Star Trek - The Next Generation: Das Unsterblichkeitsprinzip - Jeffrey Lang - E-Book

Star Trek - The Next Generation: Das Unsterblichkeitsprinzip E-Book

Jeffrey Lang

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Beschreibung

Androiden greifen an!

Auf dem Planeten Galor V ist ein neuer Androiden-Prototyp entwickelt worden, der über künstliche Intelligenz verfügt. Doch bei einem Test stürzt das Labor ein. Die Enterprise soll den Vorfall untersuchen. Commander Data entdeckt Anzeichen dafür, dass es sich bei dem Unfall in Wirklichkeit um einen Anschlag gehandelt hat. Bei seinen Nachforschungen stößt die Enterprise-Crew auf eine unterirdische Station, die von riesigen Androiden bewacht wird. In letzter Sekunde kann das Einsatzteam entkommen - doch dann taucht plötzlich eine ganze Flotte von Androiden-Schiffen auf und greift die Enterprise an. Captain Picard kann ihren überlegenen Waffen nichts entgegensetzen.

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Auf dem Planeten Galor IV ist ein neuer Androiden-Prototyp entwickelt worden. Doch als das mit künstlicher Intelligenz ausgestattete Wesen getestet werden soll, kommt es zur Katastrophe: Das Labor stürzt ein, begräbt die Wissenschaftler und den Prototypen unter sich. Die Enterprise-Crew soll den Fall untersuchen. Commander Data entdeckt Indizien dafür, dass es sich bei dem ›Unfall‹ um einen sorgfältig geplanten Anschlag handelte.

Bei seinen Nachforschungen stößt das Enterprise-Team auf eine subplanetare Station, die von Androiden bewacht wird. Selbst Data ist gegen diese riesigen Wesen machtlos. In letzter Sekunde kann das Einsatzteam entkommen. Doch dann taucht plötzlich eine ganze Flotte von Androiden-Schiffen auf und greift die Enterprise an. Und Captain Picard kann der Subraum-Waffe der Androiden nichts entgegensetzen …

JEFFREY LANG

DAS UNSTERBLICHKEITSPRINZIP

Star Trek™

The Next Generation

Prolog

Siebzig Jahre zuvor

Wenn ich irgendwann einmal die Wahl habe, werde ich an einem Ort leben der heiß ist, dachte Noonien Soong. Ein gemäßigtes oder warmes Klima genügt mir nicht. Ich will es heiß.

Soong überprüfte das Seil, stützte sich mit den Beinen an der Felswand ab, hob die Hände vor den Mund und behauchte sie dreimal schnell hintereinander, nachdem er die Atemmaske ein wenig zur Seite geschoben hatte. Die Batterien für die Wärmspulen in den Handschuhen enthielten kaum mehr Strom. Beim ersten Gespräch über diese kleine Expedition hatte Ira Graves darauf hingewiesen, dass Soong eine Ausrüstung fürs Klettern in einer kalten Umgebung zusammenstellen sollte. Noonien Soong hatte sich Umweltbedingungen vorgestellt, wie man sie in den Rocky Mountains von Nordamerika oder schlimmstenfalls in den Alpen vorfand. Aber dies hier … Die Temperaturen lagen ein ganzes Stück unter dem Gefrierpunkt und die Atmosphäre war sehr dünn. Hinzu kamen tückische Felsformationen. In den knapp zwei Jahrzehnten seines Lebens hatte Soong einige schwierige Kletterpartien hinter sich gebracht, aber selbst mit den Antigravmodulen sah er sich hier einer recht problematischen Situation gegenüber.

Er beschloss, Graves die Schuld an allem zu geben. Warum auch nicht? Graves mochte auf arrogante Weise brillant sein – oder auf brillante Weise arrogant; Soong wusste nicht genau, welche dieser beiden Möglichkeiten zutraf –, aber das bedeutete nicht, dass er perfekte Kontrolle über alles hatte. Soong verglich die akademische Welt mit einem See, in dem die kleinen Fische – Studenten wie er –, von größeren Fischen gefressen wurden, von Assistenten wie Graves, die noch größeren Fischen zum Opfer fielen, wie zum Beispiel Dr. Emil Waslowick, der zu den allergrößten Fischen zählte.

