Star Wars:  Die Hohe Republik - Der Pfad der Rache - Cavan Scott - E-Book
SONDERANGEBOT

Star Wars: Die Hohe Republik - Der Pfad der Rache E-Book

Cavan Scott

0,0
12,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 12,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Marda und Yana gehören dem Pfad der Offenen Hand an – einer religiösen Gruppierung, die von einer charismatischen Frau angeführt wird, die sich selbst "Mutter" nennt. Der Pfad ist davon überzeugt, dass die Macht generell von niemandem verwendet werden sollte. Während Marda sich einer gefährlichen Expedition zum Planeten X anschließt, um dort nach weiteren mysteriösen Kreaturen zu suchen, die gegen die Jedi eingesetzt werden können, findet Yana sich in einer unerwarteten Allianz mit dem Vater ihrer verstorbenen Geliebten wieder. Ihr Ziel ist es, den Pfad der Offenen Hand der Kontrolle der Mutter zu entreißen. Marda und Yana sind nun gezwungen, nicht nur über ihr eigenes Schicksal zu entscheiden, sondern auch über das der ganzen Galaxis. Die fesselnde Fortsetzung von "Star Wars: Die Hohe Republik - Der Pfad der Täuschung".

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 553

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



AUSSERDEM BEI PANINI ERHÄLTLICH

Star Wars: Die Hohe Republik – Die Bewährungsprobe

Justina Ireland – ISBN 978-3-8332-3944-1

Star Wars: Die Hohe Republik – Kampf um Valo

Daniel José Older – ISBN 978-3-8332-4084-3

Star Wars: Die Hohe Republik – Mission ins Verderben

Justina Ireland – ISBN 978-3-8332-4194-9

Star Wars: Die Hohe Republik – Die Suche nach der verborgenen Stadt

George Mann – ISBN 978-3-8332-4253-3

Star Wars: Die Hohe Republik – Auf der Suche nach Planet X

Tessa Gratton – ISBN 978-3-8332-4337-0

Star Wars: Die Hohe Republik – In die Dunkelheit

Claudia Gray – ISBN 978-3-8332-3943-4

Star Wars: Die Hohe Republik – Aus den Schatten

Justina Ireland – ISBN 978-3-8332-4083-6

Star Wars: Die Hohe Republik – Mitternachtshorizont

Daniel José Older – ISBN 978-3-8332-4193-2

Star Wars: Die Hohe Republik – Der Pfad der Täuschung

Tessa Gratton und Justina Ireland – ISBN 978-3-8332-4254-0

Star Wars: Die Hohe Republik – Der Pfad der Rache

Cavan Scott – ISBN 978-3-8332-4338-7

Star Wars: Ahsoka

E. K. Johnston – ISBN 978-3-8332-3450-7

Star Wars: Bürde der Königin

E. K. Johnston – ISBN 978-3-8332-3941-0

Star Wars: Schatten der Königin

E. K. Johnston – ISBN 978-3-8332-3636-5

Star Wars: Leia, Prinzessin von Alderaan

Claudia Gray – ISBN 978-3-8332-3569-6

Star Wars: Poe Dameron – Freier Fall

Alex Segura – ISBN 978-3-8332-3942-7

Star Wars: Meistgesucht

Rae Carson – ISBN 978-3-8332-3637-2

Nähere Infos und weitere Bände unter:

www.paninibooks.de

DER PFAD DER RACHE

ROMAN

Von Cavan Scott

Ins Deutsche übertragen von Tobias Toneguzzo

Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Titel der Amerikanischen Originalausgabe: „Star Wars: The High Republic – Path of Vengeance“ by Cavan Scott, published by Lucasfilm Press, an imprint of Buena Vista Books Inc., May 2023.

© & TM 2023 LUCASFILM LTD. All Rights Reserved.

Design by Soyoung Kim, Scott Piehl and Leigh Zieske

Deutsche Ausgabe 2023 by Panini Verlags GmbH, Schloßstr. 76,

70176 Stuttgart. Alle Rechte vorbehalten.

Geschäftsführer: Hermann Paul

Head of Editorial: Jo Löffler

Head of Marketing: Holger Wiest (E-Mail: [email protected])

Presse & PR: Steffen Volkmer

Übersetzung: Tobias Toneguzzo

Lektorat: Peter Thannisch

Umschlaggestaltung: tab indivisuell, Stuttgart

Satz und E-Book: Greiner & Reichel, Köln

YDSWHR005

ISBN 978-3-7569-9989-7

Gedruckte Ausgabe:

1. Auflage, Juli2023, ISBN 978-3-8332-4338-7

Findet uns im Netz:

www.starwars.com

www.paninibooks.de

PaniniComicsDE

Ein Konflikt hält die Galaxis in Atem. Nachdem Chaos auf dem Pilgermond Jedha ausgebrochen ist, kommt es zu einer verheerenden Schlacht. Wie die Jedi herausfinden, ist eine vermeintlich wohlwollende Gruppierung, DER PFAD DER OFFENEN HAND, an gewalttätigen interplanetaren Verschwörungen beteiligt.

Die Kommunikation ist zusammengebrochen, und die Anführerin des Pfades, DIE MUTTER, eilt zurück zum Planeten Dalna, um ihren Verfolgern ein für alle Mal zu entkommen.

Noch ahnen die Jedi nicht, dass die Mutter im Begriff ist, mysteriöse, namenlose Kreaturen zu entfesseln, die mächtig genug sind, um den Orden selbst zu zerstören …

PROLOG

Marda sprach, und der Pfad der Offenen Hand lauschte.

Das sanfte Summen der Schiffsantriebe ließ die Deckplatten unter ihren Füßen vibrieren. Es faszinierte sie immer noch, dass die Gaze Electric gleichzeitig so mächtig und doch so friedlich war. Sie erinnerte sich noch gut an den Moment, als das gigantische Schiff nach jahrelangem Bau auf den staubigen Ebenen von Dalna endlich ins All gestartet war. Marda hatte den Großteil ihres Lebens von diesem Moment geträumt, und nun war sie endlich hier. Nun waren sie alle hier und rasten dem sagenumwobenen Pilgermond Jedha entgegen, um die Botschaft des Pfades zu verbreiten. Das Unglaublichste überhaupt war aber, dass sie, Marda, diese Reise anführte. Sie hatte immer im Schatten ihrer Cousine gestanden: Yana, die mit den Kindern – der Elite unter den Anhängern der Mutter – durch die Galaxis gezogen war, um Machtartefakte jenen zu entreißen, die sie missbrauchten. Marda hatte immer wieder darum gebeten, in die Reihen der Kinder aufgenommen zu werden, aber sie war jedes Mal zurückgewiesen worden. Während Yana die Sterne bereiste, schien es Mardas Bestimmung zu sein, auf Dalna zu bleiben und sich um die Kleinen des Pfades zu kümmern, während die Frage an ihr nagte, warum sie der Gunst der Mutter nicht würdig war.

Doch Kevmo Zink – der wundervolle, aufregende Kevmo – hatte das geändert. Er hatte Marda erst an allem zweifeln lassen, was sie je geglaubt hatte, nur um ihr anschließend zu beweisen, dass sie schon immer recht gehabt hatte. Keine Frage, der junge Padawan hatte ihr ganz schön den Kopf verdreht, als er mit seinen Jedi-Tricks auf Dalna aufgetaucht war. Er hatte sich kaum oder gar nicht um die Konsequenzen seiner Taten geschert, und Marda hatte ihn angefleht, darüber nachzudenken, was er eigentlich tat. Sie hatte ihm die Wahrheit eröffnet, die alle Mitglieder des Pfades kannten: Wer die Macht missbrauchte, löste damit eine Kettenreaktion aus, deren unvorhersehbare und potenziell katastrophale Folgen jeden Ort in der Galaxis treffen konnten. Was als winzige Welle auf Dalna begann, konnte weit, weit entfernt wie ein Tsunami gewaltige Zerstörungen anrichten. Kevmo und seinesgleichen hatten keine Ahnung, welches Leid und welchen Schmerz sie anderen zufügten. Marda hatte versucht, ihm die Untaten aufzuzeigen, die er unwissentlich beging, aber er hatte sich geweigert, ihr überhaupt zuzuhören. Nicht dass sie es ihm wirklich hatte übel nehmen können. Er war nur ein Schüler gewesen, indoktriniert von seiner Meisterin, einer blassen Soikanerin namens Zallah Macri, die behauptete, der Pfad habe ein falsches Bild von der Macht. Kevmo hatte all ihren Lügen geglaubt und war ihr mit Leib und Seele verfallen gewesen.

Mardas Herz schmerzte bei dem Gedanken an den jungen Pantoraner, den einzigen Jungen, den sie je geliebt hatte. Sie würde nie wieder sein strahlendes Lächeln sehen oder diese glatten blauen Wangen berühren, die unter seinen kunstvollen Tätowierungen erröteten, wenn sie ihn küsste. Doch seine Torheit trübte selbst ihre schönsten Erinnerungen an den Padawan. Wenn sie heute die Augen schloss, sah sie nur noch Kevmos kalte Leiche in den Höhlen unter dem Lager des Pfades auf Dalna, seine weiche Haut zu Asche verbrannt durch die Berührung der unheimlichen Kreatur, die sie alle nur den Gleichmacher nannten.

Dieselbe Kreatur, die nun aus den Schatten der Versammlungshalle hervorspähte wie eine Verkörperung der Macht.

Kevmo und Zallah hatten ihre Fähigkeiten missbraucht, und die Macht hatte sie dafür bestraft, indem sie ihr Lebenslicht auf grausamste Weise erstickt hatte. Sie hatte die Jedi in leblose Hüllen verwandelt, und ihre Roben waren in sich zusammengesunken, als die Körper darunter zu Staub zerbröckelt waren.

