Spitzbubenaffären - Ralf Weber - E-Book

Spitzbubenaffären E-Book

Ralf Weber

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Beschreibung

Gelterkinden in der Adventszeit. Im Schuhgeschäft Allmend bereitet man sich auf den traditionellen Winter-Gwärb-Sunntig vor. Vorfreude funkelt in den Augen von Paula und der Lehrtochter, die daran sind, den Laden hübsch zu dekorieren. Die Stimmung wendet sich rasant, als Paula nach der Mittagspause einen unbekannten Toten im Laden findet, erdrosselt mit einem Schnürsenkel. Der Verdacht fällt auf die Lehrtochter, weil diese die Mittagspause alleine im Laden verbracht hatte und weinend neben der Leiche sitzt. Um den wichtigsten Verkaufssonntag im Jahr nicht zu gefährden, beschließen die beiden, die Leiche verschwinden zu lassen. Dabei geraten sie in ein haarsträubendes Abenteuer.

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Seitenzahl: 55

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Personen und Handlungen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

1

Samstag, 9. Dezember 2017

Der Sturm vom Vorabend hatte sich in der Nacht gelegt und einer Kaltfront den Weg gebahnt. Es hatte den ganzen Herbst immer wieder Stürme gegeben und so begleiteten knarrende Balken und umherfliegende Gegenstände die unruhigen Nächte. Niemand glaubte an den vorausgesagten Wintereinbruch. Aber schon kurz vor Mitternacht hatte der Sturm, beinahe von einer Minute auf die andere, das Land verlassen, hatte sich sozusagen aus dem Staub gemacht. Beinahe bedrückend still war es in der Folge geworden. Nur um sicherzugehen nicht alles zu träumen, schob Paula um ein Uhr früh das Rollo ihres Dachfensters direkt über ihrem Bett hoch. Die Matratze gab nach, als sie auf den Zehenspitzen durch den kleinen Spalt schielte. Tatsächlich tanzten Schneeflöckchen über die Scheibe. Der Winter war da! Freudig wippte Paula auf der Matratze und schob das Rollo ganz nach oben. Sie kuschelte sich unter die Decke und beobachtete, wie die Schneeflocken auf der Scheibe über ihr zuerst verwässerten und zu Wasser wurden. Schnell wurden es aber immer mehr und so begannen die Schneeflocken einen leichten Film am unteren Ende der Scheibe zu bilden, der langsam breiter wurde. Noch ehe das ganze Glas bedeckt war, schlief Paula ein.

2

Ein ungewohntes, kratzendes Geräusch weckte Paula schon sehr früh am Morgen auf. Ihr Handy Display zeigte 05:30 Uhr. Den Wecker hatte sie auf halb sieben gestellt. Tatsächlich war einer ihrer Nachbarn bereits daran, den Hausplatz vom Schnee zu befreien. Das Licht des Handydisplays reichte aus um zu erkennen, dass sich auf dem Dachfenster eine stattliche Schneeschicht gebildet hatte. Der Schnee hatte die Landschaft mit einer schallisolierenden Decke überzogen. Selbst die auf der nahen Hauptstraße fahrenden Autos waren nur schwer wahrzunehmen, als würden sie einen halben Zentimeter über dem Boden vorbeischweben.

Umso lauter war das Kratzen der Schneeschaufel auf dem kalten Asphalt zwischen den Hausfassaden ihres Mehrfamilienhaus-Quartiers. Paula steckte sich die Kopfhörer in die Ohren und aktivierte ihre »Einschlaf-Playlist«. Die Lautstärke wählte sie nur gerade so laut, um das Kratzen der Schaufel zu übertönen.

Dem Winterdienst hatte sie es schließlich zu verdanken, an diesem Morgen nicht zu verschlafen. Orangefarbene Drehlichter wirbelten in ihrem Zimmer an der Decke und den Wänden entlang und weckten sie auf. Es stand ein arbeitsreiches Wochenende vor ihr. Man hatte sie im Schuhgeschäft mit dem Herrichten des Ladens beauftragt für den traditionellen »Winter-Gwärb-Sunntig«, der alljährlich im Advent stattfand. Die Läden in Gelterkinden hatten jeweils an diesem Sonntag geöffnet. Zudem waren Marktstände im Dorf aufgebaut vom Dorfplatz bis zum Allmend Markt. Der Anlass erfreute sich in den letzten Jahren zunehmender Beliebtheit bei Jung und Alt. Paula freute sich auf diesen Anlass und war stolz, als ihr Chef sie mit dieser Aufgabe betreute. Zusammen mit ihren Kolleginnen hatte sie in den letzten Tagen begonnen, den Laden für den Anlass zu dekorieren. Schon während ihrer Lehre zur Detailhandelsangestellten liebte sie es, das Schaufenster zur Poststraße hin zu schmücken und umzugestalten. Für dieses Jahr hatte man bei einer Dekorationsfirma übergroßes Weihnachtsgebäck aus Polystyrol erworben. So warteten in ihrem überfüllten Lager unzählige Spitzbuben, Änisbrötli, Brunsli und Mailänderli darauf, im Laden aufgehängt zu werden. Voller Vorfreude sprang Paula aus dem Bett.

