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Wenn eine Jedi-Ritterin fällt, steigt eine Inquisitorin auf!
Jedi-Schülerin Iskat Akaris dient der Republik und den Jedi im Klonkrieg. Doch sie hat Fragen, die kein Jedi stellen sollte. Fragen über ihre eigene unbekannte Vergangenheit. Fragen, die die Jedi-Meister für gefährlich halten. Müssen die Jedi nicht mehr Macht ansammeln, um der Galaxis endlich Frieden zu bringen? Als der Jedi-Orden durch den Verrat des Imperators und der Klone fällt, wechselt Iskat die Seiten. Als Inquisitorin jagt sie ihre einstigen Brüder und Schwestern, und endlich ist sie frei, ihre volle Macht zu entfalten – was immer es auch kosten mag.
Erliegen Sie auch gern der dunklen Seite der Macht? Dann tauchen Sie ein in die spannenden Romane über Darth Bane, Darth Maul, den Ronin oder die »New York Times«-Bestsellertrilogie »Thrawn - Der Aufstieg«.
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Seitenzahl: 634
Jedi-Schülerin Iskat Akaris dient der Republik und den Jedi im Klonkrieg. Doch sie hat Fragen, die kein Jedi stellen sollte. Fragen über ihre eigene unbekannte Vergangenheit. Fragen, die die Jedi-Meister für gefährlich halten. Müssen die Jedi nicht mehr Macht ansammeln, um der Galaxis endlich Frieden zu bringen? Als der Jedi-Orden durch den Verrat des Imperators und der Klone fällt, wechselt Iskat die Seiten. Als Inquisitorin jagt sie ihre einstigen Brüder und Schwestern, und endlich ist sie frei, ihre volle Macht zu entfalten – was immer es auch kosten mag.
Delilah S. Dawson
Die Inquisitorin
Deutsch von Andreas Kasprzak
Die Originalausgabe erschien 2023 unter dem Titel »Star Wars Inquisitor: Rise of the Red Blade« bei Del Rey, New York..
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Copyright der Originalausgabe © 2023 by Lucasfilm Ltd. & ® or ™ where indicated.
All rights reserved.
Copyright der deutschsprachigen Ausgabe © 2024 by Blanvalet in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Straße 28, 81673 München
Redaktion: Alexander Groß
Umschlaggestaltung: Isabelle Hirtz, Inkcraft nach einer Originalvorlage © & TM 2023 LUCASFILMLTD
Umschlagmotiv: Anthony Jones
Umschlagdesign: Scott Biel
HK · Herstellung: sam · DiMo
Satz und E-Book-Konvertierung: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 978-3-641-31291-6V001
www.blanvalet.de
Für all jene, die nirgends so richtig dazugehören.
Für all jene, die für das schikaniert werden, was sie lieben.
Für all jene, die sich noch nie ganz »normal« gefühlt haben.
Erleuchtete Geschöpfe, das sind wir.
Lasst euch von niemandem etwas anderes einreden.
Genau wie Iskat werde ich ganz direkt sein und ohne falsche Zurückhaltung gleich zum Punkt kommen. In diesem Roman nimmt sich eine Figur das Leben – etwas, das wir bei Star Wars nicht oft erleben.
Als ich noch sehr viel jünger war, habe ich einen Selbstmordversuch unternommen.
Es war schrecklich. Es war schmerzhaft. Es war ein Fehler.
Glücklicherweise habe ich es nicht geschafft, mich umzubringen.
Am nächsten Tag begann ich, in einem Notizbuch all die kleinen Dinge niederzuschreiben, die mich glücklich machen: die Sonne auf meinem Gesicht, die Brise am Strand, barfuß durch weiches Gras gehen, den Bauch meiner Katze kraulen. Ich erstellte eine Liste von Gründen, die für mich Grund genug waren, weiterzumachen. Obwohl ich in der Vergangenheit mit mentalen Problemen zu kämpfen hatte – und das auch heute noch tue –, kam mir nie wieder der Gedanke, an jenen dunklen Ort zurückzukehren. Jeden einzelnen Tag bin ich voller Dankbarkeit dafür, dass ich lebe.
Auch ich habe durch Selbstmord Familienmitglieder verloren. Ich musste mit ansehen, wie sie der Sucht verfielen. Ich sehe, wie sie sich abmühen. Ich weiß, dass für viele jeder Tag ein Kampf ist.
Als Überlebende eines Freitodversuchs, als Mutter und als neurodivergente Persönlichkeit, die sich schon immer anders gefühlt hat, bringe ich dieser Figur viel Liebe und Sympathie entgegen. Sie hatte Unterstützung, sie hatte eine liebevolle Familie, sie war intelligent, sie war talentiert, und dennoch konnte sie keinen anderen Ausweg aus ihrem Leid sehen. Ihre Entscheidung hatte Auswirkungen auf ihr Umfeld und alle, denen sie am Herzen lag – ihre Entscheidung hatte tragische Konsequenzen.
Solltet ihr unter psychischen Problemen leiden, möchte ich, dass ihr wisst, dass es besser wird. Dass es immer Hoffnung gibt. Dass es immer einen Grund gibt, weiterzumachen, selbst wenn euch dieser Grund vielleicht erschreckend dürftig vorkommt. Dass ihr geliebt werdet. Dass die Galaxis euch braucht und dass es eine Tragödie wäre, wenn ihr nicht mehr unter uns weilen würdet. Ihr alle habt eine Geschichte zu erzählen. Dort draußen gibt es Hilfe für euch und Menschen, die euch zuhören.
Möge die Macht mit euch sein.
Delilah
Es war einmal vor langer Zeit in einer weit, weit entfernten Galaxis …
Jedi-Padawan Iskat Akaris wollte nichts mehr, als ihre Meisterin mit Stolz zu erfüllen.
Doch bedauerlicherweise kam das nur selten vor.
»Sieh genauer hin, Iskat. Was fühlst du?«
Jedi-Meisterin Sember Vey trat beiseite, sodass Iskat einen besseren Blick auf den antiken Text werfen konnte, den sie gerade aus altem, weichem Eopieleder ausgewickelt hatte. Der Togruta-Ladenbesitzer auf der anderen Seite des Tresens fummelte an den langen Perlensträngen herum, die er um den Hals trug, und warf immer wieder nervöse Blicke auf das Lichtschwert, das an Sembers Gürtel hing.
Iskats lange rote Finger griffen nach dem … nun ja, ein Buch war es eigentlich nicht. Eher eine Ansammlung alter, spröder Lederstücke, zusammengehalten von einer Schnur aus getrocknetem Darm. Doch bevor sie die Seiten berühren konnte, schnalzte Sember mit der Zunge. Iskats Hände verschwanden pfeilschnell hinter ihrem Rücken. Sember war eine eher zurückhaltende Lehrmeisterin, die ihr nur selten konkrete Lektionen und Lehren erteilte oder ihr deutlich sagte, was sie zu tun hatte, wie die Jedi-Ausbilder im Tempel. Anstatt klare Anweisungen zu geben, erwartete sie von Iskat, die Augen offen zu halten, zuzuschauen und zu lernen. Häufig wartete sie geduldig ab, in der Hoffnung, dass Iskat selbst darauf kam, was sie als Nächstes tun sollte. Genau das tat sie auch jetzt. Ihre dunklen Augen waren konzentriert und gelassen. Die Menschenfrau war Anfang vierzig, mit goldener Haut und bläulich schwarzem Haar, das sie zu einem makellosen Zopf geflochten hatte, und sie wartete darauf, dass Iskat … was? Irgendwas sagte? Irgendwas tat? Iskat wusste es nicht.
Seit Sember Iskat nach dem Jedi-Schülerturnier zu ihrem Padawan erwählt hatte, waren sie praktisch die ganze Zeit über auf Reisen, so wie jetzt. Sie besuchten abgelegene Planeten und geschäftige Handelsmonde, um unzählige Ladenbesitzer, Sammler und Archäologen aufzusuchen und über den Kauf von Kuriositäten für die Jedi-Archive zu verhandeln. Iskat hatte schon einige Artefakte wie dieses gesehen, kunstvolle Schriftrollen, uralte Lichtschwerter, verkrustet mit Seepocken oder Sand, ja sogar einen Rancorzahn mit komplexen Schnitzereien in einer längst vergessenen Sprache. Sember war eine scharfsinnige, undurchschaubare Verhandlerin, und mittlerweile hatte Iskat begriffen, dass ihre Aufgabe darin bestand, ihrer Meisterin zuzusehen und die Fähigkeiten zu erlangen, vergessene Artefakte der Jedi-Historie aufzuspüren, zu erkennen und zu akquirieren, damit sie dazu beitrugen, die nächste Generation von Macht-Gelehrten zu unterweisen.
Doch wie üblich war Iskat außerstande, das Schweigen ihrer Meisterin zu deuten. »Was kannst du uns darüber sagen, ohne das Artefakt zu berühren, mein Padawan?«, fragte Sember schließlich.
Iskat warf ihren langen braunen Haarzopf über ihre Schulter, konzentrierte sich auf das Objekt vor ihr, atmete tief durch und öffnete ihre Sinne. »Der Text scheint sehr alt zu sein, Meisterin. Die Sprache ist mir unbekannt. Die Seiten bestehen aus einer Art Tierleder, hauchdünn, fast durchscheinend. Die Tinte ist dunkelrot.« Sie beugte sich weiter vor, sorgsam darauf bedacht, die Häute nicht zu berühren, und roch daran. »Ein Hauch von Eisen. Blut? Gemischt mit irgendeinem mineralischen Pulver.«
»Das ist es, was du siehst. Nutze deine Machtsinne. Was kannst du spüren?«
Iskat schloss die Augen. »Dunkelheit«, sagte sie verwundert. »Verlangen. Das Buch … will, dass man es liest. Dass man es anfasst. Es will, dass sein Inhalt verbreitet wird.«
Sie öffnete die Augen, die sich hellblau von ihrer purpurnen Haut abhoben, und blickte ihre Meisterin fragend an. Im Laufe der Jahre hatten sie für den Orden Dutzende Artefakte beschafft, aber so etwas hatte Iskat noch nie zuvor gefühlt.