Soong hätte gern geglaubt, dass er mit seiner hervorragenden Arbeit auf dem Gebiet der künstlichen Intelligenz Waslowicks Interesse geweckt hatte. Aber Soong kannte das System gut genug, um zu wissen, dass seine Erfahrungen als Bergsteiger bei dieser Sache eine wichtige Rolle spielten. Vielleicht hatte Waslowick davon gehört, dass er einmal am Uhrturm des Campus emporgeklettert war. Du solltest lernen, nicht jedem plötzlichen Drängen nachzugeben, Noonien … Nun, Graves hatte ihn angerufen und ihm mitgeteilt: »Nächste Woche erwartet Sie ein kleiner Ausflug.« Es war keine Bitte und Soong wusste, dass er nicht ablehnen konnte. Und deshalb war er jetzt hier: auf halbem Wege eine neunzig Meter hohe Felswand hinunter. Die beiden Männer, die ihn hierher gebracht hatten, befanden sich auf einem Sims zwanzig Meter weiter oben. Es muss bessere Möglichkeiten geben, im Leben voranzukommen, dachte Soong.

Der letzte Scan hatte ihm einen anderen Felsvorsprung etwa zwölf Meter weiter unten gezeigt, doch das Licht der am Gürtel baumelnden Lampe reichte nicht, um die Dunkelheit zu durchdringen. Er musste seinen Fähigkeiten vertrauen und langsam klettern, wie er es von seinem Vater gelernt hatte. Mit der Zungenspitze aktivierte Soong den Kommunikator der Atemmaske und sagte: »Ich setze den Abstieg fort. Zeigt der Tricorder irgendetwas Ungewöhnliches unter mir?«

»Nein«, erwiderte Graves zu laut. »Nichts. Die Felswand ist stabil. Sie sollten auf keine besonderen Schwierigkeiten stoßen.«

Erneut berührte Soongs Zungenspitze den Schalter. »Nicht so laut, Ira. Sonst stürze ich noch ab.«

Waslowick aktivierte ebenfalls seinen Kommunikator. »Ist alles in Ordnung dort unten, Noonien?«, fragte er. Seine Stimme klang ernst und gleichzeitig sanft.

Soong lächelte. Dies war das vierte Mal in zwanzig Minuten, dass ihm Waslowick diese Frage stellte. Aus irgendeinem Grund überraschte es ihn, dass sich die größte Kapazität auf dem Gebiet der Maschinenintelligenz als so … großväterlich erwies. Was habe ich erwartet? Vielleicht jemanden, der in syntaktisch perfekten Sätzen spricht, während er dahingleitet wie ein Roboter auf Kugellagern? Er erhob keine Einwände gegen Waslowicks großväterliche Art, denn sie bot einen guten Ausgleich zu Graves, der immerzu herablassend und ganz allgemein unausstehlich war.

Soong rief sich innerlich zur Ordnung. Das ist genau der richtige Weg, um in Schwierigkeiten zu geraten. Sein Vater hätte ihm eine Ohrfeige gegeben. Besinn dich auf das Jetzt. Denk daran, wohin du deinen Fuß setzt. Vermutlich lag es an der Kälte; dadurch fiel es ihm schwerer als sonst, sich zu konzentrieren.

Erneut überprüfte er das Seil und sah dann auf die Anzeigen der Antigravmodule. Beim rechten leuchtete die Ladeanzeige in einem satten Grün, doch beim linken blinkte sie gelb. Um die Geräte zu testen, stieß sich Soong kurz von der Felswand ab und spürte dabei ein Zittern. Das gefällt mir nicht, dachte er. Eigentlich sollten sich die Batterien gleichmäßig entladen und dadurch Stabilität gewährleisten. Wahrscheinlich ist die Kälte dafür verantwortlich, überlegte er. Die Antigravmodule waren nicht für den Einsatz bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt vorgesehen.

