Sprache und Beruf - Eine dokumentarische Analyse der praktischen Erfahrungen mit der deutschen  Sprache als Zweitsprache von Menschen mit Migrationshintergrund - Michel Beger - E-Book

Sprache und Beruf - Eine dokumentarische Analyse der praktischen Erfahrungen mit der deutschen Sprache als Zweitsprache von Menschen mit Migrationshintergrund E-Book

Michel Beger

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Beschreibung

Bachelorarbeit aus dem Jahr 2011 im Fachbereich Pädagogik - Interkulturelle Pädagogik, Note: 1,1, Helmut-Schmidt-Universität - Universität der Bundeswehr Hamburg (Lehrstuhl für Erziehungswissenschaft, insbesondere systematische Pädagogik), Sprache: Deutsch, Abstract: [...] Die Sprache als gemeinsames Medium bietet die Chance mit einheimischen Kollegen, Vorgesetzten und Klienten zu kommunizieren und zusammen zu arbeiten. In dieser Studie werde ich genau darauf eingehen. Ich werde dabei verschiedene Erfahrungshorizonte aufzeigen, die MigrantInnen während ihrer beruflichen Zeit wahrgenommen haben. Es geht mir also darum darzustellen, wie MigrantInnen sprachliche Erfahrungen wahrnehmen und ob und inwieweit Merkmale der Sprache für deren Rolle auf dem Arbeitsmarkt vorhanden sind. Ich werde weiterhin diese Erfahrungen – soweit dies möglich ist – in theoretische Grundlagen und bestehende empirische Forschungen einordnen. Schließlich soll dann die Frage beantwortet werden, inwieweit die deutsche Sprache als Zweitsprache von MigrantInnen den beruflichen Alltag bestimmt oder nur zweitrangig eine Rolle spielt, wobei ich auch auf dabei entstehende Effekte eingehen werde. Diese Arbeit hat dabei nicht die Absicht spezifische Typenbildungen vorzunehmen, welche die untersuchten MigrantInnen repräsentativ darstellen, sondern einzig die Erfahrungen herauszukristallisieren und mit theoretischen Ansätzen und anderen empirischen Studien zu vergleichen. Ich beginne zunächst mit einer allgemeinen Darstellung des Themas „Arbeitsmigration“ und beziehe dieses nach einem anfänglichen historischen Exkurs auf den sprachlichen Aspekt und dessen Zusammenwirken mit dem Arbeitsmarkt (2.). Um diese Studie verorten zu können, werde ich danach eine Skizzierung bestehender Forschungen und Studien vornehmen (3.). Im Anschluss daran stelle ich die hier vorliegende Studie vor und gehe dabei zunächst auf die Biografien der Interviewten ein, um dann das narrativ fundierte Interview und die dokumentarische Methode zu erläutern (4.). Daran anknüpfend stelle ich die Ergebnisse der Interviews anhand fünf markanter Punkte vor: der Einstieg in den Arbeitsmarkt (5.1.); die rechtliche Exklusion bei der Nicht-Anerkennung des ausländischen Bildungstitels (5.2.); der sprachliche Umgang in interkulturellen Arbeitsgesprächen (5.3.); Klassifizierung und Diskriminierung (5.4.) und die Kompensation von sprachlichen Fähigkeiten durch fachliche Kompetenzen (5.5.). In einer abschließenden Zusammenfassung möchte ich Vergleichshorizonte zu anderen Studien herstellen (5.6.) und schließlich in einem Fazit einen Ausblick auf die weitere Forschung geben (6.).