Sember nickte einmal, was so ziemlich das deutlichste Zeichen von Lob war, das sie ihrer Schülerin jemals zuteilwerden ließ.
»Das ist kein Jedi-Artefakt«, sagte Sember. »Das ist eine Sith-Schrift.«
»Dann wollt Ihr sie nicht?«, fragte der Ladenbesitzer und streckte die Hand nach dem Artefakt aus, um es wieder an sich zu nehmen.
»Das habe ich nicht gesagt.« Mit einer behandschuhten Hand schlug Sember das sonnengegerbte Leder wieder über die Schrift, wie um sie vor aller Blicke zu verbergen. »Wir nehmen es zum vereinbarten Preis. Sei versichert, dass dieses Stück sicher verwahrt werden wird, sodass es nicht in die falschen Hände fällt.«
Eigentlich sollte Iskat sorgsam verfolgen, wie Sember mit dem Ladenbesitzer umging, um von ihr zu lernen, doch ihre Aufmerksamkeit war gefesselt von ihrem Neuerwerb, jetzt bloß noch ein halbwegs quadratisches Etwas unter dem Leder. Sie hatte noch nie zuvor ein Sith-Artefakt zu Gesicht bekommen. Kein Wunder, dass Sember nicht wollte, dass sie es berührte. Gleichwohl, sie konnte es noch immer fühlen, wie ein kleines Kind, das die Arme nach ihr ausstreckte und darum bettelte, gehalten zu werden.
»Eure Gehilfin«, sagte der Ladenbesitzer, als sie sich zum Gehen wandten. »Was ist sie für eine?«
Sember musterte ihn. »Sie ist eine Jedi.«
»Ja. Aber von welcher Spezies? Eine wie sie habe ich noch nie gesehen. Rote Haut, aber sie ist weder Zeltronerin noch Devaronianerin …«
»Ich bin eine Jedi«, sagte Iskat mit Nachdruck.
»Schon gut, schon gut«, erwiderte er beschwichtigend. »Ich war bloß neugierig.«
Doch ungeachtet der Entschlossenheit ihrer Antwort war das eine Frage, die auch Iskat beschäftigte. Denn sie wusste es selbst nicht. Niemand im Tempel vermochte zu sagen, welcher Spezies sie angehörte, und Sember zufolge war in ihren Unterlagen auch kein Geburtsplanet angegeben. Sie hatte zwei Herzen, lange Finger und ungewöhnlich scharfe Sinne, doch auf all ihren Reisen und bei all ihren Studien hatte sie nie irgendwelche Hinweise auf ihre Biologie oder ihre Herkunft entdeckt. Dies war nicht das erste Mal, dass jemand diese peinliche Frage stellte, die sie möglicherweise niemals würde beantworten können.
Auf dem Rückweg zu ihrem Schiff übernahm es Sember, die in Leder eingewickelte Sith-Schrift zu tragen, und ließ sie dabei von zwei Fingern baumeln, als würde sie versuchen, den Kontakt damit auf ein Minimum zu beschränken. Sie marschierten die Rampe ihrer T-6-Raumfähre hoch, die Iskat auf den Namen Lyra getauft hatte, nachdem sie irgendwo gelesen hatte, dass Raumschiffe Namen brauchten. Sember dagegen nannte das Shuttle bloß T6 – 315. Während Iskat die Triebwerke startete, verstaute ihre Meisterin das Bündel rasch in dem Safe, in dem sie ihre kostbaren Funde zum Tempel schafften.
»Könnt Ihr den Text lesen?«, fragte Iskat.
Allein der Gedanke daran erfüllte Sember mit sichtlichem Unbehagen. »Selbst wenn ich es könnte, würde ich es nicht wagen. Am besten vergisst du das Ding gleich wieder. Verbann es aus deinen Gedanken. Die Dunkle Seite ist trügerisch. Sie umgarnt einen schleichend, wie Yistakäfer, die sich in deine Haut graben und dich langsam krank machen. Der Jedi-Rat wird entscheiden, wie mit dem Artefakt zu verfahren ist, doch es ist unsere Pflicht, es von allen fernzuhalten, die darauf aus sein könnten, es einzusetzen, um anderen Schaden zuzufügen. Solltest du auf deinen Reisen auf irgendetwas Vergleichbares stoßen, musst du es mit derselben Vorsicht und Achtsamkeit an dich bringen wie jedes andere Jedi-Artefakt und das Objekt dann so schnell wie möglich sicher verwahren. Fass es nicht an. Lies es nicht. Neugierig zu sein, ist in Ordnung, doch gib deiner Neugierde niemals nach! Ich wollte, dass du die Dunkle Seite in der Macht fühlst, damit du imstande bist, sie später wiederzuerkennen, doch jeder Kontakt dieser Art sollte möglichst kurz sein. Einiges Wissen ist den Preis nicht wert, den man dafür zahlen muss.«
Iskat versprach, sich ihren Rat zu Herzen zu nehmen, und machte sich daran, den Rest der Fracht zu sichern, während Sember den Pilotensessel übernahm. Selbst jetzt, da das Artefakt im Safe weggesperrt war, konnte sie noch fühlen, wie die Schrift blindlings nach ihr tastete, wie eine Pflanze, die auf der Suche nach Sonnenlicht ihre Ranken ausstreckt. Sember hatte ihr ganzes Leben der Aufgabe gewidmet, wichtige Artefakte aufzuspüren und Jedi-Wissen zu katalogisieren, doch in ihrer ganzen gemeinsamen Zeit war dies das erste Mal, dass sie Unwissenheit der Erkenntnis vorzog.
Sie hatten auf dieser Reise zahlreiche wertvolle Stücke in ihren Besitz gebracht, und Iskat wusste, dass ihre Meisterin begierig darauf war, mit der mühseligen Arbeit zu beginnen, ihre Fundstücke zu analysieren und zu kategorisieren – eine Aufgabe, die sie sichtlich genoss und stets allein machte, in der Abgeschiedenheit ihres Quartiers, um ihre Padawan-Schülerin in dieser Zeit sich selbst zu überlassen. Soweit Iskat bekannt war, hatten einige Meister und ihre Padawane eine intensive, lebhafte Beziehung zueinander, voller Lachen und gütiger Worte. Sember Vey hingegen war eine reservierte, häufig fast gleichgültig wirkende Meisterin, getrieben von brutaler Offenheit und einer Besessenheit für ihre Arbeit, die sie alles andere im Universum vergessen ließ. Obgleich Iskat nicht zwingend an einer warmherzigeren Verbindung zu Sember gelegen war, wusste sie, dass man Sember neben ihrer Aufgabe, Iskat als Padawan zu unterweisen, noch andere wichtige Pflichten übertragen hatte. Es war an Iskat, zu lernen, was sie konnte, indem sie die einzigartigen Fähigkeiten ihrer Meisterin studierte und ihren Vorteil aus allen Anweisungen zog, die Sember ihr gab. Sie war entschlossen, die beste Jedi zu werden, die sie sein konnte, ungeachtet der … nun ja … Versäumnisse ihrer Meisterin.
Um ehrlich zu sein, vermochte Iskat nicht einmal mit Gewissheit zu sagen, warum Sember sie überhaupt als Padawan ausgewählt hatte. Soweit es sie betraf, hatte sie nicht das Gefühl, dass zwischen ihnen irgendeine besondere Beziehung existierte. Ja, hin und wieder kam es ihr sogar so vor, als würde Sember sie nicht einmal sonderlich mögen.
»Warum stehst du da so untätig rum, Iskat? Schnall dich an und bereite dich auf deine Meditationen vor«, sagte Sember in einem Tonfall, als würde sie erst jetzt merken, dass Iskat überhaupt da war.
»Ja, Meisterin.«
Iskat versuchte, ihren Verstand zu beruhigen, während das Schiff abhob. Sobald sie sich im Hyperraum befanden, schmiegte sie sich in das Sitzpolster und machte es sich bequem. Sie schloss die Augen, sammelte sich und suchte ihre mentale Mitte, ihre Finger fest um ein Amulett geschlossen, das Sember ihr gegeben hatte, einen kleinen blauen Cabochon-Schmuckstein, der ihr dabei helfen sollte, sich zu fokussieren. Es war, als würde man in einen Fluss mit starker Strömung waten, und die Zeit löste sich in Wohlgefallen auf, als Iskat sich einfach davontragen ließ. Anfangs war es ihr schwergefallen zu meditieren, aber Sember und die anderen Jedi-Meister hatten sich darauf verständigt, dass ihr Hauptziel als Padawan darin bestehen sollte, zu lernen, sich zu fokussieren und zu kontrollieren. Nach dem Zwischenfall mit der Säule …
Nein.
Sie würde sich davon nicht runterziehen lassen.
Von ihr wurde genau das Gegenteil erwartet.
Es gibt keine Gefühle, sagte sie sich. Nur Frieden.
Es gibt keine Ungewissheit – nur Wissen.
Es gibt keine Leidenschaft – nur Gelassenheit.
Es gibt kein Chaos – nur Harmonie.
Als sie damals, als Jüngling, zu meditieren begonnen hatte, war sie dabei angespannt, gelangweilt und zappelig gewesen, auch wenn sie im Grunde nichts anderes getan hatte, als, na ja, nichts zu tun. Sie war von einer solch überbordenden Energie erfüllt gewesen, dass Sember – die sonst nichts aus der Ruhe bringen konnte – irgendwann mit ihrer Geduld am Ende gewesen war und Iskat vorgeworfen hatte, sich ihr absichtlich zu widersetzen. Doch Meister Klefan Opus, einst Sembers eigener Meister, hatte ein persönliches Interesse an ihren Fortschritten gezeigt und so manchen Morgen damit zugebracht, im Tempel an Iskats Seite zu sitzen; so konnte sie an der inneren Ruhe partizipieren, die er im Laufe vieler Jahrzehnte gewonnen hatte, um ihr nach und nach, Stück für Stück, beizubringen, dasselbe Maß an Besonnenheit und Ruhe zu erreichen wie er.