Aber derzeit ist noch alles in Ordnung, dachte Soong. Ein Grund mehr, diese Sache schnell zu beenden. Er justierte die Antigravmodule auf volle Leistung, löste dann die Sperre am Seil und reduzierte anschließend das energetische Niveau der Agravs. Er sank sechs Meter weit in die Tiefe, fand dort einen Halt für die Füße und schaltete die Antigravmodule erneut auf volle Leistung. Verdammt, diese Handschuhe taugen nichts! Er sah nach unten und versuchte, irgendetwas zu erkennen, während der Lichtkegel der baumelnden Lampe über den Felsen strich. Der Sims sollte sich sechs Meter unter ihm befinden. Moment mal. Was ist das? Er bemerkte etwas Sonderbares, das er nicht einordnen konnte.

Soong versuchte, ein Stück seitwärts zu klettern, um das Etwas aus einem anderen Blickwinkel zu sehen, aber die Felswand war zu glatt. Es würde mir sehr helfen, wenn ich wüsste, wonach es Ausschau zu halten gilt, dachte er verärgert, aber in dieser Hinsicht war Waslowick verschlossen gewesen. »Sie wissen es, wenn Sie es sehen«, hatte er gesagt. »Falls Sie es sehen. Konzentrieren Sie sich zunächst darauf, den Boden der Schlucht zu erreichen, sodass wir dort Strukturverstärker aufstellen können. Sobald das geschehen ist, beamen wir die Computer hinunter, errichten eine Unterkunft, bereiten die Sensoren vor und machen uns ernsthaft an die Arbeit. Ich wäre recht überrascht, wenn Ihnen auf dem Weg nach unten etwas auffällt.« Es war der bis dahin längste Kommentar Waslowicks Soong gegenüber gewesen, und etwas an der Ausdrucksweise des ernsten, grauhaarigen Mannes bewirkte, dass man alles, was er sagte, sehr, sehr persönlich nahm. Er wandte nie den Blick von seinem Gesprächspartner ab, der seinerseits schon nach wenigen Sekunden den Wunsch verspürte, woanders hinzusehen. Es erforderte Willenskraft, Waslowick zuzuhören.

»Warum beamen wir uns nicht direkt auf den Boden der Schlucht?« Soong hatte in Erwägung gezogen, diese Frage zu stellen, sich dann aber dagegen entschieden. Wenn eine solche Möglichkeit existiert hätte, wäre Waslowick bestimmt bereit gewesen, sie zu nutzen. Die Sensoren des Schiffes bestätigten Soongs Verdacht: Jener Ort zeichnete sich durch einen sonderbaren Aspekt aus. Die Sensoren – und es waren gute Sensoren – konnten die Interferenzen des betreffenden Bereichs nicht durchdringen. Vielleicht lag es an Ablagerungen von Mineralien oder niederenergetischer Strahlung … Irgendetwas schirmte die Sensorsignale ab. Soong versuchte, nicht zu sehr darüber nachzudenken. Was auch immer der Fall sein mochte: Ein Transfer ohne Strukturverstärker war sehr riskant. »Als ob dies nicht riskant wäre«, murmelte er.

»Was haben Sie gesagt, Soong?«, fragte Graves.

»Nichts, Ira. Ich habe nur Luft geholt.«

Er ließ erneut die Gedanken treiben. Na schön, Noonien, konzentrier dich. Geh so vor, wie es dich dein Vater lehrte. Orientiere dich, justiere die Antigravmodule auf volle Leistung, löse die Sperre des Seils … Er stieß sich vorsichtig von der Felswand ab und musste plötzlich feststellen, dass ihn auf der linken Seite nichts mehr hielt – das Antigravmodul versagte. Er hoffte, dass die Sperre automatisch reagierte und das Seil festhielt, aber er hatte bereits begonnen, in die Tiefe zu sinken.

