Starkes Finnland - Timo Nieminen - E-Book

Starkes Finnland E-Book

Timo Nieminen

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Beschreibung

Martin Hirth, ein wohlhabender Junggeselle, lebt ein Leben ohne Richtung, getrieben wie ein Stück Holz in einem unendlichen Fluss. Die Leere seines Daseins lastet schwer auf ihm, bis er auf Roland Quinten trifft, einen 100-jährigen, scharfsinnigen Denker, der ihm den Mut einflößt, seinen Alltag zu durchbrechen. Gemeinsam schmieden sie den kühnen Plan, Finnlands politische Landschaft zu verändern – und Martin lässt sich darauf ein, eine politische Karriere zu beginnen. Mit seiner Partei "Starkes Finnland" gelingt Martin der Durchbruch. Seine charismatischen Reden und seine kompromisslosen Ideen polarisieren das Land. Er wird zur Stimme der Frustrierten, aber auch zur Zielscheibe seiner Gegner. Die politischen Spannungen eskalieren in Gewalt, und ein prominenter Gegner seiner Bewegung wird ermordet. Die Schuldfrage hängt wie ein Damoklesschwert über Martin, während Jussi Linnrös, Helsinkis hartnäckiger Hauptkommissar, die Ermittlungen aufnimmt. Martin gerät ins Visier der Polizei, doch dank seines Scharfsinns und seiner unerschrockenen Strategie gelingt ihm die Flucht vorzeitig. Der politische Aufstieg bringt jedoch nicht nur Ruhm, sondern auch schwere Rückschläge. Intrigen und Verrat zwingen ihn, seine Loyalitäten und seinen eigenen moralischen Kompass zu hinterfragen. Als sich die Schlinge um ihn immer enger zieht, sieht Martin schließlich selbst dem Tod ins Auge. In einem unerwarteten Twist verbindet sich sein Schicksal mit dem von Linnrös, dem Mann, der ihn zu Fall bringen wollte. Doch die Frage bleibt: Kann der Kommissar Martin wirklich retten – und will er das überhaupt? Ein packender Thriller über Macht, Moral und die schmalen Grenzen zwischen Held und Bösewicht.

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Starkes FinnlandEin Fall für Jussi Linnrös

Timo Nieminen

Copyright © 2025 Timo Nieminen

Alle Rechte vorbehalten.

ISBN: Auf der Rückseite

WIDMUNG

Ein herzliches Dankeschön geht an alle, die mich auf meiner Reise als Autor begleitet haben. An meine Familie und Freunde, die immer an mich geglaubt und mich inspiriert haben – euer Rückhalt und eure Geduld bedeuten mir alles. Ein besonderer Dank gilt meinem Verlag und meinem Lektorenteam, die mit scharfem Blick und klugem Rat diesen Krimi erst zum Leben erweckt haben. Auch möchte ich meinen Lesern danken: Ohne euch wäre diese Geschichte nur ein leeres Blatt Papier. Danke, dass ihr meinen Figuren Leben einhaucht und mir die Möglichkeit gebt, mit meinen Geschichten Teil eurer Welt zu werden

