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Facharbeit (Schule) aus dem Jahr 2011 im Fachbereich Weltgeschichte - Moderne Geschichte, Note: 1, , Sprache: Deutsch, Abstract: Stanley Tookie Williams, Mitgründer der Crips, der grössten schwarzen Strassengang in den Vereinigten Staaten, Bodybuilder, Insasse der Todeszelle von San Quentin, Kinderbuchautor und mehrfach Nominierter für den Friedens- sowie den Literaturnobelpreis, wurde im Dezember 2005 durch die Giftspritze in Kalifornien hingerichtet. Wie wurde ich auf diese faszinierende Persönlichkeit aufmerksam, und was bewegte mich dazu, meine Maturaarbeit über dessen Leben und Arbeit zu schreiben? Schon seit mehreren Jahren bin ich ein begeisterter Hörer von Rap & Hip Hop. Anstatt die Musik einfach nur zu konsumieren, konzentrierte ich mich vermehrt auf die Songtexte und die Leute dahinter. Dabei stolperte ich über mir damals fremde Begriffe wie „set tripping“, „slobs“ oder „crabs“. Und schon befand ich mich mitten in den Recherchen über zwei der grössten und berüchtigtsten Strassenbanden, die heute in den USA aktiv sind – die Crips und die Bloods. Ich wurde in den Bann gezogen von den Geschichten der afroamerikanischen Unterklasse über Gewalt, Drogen und Gangs. Mitten in Los Angeles ist ein Krieg im Gang, der schon dreissig Jahre andauert und in der Weltpresse selten erwähnt wird: der Krieg zwischen den Crips, die sich ganz in Blau kleiden und den Bloods, die sich durch die rote Farbe identifizieren. In den letzten zwanzig Jahren zählte man 15‘000 Morde im Zusammenhang mit diesen beiden Gangs, das sind mehr Tote, als es im gesamten Nordirland-Konflikt gab. Ich war geschockt von diesen Zahlen und fragte mich, wieso diese katastrophalen Zustände mitten in einigen der grössten Städte der Weltmacht USA nicht für ein grösseres Aufsehen sorgen. Um einen Einblick zu erhalten, was da in South Los Angeles, dem Ursprungspunkt dieser Gangs, genau schief lief, besorgte ich mir einige autobiografische Bücher ehemaliger Gang-Mitglieder. Darunter war zum Beispiel „Inside the Crips“ von Colton Simpson, dessen Buch ihn hinter Gitter brachte, da er darin detaillierte Beschreibungen seiner Raubüberfälle abgibt, welche vom Gericht als Geständnisse interpretiert wurden. Mit dem Buch „Monster“ von Sanyika Shakur hatte ich einen Einblick in die zweite Generation der Crip-Krieger, zu Zeiten als die Gang-Mitglieder noch in ihren tiefgelegten Chevys und mit schwenkenden blauen Bandanas und erhobenen AK-47 durch die Strassen fuhren.[...]
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Inhaltsverzeichnis
1. Vorwort
2. Abstract
3. Einleitung
4. Der Gangsterboss
4.1 Geburt und Kindheit
4.2 Schule
4.3 In der Obhut des Staates
4.4 Entstehung einer Gang
4.5 Crips
4.6 Verflogene Lichtblicke
4.7 Die Crips bekommen ein Gesicht
4.8 Drugs & Bullets
4.9 Negativspirale
4.10 Letzte Tage in der freien Welt
5. Gedanken zum Gerichtsverfahren
5.1 Ausbruchspläne
5.2 Kontroversen um das Urteil
6. Resozialisierung und Hinrichtung
6.1 Ablegen der Crip-Mentalität
6.2 Gang- und Gewaltpräventionsarbeit
6.3 Besuch von Winnie Mandela und Nominationen zum Friedens- sowie Literaturnobelpreis
6.4 Endgültige Versöhnung
6.5 Gnadengesuch
6.6 Todesstrafe in den USA
6.7 Aktuelles
7. Schlussfolgerung
8. Quellenverzeichnis
Stanley Tookie Williams, Mitgründer der Crips, der grössten schwarzen Strassengang in den Vereinigten Staaten, Bodybuilder, Insasse der Todeszelle von San Quentin, Kinderbuchautor und mehrfach Nominierter für den Friedens- sowie den Literaturnobelpreis, wurde im Dezember 2005 durch die Giftspritze in Kalifornien hingerichtet. Wie wurde ich auf diese faszinierende Persönlichkeit aufmerksam, und was bewegte mich dazu, meine Maturaarbeit über dessen Leben und Arbeit zu schreiben?
