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Die bekannte Influencerin Stina Ziesemer zeigt, wie man sich von toxischen Glaubenssätzen abgrenzt und endlich auf sich selbst hört Viele Menschen sehen sich mit deneigenen Triggersätzen konfrontiert, die andere ihnen als vermeintlich gut gemeinte Ratschläge mitgeben. Stina Ziesemer möchte anderen Mut machen, sich nicht mehr verunsichern zu lassen, sondern selbstbestimmt den eigenen Weg zu gehen und Triggersätze ziehen zu lassen. Stina teilt ihre Geschichten und Erfahrungen aus verschiedenen Phasen ihres Lebens und zeigt, wie in diesen Zeiten Triggersätze ihr Denken und ihr Handeln beeinflusst haben. Sie erzählt vom Druck, sich verändern zu müssen – sei es körperlich oder durch das Befolgen fremder Erziehungsstile. Auch die schmerzhafte Konfrontation mit Urteilen über ihre Belastbarkeit oder Diagnosen bezüglich ihrer (mentalen) Gesundheit hat Stina erlebt. Und sie stellt klar: Es ist an der Zeit, endlich das zu tun, was wir selbst richtig finden. Mit wertvollen Affirmationen und Impulsen ermutigt uns Stinas Ratgeber, die Meinungen anderer nicht ungeprüft zu übernehmen, sondern auf unser eigenes Bauchgefühl zu vertrauen.
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Seitenzahl: 235
Veröffentlichungsjahr: 2025
Stina Ziesemer
Triggersätze, die du ziehen lassen darfst
Verlagsgruppe Droemer Knaur GmbH & Co. KG.
Die bekannte Influencerin Stina Ziesemer zeigt, wie man sich von toxischen Glaubenssätzen abgrenzt und endlich auf sich selbst hört
Viele Menschen sehen sich mit den eigenen Triggersätzen konfrontiert, die andere ihnen als vermeintlich gut gemeinte Ratschläge mitgeben. Stina Ziesemer möchte anderen Mut machen, sich nicht mehr verunsichern zu lassen, sondern selbstbestimmt den eigenen Weg zu gehen und Triggersätze ziehen zu lassen.
Stina teilt ihre Geschichten und Erfahrungen aus verschiedenen Phasen ihres Lebens und zeigt, wie in diesen Zeiten Triggersätze ihr Denken und ihr Handeln beeinflusst haben. Von dem Druck, sich verändern zu müssen – sei es körperlich oder durch das Befolgen fremder Erziehungsstile – bis hin zu der Konfrontation mit Urteilen über die eigene Belastbarkeit oder Diagnosen bezüglich ihrer (mentalen) Gesundheit, stellt Stina klar: Es ist an der Zeit, endlich das zu tun, was wir selbst richtig finden.
Mit wertvollen Affirmationen und Impulsen ermutigt uns Stina, die Meinungen anderer nicht ungeprüft zu übernehmen, sondern auf unser eigenes Gefühl zu vertrauen.
Weitere Informationen finden Sie unter: www.droemer-knaur.de
Inhaltswarnung
Wir können Träumen näherkommen, wenn wir Triggersätze ziehen lassen
Über Einzelgänger und Gruppenarbeiten – Geschichten von der Schulbank
»Du musst mal mehr aus dir rauskommen.«
Mach dich frei
»Du musst auch teamfähig sein.«
Mach dich frei
»Mach doch mal mehr aus dir.«
Mach dich frei
»Ohne gute Noten kann nichts aus dir werden.«
Mach dich frei
»Wenn du keinen Alkohol trinkst, verpasst du was.«
Mach dich frei
»Entspann dich doch mal.«
Mach dich frei
Zwischen Panikattacken und progressiver Muskelentspannung – Geschichten über (mentale) Gesundheit
»Andere schaffen das doch auch.«
Mach dich frei
»Stell dich nicht so an.«
Mach dich frei
»Alle haben ADHS.«
Mach dich frei
»Diese Generation ist verweichlicht.«
Mach dich frei
»Du siehst gar nicht krank aus.«
Mach dich frei
»Anderen geht es viel schlechter.«
Mach dich frei
»Dann gibst du dir nur nicht genug Mühe beim Abnehmen.«
Mach dich frei
Über das erste Kind und letzte Kräfte – Geschichten aus dem Elternleben
»Also bereust du Mutterschaft.«
Mach dich frei
»Wenn Sie erschöpft genug sind, dann können Sie Ihr Baby auch schreien lassen.«
Mach dich frei