Soong griff nach dem Seil, streckte sich und versuchte, irgendwo an der Felswand mit den Füßen Halt zu finden. Er war schon ein- oder zweimal in eine solche Situation geraten, wie jeder, der regelmäßig kletterte. Es ließ sich nicht vermeiden – irgendwann versagte die Ausrüstung. Doch bei den anderen Gelegenheiten hatte Soong einen erfahrenen Bergsteiger über sich gewusst, den er kannte und dem er vertraute – für gewöhnlich sein Vater –, der das Seil überwachte und sicherte.

»Soong! Soong«, rief Graves so laut, dass er fast das Seil losgelassen hätte, um das Kom-Modul vom Ohr zu lösen.

Er stieß mit dem Knie gegen einen kleinen Vorsprung und glaubte, ein Knacken zu hören. Schmerz spürte er nicht, zumindest jetzt noch nicht – vermutlich setzte er mit einer Verzögerung von mehreren Sekunden ein. Das Seil glitt ihm durch die Hände – noch schützten ihn die Handschuhe vor der Reibungshitze –, aber er schien nicht langsamer zu werden. Vielleicht war das Seil nass.

Und dann der Aufprall, der die Beine jäh nach oben zu pressen schien. So mussten sich Eiszapfen fühlen, wenn sie ihren Halt an Dachvorsprüngen verloren, fielen und auf dem Pflaster zerbrachen. Die gesamte Wahrnehmung Soongs trübte sich und er begriff, dass er das Bewusstsein zu verlieren drohte. O nein, das ist eine verdammt schlechte Idee, dachte er und konzentrierte sich ganz darauf, wach zu bleiben. Alles unterhalb seiner Taille schien in Flammen zu stehen und er sah ein helles Licht. Hat Ira schon damit begonnen, zu mir herabzuklettern?, fragte er sich. Dann begriff er, dass er in den Lichtschein seiner eigenen Lampe blickte. Sie hatte sich vom Gürtel gelöst und lag auf dem Boden. Nein, nicht auf dem Boden … Auf einem Sims.

Soong kämpfte gegen die Panik an, tastete mit einer Hand nach dem Rand des Simses und fand ihn. Er schätzte die Breite auf einen Meter und weiter links schien der Sims noch etwas breiter zu sein. Vorsichtig verlagerte Soong sein Gewicht, rollte sich herum und brachte sich in eine sitzende Position. Die Hose war aufgerissen und Blut zeigte sich an den Stofffetzen, aber er konnte die Beine bewegen – es war also nichts gebrochen. Er holte die Medo-Tasche hervor, entnahm ihr ein anästhetisches Pflaster und drückte es auf den Oberschenkel. Fast sofort verschaffte es ihm Erleichterung, verwandelte den stechenden Schmerz in ein dumpfes Pochen. Eine kurze Sondierung mit dem medizinischen Tricorder bestätigte seine Vermutungen: einige tiefe Kratzer und starke Quetschungen, aber nichts Lebensgefährliches. Rasch flickte er sich selbst so gut wie möglich zusammen – es konnte fatale Folgen haben, an einem kalten Ort viel Blut zu verlieren.

Soong bemerkte ein Brummen und tastete umher, bis er das Kom-Modul fand. »Graves?«, brachte er hervor, nachdem er das Gerät aktiviert hatte. »Ira? Bitte hören Sie auf, mich zu rufen. Ich bin abgestürzt, aber halbwegs in Ordnung.«

Das Summen wurde leiser, und Soong identifizierte eine Stimme. Waslowick sprach.

