Impressum
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://www.d-nb.de abrufbar.
Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Film, Funk und Fernsehen, fotomechanische Wiedergabe, Tonträger, elektronische Datenträger und -auszugsweisen Nachdruck, sind vorbehalten.
© 2011 novum publishing gmbh
ISBN Printausgabe: 978-3-85022-785-8
ISBN e-book: 978-3-99026-432-4
Lektorat: Bianca Ziegler
Gedruckt in der Europäischen Union auf umweltfreundlichem, chlor- und säurefrei gebleichtem -Papier.
www.novumpro.com
AUSTRIA · GERMANY · HUNGARY · SPAIN · SWITZERLAND
Einleitung
Macht hat viele Gesichter
Das Streben nach Macht ist uns eigen
Die stärkste Macht liegt im Verborgenen
Vorwort
Vieles ist zu unfassbar, als dass man es einfach niederschreiben könnte. Vielleicht sollte es auch verborgen bleiben, denn der menschliche Verstand nimmt nur jene Dinge zur Kenntnis, welche ihm geläufig sind. Deshalb schreibe ich dieses Buch als Roman.
Es bleibt dem einzelnen Leser überlassen, zu beurteilen, was er als Tatsache anerkennen möchte.
Danksagungen
Mein Dank gebührt in erster Linie Linda, welche mich mit großer Geduld und Ausdauer bei meinen Fahrten und Abenteuern begleitete und immer eine Flasche Wasser dabei hatte.
Dank auch an Werner, Apollo und Gero, welche mich tatkräftig bei meiner Suche unterstützt haben.
Vor allem aber drücke ich Bard, dem Künstler aus Farafra, großes Lob aus, da er mir mit seiner bescheidenen, liebenswerten Art die Zusammenhänge vor Augen geführt hat.
Der Fischer Raghab hat mich letztendlich zur richtigen Zeit zum richtigen Ort gebracht.
Sheik Momammed Abdul Jussuf, Allah möge ihn beschützen, wies mir den Weg zum Berg der Bilder.
Für hilfreiche Unterstützung gilt mein Dank Franz, dem Manager vom Sheraton Hotel Soma Bay in Ägypten.
Der General lieferte mir schließlich den Beweis für das Unmögliche …
Kapitel I – Griechenland Oktober 1941
Ein regnerischer Oktobertag in der Ägäis ging zu Ende. Tiefe Wolken verdeckten den Himmel an der griechischen Küste. Die Schaumkronen des aufgewühlten Meeres und die raue Gischt der Brandung verstärkten den düsteren Eindruck des ungemütlichen Herbstwetters.
In den Baracken des kleinen Feldflugplatzes Kalamaki, nahe Piräus, brannte bereits Licht, als der Einsatz-befehl an die beiden dort stationierten HE 111 Bombenflugzeuge der 4. Gruppe des 26. Kampfgeschwaders der deutschen Wehrmacht einging. Das Geschwader führte einen sitzenden roten Löwen mit dem Wahlspruch „Vestigium leonis“ – „Die Spur des Löwen“ – im Wappen und wurde daher auch das Löwengeschwader genannt. Dem Piloten, Leutnant Jansen, blieben gerade noch dreißig Minuten, um mit dem Flugzeugführer der anderen Maschine die Route zu besprechen. Als erster Zwischenstopp sollte der gerade erst kürzlich errichtete Feldflugplatz von Iraklion auf Kreta angeflogen werden. Dort würden Zusatztanks aufgenommen und nochmals vollgetankt werden. Die Reichweite sollte diesmal nämlich auf ein Maximum erhöht werden. Zielgebiet war das Rote Meer südlich vom Suezkanal. Nach gerade erst eingegangenen Berichten des Nachrichtendienstes sollte sich dort die „Queen Mary“ befinden, welche -enorme Mengen an Nachschub für die alliierten Truppen in Nordafrika an Bord haben sollte.
Die „Queen Mary“ war das zur damaligen Zeit größte Passagierschiff der Welt und war von den Briten für den Kriegseinsatz zum Truppentransporter umgerüstet worden. In dieser Nacht des 6. Oktober 1941 sollte sie von den beiden deutschen Flugzeugen mit speziellen Torpedobomben versenkt werden. Jansen startete die beiden großen Motoren seines Flugzeuges.
Laut dröhnend kamen die mächtigen Propeller auf Touren und nachdem der zweite Jagdbomber ebenfalls seine Maschinen angelassen hatte, rollten beide Flugzeuge dicht hintereinander zum linken Ende der Rollbahn. Plangemäß starteten die beiden zweimotorigen Heinkel 111 mit je fünf Mann Besatzung und erreichten schon nach etwas mehr als einer Stunde die nur dürftig beleuchtete Landebahn in Iraklion auf Kreta. In kurzem Abstand setzten beide Maschinen auf der planierten Piste des neuen Flugplatzes auf und rollten zu dem schon bereitstehenden Tankwagen. Die beiden Kommandanten ließen sich in der Luftaufsichtsbaracke den aktuellen Wetterbericht für ihre Flugroute geben. Binnen kürzester Zeit waren auch die Zusatztanks unter den Tragflächen befestigt und die Flugzeuge wieder aufgetankt. Sie starteten in Richtung Süden und nahmen direkten Kurs auf die ägyptische Hafenstadt -Alexandria. Knapp vor Erreichen der afrikanischen Küste gab Leutnant Jansen den Befehl, jeglichen Funkverkehr einzustellen, damit die Position der beiden Bomber nicht vom Feind durch Peilung festgestellt werden konnte. Über dem Norden Ägyptens war es wolkenlos und im Mondlicht zeichnete sich scharf die Küstenlinie des afrikanischen Kontinents ab. Jansen änderte nun, wie besprochen, seinen Kurs auf 110 Grad und die zweite HE 111 folgte ihm in geringem Abstand. Sie flogen in einer Höhe von 3000 Metern nördlich an Kairo vorbei und erreichten kurz nach Mitternacht das Rote Meer südlich von Suez. Jetzt hatten sie sehr gute Sicht und gingen hinunter auf 100 Meter über dem Meer. In der nächsten halben Stunde sollten sie auf die „Queen Mary“ treffen. Im fahlen Mondlicht glänzte die ruhige See unter ihnen. Die beiden Maschinen flogen der Küste der Sinai Halbinsel entlang nach Süden, doch von ihrem Ziel war weit und breit nichts zu sehen.