»Du verwöhnst dein Kind, so wird es nie selbstständig.«
Mach dich frei
»Dein Baby weint nur so viel, weil du selbst so unentspannt bist.«
Mach dich frei
»Wart’s ab, irgendwann wirst du die Babyzeit vermissen.«
Mach dich frei
»Das hat uns auch nicht geschadet.«
Mach dich frei
Über berufliche Suche und persönliche Selbstfindung – Geschichten über den Werdegang
»Das hat’s damals nicht gegeben.«
Mach dich frei
»Du musst auch mal was durchziehen.«
Mach dich frei
»Was sollen denn die Leute denken?!«
Mach dich frei
»Das ist doch kein richtiger Job.«
Mach dich frei
»Du hast es dir so ausgesucht.«
Mach dich frei
»Erst die Arbeit, dann das Vergnügen.«
Mach dich frei
Abschluss – ein weiterer Anfang
Danksagung
Wie der Titel bereits ankündigt, geht es in diesem Buch um Triggersätze, also um Sätze, die bereits Erlebtes und Gefühltes wieder hervorbringen können. Manchmal ist einem der Vergangenheitscharakter einer getriggerten Emotion nicht bewusst, sodass man das Gefühl oder die Gefühle erneut durchlebt. Ich möchte daher hiermit für das gesamte Werk eine Inhaltswarnung aussprechen: Es wird um Themen wie Essstörung, Krankheit, Mobbing oder Depression gehen. Ich bitte dich darum, immer in dich zu fühlen, zu prüfen, ob du dich bereit dazu fühlst, weiterzulesen. Die Kapitel bauen nicht aufeinander auf, sodass du ganze Kapitel auslassen oder zu einem anderen Zeitpunkt lesen kannst.
Dass du dieses Buch in der Hand hältst, ist der Beweis dafür, dass Träume wahr werden können. Dabei ist es aber nicht nur wertvoll, sondern sogar notwendig, dass die Stimme deines Herzens immer lauter ist als all die (Trigger‑)Sätze, die dir im Leben womöglich an den Kopf geworfen werden.
Als ich sechzehn war, hegte ich zum ersten Mal den Wunsch, irgendwann in meinem Leben Autorin zu sein. Was bis dahin noch alles passieren sollte, hätte ich mir im Traum nicht ausmalen können. Ich änderte so oft meinen Weg, dass es nicht verwunderlich war, dass ich teilweise im Kreis lief, so krank wurde, dass ich zeitweise gar nicht mehr lief – bis der Punkt kam, an dem mein Leben plötzlich weiterlief und mich extrem glücklich werden und dieses Buch schreiben ließ.
Wenn diese Seiten hier tatsächlich gedruckt werden, dann würde ich sie der jungen Stina gerne zeigen und sagen: »Siehst du? Geschafft!« Und in einigen Situationen hätte ich sie gerne mit meinem Wissen von heute an die Hand genommen und gesagt: »Hey, es ist okay. Wenn dein Herz das sagt, dann hör drauf!« Genau deshalb schreibe ich dieses Buch. In einer Welt, die so schnell und laut, zuweilen besserwisserisch und übergriffig ist, möchte ich dir Zeilen mitgeben, die Umarmungen gleichen, die dich immer wieder zurück auf den Boden des Herzens bringen und die dich dazu ermutigen, deinen Weg zu suchen und zu gehen, obgleich dir etliche Steine in den Weg gelegt werden. Schließlich ist das DEIN Leben, und das gibt es eben auch nur EINMAL.
Also, wenn du das hier liest, dann ist mein Traum in Erfüllung gegangen, obwohl ich zwischenzeitlich Angst hatte, die Fähigkeit zu träumen und sogar das Leben selbst zu verlieren.
Wenn du das hier liest, dann habe ich es entgegen der Vermutung sehr vieler Menschen zu etwas gebracht, was mich sehr glücklich macht, weil ich eben nicht auf sie gehört habe.
Wenn du das hier liest, dann hat es mir nicht geschadet, »mein Ding« zu machen, »mich anzustellen«, »nicht aus mir rauszukommen« und vieles mehr, ganz im Gegenteil.
Wenn du das hier liest, dann werde ich wohl voller Selbstakzeptanz, einem Fünkchen Stolz und einer riesigen Portion Glücksgefühle behaupten, dass ich verdammt noch mal sehr, sehr vieles richtig gemacht habe in meinem Leben.
Wenn du das hier liest, dann kannst du das auch.