»Noonien? Was ist los?«

»Ich sitze auf einem Sims etwa vierzig Meter unter Ihnen, Dr. Waslowick. Ich bin verletzt, aber nicht schwer. Bitte haben Sie etwas Geduld, während ich mich verbinde.«

»In Ordnung, Noonien. Stellen Sie Ihren Strukturverstärker auf, falls es notwendig werden sollte. Dann beamen wir Sie zum Schiff.«

Soong spürte, wie sich ein Teil seiner Sorge legte. Er konnte diesen Ort auf jeden Fall verlassen – vorausgesetzt natürlich, der Strukturverstärker hatte den Sturz unbeschadet überstanden. Er wollte den Rucksack abnehmen und nachsehen, entschied sich dann aber dagegen. Ihm blieb nur noch wenig Zeit, bevor er in der Kälte ganz die Kraft verlor. Die Umstände verlangten, dass er sich auf seine Aufgabe konzentrierte.

Soong zog die Lampe heran und versuchte, sie so aufstellen, dass er seine Beine in ihrem Licht untersuchen konnte. Aber sie wollte einfach nicht aufrecht stehen bleiben. Der Sims war uneben und Soong hielt vergeblich nach einem Riss Ausschau, in den er die Lampe hineinzwängen konnte. Er griff nach seinem Kletterhammer, um eine kleine Mulde ins Felsgestein zu hauen, holte damit aus und schlug zu. Erstaunt stellte er fest, dass der Hammer ungewöhnlich hart abprallte, und außerdem erklang dabei ein unerwartet dumpfes Geräusch. Er richtete den Lichtschein der Lampe auf die betreffende Stelle und beugte sich vor, um sie aus der Nähe zu betrachten. Nicht einmal ein Kratzer zeigte sich dort. Doch der Hammer wies eine kleine Delle auf.

Was hat das denn zu bedeuten?

Zuerst dachte Soong, dass es sich vielleicht um die versteinerte Wurzel einer Pflanze handelte, aber als er genauer hinsah, stellte er fest, dass es unmöglich eine Pflanze sein konnte. Später – viel später – begriff er, dass ihn die Finger so sehr verwirrt hatten. Sie waren ungewöhnlich lang, wirkten wie geschmolzen und anschließend in die Länge gezogen. Auch Arm und Oberkörper erweckten den Eindruck, gedehnt zu sein. Mehr ließ sich kaum feststellen, denn der untere Teil des Körpers reichte über den gegenüberliegenden Rand des Simses hinweg.

Soong hielt die Lampe so, dass er ein Auge der Gestalt sehen konnte, nahm dann den Rucksack ab und holte den Strukturverstärker hervor. Während er ihn vorbereitete, reaktivierte er den Kommunikator. »Dr. Waslowick?«, fragte er. »Ira? Vielleicht sollten Sie hierher kommen …«

Kapitel 1

»›Es war eine dunkle und sehr stürmische Nacht …‹«

Commander Bruce Maddox glaubte, sich verhört zu haben, beugte sich durch die Wartungsluke und fragte: »Wie bitte?« Er hatte nach einer gelockerten Verbindung oder einem defekten isolinearen Chip gesucht, nach irgendeiner Erklärung für die energetischen Fluktuationen, aber es gab keinen Grund zu der Annahme, dass auch Emil daran dachte. Manchmal glaubte Maddox, dass bei Emil irgendetwas locker saß. Etwas, durch das man zu einem Genie wurde. Soweit es Maddox betraf, gab es daran nicht den geringsten Zweifel: Emil Waslowick war ein Genie, wenn auch manchmal ein sehr lästiges.

Bei verschiedenen Gelegenheiten im Laufe seiner Karriere hatten bestimmte Leute Maddox als Genie bezeichnet und heute fragte er sich, ob es vor dem Substantiv unausgesprochene Adjektive gab. Wie könnten sie lauten?, überlegte er während eines seltenen Moments der Introspektion. Doch dann schüttelte er den Kopf und der Moment verstrich. Nicht relevant für das Projekt, dachte er und überprüfte mit dem Tricorder eine weitere Verbindungsstelle. Das Wort »relevant« spielte eine wichtige Rolle in Maddox' Vokabular, und deshalb fand er Emil Waslowicks Angewohnheit, in Rätseln zu sprechen, so ärgerlich.