Marda trug Kevmos Lichtschwert unter ihren Roben, um sich immer daran zu erinnern, was sie beide in jenem grauenvollen Moment verloren und gewonnen hatten. Kevmos Tod hatte ihr das Herz gebrochen, und während die Mutter verkündet hatte, dass der Pfad Dalna verlassen und nach Jedha reisen würde, hatte Marda sich geschworen, dass sie nie wieder solchen Schmerz und solche Leere erleiden sollte – und auch sonst niemand. Sie würde jeden vor den Gefahren warnen, die der Missbrauch der Macht nach sich zog. Kevmo war tot, weil er nicht gehört hatte, und Marda würde verhindern, dass andere sein Schicksal teilten. Die Mutter hatte ihr Potenzial erkannt und sie zur spirituellen Führerin des Pfades gemacht. In dieser Funktion hielt sie Andachten ab und vertrat die Mutter bei Unterweisungen. Endlich konnte sie die Macht schützen. Endlich konnte sie jene retten, die denselben Weg beschritten wie Kevmo.

Marda lächelte, während sie sprach. Ihre dunklen Augen glänzten vor Tränen, und die Anhänger des Pfades weinten mit ihr, während sie lauschten.

Yana weinte nicht. Sie wollte, vielleicht sollte sie sogar, aber sie konnte nicht. Nicht hier. Alles hatte sich so schnell verändert. Gerade vor ein paar Wochen hatte sie noch vorgehabt, den Pfad zu verlassen und mit der Liebe ihres Lebens einen Neuanfang zu wagen, weit, weit entfernt von Dalna und dem Einfluss der Mutter.

Nun hatte sie Dalna tatsächlich verlassen, aber nicht so wie erwartet. Zum einen war Kor nicht bei ihr. Stattdessen lag ihre Freundin tot unter dem Eis einer gefrorenen Welt, viele Lichtjahre vom nächsten bewohnten System entfernt. Yana war gezwungen gewesen, sie dort zurückzulassen, um nicht dasselbe Schicksal zu erleiden. In ihren dunkelsten Momenten stellte sie sich Kor Plouth vor, so, wie sie jetzt war – nicht die strahlende Nautolanerin, die sie seit ihrem dreizehnten Lebensjahr kannte, sondern eine Leiche, der die Meerestiere von Thelj das Fleisch abgenagt hatten. Das Bild war grotesk und grausig und ließ Yanas Klauen vor Rachegelüsten zucken. Die Mission der vier Kinder war von Anfang an zum Scheitern verurteilt gewesen. Die Mutter hatte Kor in den Tod geschickt, und Yana war nur knapp mit heiler Haut davongekommen. Ihre Spezies wurde überall in der Galaxis gefürchtet. Dabei kannten die wenigsten einen Evereni persönlich, stattdessen beurteilte man sie nach ihrem Ruf und ihrem Aussehen – der schiefergrauen Haut, den rasiermesserscharfen Zähnen und Krallen, den kohlschwarzen Augen. Für viele waren sie kaum mehr als blutrünstige Raubtiere, und beim Großen Sturm, manchmal wünschte Yana, sie wäre eines. So oft hatte sie schon davon geträumt, die Mutter zu Boden zu reißen und ihr vor ihren verblendeten Anhängern die Kehle herauszureißen. Aber unternommen hatte sie nichts. Stattdessen stand sie einfach nur herum, so wie jetzt, im hinteren Teil der GazeElectric, während Marda eine ihrer naiven Ansprachen über die Weisheit des Pfades und seiner Doktrin zum Besten gab.

Marda war kaum noch wiederzuerkennen. Yana hatte ihre Cousine beschützt, seit sie als Flüchtlinge auf Dalna angekommen waren. Sie hatte sich gewünscht, dass Marda ein wenig Rückgrat entwickeln und für sich selbst einstehen würde. Als Kevmo Zink aufgetaucht war, hatte Yana gedacht … nein, gehofft, dass er ihr die Augen öffnen würde. Dass ihre Cousine durch die Gefühle, die zwischen ihr und dem jungen Jedi erwacht waren, endlich erkennen würde, wer sie war und was sie sein konnte.

Zugegeben, Marda hatte sich tatsächlich verändert, aber nicht so, wie Yana es sich gewünscht hätte; stattdessen war sie zu einer Fanatikerin geworden. Das offensichtlichste Zeichen dieser Veränderung waren die drei blauen Linien aus Brikal-Muschelfarbe, die sich alle Pfad-Mitglieder ins Gesicht malten. Sie symbolisierten Freiheit, Harmonie und Klarheit, und bislang waren es immer sanfte Wellenlinien gewesen. Doch seit Kevmos Tod zogen sich drei gerade, vertikale Linien über Mardas Gesicht, die wie Schnitte von ihrer Stirn bis zu ihrem Kinn reichten.

Sie behauptete, dieses neue Muster würde ihre Überzeugung symbolisieren, dass der Pfad entschlossener handeln musste; dass sie aktiv nach jenen suchen sollten, die die Macht missbrauchten, damit ihr Treiben im Keim erstickt werden konnte.

Immer mehr Pfad-Anhänger hatten Gefallen an dieser Einstellung gefunden und ihre Gesichtsbemalung ebenfalls verändert. Die drei traditionellen Wellenlinien, die Yana über den Augen trug, waren inzwischen definitiv in der Unterzahl.

„Sieh sie dir nur an“, ertönte eine Stimme neben ihr. Yana reagierte nicht darauf, hielt ihre dunklen Augen weiter auf Marda gerichtet. „Sie verehren sie. Die neue Führerin des Pfades.“

Yanas Spezies hatte mit vielen Vorurteilen zu leben: dass die Evereni heimatlos waren, dass sie keine echte Identität hatten, abgesehen von Schmähnamen, die andere ihnen gaben, und dass ihr Leben keinem Nutzen diente. Dann waren da noch die kurioseren Gerüchte über sie; Geschichten, die Yana bis vor Kurzem ins Reich der Fantasie verwiesen hatte.

Die makaberste von ihnen hatte sie in einer Bar auf Rekardia gehört. Sie hatte versucht, das Gemurmel mehrerer Schmuggler zu ignorieren, die sie seit dem Moment anstarrten, als sie zur Tür hereingekommen war.

„Sie reden mit den Toten, diese Evereni“, hatte einer der Raumfahrer erklärt, motiviert durch Ignoranz und billiges Bier. „Sie sehen die Geister derer, die sie ermordet haben – verlorene Seelen, dazu verdammt, diesen elenden Haien zu folgen, wohin immer sie gehen.“

Natürlich war das abergläubischer Schwachsinn. Das hatte sie auch dem grünhäutigen Argazdan gesagt, nachdem sie ihm die Nase an der Theke eingeschlagen hatte. Und als sie sich später mit Kor am Raumhafen getroffen und ihr die Geschichte erzählt hatte, waren deren Kopftentakel vor Lachen von einer Seite auf die andere geschwungen.

Doch obwohl es offensichtlich Unsinn war, hatte Yana ein schmerzhaft vertrautes Gesicht in der Menge entdeckt, als sie zum ersten Mal an Bord der Gaze Electric gekommen war. Die Kopftentakel, die limettengrüne Haut, die glücklicherweise noch immer ihre Knochen bedeckte … Doch Kors einst dunkle Augen waren trüb und milchig, während sie zwischen den anderen Pfad-Anhängern hindurch zu Yana herüberblickte. Und als sie gelächelt hatte, war Eiswasser zwischen ihren rissigen Lippen hervorgesprudelt.

Seitdem war sie immer da, nur ein paar Schritte hinter Yana, unsichtbar für jeden außer ihr. Und ihre Stimme war so klar, als würden sie wieder gemeinsam in ihrem kleinen Bett auf Dalna liegen.

„Du hast mich zurückgelassen, aber ich bin noch immer bei dir. Solange du mich brauchst, werde ich da sein.“

Natürlich war sie es nicht wirklich, das wusste Yana. Kor war tot. Diese Erscheinung war die Personifizierung ihrer eigenen Schuldgefühle und ihrer Wut. Es war der Zorn, der tief in ihrem Inneren brannte; derselbe Zorn, der sie dazu gebracht hatte, sich Kors Vater anzuschließen, Werth Plouth. Er war der Herold des Pfades und wartete ungeduldig auf die richtige Gelegenheit, um die Mutter zu entmachten.

„Aber was springt für dich dabei heraus?“, wisperte Kor.

Yana ballte die Fäuste und konzentrierte sich auf den Schmerz, als ihre Fingernägel in ihre trockenen Handflächen schnitten. Doch noch immer konnte sie nicht weinen. Ringsum wiederholten die Mitglieder des Pfades Mardas abschließende Worte: „Die Macht wird frei sein.“

„Die Macht wird frei sein“, sagte Kor in Yanas Ohr.

„Ja, aber werden wir frei sein?“, fragte Yana, ohne den Blick von ihrer Cousine zu nehmen.

Marda blieb, nachdem die anderen aus der Halle geströmt waren und die Ältesten ihr für ihre inspirierenden Worte gedankt hatten. Die Mutter selbst hatte nicht an der Versammlung teilgenommen. Natürlich nicht. Elecia verbrachte die meiste Zeit in ihren privaten Gemächern, wo sie mit der Macht kommunizierte. Aber dass der Herold auch nicht hier gewesen war, überraschte Marda. Sie war inzwischen daran gewöhnt, dass der Nautolaner im hinteren Teil der Menge stand, seine Augen beinahe ebenso dunkel wie ihre, die Stummel seiner abgeschnittenen Tentakel ein krasser Kontrast zu seinem grünen Schädel. Vielleicht wurde er anderswo an Bord des riesigen Schiffes gebraucht. Ja, vermutlich war das der Grund. Nicht dass er es ihr erzählen würde. Sie waren nie Freunde gewesen, aber seit Mardas Beförderung war ihre Beziehung geradezu frostig geworden. Werths Abneigung troff ihm aus jeder Pore, und sie hatte keine Ahnung, wieso. Sie war keine Bedrohung, erst recht nicht für ihn, außerdem verfolgten sie beide das gleiche Ziel: die Botschaft des Pfades in die Galaxis hinauszutragen. War es vielleicht ihre Nähe zur Mutter, die ihn störte, dieses enge Band, das sie seit Jüngstem teilten? War der Herold eifersüchtig?