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Inhaltsverzeichnis
1. ZUR EINFÜHRUNG
2.1. Arbeitsmigration und „Gastarbeiterdeutsch“
3. STAND DER FORSCHUNG
4. FELDFORSCHUNG
4.1. Die interviewten MigrantInnen
4.3. Die dokumentarische Methode
5.6. Abschließende Betrachtung
6. FAZIT UND AUSBLICK
7. LITERATURVERZEICHNIS
8. ANHANG

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Bachelor of Arts (B.A.) an der Fakultät Geistes- und Sozialwissenschaften

Eine dokumentarische Analyse der praktischen Erfahrungen mit der deutschen Sprache als Zweitsprache von Menschen mit Migrationshintergrund

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Der Autor

Michel Beger, Jahrgang 1986, studiert im Rahmen seiner Laufbahnausbildung als Offizier in der Bundeswehr an der Helmut-Schmidt-Universität/ Universität der Bundeswehr Hamburg Bildungs- und Erziehungswissenschaften mit den Studienschwerpunkten Berufspädagogik, Personalmanagement und Soziologie.

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Danksagung

Danken möchte ich vor allem Prof. Arnd-Michael Nohl und Dr. Ulrike Selma Ofner, die mich besonders bei der strukturellen und analytischen Arbeit berieten und mir zur Seite standen. Ein besonderer Dank gilt Beatrix Hösterey, Leiterin der Interkulturellen Bildung Hamburg e.V., und ihren Mitarbeiterinnen Dr. Renate Morell und Monika Siegert, welche mir die Kontakte zu den Interviewpartnern möglich machten.

Zuletzt danke ich natürlich den Interviewpartnern selbst, ohne deren Unterstützung und Engagement diese Arbeit nicht zustande gekommen wäre. An dieser Stelle auch großen Respekt für ihren Mut, sich trotz teilweise erheblicher deutschsprachlicher Schwierigkeiten einem deutschen Interview zu stellen.

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1. ZUR EINFÜHRUNG

Menschen mit Migrationshintergrund besitzen auf dem Arbeitsmarkt enorme immer öfter thematisierte Schwierigkeiten, wie die rückläufige Ausbildungsbeteiligung oder erhöhte Arbeitslosenzahlen zeigen. Doch zeichnen sich solche Probleme nicht unbedingt nur vor dem Horizont einzelner Ursachen ab. Sie unterliegen vielseitigen Faktoren. Einer dieser ist die Sprache des Aufnahmelandes - in diesem Fall Deutschland. Wittgenstein formulierte dazu treffend, inwieweit die Sprache bestimmend für gesamtgesellschaftliche Prozesse wirkt: „DieGrenzen meiner Sprachebedeuten die Grenzen meiner Welt.“1Zweifelsohne ist eine Kompetenz in der Sprache des Aufnahmelandes wichtig und Grundvoraussetzung für einen erfolgreichen Übergang in das berufliche Leben und die damit verbundenen positiven Erfahrungen. Diese Sprachkompetenz eröffnet Möglichkeiten mit der Umwelt in Kontakt zu treten, um so nicht zuletzt Zugang zu Bereichen der Einheimischen zu bekommen. Die Sprache als gemeinsames Medium bietet die Chance mit einheimischen Kollegen, Vorgesetzten und Klienten zu kommunizieren und zusammen zu arbeiten. In dieser Studie werde ich genau darauf eingehen. Ich werde dabei verschiedene Erfahrungshorizonte aufzeigen, die MigrantInnen während ihrer beruflichen Zeit wahrgenommen haben. Es geht mir also darum darzustellen, wie MigrantInnen sprachliche Erfahrungen wahrnehmen und ob und inwieweit Merkmale der Sprache für deren Rolle auf dem Arbeitsmarkt vorhanden sind. Ich werde weiterhin diese Erfahrungen - soweit dies möglich ist - in theoretische Grundlagen und bestehende empirische Forschungen einordnen. Schließlich soll dann die Frage be-antwortet werden, inwieweit die deutsche Sprache als Zweitsprache von MigrantInnen den beruflichen Alltag bestimmt oder nur zweitrangig eine Rolle spielt, wobei ich auch auf dabei entstehende Effekte eingehen werde. Diese Arbeit hat dabei nicht die Absicht spezifische Typenbildungen vorzunehmen, welche die untersuchten MigrantInnen repräsentativ darstellen, sondern einzig die Erfahrungen herauszukristallisieren und mit theoretischen Ansätzen und anderen empirischen Studien zu vergleichen.