Solange unser Herz schlägt, besitzen wir den wertvollsten Kompass des Lebens. Es geht darum, ihn lesen zu lernen, dem Herzen zuzuhören, selbst wenn die Stimmen der anderen lauter werden. Dabei darf dieses Buch dich begleiten. Ich zeige dir anhand meiner Erfahrungen und daraus entstandenen Learnings, wie du bestimmte Triggersätze ziehen lassen darfst, um stattdessen auf dein Herzgefühl zu hören.
Hi, ich bin Stina, Grundschülerin. Ich bin die, die immer offen ist, gerne mit anderen Kindern Hochtick auf dem Schulhof spielt und Freude am Unterricht hat. Ich bin zeitgleich die, die hin und wieder versunken in einer fantastischen, eigens erschaffenen Welt, fernab von Schule und Schulkindern, nicht mitbekommt, dass es bereits zum Pausenende geläutet hat. Nach einer gewissen Zeit, die ich als Kind nicht einschätzen konnte, tauche ich kurz aus dieser Welt auf und schaue mich um. Kein anderes Kind ist mehr draußen in der »echten« Welt. Oje, ich hatte das Läuten versäumt. »Wie konntest du das denn nicht mitbekommen, wenn alle anderen Kinder reingehen?«, fragt die Lehrerin mich vorwurfsvoll. Ich weine leise auf meinem Platz. Ich weiß doch auch nicht, wie mir das passieren konnte. Die Lehrerin beachtet mich nicht weiter.
Ich bin 9 Jahre alt, und meine Eltern beschäftigen sich mit der schwierigen Entscheidung, auf welche weiterführende Schule ich kommen soll. Meine schriftlichen Leistungen sind gut bis sehr gut. Wenn ich einen (!) Fehler mache, schreibt meine Lehrerin drunter: »Schade, der hätte nicht sein müssen.« Meine mündlichen Leistungen sind »nicht ganz so gut«. Ich würde mich selten melden, sei generell eher ruhig. »So ruhig, wie sie ist, würden wir ihr nicht das Gymnasium empfehlen«, erklärt man meinen Eltern, »da müsste sie schon etwas mehr aus sich rauskommen.«
Ich bin 10 Jahre alt und besuche die weiterführende Schule, eine Realschule, dessen Gelände nur durch eine niedrige Mauer von der Grundschule getrennt wird. Fast jede Pause besuche ich an der Mauer meine kleine Schwester. Ich freue mich immer auf sie und darüber, dass wir uns in den Pausen sehen können. Bis man uns sagt, dass wir doch auch mal mit den Kindern aus unserer Schule spielen sollen, mehr aus uns rauskommen könnten. Wir treffen uns noch eine Weile weiterhin, schauen dabei aber immer über die Schulter, ob uns eine Lehrperson sieht.
Ich bin 16 Jahre alt, und die paar Freundschaften, die ich geknüpft hatte, verlaufen sich in der Tatsache, dass man mit 16 Jahren ja nun in die Diskothek gehen darf. Die Mädchen und Jungen aus meiner Klasse gehen am Wochenende feiern und tuscheln und lachen dann unter der Woche über die Erlebnisse vom Wochenende. Die Pausen verbringe ich zu großen Teilen alleine. Ein Mädchen, Punkerin nannte man sie damals, setzt sich mal zu mir und sagt: »Ich hätte gar nicht gedacht, dass du so eine Außenseiterin bist.« Außenseiterin also. Es stört mich nicht, im Gegenteil; es tut mir besser als der Austausch über heimlichen Alkoholkonsum und vielversprechende Kuss-Geschichten. Ich bin nur einmal in dieser Diskothek, nämlich als wir dort zum Aufräumen nach der Abschlussfeier, auf der ich nicht war, angehalten werden.
Ich bin 17 Jahre alt und besuche eine Berufsschule, um mein – wer hätte es gedacht – Abitur nachzuholen. »Stina, du musst echt mal mehr aus dir rauskommen«, sagt ein Junge zu mir, »so bleibst du ja immer ein Einzelgänger.«
Ich bin 18 Jahre alt, und wir führen mit den Lehrkräften Gespräche über unsere Berufswahl. »Ich würde gerne Psychologie studieren«, erzähle ich. »Dafür braucht man aber einen sehr guten Notendurchschnitt«, erhalte ich als Antwort. »Ja, vielleicht auch lieber Ernährungswissenschaften, das finde ich wirklich spannend.« »Oh, das ist aber auch sehr trocken«, erklären sie mir. »Wer weiß, vielleicht werde ich ja auch Lehrerin«, werfe ich dann ein. »Ja, dafür muss man aber auch sehr aus sich rauskommen, gut vor anderen Menschen sprechen können und auch wollen.« Okay.