Es hatte ihm sichtlich missfallen, dass die Mutter Sunshine Dobbs vorausgeschickt hatte, um die Ankunft des Pfades auf Jedha anzukündigen. Zumindest diesen Teil konnte Marda nachvollziehen. Wie sein Titel schon andeutete, sollte der Herold der Vorbote und das Sprachrohr des Pfades sein. Sunshine Dobbs hingegen … Nun, Sunshine war ein Schwindler und Betrüger. Oder zumindest war er das gewesen, bevor er sein Leben in den Dienst des Pfades gestellt hatte. Der ehemalige Hyperraum-Scout strahlte förmlich, wenn er sich in der Gegenwart der Mutter sonnen durfte, und Marda hatte den Verdacht, dass er seit seiner Bekehrung Gefühle für Elecia entwickelt hatte. Aber natürlich würde die Mutter sich nie auf so etwas einlassen.

Sunshines Überschwänglichkeit ließ den Herold im Vergleich umso grimmiger wirken. Werths Trauer um seine Tochter hatte jegliche Freude aus seinem Leben und seiner Berufung gesaugt. Dieser Tage sprach er mit fast niemandem mehr, nicht mal mit seiner Frau Opari, die ohnehin schon schwer krank war und sich seit Kors Tod noch weiter von der Welt zurückgezogen hatte; sie verließ nur noch selten die Kabine, die sie sich an Bord der Gaze mit dem Herold teilte. Nein, die einzige echte Vertrauensperson, die Werth noch zu haben schien, war Yana.

Marda wollte ihm den Trost nicht missgönnen, den er aus der Gesellschaft ihrer Cousine zog, aber angesichts der früheren Differenzen zwischen den beiden konnte sie doch nicht anders, als sich zu wundern. Hatte womöglich die Trauer um Kor sie zusammengeführt? Schließlich hatten sie das Mädchen beide geliebt, er als Vater, sie als Freundin.

Nun, was immer der Grund war, Marda wünschte, dass Yana mir ihr reden würde.

„Marda?“

Die Stimme ihrer Cousine ließ sie erschrocken den Atem einsaugen. Marda war so in Gedanken vertieft gewesen, dass sie gar nicht gehört hatte, wie Yana zu ihr an das Aussichtsfenster trat. Oder vielleicht lag das auch an Yanas Ausbildung; wenn sie nicht bemerkt werden wollte, konnte sie so lautlos sein wie eine Schattenkatze. Aber nun stand sie da, wie die sprichwörtliche Antwort auf ein Gebet. Marda drehte sich herum, um ihre Cousine zu begrüßen, aber ihr Lächeln stockte, als sie die langen Kampfstäbe in Yanas Händen sah.

„Cousine?“

„Cousine“, erwiderte Yana, ihre Stimme bar jeglicher Emotion. Dann hielt sie ihr einen der Stäbe hin.

„Was soll das?“, keuchte sie.

„Wonach sieht es denn aus? Training.“

Marda musste lachen; sie konnte nicht recht glauben, was sie da hörte. „Das hier ist die Versammlungshalle. Ein geheiligter Ort!“

Yana zuckte unmerklich mit den Schultern. „Ein Schlachtfeld ist auch ein geheiligter Ort.“

Marda machte einen Schritt auf ihre Cousine zu. „Yana, lass uns reden. Wir könnten … etwas essen.“

Yana schnaubte. „Essen?“

„Die Lagerräume sind vollgepackt mit Proviant von Dalna. Der Älteste Arevelin hat sogar gebrannte Nüsse mitgebracht. Falls du etwas Nährreicheres möchtest, haben wir auch literweise gewürzte Fischsuppe in der Bordküche. Das war doch immer deine Lieblingsspeise.“

Yana hielt ihr weiter den Stab hin. „Wir können später noch essen.“

Marda ließ die Schultern hängen. „Nach dem … Training?“

Sie wurde mit einem knappen Nicken und einem Versprechen belohnt. „Nach dem Training.“

Marda betrachtete die Waffe. Vielleicht war das Yanas Art, das Eis zu brechen, das zwischen ihnen entstanden war – der erste Schritt, um ihre Beziehung wiederaufzubauen. Es war jedenfalls die längste Unterhaltung, die sie seit dem Start der Gaze miteinander geführt hatten. Sie sollte die Gelegenheit ergreifen, bevor Yana es sich anders überlegte. Also nahm Marda den dargebotenen Stab und ging in Verteidigungshaltung. Sofort setzte ihre Cousine zum Angriff an.

„Nicht gut genug“, zischte Yana, als es Marda wie durch ein Wunder gelang, diesen ersten Hieb abzublocken. Sie schwang ihren Stab erneut, diesmal auf Mardas linke Seite und so schnell, dass die andere Evereni gar nicht erst reagieren konnte.

„Aah!“, schrie Marda, als die Spitze des Stabes ihre Rippen traf.

„Du versuchst ja nicht mal zu gewinnen!“

„Ich dachte, wir wollten nur üben!“, rief Marda. Sie führte selbst eine Attacke, aber Yana wich mit einer wirbelnden Bewegung aus, sodass Mardas Stab hinter ihr auf die Deckplatten knallte.

Einen Herzschlag später bohrte sich die Spitze von Yanas Waffe in Mardas Brustbein, und sie taumelte nach hinten.

„Der hätte dich töten können.“

Der Stab sauste durch die Luft und traf Mardas Rücken.

„Und der hätte dir das Rückgrat gebrochen.“

Marda brüllte vor Frustration und riss ihre Waffe in einem weiten Bogen nach oben. Hätte Yana den Schlag nicht abgewehrt, hätte er sie am Kiefer erwischt.

„Schon besser.“

Brüllend und schnaubend setzte Marda ihren Angriff fort. Sie wirbelte um die eigene Achse, um ihrem nächsten Hieb noch mehr Schwung zu verleihen. Yana blockte den Stab einmal mehr ab, gefolgt von einem weiteren herablassenden Kompliment – als würde sie ein kleines Kind loben, weil es gerade ein Bild mit seinen Fingerfarben gemalt hatte.

Klack!

„Besser.“

Klack!

„Noch mal.“

Klack!

„Konzentrier dich.“

Einen Moment lang verlor sich Marda in dem Tanz aus Zuschlagen und Blocken und Antäuschen und Kontern. In ihrem Kopf wirbelten Bilder umher, während sie in der kühlen Luft des Schiffs das Kämpfen übten – Erinnerungen, die wie von allein in ihrem Bewusstsein aufblitzten, kaum mehr als flüchtige Momentaufnahmen. Wie sie als Kinder nach Dalna gekommen waren, verloren und verängstigt. Wie sie erstmals die Mutter gesehen hatten. Wie sie Kevmo begegnet war. Wie ihr Herz einen Schlag ausgesetzt hatte, als er seine Lippen auf ihre presste.

„Genug!“

Yanas Stab pfiff in einem tiefen Bogen durch die Luft und riss Marda die Beine unter dem Körper weg. Deren Waffe landete auf dem Deck, einen Moment später gefolgt von ihrem Körper, und der Aufprall presste ihr die Luft aus den Lungen. Yana stand über ihr, und kurz war Marda überzeugt, dass ihre Cousine zum Todesstoß ausholen würde. Doch stattdessen entspannte sich Yanas Körper, und sie gab ihre Kampfhaltung auf, um ungehalten mit ihrem Stab auf die Deckplatten zu klopfen.

„Du bist nicht bereit für Jedha.“

Marda versuchte, wieder zu Atem zu kommen. „Wir reisen in friedlicher Mission dorthin.“

Yana lachte spitz. „Wie lange wird sie wohl friedlich bleiben, wenn wir jedem am heiligsten aller Orte sagen, dass sein Glaube falsch ist? Wenn wir diese ‚Macht-Synode‘ warnen, dass sie untergehen wird, falls sie sich nicht ändert?“

„Die Jedi missbrauchen die Macht“, schnappte Marda, während sie sich mit zitternden Armen vom Boden hochstemmte.

Yana hielt ihr die Hand hin. „Von denen habe ich gar nicht gesprochen.“

Marda ergriff ihre Hand und ließ sich auf die Füße hochziehen. „Ich weiß. Aber die Jedi haben einen verderblichen Einfluss auf die Synode …“

Yana ließ sie los. „Einen verderblichen Einfluss? Jetzt klingst du wie die Mutter.“

„Danke“, erwiderte Marda, auch wenn sie wusste, dass es nicht wirklich ein Kompliment gewesen war. Während sie ihrer Cousine in die Augen blickte, versuchte sie weiterhin, ihren keuchenden Atem zu beruhigen. „Die Synode besteht aus Vertretern aller großen Glaubenssysteme. Wenn wir sie überzeugen können, dass die Jedi die Macht gefährden …“

„Sie werden dir nicht glauben.“

„Aber wir müssen es versuchen.“

Die beiden Evereni standen sich wortlos gegenüber, Yana mit zusammengepressten Lippen, Marda tief durchatmend. Sie konnte Schmerz und Zorn auf den Zügen ihrer Cousine erkennen. Würde sie sich doch nur der Aufgabe widmen, die Botschaft des Pfades zu verbreiten, dann würde sie gewiss Frieden finden. Marda wollte sie in die Arme schließen, ihr sagen, dass sie verstand, dass alles gut werden würde, doch Yana löste sich aus ihrer Starre, bückte sich und hob Mardas Stab vom Boden auf.