Ich beginne zunächst mit einer allgemeinen Darstellung des Themas „Arbeitsmigration“ und beziehe dieses nach einem anfänglichen historischen Exkurs auf den sprachlichen Aspekt und dessen Zusammenwirken mit dem Arbeitsmarkt (2.). Um diese Studie verorten zu können, werde ich danach eine Skizzierung bestehender Forschungen und Studien vornehmen (3.). Im Anschluss daran stelle ich die hier vorliegende Studie vor und gehe dabei zunächst auf die Biografien der Interviewten ein, um dann das narrativ fundierte Interview und die dokumentarische Methode zu erläutern (4.). Daran anknüpfend stelle ich die Ergebnisse der Interviews anhand fünf markanter Punkte vor: der Einstieg in den Arbeitsmarkt (5.1.); die rechtliche Exklusion bei der Nicht-Anerkennung des ausländischen Bildungstitels (5.2.); der sprachliche Umgang in interkulturellen Arbeitsgesprächen (5.3.); Klassifizierung und Diskriminierung (5.4.) und die Kompensation von sprachlichen Fähigkeiten durch fachliche Kompetenzen (5.5.). In einer abschließenden Zusammenfassung möchte ich Vergleichshorizonte

1 Wittgenstein 2003, S.86 (Hervorhebungen im Original)

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zu anderen Studien herstellen (5.6.) und schließlich in einem Fazit einen Ausblick auf die weitere Forschung geben (6.).

2. IMMIGRATIONUNDARBEITSMARKTINDEUTSCHLANDUNTER SPRACH-THEORETISCHENBEDINGUNGEN

Im ersten Kapitel dieser Arbeit soll zunächst zum eigentlichen Thema hingeführt werden. Da eine Gesamtdarstellung des Themas „Migration“ bezogen auf Deutschland einen zu weiten Bogen spannen würde, werde ich dies direkt von Beginn auf eine Darstellung eines kurzen historischen Exkurses in die Arbeitsmigration in Deutschland beschränken. Ich werde dabei anhand kurzgeschilderter Fallbeispiele die Bedeutung der Sprache für die ArbeitsmigrantInnen und die einheimischen Unternehmen aufzeigen (2.1.). Danach werde ich den Begriff „Sprache“ thematisch einbinden und theoretisch fundiert klären (2.2.).

2.1. Arbeitsmigration und „Gastarbeiterdeutsch“

Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts ist Deutschland hauptsächlich als Emigrationsland zu verstehen. Vor allem durch die massenhaften Auswanderungen auf den amerikanischen Kontinent oder die Arbeitswanderung nach Frankreich, Holland und in die Schweiz stieg Deutschland zu einem der wichtigsten Emigrationsländer der Welt auf.2Seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert ist Deutschland durch den wirtschaftlichen Aufschwung nun für viele Bewohner der Nachbarstaaten zunehmend attraktiver geworden. Der wirtschaftliche Aufschwung im Zuge der Reichsgründung 1871 und der damit verbundene Ausbau neuer Technologien, wie die Dampfmaschine und deren Nutzung vor allem in rheinisch-westfälischen Kohlebergwerken, sorgte dafür, dass erstmals in der Geschichte des Landes Arbeitskräfte - vor allem billige - benötigt wurden. Durch die zunehmend aufkommende Armut im Osten Europas gelangte Deutschland unter einer verstärkten Ost-West-Bewegung zu einem „der wichtigsten Immigrationsländer in Europa“3. Im Wesentlichen wurden hierbei polnische Arbeiter aus dem durch Preußen besetzten polnischen Gebiet der Masuren angeworben. Viele der Angeworbenen kamen aber auch aus Gebieten, die von Russ-land oder Österreich-Ungarn besetzt waren. Ganz deutlich machen diese Anwerbung die Fakten der damaligen Jahre: während um 1890 gerade einmal - doch beachtliche - 30.290 ausländische Arbeitskräfte in Deutschland lebten, stieg die Zahl im Jahr 1907 auf 800.000 Arbeiter, die nun nicht mehr nur aus Polen, sondern weitestgehend aus Ost- und Südeuropa, Italien und Holland kamen. Drei Jahre später wurden einschließlich der Familienangehörigen 1.250.880 Ausländer in Deutschland gezählt und zum Beginn des ersten Weltkrieges sogar bereits zwei Millionen. Nach dem Krieg wurden zunächst die durch das Rückkehrverbot betroffenen Polen und Kriegsgefangene zu Arbeiten eingesetzt. Mitte der zwanziger Jahre ging die Zahl der gesamtausländischen Arbeiter dann jedoch durch Aufhebung des Verbotes und