Ich bin immer noch 18 Jahre alt – oder sind es inzwischen 19? –, und ich sitze für die Notenbesprechungen jeden Tag einer anderen Fachlehrkraft gegenüber und höre jeden Tag: »Ihre Noten könnten besser sein, wenn Sie sich mündlich mehr beteiligen würden, Sie hätten da einfach mehr aus sich rauskommen müssen.« Im letzten Zeugnis, dem Abschlusszeugnis, schlitterte ich haarscharf an einem Einserdurchschnitt vorbei. Weil meine mündlichen Leistungen »leider einfach nicht ausreichend waren«.
Ich bin 21 Jahre alt und studiere Grundschullehramt. Ich halte Vorträge vor anderen Studierenden, ich mache Praktika als Lehrerin in Schulen. Niemand erzählt mir, dass ich mal mehr aus mir rauskommen müsse.
Ich bin 28 Jahre alt. Ich arbeite als Dozentin an der Universität. Ich stehe jeden Tag vor Studierenden und spreche. Niemand erzählt mir mehr, dass ich mehr aus mir rauskommen müsse.
Heute. Ich bin 32 Jahre alt, arbeite als Content Creatorin beziehungsweise Influencerin, spreche jeden Tag vor 10000 bis 20000 Menschen in die Kamera und schreibe ein Buch, mit dem ich am liebsten noch ein paar mehr Menschen erreichen möchte. Um ihnen mein Learning mitzugeben – nämlich, dass man verdammt noch mal nicht auf Kommando aus sich rauskommen muss, um irgendwas zu erreichen. Dass ein Berufsweg nicht ausschließlich abhängig ist von den Noten, die im Zeugnis stehen, und auch nicht davon, wofür man sich einst entschieden hat.
Du darfst dich umentscheiden, darfst neu anfangen, neue Wege betreten, auf alte Wege zurückkehren, mal einen Sprung durch die Hecke wagen, dich verlaufen, dich verlieren, stehen bleiben … Manchmal ist es auch unheimlich bereichernd, einfach etwas dazustehen und sich umzuschauen. Wo bin ich gerade? Wer bin ich gerade? Wo möchte ich – ICH! – eigentlich hin? Lass dir nicht sagen, was du schaffen kannst und was nicht, wie du sein oder werden musst. Du bist perfekt, so wie du bist, und es gibt einen Grund, warum du genau so bist, nämlich einzigartig. Manchmal braucht es ein Weilchen, bis man seinen Weg findet, einen, auf dem man gerne geht und gut vorankommt, aber es gibt diesen Weg, und zwar für dich, genau so, wie du gerade bist.
Um mich immer wieder selbst ein bisschen auf meinen eigenen Weg zu manövrieren, habe ich mir gerne in regelmäßigen Abständen folgende Frage gestellt: »Wie geht es mir, wenn ich diese Frage nur mir selbst beantworten soll?« Diese Frage ist der Schlüssel zu vielem, was in uns verborgen liegt. Fragen uns andere Menschen nach unserem Befinden, ist die Antwort nur überaus selten zu hundert Prozent ehrlich. In Millisekunden gehen wir im Kopf unfassbar viele Variablen durch, die Einfluss auf unsere Antwort nehmen. Dazu gehören unter anderem »Wie geht es der anderen Person gerade?«, »Welche Einstellungen vertritt die andere Person?«, »Wie offen kann ich mit dieser Person sprechen, wie nah steht sie mir?«, »Möchte ich dieses Gespräch gerne weiter und tiefergehend führen oder eher beenden?« und viele mehr. Das ist absolut plausibel im sozialen Miteinander. Auf Dauer kann es aber dazu führen, dass wir selbst die wirklich wahrhaftige Antwort gar nicht mehr kennen. Ständig sagen wir beispielsweise »Alles bestens«, anstatt uns mit unseren tatsächlichen Emotionen zu beschäftigen.