„In einer Stunde treffen wir uns im sekundären Frachtraum“, sagte sie, bevor sie Marda die Waffe erneut in die Hand drückte. „Du musst auf alle Eventualitäten vorbereitet sein. Die Nächte auf Jedha sind dunkel.“

„Jedha ist der Mond des Lichts!“

„Es ist ein Mond voller Pilger, denen deine Botschaft nicht gefallen wird.“

Nicht unsere. Deine.

„Was ist mit der Fischsuppe?“

Yana wandte sich ab und verließ den Raum, ohne auch nur einmal zurückzublicken. „Vielleicht später.“

Marda wusste, dass sie es nur so dahinsagte. Eine Sekunde später hatte sich die Tür mit einem Zischen hinter Yana geschlossen, und Marda war allein.

Nein, sie war nicht allein. Nicht mehr.

„Sie wird es schon noch einsehen“, erklärte sie laut. „Sie wird einsehen, dass sie sich irrt. Jedha wird auf uns hören. Alle werden die Wahrheit unserer Botschaft anerkennen.“

„Sie werden die Wahrheit anerkennen“, wiederholte Kevmo, als er hinter sie trat. Seine einst schimmernde Haut war nun schuppig und weiß, seine Stimme wie das Knirschen von Kies. „Die Macht wird frei sein.“

„Die Macht wird frei sein“, sagte Marda und nickte mit einem Lächeln.

1. TEIL

DIE SCHLACHT UM JEDHA

1. KAPITEL

Jedha erkannte die Wahrheit nicht an. Niemand erkannte die Wahrheit an. Und jetzt war Marda allein.

Die Überzeugung, die sie in der Versammlungshalle an Bord der GazeElectric empfunden hatte – ungeachtet der blauen Flecken an ihren Armen und ihrer Seite, die nach dem Übungskampf mit Yana zurückgeblieben waren –, hatte bis zu ihrer Ankunft auf dem Pilgermond angehalten. Falls überhaupt, so war sie noch gewachsen, und als Marda schließlich das Landeshuttle der Gaze verlassen hatte, war sie regelrecht euphorisch gewesen.

Anfangs war ihr diese Euphorie berechtigt erschienen. Die Leute hatten bereitwillig der Botschaft des Pfades gelauscht, sie sogar dankend aufgenommen. Sunshine Dobbs hatte ganze Arbeit geleistet, seit er ein paar Tage zuvor mit seinem uralten Kreuzer, der Scupper, angekommen war. Jeder, der ihnen Probleme hätte machen können, war geschmiert, und potenzielle Hindernisse ganz oder zumindest teilweise aus dem Weg geräumt worden. Um den guten Willen des Pfades zu demonstrieren, hatte Sunshine außerdem in die – überraschend tiefe – Börse der Mutter gegriffen, um ein Armenhaus zu kaufen, das kurz vor der Schließung gestanden hatte. Die Macht-Synode hatte sich bereit erklärt, den Herold zu empfangen, und die Mutter hatte sich bei den Friedensgesprächen zwischen Eiram und E’ronoh als wichtige Hilfe erwiesen – immerhin zwei Welten, die seit Generationen miteinander im Clinch lagen.

Alles war genau nach Plan verlaufen … bis plötzlich Kämpfe ausbrachen.

Jetzt strömte Blut durch die staubigen Straßen von Jedha. Was als Streit zwischen dem Herold und der Synode begonnen hatte, war schnell zu einem Aufstand eskaliert. Der Herold war auf den Stufen des Synoden-Gebäudes vor die Menge getreten und hatte deren Misstrauen gegenüber der Synode und ihren Mitgliedern ausgenutzt. Erst waren hitzige Worte geflogen, dann Fäuste, und die Gewalt hatte um sich gegriffen wie ein Lauffeuer. Derartige Ausschreitungen wären allein schon schlimm genug gewesen, aber dann waren auch noch die Friedensgespräche zwischen Eiram und E’ronoh gescheitert, und die Lage hatte sich weiter zugespitzt. Bewaffnete Wachen und Kampfdroiden der beiden zerstrittenen Planeten marschierten in den Straßen auf, und die ohnehin schon verängstigten Einwohner von Jedha reagierten mit Panik und Wut. Aufständische warfen sich auf die Kampfdroiden und Soldaten, und als Jahrhunderte an Vorurteilen und religiösen Streitigkeiten überkochten, weiteten sich die Zusammenstöße immer mehr aus, bis schließlich die gesamte Stadt einer Kriegszone glich.

Marda hatte versucht, den Mob zu beruhigen, den Willen der Macht zu predigen, sich um die Verwundeten zu kümmern … aber dann hatten die Jedi die Kontrolle an sich gerissen, so wie sie es immer taten. Natürlich hatten ihre glühenden Lichtschwerter die Sache nur schlimmer gemacht, und die Gewalt war eskaliert, bis niemand mehr hätte sagen können, warum die Kämpfe überhaupt ausgebrochen waren.

Marda zog den Kopf ein, als Sternenjäger über ihr durch den Himmel rasten, ihre Antriebe laut wie Donnergrollen. Eine Straße weiter flammte eine Explosion auf, gefolgt von einem gellenden Schrei. So viele Explosionen. So viele Schreie.

Marda nahm das Kommlink von ihrem Gürtel und drückte den Knopf.

„Yana? Yana, kannst du mich hören? Ich habe die Mutter aus den Augen verloren. Ich habe sie nicht mehr gesehen, seit das Armenhaus zerstört wurde.“

Sicher platzte Yana vor Schadenfreude über das Versagen ihrer Cousine. Alles, wovor sie Marda gewarnt hatte, war eingetreten. Die Bewohner und Besucher von Jedha hatten mit Gewalt auf ihre Botschaft reagiert. Alles war verloren.

„Yana? Bitte, melde dich. Yana!“

Sie erhielt keine Antwort, nicht mal ein spöttisches Lachen oder ein selbstgefälliges „Na, hab ich’s dir nicht gesagt?“.

Einer der Sternenjäger verging in einer Flammenwolke, und sein zerfetzter Rumpf stürzte vom Himmel herab – direkt auf den Tempel einer halb vergessenen Religion.

„Was soll ich nur tun?“, wisperte Marda, aber niemand war da, der ihr die Frage beantworten konnte. Weder Yana noch Kevmo, der ihr nicht mehr erschienen war, seitdem sich Jedha in ein Irrenhaus verwandelt hatte. Vielleicht war er auch nie da gewesen … Es gab inzwischen nichts mehr, dessen Marda sich noch sicher war.

Ein weiterer Schrei, näher diesmal. Kurz brandete irrationale Furcht über sie hinweg: War das die Mutter? War sie in Gefahr? Irrational oder nicht, sie rannte los in Richtung des Kreischens. Yana hätte vermutlich gesagt, dass sie es sich nur einbildete, aber Marda war überzeugt, dass die Macht sie antrieb.

Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals, während sie um einen einstmals imposanten Schrein herumsprintete und vor sich eine zerfetzte blaue Robe im Staub entdeckte, die Falten befleckt von Schmutz und Blut. Der Träger dieser Robe hatte sich zusammengerollt, die Arme über dem Kopf verschränkt, während eine Gruppe von Randalierern auf ihr Opfer eintrat und es schlug und dabei hasserfüllte Beleidigungen schrie. War das tatsächlich die Mutter? Solange die Aufrührer weiter versuchten, das Wesen totzuprügeln, konnte Marda nicht sicher sein. Doch selbst wenn nicht – sie musste etwas tun, um dieser armen Seele zu helfen. Wäre Yana hier gewesen, sie hätte sich ohne Zögern in den Kampf gestürzt. Doch wenn Jedha Marda eines gezeigt hatte, dann, dass sie nicht war wie ihre Cousine. Sie hatte ja nicht mal eine Waffe.

„Doch, hast du“, sagte eine tonlose Stimme in ihrem Kopf.

Marda blickte auf ihre rasiermesserscharfen Krallen hinab und fragte sich, ob das wohl ausreichen würde … obwohl sie in ihrem Herzen bereits wusste, dass die Antwort auf diese Frage Nein lautete.

„Nicht deine Hände“, flüsterte Kevmo ihr ins Ohr. Endlich war er da. „Unter deiner Robe. Mein Lichtschwert.“

Bevor sie darüber nachdenken konnte, was sie eigentlich tat, hatte Marda bereits die Hand unter ihre staubverkrustete Robe geschoben und nach der Waffe gegriffen. Sie riss den kühlen Griff hervor und drehte ihn, bis ihr Finger den Aktivator ertastete. In ihrer Panik sah sie nicht mal mehr, was direkt vor ihren Augen geschah.

„Jetzt leg den Finger auf den Aktivator. Los!“

Marda drückte zu, und Energie ließ den Schwertgriff unter ihren Fingern vibrieren, während die gelbe Plasmaklinge zu knisterndem Leben erwachte. Marda stockte der Atem. Sie hatte seit Kevmos Tod mit dem Gedanken gespielt, die Klinge zu aktivieren, aber irgendwie fühlte es sich respektlos an, so als würde sie damit sein Andenken und gleichzeitig auch die Macht entehren. Jetzt hatte sie leider keine andere Wahl mehr.

„Aufhören!“, schrie sie. In ihrer Stimme schwang eine Härte mit, die sie sich selbst nicht zugetraut hatte. „Lasst diese Person in Ruhe!“

Die Gruppe wirbelte herum – zwei Menschen und ein goldäugiger Kyuzo.

„Verfluchte Jedi!“, grollte der Kyuzo, als sein Blick auf die glühende Klinge fiel. „Das hier geht dich nichts an. Verschwinde. Mach, dass du wegkommst!“

„Nein, ihr werdet verschwinden“, erwiderte sie, auch wenn ihre Stimme beinahe ebenso sehr zitterte wie ihre Hände.