1

Es war das Jahr 1945. Der Krieg war zu Ende, und der Himmel über Europa war erfüllt von einer trügerischen Stille. Die Alliierten hatten triumphiert, doch über den nördlichen Weiten Finnlands tobte ein anderes Drama. Ein kleines Flugzeug, ein deutsches Transportmodell der Junkers Ju 52, kämpfte gegen die tobenden Winde eines arktischen Sturms. Die Maschine, mit Gold beladen, war das Fluchtvehikel von Martin Hirth, einem idealisierten „Arier“ mit blonden Haaren und kaltem Blick, und seinem besten Freund, Tim Schütte, einem ebenso überzeugten Nazi.Die beiden Männer, in ihren Uniformen und voller verzweifelter Entschlossenheit, trieb die Angst vor der alliierten Vergeltung nach Norden. Während der Flug Martin fast die Nerven raubte – seine Flugangst ließ ihn an seinen eigenen Idealen zweifeln – versuchte Tim verzweifelt, die Kontrolle über das Flugzeug zu behalten. Doch der Nebel wurde dichter, die Turbulenzen stärker. In der Ferne ragten schneebedeckte Bäume auf, während die Maschine ruckartig absackte. Ein letzter Versuch, die Kontrolle zu behalten, scheiterte. Mit einem ohrenbetäubenden Knall schlug das Flugzeug auf die Eisschicht des Inari-Sees auf, durchbrach die Oberfläche, und verschwand in den kalten, dunklen Tiefen.Tim schlug mit dem Kopf gegen das Armaturenbrett und wurde bewusstlos, während Martin, trotz seiner Panik, die Kontrolle übernahm. Das eisige Wasser drang ein und schnitt wie Messer in seine Haut. Er löste Tims Sicherheitsgurt mit zitternden Fingern, zog ihn heraus, und kämpfte sich mit einem Arm durch die Kälte nach oben. Ihre Köpfe tauchten durch das Eisloch auf, Martin zog Tim auf die zerbrechliche Eisschicht und brach selbst fast zusammen. Beide lagen regungslos, während die Kälte ihren Körpern gnadenlos zusetzte.Doch sie hatten Glück. Sami-Nomaden, die in der Nähe Rentierschlitten lenkten, hatten den Absturz gesehen. In ihren dicken Pelzen und mit unnachgiebigem Pragmatismus schoben sie die halberfrorenen Männer auf ihre Schlitten. Die Reise führte sie durch eine unendliche, weiße Landschaft, bis das kleine Dorf erreicht war. Dort, in einem Zelt mit einem prasselnden Feuer in der Mitte, wurden Martin und Tim auf weiche Betten gelegt. Das Feuer, Symbol für das Überleben, reflektierte auf ihren durchnässten Uniformen und ihren fiebernden Gesichtern.Tim erlangte das Bewusstsein langsam wieder, starrte Martin an, der mit glasigem Blick auf das flackernde Feuer starrte. Er hatte sein Leben gerettet, aber welche Bedeutung hatte ein solches Heldentum in einer Welt, die von Chaos und Ideologien zerrissen war? Vielleicht war ein Held, wie Martin dachte, nur jemand, der im Moment des Schreckens keine Wahl hatte.Die Sami, ein indigenes Volk des Nordens, sprachen eine Sprache, die für Martin und Tim völlig fremdartig klang. Ihre Sprache, Sami, gehört zur finno-ugrischen Sprachfamilie und unterscheidet sich stark von den indogermanischen Sprachen wie Deutsch. Der Klang der Sami-Sprache ist melodisch, geprägt von vielen Vokalen, die durch stimmhafte und stimmlose Konsonanten ergänzt werden. Die Intonation ist weich, und die Struktur der Sprache enthält zahlreiche Fälle, die komplexe Beziehungen innerhalb eines Satzes ausdrücken können. Für Martin und Tim wirkte es wie ein geheimnisvolles Flüstern, das die tiefe Verbindung der Sami zu ihrer Umgebung widerspiegelte.Die Deutschen hingegen konnten sich nur untereinander verständigen, was die Kommunikation mit den Sami erschwerte. Doch die Herzlichkeit und Gastfreundschaft der Sami überwanden diese Barriere. Sie gaben Martin und Tim Kleidung aus Rentierleder und Wolle – praktische, wetterfeste Kleidung, die jedoch die beiden Männer wie Kinder in einem Kostümspiel erscheinen ließ. Ihre europäischen Gesichter, die weit entfernt waren von den Merkmalen der Sami, unterstrichen diese skurrile Erscheinung. Sie sahen aus, als hätten sie sich für eine Faschingsfeier