„Wenn das Schiff nicht bald in Sicht kommt, müssen wir umkehren“, Leutnant Jansen, der bereits etwas nervös geworden war, wischte sich den Schweiß von der Stirne. Er sah zuerst auf die Tankanzeigen und dann auf seine Uhr. Ihr Treibstoffvorrat reichte gerade noch für etwa zwanzig Minuten in südlicher Richtung, spätestens dann müsste er umkehren, damit sie den Flugplatz in Kreta noch sicher erreichen konnten. Aber noch immer war keine Spur von der „Queen Mary“ zu sehen.
Doch plötzlich tauchte ein vor Anker liegender Konvoi der Alliierten vor ihnen auf. Das größte der -Schiffe war ein Frachter mit über 120 Meter Länge, danach ankerten ein mittlerer Kreuzer und eine Menge kleinerer Schiffe als Geleitschutz. Jansen unterbrach die Funkstille, „Abwurf und Feuer frei“, mit diesen Worten befahl er den sofortigen Angriff auf den großen Frachter. Fast gleichzeitig setzte das laute Rattern der 20 Millimeter Bordkanonen der Flugzeuge ein. Jetzt musste -alles schnell gehen. Viel Zeit hatten sie nicht, denn wenn sie erst einmal entdeckt waren, würden sie in dieser geringen Höhe mit Sicherheit für die Geschütze der Schiffe ein leicht zu treffendes Ziel sein.
Schon die erste Bombe aus Jansens Flugzeug war ein Volltreffer. Der große Frachter wurde wie eine Konservendose aufgerissen. Offensichtlich hatte er auch sehr viel Munition geladen, denn wie ein riesiges Feuerwerk folgten minutenlang Explosionen, bevor das Schiff mit rot glühendem Heck vor der Küste des Sinai im Roten Meer versank. Die durch den Überraschungserfolg leichtsinnig gewordenen Piloten der Jagdbomber wollten nun auch noch den Kreuzer versenken, der mittlerweile aus allen Rohren feuerte. Mit einer Steilkurve nach links versuchte Leutnant Jansen seine Maschine in Abwurfposition für die nächste Bombe zu bringen, da wurden sie von einer Garbe der Bordkanonen des Kreuzers in der rechten Tragfläche getroffen. Die zweite Maschine erhielt einen Treffer in den Rumpf. Sie zog eine schwarze Rauchfahne hinter sich her und versuchte sofort abzudrehen, was ihr offensichtlich auch gelang. Jansens Flugzeug war noch manövrierfähig und er wollte ebenfalls wieder zurückfliegen, als er bemerkte, dass einer der Tanks leck geschossen war und der Treibstoffverlust einen Rückflug zur Basis unmöglich machen würde.
„Wir haben einen Treffer im rechten Tank, Rückflug zur Basis aussichtslos, versuche die Maschine in der Sandwüste hinter den Gebirgen, jenseits des Roten Meeres, zu landen. Euch noch viel Glück, Kameraden“, mit diesem letzten Funkspruch an die Besatzung der anderen Maschine drehte er ab aufs offene Meer. Er hoffte, mit dem verbleibenden Benzin im linken Tank noch das Rote Meer und die danach aufragenden Berge der ägyptischen Ostwüste zu überqueren, um dann in der ebenen, sandigen Gegend des Niltals eine Notlandung zu versuchen. Danach wollte er sich mit seinen vier Männern bis nach Kairo durchschlagen. Eine halbe Stunde Flugzeit sollte ihnen genügen. Würde der Sprit reichen und würde das Flugzeug noch so lange durchhalten?
Leutnant Jansen beobachtete angespannt die Kon-trollanzeigen für die Motoren. Das Geräusch hatte sich verändert und das bedeutete nichts Gutes.
„Der linke Motor hat etwas abbekommen, er bringt nur noch die halbe Leistung. Macht euch für einen Ausstieg bereit, ich glaube nicht, dass wir es noch über die Berge schaffen.“ Jansen hatte jetzt Mühe, die -Maschine in der Luft zu halten. Der Zeiger des Höhenmessers drehte sich langsam nach links und das bedeutete stetiges Sinken.
Es war inzwischen zwei Uhr morgens, sie befanden sich noch immer über den Bergen, plötzlich begann das Flugzeug rascher zu sinken. Der rechte Motor der HE 111 fing jetzt zu stottern an und gab seinen Geist auf. Jansen starrte wie gebannt auf die stehen gebliebene Luftschraube. Instinktiv stellte er die -Propellerblätter auf Segelstellung, um nicht noch rascher zu sinken. Dennoch verloren sie massiv an Höhe. Es war absehbar, dass sie die flache Wüste nördlich von Luxor nicht mehr erreichen würden. Jansen überlegte nur einen Augenblick. „Alle Mann klarmachen zum Absprung, seht zu, dass ihr schnell hier rauskommt, sonst sind wir zu tief, wir treffen uns beim Flugzeug“, rief er ins Bordmikrofon und zog die Maschine noch ein letztes Mal hoch, um seinen Männern ein leichteres Aussteigen zu ermöglichen. In rascher Folge sprangen die vier Soldaten aus der Maschine. Unmittelbar danach, als die Höhe für einen Absprung schon bedenklich niedrig war, verließ auch Kapitän Jansen das schwer havarierte Flugzeug. Am Fallschirm schwebend konnte er noch sehen, wie seine Maschine in einer Steilkurve nach unten, am Fuße eines hohen Berges, zerschellte. Es gab eine gewaltige Explosion und die brennenden Wrackteile erhellten gespenstisch die bizarren Berggipfel dieser abgelegenen Felswüste. Jansen landete zwischen zwei kleineren Berggipfeln in einer Schotterrinne und konnte sich rasch von seinem Fallschirm befreien. Seine Kameraden mussten etwa einen Kilometer von ihm entfernt heruntergekommen sein. Auch für sie sollte das brennende Flugzeug die Richtung weisen. Im Dunkeln tastete sich Jansen nach unten und der Schein des Feuers half ihm bei der Orientierung. Insgeheim hoffte er, noch irgendetwas Brauchbares, wie einen funktionierenden Kompass, im Wrack zu finden, denn die Orientierung in der Wüste würde schwierig werden und bis Kairo waren es mindestens fünfhundert Kilometer.