2 vgl. Mecheril 2004, S.27

3 Mecheril 2004, S.27

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Freilassung der Gefangenen auf 174.000 und Anfang der dreißiger Jahre auf 100.000 zurück. Im Zuge des zweiten Weltkrieges intensivierte sich der Einsatz von „Fremd-„ und „Zwangsarbeitern“4, um die deutsche Kriegswirtschaft zu ermöglichen und in Gang zu halten.5

Die Nachkriegszeit stellt nach Paul Mecheril (2004) den Beginn des wissenschaftlichen Diskurses dar. Dabei unterscheidet er drei Typen der Migration, die für Deutschland in der Nachkriegszeit prägend sind: Zuwanderung von AussiedlerInnen, Flucht und Arbeitsmigration. Letztere soll an dieser Stelle ausschließlich betrachtet werden. Arbeitsmigration ist dort anzutreffen, wo „Arbeitskräfte nachgefragt und angeboten werden“6und wo einheimische Arbeitskräfte nicht eingesetzt werden sollen oder können. In solchen Fällen wird auf ArbeitsmigrantInnen zurückgegriffen. Um dieser Forderung nachzukommen schwenkte auch die Politik ein und schloss von 1955 bis 1968 Anwerbeverträge mit Italien, Spanien, Griechenland, Türkei, Portugal, Tunesien, Marokko und zuletzt mit Jugoslawien. Die Absicht dahinter war mit den ausländischen Arbeitskräften jene „konjunkturell und demographisch bedingten Engpässe auf dem westdeutschen Arbeitsmarkt“7zu kompensieren, sodass arbeitsmarktbezogene Probleme gelöst werden konnten. Die dies bezeichnende Rotationspolitik befristete die Arbeitsverhältnisse und zielte so darauf ab, einerseits die Beheimatung der MigrantInnen in Deutschland zu verhindern und andererseits „aufgebrauchte“ Arbeitskräfte durch neue ersetzen zu können. Es ging, so Mecheril (2004), schlicht und einfach um die Erledigung weitestgehend schlecht bezahlter und wenig attraktiver Arbeit, nicht aber um den Arbeiter und die Arbeiterin selbst. Es waren weder Bildungs- noch psychosoziale Angebote vorgesehen, welche den „Gastarbeitern“8bspw. durch einen Deutschkurs eine Eingliederung in die hiesige Gesellschaft hätte ermöglichen können.9Gerade aber in Bezug zu Deutschkursen waren anfangs die Betriebe stark daran interessiert, dass die Arbeiter die deutsche Sprache konnten. So führten diese neben Sprachführern in der jeweiligen Landessprache auch spezielle Fachsprachführer für bestimmte Bereiche ein und veranstalteten sogar in Zusammenarbeit mit Volkshochschulen deutsche Sprachkurse. Die Resonanz seitens der ArbeitsmigrantInnen war nicht wie gewünscht - wie sich auch weiter unten in einem anderen Beispiel noch einmal dokumentieren wird - und so wurden Anreize „ideeller und materieller Prämierungen“10geschaffen, welche zu einer höheren Teilnahme an den Kursen führen sollten.

Mit dem Ende der Anwerbepolitik 1973 sollte langfristig die nicht-deutsche Beschäftigung verhindert werden. Tatsächlich ergab sich aber durch den Nachzug von Familien bis zum

4 Münz/ Seifert/ Ulrich 1999, S.42

5 vgl. Meinhardt 2005, S.31 ff.