„Und wieso, meine Hübsche?“, schnaubte einer der Menschen, ein Mann mit breiter Brust, rotem Haar und schiefen Zähnen. „Weil die Macht es dir gesagt hat?“

Das verriet ihr alles, was sie wissen musste. Der rothaarige Schläger war kein Gläubiger, nicht mal ein fehlgeleiteter. Er war lediglich hier, weil er die Welt brennen sehen wollte, und das Pfad-Mitglied, das sich noch immer vor seinen Füßen krümmte, war einfach zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen.

Marda machte einen zögerlichen Schritt nach vorne. „Ich habe gesagt, ihr sollt diese Person in Ruhe lassen!“

Die Gestalt auf dem Boden rührte sich nicht. Bei den Sternen, war sie womöglich schon tot? Aber zumindest traten die Schläger von ihr zurück … wenn auch nur, um stattdessen auf Marda zuzukommen.

Sie musste all ihren Mut aufbringen, um nicht einfach wegzurennen.

„Du bist keine Jedi“, erkannte der Kyuzo. Er grinste unter der Übersetzungseinheit, die vor seinen Mund geschnallt war. „Du bist wie er, eine dieser Kultisten.“

„Wir sind kein Kult“, entgegnete Marda. Der Kyuzo hatte er gesagt, demnach war ihr Opfer zumindest nicht die Mutter. Den Sternen sei Dank! Doch nur eine Sekunde später überkamen sie Schuldgefühle. Egal, wer dieses arme Wesen war, es hatte nicht verdient, zu Tode geprügelt zu werden.

„Kommt nicht näher“, warnte sie, wobei sie den Schwertgriff von einer zitternden Hand in die andere nahm.

„Und wenn doch?“ Der rothaarige Mensch lachte. „Wirst du uns dann mit deinem Laserschwert niederstrecken?“

„Sieh dir die verkrukkte Planetenmörderin doch nur an!“, sagte der Kyuzo. „Sie hat keine Ahnung, was sie tut!“ Er stellte sich direkt vor die Klinge. „Vermutlich hat sie das Schwert auf der Straße gefunden.“ Er streckte die behandschuhte Rechte aus. „Her damit, Mädchen, bevor du noch jemandem wehtust! Vermutlich dir selbst.“

Marda wusste nicht, was den Ausschlag gab – vielleicht die abfällige Bezeichnung „Planetenmörder“, der ihr Volk schon begleitete, seit es Everon verlassen hatte. Vielleicht auch, dass er sie in keinster Weise als Bedrohung ernst zu nehmen schien. In jedem Fall loderte in ihrem Bauch ein Feuer hoch, und sie sprang vor.

Ihre Bewegungen waren schneller und eleganter als während der Übungskämpfe mit Yana an Bord der Gaze, und das Lichtschwert durchtrennte in einem fließenden Aufwärtshieb das Handgelenk des Kyuzo. Vor Schmerzen brüllend, brach er auf die Knie zusammen, die verbliebene Hand auf seinen rauchenden Armstumpf gepresst. Er blickte nicht auf, als Marda, von purem Instinkt getrieben, das Schwert in seine Brust rammte. Seine gelben Augen quollen aus den Höhlen, ein grausiges Röcheln drang aus seiner Übersetzungseinheit, dann kippte er mit einem dumpfen Knall auf die Seite.

Marda ließ das Lichtschwert los, als stünde es in Flammen, woraufhin die Klinge sofort erlosch. Was hatte sie getan? Die anderen Mitglieder der Bande riefen den Namen ihres getöteten Kumpanen und griffen nach ihren Blastern, aber Marda registrierte es nicht mal. Sie konnte nur in die leblosen Augen des Kyuzo starren, den sie ermordet hatte.

Einen Moment später wurde der erste Blaster abgefeuert.

2. KAPITEL

Marda schloss die Augen und wartete darauf, dass die Blasterstrahlen sie niederstreckten. Sie hatte versagt. Sie hatte die Mutter enttäuscht. Und Yana. Sogar Kevmo. Ganz besonders Kevmo. Er hatte sich von falschen Überzeugungen leiten lassen, aber sie wusste, dass er seine Waffe niemals benutzt hätte, um zu morden. Vielleicht konnte sie sich bei ihm entschuldigen, wenn sie in der Macht wiedervereint wurden, denn sie war sicher, dass er dort auf sie wartete – aber nicht in der Form, die ihr seit seinem Tod erschien. Nein, er würde so aussehen wie bei ihrem ersten Kuss auf dem Marktplatz auf Dalna. Vielleicht würde er sie ja bereits anlächeln, wenn sie jetzt die Augen öffnete, seine Augen hell, seine Haut vom selben Blau wie der strukanische Ozean.

Doch die Blasterschüsse trafen sie nicht. Und als Marda die Augen aufschlug, sah sie nicht Kevmo, sondern ein Kaleidoskop an Farben: das Rot der Energiebolzen, die gegen eine blaue Linie prallten und sich in weiße Funken auflösten. Da waren Rufe und Schreie und das unverkennbare Summen einer Jedi-Waffe. Marda senkte den Kopf. Sie konnte Kevmos Lichtschwert nirgends sehen, und es lag auch nicht in der Hand der Frau, die sich zwischen ihr und den Randalierern aufgebaut hatte. Stattdessen war ein leuchtender Schild an deren Unterarm geschnallt. Die hochgewachsene, feingliedrige Jedi bewegte sich so geschmeidig wie Wasser, anmutig und doch tödlich – wenn sie es wollte. Sie hielt nicht einmal inne, als der rothaarige Mensch mit einem wuterfüllten Brüllen auf sie zustürmte. Der Schild sauste von ihrem Arm fort, als wäre er von einer unsichtbaren Kraft geschleudert worden, prallte hart gegen die Brust des Schlägers, dann kehrte er an den Arm seiner Trägerin zurück, noch während der Kerl auf den Boden plumpste.

Mardas Magen zog sich vor Abscheu zusammen, als sie erkannte, was sie da gerade gesehen hatte: Die Jedi hatte die Macht benutzt, als wäre sie ihr persönliches Spielzeug … auch wenn sie Marda damit vermutlich das Leben gerettet hatte.

Das letzte Mitglied der Gruppe riss den benommenen Menschen auf die Beine hoch und rannte mit ihm davon. Die Kampflust hatte sie offenbar verlassen, vor allem, da einer von ihnen leblos auf dem Boden lag.

Dennoch blieb die Jedi in Kampfhaltung stehen, ein lebender Schutzwall zwischen Marda und den flüchtenden Randalierern. Erst als die beiden außer Sicht waren, drehte die Frau sich herum und musterte Marda mit ihren tiefbraunen Augen. „Sind Sie verletzt?“

Ihre Worte hatten einen seltsamen Rhythmus, der selbst inmitten des Chaos beruhigend klang, aber den Sturm aus Scham, Zorn und Abscheu, der in Mardas Brust tobte, konnte sie nicht besänftigen.

„Marda?“

Die vertraute Stimme erklang, bevor Marda die Frage der Jedi beantworten konnte. Ihr Kopf ruckte so schnell herum, dass ein stechender Schmerz durch ihren Nacken zuckte. Nicht dass sie es wirklich zur Kenntnis nahm.

„M-Mutter“, stammelte sie und wollte zuerst ihren Augen nicht trauen. „Mutter, Ihr lebt. Ihr seid am Leben!“

Reflexartig warf sie die Arme um die Prophetin, die den Pfad hierher nach Jedha geführt hatte, und drückte sie fest an sich. Der Körper der Mutter versteifte sich, und Marda ließ sie rasch wieder los.

„Seid Ihr verletzt?“

Die Mutter lächelte. Aus irgendeinem Grund wirkte ihr Gesicht älter als noch bei ihrer Ankunft auf dem Pilgermond; die Falten hatten sich tiefer in ihre Haut gegraben, die grauen Strähnen in ihrem Haar stachen deutlicher hervor.

„Ich bin unversehrt, Marda, und das habe ich Silandra Sho zu verdanken.“ Sie nickte in Richtung der Jedi, die sich über den durchbohrten Kyuzo gebeugt hatte. Ihr Schild hing nun an den Gurten hinter ihrem Rücken, außerdem entdeckte Marda ein Lichtschwert an ihrem Gürtel. „Eine wahre Dienerin der Macht“, fuhr die Mutter fort, und ihre Stimme wirkte dabei ebenso müde wie ihre Augen.

Marda blickte von ihr zu der Jedi und wieder zurück. Die Freude, dass Elecia überlebt hatte, machte mehr und mehr Verwirrung Platz. Warum lobte die Mutter die Taten einer Jedi? Wie konnte sie diese Frau eine wahre Dienerin der Macht nennen? Ihresgleichen missbrauchte und schändete die Macht!

„Was ist hier geschehen?“ Shos Stimme schnitt durch Mardas Gedanken. Die schlanke Hand der Jedi strich bedauernd über das verkohlte Loch in der Brust des Kyuzo.

„Ich … ich …“ Schuldgefühle schnürten Marda die Kehle zu. Sie konnte nur immer wieder dieses eine Wort stammeln, ehe sie von einer anderen, tieferen Stimme übertönt wurde.

„Er lag schon so da, als wir ihn fanden.“

Aller Augen richteten sich auf das Prügelopfer, einen Ovissianer, der sich gerade aus dem Staub hochstemmte. Marda wunderte sich, wie sie ihn je mit der zierlichen, schlanken Gestalt der Mutter hatte verwechseln können. Der Pfad-Anhänger war mindestens zwei Meter groß, seine Schultern ebenso breit wie die Hörner, die neben seinem flachen Schädel herabhingen. Er hatte einen breiten Mund, und Marda schätzte, dass er nicht viel älter als sie selbst sein konnte. Das getrocknete Blut, das ihr an seiner Robe aufgefallen war, stammte offensichtlich nicht von ihm selbst. Nicht dass er nicht blutete – im Gegenteil. Aber das Blut, das aus dem tiefen Schnitt an seiner Stirn strömte und vom Stumpf seines abgebrochenen rechten Kinnhorns tropfte, war kupfergrün, nicht rot. Er war also nicht kampflos zu Boden gegangen.