Jansen überlegte, wo sie jetzt wohl waren. Von der Südspitze der Sinai Halbinsel, dort, wo sie den Schiffskonvoi angegriffen hatten, waren es rund fünfzig Kilometer bis zur ägyptischen Küste und so hohe Berge wie hier gab es ja nur bis achtzig Kilometer landeinwärts. Sie hätten also längst die Ebene des Niltales erreicht haben müssen. Es sei denn, der Nordwind war wesentlich stärker als angenommen, was zu dieser Jahreszeit jedoch nicht ungewöhnlich war.
Als er näher zum brennenden Flugzeugwrack kam und den Berg sah, an dem die Maschine zerschellt war, ahnte er plötzlich, wo sie sich befinden mussten. Keine andere Erhebung in der Ostwüste auf der Höhe von Luxor war so hoch. Das konnte nur der „Gebel -Semna“ sein, der mit seinen über eintausend Metern Höhe düster emporragte. An seinem Fuße loderten noch die Flammen aus den Trümmern des abgestürzten Flugzeuges. Sie waren also über einhundert Kilometer vom Nordwind nach Süden versetzt worden. Jansen musste sich in der Dunkelheit über messerscharfe Felsstücke vorantasten. Er hielt Ausschau nach seinen Männern.
Als ersten fand er den Obergefreiten Krüger. Dieser hatte den Absprung ebenfalls heil überstanden. Er war offensichtlich froh, seinen Kommandanten wieder wohlbehalten anzutreffen, und machte Meldung: „Alles in Ordnung, Herr Leutnant, Obergefreiter Krüger meldet sich zurück!“ Hinter einer kleinen Felskuppe trafen sie auf zwei weitere Besatzungsmitglieder. Diesen war es nicht so gut ergangen. Der Gefreite Huber hatte sich den Knöchel verstaucht und humpelte mehr schlecht als recht über die scharfkantigen Felsen zum Wrack. Feldwebel Körner hatte eine klaffende Wunde am linken Arm, welche er sich beim Abstieg vom Berghang, auf dem er gelandet war, zugezogen hatte.
Für Unteroffizier Berger kam jede Hilfe zu spät. Sein Fallschirm hatte sich hoch oben an einem Felsvorsprung verheddert. Beim Versuch, sich von den Leinen loszuschneiden, musste der arme Soldat abgestürzt sein und sich das Genick gebrochen haben. Sie fanden ihn am Talgrund liegen.
„Männer, so traurig es ist, dass wir einen Kameraden verloren haben, können wir aber von Glück reden, dass es uns nicht auch erwischt hat. Hier, in diesem Felsengebirge, in absoluter Finsternis mit dem Fallschirm aus Mindesthöhe abzuspringen, war ein großes Risiko. Wollen wir für den Kameraden Berger eine letzte Ruhestätte schaffen.“
Sie nahmen dem toten Soldaten seine Erkennungsmarke ab und schlichteten als dürftige Grabstelle Felsstücke auf den leblosen Körper. Danach machten sie sich auf den Weg, den ihnen der Schein des Feuers wies.
Als sie nach einer Weile am Wrack angelangt waren, konnten sie erkennen, dass die mächtige Explosion einen Felssturz ausgelöst haben musste. Ein Stück oberhalb der langsam verlöschenden Flammen sahen sie ein steinernes Portal halb aus dem Geröll ragend.
Ein uralter, verschütteter Eingang. Als sie näher he-rankamen, bemerkten sie, dass eine Art grünlicher Nebel oder Dunst aus dem halb freigelegten Eingang he-rausdrang.
„Ich werde mir das ansehen“, meinte Krüger und auf ein Nicken von Leutnant Jansen kletterte der Obergefreite die Geröllhalde zum Eingang hoch. „Was ist das für ein grüner Nebel?“, fragte Berger, dem noch immer der Schock des soeben Erlebten in den Knochen saß.
„Vielleicht ist das Rauch von verbrannten Flugzeugteilen, der vom Hydrauliköl eine grünliche Farbe hat?“, meinte Jansen.
„Möglich, aber ich halte es nicht für Rauch“, sagte Huber, „das sieht aus, als ob es direkt aus dem Portal dort oben herauskommt.“ Obergefreiter Krüger war inzwischen vor dem steinernen Portal angelangt und ging direkt darauf zu. Als er den grünlichen Nebel am Boden erreichte, verschwand er urplötzlich vor den Augen seiner entsetzten Kameraden. Der Nebel war nicht so dicht, als dass er hätte darin verschwinden können, nein, es war da nur eine wenige Zentimeter hohe Schicht am Boden. Aber Krüger er war einfach von einer Sekunde auf die andere nicht mehr da.
Erschrocken wichen die drei anderen zurück und wussten nicht, was da vor ihren Augen geschah. Sie riefen nach ihrem Kameraden, aber er blieb verschwunden. Es war einfach unglaublich. Schließlich fassten sie sich wieder und suchten in der Nähe des Wracks einen Platz für ein Nachtlager. Zuerst wurde noch Hubers Knöchel bandagiert, dann schliefen sie völlig erschöpft die kurze Zeit bis zum Sonnenaufgang unter einem Felsvorsprung.
Krüger ging langsam weiter auf das alte Portal zu. Der grünliche Nebel am Boden war eigentlich nur eine dünne Dunstschicht. Er dachte sich nichts dabei, als er hindurchschritt. Dann stand er unmittelbar vor dem steinernen Portal. Davor lagen noch einige Felsblöcke und es war schwierig für ihn, sich dazwischen hindurchzuzwängen. Als er es endlich geschafft hatte und durch den Eingang ins Innere des Berges kam, stand er in absoluter Dunkelheit. Er hatte Angst, hier war etwas Unbekanntes, das er nicht einordnen konnte. Rasch nahm er sein Wehrmachts-Feuerzeug aus seiner Fliegerjacke, es fiel ihm aus der zittrigen Hand. Er bückte sich und versuchte es im Finstern am Boden zu ertasten.