Meisterin Sember und Meister Klefan behielten recht. Je stärker Iskats Verbindung zur Macht durch das Meditieren wurde, desto besser gelang es ihr, ihre Emotionen im Zaum zu halten. In letzter Zeit hatte sie nicht ein einziges Mal die Beherrschung verloren, und sie war stolz darauf, wie weit sie es gebracht hatte. Sember verlor nie ein Wort über ihre positiven Fortschritte, aber Klefan schon, und das genügte ihr.
In den Tagen, die sie durch den Hyperraum in Richtung Bar’leth reisten, eine Kernwelt, auf der einer ihrer bevorzugten Händler zu Hause war, der ihnen einen einzigartigen Fund versprochen hatte, herrschte an Bord größtenteils einvernehmliches Schweigen. Sember verbrachte zwar die meiste Zeit mit den Artefakten, hinter verschlossenen Türen in ihrer Kabine, doch sie sorgte dafür, dass Iskat beschäftigt war. Sie hatte einen Trainingsplan aufgestellt, der sich täglich änderte. Zu ihren Übungseinheiten gehörten Lichtschwerttraining mit der Trainingssonde, sportliche Freiübungen, Studien über Flora und Fauna und, natürlich, noch mehr Meditation. Iskat mochte das Lichtschwerttraining seit jeher am liebsten und wünschte, sie hätte öfter gegen ihre Meisterin antreten können, in Sparringkämpfen eins gegen eins, anstatt ständig gegen die in ihren Aktionen ziemlich eingeschränkte Sonde antreten zu müssen, die für sie schon seit Langem keine Herausforderung mehr darstellte. Aber mittlerweile war sie klug genug, gar nicht erst danach zu fragen.
Hin und wieder wurde Iskats Konzentration gestört, wenn ihre Gedanken wie aus heiterem Himmel zu dem Sith-Text im Safe zurückkehrten, fast so, als wäre das Artefakt gelangweilt und würde um ihre Aufmerksamkeit buhlen, doch sie ignorierte den Ruf der Sith-Schrift. Ein paarmal dachte sie daran, es Sember gegenüber zu erwähnen, aber sie wollte ihrer Meisterin keinen Anlass geben, an ihr zu zweifeln oder sie zu tadeln. Um ehrlich zu sein, liefen die Dinge zwischen ihnen stets am besten, wenn Iskat einfach den Mund hielt und genau das tat, was Sember von ihr verlangte, ohne Fragen oder Widerworte. Und womöglich war dies ja auch ein weiterer Test. Ihre Meisterin hatte sie gedrängt, dem Ruf des Sith-Artefakts zu widerstehen, und wenn sie damit scheiterte, würde ihr das bloß als weitere Schwäche ausgelegt werden.
Als sie den Hyperraum schließlich verließen, signalisierte das Komm-System des Schiffes eine eingegangene Nachricht.
»Sember Vey«, sagte Jedi-Meister Mace Windu. »Wir wissen, dass Eure gegenwärtige Mission noch nicht abgeschlossen ist, doch wir möchten Euch bitten, unverzüglich zum Jedi-Tempel auf Coruscant zurückzukehren.« Seine tiefe, befehlsgewohnte Stimme klang ungewohnt scharf, seine Worte dringlich. »Solange wir uns mit der Situation auseinandersetzen, die sich gegenwärtig entwickelt, sind sämtliche nicht zwingend notwendigen Missionen ausgesetzt. Wir brauchen Euch hier.«
Das Komm verstummte, und Sember seufzte und begann, einen neuen Kurs zum Tempel zu berechnen.
»Wisst Ihr, was los ist?«, fragte Iskat ihre Meisterin.
»Ich habe genau dieselben Informationen wie du«, entgegnete Sember mit einer Gelassenheit, als hätte die Botschaft nichts Neues oder Aufregendes verheißen. »Schade. Ich hatte mich schon darauf gefreut, bei Gamodar vorbeizuschauen. Er meinte, er hätte ein wahrhaft besonderes Fundstück für uns.«
Coruscant war nicht allzu weit entfernt, daher blieb Iskat noch weniger Zeit als gewöhnlich, um sich dafür zu wappnen, die geschäftige Stille und die strikte Ordnung ihrer tagelangen Reise mit Sember hinter sich zu lassen und sich wieder den Gepflogenheiten des Jedi-Tempels zu öffnen. Wie alle Padawane war sie von sehr jungen Jahren an hier aufgewachsen. Sie hatte viele schöne Erinnerungen an das Lichtschwerttraining mit Meister Yoda und an Ausflüge zu anderen Planeten, in der Obhut energiegeladener junger Jedi-Ritter. Doch dann, als sie dreizehn war, kam es zu diesem Säulen-Zwischenfall, und seitdem waren sie und Sember fast immer auf irgendwelchen Missionen, und … jetzt fühlte es sich immer irgendwie seltsam an, wenn sie in den Tempel zurückkehrten. Zwar war niemand unfreundlich zu ihr, denn das war nicht die Art der Jedi, aber Iskat hatte stets das Gefühl, als wären einige der anderen Padawane nervös, wenn sie zugegen war, besonders Charlin und Onielle, die bei dem Säulen-Vorfall kleinere Verletzungen davongetragen hatten, die schnell wieder verheilt waren. Iskat freute sich nicht sonderlich darauf, sie wiederzusehen, auch wenn sie alle mittlerweile fünf Jahre älter waren und mit ihren eigenen Meistern die Galaxis bereisten und inzwischen – hoffentlich – ein bisschen reifer und erwachsener geworden waren.
Während sich Coruscant riesengroß vor dem Sichtfenster abzeichnete und Sember das Schiff auf den Tempel zusteuerte, fiel Iskat auf, dass rings um das Zuhause des Jedi-Ordens deutlich mehr Verkehr herrschte als sonst. Sie mussten warten, bis eine Landeplattform frei wurde, und als sie schließlich aufgesetzt hatten und sich die Einstiegsrampe senkte, eilte Sember sogleich davon, den Safe auf seinen Schwebedüsen vor sich herschiebend. Iskat folgte ihrer Meisterin, doch als Sember ihr über die Schulter einen Blick zuwarf, schien sie überrascht zu sein, sie zu sehen.
»Oh. Iskat. Ich muss mich beim Rat melden. Warum trainierst du nicht ein bisschen mit dem Lichtschwert?«
Allerdings war jetzt Iskats Neugierde geweckt, darum folgte sie ihrer Meisterin weiter. Für gewöhnlich war Lichtschwerttraining das, woran Sember am wenigsten Freude hatte, Iskat darin zu unterweisen, und obgleich ihre Meisterin darauf achtete, dass Iskat jede Menge Zeit mit der Trainingssonde zubrachte, hatte sie ihre Schülerin bislang noch nie in ihrem ausgeprägten Interesse für den Lichtschwertkampf bestärkt. Als Iskat sich zu Beginn ihrer Ausbildung erkundigt hatte, warum Sember für diesen, wie Iskat fand, integralen Bestandteil des Jedi-Lebens eine solche Abneigung hegte, erinnerte ihre Meisterin sie daran, dass Interesse nicht dasselbe war wie Können, und beließ es dabei.
»Warum Lichtschwerttraining?«, fragte Iskat. »Warum ausgerechnet jetzt? Schicken die uns auf eine neue Mission?«
Sember ging in ihrem gemessenen Tempo weiter und drehte sich auch nicht um, als sie sagte: »Sieh dich um, Padawan. Alle wurden zurückbeordert. Spürst du die Anspannung? Die Erwartungshaltung, die in der Luft liegt? Irgendetwas Großes geht vor. Etwas Bedeutsames. Jetzt geh und trainiere. Aber denk dran, dich zu fokussieren und die Kontrolle zu bewahren. Vertraue auf die Macht.«
»Ja, Meisterin.«
Iskat umklammerte ihr blaues Steinamulett, wandte sich der Lichtschwerttrainingshalle zu, die für die Padawane ihrer Altersgruppe vorgesehen war, und überließ es Sember, ihre zahlreichen Fundstücke dem Hohen Rat der Jedi zu präsentieren. Doch selbst als sich der Safe immer weiter entfernte, konnte Iskat weiterhin den uralten Text darin spüren, dessen Ruf leiser und leiser wurde. Sie hoffte, dass der Rat Artefakte wie dieses an einem sehr sicheren Ort aufbewahrte oder sie sogar zerstörte. Es kam ihr gefährlich vor, dass so etwas hier war, im Tempel, umgeben von Jedis und neugierigen Kindern. Iskat war zwar selbst nicht gegen Neugierde gefeit, aber sie wusste, dass die Dunkle Seite verführerisch war und man sich ihr ganz bewusst widersetzen musste. Das hatte Sember von Anfang an deutlich gemacht. Es entsprach nicht der Art der Jedi, solchen Dingen nachzugeben, ganz zu schweigen davon, sich bewusst den schleichenden Verlockungen des Bösen auszusetzen.
Sie waren mittlerweile schon eine ganze Weile nicht mehr im Tempel gewesen, doch seit ihrem letzten Besuch hatte sich nur wenig verändert. Sember hatte recht: In den Korridoren herrschte mehr Geschäftigkeit als sonst. Anstatt in vornehmer Gelassenheit Seite an Seite dahinzuschreiten, eilten Jedi in braunen Gewändern hektisch hin und her. Zwischen ihnen wuselten Bedienstete und Droiden mit Frachtgut umher. Als Iskat sich ihrem Ziel näherte, vernahm sie das vertraute Brummen und Surren aufeinandertreffender Trainingsschwerter und das leicht schlurfende Tappen von Stiefeln auf Stein.