6 Mecheril 2004, S.32

7 Münz/ Seifert/ Ulrich 1999, S.46

8 zur Diskrepanz und der Mehrdeutigkeit des Begriffes „Gastarbeiter“ vgl. Mecheril 2004, S.34 f.

9 vgl. Mecheril 2004, S.32 ff.

10 Herbst/ Weber 1961, S.44 f.

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Jahr 1995 eine Zahl von 7,2 Millionen in Deutschland lebenden Menschen, die keinen deutschen Pass besaßen.11

Seit den 1990’er Jahren orientiert sich das politische Lager zunehmend wieder an der Notwendigkeit von Zuwanderung. Wiederum aus ökonomischen Gründen, aber mit einer anderen Zielgruppe, nämlich Hochqualifizierten. Mit ihnen soll die Wettbewerbsfähigkeit gesichert und die Wirtschaft innoviert und nicht zuletzt auch der alternden einheimischen Bevölkerung entgegengewirkt werden. Aus dieser Orientierung der Politik hat sich mittlerweile ein eigenständiger internationaler Wettbewerb gebildet, in dem die qualifizierte Arbeitskraft - neuerdings bezeichnet als das Humankapital - die Ressource darstellt, welche für den notwendigen ökonomischen Erfolg steht.Arbeitsmigration und Sprache

Man nehme zunächst ein geregeltes Leben in einem beliebigen Land daher. Nun reißt man dieses Leben aus diesem Land heraus und „verpflanzt“ es in ein anderes Land, weit vom Ur-sprungsland entfernt und unterlässt anfänglich jegliche Bemühung der sprachlichen Bildung dieses Lebens. Das Ergebnis ist neben völliger Orientierungslosigkeit das Fehlen von Möglichkeiten, Probleme, Bitten oder Fragen zu äußern. Die Arbeitsmigration sorgte dafür, dass die MigrantInnen in all ihren Lebensbereichen - Beruf, Freizeit, Familie, Nachbarschaft - abgeschottet von Kommunikationsmöglichkeiten waren. Hinzu kommt, dass sprachliche Bildung nur marginal selbstständig gefördert werden konnte, da es in den Anfangszeiten durch die Nichtvermietung deutscher Vermieter an Ausländer zum Zwang kam, unter Landsleuten zu leben, wodurch die Muttersprache im Wesentlichen die Erstsprache abbildete. Der Aufenthalt in einem Aufnahmeland ist also vor allem durch das Fehlen und den Verlust von Kommunikationsanlässen charakterisiert.

Die Entwicklung der deutschen Sprache bei der „Gastarbeitergeneration“ (d.h. die erste Ein-wanderergeneration) hat sich weitestgehend funktional und pragmatisch vollzogen. Zu fehlenden Deutschkursen seitens der staatlichen Obrigkeit kam noch erschwerend hinzu, dass sich die ArbeitsmigrantInnen die deutsche Sprache selbstständig, informell und damit jenseits von formaler Richtigkeit beibrachten. Ein Ausschnitt eines Interviews einer Sozialarbeiterin, welche als Arbeitsmigrantin nach Deutschland kam, die keine formale deutsche Sprachausbildung durchlief und sich daher durch fragen, hören und anhand eines Wörterbuches verständigt hatte, soll dazu kurz ihre Erfahrung schildern:

„(...) was ich damals gelernt habe, sitzt so tief drin, ich kann meine (3) also (2) Sprache nicht viel ändern (2). Das merke ich selber. Also das (4) wenn ich von Anfang an systematisch gelernt hätte, hätte ich vielleicht viel (2) viel besser sprechen, viel besser schreiben und so weiter (gelernt, d.V.). Beim

12Sprechen geht das, aber beim Schreiben habe ich noch Schwierigkeiten.“Maas (2005) führt dazu den Begriff „Pidgin“ an. Der Begriff „Pidgin“ bezeichnet eine rudimentäre Sprechweise von sprachlich unterschiedlichen Personen - in diesem Fall Arbeitsmigran-11vgl. Mecheril 2004, S.35 ff.

12 Behrensen/ Westphal 2009, S.36 (Hervorhebungen im Original)