Endlich spürte er das runde Metall zwischen seinen Fingern.
Er hob es auf und zündete es an. Im Schein der flackernden, kleinen Flamme sah er, dass er sich in einem schmalen, roh behauenen Tunnel befand. Seine Neugier ließ ihn weitergehen. Am Ende des Ganges sah er ein lebensgroßes Relief des altägyptischen Totengottes Osiris in die Wand gemeißelt. Er drehte sich zur Seite und erschrak. Rechts an der Wand des Ganges war das Bild einer löwenköpfigen Gottheit in den Fels eingraviert und sah ihn mit grimmigen Augen an. Vor dem Osiris Relief konnte er gerade noch einen Steinwürfel, etwa so groß wie ein Tisch, sehen. Dann verlosch plötzlich die Flamme seines Feuerzeuges und es war stockdunkel um ihn. Er war nahe daran, in Panik zu fallen. Er musste schnell wieder hinaus. Krüger tastete sich vorsichtig im Finstern zurück zum Eingang. Er stolperte über einen Stein am Boden und fiel der Länge nach hin. Rasch raffte er sich wieder auf und lief in Richtung Ausgang. Von dort kam allerdings ein heller Schein und er war völlig überrascht, als er sah, dass es draußen bereits hell geworden war. Er war doch nur einige Minuten im Gang gewesen. War er etwa bei seinem Sturz bewusstlos geworden und stundenlang in der Höhle gelegen? Der Sonnenaufgang in der Wüste konnte mitunter recht schnell gehen, dachte er, noch dazu in dieser bergigen Gegend. Aber umso erstaunter war Krüger, nachdem er wieder aus dem Steinportal herausgekrochen war, als er die Sonne hoch am Himmel stehen sah. Es musste also bereits Mittag sein.
Er hatte keine Erklärung dafür. Sofort machte er sich auf die Suche nach seinen Kameraden. Als sich auch auf sein lautes Rufen niemand meldete, suchte er nach Spuren seiner Freunde, aber außer dem dürftigen Grab von Feldwebel Berger war nichts zu entdecken. Das Wrack des Flugzeuges lag völlig ausgekühlt in der Nähe. In die zerstörte Kanzel der Maschine war bereits Sand hineingeweht worden. Es sah so aus, als lägen die Trümmer dieses abgestürzten Jagdbombers schon seit Wochen hier. Krüger hatte nur seine Wehrmachts-Feldflasche mit Wasser, ein Messer und sonst nichts bei sich. Er machte sich auf den Weg nach Westen in Richtung des Nils. Die Sonne war seine einzige Orientierungshilfe. Aber Krüger hatte Angst. Wie oft hatte er bei Feindflügen schon dem Tod ins Auge gesehen, dreimal war er bereits, aus einem brennenden Flugzeug, mit dem Fallschirm abgesprungen und hatte stets unverletzt überlebt. Jetzt aber, hier in dieser menschenleeren Felswüste, war er in höchster Gefahr.
Er wusste, wenn er nicht binnen einem oder höchstens zwei Tagen auf Menschen stieß oder zumindest irgendwo Wasser fand, dann würde er in dieser einsamen Gegend umkommen und jämmerlich verdursten. Er rechnete sich selbst keine große Chance mehr aus. Krüger legte sich in den Schatten der überhängenden Felsen. Er wollte abwarten, bis die Sonne untergegangen war. In der Kühle der Nacht konnte er viel weiter marschieren als in der Hitze des Tages. An die vielen, kleinen Felsen am Boden, welche ihm in der Dunkelheit beim Gehen arge Schwierigkeiten bereiteten, hatte er nicht gedacht. Doch Krüger hatte unheimliches Glück. Schon am nächsten Morgen kam er aus den bergigen Schluchten über die Ausläufer eines Wadis in die flache Sandwüste und dort entdeckte er ein Beduinenzelt mit einem alten Araber. Dieser gab ihm Wasser und etwas zu essen. Am Abend erschien eine Gruppe Reiter beim Zelt und am nächsten Morgen nahmen sie Krüger auf ihren Pferden bis zum Nil mit, den sie nach zwei Tagen erreichten. Es fand sich dann auch rasch eine Felukke, welche ihn bis nach Kairo bringen sollte. Wie damals am Abend des Absturzes mit seinen Kameraden besprochen, wollte er über Ägyptens Hauptstadt quer durch die von den Alliierten besetzte Zone bis zu den deutschen Verbänden in Libyen durchkommen.
Doch der blonde Krüger wurde nach seiner Ankunft in Kairo beim Versuch, sich arabische Kleidung zu besorgen, von Engländern entdeckt und festgenommen. So geriet er in britische Gefangenschaft. Der Krieg war für den Obergefreiten Krüger zu Ende.
Als Leutnant Jansen erwachte, kam ihm alles vor wie ein böser Traum. Der Angriff auf den britischen Schiffskonvoi, der Fallschirmabsprung in dieser Bergwüste, der Tod von Unteroffizier Berger und schließlich das Verschwinden von Krüger vor dem alten Portal unter der Felswand.
Sie untersuchten bei Tageslicht nochmals die Stelle, an der Krüger verschwunden war, ohne aber der Pforte zu nahe zu kommen. Es lag immer noch ein grünlicher Dunst rund um den Eingang, obwohl er nicht mehr so deutlich zu sehen war wie in der Nacht. Es war aber keine Spur vom Obergefreiten Krüger zu entdecken. Sie machten sich nun auf die Suche nach noch brauchbaren Utensilien in den Überresten des abgestürzten Flugzeuges. Eine Tasche mit Kartenmaterial war beim Aufprall aus der Maschine geschleudert worden, alles andere war verbrannt. „Wir sind hier am Gebel Semna und der Nil ist weit über einhundert Kilometer entfernt. Wasser haben wir für einen Tag. Wenn wir ins Niltal wollen, müssen wir zuerst durch eine unwegsame, bergige Felswüste“, sagte Jansen zu seinen Kameraden, nachdem er die Landkarte studiert hatte. Er wusste, ohne Wasser war es für sie unmöglich, diese Distanz zu schaffen.
„Aber hier, in den Bergen, im Süden, sind einige Brunnen oder Wasserstellen eingezeichnet. Dorthin zu gelangen würde aber einen Umweg von zwei Tagen bedeuten“, Jansen reichte die Karte den Kameraden.