Vor der Tür der Halle blieb sie stehen. Sie war jetzt älter und ein gutes Stück größer. Ihr braunes, zu einem perfekten Zopf geflochtenes Haar reichte ihr fast bis zur Hüfte. Und obwohl ihre Stiefel merklich abgenutzt waren und ihre Robe mittlerweile ein bisschen zu kurz geworden war, war ihr Gewand noch bestens in Schuss. Die meisten ihrer Kindheitsgefährten hatte sie schon seit Jahren nicht mehr gesehen, da sie alle zusammen mit ihren jeweiligen Meistern über die gesamte Galaxis verstreut waren. Na ja, abgesehen von einem, der sich aufgrund von Iskats Torheit ganz bewusst dazu entschieden hatte, fortzugehen, aber sie versuchte, den Gedanken daran zu verdrängen.
Iskat richtete den Kragen ihres Umhangs, hielt ihr Amulett fest umklammert und tat ihr Bestes, um ihre wild pochenden Herzen zur Raison zu bringen. Unerwünschte Emotionen stiegen in ihr hoch – Aufregung, Besorgnis, sogar Furcht. Dinge, die Jedi eigentlich nicht empfinden oder die zumindest wieder vorübergehen sollten. Was, wenn ihre Schwertkampffähigkeiten doch nicht so gut waren, wie sie selbst glaubte? Was, wenn sie die Kontrolle verlor? Was, wenn wieder irgendetwas Schlimmes passierte?
Sie schloss die Augen und suchte ihre Mitte.
Es gibt keine Gefühle – nur Frieden.
Es gibt keine Ungewissheit – nur Wissen.
Es gibt keine Leidenschaft – nur Gelassenheit.
Es gibt kein Chaos – nur Harmonie.
Es fiel ihr nicht leicht, sich in Gleichmut zu üben. So, wie ihre Sinne schärfer waren als die der anderen Padawane, waren auch ihre Emotionen intensiver und explosiver. Nicht selten fragte sie sich, ob es allen Jedi so schwerfiel, die für ihresgleichen so charakteristische Gelassenheit zu wahren, oder ob Sember es womöglich versäumt hatte, ihr etwas Wichtiges beizubringen, das alle anderen einfach von Natur aus verstanden. Sie war seit jeher der Ansicht, dass sie und ihre Meisterin kaum unterschiedlicher sein konnten. Während Sember so unerschütterlich und durch nichts aus der Fassung zu bringen war, dass es bisweilen fast schon wirkte, als wäre sie aus Stein, war Iskat ein Sturm von Emotionen, so aufgewühlt und wandelbar wie das Meer.
Es spielte keine Rolle. Sie war eine Jedi. Ihre Aufgabe bestand darin, Frieden zu finden, selbst wenn das bedeutete, ihn zu Boden zu ringen und dort festzuhalten.
Ihre Meisterin hatte sie aufgefordert zu trainieren, und genau das würde sie tun.
Als Iskat die Trainingshalle betrat, hatte sie das Gefühl, einen ziemlich beeindruckenden Auftritt hinzulegen. Trotzdem blickte keiner der Anwesenden auf. Die anderen waren viel zu sehr damit beschäftigt, sich in Trainingskämpfen zu beweisen oder die Duelle zu verfolgen und den Kämpfern hilfreiche Ratschläge zuzurufen. Vom Alter her waren die Versammelten zwischen dreizehn und zwanzig, allesamt Padawane, die noch nicht zu Jedi-Rittern berufen worden waren. Iskat kannte jeden mit Namen und war nicht sonderlich überrascht, mehrere Mitglieder ihrer eigenen Jünglingsgruppe zu sehen. Diese Leute waren mit ihr aufgewachsen und hatten am selben Jedi-Schülerturnier teilgenommen wie sie, und es war sonderbar zu sehen, dass viele von ihnen in der Zeit, die sie von Coruscant fort gewesen waren, praktisch erwachsen geworden waren.
Sogleich suchte ihr Blick den Padawan, der ihr von allen am nächsten stand, einen schwarzhäutigen Twi’lek namens Tualon, dessen Gesicht von zwei langen Kopftentakeln eingerahmt wurde. Genau wie Iskat war er seit dem Turnier unterwegs gewesen, auf Missionen mit seinem jungen, dynamischen Meister, einem Nautolaner namens Bavoc Ansho. Seitdem war Tualon ein gutes Stück gewachsen. Seine ehemals rundlichen Wangen waren jetzt viel kantiger als früher, doch sein Lächeln war immer noch genauso freundlich und verschmitzt wie früher. Im Gegensatz zu einigen der anderen Padawane hatte er Iskat gegenüber nie Angst oder Besorgnis gezeigt und sogar an so manchem Morgen am Ufer ihres fischgefüllten Lieblingsteichs zusammen mit ihr meditiert. Iskat ging zu der Stelle hinüber, wo er hockte und – die Ellbogen auf die Knie gestützt – aufmerksam verfolgte, wie Charlin, das Twi’lek-Mädchen mit der rosa Haut, gegen Fvorn kämpfte, einen wortkargen Duros, der fast um das Doppelte gewachsen war, seit Iskat ihn das letzte Mal gesehen hatte.
»Charlin hat nicht die geringste Chance«, sagte Iskat.
Tualon blickte zu ihr auf; seine orangefarbenen Augen glommen wie glühende Kohlen. Er grinste, und ihre zwei Herzen flatterten. »Vielleicht nicht unbedingt, was die reine Körpermasse angeht, aber sie war schon immer sehr flink. Bist du gerade erst zurückgekommen?«
»Vorhin, ja. Wir waren zuletzt auf Ringo Vinda. Weißt du, warum alle zurückbeordert wurden?«
Der Rest der Halle stieß ein kollektives Zischen aus, als Fvorn einen soliden Treffer landete, aber Tualon sah trotzdem weiter Iskat an und runzelte die Stirn. »Meister Ansho meinte, es geht um etwas, das es zu unseren Lebzeiten noch nicht gab, weshalb wir alle Jedi brauchen, die wir kriegen können. Offenbar gibt es irgendeine Bedrohung durch die Separatisten. Ich bin sicher, wir erfahren bald mehr.«
Sie verfolgten noch eine Weile den Kampf, doch dann machte Charlin einen Salto über Fvorn hinweg und landete einen Schlag, der den Duros umgebracht hätte, hätten sie echte statt Trainingslichtschwerter benutzt. Fvorn ächzte und verneigte sich flüchtig vor seiner Gegnerin, bevor er sich wieder unter die Menge mischte, wo ihm sein rodianischer Freund Zeeth auf die Schulter klopfte und murmelte: »Nächstes Mal kriegst du sie.«
Was Charlin betraf, so wirkte sie ein bisschen stolzer, als es sich eigentlich für eine Jedi geziemte. In einer Geste des Triumphes warf sie ihren rosa gestreiften Lekku über die Schulter und grinste.
In Iskats Brust regte sich etwas, Verärgerung und vielleicht auch ein Anflug von Neid.
»Sie hat sich wirklich verbessert«, sagte Tualon beeindruckt. »Ich hab gehört, auf ihrer letzten Mission hatte sie Gelegenheit, bei einigen der besten Kämpfer von Jedha die Zama-Shiwo-Kampfkunst zu trainieren.«
Bevor sie selbst so recht realisierte, was sie da tat, trat Iskat vor. »Steht die letzte Runde schon fest?«
Charlin blickte auf, und Iskat war seltsam erfreut darüber, zu sehen, wie sich ihre grünen Augen argwöhnisch weiteten. Allerdings schwand dieser flüchtige Moment der Aufrichtigkeit schnell wieder, als Charlin ihr ein Lächeln schenkte, als wären sie die besten Freundinnen. »Nein, aber hier in der Trainingshalle ist jeder willkommen.«
Iskat hakte ihr Lichtschwert von ihrem Gürtel. Der Griff des Schwerts war kurz und ein gutes Stück breiter als die meisten, um ihren langen Fingern ausreichend Platz zu bieten, aus poliertem burgunderrotem Holz gefertigt und mit dem Zahn eines Firaxan-Hais am Ende. Verglichen mit Charlins elegantem, chromglänzendem Schwertgriff wirkte ihrer grobschlächtig und sonderbar, aber Iskat war stolz darauf. Natürlich wurde den Padawanen davon abgeraten, mit echten Lichtschwertern zu trainieren. Darum streckte sie die Hand aus, und Fvorn warf ihr das Trainingsschwert zu, das er verwendet hatte. Zwar kämpfte sie mit ihrer eigenen Waffe am besten, doch sie hatte schon vor langer Zeit gelernt, auch mit den kleineren Schwertgriffen zurechtzukommen, die die meisten anderen Jedi bevorzugten.
Charlin aktivierte ihr Trainingsschwert, und Iskat tat es ihr gleich. Stille senkte sich über die Halle. Die anderen Duelle wurden unterbrochen. Plötzlich drängten sich die versammelten Padawane allesamt um den Kampfring, schweigend und wachsam. Iskats Herzen schlugen unwillkürlich schneller, als ihr bewusst wurde, dass sie plötzlich im Mittelpunkt der allgemeinen Aufmerksamkeit stand, fast so, als würden die anderen ein echtes Schauspiel erwarten. Doch sie schaffte es, ihren Gefühlsausbruch unter Kontrolle zu bekommen, und besann sich auf die Gelassenheit, die sie sich so mühsam erarbeitet hatte. Ihre Sinne waren angespannt bis zum Äußersten, während sie ihre Umgebung mit messerscharfer Klarheit wahrnahm. Sie registrierte jede Unebenheit des Bodens, jede Klettersprosse an der Wand, jede Waffe, die sie als Alternative einsetzen konnte, falls sie im Kampf entwaffnet wurde. Wenn jemand anders starke Emotionen hatte, insbesondere Anspannung, konnte sie das in der Macht spüren – nicht, dass sie dies jemals jemandem verraten hätte, nicht einmal ihrer Meisterin, die sie ohnehin schon auf Abstand hielt. Keiner hier gab sich Mühe, seine Aufregung zu verbergen. Nachdem sie so viel Zeit mit ihren oft ernsten, grübelnden Meistern verbracht hatten, hofften die anderen auf ein Spektakel – ein Gefühl, das durch ihre jugendliche Unbekümmertheit noch verstärkt wurde. Charlin war hochmütig und selbstbewusst, aber auch ein bisschen furchtsam.
