

Genau. Wenn du sie allein für dich hättest, würdest du das tun. Reden.

Er ermahnte sich, dass sie nur reden würden. Er musste davon ausgehen, dass sie seinen Lebensstil nicht teilte. Nicht daran interessiert sein würde. Trotz dieser Vermutung fühlte er sich stark zu ihr hingezogen und wollte Zeit mit ihr verbringen. Das wenige, was er wusste, erweckte in ihm den Wunsch, noch mehr zu erfahren. Und da war noch dieser Blick an jenem Tag im Café, als sie behauptet hatte, sie wolle nicht Wachs in jemandes Händen sein. Ihr Blick hatte diese Aussage Lügen gestraft.

Sie war auch Sasha Blakes Freundin und Geschäftspartnerin. Wuss­te sie über Sashas Lebensstil Bescheid? Hatten sie sich über Dominanz und Unterwerfung unterhalten? Erklärte dies die Sinnlichkeit, die sie ausströmte? Diese Fragen mussten zu einem anderen Zeitpunkt und an einem anderen Ort geklärt werden.

»Haben Sie genug Zeit, sich herzurichten?«, fragte er.

Sie warf einen Blick auf ihre Uhr. »Ich werde hier noch ungefähr anderthalb Stunden brauchen. Dann habe ich noch genug Zeit, mich schön zu machen.«

»Miss Masterson!« Ein Hotelangestellter eilte auf sie zu.

Daniel trat zur Seite. »Ich überlasse Sie jetzt wieder Ihrer Arbeit. Wir sehen uns dann in drei Stunden im Foyer?«

»Klingt gut«, erwiderte sie, bevor sie sich dem jungen Mann neben ihr zuwandte.

Zwei Stunden und fünfundvierzig Minuten später war er wieder im Hotel. Auch wenn er sich immer bemühte, pünktlich zu sein, hatte er heute Abend noch ein weiteres Motiv, nicht zu spät zu kommen: Er wollte Julies Auftritt erleben.