als „Indianer“ verkleidet, ein Kontrast, der sowohl die Sami als auch die Männer selbst amüsierte.Trotz der äußeren Absurdität fanden Martin und Tim in der Kleidung nicht nur Schutz vor der Kälte, sondern auch einen Moment der Menschlichkeit – eine Möglichkeit, die Last der Vergangenheit abzulegen, wenn auch nur für einen Augenblick. Martin und Tim hockten in der kleinen Hütte der Sami, die von den beißenden Winden der eisigen Tundra umgeben war. Auf dem rauen Holztisch lag eine provisorische Karte, die Martin mit mühsam entliehenem Papier und einem Stück Holzkohle skizziert hatte. Er deutete mit einem Finger auf einen Punkt mitten im Inari-See.„Hier ist es“, sagte er, die Stirn in Falten gelegt. „Genau hier sind wir abgestürzt. Das Flugzeug… das Gold… alles liegt dort.“Tim sah ihn mit einer Mischung aus Unglauben und Bewunderung an. „Martin, ich bewundere ja deinen Optimismus, aber wir sind hier gestrandet, mitten im Nirgendwo, ohne Geld, ohne Verbündete. Und, falls du es vergessen hast: Der Krieg ist vorbei. Wir sind keine Soldaten mehr, sondern Kriegsverbrecher.“ Martin lehnte sich zurück und hielt mit einem triumphierenden Grinsen eine Handvoll glitzernder Diamantringe hoch, die er offenbar aus einem Geheimfach in seiner Uniform geborgen hatte. „Damit kommen wir überall hin, Tim. Amerika, Südamerika… was du willst.“Tim schüttelte den Kopf, dann begann er zu lachen, ein tiefes, fast befreites Lachen. „Du bist ein verdammtes Genie, Martin. Ein dreckiger, hinterhältiger Hund, aber ein Genie.“„Richtig“, sagte Martin mit einem schiefen Grinsen. „Wir verkaufen die Dinger, kaufen uns neue Identitäten und fahren auf einem Dampfer nach Amerika. Von dort aus planen wir unsere Rückkehr, um das Gold zu bergen. Niemand wird uns aufhalten.“Tim Schütte war ein Mann, der nicht viel auf Zurückhaltung gab, und seine Worte kamen so direkt und ungeschönt aus ihm heraus, dass sie wie Schläge wirkten. Seine Emotionen lagen immer offen – oft zu offen – und heute war keine Ausnahme. Er stand da, die Schultern angespannt, die Hände tief in den Taschen seines abgetragenen Mantels vergraben, und seine Stimme bebte vor einem Gemisch aus Wut, Trotz und einer Spur von Verzweiflung.„Keine zehn Pferde bringen mich nach Amerika!“ rief er, wobei seine Stimme lauter wurde, als er das Wort „Amerika“ aussprach. Es war, als ob allein die Idee dieses fernen Landes ihn zum Kochen brachte. Seine Augen funkelten vor Zorn, und seine Stirn legte sich in tiefe Falten. „Ich lass doch das Gold nicht hier in dieser Eiswüste!“ Er sprach das Wort „Eiswüste“ mit einer solchen Verachtung aus, dass man hätte meinen können, er stünde mitten in der Arktis, obwohl die Temperatur gar nicht so kalt war.Dann zog er scharf die Luft ein, seine Wangen wurden rot, und er fuhr mit einem Ton fort, der eine Mischung aus Sarkasmus und echter Sorge war: „Und lass mir von den Sami das Gold klauen?“ Das Wort „Sami“ betonte er so, als ob er damit alles ausdrücken wollte, was ihm an der Situation missfiel. Seine Hände fuhren aus den Taschen und gestikulierten wild in die Luft, während er sprach. „Die haben doch auch gesehen, dass wir in den Inari-See eingebrochen sind!“Tim starrte in die eisige Dunkelheit außerhalb des Fensters, wo die Tundra sich endlos erstreckte. Der Gedanke an das Gold und eine neue Zukunft flackerte wie ein kleiner Funke Hoffnung in ihm auf. Doch der Weg dorthin, durch das eisige Unbekannte und die Schrecken der Nachkriegszeit, würde mehr als nur ein bisschen Glück erfordern. Martin und Tim entschieden, Finnland zu ihrem neuen Zuhause zu machen, getrieben von ihrer Angst, als Kriegsverbrecher entdeckt zu werden, und ihrem unerfüllten Wunsch, das im See versunkene Gold zu bergen. Ihre Ankunft in der Stadt Rovaniemi, am Rande des Polarkreises, markierte den Beginn eines Lebens im Verborgenen. Sie fanden eine bescheidene Unterkunft und lebten zunächst von den