Das konnte Iskat zu ihrem Vorteil nutzen.
Von ihren früheren Trainingseinheiten wusste Iskat, dass Charlin nie aggressiv in die Offensive ging. Für gewöhnlich wartete sie geduldig, bis ihr Gegner den ersten Schritt machte. Iskat hatte sich dieses Wissen stets zunutze gemacht, indem sie unvermittelt losgestürmt und die andere Schülerin damit regelmäßig überrumpelt hatte. Dieses Mal jedoch zwang sie sich, sich in Geduld zu üben, während sie Charlin vorsichtig umkreiste und ihre Bewegungen nachahmte, als wäre sie das Spiegelbild der Twi’lek. Als sie sah, wie Charlin zögerte, konnte sie sich ein Grinsen nicht verkneifen – offenbar war sie sicher gewesen, dass Iskat dieselbe alte Taktik anwenden würde. Meisterin Vey hatte schon seit Monaten kein Sparring mit Iskat gemacht, und jetzt wurde ihr bewusst, wie sehr sie das Gefühl vermisst hatte, sich mit einem echten Widersacher zu messen, um ihr Können dabei zu schärfen wie eine Klinge an einem Wetzstein. Und je länger sie davon absah, anzugreifen, desto unsicherer wurde Charlin.
»Was ist?«, fragte Charlin frustriert. »Willst du nicht irgendwas machen?«
»Ich mache doch was«, entgegnete sie. »Und was hast du jetzt vor?«
»Ich weiß noch nicht genau …«
Doch dann konnte Charlin nicht mehr länger an sich halten und sprang vor, ein klassischer Sturmangriff, den Iskat ohne Mühe parierte. Man sah Charlin viel zu deutlich an, was sie tun würde, und obwohl sie zweifellos trainiert und sich verbessert hatte, war sie einfach keine geborene Kämpferin. All ihre Attacken und Schwertangriffe folgten den starren Manövern, die sie wieder und wieder einstudiert hatte, und ihr Einfallsreichtum im Umgang mit der Lichtklinge beschränkte sich auf das, was ihr über die Jahre eingebläut worden war. Iskat konterte gelassen jeden ihrer Schläge und Stöße und investierte so wenig Energie in den Kampf wie möglich.
Es war offensichtlich, dass Charlin der Kampfverlauf zunehmend ärgerte. Sie war genervt, was sich darin zeigte, dass ihre Angriffe noch weiter nachließen. Hinzu kam, dass die Twi’lek langsam erschöpft war. Iskat spielte mit ihr – und Charlin wusste das. Das ließ sie nachlässig werden. Als Charlin das nächste Mal versuchte, unter ihrer Deckung durchzukommen, sprang Iskat mit einem hohen Salto über ihre Lichtklinge hinweg und versetzte Charlin mitten im Sprung mit ihrem Trainingsschwert einen Hieb auf den Kopf, wobei sie die empfindlichen Lekku ihrer Gegnerin absichtlich um Haaresbreite verfehlte.
»Du bist raus!«, sagte Iskat, nachdem sie leichtfüßig wieder gelandet war.
»Das war kaum der Rede wert«, widersprach Charlin, doch die schmerzhafte Prellung, die sie abbekommen hatte, ließ sie die Zähne zusammenbeißen. Die hellrosa Beule auf Charlins Kopf war für Iskat ebenso wenig zu übersehen wie für alle anderen.
»Hätten wir richtige Lichtschwerter verwendet, wärst du jetzt entweder schwer verletzt oder tot.«
Charlin starrte sie grimmig an. Ihre Wangen waren tiefviolett. Sie war es nicht gewohnt zu verlieren. »Ich bin noch nicht fertig.«
»Nach den Regeln schon.«
Onielle trat neben ihre beste Freundin und aktivierte ihr Trainingsschwert. Das Menschenmädchen hatte orangefarbenes Haar und Sommersprossen, und Iskat konnte spüren, wie sie versuchte, ihre eigene Ungeduld zu zügeln, doch ihre Wangen glühten genauso wie Charlins. »Dann übernehme ich die nächste Runde!«
Iskat neigte den Kopf, um ihre Zustimmung zu signalisieren, und hob ihre Waffe. »Wie Charlin schon sagte: Hier sind alle willkommen, mitzumachen.«
Onielle bewegte sich zwar nicht ganz so anmutig wie Charlin, aber ihr Meister hatte sie gut trainiert, und seit Iskat sie das letzte Mal gesehen hatte, waren ihre Angriffe merklich besser geworden. Außerdem waren ihre Arme länger, was ihr eine überlegene Reichweite verschaffte. Onielle griff sofort an, und Iskat war gezwungen, wild zu parieren, ehe sie sich wieder gefangen hatte und ihren eigenen Kampffluss fand.
Oh, wie sehr hatte sie diesen Teil des Trainings vermisst! Wenn sie eine Waffe in der Hand und einen Gegner vor sich hatte, fühlte sie sich wahrhaft lebendig, fokussiert und schlagartig auf eine so tiefgreifende Weise mit der Macht verbunden, dass sie normalerweise stundenlang dafür meditieren müsste. Fast war es, als könnte sie vorhersehen, was als Nächstes passieren würde; als wüsste sie, dass Onielle eine bestimmte Kombo einsetzen würde, die sie bei Meister Yoda gelernt hatten, und ihr Lichtschwert parierte jeden Schlag rein instinktiv mit genau dem richtigen Maß an Wucht.
»Sie ist gut«, hörte sie jemanden raunen.
Die anderen hielten ihre Stimmen gedämpft, aber natürlich hatte niemand in dieser Halle eine Ahnung, wie messerscharf Iskats Sinne waren. Sember hingegen wusste es, was einer der vielen Gründe dafür war, warum sie ihre Padawan-Schülerin stets dabeihatte, wenn es ans Feilschen ging, sodass Iskat ihren scharfen Blick, ihre feine Nase und ihre sensiblen Ohren nutzen konnte, um die angebotenen Artefakte möglichst realistisch zu bewerten. Die anderen Padawane hingegen hatten von Iskats besonderen Fähigkeiten keinen blassen Schimmer.
»Sie war schon immer gut mit dem Lichtschwert. Ich hoffe nur, sie verliert nicht wieder die Beherrschung …«
»Eigentlich sollen Jedi sich doch jederzeit vollkommen unter Kontrolle haben. Ist das der Grund, warum Meisterin Vey sie ständig auf langfristige Missionen mitnimmt?«
»Das würde zumindest Sinn ergeben. Warst du dabei, als die Säule …«
»Ja. Als es passierte, stand ich direkt daneben. Ich konnte gerade noch ausweichen …«
»Wenn man bedenkt, dass die beiden mal Freundinnen waren. Die arme Tika.«
Als sie diesen Namen hörte, war es um Iskats Gelassenheit schlagartig geschehen. Es war, als wäre sie gemächlich im Fluss der Macht geschwommen, der sich unversehens in einen reißenden Strom verwandelte, sich zu einer Flutwelle auftürmte und sie mit sich fortriss, als die Erinnerungen zurückkamen. Unwillkürlich umklammerte sie ihr Amulett, kämpfte einhändig weiter und suchte verzweifelt nach dieser kühlen, blauen Verbundenheit, die ihr Ruhe und Frieden versprach. Doch nicht einmal diese Rettungsleine war stark genug, um die alten Gefühle zu unterdrücken, die sie so mühsam überwunden oder zumindest verdrängt hatte.
Offenbar waren sie trotz all ihrer harten Arbeit so intensiv wie eh und je.
In völliger Unkenntnis des Tumults, der in Iskats Geist und Körper tobte, versuchte Onielle, einen Zweihandhieb anzubringen, doch Iskat wehrte den Angriff mit ihrer Lichtklinge ab und versetzte Onielle einen Stiefeltritt in den Bauch, der ihre Gegnerin nach hinten warf. Darauf ließ sie einen gezielten Abwärtshieb folgen, der das andere Mädchen überrascht aufschreien ließ und sie quer vor der Brust traf, während sie mit hochgereckten Händen am Boden lag. Ihr Trainingsschwert hatte sie fallen lassen.
Iskat stand über ihr, die Trainingsklinge so dicht an Onielles Kehle, dass sie keuchte.
Dann packten kräftige Hände Iskat bei den Schultern und zogen sie weg.
»Iskat«, sagte Tualon. »Das genügt.«
Als sie seine Stimme so nah bei sich hörte, erstarrte sie und ließ das Trainingsschwert sinken, als ihr klar wurde, was sie getan hatte. Es war nicht so, dass es unter den Jedi verpönt war, ein Duell zu gewinnen, doch ihr letzter Angriff war unnötig brutal gewesen, was gegen ihren Kodex verstieß, den Kodex, nach dem Iskat ihr ganzes Leben lang gelebt hatte und an den sie glaubte. Scham überkam sie, dass so viele Zeugen geworden waren, wie sie schon wieder einen gravierenden Fehler gemacht hatte.