Wenn du dir selbst die Frage stellst und lediglich dir selbst antwortest, mit dem Fokus auf ehrlicher Selbstwahrnehmung, dann antwortest du – ggf. nach einiger Übung – hemmungslos und frei von der Angst vor möglicher Verurteilung oder ungewünschten Reaktionen. Schaffe dir deinen eigenen Safe Space, einen Gefühls-Safe-Space mit dir selbst. Du kannst ein Journal oder eine Notizen-App auf dem Handy nutzen, um deine Antworten und Impulse festzuhalten und reflektieren zu können. Wichtig ist dabei, dass du diese Übung nicht mit Erwartungen an dich selbst verbindest. Wenn deine Antwort »Es geht mir gerade nicht gut« lautet, dann überlege noch, wieso du so empfindest, und schreibe es einfach auf. Fühle dich aber nicht unter Druck gesetzt, sofort etwas verändern zu müssen. Deine Gefühle zu erkennen und anzunehmen bedeutet nämlich nicht, dass du umgehend aktiv werden musst, um sie gegebenenfalls in positive Emotionen zu verwandeln. Negative Emotionen haben ebenso ihre Daseinsberechtigung, und es liegt an uns, auch diese anzunehmen, zu schauen, woher sie kommen, und zu durchleben. Natürlich darfst du direkt aktiv werden, wenn dir plötzlich etwas klar wird, sich Möglichkeiten bieten, es sich gut für dich anfühlt. Das eigentliche Ziel dieser Selbstreflexion ist jedoch, dass du langfristig in ganz kleinen, fast unsichtbar wirkenden Schritten deinen eigenen Weg findest und sich somit auch die Zufriedenheit einstellen wird. Wissen wir nämlich, wie es uns geht, was uns beschäftigt und warum wir uns in einer bestimmten Stimmungslage befinden, handeln wir intuitiv anders, als wenn wir uns selbst vorgaukeln, es ginge uns wunderprächtig, obwohl dem nicht so ist.
Gib dir bei dieser Übung etwas Zeit. Wir müssen oft erst lernen, uns selbst gegenüber ehrlich zu sein, und es bedarf einiger Wiederholungen, uns selbst nicht zu verurteilen. Auf Dauer aber ermöglicht es uns einen viel differenzierteren und eindeutigeren Blick auf uns selbst, auf das, was wir tatsächlich gerne wollen, was wir uns wünschen. Durch regelmäßige Besuche deines Gefühls-Safe-Spaces stolperst du außerdem zwangsläufig und zuverlässig auch darüber, wenn du mal von deinem Weg abkommst, und kannst extremen Verwirrungen gezielt und zeitig entgegenwirken. Genauso zeigt die Übung dir auf, wenn es gerade so richtig gut läuft, was dich wiederum festigt. So wirst du auf Dauer resilienter gegenüber Sätzen, wie dass du mehr aus dir herauskommen solltest. Wer sicher in seiner Selbstwahrnehmung ist, gefestigt in Sein und Tun, lässt sich auch wesentlich schwieriger von Triggersätzen verunsichern.
Ich habe früh gelernt, es in Anschreiben und Bewerbungsgesprächen zu erwähnen: Ich bin teamfähig. Firmen würden schließlich Wert darauf legen, dass man in der Lage ist, im Team zu arbeiten.
Ich erzähle dir mal, was es für mich während der Schulzeit hieß, im Team zu arbeiten. Im Team zu arbeiten, bedeutete entweder, dass ich mir den Popo aufriss, während andere zockten, dann aber alle die gleiche – gute – Note bekamen. Je nach Lehrperson konnte es aber auch heißen, dass ich mir den Popo aufriss, andere zockten und an Klebestiften schnüffelten – und wir am Ende den Durchschnitt aus deren schlechten und meiner guten Note bekommen haben. Alle. Teamarbeit bedeutete für mich, dass entweder ich das Plakat erstellte oder wir eben keines hatten für die Präsentation. Teamarbeit bedeutete, dass ausnahmslos ich das Handout schrieb, wenn keine Rechtschreibfehler drin vorkommen und der Abgabetermin eingehalten werden sollten.
Teamarbeit bedeutete für mich, dass ich das Gleiche tat wie ohne Team, mir aber noch anhören musste, dass ich mich mal entspannen solle, nicht so einen Stress machen solle, eine Streberin sei, wirklich schlecht darin sei, abzugeben – ach was, wieso bloß? Es bedeutete, dass ich mein Bestes gab und letztlich die Schuld bekam, wenn etwas trotzdem nicht funktionierte. Es hieß mitunter auch, dass ich bewusst von Lehrpersonen lernschwachen Gruppen zugewiesen wurde, damit ich diese »mitziehe«. Wagte ich es, mich über den Ablauf einer sogenannten Teamarbeit zu beklagen, bekam ich zu hören, dass ich halt auch teamfähig sein müsse.