„Und was ist, wenn diese Brunnen versandet sind oder gar nicht mehr existieren?“ Feldwebel Körner schien eher Zweifel zu haben.
„Meiner Meinung nach haben wir gar keine Alternative, wir müssen die eingezeichneten Brunnen suchen.“
„Ich schließe mich der Meinung unseres Kapitäns an“, sagte Huber, dessen verstauchter Knöchel ihm noch immer starke Schmerzen bereitete. Um keine Zeit zu verlieren, machten die drei sich auf den Weg.
Mit dem verletzten Gefreiten Huber kamen sie nur langsam voran, erreichten aber nach achtstündigem Marsch in der prallen Sonne tatsächlich eine Ruinensiedlung mit einem versandeten Brunnen, um den aber ein paar kleine Bäume standen. Mit bloßen Händen und mithilfe von Steinen gruben sie abwechselnd und fanden schließlich in geringer Tiefe das dringend benötigte Wasser. So ähnlich erging es ihnen auch am nächsten Tag, bis sie am dritten Tag zu einem Ruinenfeld aus der Pharaonenzeit kamen. Mittendrin war ein großer, tiefer Brunnen mit einem Abgang, der sich nach unten rund um den Brunnenschacht wand. Sie stiegen die steilen, in den Fels gehauenen Stufen hinunter. Alle paar Meter war an der Innenseite des Abganges ein kleiner Durchbruch in den Schacht, durch welchen spärlich das Licht in den Gang schien. Am Grunde angelangt, fanden sie tatsächlich frisches Wasser.
Nachdem sie ihre Wasservorräte wieder ergänzt hatten und das Nachtlager aufgeschlagen war, erkundeten die drei noch die Umgebung des Brunnens. Was sie da sahen, war erstaunlich. Die Felswände in der Umgebung waren über und über mit antiken Zeichnungen, Reliefs und Hieroglyphen verziert. Sie waren offensichtlich, ohne es zu wissen, seit ihrer Absturzstelle einem uralten Pharaonenpfad gefolgt und hatten nun die Überreste einer Siedlung aus der damaligen Zeit gefunden.
Ganz in der Nähe fanden sie am nächsten Tag eine Schotterstraße nach Westen, welche bis in die Ebene des Niltales führen müsste. Immer wieder kamen ihre Gespräche auf das rätselhafte Verschwinden von Krüger. Was war da vor zwei Tagen wirklich passiert?
Falls sie wieder nach Hause kommen sollten, wie wollten sie dann das Ganze erklären? Wer würde ihnen schon Glauben schenken? Doch um darüber nachzudenken, war jetzt keine Zeit.
Hubers Knöchel hatte sich etwas gebessert und sie kamen nun auch rascher voran. Die Berge der schroffen Felswüste hatten sie hinter sich gelassen. Eine schier unendliche Schotterlandschaft, mit einigen angewehten Sandflecken durchsetzt, lag da vor ihnen. Aber immerhin war da zumindest ein Weg, dem sie folgen konnten. Nach Jansens Karte sollte er direkt zu einer Stadt in der Nähe des Nils führen.
Vielleicht würden sie auf ihrem Marsch sogar auf Menschen treffen. Tatsächlich stießen sie am Nachmittag auf eine kleine Beduinenkarawane mit einigen Kamelen, welche sie bis an den Nil mitnahm.
Dort war dann die kleine Stadt mit Namen Kift. Sie war zu unbedeutend für die Engländer, um hier einen dauerhaften Kontrollposten zu errichten.
Es drohte ihnen deshalb auch keine Gefahr von dieser Seite und die Araber waren freundlich und hilfsbereit. Diese einfachen Bauern dort wussten kaum, ob Briten oder Deutsche die Besatzer waren. Die drei beschafften sich von den Einheimischen arabische Kleidung, um im Falle eines Kontaktes mit Engländern nicht sofort als Deutsche erkannt zu werden.
Ein alter Kapitän eines ebenso betagten Segelkahnes, mit welchem er mithilfe des Nordwindes von Kairo aus verschiedene Güter nach Oberägypten brachte, erklärte sich bereit, die Soldaten bis nach Kairo mitzunehmen. Als sie nach zwei Tagen zur Stadt Assyut kamen, stockte ihnen fast der Atem. Ganz nah glitt ihre Felukke an einem englischen Kanonenboot vorbei. Doch aufgrund ihrer Beduinenkleidung nahm niemand von ihnen Notiz. Unbehelligt erreichten sie nach sechs Tagen Kairo und konnten sich mit viel Glück in den darauf folgenden Wochen durch die Sandwüste abseits der Verkehrswege bis nach Tobruk in Libyen durchschlagen, wo sie auf eine Panzereinheit des deutschen Afrikakorps stießen und somit in Sicherheit waren. Ihr Bericht über das Verschwinden ihres Kameraden am „Gebel Semna“ wurde dort mit äußerster Skepsis aufgenommen und eine entsprechende Depesche an den Heeres-Nachrichtendienst übermittelt.
Kapitel II – Deutschland/Obersalzberg – November 1941
Ein eisiger Nordwestwind jagte über die Terrasse des Berghofes. Im Inneren des luxuriösen -Domizils Hitlers, am Obersalzberg bei Berchtesgaden, im äußersten Süden Deutschlands, spürte man freilich nichts von der klirrenden Kälte, die draußen herrschte. Der Führer stand vor dem riesigen versenkbaren Fenster und schaute gedankenverloren auf den Untersberg hinüber. Die düsteren Wolken über dem Gebirge kündeten weitere Schneefälle an. Himmler, der Reichsführer SS, betrat das große Arbeitszimmer.
„Mein Führer, wir haben soeben eine interessante Mitteilung vom Heeres-Nachrichtendienst, betreffend die Panzergruppe Afrika, erhalten. Dort in Tobruk sind am 30. Oktober drei Männer der Besatzung einer vermissten HE 111 vom 26. Kampfgeschwader aufgetaucht. Der Kommandant der Maschine, ein gewisser Leutnant Jansen, hat eine haarsträubende Geschichte über einen verschwundenen Obergefreiten erzählt. Der Mann soll in einen grünen Nebel gegangen und plötzlich weg gewesen sein. Seine beiden Kameraden konnten dieses Vorkommnis allerdings bestätigen. Das Ganze soll sich bei einem Felsportal in den Bergen der ägyptischen Ostwüste zugetragen haben.“
„Grüner Nebel, ein verschwundener Soldat?“ -Hitler starrte noch immer aus dem Fenster. „Das erinnert mich an die Geschichten vom Untersberg, hier soll so etwas ja früher auch schon vorgekommen sein.