Seit der Sache mit Tika und der Säule war es ihr einziges Ziel gewesen, zu lernen, ihre Emotionen zu beherrschen und ihre Verbindung zur Macht zu kontrollieren. Sie musste ein ruhiger, steter Fluss sein, kein reißender Strom, und trotzdem wäre es bei ihrem allerersten Besuch in der Trainingshalle seit Jahren fast wieder passiert. Fast hätte sie wieder die Beherrschung verloren.
»Tut mir leid«, murmelte sie. »Danke, Tualon.«
Wenigstens gelang es ihr, sich so weit zusammenzureißen, dass sie nicht einfach wegrannte. Stattdessen ließ sie Tualon stehen und verließ mit so viel Würde, wie sie aufbringen konnte, die Halle, auch wenn sie alle Mühe hatte, ihre Tränen zurückzuhalten.
Eigentlich sollten Jedi keinen Zorn empfinden. Sie sollten nichts tun, was Schamgefühle hervorrief. Sie sollten nicht aus Verlegenheit weinen. Iskat wollte nichts weiter als eine gute Jedi sein, und sie hatte ihr Dasein ganz der Suche nach der Kontrolle und Gelassenheit gewidmet, die hierfür nötig waren. Sie befolgte ohne Widerworte die Anweisungen ihrer Meisterin, meditierte oft, hatte eine positive Einstellung und tat ihr Bestes, um ihre weniger vorteilhaften Züge durch gute Arbeit und intensives Lernen wettzumachen.
Und jetzt, kaum dass sie wieder zu Hause war, unter ihresgleichen, hatte sie spektakulär versagt.
Sie begab sich unverzüglich zum Privatquartier ihrer Meisterin und klopfte an die Tür. Von drinnen vernahm sie verstohlene Geräusche, ehe Sember einen langen Moment später ein wenig atemlos sagte: »Herein.«
Iskat betrat die kleine, aufgeräumte Kammer. Sember stand vor ihrem geschlossenen Kleiderschrank.
»Meisterin. In der Trainingshalle ist etwas vorgefallen. Ich … ich habe es wieder gespürt.« Iskat ließ den Kopf hängen.
Sember atmete tief durch und stieß dann einen langen Seufzer aus. Iskat schaute auf und sah den Kummer in ihren Augen, die Enttäuschung. »Was ist passiert?«
Das, was Iskat ihrer Meisterin daraufhin berichtete, entsprach zwar den Tatsachen, doch sie verzichtete darauf, viele der Emotionen zu erwähnen, die sie übermannt hatten – Emotionen, von denen sie wusste, dass sie sie eigentlich nicht haben sollte, und die sie so mühsam im Zaum zu halten versuchte. Stattdessen schilderte sie Sember vor allem den Kampf. Doch auch hier ließ sie den Teil weg, dass sie sich bewusst für das Duell gegen Onielle entschieden und ihre Gegnerin außerdem vorsätzlich provoziert hatte.
»Alles lief gut – bis jemand Tika erwähnte …« Sie brach ab und sah der älteren Frau erneut in die dunklen Augen.
Sember war nie eine sonderlich gütige, freundliche oder gar liebevolle Meisterin gewesen. Sie war reserviert, distanziert und so kühl, dass sie fast gefühlskalt wirkte, als würde sie in einer anderen, viel ruhigeren Sphäre weilen und ihr Padawan sei allenfalls eine Ablenkung. Iskat spürte häufig kleine Wellen, die von ihr ausgingen, Emotionen, die Sember vor ihr zu verbergen versuchte – Verärgerung über Unterbrechungen, gewiss, aber auch Bedauern und eine Art trauriger Sehnsucht. Natürlich wusste sie, dass Sember sie weder trösten noch ermutigen oder gar mit ihr scherzen würde, doch sie wusste auch, dass ihre Meisterin ehrlich und aufrichtig war und wollte, dass ihre Schülerin Erfolg hatte.
»Duelle bringen häufig Gefühle in uns zum Vorschein, die wir sonst in Schach halten können«, sagte Sember schließlich. »Ein Kampf, und wenn auch nur im Training, ist trotz allem ein Kampf. Es ist ein Tanz zwischen Leben und Tod. Wir alle haben einzigartige Gaben und müssen mit unseren ureigenen Herausforderungen kämpfen, und zufälligerweise ist bei dir beides dasselbe. Deine Verbindung zur Macht ist gleichzeitig stark und schwer zu kontrollieren. Doch diese Schwierigkeit ist keinesfalls unüberwindlich. Zu lernen, sich selbst zu kontrollieren, ist eine Lebensaufgabe. Und sosehr du in den letzten Jahren auch herangewachsen bist, in vielerlei Hinsicht bist du trotzdem nach wie vor ein Kind.«
»Meisterin, ich versuche so sehr …«
»Wie Meister Yoda mir einst sagte, als ich noch sehr viel jünger war: Tu es oder tu es nicht. Es gibt kein Versuchen.« Bei diesen Worten ließ Sember ein kleines, fast liebevolles Lächeln sehen.
»Aber was soll ich tun? Mehr meditieren? Noch ein Amulett? Ich will unbedingt besser werden, aber es ist, als wäre irgendwas in mir kaputt.«
Meisterin Sember legte ihr eine Hand auf die Schulter, eine seltene Geste der Güte. »Mit dir ist alles in bester Ordnung. Wir alle sind unvollkommene Wesen, die nach Erleuchtung streben. Du musst dich bloß ein bisschen mehr anstrengen als die meisten.«
Iskat nickte. »Ich versuche es. Ich meine, das werde ich. Ich werde mich mehr anstrengen!«
»Dessen bin ich mir gewiss.« Ein weiteres Seufzen. Dann drückte Sember ihre Wirbelsäule durch und richtete sich zu voller Größe auf. »Doch jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt zum Meditieren. Im Tempel herrscht große Unruhe. Kein Wunder, dass die Stimmung in der Trainingshalle ein wenig … aufgeladen ist – ihr jungen Leute spürt den Strom der Veränderung.« Sembers Hand kam kurz auf dem Griff ihres Lichtschwerts zu liegen. »Iskat, wir wurden hierher zurückbeordert, weil man uns braucht. Man wird uns nach Geonosis schicken, um Obi-Wan Kenobi zu retten. Er wurde angegriffen …«
»Von den Separatisten«, sagte Iskat, die sich daran erinnerte, was Tualon vorhin gesagt hatte.
Sember nickte. »Die Separatisten haben sich mit der Handelsföderation und Count Dooku zusammengetan. Sie haben eine Droidenarmee aufgestellt. Wir brechen in Kürze auf. Denkst du, du schaffst es, dich bei dieser Rettungsmission, bei der vermutlich konkrete Gefahren auf uns warten, hinreichend zu beherrschen?«
»Natürlich, Meisterin.«
Iskat spürte, wie ihre Herzen ein bisschen schneller schlugen. Gewiss, sie hatte in den letzten Jahren Dutzende Missionen mit Sember unternommen, aber die waren alle friedlich verlaufen, im Grunde bloß verklärte Einkaufsausflüge. Und obwohl diese Aufgabe für die Jedi einem wichtigen Zweck diente, hatte Iskat dem Ganzen ehrlicherweise noch nie sonderlich großes Interesse entgegengebracht. Das hier dagegen klang aufregend. Und sicherlich war es auch nicht verkehrt, beim Gedanken daran, in der Galaxis etwas Gutes zu tun, eine gewisse Aufregung zu verspüren, oder?
Zumal diese Mission offensichtlich von extremer Bedeutung war: Der Orden hatte alle verfügbaren Jedi herbeigerufen, bloß um einen Mann zu retten. Obi-Wan war immer freundlich zu ihr gewesen, wenn er die Jünglinge unterwiesen hatte, aber er war freundlich zu jedem. Er war genau die Art von Jedi-Meister, die sie sich ausgesucht hätte, wenn dies in ihrer Hand gelegen hätte – kenntnisreich und erfahren, aber mit einem gütigen Wesen und voller bestärkender Worte, wenn man sie verdiente. Es erfüllte sie mit Stolz, ihren Teil zu der Mission beizutragen, die ihn in Sicherheit bringen sollte.
»Nun geh, mein Padawan. Triff alle nötigen Vorkehrungen für die bevorstehende Reise. Wir brechen auf, sobald der Abend dämmert.«
Iskat senkte den Kopf und tat, was Sember ihr aufgetragen hatte. Unterwegs begegnete sie keinem der anderen Padawane. Vermutlich waren sie noch immer in der Trainingshalle, wo sie sich über sie das Maul zerrissen. Sie konnte nur hoffen, dass diese Mission kurz und erfolgreich sein würde und die geballte Stärke der Jedi die Separatisten-Armee, die die Republik bedrohte, rasch unschädlich machen würde. In ein paar Stunden würden sie und Sember auf ihr Schiff zurückkehren, wo Iskat sich von Neuem darauf konzentrieren konnte, ihren Frieden mit der Macht zu schließen, so schwierig das auch scheinen mochte.
Während das Shuttle durch die Atmosphäre des wüstenhaften, unfruchtbaren Planeten Geonosis donnerte, hatte Iskat Mühe, die überwältigende Kakofonie der Sinneseindrücke auszublenden, die auf sie einstürmte, und sich darauf zu konzentrieren, inmitten dieses Chaos ihre Mitte zu finden. Dies war nicht bloß eine Rettungsmission – es war eine Militäroperation. Die Jedi waren jetzt Soldaten. Aber sie kämpften nicht allein. Fast wie aus dem Nichts waren Tausende Klontruppler aufgetaucht, um die Republik zu unterstützen. Ihr Schiff wurde sogar von einem Klon gesteuert. Nach Jahren relativen Friedens in der Galaxis hatten sich die Jedi bemerkenswert schnell mobilisiert, um als Beschützer von Demokratie, Gerechtigkeit und Freiheit ihren Teil beizutragen.
Iskat war aufgeregt … und überwältigt.