Im Grunde lernte ich diese »Teamarbeit« als ein Konstrukt kennen, in dem ich bitte nicht gegen andere, sondern stattdessen teilweise gegen mich selbst arbeiten musste. Über die Schuljahre hinweg verinnerlichte ich irgendwann den Glaubenssatz, ich sei nicht teamfähig, weil ich kontrollsüchtig sei und nicht abgeben könne. Das war schließlich das, was ich immer und immer wieder an mir selbst beobachtet hatte, was ich fühlte, wenn ich auch nur an eine Teamarbeit dachte. Rückblickend ist es faszinierend verwerflich, dass Teamarbeit als Methode durchweg genutzt, aber im Grunde nie erklärt oder gelehrt wurde. Sie musste einfach funktionieren, indem man mehrere Menschen zusammenwarf und ihnen auftrug, eine Aufgabe gemeinsam zu erledigen – wie auch immer das dann ablaufen mochte. Bedacht war man lediglich teilweise darauf, mich in Gruppen zu stecken, auf die ich »einen positiven Einfluss« haben sollte, anstatt dass ich mit Freund*innen zusammen im Team arbeiten durfte, was womöglich mal einen positiven Einfluss auf mich gehabt hätte.
Es brauchte einige Jahre an der Universität und viele neue Teamarbeit-Erfahrungen, um eine andere Teamarbeit kennenzulernen. Womöglich jene, von der man eigentlich sprach, wenn es um »Teamarbeit« ging. Ich lernte, aufzuteilen, zu vertrauen und … Freude an Teamarbeit zu entwickeln. Ein kurzer Satz, der sich jetzt in wenigen Sekunden schrieb, aber viele Jahre brauchte, bis mein Herz ihn tatsächlich spüren konnte, und noch einige mehr, bis ich ihn auch laut vorlesen und tippen konnte.
Was ich rückblickend gelernt habe: Ich muss erst mal gar nichts. Die Schulinhalte hierzulande passen schon längst nicht mehr zu den gegenwärtigen Gegebenheiten der (Job-)Welt. Viel wichtiger, als teamfähig zu sein, ist es inzwischen, herauszufinden, wer man selbst ist und wo die eigenen Stärken und Schwächen liegen, nicht auf Teufel komm raus teamfähig zu sein, sondern herauszufinden, was das überhaupt ist – und ob man das gerne macht. Der Jobmarkt ist vielfältig, und uns stehen inzwischen einige Türen offen, wenn wir uns unserer Chancen bewusst werden.
Muss ich wirklich in jedem Berufsfeld außerordentlich teamfähig sein? Ja, eine gewisse Portion Respekt und das Gefühl für ein Miteinander dürfen gerne vorhanden sein. Ich würde mich heute als einen Menschen bezeichnen, der dazu durchaus in der Lage ist, aber Einzelarbeit definitiv vorzieht. Damit habe ich meinen Job und meinen Frieden gefunden. Außerdem habe ich gelernt: Teamarbeit ist nicht gleich Teamarbeit. Unser Bild davon steht und fällt mit den Erfahrungen, die wir dazu oder damit gemacht haben. Selbst Einzelarbeit ist nicht gleich Einzelarbeit, weil auch dafür jedem Menschen unterschiedliche Ressourcen zur Verfügung stehen, die das Ganze für eine Person mit ihren Eigenschaften passend oder weniger passend gestalten.
Also, bevor wir uns sagen lassen, wie wir sein müssen, um etwas zu erreichen, dürfen wir uns selbstbestimmt und selbstbewusst fragen, ob wir das denn überhaupt erreichen wollen. Wir dürfen für uns selbst infrage stellen, was andere als absolut erstrebenswert empfinden. Wir dürfen das Bild, was andere von uns haben oder gerne haben wollen, infrage stellen.
Du musst nicht lauter sein, nicht stiller, nicht entscheidungsfreudiger und nicht abenteuerlustiger, wenn DU es eigentlich gar nicht möchtest. Keine Frage, herauszufinden, was man selbst möchte, ist mitunter eine weitaus größere Herausforderung, als »einfach« etwas zu lernen, um jemandes Ansprüchen zu entsprechen. Aber diese Mühe sollten wir uns alle selbst wert sein. Wir leben schließlich nur einmal.
Mir hat dabei immer mein Bullet Journal geholfen. Ich habe dort beispielsweise festgehalten, welche Träume oder Ziele ich für ein Jahr hatte, aber auch täglich reflektiert und getrackt. Sprich, ich habe zum Beispiel abends etwas notiert, auf das ich an diesem Tag stolz war, was mir meinem Empfinden nach gut gelungen ist, und etwas, das nicht so gelaufen ist, wie ich es mir vorgestellt habe. Ich habe außerdem immer einen Punkt aufgeschrieben, der mich sehr glücklich gemacht hat. Außerdem hatte ich einen Moodtracker, bei dem ich jeden Tag ein Feld mit der Farbe meiner Stimmung ausgemalt habe.