„Meine Freundin hier versuchte, ihm zu helfen“, fuhr der Ovissianer mit einem Blick in Mardas Richtung fort. „Aber wir kamen leider zu spät.“

„Wenn einem ein Lichtschwert durch die Brust gerammt wird, kommt jede Hilfe zu spät“, kommentierte die Jedi tonlos.

„Und dann haben uns diese … Monster angegriffen.“ Der Ovissianer begann zu wanken, und seine Stimme verwandelte sich in ein gepresstes Ächzen. „Sie gaben uns die Schuld an …“

Er schnappte nach Luft. Sho ging hinüber, um ihn zu stützen, damit er nicht umkippte, aber Marda kam ihr zuvor. Dabei warf sie der Jedi einen funkelnden Blick zu, der sie mitten in der Bewegung innehalten ließ. Hätte sie ihre Angreifer doch auch nur so einfach aufhalten können.

„Danke“, wisperte sie dem Riesen mit der Smaragdhaut zu, dessen Lügen sie vor dem Zorn der Jedi gerettet hatten. Er blickte mit dem einen Auge, das nicht zugeschwollen war, auf sie herab und brummte leise.

„Das Schwert ist zwischen die Trümmer rechts von dir gerollt, nachdem du es fallen gelassen hast.“ Jetzt, da er ihr direkt ins Ohr flüsterte, klang seine Stimme plötzlich viel kräftiger.

Marda wagte es nicht, hinüberzublicken. Das Risiko, dass es der Jedi auffallen würde, war zu groß. Nicht dass sie sich vor den Konsequenzen ihres Handelns drückte – nicht wirklich –, aber sie war nicht bereit, ihr einziges Andenken an Kevmo aufzugeben. Noch nicht.

„Diese Verletzungen sehen ja schrecklich aus“, sagte die Mutter, während sie herüberkam und die fleischige Hand des Ovissianers drückte. Sie achtete aber darauf, nicht seine aufgeschürften Knöchel zu berühren – die ein weiterer Beweis dafür waren, dass er verbissen Gegenwehr geleistet hatte.

„Das wird schon wieder“, sagte er, den Kopf respektvoll gebeugt. „So die Macht es will.“

„Die Macht wird uns alle erlösen“, erwiderte die Mutter, „das verspreche ich dir.“

Marda achtete kaum auf die Unterhaltung zwischen dem Pfad-Anhänger und der Prophetin. Stattdessen beobachtete sie, wie die Jedi die Wunde an der Brust des Kyuzo untersuchte. Dicht neben ihr, unter einigen Steintrümmern, war das verräterische Glänzen von Kevmos Lichtschwert zu sehen. Sho hätte nur den Kopf drehen müssen, und …

„Wir sollten gehen“, erklärte Marda. Entschlossen drehte sie sich zu der Frau herum. „Meisterin Jedi, wir danken Euch dafür, dass Ihr die Mutter zu uns gebracht habt, aber jetzt müssen wir sie zu unserem Schiff bringen.“

Sho richtete sich über der Leiche auf. „Ich werde Sie begleiten.“

Marda machte einen Schritt nach vorn. „Nein.“

Das Wort klang energischer, als sie beabsichtigt hatte, und die Augen der Jedi wurden um eine Winzigkeit schmaler. Marda hob entschuldigend die Hände und bemühte sich um einen sanfteren Ton, als sie fortfuhr: „Ich meine, das ist unsere Aufgabe. Ich bin die Führerin des Pfades der Offenen Hand.“

„Oh“, machte Sho, und Marda versuchte, sich ihre Wut über den verdutzten Tonfall der Jedi nicht anmerken zu lassen.

„Ich werde meine Leute in Sicherheit bringen.“

Die Frau rührte sich nicht. Waren alle Jedi so stur? Irgendwo neben sich glaubte Marda, eine trockene Stimme flüstern zu hören: „Ja.“

Nicht jetzt, ermahnte sie Kevmo wortlos. Ihre Gedanken rasten. Falls die Jedi sie gehen ließ, könnte Marda einen kleinen Bogen machen, zurückkommen und das Lichtschwert holen. Aber was, falls Sho weitere Mitglieder ihres Ordens herbeirief? Was, wenn sie Mardas Nervosität spüren konnte?

Der Wirbelwind aus Gedanken wurde jäh unterbrochen, als das Kommlink der Jedi piepste. Sho hob das Handgelenk vor den Mund und wandte sich leicht zur Seite, während sie sprach.

„Sho hier.“

„Wo seid Ihr, Silandra?“, fragte eine schroffe männliche Stimme, halb überlagert von statischem Rauschen. „Wir warten am Transporter auf Euch.“

„Ich habe die Mutter des Pfades zu ihrem Schiff begleitet“, antwortete Sho.

„Und sie hat diese Aufgabe vorbildlich ausgeführt, Meister Sun“, warf die Mutter ein, laut genug, dass man sie auch am anderen Ende der Verbindung hören konnte. „Aber jetzt bin ich sicher in der Obhut meiner Freunde, und Meisterin Sho kann sich wieder ihren anderen Pflichten widmen. Ich bin Euch zu tiefstem Dank verpflichtet.“

„Sind Sie sicher?“, fragte Sho. Marda spürte, wie ihr die Hitze in die grauen Wangen stieg, als die Jedi erneut zu ihr herüberblickte.

Die Mutter lächelte wohlwollend und legte in einer universellen Geste des Friedens die Hände aneinander. „Bitte. Wir mögen unterschiedlicher Ansicht sein, was die Nutzung der Macht betrifft, aber ich kann und werde die Bedeutung Eurer Arbeit nicht verleugnen. Jedha braucht Euch, Silandra. Ihr könnt gehen, wirklich.“

Marda musste sich zusammenreißen, um nicht laut aufzuatmen, als Sho sich mit einer knappen Verbeugung verabschiedete. „Möge die Macht mit Ihnen sein.“

„Das ist sie – immer“, erwiderte die Mutter, und die Jedi sprintete davon, das Kommlink bereits wieder an den Lippen.

Marda hätte sich am liebsten auf dem Boden zusammengerollt und geweint, aber sie wollte vor der Mutter und dem Ovissianer keine Schwäche zeigen. Für ihre Tränen war auch später noch Zeit. Stattdessen wartete sie, bis sie sicher sein konnte, dass die Jedi nicht plötzlich umkehren würde, dann eilte sie zu den Gebäudetrümmern hinüber und hob das Lichtschwert auf.

„Das war gut“, sagte die Mutter, als Marda sich wieder herumdrehte, den Schwertgriff sicher in der Hand.

„Wirklich?“ Marda versuchte, nicht auf die Leiche vor ihren Füßen hinabzustarren.

„Du hast mein Leben gerettet“, brummte der Ovissianer.

„Und du das meine“, erwiderte sie. „Ich war sicher, dass die Jedi Verdacht schöpfen würde und …“

„Wen interessieren ihre Vermutungen?“, unterbrach die Mutter sie. „Wichtig ist allein, dass sie fort ist.“

„Habt Ihr sie deswegen Diener der Macht genannt und ihre Arbeit gelobt?“, fragte Marda. Dieser Teil verwirrte Marda noch immer.

„Ich habe gesagt, was sie hören wollte“, antwortete die Mutter in scharfem Ton. „Ich habe ihrem Ego geschmeichelt, nichts weiter.“

„Aber …“

„Kein Aber. Wir waren in Gefahr, und ich …“ Die Mutter brach ab und sog scharf die Luft ein, während sie den Arm auf ihre Seite drückte. Marda eilte zu ihr, ebenso wie der Ovissianer, und sie fingen ihr Oberhaupt auf, als Elecias Beine unter ihr nachgaben.

„Ihr seid ja doch verletzt“, rief Marda. Blut sickerte zwischen den Fingern der Mutter hervor.

„Es ist nichts“, behauptete Elecia, aber ihre gepresste Stimme strafte ihre Worte Lügen. „Ich werde ein Medipflaster benutzen, sobald wir wieder auf Sunshines Schiff sind.“

„Sunshines Schiff?“, fragte Marda. „Aber das Shuttle …“

„Das Shuttle wurde zerstört“, informierte die Mutter sie, das Gesicht geisterhaft bleich.

Der Ovissianer zog ihre Hand von der Wunde fort, und Marda stieß einen spitzen Schrei aus, als sie das Metallstück sah, das in der Seite der Mutter steckte.

„Der Splitter sitzt tief.“ Dem Ovissianer war sein Schrecken deutlich anzuhören.

„Bist du ein Heiler?“, fragte Marda. Er schüttelte den Kopf.