Sie zwang sich, ihre Atmung zu beruhigen, schloss die Augen und legte eine Hand um ihr Amulett. Schlagartig verblassten die anderen Jedi um sie herum, und Stille senkte sich über ihre Gedanken.
Es gibt keine Gefühle – nur Frieden.
Es gibt keine Ungewissheit – nur Wissen.
Es gibt keine Leidenschaft – nur Gelassenheit.
Es gibt kein Chaos – nur Harmonie.
In den ersten Tagen nach dem Vorfall damals hatte Meister Klefan sie dazu gedrängt, sich diesem Mantra zu verschreiben, und seitdem hatte Meisterin Sember es ihr etliche weitere Male eingebläut. Die Worte hatten sich gleichermaßen in ihr Denken eingebrannt wie in ihre Herzen. Sie schenkten ihr innere Ruhe, gaben ihr das Gefühl, die Jedi zu sein, die sie sein sollte: ruhig, kühl, gefasst, friedvoll.
Über den Jedi-Kodex nachzugrübeln, ließ sie Tika beinahe vergessen. Aber wollte sie das überhaupt?
Nein. Daran konnte sie jetzt nicht denken.
Das war Jahre her.
Und es war nie wieder passiert.
Dafür hatten ihre Lehrer gesorgt. Und Iskat selbst auch.
Sie hatte studiert. Sie hatte trainiert. Sie hatte die Kontrolle über sich erlangt, die von ihr gefordert wurde. Und jetzt war sie auf einer Rettungsmission, umgeben von Jedi-Meistern, -Rittern und -Padawanen. Bislang hatte sie ihr Lichtschwert noch nie in einem echten Kampf gezogen. Aber es waren weder ihr Mut noch ihr Können, um die sie sich sorgte und was bewirkte, dass ihre beiden Herzen so laut schlugen, dass sie sicher war, dass Tualon neben ihr sie hören konnte. Sie schaute zu ihrem Mit-Padawan mit seinen glänzend schwarzen Lekku und der entschlossenen Miene hinüber.
»Bist du bereit?«, fragte er sie mit einem ermutigenden Lächeln.
»So bereit wie jeder andere auch«, entgegnete sie.
Was nicht ganz der Wahrheit entsprach. Um ehrlich zu sein, war sie mehr als nur bereit. Sie konnte es kaum erwarten. Aber Jedi sollten demütig und bescheiden sein, und sie wusste, dass Tualon dergleichen ausgesprochen wichtig war, daher wollte sie nicht allzu übermütig erscheinen. Sie bewunderte ihn für seine Bescheidenheit genauso wie für seine aufgeschlossene Art und seine Selbstlosigkeit. Tualon war die Art von Jedi, die sie selbst gern gewesen wäre, die Art von Jedi, die sie bewunderte.
Wenn sie ehrlich zu sich selbst war, musste Iskat zugeben, dass sie zwar keinerlei Zweifel an ihrem Geschick, ihrem Können oder ihrer Tapferkeit hegte, aber nach den gestrigen Zweikämpfen mit Charlin und Onielle hatte sie Angst, dass es ihr trotz allem vielleicht doch nicht gelingen würde, sich zu beherrschen, wenn viel auf dem Spiel stand und sie eine Waffe in der Hand hielt. In dieser Hinsicht hatte sie mehr von sich erwartet. Und obwohl niemand den Vorfall mit Onielle erwähnt hatte, spürte sie die Blicke der anderen Padawane, die angeschnallt neben ihren Meistern saßen, während sie auf den Wüstensand von Geonosis zusteuerten. Sie spürte, wie sie sie verstohlen ansahen. Sie spürte ihre Unsicherheit.
Meister Klefan Opus, der ihr gegenüber auf der anderen Seite des Schiffes saß, nickte ihr zu und schenkte ihr ein ermutigendes Lächeln. Iskat erwiderte das Lächeln, dankbar dafür, dass zumindest einer der Meister Vertrauen in sie hatte.
Sie hoffte, dieses Vertrauen nicht zu enttäuschen.
»Hast du schon mal gekämpft?«, fragte sie Tualon leise. »Auf deinen Missionen, meine ich.«
»Einmal«, entgegnete er, ebenfalls im Flüsterton. »Für gewöhnlich kümmert sich Meister Ansho allein um so etwas. Aber als wir diesen Senator auf diplomatischer Mission eskortiert haben, half ich ihm, ein paar Banditen in die Flucht zu schlagen. Da hat sich unser ganzes Training wirklich ausgezahlt. Ich wollte niemanden verletzen, doch wir mussten den Senator beschützen. Und du?«
»Bislang mussten wir unterwegs nicht mal unsere Lichtschwerter ziehen«, gestand sie. »Meistens stehen wir einfach am Tresen und feilschen wie ganz normale Kunden, oder irgendein alter Abenteurer lädt uns zum Tee in sein Zelt ein. Aber das war’s auch schon.«
Sie ließ ihren Blick durch das Shuttle schweifen, das ruckelte und vibrierte, während es auf die Oberfläche des Planeten zusauste. Die Luft war ein wenig abgestanden und roch nach Schweiß und Treibstoff. Insgesamt befanden sich fast zwanzig Jedi an Bord. Sie fragte sich, was für Abenteuer die anderen Padawane wohl schon erlebt haben mochten.
»Meinst du …«, begann sie.
»Genug geplappert«, murmelte Meisterin Vey auf ihrer anderen Seite. »Es ist gleich so weit. Denk an dein Mantra. Konzentrier dich auf deine Atemübungen, mein Padawan. Sorg dafür, dass das Chaos draußen bleibt.«
Obwohl Iskat nicht errötete, spürte sie die Hitze der Scham, die sie überkam, als sie vor Tualon und den anderen zurechtgewiesen wurde. In Anbetracht dessen, was sie auf dem Planeten erwartete, wären ein paar motivierende Worte oder auch nur leiser, geflüsterter Zuspruch zweifellos hilfreicher gewesen als öffentlicher Tadel. Tualon jedenfalls schwieg und schaute höflich beiseite, wie um sie nicht zu weiteren Gesprächen zu verleiten.
Iskats lange rote Finger schlossen sich um die kalten Metallstreben der Sitzbank, während sie die Augen zumachte und im Stillen einmal mehr den Jedi-Kodex rezitierte.
Es gibt keine Gefühle – nur Frieden.
Die Worte wurden zu einem beruhigenden Rhythmus, zu einem Gegenpol zu den Schiffstriebwerken, zu einem Kristallisationspunkt, der ihr Bewusstsein in einen Zustand der Ruhe versetzte, jenseits von Scham, Sorge und Angst.
»Landung in T minus drei Minuten«, verkündete der Klonpilot.
Obwohl sie wusste, dass sich Tausende Klone wie er auf dem Weg nach Geonosis befanden, war der Pilot der erste der neuen Soldaten der Republik, dem Iskat begegnet war. Sie hatte keine Ahnung, wie er unter seiner Rüstung aussah, wie alt er war, welche Augenfarbe er hatte, ob er eher lächelte oder die Stirn runzelte. Sie wusste nur, dass seine Stimme eher ausdruckslos klang, dass seine Fähigkeiten als Pilot tadellos waren und dass sie bald Seite an Seite kämpfen würden.
Die Jedi hatten erstaunlich wenige Informationen über diese Mission. Sie wussten lediglich, dass Obi-Wan Kenobi von einer stetig größer werdenden Separatisten-Armee in einen Hinterhalt gelockt worden war. Momentan war jeder Jedi in Kampfverfassung an Bord eines Schiffes hierher, genau wie Iskat. Und im Gegensatz zu ihren Missionen mit Meisterin Vey hatte sie keine Ahnung, welche Rolle sie bei dem spielen würde, was auf sie zukam. Doch sie war aufgeregt, mit ihren Mit-Jedi zusammen zu sein, und erfreut darüber, dass ihre Meisterin sie für fähig genug hielt, an einem so wichtigen Unterfangen teilzunehmen.
Iskat war entschlossen, sich dieses Vertrauens als würdig zu erweisen. Sie würde Sembers Befehle befolgen und sich ihre Lehren zu Herzen nehmen. Sie würde Teil des Teams sein, das Meister Kenobi rettete.
Trotzdem war da dieser hartnäckige Gedanke, der immer wieder den Schutzschild durchbrach, den sie um ihr Inneres errichtet hatte, ein lästiges, unerwünschtes Flüstern, das sie dazu zwang, sich zu fragen, was wohl passieren würde, wenn sie, statt sich zu sammeln und ihre Gefühle zu zügeln, die Kontrolle, um die sie so hart kämpfte, einfach aufgab und sich ganz der Macht hingab. Welche Stärke würde sie darin finden, sich so zu unterwerfen? Welche Kraft würde sie womöglich unter den Schichten der Repression finden, mit der sie sich tagaus, tagein herumschlagen musste? Was könnte sie dann wohl erreichen, jetzt, da sie richtigen Gegnern gegenüberstehen würde?
Sie umklammerte ihr Amulett und verbannte diesen Gedanken mit derselben Entschlossenheit aus ihrem Kopf, mit der sie die verführerische Stimme des Sith-Artefakts zum Schweigen gebracht hatte. So etwas zu denken, war gefährlich. Den Jedi-Kodex gab es nicht ohne Grund, und die Geschichte lehrte, dass diejenigen, die vom Pfad abwichen, oft ein tragisches Ende fanden. Wahre Größe erlangte man allein durch Frieden. Durch Wissen, Gelassenheit und Harmonie. Iskat wollte Größe erlangen und den Jedi Ehre machen. Abgesehen von Sember würden auch die anderen Meister sie bei dieser Mission genau im Auge behalten. Durchaus möglich, dass es Einfluss auf ihre Zukunft im Orden haben würde, wie gut sie sich hier schlug.