3

Der frische Schnee knirschte unter Paulas neuen Winterstiefeln. Kratzende Schneeschaufeln begleiteten sie entlang der Allmendstrasse an deren Ende sich ihr Schuhgeschäft befand. Der Laden befand sich an zentraler Lage im Allmend Markt, einem kleinen Einkaufscenter eines Großverteilers.

Eine Katze, die sich durch die noch ungewohnte Umgebung schlich, kreuzte ihren Weg am Ende der Straße. Vorsichtig drängten sich Fahrzeuge auf der schneebedeckten Fahrbahn durchs Dorf. Rund um das Einkaufscenter wurde es lebhafter. Der Unterhaltsdienst des Centers war mit einem kleinen Traktor daran, die Umgebung vom Schnee zu befreien. Ein Angestellter des Großverteilers streute Salz auf die Gehwege und die Treppen. Ein Pikett Fahrzeug einer Heizungsfirma bog in die Turnhallenstrasse ein. Unter dem schützenden Vordach ihres Ladens klopfte sich Paula den Schnee von den Stiefeln. Sie gönnte sich ihre zweite Zigarette des Tages und wankte, mit Blick zum Boden, in der Kälte hin und her wie der Pendel einer Standuhr. In einer Hand hielt sie die Zigarette, während sie mit der anderen ihr Handy kontrollierte. Zwei neue WhatsApp Nachrichten hatten sie erreicht. Sie las die Nachrichten auf dem Sperrbildschirm.

Bojana, ihre Lehrtochter, meldete sich zu verspäten, weil der Zug aus Liestal nicht pünktlich war. Die Nachricht war geschmückt mit unzähligen Smileys. Die zweite Nachricht war von Sam, ihrem neuen Verehrer. Seit dem vorletzten Wochenende bombardierte er sie mit Nachrichten. Sie hatte ihn an der Chlausen-Party im benachbarten Rickenbach kennengelernt.

Die Nachricht war länger, als der Platz auf dem Sperrbildschirm zuließ und so musste Paula beide Hände gebrauchen, um das Gerät zu entsperren und die Nachricht aufzurufen. Die Zigarette steckte sie sich dazu in den Mund und der Rauch brannte für einen kurzen Moment in ihren Augen. Leicht genervt ließ sie das Handy danach in ihre Manteltasche plumpsen. Zu aufdringlich kam er ihr herüber. Sie fand ihn zwar süß mit seiner blonden Knabenfrisur, aber seine Unreife schreckte sie ab. Sie würde sich später eine Antwort ausdenken, um ihm klar zu machen, dass sie kein Interesse an ihm hatte, ohne ihm weh zu tun. Mit einem Seufzer blies sie den letzten Zug ihrer Zigarette aus.

4

Zusammen mit Fabienne und der verspäteten Bojana hatte Paula abwechslungsweise den Laden dekoriert und Kunden bedient. Der Schneefall hatte etwas nachgelassen und allmählich normalisierte sich das Alltagsleben. Die Schneepflüge waren zur Ruhe gekommen und die Autofahrer hatten sich an die rutschigen Straßen gewöhnt. Passanten, in dicke Mäntel eingehüllt, stapften emsig und unaufhörlich vor ihrem Schaufenster vorbei. Kinder warfen Schneebälle und die Knaben versuchten ihre Kameradinnen mit Schnee einzureiben. Die Mädchen kreischten.

»Der Kerl dort ist mir unheimlich. Er steht schon die längste Zeit vor der Rampe und isst Erdnüsse.« Bojana deutete auf einen schlanken, großgewachsenen Mann, während sie mit Paula im Schaufenster stand und einen Deko-Spitzbuben hielt. Paula fädelte einen Nylonfaden in die Aufhängeöse ein und warf einen Blick auf den Mann.

»Ach wo, was du wieder fantasierst.«