»Ich sagte: ›Es war eine dunkle und sehr stürmische Nacht.‹«

»Ich hab's gehört«, erwiderte Maddox und lehnte sich mit dem Rücken an eine Konsole. »Aber was bedeutet das?«

»Es bedeutet nichts«, sagte Waslowick und es lag mehr als nur ein wenig Heiterkeit in seiner Stimme. »Ich habe aus dem Fenster gesehen und die Gewitterwolken bemerkt. Sie erinnerten mich an den Anfang des Romans Paul Clifford. Er ist recht berühmt. Beziehungsweise berüchtigt.«

Waslowick holte tief Luft. »›Es war eine dunkle und sehr stürmische Nacht‹«, sagte er. »›Der Regen fiel in Strömen – abgesehen von kleinen Pausen, während derer heftige Böen ihn durch die Straßen trugen (denn diese Szene ist in London angesiedelt), an Dächern rüttelten und die Flammen der Lampen flackern ließen, die gegen die Dunkelheit ankämpften.‹« Er hielt inne und sah Maddox an, der sich von der Konsole abstieß.

Maddox hielt sich nicht unbedingt für einen Meister der Literaturkritik, aber diesmal hielt er es für angebracht, eine Meinung zu äußern. »Das ist … schrecklich.«

Waslowick lachte. »Hinterlässt einen schlechten Geschmack im Mund, nicht wahr? Der Autor des Romans heißt Edward Bulwer-Lytton. Er schrieb viele solche Sachen im neunzehnten Jahrhundert. Der grässliche Kram machte ihn so berühmt, dass später eine literarische Agentur einen Wettbewerb zu seinen Ehren veranstaltete. Es ging darum, den schlechtesten Anfang eines Romans zu schreiben.«

Maddox musterte den Alten und hielt nach Anzeichen dafür Ausschau, dass er scherzte. Waslowick hatte einen sehr eigenwilligen Sinn für Humor, doch diesmal schien er es ernst zu meinen.

»Warum?«, fragte Maddox. »Welchen Sinn hat es, etwas Schlechtes zu schreiben?«

Waslowick zuckte mit den Schultern, doch in seinen Augen blitzte es amüsiert. »Keine Ahnung. Es geschah im zwanzigsten Jahrhundert. Wer weiß, welche Gründe die Leute damals für irgendetwas hatten? Selbsterkenntnis – oder auch nur aufgeklärtes Interesse an Persönlichkeitsstrukturen – schien nicht in ihrer Natur zu liegen. Ich schätze, man hielt es einfach nur für eine gute Idee.«

Maddox überprüfte die Anzeigen des Tricorders, um nicht sofort wieder in die Konsole hineinkriechen zu müssen. »Und was hat das damit zu tun, dass ich bis zur Hüfte in isolinearen Chips und EPS-Leitungen stecke?«

»Es ist eine dunkle und stürmische Nacht, obwohl ein Wetterkontrollnetz den Planeten schützt«, erklärte Waslowick. »Vielleicht hat das Problem, dem Sie auf den Grund zu gehen versuchen, gar nichts mit den Installationen dieses Laboratoriums zu tun. Vielleicht liegt es am Wetter.«

Maddox sah aus dem Fenster. Waslowick hatte Recht: Es war dunkel, obwohl die Sonne erst in einer Stunde untergehen würde. Wie die meisten Leute, die den größten Teil ihres Lebens auf Föderationswelten verbracht hatten, fühlte er sich von der Vorstellung eines echten Gewitters fasziniert: gleißende Blitze, Wind, der Gebäuden und Menschen Schaden zufügen konnte …