Suchen Sie den fähigsten Mann für eine Fahrt durch die Libysche Wüste und schicken Sie zwei Agenten zu diesem Steinportal. Ich will wissen, was dort los ist und ob dort etwas versteckt ist.“
Himmler, der selbst auch neugierig war, ob an dieser Sache etwas dran sei, streckte die rechte Hand zum Gruß aus und mit einem „Jawohl, mein Führer“, verließ er den Raum.
Hier am Obersalzberg hatte sich Hitler eine feudale Alpenfestung mit zahlreichen Bunkeranlagen errichten lassen. Ihn hatte schon vor vielen Jahren diese idyllische Berggegend in der Nähe von Salzburg in ihren Bann gezogen.
Doch es war nicht nur seine Vorliebe für die -Berge, er war auch von den mystischen Erzählungen der germanischen Geschichte, die auch den Untersberg einschloss, zutiefst angetan. Insbesondere die Legende um den Heiligen Gral, wie sie auch der Komponist Richard Wagner in seinem Stück „Parzival“ darstellte, waren für ihn von großem Interesse.
Diese Überlieferungen bewogen Hitler, nach dem Heiligen Gral, dem Schatz der Templer, suchen zu lassen. Im Reichsführer SS, Heinrich Himmler, hatte er einen treuen Vasallen gefunden, welcher von mystischen Dingen ebenso angetan war wie er selbst. Seine Suche im Jahre 1939 konzentrierte sich auf Südfrankreich. Dort in den Pyrenäen, am Montségur, hatte sich früher die größte Burg der Tempelritter befunden.
Der unermessliche Reichtum und die Macht des Templerordens, der ja seit der Eroberung Jerusalems im Jahre 1120 im Besitze dieses Grals sein sollte, war der Kirche im Mittelalter ein Dorn im Auge. Die Burg am Montségur und viele andere Stätten der Templer wurden daher von der Inquisition zweihundert Jahre später zerstört und in der Folgezeit fast alle Tempelritter hingerichtet. Jener geheimnisumwobene Gegenstand, der Gral, wurde hingegen nie gefunden.
Aber auch in der Nähe seines Berghofes am Obersalzberg gab es etwas, das den Führer geradezu magisch anzog. Der Untersberg, zwischen Berchtesgaden und Salzburg gelegen, welcher im Norden als letzter einzelner Gebirgsstock der Kalkalpen wie eine dreieckige Speerspitze gegen Osten ragte. Um diesen Berg rankten sich zahlreiche Geschichten und Mythen von Zeitverschiebungen, Erscheinungen, grünem Nebel und einem wundertätigen Stein, der im Berg verborgen sein sollte. Hitler ließ daher diesen Berg so gut es ging unberührt und verhinderte sogar, dass eine Seilbahn zu seinem Gipfel hinauf gebaut wurde. Auf der -Terrasse seines Hauses hatte er ein Teleskop aufgebaut, mit welchem er, sooft es seine Zeit erlaubte, den Untersberg betrachtete.
Hitler kannte natürlich auch die alte, -überlieferte Geschichte aus dem dreizehnten Jahrhundert. Ein Kreuzritter sollte damals einen schwarzen Stein aus dem Orient zum Untersberg gebracht und dort in einer Höhle versteckt haben. Der Ritter hatte in den Ruinen von Ninive in Mesopotamien eine Vision – eine weibliche Erscheinung, welche später „Isais“ genannt wurde. Sie wies ihn an, einen runden, schwarzen Stein, den sie ihm zeigte, zum „Berg des alten Gottes“ in seiner Heimat zu bringen und dort in einer Höhle tief im Inneren des Berges zu verstecken. Der Kreuzritter erkannte in dem beschriebenen Ort den Untersberg bei Salzburg und brachte nach einer langen Fahrt diesen schwarzen Stein zum Berg. Er fand ein sicheres Versteck in Form einer kleinen, verborgen gelegenen Höhle und deponierte ihn dort. Er ließ eine Komturei, ähnlich einem kleinen Kloster, in der Nähe des Versteckes errichten. Diese wandelte sich nach einigen Jahrhunderten zu einer katholischen Wallfahrtskirche. Insbesondere deshalb, weil sich dort immer wieder Erscheinungen der „Isais“ zeigten. Isais wurde jedoch von der christlichen Bevölkerung für eine Erscheinung der Heiligen Jungfrau Maria, der Mutter Gottes, gehalten. Seit dieser Zeit kursierten dann auch Sagen und Erzählungen über verschwundene Menschen in dieser Gegend. Diese Leute tauchten dann oft erst nach langer Zeit wieder auf und behaupteten, sich nur kurz in einer der unzähligen Höhlen des Berges aufgehalten zu haben.
Viel später, zu Beginn des 20. Jahrhunderts, wurde in Wien sogar ein Kreis zur Erforschung dieser Isai-Geschichte gegründet und nannte sich: „Die Herren vom schwarzen Stein“.
Auch ein Orden mit Sitz in Venedig, auf der Insel Murano, der „Ordo Bucintoro“, befasste sich intensiv mit diesen Vorkommnissen und war angeblich im Besitz von alten Dokumenten und Gegenständen, welche all diese Geschehnisse erklären sollten.
Konnten diese Dinge etwas mit dem Stein, welcher der Sage nach im Untersberg versteckt sein sollte, zu tun haben? Und würde es sich bei diesem Phänomen in Ägypten auch um so einen Stein handeln, der vielleicht der Auslöser für das Verschwinden des Soldaten war? Dieser Sache sollte so rasch als möglich nachgegangen werden, denn Hitler wollte den Stein, sollte es dort in Ägypten wirklich auch einen geben, um jeden Preis haben.