Schon seit mehreren Jahren bin ich ein begeisterter Hörer von Rap & Hip Hop. Anstatt die Musik einfach nur zu konsumieren, konzentrierte ich mich vermehrt auf die Songtexte und die Leute dahinter. Dabei stolperte ich über mir damals fremde Begriffe wie „set tripping“[1], „slobs“[2] oder „crabs“[3]. Und schon befand ich mich mitten in den Recherchen über zwei der grössten und berüchtigtsten Strassenbanden, die heute in den USA aktiv sind – die Crips und die Bloods.
Ich wurde in den Bann gezogen von den Geschichten der afroamerikanischen Unterklasse über Gewalt, Drogen und Gangs. Mitten in Los Angeles ist ein Krieg im Gang, der schon dreissig Jahre andauert und in der Weltpresse selten erwähnt wird: der Krieg zwischen den Crips, die sich ganz in Blau kleiden und den Bloods, die sich durch die rote Farbe identifizieren. In den letzten zwanzig Jahren zählte man 15‘000 Morde im Zusammenhang mit diesen beiden Gangs, das sind mehr Tote, als es im gesamten Nordirland-Konflikt gab.
Ich war geschockt von diesen Zahlen und fragte mich, wieso diese katastrophalen Zustände mitten in einigen der grössten Städte der Weltmacht USA nicht für ein grösseres Aufsehen sorgen. Um einen Einblick zu erhalten, was da in South Los Angeles, dem Ursprungspunkt dieser Gangs, genau schief lief, besorgte ich mir einige autobiografische Bücher ehemaliger Gang-Mitglieder. Darunter war zum Beispiel „Inside the Crips“ von Colton Simpson, dessen Buch ihn hinter Gitter brachte, da er darin detaillierte Beschreibungen seiner Raubüberfälle abgibt, welche vom Gericht als Geständnisse interpretiert wurden. Mit dem Buch „Monster“ von Sanyika Shakur hatte ich einen Einblick in die zweite Generation der Crip-Krieger, zu Zeiten als die Gang-Mitglieder noch in ihren tiefgelegten Chevys und mit schwenkenden blauen Bandanas und erhobenen AK-47 durch die Strassen fuhren. Heute verraten sich die Bandenmitglieder den gegnerischen Gangs und der Polizei nicht mehr durch Tragen ihrer Gang-Farben. Am meisten jedoch beeindruckte mich Stanley Tookie Williams‘ „Redemption“, das Buch, in dem der Mitgründer der Crips und sogenannte OG[4] seinen Weg zur Reue beschreibt: Die Geschichte vom Gangsterboss, der sich im Gefängnis zum Kinderbuchautor, mit dem Ziel Gewaltprävention zu leisten, entwickelte.
Einige von Ihnen mögen sich sicher noch an die weltweite Medienpräsenz von Williams erinnern, als er 2001 von Mario Fehr, dem Schweizer Parlamentarier, zum Friedensnobelpreis nominiert wurde. Und noch mehr erinnert man sich wohl daran, als 2005 sein Gnadengesuch vom damaligen Gouverneur von Kalifornien, Arnold Schwarzenegger, abgelehnt wurde. Somit war die Brücke nach Europa und mit Mario Fehr auch speziell in die Schweiz geschlagen und ich beschloss, meine Maturaarbeit über Stanley Tookie Williams und dessen Arbeit als Autor und Friedensstifter zu verfassen.
Um die Verbindung zur heutigen Zeit und die Relevanz meiner Arbeit zu verstehen, muss man folgendes verstehen: Die Art von Kriminalität, die die Leute ins Gefängnis bringt, kommt vor allem in armen Wohngegenden vor, die sich durch eine hohe Arbeitslosenquote auszeichnen. Ich spreche von strafbaren Handlungen gegen Leib und Leben, gegen das Vermögen und gegen die Freiheit, wie zum Beispiel Mord, Körperverletzung, Raub und Menschenhandel.