„Aber ich habe schon viele Kampfverletzungen gesehen.“ Er widmete sich wieder der Mutter, und ein bewundernder Ausdruck trat auf seine Züge. „Dass Ihr Euch in diesem Zustand weiterschleppt und Euch um meine Wunden sorgt, obwohl Eure eigene Verwundung so viel schlimmer ist …“

Die Mutter strich mit der Hand über seine Wange. „Ich vertraue auf die Macht …“

„Bokana“, sagte der Ovissianer stolz, als die Mutter die Augenbrauen hob. „Bokana Koss. Ich habe mich erst vor Kurzem Eurer Sache angeschlossen.“

„Unserer Sache, Bokana“, korrigierte die Mutter sanftmütig. „Unserer Sache.“

„Aber unsere Sache wird ihre Prophetin verlieren, wenn wir Euch nicht schnellstens zur Scupper bringen“, warf Marda ein, die sich mehr als nur ein wenig ausgeschlossen fühlte. „Wisst Ihr, wo das Schiff ist?“

Die Mutter nickte und befeuchtete sich mit der Zunge die trockenen Lippen. „Auf einem privaten Landefeld nahe dem Roalj-Tempel … Es gehört einem unserer Gönner.“

Unglücklicherweise befand sich dieser Tempel auf der anderen Seite der Stadt, und der Weg dorthin war gefährlich, selbst wenn die Mutter nicht mit jedem Schritt noch mehr Blut verloren hätte. Der Großteil von Jedha stand in Flammen, die Schlacht zwischen den Wächtern der Whills und den Kampfdroiden von Eiram tobte noch immer, und brutale Plünderer nutzten die Situation, um am helllichten Tag Glaubensstätten zu entweihen.

Marda wechselte von einem Kommkanal zum nächsten, um Yana zu erreichen, aber ohne Erfolg. Was war da nur los? Die Jedi hatten doch auch miteinander kommunizieren können!

„Hier entlang“, brummte Bokana, als ihr Weg nach wenigen Minuten durch Blasterfeuer und Schreie versperrt wurde. Er huschte in eine Gasse zwischen zwei Sandsteingebäuden, die wie durch ein Wunder intakt geblieben waren.

„Sicher?“, fragte Marda.

„Jetzt ist keine Zeit für Diskussionen, Marda“, blaffte die Mutter.

Die Worte versetzten ihr einen schmerzhaften Stich, aber dieser Schmerz wurde rasch von Besorgnis überlagert, als die Prophetin ins Taumeln geriet und stürzte. „Mutter!“

„Ich kann nicht weiter“, ächzte Elecia. „Ich habe keine Kraft mehr.“

„Ich werde Euch tragen.“ Bokana kam herüber, um sie sich auf die muskulösen Arme zu laden.

„Du bist selbst verletzt“, erinnerte ihn Marda.

„Das geht schon“, beharrte er. Trotzdem war das gequälte Keuchen nicht zu überhören, das seinen geteilten Lippen entfloh, als sie weiter durch die Gasse eilten.

„Bist du sicher, dass das der richtige Weg ist?“, fragte Marda. Die Explosionen schienen immer näher zu kommen, aber Bokanas einzige Reaktion auf das Donnern bestand darin, weiterzustampfen, auch wenn seine Schritte zusehends wackeliger wurden.

Während sie rannten, bemerkte Marda etwas aus den Augenwinkeln: einen roten Schemen über einer Mauer rechts von ihnen. War es ein Tier, das parallel zu ihnen dahineilte? Marda griff nach Kevmos Lichtschwert, ohne aber die Klinge zu aktivieren. Sie wollte Bokana nicht aus Versehen die Beine abschneiden. Dennoch fühlte sie sich schlagartig besser, als sie die Waffe in der Hand hielt, ganz gegal, wie zwiegespalten die Erinnerungen sein mochten, die sie damit verband.

„Wir sind gleich da!“, keuchte Bokana, während er um eine Ecke bog. Marda folgte ihm – und musste dem Hünen ausweichen, um nicht mit ihm zusammenzustoßen, als der schlagartig stehen blieb. Um ein Haar hätte er die Mutter fallen lassen.

„Vorsichtig!“, blaffte Marda, dann sah sie, warum Bokana angehalten hatte. „Das ist eine Sackgasse!“

Der Ovissianer wankte leicht, und seine Worte wurden undeutlich, als er sagte: „Es tut mir leid. Ich … ich dachte, ich kenne den Weg. Ich war mir so sicher …“

Seine Stimme verklang, während er mit zitternden Beinen dastand und versuchte, wieder zu Atem zu kommen. Eines war sicher: Sie konnten nicht hierbleiben. Nun lag es wohl an Marda, sie in Sicherheit zu bringen.

„Na dann, viel Glück“, sagte die Stimme in ihrem Kopf.

Den imaginären Worten folgte ein tiefes und sehr reales Knurren hinter Marda. Sie wirbelte herum – und starrte in wilde, hungrige Augen!

Kevmo hatte recht. Sie würde alles Glück brauchen, das sie kriegen konnte.

Marda schluckte hart und zündete das Lichtschwert.

3. KAPITEL

Jedha war genau das Debakel, das Yana erwartet hatte. Nein, es war sogar noch schlimmer. Viel schlimmer. Sie hätte wissen sollen, wie die Sache ausgehen würde, sobald sie das Shuttle der Gaze Electric verlassen und sich unter die Menge der Pilger gemischt hatte. Die Luft war nicht nur vom penetranten Geruch von Gewürzen erfüllt gewesen, sondern auch von schwelender Anspannung. Überall auf den Straßen hatten die Anhänger verschiedener religiöser Gruppen und Macht-Fraktionen diskutiert. Die Macht-Synode versuchte, Frieden und Harmonie zwischen den verschiedenen Glaubenssystemen herzustellen, und sie hatte ein großes Fest organisiert, das die Heilige Stadt einen sollte. Doch in Wirklichkeit hatte sie damit nur langjährige Gräben vertieft.

Für die Mutter war das eine perfekte Ausgangsposition gewesen. Sie und der Herold hatten einen denkbar simplen Plan ausgearbeitet: Werth Plouth sollte die Synode auffordern, den Einsatz der Macht innerhalb der Stadtmauern zu verbieten. Natürlich würde man seinen Vorschlag zurückweisen, und daraufhin hatte der Herold einen Vorwand, sich an die Menge vor der Versammlungshalle der Synode zu wenden, um zu behaupten, dass der Rat nur in seinem eigenen Interesse handle, nicht im Sinne der Macht.

Bis zu diesem Punkt war alles genauso gelaufen, wie die Mutter es beabsichtigt hatte. Der Mob war durch die Worte des Herolds in Aufruhr geraten, und als die Machtbenutzer auf die Stufen des Gebäudes hinaustraten, um nachzusehen, was der Tumult sollte, hatte sich der Zorn der Menge auf sie entladen.

Das war der Moment, in dem Yana ihren Part gespielt hatte: Sie hatte den Gleichmacher auf die Menge losgelassen. Der wandelnde Albtraum hatte niemanden angegriffen oder getötet, aber seine schiere Präsenz hatte ausgereicht, um die Machtbenutzer in den Wahnsinn zu treiben. Sie hatten nicht mehr zwischen Realität und Halluzination unterscheiden können und blind ihre Fähigkeiten eingesetzt, um sich zu schützen.

Furcht und Zorn hatten auf dem Platz der Gesuche um sich gegriffen, und schon war ein Aufstand ausgebrochen. Während sich die Gewalt wie ein Lauffeuer ausbreitete, hatten sich Yana und der Herold zurückgezogen, um die zweite Phase ihres Plans vorzubereiten.

Wie sich herausstellte, hatte die Mutter überall in der Stadt ihre Leute. Sie musste Jedha schon vor Monaten ins Visier genommen haben. Zweifelsohne war sie damals deswegen auch dagegen gewesen, als Marda erstmals eine Reise zu dem Pilgermond vorgeschlagen hatte. Ihre Helfer hatten über Wochen hinweg Schreine und Tempel geplündert und religiöse Artefakte gestohlen, die man auf dem Schwarzmarkt verkaufen konnte, um die Pläne des Pfades zu finanzieren. Aber Elecias Netzwerk war klein und bestand hauptsächlich aus Dieben und Nichtsnutzen – Leute, die niemals ihre wahren Absichten erkannt hätten. Und diese Handlanger waren zudem nicht in der Lage, ihr das legendäre Relikt zu besorgen, das sie noch brauchte: den verschollenen Stab der Dämmerung, der in Kombination mit dem Stab der Jahreszeiten (den Yana bereits der Königsfamilie von Hynestia gestohlen hatte) den Gleichmacher ganz und gar kontrollieren konnte. Nein, um dieses Artefakt zu finden, brauchte die Mutter ihre Kinder … Zu dumm nur, dass die mit Ausnahme von Yana alle tot waren, geopfert auf dem Altar von Elecias Ehrgeiz.

Also hatten sie all jene, die Potenzial zeigten, zu einer neuen Gruppe geformt. Mehrere Mitglieder hatte der Herold persönlich ausgewählt, zum Beispiel Shea Ganandra, eine begabte Technikerin mit einem erstaunlichen Talent für den bewaffneten Kampf, oder Barkov, einen riesenhaften Lasaten, der in Yanas Augen aber mehr seiner Größe und nicht seiner Fähigkeiten wegen rekrutiert worden war. Und nun – während die Behörden versuchten, die Lage in Jedha wieder zu beruhigen – waren die neuen Kinder der Mutter in Aktion getreten. Den Hinweisen folgend, die eine von Elecias vertrauenswürdigsten Kontaktpersonen geliefert hatte, waren sie in den Tempel der Whills und in den Schrein der Dragiganischen Annalen eingedrungen. Doch den verfluchten Stab hatten sie dort nicht gefunden.

Die Zeit war ihnen zwischen den Fingern zerronnen, und Yana war drauf und dran gewesen, die Mission abzubrechen, als sie auf einen neuen Hinweis stießen: Gerüchte über ein geheimes Jedi-Gewölbe draußen in der Wüste, in einem Bereich, den man die Dünen der Kontemplation nannte. Viele Jahrhunderte lang sollte dieses Versteck schon unter der riesigen Statue eines einsamen Jedi verborgen liegen, doch als Yanas Gruppe dort eintraf, hatten Jedi-feindliche Randalierer die Statue bereits niedergerissen. Das sollte sich aber als unerwarteter Glücksfall erweisen, denn die Statue hatte nicht etwa über diese geheime Schatzkammer gewacht – sie war die Schatzkammer! Tausende Artefakte waren in ihrem Inneren aufbewahrt worden, einschließlich des sagenumwobenen Stabs der Dämmerung.