Diese Kombination aus langfristig gedachten Zielen und täglicher Selbstreflexion ergeben zusammen eine wunderbar achtsame Routine, die einen sich selbst näherbringen kann. Man setzt sich unweigerlich mit den eigenen Wünschen und dadurch auch der eigenen Persönlichkeit auseinander. Und je mehr man über sich selbst weiß, umso sicherer wird man sich dessen auch. Wer seine Träume und mögliche Wege dahin kennt, ist viel schwieriger von diesen abzubringen. Ähnlich verhält es sich mit bestimmten Eigenschaften, wie auch mit der Teamfähigkeit. Wenn ich mich intensiv mit mir selbst auseinandersetze, regelmäßig schaue, ob ich zufrieden mit mir, meinen täglichen kleinen bis großen Meilensteinen und auf meinem Weg bin, ist es viel schwieriger, mir einzureden, ich müsse so und so sein.
An dir ist nichts verkehrt – außer die Annahme, dem sei so.
»Stina ist echt das einzige Mädchen, das ich kenne, das beim Gehen nicht mit dem Arsch wackelt« – dieser Satz wurde in der 9. Klasse über mich gesagt. Was er mit mir gemacht hat? Spulen wir etwas zurück: Ich habe in meinem Leben – bis auf eigene Ausnahmen – die Kleidung getragen, in der ich mich wohlgefühlt habe. Ich habe Trends und ihre Verfolger*innen durchaus wahrgenommen, aber ich konnte ihnen häufig nichts abgewinnen. Ich habe darüber nachgedacht, ob womöglich auch unsere finanzielle Situation dazu beigetragen hat, dass ich nicht ständig Trends hinterhergeshoppt habe. Wir hatten immer genug Geld, um gut und glücklich zu leben, Ausflüge zu machen und Eis zu essen, zählten aber nicht zu der Oberschicht, die in Saus und Braus lebte. Unsere Eltern haben eigene Hobbys und Bedürfnisse großzügig zurückgesteckt, um uns Kindern Wünsche und Träume zu erfüllen. Aber wenn ich so zurückdenke, dann war da auch einfach kaum Interesse an Fashion meinerseits. Ich habe in meiner Freizeit gezeichnet, mir Einradfahren beigebracht, viel gelesen, geschrieben und auch viel für die Schule gelernt. Ich war zumeist mit mir und meiner Welt beschäftigt und scherte mich recht wenig darum, was andere Menschen, insbesondere andere Jungen, von mir hielten. Mein Äußeres wurde mir mit voranschreitendem Alter und zunehmendem Austausch mit anderen Mädchen in der Schule zwar wichtiger, aber bis dato längst nicht so wichtig, dass ich mir ernsthaft Sorgen darum machte.
Bis dato, bis zu diesem einen Tag. Wir hatten Chemieunterricht in einer Art Hörsaal in der Realschule, in dem sich die Sitzplätze auf mehreren Ebenen verteilten. Ich musste auf die Toilette, verließ meinen Platz, ging runter, und gerade, als ich durch die Tür schritt, hörte ich noch, wie ein Klassenkamerad abschätzig sagte: »Stina ist echt das einzige Mädchen, das ich kenne, das beim Gehen nicht mit dem Arsch wackelt.« Und das hat mir eindrücklich und nachhaltig bewusst gemacht: Menschen gucken, beobachten und bewerten. Und oft teilen sie ihre Meinung mit anderen.