Aktuell (Oktober 2011) protestieren Tausende von Studenten, die Mühe haben Jobs zu finden, aber auch andere Demonstranten an der Wallstreet gegen die Macht der Banken. Bloomberg, Bürgermeister von New York, sagte in einem Interview zu diesen „Occupy Wall Street“-Protesten, dass es verheerend für eine ganze Generation junger Amerikaner sei, eine 9,1-prozentige Arbeitslosenquote zu haben, und dass es, wenn es so weitergeht, zu ähnlichen Ausschreitungen wie in Griechenland kommen könnte.
Doch wer spricht von der 40-prozentigen (!) Arbeitslosenquote, die in einigen schwarzen Wohngebieten in den USA schon seit Jahrzehnten herrscht? Versteht man diese Tatsache, werden die riesigen Kriminalitäts-Probleme, die in einigen armen Vierteln der USA herrschen, etwas verständlicher.
Im Rahmen meiner Untersuchungen hatte ich Kontakt mit Barbara Becnel, Franziska Greber und Mario Fehr, was mir hilfreiche Aufschlüsse für die Arbeit lieferte. Ich möchte diesen Leuten dafür herzlich danken. Auch danke ich Jakob Scheuermeier für die Betreuung meiner Arbeit. Zudem danke ich Heinz Stöckli, Eva Marti Sharma, Ueli Friederich und meinen Eltern (Christine und Adrian Hässig) für das Korrekturlesen.
Stanley Tookie Williams' unglaubliches Leben kann grundsätzlich in drei Phasen eingeteilt werden. In der ersten Phase seines Lebens wurde Williams mehrmals von der Schule verwiesen, landete wegen diversen Kleindelikten mehrmals in Jugendanstalten und gründete zusammen mit Raymond Washington die berühmte Crip-Gang, die heute weltweit sogar Nachahmer-Gangs inspiriert hat. Nach der Gründung der Crips startete Williams eine inoffizielle Bodybuilder-Karriere, und er wurde immer gewalttätiger. Zudem fiel er in eine gravierende Drogensucht, um der hoffnungslosen Realität, in der er auch angeschossen wurde, zu entfliehen. Und die Crips machten unter Williams‘ „Führung“ immer mehr negative Schlagzeilen. Mit 26 Jahren wurde er wegen vierfachen Mordes verhaftet.
Die zweite Phase lässt sich am besten als Übergangsphase beschreiben. Es waren die zwei Jahre, die Williams in Untersuchungshaft verbrachte. Von den Behörden durch starke Beruhigungsmittel absichtlich ruhig gestellt, soll dort Williams unfähig gemacht worden sein, dem Gerichtsverfahren zu folgen. Durch zweifelhafte Zeugenaussagen und fragwürdige Beweise wurde er wegen vierfachen Mordes zum Tode verurteilt. 25 Jahre später sagte Williams‘ Anwältin an seiner Beerdigung, dass es sehr wahrscheinlich sei, dass die Zeugen die Mörder waren und Williams nicht direkt mit den Morden zu tun hatte. Ist also ein unschuldiger Mann hingerichtet worden?
Das Primärziel meiner Arbeit ist es, einen umfassenden Blick auf Stanley Tookie William’s Leben mit all seinen verschiedenen Facetten zu werfen.
Im ersten Teil möchte ich ein lebendiges Bild auf Williams‘ Jugend und seine Entwicklung zum Gangsterboss aufzeichnen. In dieser Zeit wurde der Grundstein für Williams‘ späteres Leben gelegt, was ich im ersten Kapitel verständlich machen will.
Im Mittelteil werfe ich einen Blick auf die zwei Jahre, die Williams nach seiner Verhaftung in Untersuchungshaft verbracht hatte. Ich möchte herausfinden, wie das vierfache Todesurteil zu Stande kam, und diskutieren, ob das angeblich ungerechte Gerichtsverfahren und die Verurteilung gerechtfertigt waren.