Der Herold war ganz außer sich gewesen vor Freude, und als die Kontaktperson der Mutter sie warnte, dass die Jedi Verstärkung in die Dünen schickten, hatte er es kaum erwarten können, die Macht der beiden Stäbe zu testen.

Wie sich herausstellte, waren die Legenden wahr. Wenn man die Stäbe kombinierte, musste der Gleichmacher jedem Befehl gehorchen. Yana hatte mit eigenen Augen gesehen, wie die Kreatur einem selonianischen Jedi die Lebensenergie genommen hatte, bis sich dessen grauer Pelz in Stein verwandelt hatte.

Und dann … war alles aus dem Ruder gelaufen. Ein weiterer Jedi war aufgetaucht, begleitet von einem lilahäutigen Sephi, der eines der vielen Artefakte aus der Statue über seine Hand gestülpt und gegen die Kinder des Pfades eingesetzt hatte.

Der Gleichmacher war der unheimlichen Energie dieses Artefakts tatsächlich als Erster erlegen. Laut der Mutter war der Gleichmacher eine unbezwingbare Personifikation der Macht, aber offensichtlich hatte sie ihn überschätzt. Ebenso wie den Herold, der töricht genug gewesen war, nach einem Lichtschwert zu langen und den Jedi anzugreifen – einen Hünen von einem Kiffar, der ihm erfolgreich standhielt, obwohl sein Geist noch durch den Einfluss des Gleichmachers geschwächt war.

Die beiden kämpften, doch so geschickt der Herold auch war, gegen die jahrelange Jedi-Ausbildung seines Gegners kam er nicht an. Normalerweise hätte Yana versucht, ihm zu helfen, aber sie hatte gerade Wichtigeres zu tun – nämlich den Gleichmacher anzubrüllen, der wie ein verwundeter Kath-Hund vor ihr auf der Seite lag und wimmerte.

„Nun steh schon auf!“, schnauzte sie ihn an, die beiden zusammengefügten Stäbe in ihren Händen. Die Kreatur versuchte zu gehorchen, aber sie konnte sich nicht hochstemmen von der Stelle, wo sie neben der versteinerten Leiche ihres letzten Opfers zusammengebrochen war.

„Yana!“

Der Ruf stammte nicht vom Herold, der sich weiter verbissen mit dem Jedi duellierte, sondern von Shea Ganandra. Sie wurde von dem Sephi bedrängt, und obwohl das Wesen seinen Handschuh inzwischen eingebüßt hatte, schien es auch so noch ein formidabler Gegner zu sein.

Yana blickte erst den Gleichmacher an – sie wusste, wie wütend die Mutter sein würde, falls sie ohne die Kreatur zurückkehrte –, dann die Technikexpertin, die dem Sephi heillos unterlegen war.

„Bei den Stürmen!“, zischte sie, dann ließ sie den Gleichmacher zurück und rannte an Sheas Seite.

Die Augen des Sephi weiteten sich, als er Yana heranpreschen sah, aber bevor sie ihn aufschlitzen konnte mit der geschwungenen Klinge an der Spitze der Stäbe, packte er die Waffe und riss sie herum, sodass sie wieder in ihre beiden Stabhälften zerbrach. Yana wurde vom Schwung ihrer Bewegung weiter vorwärtsgetragen, in der Hand noch immer den Stab der Jahreszeiten, während der Sephi nun den Stab der Dämmerung hielt. Shea versuchte, ihm das Artefakt zu entreißen, aber das brachte ihr nur einen gut platzierten Tritt gegen die Brust ein.

Yana hatte ihr Gleichgewicht gerade wiedergefunden, als der Sephi erneut zu ihr herumwirbelte und mit seinem Stab zuschlug. Es gelang ihr, den Hieb zu parieren, sodass die Sichel am Stab der Jahreszeiten von der scharfkantigen Bogenklinge am Stab der Dämmerung abprallte, aber ihr Gegner erlangte die Oberhand, indem er das flache Ende seiner Waffe gegen Yanas Kopf rammte.

Sterne explodierten vor ihren Augen, und sie landete hart auf dem Boden. Bevor sie sich erholen konnte, stand der Sephi auch schon über ihr, die Klinge am Ende seines Stabes auf ihre Brust gerichtet.

„Bleib unten!“, befahr er zwischen keuchenden Atemzügen. „Das wäre besser für dich. Für uns beide.“

Einen Moment lang überlegte Yana, ob sie einfach versuchen sollte, aufzuspringen, damit ihm gar nichts anderes übrig blieb, als zuzustoßen. Dann wäre es zumindest vorbei. Kein Zorn mehr. Keine Trauer. Fast glaubte sie, Kors Stimme zu hören, die nach ihr rief. Yana. Yana! Bei den Stürmen, wie sehr sie sich nach der Nautolanerin sehnte!

Doch das Universum hatte andere Pläne. Ein tiefes Knurren ertönte hinter dem Sephi, und er riss den Kopf herum. Der Gleichmacher war wieder auf den Beinen, seine Verletzungen waren wohl doch nicht so schwer gewesen, und nun sprang er auf den lilahäutigen Humanoiden zu. Vielleicht war es die schiere Gier nach Rache, die ihn antrieb, vielleicht auch der Stab der Jahreszeiten, den Yana mit beiden Händen umschlungen hielt. In jedem Fall hatte der Sephi keine Chance, als die vierbeinige Kreatur auf seiner Brust landete und ihn nach hinten riss.

Er versuchte, sie von sich wegzudrücken, aber die Bestie nagelte ihn auf dem Boden fest, und Speichel tropfte von ihren zuckenden Tentakeln auf sein verzerrtes Gesicht hinab. Der Stab der Dämmerung rollte derweil über den Boden davon.

Aus dem Jenseits rief Kor noch immer: Yana. Yana!

„Yana, kannst du mich hören?“

Halt, das war nicht Kor. Das war Marda!

Yana rollte sich herum und entdeckte ihr Kommlink auf dem Boden neben sich. Die verängstigte Stimme ihrer Cousine drang aus dem winzigen Lautsprecher.

„Marda? Marda, wir brauchen Hilfe!“

Doch entweder konnte Marda sie nicht hören oder sie war nicht der Lage, ihnen zu helfen. Letztere Möglichkeit wirkte immer wahrscheinlicher, als weitere Wortfetzen durch die Statik brachen.

„Wir … Nähe des Raumhafens … haben … werden uns töten … Yana, die Mutter … verletzt und … brauchen dich, Cousine … brauchen den Gleichmacher …“

Yana blickte sich um. Der Herold war unter den Angriffen des Kiffars zu Boden gegangen, aber der Jedi hielt sich an seine Ordensschwüre und holte nicht zum Todesstoß aus. Was den Stab der Dämmerung anging, so war er nirgends zu sehen, er musste irgendwo zwischen die Trümmer der Schatzkammer gerollt sein. Und Shea? Shea war wieder auf den Beinen und eilte zu Yana herüber, während der Sephi weiter mit dem Gleichmacher rang. Außerdem war eine weitere Jedi aufgetaucht, eine braunhäutige Menschenfrau, die eine Hand auf ihre Seite presste, während sie in den Raum stürmte.

„Yana, wir müssen weg von hier“ Shea zog Yana auf die Beine. „Draußen sind Speeder, mit denen können wir in die Stadt zurück und …“

„Aber der Herold …“

„Der Herold hat verloren. Wir haben immerhin noch eine Chance.“

Und Marda hat auch noch eine Chance, fuhr es Yana durch den Kopf. Ihre Entscheidung war gefallen.

Sie rannte los, noch immer mit dem Stab der Jahreszeiten in der Hand, und überließ den Herold seinem Schicksal.

Außerhalb der Ruinen sprang sie auf den Sattel des nächstbesten Speederbikes und raste mit heulendem Antrieb los. Es dauerte nicht lange, ehe sie realisierte, dass sie und Shea verfolgt wurden, doch es war nicht der Jedi, der ihnen im Nacken saß, sondern der Gleichmacher. Er stürmte in angezogenem Sprint hinter ihnen her, der Energie des Stabes folgend.

Die Mission war ein Desaster, aber vielleicht würde Marda zumindest den nächsten Morgen erleben – sofern sie nicht zu spät kamen …

4. KAPITEL

Die Kreaturen wurden Wargarane genannt, und Marda hatte schon einmal auf engstem Raum gegen sie kämpfen müssen.

Ein skrupelloser Schausteller hatte die ebenso seltenen wie gefährlichen Raubtiere zum Festival des Gleichgewichts gebracht – jener von der Synode organisierten religionsübergreifenden Feier, die ganz Jedha zusammenbringen sollte. Sicher hatte der Kerl gehofft, sich eine goldene Nase verdienen zu können, indem er die Wargarane vorführte oder vielleicht sogar verkaufte. Bedauerlicherweise hatte eine von Mardas Kleinen, Naddie, die Geschöpfe befreit. Das Mädchen hatte unbedingt seinen Beitrag leisten wollen, aber als die Wargarane ausbrachen, war es völlig unvorbereitet gewesen – ebenso wie der Schausteller.

Marda war bei Naddie gewesen, als sie die wunderschönen tragischen Geschöpfe zum ersten Mal gesehen hatten. Zu jenem Zeitpunkt hatten sie traurig hinter den Gitterstäben ihrer Käfige gelegen und in die Welt hinausgestarrt, die sie nicht erforschen konnten. Sie waren mehr Reptilien als Säugetiere, mit großen, schlanken Leibern und Federn von der Farbe eines lodernden Sonnenuntergangs, und natürlich hatten sie Naddies Mitleid erregt, umso mehr, da der Schausteller großspurige Geschichten über sie erzählte, um potenzielle Käufer anzulocken.