wenigen Ressourcen, die ihnen geblieben waren.Mit der Zeit erkannte Martin, dass seine handwerklichen Fähigkeiten ein Schlüssel zum Überleben sein könnten. Tim, der immer nach vorne blickte, motivierte Martin, etwas aufzubauen. In Helsinki nahmen sie den riskanten Schritt, die Diamantringe in Bargeld umzuwandeln. Dafür brauchten sie einen Mittelsmann, der bereit war, diese Aufgabe diskret zu übernehmen. Mit den erworbenen Mitteln starteten sie ihr Geschäft.Martin und Tim gründeten ein Unternehmen, das sie „Paimentaja“ (finnisch für „Hirte“) nannten. Sie begannen, Anhänger zu bauen, zunächst für den lokalen Bedarf in der ländlichen Umgebung von Lappland. Diese Anhänger wurden vermietet und später verkauft. Ihre Designs waren einfach, robust und ideal für die schwierigen klimatischen Bedingungen Finnlands geeignet.Das Geschäft wuchs allmählich, und ihre Produkte fanden Abnehmer im ganzen Land. Beide achteten jedoch akribisch darauf, nicht aufzufallen. Sie mieden auffälligen Luxus und integrierten sich in die lokale Gemeinschaft, ohne viel Aufmerksamkeit zu erregen. Martin konzentrierte sich auf die Produktion, während Tim, der ehrgeizige Geschäftsmann, die Kontakte knüpfte und die Verkäufe organisierte.Für die beiden Männer war ihr Erfolg nicht nur eine Frage des Überlebens, sondern auch eine Möglichkeit, sich ein neues Leben aufzubauen, fernab von ihrer düsteren Vergangenheit. Dennoch war ihr Traum vom Gold niemals vergessen – tief in ihren Herzen wussten sie, dass sie eines Tages zurückkehren mussten, um den Schatz zu bergen. Doch bis dahin bot „Paimentaja“ ihnen die Tarnung, die sie so dringend benötigten. Eines kalten Abends betraten Tim und Martin ein kleines, gemütliches Lokal in Rovaniemi. Der Duft von Eintopf und gebackenem Brot erfüllte den Raum, und die wenigen Gäste unterhielten sich leise. Die Beiden bestellten Suppe, die nach einer Spezialität des Hauses klang. Doch kaum hatte Tim den ersten Löffel probiert, verzog er das Gesicht und ließ seinen Ärger freien Lauf.„Was für ein Schweinefraß!“ schimpfte er laut, seine Stimme hallte durch den Raum. Er sprach mittlerweile recht gut Finnisch, was die Blicke der anderen Gäste nur noch mehr auf ihn zog. Ehe Martin eingreifen konnte, warf Tim den Teller zu Boden, wobei die Suppe in alle Richtungen spritzte. Die Unterhaltung im Lokal verstummte, und alle Augen richteten sich auf die beiden Männer.Martin sprang auf, um die Situation zu retten. Er entschuldigte sich wiederholt bei den Gastgebern, sammelte Scherben auf und bezahlte großzügig für den Schaden. Doch innerlich brodelte er. Draußen, im kalten Schnee, platzte ihm der Kragen.„Willst du, dass wir auffliegen, Schütte?“ fauchte er und zog die Schultern gegen die eisige Kälte hoch.„Was kann ich denn dafür, wenn die hier so einen Fraß vorsetzen?“ konterte Tim, dessen Temperament ihm immer wieder im Weg stand. Martin hasste diese cholerische Ader seines Freundes, die ihn schon in der Vergangenheit in Schwierigkeiten gebracht hatte.Ohne ein weiteres Wort stapften sie durch den tiefen Schnee zurück zu ihrem bescheidenen Zuhause. Das frostige Schweigen zwischen ihnen war so kalt wie die Nachtluft, die ihnen ins Gesicht schnitt. Es war ein Moment, in dem die Spannungen zwischen den beiden Männern überdeutlich wurden – und eine Erinnerung daran, wie zerbrechlich ihre Tarnung in diesem fremden Land war. Martin Hirth und Tim Schütte saßen in ihrer kleinen Hütte in Rovaniemi, die von knisterndem Holz beheizt wurde, und starrten eine grob gezeichnete Karte an. Darauf hatten sie die genaue Stelle im Inari-See markiert, an der das Flugzeug und ihr kostbares Gold auf dem Grund lagen. Die beiden grübelten stundenlang, wie sie die immense Herausforderung meistern könnten, das Gold aus dem eisigen Wasser zu bergen.„Wir brauchen Taucher“, sagte Martin schließlich und brach die Stille. „Gute Taucher. Aber vor allem welche, die die Klappe halten können.