In den meisten Regionen von Galor IV herrschte ein gemäßigtes Klima – das war einer der Gründe, warum das Daystrom-Institut für Technik den Annex dort errichtet hatte. Aber Unwetter waren nicht völlig ausgeschlossen, was die Existenz des Wetterkontrollnetzes erklärte. Zu jedem beliebigen Zeitpunkt fanden sehr komplexe Experimente statt und niemand wollte riskieren, dass ein Blitzschlag alles ruinierte. Bisher hatte das Ambientale Kontrollzentrum immer dann Alarm gegeben, wenn sich ein Unwetter zusammenbraute, das vom Kontrollnetz nicht gebändigt werden konnte. Das sollte es allen Laboratorien ermöglichen, laufende Experimente angemessen abzuschirmen.

Aber früher oder später musste dies einmal passieren, dachte Maddox. Laut sagte er: »Ausgerechnet jetzt.«

»Wir waren noch nicht sehr weit«, erwiderte Waslowick. »Wir können aufhören und nach dem Gewitter noch einmal von vorn beginnen.«

Maddox legte seinen Tricorder aufs Fensterbrett und seufzte. »Das stimmt vermutlich. Aber ich habe gehofft, die Tests bis heute Abend beenden zu können.«

Plötzlich flackerte ein Blitz über den Himmel. Waslowick stolperte vom Fenster fort und Maddox hielt ihn fest, bevor er fallen konnte.

»Entschuldigung«, sagte Waslowick. »Das hat mich überrascht.« Wenige Sekunden später grollte Donner und ließ die Fensterscheibe vibrieren.

Im Licht eines weiteren Blitzes sah Maddox, wie heftiger Wind an den Ästen und Zweigen eines nahen Baums zerrte. Etwas schlug ans Fenster, prallte ab und verschwand irgendwo in der Dunkelheit.

»Haben Sie so etwas schon einmal erlebt, Bruce?«, fragte Waslowick.

»Nein, ich …« Maddox unterbrach sich verblüfft, als ein blauweißer Blitz keine zehn Meter entfernt den Boden traf. Er hätte schwören können, das Prickeln von ionisierten Sauerstoffmolekülen auf der Haut zu spüren, und es donnerte so laut, dass ihm und Waslowick der Atem stockte. Unmittelbar darauf hörte Maddox ein neuerliches Krachen, das von einer Explosion stammte – eine grünliche Flammenzunge leckte durch die Nacht. Das Licht war so grell, dass er den Kopf drehte und die Augen schloss.

Als er die Lider wieder hob, sah er nur einen roten Fleck, ein geisterhaftes Nachbild auf seiner Netzhaut.

»Die Energieversorgung ist ausgefallen«, sagte er. »Der Blitz scheint das Hauptnetz getroffen zu haben.« Als er den Blick senkte, bemerkte er die leuchtenden Anzeigen des Tricorders. Er griff nach dem angenehm vertrauten Gerät, das darauf justiert gewesen war, Schwankungen im Mikrovoltbereich zu orten, wie sie bei schlecht synchronisierten isolinearen Chips vorkamen. Die starken elektromagnetischen Emissionen des Blitzes hatten ein Reset ausgelöst. Maddox betätigte die Kontrollen, startete ein Diagnoseprogramm und sah im Licht des Displays, dass sich Waslowick wortlos vom Fenster abgewandt hatte und durchs Laboratorium ging.

»Wie stellen Sie das an?«, fragte er.

»Was?«, erwiderte Waslowick.