Hitler schaute noch immer zum Untersberg hi-nüber, er musste an seinen väterlichen Freund und Mentor Dietrich Eckhart denken. Der Führer erinnerte sich, dass Eckhart bis zu seinem Tode auch so einen runden, schwarzen Stein besessen hatte, welchen er „meine Kaaba“ nannte und den für einen Meteor hielt. Hitler wusste zu wenig von Eckharts Stein und auch nicht, was damit später geschah. Fragen konnte er seinen Freund nicht mehr, denn Eckhart war schon seit fast zwanzig Jahren tot. Aber möglicherweise gab es da einen Zusammenhang zwischen diesen Steinen und den seltsamen Phänomenen.
Himmler hatte mittlerweile schon einen geeignet scheinenden Mann im Visier. Leutnant Almasy, ein ehemals ungarischer Graf, Testpilot und Wüstenforscher, der die ägyptische Sahara so gut wie kein anderer kannte, wurde von ihm ausgewählt, zwei deutsche Agenten über Libyen bis an den Nil bei Assyut in Mittelägypten zu bringen. Die beiden sollten sich anschließend alleine bis zum Fuße des mächtigen „Gebel Semna“ vorarbeiten und das, was hinter diesem steinernen alten Eingang am Fuße des Berges war, mitnehmen und nach Deutschland transportieren. Zwei U-Boote wurden sofort in Marsch gesetzt. Sie sollten die beiden Männer nach dem Ende ihrer Mission an der Küste des Roten Meeres aufnehmen und in einer langen Fahrt rund um Afrika wieder zurück nach Deutschland transportieren. Eine Rückkehr der zwei Agenten durch Ägypten schien aufgrund der Gefahren durch die dort stationierten britischen Truppen zu gefährlich.
Kapitel III – Operation Salam
Die Vorbereitungen für dieses Unternehmen, welches unter dem Codenamen „Operation Salam“ geführt wurde, waren rasch abgeschlossen und die drei Männer wurden mit einem Fernaufklärer über Sizilien nach Tobruk an der afrikanischen Küste gebracht. Sie übernahmen dort zwei mittlerweile bereitgestellte, wüstentaugliche Wagen mit einem großen Vorrat an Benzin, Wasser, Lebensmittel und einige Reservereifen. Almasy war diese Strecke bereits zweimal gefahren. Er war der erste Mensch, der die große Sandsee der Länge nach mit einem Fahrzeug durchquert hatte. Viele Monate hatte er bereits in diesem Wüstengebiet zugebracht, um dort die Spuren der Armee eines vor 2500 Jahren verschwundenen persischen Königs namens Kambyses zu finden. Doch Almasys Suche war vergeblich. Es zeigte sich nicht der geringste Hinweis auf diese verschollene Armee.
Die Dünen der großen Sandsee waren bis zu einhundert Meter hoch und teilweise dreihundert Kilometer lang. Sie mussten eine Strecke von über eintausend Kilometern zurücklegen, bevor sie wieder auf menschliche Siedlungen trafen. Bis dahin waren sie auf sich allein gestellt.
Auf ein Kurzwellenfunkgerät hatten sie verzichtet, da es dem Feind eine Peilung ermöglicht hätte und somit ihr Unternehmen gefährdet gewesen wäre.
Die Fahrt durch die Sandwüste gestaltete sich nicht besonders schwierig, was aber nur auf die ausgezeichnete Ortskenntnis von Almasy zurückzuführen war.
Major Clarsen, der ältere der beiden Agenten, war nicht das erste Mal in der Wüste. Durch einen Einsatz im Sudan im Jahr zuvor hatte er schon einige Erfahrung in abgelegenen Wüstenteilen und war die enormen Temperaturunterschiede in der Sahara bereits gewohnt.
Hauptmann Mahler hatte eine Archäologenausbildung und war schon vor dem Krieg im Irak bei Ausgrabungen in der Nähe von Bagdad mit dabei gewesen. Allen dreien machten also die Strapazen dieser langen Wüstenfahrt nicht viel aus und sie erreichten die Oase Kufra in weniger als sieben Tagen. Von dort ging es über Sandpisten weiter, bis zu den südlichen Ausläufern der dünn besiedelten Kharga-Senke, von wo aus sie nach weiteren zwei Tagen die Stadt Assyut am Nil erreichten.
Dort verließ Almasy die beiden Agenten und kehrte mit einem der Fahrzeuge wieder auf demselben Wege zurück.
Die beiden Männer, die fließend die arabische Sprache beherrschten, ließen sich südlich der Stadt von einem Bauern mit seinem Kahn über den Nil rudern. Sie besorgten sich anschließend von den Einheimischen zwei Pferde und etwas Ausrüstung für einige Tage und brachen so rasch es ging in die Ostwüste in Richtung zum „Gebel Semna“ auf. Engländer waren außerhalb der größeren Städte und abseits der Verbindungsstraßen weit und breit keine zu sehen, nur einheimische Feldbauern und Beduinen, die aber kaum Notiz von ihnen nahmen. Clarsen und Mahler bewältigten die ersten achtzig Kilometer im flachen Land ziemlich rasch und am Abend des zweiten Tages kamen sie an die Ausläufer der Bergwüste.
Mit ihrem genauen Kartenmaterial erreichten sie bereits am darauf folgenden Tag den von Leutnant Jansen beschriebenen, tiefen Brunnen und das Tal der Hieroglyphen mit den Felszeichnungen. Dort füllten sie nochmals ihre Wasserreserven auf und erreichten am folgenden Abend die Absturzstelle des deutschen Bombers. Das Wrack der HE 111 war mittlerweile schon größtenteils mit Flugsand bedeckt, es war aber eindeutig als die Maschine von Jansen zu identifizieren.
Das durch die Explosion des Flugzeuges halb freigelegte, steinerne Portal war deutlich zu sehen. Allerdings war da keine Spur eines grünen Nebels.