Ich sprach im Nachhinein mit einer Klassenkameradin darüber, und sie sagte: »Na ja, ist ja schon so, dass du auch mehr aus dir machen könntest.« Mehr aus mir machen? Optisch meinte sie wohl. Und das ratterte in mir. Nicht wirklich bewusst, eher unterbewusst und für sehr lange Zeit. Die Frage in meinem Kopf, was andere über mein Aussehen denken könnten, wurde lauter, das unangenehme Gefühl, beobachtet zu werden, wenn ich mich durch den Raum bewegte, stärker. Ich existierte nicht mehr ausschließlich für mich und mein Befinden, sondern auch für die Wahrnehmung anderer. Nicht von jetzt auf gleich, das war ein langer Prozess, der sich über Jahre erstreckte und bis heute anhält. Und es war auch nicht nur diese Situation, die dazu beitrug; es gab noch den ein oder anderen Moment, der ein bestimmtes Empfinden in mir festigte. Das Gefühl, dass erstens offensichtlich die Haltung anderer wichtig und dass ebendiese Haltung nicht unbedingt positiv ist – zumindest nicht positiv im Sinne eines Menschen, der versuchte, dazuzugehören. Zu einer Welt, in der skinny Jeans, enge, bauchfreie Oberteile und Feiern in, aber eigentlich nicht meins waren. Obgleich ich von zu Hause das warme Gefühl vermittelt bekam, dass ich genau richtig sei, wie ich bin, saß da immer dieses winzige Teufelchen, das flüsterte, dass ich ja anders sei und warum ich denn so anders sei, wo ich doch bloß mehr aus mir zu machen bräuchte, wenn ich dazugehören wollte, wo ich mich doch nur anders kleiden und mit dem Po wackeln müsste, um dazuzugehören.
Eine gewisse Zeit lang blieb dieses Teufelchen recht leise, glich einem Flüstern. Auch dann noch, als mich ein Kommilitone im Fitnessstudio ansprach und meinte, er habe mich erst gar nicht erkannt, weil ich solche Schlabbersachen trüge, was ich ja gar nicht nötig hätte. Dieser Satz ist in vielerlei Hinsicht spannend, zusammenfassend zeigt er aber einmal mehr, dass Menschen schauen, beobachten und bewerten. Und ich offensichtlich noch immer mehr aus mir machen könnte, ich ja meinen Look (der mir ja vielleicht auch einfach gefallen hat?!) »gar nicht nötig hätte«.
Als Jungen beziehungsweise Männer dann doch irgendwann in den Fokus meiner Aufmerksamkeit rückten, wurde das Teufelchen lauter, gewann der Aspekt des äußeren Erscheinungsbildes noch mal aus einer anderen Perspektive zunehmend an Relevanz. Fortan zerbrach ich mir zeitweise nicht nur den Kopf darüber, wie andere generell mich wahrnehmen würden, sondern malte mir zudem aus, wie ganz bestimmte Personen, nämlich Männer, die ich selbst interessant fand, mich wohl wahrnahmen. Auf welches Bild von Frau standen die Männer, die ich gerne für mich gewinnen wollte? Wem sahen sie hinterher, mit wem gingen sie Hand in Hand? Wie sahen diese Frauen aus? Und könnte ich wohl auch so aussehen, wenn ich mehr aus mir machte? Auf die Idee, dass ich nicht zu jemandem passen musste, sondern man zueinanderpasste, wenn man sich gegenseitig genau so mochte, wie man eben war, kam ich erst später.
Tatsächlich gelang es mir irgendwann, mich mit einem Mann zu verabreden, von dem – so meine Worte – ich niemals gedacht hätte, dass er an jemandem wie mir Interesse haben könnte. »Optisch überlegen« nannte ich das damals. In meinen Augen sah er »zu gut« für mich aus und versetzte mich so automatisch in eine Position, die ich zunächst als verliebt anhimmelnd empfand, die sich aber im Grunde als unterlegen oder gar abhängig entpuppte. Dieser Mann ging mit mir shoppen. Nicht, um Kleidung zu finden, die mir gefiel, sondern um welche zu finden, die ihm an mir gefiel. »Du kannst viel mehr aus dir machen. Probier doch mal das hier.« Ich kleidete mich also etwa zwei Jahre lang in Kleidung einer Marke, die meinem Partner an mir gefiel, überlegte morgens nicht mehr, worin ich mich wohlfühlen, sondern worin er mich hübsch finden würde. Ich fühlte mich für eine gewisse Zeit lang sogar vermeintlich gut, war stolz auf mich, weil ich ja nun schließlich endlich mehr aus mir gemacht hatte. Ironischerweise endete diese Beziehung nach einigen Jahren und mit einem angeknacksten Selbstwertgefühl meinerseits, als er auf die Frage »Liebst du mich eigentlich?« mit »Weiß ich nicht …« antwortete.
Bis heute bin ich nicht ganz frei von dem Gedanken, dass es eben nicht egal ist, wie andere mich optisch sehen und bewerten. Allerdings konnte ich den »Du musst mehr aus dir machen«- Gedanken abschütteln, ihn hinter mir lassen in den Klassenzimmern sowie Hörsälen meines Werdegangs und den Geschäften einer Kleidungsmarke, die ich eigentlich gar nicht mochte.