“Tim nickte, doch sein ungeduldiges Wesen machte ihn rasch unruhig. „Aber wie? Wer würde uns helfen, ohne Fragen zu stellen? Und wo sollen wir jemanden finden, der keine Skrupel hat?“Martin, der ruhigere und strategisch denkende von beiden, begann einen Plan zu entwickeln. Doch es gab zwei offensichtliche Probleme: Er selbst hatte starke Platzangst und konnte sich nicht vorstellen, in die Tiefe zu tauchen. Tim hingegen war zu ungeschickt und unsportlich, um die Aufgabe zu übernehmen.„Es ist aussichtslos, das alleine zu schaffen“, meinte Tim und schnaubte frustriert. „Wir müssen jemanden anheuern.“„Jemanden, der keine Fragen stellt“, ergänzte Martin. „Und wir haben Zeit – bis zum Frühling, wenn das Eis geschmolzen ist. Bis dahin überlegen wir uns, wie wir die Sache angehen.“Die eisige Kälte draußen und die Aussicht auf Monate des Wartens lasteten schwer auf ihnen. Sie wussten, dass ihr Gold in greifbarer Nähe war, doch ohne Hilfe war es für sie unerreichbar. Der Gedanke an den drohenden Frühling machte sie zugleich hoffnungsvoll und nervös, denn die Schmelze würde ihre einzige Chance auf die Bergung sein. Martin und Tim wussten, dass sie für ihren Plan nur Männer brauchen würden, denen sie vertrauen konnten und die die nötige Erfahrung mitbrachten. Nach intensiver Recherche in den Dörfern und durch diskrete Gespräche fanden sie Olli Peltonen und Pekka Orava – zwei Männer mit der richtigen Mischung aus Verzweiflung, Fertigkeit und Diskretion.Olli war ein kräftig gebauter Mann, dessen rauer, wettergegerbter Ausdruck von der harten Arbeit auf dem elterlichen Bauernhof zeugte. Der Hof war sein Erbe, nachdem sein Vater im Krieg gefallen war. Doch das Leben nach dem Krieg war entbehrungsreich: Grundnahrungsmittel waren knapp, und er kämpfte täglich darum, seine Familie durchzubringen. Während des Krieges hatte Olli als Matrose auf finnischen U-Booten gedient. Diese Erfahrung machte ihn zu einem hervorragenden Taucher, der sich unter schwierigen Bedingungen zurechtfand. Trotz der Friedenszeit vermisste er die Kameradschaft und den Zweck, den der Krieg mit sich brachte, auch wenn er froh war, die Schrecken hinter sich gelassen zu haben.Pekka war Ollis engster Freund und hatte wie er eine militärische Ausbildung genossen, jedoch nicht in der Marine, sondern als Taucher in einer Spezialeinheit der finnischen Armee. Er war etwas kleiner und drahtiger als Olli, mit einem schelmischen Lächeln und einer unerschütterlichen Ruhe, die ihn zu einem perfekten Partner für gefährliche Unternehmungen machte. Pekka war ein Mann, der gerne Risiken einging, und sah in dem Vorhaben eine Gelegenheit, etwas Aufregung in die Nachkriegszeit zu bringen – und nebenbei ein dringend benötigtes Einkommen zu verdienen.Tim, der sich um die Ausrüstung kümmern sollte, musste improvisieren, da moderne Tauchausrüstung noch rar war und es in Finnland kaum Zugang zu hochwertigem Material gab. Die Tauchausrüstung bestand aus den üblichen Komponenten:Grobe Anzüge aus schwerem Gummi, die hauptsächlich gegen Kälte schützen sollten. Sie waren an den Handgelenken und am Hals mit Metallschellen verschlossen, um das Eindringen von Wasser zu verhindern.Große, kuppelförmige Helme aus Messing und Glasfenstern. Diese waren mit Luftschläuchen verbunden, die von einer manuellen Pumpe an der Oberfläche betrieben wurden. Handbetriebene Pumpen sorgten für die Luftversorgung. Diese Geräte waren oft klobig und anfällig, sodass es bei einem Defekt lebensgefährlich werden konnte.Um die Taucher unter Wasser stabil zu halten, wurden schwere Bleigewichte an ihren Anzügen befestigt, insbesondere an der Brust und an den Schuhen.Die Taucher mussten mit Handzeichen oder Leinen an der Oberfläche kommunizieren. Die Ausrüstung war alles andere als sicher und würde im eisigen Wasser des Inari-Sees ihre Belastbarkeit testen. Doch Olli und Pekka waren bereit, das Risiko einzugehen – vor allem, da Martin und Tim ihnen eine gute Bezahlung und Versorgung mit Lebensmitteln zusicherten. Die Vorbereitungen waren getroffen, und nun warteten sie alle nur noch auf den Frühling, der das Eis schmelzen lassen würde und die Bergung des Goldes möglich machte. Die Vorbereitungen waren abgeschlossen, als Schütte ein Schiff organisierte, das sie für die Bergung auf dem Inari-See nutzen würden. Das Boot war eine betagte, aber robuste Konstruktion, die in den 1920er Jahren gebaut worden war. Es hatte eine Länge von etwa 12 Metern und einen flachen Rumpf, der perfekt für die Navigation auf den finnischen Seen geeignet war. Der Antrieb erfolgte über einen knatternden Dieselmotor, der zwar alt, aber zuverlässig war. Auf dem Deck befand sich ausreichend Platz für die gesamte Ausrüstung, die sie für die Tauchmission benötigten.Atso, ein 70-jähriger Seebär aus Rovaniemi, war der Kapitän des Schiffes. Er war klein und drahtig, mit wettergegerbtem Gesicht und tiefen Falten, die von einem langen Leben im Freien zeugten. Atso war ein Mann weniger Worte, aber seine Augen leuchteten auf, wenn er über den See sprach, den er besser kannte als jeder andere. Er hatte sein Leben lang auf dem Inari-See verbracht und kannte jeden Stein, jede Untiefe und jede Strömung. Sein Zuhause war eine kleine Hütte in Rovaniemi, gefüllt mit alten Navigationsinstrumenten, Karten und Erinnerungen an vergangene Zeiten.Als der Frühling endlich nach Lappland kam, schmolz das dicke Eis des Inari-Sees langsam dahin. Die Temperaturen stiegen, und die kalten, klaren Tage wichen wärmeren mit dem Duft von tauendem Schnee in der Luft. Die Bäume in den umliegenden Wäldern begannen, Knospen zu tragen, und die ersten Vögel kehrten zurück, um das Ende des langen Winters zu verkünden. Das Licht wurde heller, die Nächte kürzer, und der See, der über Monate hinweg von Eis bedeckt gewesen war, begann, sich in einem tiefen Blau zu spiegeln.Martin und Schütte hatten die gesamte Tauchausrüstung auf einem selbstgebauten Anhänger befestigt. Der Anhänger bestand aus stabilen Holzbrettern und wurde mit Metallbändern verstärkt. Zwei kräftige Finnpferde, bekannt für ihre Zähigkeit und Stärke, zogen den Wagen. Der Weg zum Inari-See war beschwerlich, mit schlammigen Pfaden, die durch die Schneeschmelze schwer zu passieren waren. Doch Schritt für Schritt kamen sie voran, begleitet von den dumpfen Hufschlägen der Pferde und dem Quietschen der Räder.Nach einer mehrtägigen Reise erreichten sie schließlich den See. Gemeinsam luden Martin, Schütte, Olli und Pekka die Ausrüstung auf das wartende Schiff. Atso überwachte alles mit kritischem Blick und half, die Ladung gleichmäßig zu verteilen. Als sie fertig waren, holte Martin die Karte hervor und zeigte auf die markierte Stelle, an der das Flugzeugwrack liegen sollte. Atso nickte kurz, studierte die Karte und sagte in seinem knappen Stil: „Kein Problem.“ Mit einem lauten Grollen des Motors setzte sich das Schiff in Bewegung. Sie fuhren durch das nun klare Wasser des Inari-Sees, bis Atso an der markierten Stelle den Anker ins Wasser warf, bereit für die gefährliche Mission, die vor ihnen lag.Olli und Pekka begannen, ihre Tauchausrüstung anzuziehen, während Martin und Schütte die Pumpen kontrollierten. Die Taucheranzüge bestanden aus schwerem Gummi mit verstärkten Nähten, und die Helme waren aus Messing, mit Sichtfenstern aus dickem Glas. Luftschläuche führten von den Helmen zur Handpumpe auf dem Deck. Die beiden Taucher überprüften sorgfältig ihre Verbindungen und Sicherungen, bevor sie sich bereit machten.Langsam ließen Martin und Schütte Olli und Pekka mit einem improvisierten Seilzug ins Wasser. Die Taucher verschwanden in den kalten, dunklen Tiefen des Sees. Martin und Schütte drehten gleichmäßig an den Pumpen, um die Taucher mit Luft zu versorgen, während Atso die Ankerwinde überprüfte und das Boot ruhig hielt.Unter Wasser bewegten sich Olli und Pekka vorsichtig auf den Grund des Sees zu. Der schlammige Boden wurde allmählich sichtbar, und dort lag das Wrack des Flugzeugs – eine deformierte, von Algen und Schlamm bedeckte Hülle. Teile des Rumpfes waren zerbrochen, und der Propeller ragte schräg in den Boden. Das Innere des Flugzeugs war erkennbar, wenn auch vom Absturz gezeichnet.Neben dem Wrack lagen verstreut einige goldene Barren, die im diffusen Licht leuchteten. Olli und Pekka folgten den Spuren zum Rumpfinneren und entdeckten die Kisten, die sicher gestapelt und fast unversehrt waren. Sie öffneten eine der Kisten vorsichtig und sahen die glänzenden Goldbarren, fein säuberlich in Reihen gestapelt. Beide starrten ungläubig auf den Schatz.Sie befestigten Seile an den ersten Kisten, die schwer waren, aber im Wasser leichter wirkten. Oben zogen Martin und Schütte die Kisten mit einer Winde hoch, während Atso das Gleichgewicht des Bootes überwachte. Nach harter Arbeit hatten sie zehn Kisten geborgen und beschlossen, eine Pause einzulegen.Die Taucher kamen zurück an Bord, wo Martin ihnen Decken reichte, und sie aßen eine einfache Mahlzeit aus Brot und getrocknetem Fisch, um ihre Kräfte zu erneuern. Nachdem sie sich erholt hatten, kehrten Olli und Pekka ins Wasser zurück, um die restlichen Kisten zu holen.Bei der Bergung der letzten Kisten begann plötzlich eine der Pumpen zu haken. Die Luftzufuhr wurde unregelmäßig, und Pekka machte unter Wasser hektische Zeichen. Panik brach aus. Martin und Schütte drehten wie verrückt an den Pumpen, aber die Luftversorgung blieb instabil. Atso sprang ein, half, die Seile zu ziehen, und gemeinsam schafften sie es, Olli und Pekka nach oben zu holen.Die beiden Taucher lagen keuchend auf dem Deck, das Wasser tropfte aus ihren Anzügen. Alle auf dem Boot waren erschöpft, aber sie hatten es geschafft. Der Schatz war geborgen, und ein beinahe tödliches Unglück war abgewendet. Der Inari-See lag still und friedlich unter dem schwindenden Licht des Frühlingshimmels, als das Boot mit seiner wertvollen Ladung langsam zum Ufer zurückkehrte.Atso nahm seine Kiste Goldbaren mit einem dankbaren Lächeln entgegen. Es war sein Schweigegold, ein Preis, den er bereitwillig akzeptierte. Er beobachtete, wie Olli, Pekka, Schütte und Martin die übrigen Kisten vorsichtig auf den Anhänger luden. Die Tauchausrüstung, die sie nun nicht mehr brauchten, blieb auf Atsos Boot zurück – ein kleiner Preis für seine Unterstützung.Die Männer kehrten mit ihrer wertvollen Fracht auf dem klappernden Anhänger zurück nach Rovaniemi. Der Anhänger, schwer beladen mit den Kisten voller Goldbarren, wurde von den zwei kräftigen Finnpferden gezogen, die auch auf den unebenen Wegen des finnischen Frühlings zuverlässig ihren Dienst taten. Das Holz des Wagens ächzte bei jedem Ruckeln, doch die Männer schwiegen, in Gedanken versunken. Die Dunkelheit um sie herum war dicht, und nur das ferne Rufen einer Eule und das gelegentliche Schnaufen der Pferde brachen die Stille. Die eisige Nachtluft wehte ihnen ins Gesicht, doch die Männer spürten die Last des Goldes mehr als die Kälte – eine schwere Bürde, die gleichermaßen Segen und Fluch sein könnte.Als sie den Hof von Olli erreichten, hielten sie an. Olli, der immer noch schmutzige Kleidung vom Tauchen trug, sprang vom Wagen. Pekka folgte, einen Blick über die Schulter werfend, als wollte er sicherstellen, dass niemand sie beobachtete. Auf Ollis Hof war alles still; der Mond war die einzige Lichtquelle. Sie luden jeweils eine Kiste Gold für Olli und Pekka ab und verstauten sie in Ollis Scheune, verborgen unter einem Stapel Heu. Beide Männer schüttelten Schütte und Martin fest die Hände, ein stilles Versprechen, das Geheimnis zu wahren. Dann zogen Martin und Schütte weiter, während Olli und Pekka in die Dunkelheit ihrer Heimat eintauchten, ihre Köpfe schwer von Gedanken und die Hände schwer von Reichtum.