»Wieso sind Sie nirgendwo angestoßen? Ich habe nicht einmal gehört, dass Sie sich bewegten.«

»Ich habe die Schritte gezählt«, sagte Waslowick ruhig. »Zwölf Schritte vom Fenster zur Hauptkonsole. Sechs Schritte zum Experimentierraum. Fünf Schritte von dort zur Tür.«

»Und woher wissen Sie das?«

»Ich zähle immer die Schritte. Das ist eine alte Angewohnheit.«

Was für ein exzentrischer alter Mann, dachte Maddox. »Wenn das die Substation drüben beim Xenolabor war, dürfte die Energieversorgung im ganzen Bereich ausgefallen sein. Ich schätze, Hilfe können wir vorerst nicht erwarten. Glauben Sie, wir sollten das Experiment in den Vorbereitungsraum zurückbringen?«

Maddox hörte, wie Waslowick zustimmend brummte, vernahm dann andere Geräusche: Schalter wurden bestätigt, Verriegelungen gelöst. Waslowick war aktiv geworden, und zwar ziemlich schnell – vermutlich wollte er das Experiment sichern, bevor sie es bewegten. Es gefiel ihm ganz und gar nicht, jemanden ihre Arbeit sehen zu lassen, bevor sie fertig war. Andererseits: Wie sollten die Wächter in dem dunklen Laboratorium irgendetwas erkennen können?

Maddox befürchtete, dass sich der Alte verletzte, wenn er im Dunkeln umherwanderte, doch dann besann er sich auf sich selbst. Wahrscheinlich weiß er, wie viele Schritte es bis zum Vorbereitungsraum sind, dachte er. Ich bin derjenige, der fallen und sich umbringen wird.

Maddox wollte etwas sagen, als ein weiterer Blitz die Dunkelheit durchschnitt, und plötzlich stürzte die Welt um ihn herum ein.

Diesen Eindruck gewann er jedenfalls. Etwas unter dem Laboratorium explodierte und eine ganze Ecke des Gebäudes brach zusammen; Trümmerstücke flogen in alle Richtungen. Maddox fühlte sich von der Druckwelle erfasst und durch den Raum geschleudert. Er stieß mit dem Kopf gegen etwas Hartes, bemerkte kaum den stechenden Schmerz im Arm und die warme Nässe, die sich dort ausbreitete.

Maddox versuchte, etwas zu erkennen, aber die Dunkelheit schien undurchdringlich zu sein. Es dröhnte in seinen Ohren und er schmeckte Blut. Er rief nach Waslowick, hörte aber nicht einmal die eigene Stimme.

Nach einer Weile gewöhnten sich seine Augen an die Finsternis, und dann nahm er ein Geräusch wahr: ein dumpfes Knacken, das innerhalb weniger Sekunden zu einem Donnern anschwoll – so hörte es sich an, wenn ein Gebäude einstürzte. Maddox versuchte, sich zu bewegen, aber es hatte keinen Zweck. Wieder wurde alles dunkel, doch diesmal war es eine sonderbare Dunkelheit: eine von Silber durchsetzte Schwärze.

Kapitel 2

CAPTAINS LOGBUCH, STERNZEIT 51405.9

Die Enterprise hat ihren diplomatischen Auftrag bei Tzenketh erfüllt und ich glaube, es ist mir gelungen, die notwendige Überzeugungsarbeit zu leisten der Autarch wird die Anstrengungen der Allianz gegen das Dominion unterstützen. Bevor wir mit der nächsten Mission beginnen, warten wir auf die Rückkehr von Lieutenant Commander Data, der das Schiff vor zwölf Tagen verließ, um eine schmerzliche persönliche Pflicht zu erfüllen.

Captain Jean-Luc Picard sah auf, blickte zum Chronometer und gelangte zu dem Schluss, dass er genug Zeit im Bereitschaftsraum verbracht hatte. Er beschloss, aufzustehen und ein wenig umherzuwandern, wieder das Schiff unter den Füßen zu spüren. Bei der Crew gab es Stimmungen, und die fand er nur heraus, wenn er den Kontakt mit ihr suchte. Natürlich konnte er Riker oder Troi darauf ansprechen Wie ist die Moral der Besatzung? und ihre unterschiedlichen Perspektiven hätten ihm ein klares, zuverlässiges Bild geliefert. Aber im Lauf der Jahre hatte Picard festgestellt, dass es dieser Methode an einer wichtigen Komponente mangelte.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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