Das Shuttle ratterte, und die Triebwerke heulten auf, als sie zusehends langsamer wurden. Die Schwerkraft zerrte an Iskats Knochen. Das Metall unter ihren Stiefeln bebte, und als könnte sie bereits die heiße Sonne spüren, die draußen brannte, standen ihr Schweißperlen auf der Oberlippe. Sie waren jetzt dicht über der Oberfläche, und sie malte sich aus, dass sie, hätte sie durch das Sichtfenster schauen können, auf eine Welt aus Sand und Felstürmen hinausblicken würde, grellorange mit scharf umrissenen schwarzen Schatten.
Es war jetzt fast so weit.
Sie waren fast da.
Iskat hatte das Gefühl, als wäre sie drauf und dran, eine wichtige Linie zu überschreiten, so als würde diese Rettungsmission – die fast unweigerlich zu einer Schlacht auszuarten drohte – die Dinge für immer verändern, sowohl für die Jedi als auch für Iskat selbst.
Sie würde niemals vergessen, wie knapp das Jedi-Schülerturnier für sie ausgegangen war, wie grässlich sie sich gefühlt hatte, als sie darauf wartete, dass ein Meister sie als Padawan erwählen würde, bis im letzten Moment und zu Iskats großer Überraschung Sember vorgetreten war. Manchmal sorgte sie sich, dass sie aufgrund der fahrigen Lehrweise ihrer Meisterin und der Fehler, die sie in der Vergangenheit gemacht hatte, womöglich mehr Aufsicht und Anleitung brauchte als andere Padawane. Dass jeder wusste, dass Iskat als Jedi nicht gut genug war und irgendwann vermutlich einfach untergehen würde.
Aber dass es dazu kam, würde sie niemals zulassen!
Die Triebwerke des Shuttles heulten lauter, als sie zur Landung ansetzten, und Iskats Magen kribbelte vor Aufregung. Hätte sie doch nur einen Blick aus einem der Sichtfenster werfen und sich einen Eindruck von der bevorstehenden Schlacht verschaffen können! Man hatte sie zwar über Geonosis informiert und darüber, wie das Schwarmbewusstsein funktionierte, aber sie würden erst mit Bestimmtheit wissen, was sie hier erwartete, wenn sie unten auf dem Boden waren und genauere Anweisungen erhielten.
Nach dem dumpfen Ruck beim Aufsetzen stand das Schiff still. Die Tür glitt auf, und gleißende Helligkeit brandete in den Passagierraum voller nervöser Jedi in braunen Gewändern. Iskat hatte Mühe, ihren Brustgurt zu lösen, schaffte es dann aber doch, bevor sie die Schmach erdulden musste, sich von Sember beim Abschnallen helfen zu lassen. Als sie sich nach dem langen Sitzen aufrappelte, fühlten sich ihre Füße unangenehm taub an, doch sie hatte ihre Finger bereits um ihr Lichtschwert geschlossen.
Als alle Jedi aufgestanden waren, trat Meister Klefan Opus vor die offene Tür. Er war Askajianer, und für gewöhnlich sorgte er dafür, dass er maximal hydriert war, sodass seine Epidermalsäcke anschwollen, was ihn fröhlich wirken ließ und ihm gütige Fältchen in die Augenwinkel zauberte. Heute jedoch war sein Körper um einiges schlanker und agiler, und auch sein völlig verändertes Auftreten faszinierte Iskat. Sonst von ruhigem, sanftmütigem Naturell, umklammerte er jetzt entschlossen das Lichtschwert an seiner Seite. Er hielt einen Holoprojektor vor sich, und das flirrende Abbild von Mace Windu erschien, ebenfalls mit kampfbereitem Lichtschwert.
»Klefan Opus hier«, sagte der Meister. »Wir sind gelandet, ein Stück weiter nordwestlich.«
»Willkommen auf Geonosis«, entgegnete Meister Windu. »Wir benötigen Eure Hilfe beim Sichern der Arena, in der Count Dooku in Kürze Obi-Wan, Anakin Skywalker und Senatorin Padmé Amidala hinzurichten gedenkt.«
Im Innern des Shuttles ertönte raunendes Geflüster. Was machte Skywalker hier? Und wie war eine Senatorin in all das verwickelt?
»Begebt Euch zum nächstgelegenen Felsturm und arbeitet euch hoch zu den Tribünen«, fuhr Meister Windu fort. »Sucht nach Geschützen und Langstreckenwaffen und schaltet sie aus. Den Rest erledigen wir. Seid auf der Hut – und möge die Macht mit Euch sein.« Die Gestalt verschwand, und Klefan verstaute den Projektor wieder in einer Tasche.
Er ließ seinen Blick über die versammelten Jedi schweifen, die unterschiedlicher nicht hätten sein können – von einem sechzehnjährigen rodianischen Padawan bis hin zu dem weißhaarigen, aber immer noch höchst energiegeladenen arkanianischen Meister Theca, der Gerüchten zufolge weit über zweihundert Jahre alt sein sollte, war so ziemlich alles dabei –, und nickte zustimmend. »Ihr habt unsere Befehle gehört. Padawane, bleibt bei euren Meistern. Verteidigt euch, wenn ihr müsst, aber handelt nicht unüberlegt! Vergesst nicht: Dies ist eine Rettungsmission! Wir sind auf der Suche nach Langstreckenwaffen.« Er sah sich im Shuttle um und machte eine Bestandsaufnahme. Als sein Blick auf Iskat fiel, schien es, als würden sich seine Augen für eine Millisekunde ein wenig verengen, aber das war gewiss nur Einbildung. »Und möge die Macht mit euch sein.«
Er wandte sich um und eilte die Rampe hinunter, und die Jedi folgten ihm.
»Konzentrier dich darauf, deine Gefühle zu kontrollieren«, sagte Meisterin Sember leise, während sie darauf warteten, ebenfalls von Bord zu gehen. »Der Frieden, nach dem du strebst, ist in dir. Vertraue auf dich selbst, aber gib dich nicht deinen Emotionen hin, mein Padawan.«
Iskats Blut pochte in ihren Ohren, als sie die Rampe hinunterlief und Sembers schwingender Robe folgte. Sie befanden sich in einer Wüste mit rötlichem Sand und grellem Sonnenlicht. Hohe Felstürme ragten wie schmelzende Kerzen in den Himmel empor, und irgendwo in der Nähe brummte und brüllte und schrie eine aufgeregte Menge. Die Luft fühlte sich an, als wäre sie aufgeladen von Blitzen, obwohl der Himmel klar war.
»Aber wo sind die Geonosianer?«, fragte sie Sember, als sie Seite an Seite nebeneinander herliefen.
»Dachtest du, die würden einfach hier draußen im offenen Gelände auf uns warten?«, erwiderte ihre Meisterin. »Klefan wird uns dort hinführen, wo wir hinmüssen.«
Tatsächlich lotste Meister Klefan die Jedi zielsicher zu einer Öffnung in der Basis von einem der Türme. Iskat registrierte, dass alle Jedi ihre Lichtschwerter aktivierten, bevor sie durch das Loch in den dunklen Tunnel dahinter kletterten. Blaue und grüne Lichtklingen verschwanden in den Schatten, als Iskat über den heißen Sand lief und die Hitze ihre Stiefelsohlen durchdrang, während sie ihrer Meisterin folgte. Sie war schon öfter auf Wüstenplaneten gewesen, und obwohl sie sich nicht an ihre Heimat erinnern konnte, an den Planeten, von dem sie ursprünglich kam, wusste sie instinktiv, dass sie unmöglich von einem solchen Ort stammen konnte. Schon nach diesen wenigen Minuten schwitzte sie, und dort, wo ihr langes Haar zu einem dichten Zopf geflochten war, juckte es sie im Nacken.
Doch das spielte keine Rolle. Sie musste sich konzentrieren.
Es gibt keine Gefühle – nur Frieden.
Meisterin Sember blieb an der Tür des Felsturms stehen, aktivierte ihre blaue Lichtklinge und nickte Iskat zu, die gehorsam den Schalter an ihrem grünen Lichtschwert betätigte und sich hineinschlich. Sie bewegten sich eine enge Wendeltreppe hinunter, die Dunkelheit nur vom Schein ihrer Waffen erhellt. Iskat wusste, dass die Geonosianer ein insektoides Volk waren, das sich wahrscheinlich mit anderen Sinnen als dem Sehsinn orientierte. Ihre Ohren verrieten ihr, dass diese Treppe lang war und tief unter die Erde führte, jedenfalls den Geräuschen nach zu urteilen, die als Echo zu ihr zurückkamen. Meister Ansho ging hinter ihr, dann Tualon, und sie war dankbar dafür, an diesem seltsamen, fremdartigen Ort von so mächtigen Jedi umgeben zu sein.
Schließlich mündete die Wendeltreppe in einen hohen Gang mit komplexen architektonischen Mustern, fast wie in einem Tempel. Ein Metallgitter bildete den Boden, und die Jedi gaben keinen einzigen Laut von sich, als sie sich verteilten und weiter Meister Klefan folgten. Iskat war noch immer zwischen Sember und Ansho, denn die Meister hatten sich automatisch zwischen den weniger erfahrenen Padawanen postiert. Fvorn war ganz in der Nähe, zusammen mit seinem Freund Zeeth und ihren jeweiligen Meistern. Charlin und Onielle gehörten zwar ebenfalls zu ihrer Gruppe, aber glücklicherweise befanden sie sich nicht in Iskats unmittelbarer Nähe. Gewiss, Jedi sollten eigentlich nicht nachtragend sein, aber Iskat nahm an, wenn sie es war, bestand durchaus die Möglichkeit, dass die anderen es ebenfalls waren, und sie war froh, ein wenig Abstand zu den beiden Padawanen zu haben, die wahrscheinlich immer noch von den blauen Flecken gezeichnet waren, die sie ihnen unlängst zugefügt hatte.