Vor ihrem Einsatz war ihnen gesagt worden, dass ein ähnlich beschriebener Nebel am Untersberg bei Salzburg nur bei extrem trockener Luft auftritt und bei solchen Gelegenheiten sollen dann auch schon Menschen verschwunden sein. Mit einer Magnetfeldverschiebung und einem damit verbundenen Zeitphänomen sollte das zu tun haben. Manchmal wären diese Leute nach Tagen oder Wochen wieder aufgetaucht und behaupteten, sie wären nur für Minuten fort gewesen. Mehr konnte ihnen von der SS-Spezialabteilung nicht gesagt werden, da das Zeitphänomen am Untersberg noch nicht genau lokalisiert werden konnte. Ebenso wenig wusste man über die Ursache dieser Zeitverschiebung, nur eben, dass sie meistens bei starker Trockenheit auftrat. Es gab also nur Vermutungen.
Im Februar war es in der Nacht in der ägyptischen Wüste besonders kalt. Die Temperaturen konnten bis gegen null Grad sinken. Am Tag in der Sonne wurde es ziemlich warm und deshalb entstand am Morgen auch immer eine Dunstschicht, welche sich zwar rasch auflöste, aber immerhin eine gewisse Luftfeuchtigkeit bedeutete.
Sie warteten also bis zum Tagesanbruch und gingen dann zum Portal. Major Clarsen meinte, Wasser könne ihnen in keinem Fall schaden, und warf seine vollgefüllte, geöffnete Feldflasche mit einem weiten Wurf direkt in die halb Meter große Öffnung des alten Steintores. Scheppernd hörte man die Bakelitflasche auf den Steinboden im Inneren des Ganges fallen.
Sie warteten noch eine kleine Weile und -versuchten dann, die mittlerweile durch herabgefallene Steine schon wieder kleiner gewordene Eingangsöffnung etwas zu vergrößern, indem sie einige Felsbrocken und Geröll wegschafften.
Als der Durchgang schließlich groß genug war, kroch zuerst Hauptmann Mahler durch die Öffnung in den Berg hinein.
Auch Clarsen nahm seine Taschenlampe und folgte seinem Kameraden. Durch den niedrigen Gang kamen sie in einen kleinen quadratischen Raum. Die Wände waren nur roh behauen und es waren keinerlei Verzierungen oder Inschriften zu sehen. In der Mitte des Raumes stand ein tischgroßer Steinquader und dahinter war ein Relief des Totengottes Osiris in die Felswand gemeißelt. Es war ein erhabenes Relief mit plastischen Zügen. Sie übersahen fast den kleinen, runden, schwarzen Stein, der die Form und Größe einer abgeflachten Orange hatte und der genau in der Mitte des Steinquaders in einer leichten, schalengleichen Vertiefung lag. Es sah fast so aus, als wachte das Bildnis des Osiris über diesem Stein.
Sollte dieser kleine, schwarze Stein wirklich die Ursache für den grünen Nebel und das Verschwinden von Obergefreiten Krüger sein? Ansonsten war aber rein gar nichts in dem roh behauenen Raum zu sehen. Clarsen und Mahler suchten noch eine Weile, nahmen dann den schwarzen Stein, wickelten ihn vorsorglich in feuchte Tücher und verstauten ihn in einer Munitionsdose. Beinahe hätten sie die Abbildung der löwenköp-figen Gestalt am Ende der Wand des Ganges über-sehen. „Das ist Sechmet, die Kriegsgöttin, die bringt den Hauch des Todes“, sagte Mahler, der als Archäologe natürlich auch in der altägyptischen Mythologie bestens bewandert war.
„Zufall“, meinte Clarsen, „auf dem abgestürzten Flugzeug ist doch auch ein Löwe abgebildet.“
„Ja, du hast recht, ein interessanter Zufall, das war ein Bomber vom Löwengeschwader, soweit ich gehört habe.“ Mahler machte mit seiner Kamera noch zahlreiche Aufnahmen, welche er zur Dokumentation mit nach Hause bringen wollte. Dann machten sie sich auf den Rückweg. Draußen war es mittlerweile schon recht heiß geworden.
Clarsen studierte im Schatten eines überhängenden Felsens die Karten, während Mahler die Pferde versorgte. Ihr Ziel war jetzt die Küste des Roten Meeres nördlich der kleinen Stadt Al Quseir.
Bis dorthin waren es aber noch zwei Tagesritte durch die Wadis. Vor Engländern brauchten sie in dieser abgelegenen Bergwüste keine Angst zu haben. Hierher verirrten sich nicht einmal Beduinen. Sie erreichten schließlich die Küste, dort sollte dann ein deutsches U-Boot auf sie warten. Das vereinbarte Zeichen war ein Lagerfeuer, welches nachts am Strand gemacht wurde, und danach Blinkzeichen mit einer Taschenlampe. Sie mussten noch zwei Tage warten, doch auch diese liefen planmäßig ab und in der dritten Nacht, nachdem sie mit Lagerfeuer und Lampe die Signale gegeben hatten, sahen sie dann den Turm des U-Bootes in einer Entfernung von nur einhundert Metern aus den pechschwarzen Fluten des Meeres auftauchen. Ein kleines Schlauchboot holte die beiden Männer vom Ufer ab. Sofort, nachdem sie an Bord genommen wurden, tauchte das Boot wieder und nahm Kurs auf das Horn von Afrika.
Nach einundvierzig Tagen auf See traf das U-Boot in Brest in Frankreich ein.
Die beiden Agenten hatten den Stein in der Munitions-dose vorsorglich immer wieder mit Wasser befeuchtet, um ganz sicher zu sein, dass kein unvorhergesehenes Zeitphänomen auftreten würde. Nach der Ankunft im U-Boot-Bunker von Brest in der Bretagne wurden die beiden unverzüglich zum Flugplatz gebracht, wo schon eine JU 52 mit einer startbereiten Besatzung wartete. „Dieser Stein muss einen besonderen Wert haben, sonst würden wir nicht mit einem eigenen Flugzeug hier abgeholt werden“, sagte Clarsen, der nicht einmal wusste, wohin der Flug gehen sollte.
Mit dem dreimotorigen Flugzeug wurden die zwei Agenten mit dem Stein in der Dose zum Alpenflugplatz Ainring in Süddeutschland gebracht. Sie wurden anschließend mit einem von der Waffen-SS eskortierten Wagen direkt zum nur wenige Kilometer entfernten Berghof des Führers auf den Obersalzberg hinaufgefahren.
Hitler persönlich empfing die beiden wie Staatsgäste in der großen Halle. Clarsen hob die Hand zum Gruß: