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***15 Couple Goals für ein Real-Life-Wintermärchen*** In diesem Jahr läuft alles rund! Kimara hat tolle Noten, einen unglaublichen Sommer gemeinsam mit ihrer besten Freundin in London verbracht und den ersten Platz beim DIY-Wettbewerb belegt. Fehlt nur noch eins, um das Glück perfekt zu machen: ihr persönliches Real-Life-Wintermärchen! Schon lange ist sie in den süßen Jona verliebt, doch bisher scheint er sie kaum wahrzunehmen. Um das zu ändern, entwickelt Kimara einen bombensicheren Plan für eine romantische Adventszeit mit Jona – denn Pläne schmieden kann sie besonders gut. Blöd nur, dass die auch gerne mal schiefgehen … Eine zuckersüße Winter-RomCom! Romantisches Lesefutter für die kalten Tage!
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Evelyn Uebach
Sternstunden mit dir
***15 Couple Goals für ein Real-Life-Wintermärchen***
In diesem Jahr läuft alles rund! Kimara hat tolle Noten, einen unglaublichen Sommer gemeinsam mit ihrer besten Freundin in London verbracht und den ersten Platz beim DIY-Wettbewerb belegt. Fehlt nur noch eins, um das Glück perfekt zu machen: ihr persönliches Real-Life-Wintermärchen! Schon lange ist sie in den süßen Jona verliebt, doch bisher scheint er sie kaum wahrzunehmen. Um das zu ändern, entwickelt Kimara einen bombensicheren Plan für eine romantische Adventszeit mit Jona – denn Pläne schmieden kann sie besonders gut. Blöd nur, dass die auch gerne mal schiefgehen …
Eine zuckersüße Winter-RomCom! Romantisches Lesefutter für die kalten Tage!
Wohin soll es gehen?
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Vita
Es war einmal … vor 8 Wochen
»Jahaa, ich bin sofort da!« Ich kann den Lichtschalter nicht finden und taste mich deshalb im Dunkeln die teppichgepolsterten Treppenstufen hinunter. Viel zu spät kommen und dann Sturm klingeln wie der ungeduldigste Mensch auf der Welt – wie ist die denn drauf?
Alle anderen sind schon abgeholt worden, und jetzt hat wohl auch die Mutter der Zwillinge es endlich hergeschafft.
Im Flur falle ich fast über einen am Boden liegenden Kinderstiefel. Durch die Milchglasfenster in der Haustür dringt gedämpftes Licht herein.
Ich greife nach der Klinke, ziehe die Tür auf und stolpere vor Überraschung erst mal zwei Schritte zurück.
Das ist … nicht Linns und Leonies Mutter.
Der Schein der Straßenlaterne fällt auf einen Jungen mit dunklem Haar. An seiner Seite baumelt ein Turnbeutel. Obwohl es klirrend kalt ist, steht seine Jacke offen, und er atmet schnell.
»Jona???«
Es ist seltsam mit den Leuten, die man nur aus bestimmten Zusammenhängen kennt. Lehrer, die plötzlich an der Supermarktkasse stehen; Nachbarn, denen man im Urlaub begegnet, oder … Jona aus meiner Klasse, der aus unerfindlichen Gründen bei einem Kindergeburtstag klingelt.
Wir starren einander an, und er blinzelt ein paar Mal – als wäre er sich nicht sicher, ob diese Gestalt mit den langen hellblonden Haaren vor ihm einer Parallelwelt entsprungen ist. Vielleicht trägt die Tatsache, dass ich ein mir viel zu großes altes Hemdkleid mit Papageiendruck von meiner Mutter trage, dazu bei. War trotzdem eine gute Wahl; es hat im Laufe der Party nämlich sowohl Fanta als auch einen ordentlichen Spritzer Flüssigkleber abbekommen.
»Ki … hey. Was machst du denn hier?«, fragt Jona und betrachtet jetzt stirnrunzelnd … meinen Mund?
»Geburtstag feiern … Also nicht meinen. Annetts. Sie wird acht.« So ganz gefangen hab ich mich noch nicht wieder. »Ihre Mutter ist eine Freundin meiner Familie. Sie hatte gefragt, ob ich helfen kann.«
»Ah, cool. Ich bin wegen meinen Schwestern hier.«
»Schwestern?« Sehr intelligente Rückfrage.
»Linn und Leonie. Sorry, hab zu spät gelesen, dass ich sie holen soll. War noch beim Schwimmtraining.«
Er hört sich irgendwie ziemlich abgekämpft an. So habe ich ihn noch nicht erlebt. Aber für gewöhnlich reden wir auch nicht wirklich miteinander. Sonst hätte ich vielleicht gewusst, dass er der große Bruder der Zwillinge ist.
»Kein Problem, komm doch rein«, sage ich und halte die Tür weiter auf.
»Danke. Meinst du, ich kann ein Glas Leitungswasser kriegen? Hab meine Flasche vergessen und verdurste ein bisschen.«
»Sicher.«
Er tritt in den Flur und streift sich die Schuhe von den Füßen. Von oben klingt Mädchengelächter zu uns herunter.
»Du scheinst sie bei Laune gehalten zu haben«, stellt Jona fest, während er die Jacke an die Garderobe hängt.
»Wir geben euch noch fünf Minuten!«, rufe ich nach oben. Annett, Linn und Leonie sitzen immer noch mit Feuereifer an ihren Window-Color-Bildern und ich wette, sie sind froh, wenn ich noch etwas mehr Zeit für sie rausschlage. Ich gehe voran in die Küche und knipse das Licht an. »Die zwei sind total süß und unkompliziert.«
Jona lacht, aber auch das klingt müde. »Das würdest du nicht sagen, wenn du sie länger als einen Nachmittag kennen würdest.«
Ich nehme ein Glas aus dem Schrank und komme mir reichlich seltsam vor – allein mit ihm, in einem Haus, in dem keiner von uns beiden wohnt. Das Rauschen des Wassers füllt das Schweigen zwischen uns.
Er nimmt das Glas entgegen und trinkt es in einem Zug aus.
»Mehr?« Ich strecke die Hand wieder danach aus, um es noch mal vollzumachen, und als er es mir reicht, streifen sich unsere Finger. Fast lasse ich es ins Spülbecken fallen. Ich glaube, trotz all der Zeit, die wir schon im selben Raum verbracht haben, haben wir uns niemals auch nur flüchtig berührt. Das winzige bisschen Haut kribbelt wie verrückt.
Das ist nur Einbildung, chill mal, es war nur eine Glasübergabe!
»Du hast da übrigens blaue Farbe am Kinn«, sagt Jona.
»Na super«, murmele ich und versuche, sie wegzureiben. Dahin hat er also eben geguckt.
»Nein, nicht da, warte … Darf ich?«
Er macht im selben Moment einen Schritt nach vorn wie ich, sodass wir zusammenprallen.
»Ups, sorry.« Er weicht einige Zentimeter zurück und fährt dann mit dem Daumen über die Stelle an meinem Kinn, die ich nicht erwischt habe.
Ich müsste mal schlucken. Luft holen. Was sagen? Aber wie geht das alles noch mal?
»Siehst du?« Jona zeigt mir zum Beweis seine blaue Daumenkuppe und tritt ans Spülbecken, um die Farbe abzuwaschen.
Endlich beschließt mein Körper, sich wieder auf Atemzufuhr einzustellen. Ich räuspere mich. »Du wirkst, als wäre heute nicht dein Tag gewesen.« Mit einem möglichst nicht-verlegenen Lächeln nehme ich die Abdeckhaube von dem Teller auf der Arbeitsfläche. »Willst du vielleicht ein Stück?«, frage ich und deute auf den letzten Rest Regenbogentorte.
Jonas Gesicht hellt sich ein bisschen auf. »Ja, mein Tag war mies, aber er wird gerade besser.«
Er sieht nicht das Tortenstück an, sondern mich.
»Da«, sage ich wie ein kleines Kind und deute auf die Besteckschublade.
Bravo, weiter so, Ki! Da, da, da – dada.
»Da sind Gäbelchen drin«, schaffe ich beim zweiten Anlauf herauszubringen.
Jona grinst schief und holt dann gleich zwei aus der Schublade. »Teilen wir?«
Ähhhm.
»Zwei Bissen nehm ich.«
»Deal.«
Wir setzen uns an den Küchentisch.
Jona macht eine einladende Geste mit der Hand, und ich trenne die Spitze vom Tortenstück mit der Kuchengabel ab und schiebe sie mir in den Mund. Ich kaue langsam und sehe zu, wie Jona in derselben Zeit das halbe Stück verputzt.
Mein Hirn ist damit beschäftigt zusammenzukratzen, was ich über ihn weiß. Viel ist es nicht. In der Schule ist er eher mittelgut, in Physik allerdings der Einzige, der was checkt. Mir fällt niemand ein, der so gar nicht mit ihm klarkommt. Mal ganz davon abgesehen, dass er in unserer Sportumkleide auffällig oft Thema ist. Eingeklinkt habe ich selbst mich da nie. Sich für zu beliebte Jungs zu interessieren, halte ich für selbstzerstörerisch. War jedenfalls bis gerade so.
Echt jetzt? Wird Zeit, dass du die Mädels runterholst, meinst du nicht?
Der Wunsch meiner inneren Stimme erfüllt sich schon im nächsten Moment von selbst: Kinderfüße trampeln die Stufen herunter.
Wie ertappt springe ich vom Tisch auf, als Linn und Leonie in die Küche gestürmt kommen.
»Jona!«, rufen sie gleichzeitig, und es klingt, als hätte man ein und dieselbe Stimme auf zwei Tonspuren übereinandergelegt. Da sie heute genau das gleiche Outfit und ihre braunen Haare offen tragen, sind sie auch sonst ziemlich schwer zu unterscheiden.
Die eine hüpft neben mich und strahlt ihren Bruder an, während die andere ihm die Folie mit ihrem noch trocknenden Fensterbild unter die Nase hält. »Erkennst du, was das ist? Erkennst du’s?«
Jona schluckt das letzte Stückchen Torte runter und betrachtet das Bild – Leonies, wie ich jetzt sehe – eingehend. »Eine Geschenkepackelfe«, rät er.
»Genau! Die kommt im Dezember an mein Fenster. Oder an deins, wenn du willst. Bei den Augen hat Ki mir geholfen! Vielleicht sollte sie dir auch mal helfen, die von deinen Comicfiguren sind noch nicht so gut.«
»Autsch.« Jona legt sich theatralisch eine Hand ans Herz, bevor er wieder zur Elfe und dann zu mir schaut. »Aber ja, ziemlich gelungen!«
Jetzt werde ich auch noch rot. Wegen eines Kompliments für ein Kinderkunstwerk. Oh. Mann.
Annett und ihre Mutter sind jetzt auch im Türrahmen aufgetaucht.
Jona steht auf und geht hin, um zu gratulieren. Leonie heftet sich rechts und Linn links an seine Seite, und da mich gerade niemand weiter beachtet, nutze ich die Chance, um mein Handy hervorzuholen. Ich muss mit meiner besten Freundin teilen, was hier gerade passiert ist.
Valeska, bei mir hat’s gefunkt! Ziemlich heftig. Mit Jona. JONA.
»Dann bis morgen.«
Ich zucke zusammen. Vor lauter Getippe hab ich nicht bemerkt, wie Jona wieder zu mir gekommen ist, um sich zu verabschieden.
»Ja, bis morgen.« Ich schaffe es nicht, seinen Blick zu halten, und senke meinen. Oh, da ist ein roter Fussel von meinem Flauschpulli an seinem dunklen Sweater hängen geblieben. Muss bei unserem kleinen Zusammenstoß passiert sein. Ich traue mich nicht, ihn darauf hinzuweisen.
Vielleicht gefällt mir auch nur die Vorstellung zu gut, dass er etwas von mir mit nach Hause nimmt.
Als alle in den Flur gehen, vibriert mein Handy. Valeska hat geantwortet.
Bist du dir sicher??? Jona?
»Tschüss, Ki!«, ruft Linn oder Leonie und dann auch die andere noch mal.
Ich schaue schnell um die Ecke, um ihnen noch zu winken. Ihr Bruder wirft mir einen letzten langen Blick zu, und ich würde alles für seine Gedanken geben.
Kaum ist die Tür zugefallen, fliegen meine Finger wieder über mein Handydisplay.
Ja. Jona.
Diese Projektmappe gehört:
Kimara Moorbrink
Inhalt:
Mission Wintermärchen
Projektziel A: Beziehung
Mit wem? Jona Weinreich
Wann? baldmöglichst & 4ever
Wie? vergleiche Step 1–10 in dieser Mappe
Projektziel B: superromantische Advents- und Weihnachtszeit
Mit wem? siehe oben
Wann? ergibt sich aus Projektziel A
Wie? vergleiche Couple Goals in dieser Mappe (15 Stück, Reihenfolge variabel)
Mission Wintermärchen: Step 1
Verfasst am:12. November
Gehört zu: Projektziel A
Aufgabe: Ankündigung, dass mein Singlestatus bald endet
Beteiligte: ich und der Rest meiner Familie
Erfüllungstermin: Sonntag, 1. Advent, Abendessen
Erfüllungsort: zu Hause
Anmerkungen:
Der Countdown läuft! Wenn ich heute Step 1 erledige, gibt es kein Zurück mehr. Das ist auch ehrlich gesagt der Sinn der Sache. Wenn ich nämlich meiner Familie gegenüber verkünde, dass ich bald einen Freund haben werde, wäre es megapeinlich, einen Rückzieher zu machen. Zusätzlich dazu, dass ich Projektziel A & B unbedingt erreichen muss, damit ich nicht an unerwiderter Liebe zugrunde gehe. Dramatisch, ich weiß, aber so fühlt es sich an.
Noch geht’s mit der Aufregung, aber spätestens, wenn ich bei Step 4 bin … puh! Ich bin wirklich vollkommen okay damit, dass ich diejenige sein werde, die aktiv den ersten Schritt macht (oder eher die ersten Schritte – Plural, es sind immerhin zehn!), aber Mut wird mich das schon kosten. Kann schließlich auch total danebengehen, und was dann? Jona und ich sehen uns jeden Tag in der Schule, und es könnte extrem unangenehm für mich werden, wenn … Nein, Schluss mit den Zweifeln! Mein Plan ist bombensicher und so gut ausgefeilt, dass gar nichts schieflaufen kann. Ich habe ewig drangesessen und alles durchdacht.
Es heißt doch immer, man soll an sich selbst glauben. Also tu ich das. Ich bin ziemlich cool und schlau und talentiert. Jona wäre ja komplett blöd, wenn er mir einen Korb gibt. Ende der Diskussion (mit mir selbst).
Ich schweife ab. Also: Heute Abend, Esszimmertisch. Papa, Mama, Daphne und meine Neuigkeiten.
Kapitel 1
»Ich möchte euch bald jemanden vorstellen«, sage ich und pike ein Mozzarella-Bällchen auf, um es mit meinem letzten Stück Tomate zusammen zu essen.
Ziemlich genau in vierzehn Tagen, füge ich in Gedanken hinzu.
»Jemand Besonderen?«, fragt meine Mutter und wirft dabei meinem Vater, der ihr gegenübersitzt, diesen Blick zu, der sagt: Haben wir nicht eine süße, niedliche, unglaublich knuffige Tochter?
Etwas sagt mir, dass sie mich schon an meinem ersten Lebenstag auf diese Art angesehen hat. Es ist in gewisser Weise ein Mutter-zu-Baby-Blick.
Ich verdrehe die Augen.
»Ist es Jona?« Meine zwar zwei Jahre jüngere, aber den Blick sehr viel seltener bekommende Schwester streicht sich gerade eine hauchdünne Schicht Frischkäse aufs Brot.
Und das ist genau der Grund, warum niemand Daphne süß findet – sie macht immer nur Ärger. Wie jetzt gerade. Ich meine, hallo? Das wäre meine Enthüllung gewesen, und zwar erst in zwei Wochen!
»Wie kommst du denn darauf?«, frage ich etwas genervt.
Die Blicke meiner Eltern switchen inhaltlich zu: Oh, oh, gleich fetzen sich unsere Mädels …
»Laaaass mich überlegen«, sagt Daphne und trinkt erst mal einen großen Schluck Hafermilch. »Vielleicht, weil du ihn ständig erwähnst?«
Tu ich das? Ich dachte, nur in meinem Kopf. Na ja, gut, und manchmal krakele ich unsere Namen auf meinen Block, wenn ich an den Hausaufgaben sitze. Sie sehen eben schön aus zusammen. Moment …
»Daphne, hast du meinen Collegeblock genommen?«
»Nee, ich brauchte nur ein einziges Blatt. Meiner war leer, und wir sollten mindestens zwei Seiten schreiben für Deutsch.«
Grrr! Schwestern.
»Besorg dir einfach mal vernünftige Hefte. Oder benutz die Rückseiten.«
»Wer ist denn Jona?«, fragt meine Mutter, und sein Name aus ihrem Mund ist gerade etwas zu viel für mich.
»Niemand«, murmele ich. Damit dürfte ich die Untertreibung des Jahrhunderts, nein, des Jahrtausends gebracht haben.
Mist, das kommt dann aber komisch, wenn ich ihn demnächst mitbringe. Das muss ich sofort richtigstellen. Sonst sagt meine Mutter zur Begrüßung noch so was zu ihm wie: Hallo, Jona, schön, dich kennenzulernen! Ki meinte letztens, du wärst eigentlich niemand Besonderes.
»Also … Jona ist in meiner Klasse«, erkläre ich. »Ich habe ihn garantiert schon erwähnt.«
»Sag ich ja.« Daphne grinst.
Ich zermartere mir das Hirn, was ich noch Unverfängliches über ihn sagen könnte. Das Problem ist, dass ich sehr schnell ins Schwärmen gerate, wenn ich von ihm spreche, und das wäre mir vor den dreien dann doch etwas peinlich. Andererseits hatte ich mir vorgenommen, Klartext zu reden.
»Ich finde ihn gut und er mich, denke ich, auch, und deswegen sind wir quasi dabei, ein Paar zu werden.«
Geht doch! Jetzt wissen sie’s.
»Träum weiter«, nuschelt Daphne mit vollem Mund. »Nicht deine Liga.«
Manchmal nervt es, dass sie an derselben Schule ist wie ich. Mir wäre es lieber, sie wüsste noch gar nicht, wer Jona ist.
Aber ich lasse mich nicht provozieren. Auch wenn ein kleiner Teil von mir befürchtet, dass sie recht hat.
Doch seit dem Funken-sprüh-Abend ist alles anders. Ich frage mich immer noch, wie ich davor so blöd sein konnte. Valeska macht sich gern drüber lustig, dass ich mich »blitzverliebt« habe. Ich selbst glaube eher, ich war vorher einfach unaufmerksam und hätte schon viel früher darauf kommen können, dass Jona und ich zusammengehören. Es passt einfach, ich spüre das.
»Das ist doch super!«, meldet mein Vater sich etwas zu begeistert zu Wort.
Meine Mutter fängt an zu nicken und hört gar nicht mehr damit auf.
Okay, sieht so aus, als könnte hier niemand wirklich was mit meinem Plan anfangen. Das war eine Schnapsidee.
»Kann ich bitte mal die Butter haben?«, frage ich meinen Vater, und zum Glück ist das unangenehme Gespräch damit beendet.
Daphne fängt an, um zusätzliches Weihnachtstaschengeld zu betteln, weil sie beim Shoppen irgendein Kleid gesehen hat, das sie für unseren Besuch bei Oma und Opa am 1. Weihnachtsfeiertag unbedingt braucht. Denen wäre es wohlgemerkt auch egal, wenn sie in Jeans und Hoodie käme. Ich vermute, dass sie irgendwo eingeladen ist, vielleicht bei dieser Paola, die in einer dieser protzigen Villen am Ortsrand wohnt. Die sehen aus, als wären sie dafür gebaut, direkt am Strand zu stehen, obwohl das Meer von hier aus immer noch zwanzig Minuten mit dem Auto entfernt ist. Wenn man Kiel und Lübeck auf der Landkarte mit einer Linie verbinden würde, lägen wir – mit einem kleinen Schlenker – ziemlich genau in der Mitte. Aber auch das rechtfertigt keine Strandschlösser.
Während wir zu Ende essen, gehe ich in Gedanken noch mal alles für morgen durch: Da geht es dann weiter mit Step 2und3.
Kaum ist der Tisch abgeräumt, verziehe ich mich in mein Zimmer. Heute Nachmittag habe ich angefangen, es winterlich zu dekorieren. Mein Scherenschnitt-Dorf klebt jetzt am Fenster, darüber trudeln die Schneeflocken, die ich in liebevoller Detailarbeit gebastelt habe. An meiner Wand hängen die beiden goldenen Sterne mit den warm leuchtenden Lämpchen, unterstützt von den selbst gemachten Lichterketten am Bücherregal und überm Bett. Jetzt, wo es draußen dunkel ist, wirkt das alles richtig heimelig. Meine Arbeit hat sich echt gelohnt und das Ergebnis kann sich sehen lassen!
»Wie willst du das denn anstellen?«, ertönt Daphnes Stimme hinter mir, und ich zucke vor Schreck zusammen. »Das mit Jona?«
Ich drehe mich zu ihr um. »Als ob ich das ausgerechnet dir verraten würde. Wieso interessiert dich das überhaupt?«
Sie lehnt sich an den Türrahmen und streicht sich den Pony aus dem Gesicht, den sie gerade rauswachsen lässt und dem noch genau die paar Millimeter fehlen, damit er hinterm Ohr bleibt. Ihre Haare sind eine ganze Spur dunkelblonder als meine, gerade jetzt im Winter, und sie trägt sie nur knapp schulterlang. Meine dagegen fallen fast bis zur Hüfte, und abgesehen davon, dass sie die Angewohnheit haben, gern mal irgendwo hängen zu bleiben, hab ich sie gern so lang.
»Na ja, vielleicht muss ich den armen Kerl am Ende ja noch vor dir warnen«, sagt sie. »Er hat ja keine Ahnung, was für eine Dramaqueen es auf ihn abgesehen hat.«
»Nett«, entgegne ich, und sie wirft mir einen Luftkuss zu.
Ich verkneife mir den Kommentar dazu, dass von uns beiden definitiv sie die Dramatischere ist. Ich bin mit Abstand die Vernünftigere – aber auch gefühlsbetont-kreativ, und das ist doch eigentlich eine ziemlich gute Mischung, oder nicht?
»Außerdem muss ich erst noch abchecken, ob er gut genug für meine Schwester ist«, erklärt Daphne. »Und ob ich mit ihm klarkomme – immerhin würde er dann ständig hier rumhängen.«
Ich hole die Schachtel mit meiner kleinen Elch-Sammlung vom Bett. Die wollen alle noch platziert werden. Als Erstes nehme ich den kleinen grauen aus Kunststein heraus, den mit der Nikolausmütze und dem Schal. Fensterbank? Kommode? Nachtschränkchen!
»Entscheide dich mal, Daphne – willst du jetzt mich vor ihm schützen, ihn vor mir oder dich vor ihm?«
Als Nächstes findet die weich beflockte Kunststoff-Elchfamilie ein schönes Plätzchen vor meinen Fantasy-Büchern auf dem Regal.
»Na, alles?!«
»Misch dich einfach ausnahmsweise mal nicht ein, ja? Die Welt dreht sich auch weiter, wenn du nicht überall dazwischenfunkst – möglicherweise sogar reibungsloser.«
»Haha.«
Ich greife mir die beiden Holzelche mit dem weißen Fell und gehe zu Daphne, um sie ihr in die Hände zu drücken. »Kannst du die auf die Anrichte im Flur bringen? Da machen sie sich bestimmt gut.«
Sie wirft mir noch einen langen, vielsagenden Blick zu, bevor sie den Deko-Auftrag ausführt.
Oh Mann. Hoffentlich hält sie sich raus.
Mission Wintermärchen: Step 2
Verfasst am:12. November
Gehört zu: Projektziel A
Aufgabe: meine beste Freundin für den Plan gewinnen
Beteiligte: Valeska & ich
Erfüllungstermin: Montag, 28. November
Erfüllungsort: Schule
Anmerkungen:
Bisher habe ich noch niemandem etwas von meiner Projektmappe erzählt. Aber eine Person werde ich einweihen: Valeska. Sie ist erst im Frühjahr neu an unsere Schule gekommen, und es war Freundschaft auf den ersten Blick. Wir können praktisch die Gedanken der jeweils anderen lesen und vertrauen uns blind.
Bei den ganzen Schritten, die ich noch vor mir habe, brauche ich dringend Support. Jemanden, der mich motiviert und mich zur Vernunft bringt, wenn ich kurz vorm Durchdrehen bin. Und seien wir ehrlich: Dazu wird es bei dieser Mission mit Sicherheit früher oder später kommen. Jona ist es nun mal absolut wert, dass man wegen ihm durchdreht.
Valeska wird wie schon so oft mein Fels in der Brandung sein. Während ich manchmal einfach zu viel auf einmal will und mich leicht in Dinge hineinsteigere, behält sie immer einen kühlen Kopf und prüft meine Ideen auf Logik und Durchführbarkeit. Wenn sie meine schönen Steps und Couple Goals absegnet, sind sie so gut wie erreicht!
Ich bin wirklich gespannt, was sie zu meinem Plan sagen wird. Entweder sie wird ihn feiern – oder mich für verrückt erklären.
Kapitel 2
Wahrscheinlich bekomme ich wegen Jona bald eine Nackenstarre. Nachdem ich ihn während der Doppelstunde Mathe immer wieder beobachtet habe, zieht es schon ein bisschen in den Schultern. Das Gute ist, er sitzt am Fenster, weshalb mein Starren also immer auch als Blick in die Ferne gedeutet werden könnte. Leider ist es aber dieselbe Reihe, in der auch mein Platz ist, weswegen ich eben immer den Kopf zur Seite drehen muss – und er schaut nie zurück. Wieso schaut er nie zurück? Spürt er meine Blicke nicht?! Wenn er nicht herschaut, denkt er auch nicht an mich, oder? Ob er sich überhaupt bewusst macht, dass wir uns im selben Raum aufhalten? Ich kann jedenfalls an nichts anderes denken.
Als es zur Pause klingelt, schiebt Valeska mir ihr Heft rüber, in das sie ein paar Zahlen übereinandergeschrieben hat, die mir nichts sagen: 5, 3, 1260, 0 zu 20000.
»Hä?«, frage ich.
Ihre goldblonden Locken tanzen, als sie den Kopf über mich schüttelt. »Falls du das fürs Protokoll brauchst: 5-mal hat er sich gemeldet, 3-mal ist er drangekommen, 1260-mal hat er geatmet, ausgegangen davon, dass er das 14-mal in der Minute tut, und 0-mal hat er gedacht: ›Boah, Ki ist so heiß!‹, während du umgekehrt bei 20000-mal liegst.«
»Ich will gar nicht, dass er das denkt«, kontere ich. »Sondern, dass er mich für mein umwerfendes Wesen liebt, klar?«
»Umwerfende Wesen? Das seid ihr zwei wirklich!«, kommt es plötzlich von hinter uns, und schon steckt Manuel den Kopf zwischen uns und knufft mir mit der Faust gegen die Schulter, bevor er Valeska einen Kuss auf die Lippen drückt. Sie legt ihm die Hand in den Nacken und zieht ihn näher, und hinten im Klassenraum johlen ein paar Nervensägen.
Ich schaue taktvoll weg und tausche schon mal meine Mathe- gegen die Englischsachen.
Die beiden sind unfassbar süß zusammen, aber ein bisschen komisch ist es trotzdem noch, sie so zu erleben. Manuel und ich sind schon seit dem Kindergarten Freunde, Valeska und ich zwar viel weniger lange, aber es fühlt sich nicht so an.
»Ich muss leider noch zum Klauber und nach meinem Nachschreibtermin für Deutsch fragen«, höre ich Manuel sagen und atme innerlich auf. Ich hatte mich schon gefragt, wie ich ihn in der Pause für eine Weile loswerden soll. Sosehr ich ihn auch mag – ich weiß, er würde meinen Plan albern finden. Außerdem hoffe ich, dass er bald mal wieder mehr mit seinen anderen Freunden rumhängt statt immer nur mit uns. Wenigstens, solange Jona noch nicht in mich verliebt ist und ich ständig meine Interpretation des berühmten fünften Rads am Wagen zum Besten geben darf. Ich bin mir außerdem nicht sicher, ob Manuel inzwischen darüber hinweg ist, dass Jona beim letzten Theaterstück ihrer AG die Rolle bekommen hat, die er gern gehabt hätte. Er ist da, glaube ich, etwas in seinem Stolz gekränkt.
Eine Hand landet am vorderen Rand meines Tisches, und ich weiß schon, zu wem sie gehört, bevor ich aufblicke. Jona steht neben meinem Stuhl und stützt sich lässig ab, während er irgendwas zu Max sagt, der am Nebentisch rechts von Valeska und mir sitzt und gerade seine Brotbox aus dem Rucksack zieht.
Ich höre nicht zu, worum es geht, weil ich zu sehr abgelenkt bin von Jonas Nähe. Seine Hand ist viel größer als meine. Ich könnte jetzt etwas Wahnwitziges tun und meine Hand einfach auf seine legen. Mühsam beherrsche ich mich und linse stattdessen so unauffällig wie möglich zu ihm hoch, während ich mir mein Hausaufgabenheft vom Tisch angle und mich mehr oder weniger daran festklammere. Über Jonas Ohr kringeln sich seine braunen Haare auf äußerst süße Weise, und ohne Witz, wie schön kann ein Lachen bitte sein?
»Was meinst du, Ki?« Jetzt wendet er sich mir zu, und ich erstarre.
»Was meine ich wozu?« Ich staune darüber, dass ich es schaffe, stotterfrei zurückzufragen.
»Max meint, mein Pulli gehört in die Tonne.« Er öffnet seine dunkelgrüne Sweatjacke, damit ich den Pullover darunter bewundern kann. Ein Elch mit Bommelnase grinst mir entgegen. Wenn das kein Zeichen ist!
Ich lehne mich zurück und tue so, als würde ich eine fachfrauliche Einschätzung vornehmen. »Es wäre aus tierschutzrechtlichen Gründen daneben, ihn in die Tonne zu werfen«, sage ich dann. »Außerdem mag ich Elche.«
Diesmal kann ich das gleich darauffolgende schöne Lachen nicht nur hören, sondern auch in seinen haselnussbraunen Augen sehen. »Siehst du?«, ruft er Max zu und grinst dabei fast ebenso breit wie der Elch auf seiner Brust. »Ich sag dir, der ist so uncool, dass er schon wieder cool ist!«
Er geht aus dem Raum und ich bemühe mich, ihm nicht hinterherzugucken.
»Wow«, sagt Valeska neben mir. »Du bist hart an der Grenze zum Unerträglichen, wenn du mich über ihn vollsülzt, aber im direkten Umgang dafür überraschend cool. Glückwunsch, da war nicht das winzigste Signal für eine Ohnmacht aus Verknalltheitsgründen.«
Ich stehe auf und deute eine Verbeugung an.
»Seine Fingerabdrücke sind jetzt jedenfalls auf deinem Tisch, Ki-Chérie – möchtest du sie nicht sichern und ebenfalls dem Protokoll hinzufügen?«
Ich schubse sie im Spaß, und sie schubst zurück.
»Vielleicht ist das aber auch gerade das Problem«, sage ich, als wir zur Garderobe gehen. »Mein Cool-Sein, mein ich. Er nimmt gar nicht wahr, dass ich ihn mag. Aber ich hab vor, das zu ändern.«
Valeska schlingt sich ihren lilafarbenen Flauschschal um den Hals und mummelt sich dann in die weiße Winterjacke mit der Kunstfellkapuze. »Da bin ich ja mal gespannt.«
Ich schließe den letzten Knopf meines Mantels und erkläre ihr auf dem Weg nach draußen den Plan für mein Real-Life-Wintermärchen.
»Oha, fünfundzwanzig Punkte? So was kann auch nur dir einfallen.« Sie stößt die Tür zum Schulhof auf. Kälte schlägt uns entgegen und friert mir fast augenblicklich die Nase ein. Das sind allerhöchstens Temperaturen um den Nullpunkt.
»Es sind nur zehn Punkte plus fünfzehn Couple Goals – also alles nicht so komplex, wie es klingt.«
»Trotzdem. Willst du es nicht etwas mehr dem Zufall überlassen?«, fragt Valeska. »Warum bittest du ihn nicht einfach um ein Date und schaust, was passiert? Ich meine, was, wenn deine Planerei die Romantik total ruiniert?«
Wir steuern die Bank an der kleinen, im Moment recht kahlen grünen Insel in der Mitte des Hofs an. Setzen können wir uns zwar zu dieser Jahreszeit nicht, aber es ist unser Stammplatz, und wenn wir ihn nicht jeden Tag sichern, schnappen die Fünftklässler ihn uns weg.
»Ich habe ja nicht die Romantik geplant, sondern will nur die bestmöglichen Voraussetzungen schaffen, damit sie überhaupt zustande kommt.«
Valeska nickt langsam, nicht ganz überzeugt, aber überzeugter.
»Was, wenn du ihn nicht rumkriegst und dann die ganze Advents- und Weihnachtszeit über deprimiert bist?«
Rumkriegen ist kein Wort, das ich mag. Und deprimiert auch nicht, wo wir schon dabei sind.
»Ich hab ein gutes Gefühl«, sage ich. »Dieses Jahr war von Anfang an der absolute Wahnsinn – vielleicht das beste Jahr meines bisherigen Lebens. Ich durfte mit deiner Mom und dir im Sommer nach London, was einfach nur ein Traum war. Letztens dann der erste Platz beim DIY-Wettbewerb mit meinem Papierschloss. Und das sind nur zwei Beispiele, warum ich eigentlich nur Glück hatte. Nicht zu vergessen, dass ich dieses Jahr die beste Freundin der Welt gefunden habe.«
»Awww!«, macht Valeska und drückt mich ganz fest. Mit den dicken Jacken ist es ein bisschen, als würden zwei Marshmallows sich umarmen.
»Ich hoffe einfach, dass von diesem Glück noch etwas übrig ist für mein Wintermärchen mit Jona«, sage ich. »Wenn ich es jetzt nicht versuche, werde ich es vielleicht nie tun. In dem Fall müsstest du weiter mein Hart-an-der-Grenze-zum-Unerträglichen-Gesülze aushalten. Möglicherweise noch sehr lange.«
Sie lacht. »Du hast gewonnen! Wie kann ich helfen?«
Mission Wintermärchen: Step 3
Verfasst am:12. November
Gehört zu: Projektziel A
Aufgabe: in dieselbe Projektwochengruppe kommen wie Jona
Beteiligte: ich (und indirekt Jona)
Erfüllungstermin: Montag, 28. November
Erfüllungsort: Schule
Anmerkungen:
Die Projektwoche der Schule ist der Schlüssel. Sie geht nach dem zweiten Adventssonntag los. Da Jona in der Theater-AG ist, wird er auf jeden Fall den Workshop mit dem Typen vom Stadttheater gewählt haben. Deshalb habe ich mich ebenfalls dafür eingetragen. Es soll ein kleines Stück eingeübt und am Ende der Woche aufgeführt werden, eine romantische Komödie. Schauspieler, die Liebespaare spielen, kommen ja häufiger mal zusammen, jedenfalls in Hollywood. Vielleicht funktioniert das in der Schule auch, wer weiß. Wenn Jona und ich die Hauptrollen kriegen, könnte das meinem Plan einen ordentlichen Schubs in die richtige Richtung geben. Nur seine soziale Ader könnte ein Hindernis sein. Nachdem Jona dieses Jahr schon seinen großen Auftritt in der Theater-AG hatte, lässt er sicher jemand anderem den Vortritt, und ich selbst habe zugegebenermaßen noch nie geschauspielert. Aber ich stelle mir vor, dass es gar nicht so anders als Basteln ist (man hat praktisch sich selbst, seinen Körper und seine Stimme als Material), und darin bin ich schließlich unangefochtene Expertin.
So oder so, ich muss in die Gruppe kommen, in der Jona ist; darauf baut ein Großteil meines Plans auf.
Gewählt haben wir letzte Woche schon, Erst-, Zweit- und Drittwunsch. Am liebsten hätte ich zur Sicherheit gespickt, was er angegeben hat, aber dafür sitzt er einfach zu weit weg, und Eray neben ihm wäre kein guter Informant gewesen. Der hätte es Jona sofort gesteckt.
Ich werde so erleichtert sein, wenn die Listen endlich aushängen und ich unsere Namen auf derselben finde! Denn wenn wir in verschiedenen Gruppen landen, sehen wir uns in der ganzen Woche gar nicht, und das wäre richtig, richtig übel. Aber ich will mal nicht vom Schlimmsten ausgehen. Das wird schon!
Kapitel 3
Gefühlt die halbe Schule drängt sich bereits vor dem Schwarzen Brett im Neubau, als Valeska und ich es in der zweiten Pause dorthin schaffen. Herr Ziebolz hat uns leider zu spät gehen lassen, und ich drehe fast durch vor Anspannung. Was, wenn sich zu viele für den Theaterworkshop beworben haben? Dann haben sie bestimmt ausgelost, wer reinkommt – und ich bin ein chronischer Losglück-Pechvogel.
Ich versuche, mich schon mal vorab damit zu trösten, dass ich, falls es meine Zweitwahl geworden ist, wenigstens mit Valeska zusammen lateinamerikanische Tänze lernen kann. Leider konnte ich sie absolut nicht zum Schauspielern überreden, und wäre Manuel nicht gewesen, der meiner besten Freundin einfach keinen Wunsch abschlagen kann und dieselbe Reihenfolge von Kursen gewählt hat wie sie, wäre sie bestimmt ein bisschen sauer auf mich. Am liebsten möchte ich natürlich beides – die Woche mit ihr verbringen und mit Jona. Und ja, ihn als Tanzpartner zu haben, wäre sogar noch genialer als mein jetziger Plan. Nur, dass er diesen Kurs unter Garantie nicht gewählt hat und mir nichts eingefallen ist, wie ich Schicksal spielen und ihn dort landen lassen könnte.
»Darf ich mal?« Ich schiebe mich ein Stück weiter nach vorne und lasse meinen Blick an den Zetteln entlanggleiten, um die richtige Überschrift zu finden. Nein, nein, nein, nein – da!Theaterworkshop.
Direkt vor dem Blatt dreht sich gerade einer aus der Zehnten um und geht, sodass ich blitzschnell nachrücken kann. Ich fahre mit meinem Zeigefinger über dem Glas die Liste entlang.
Kimara Moorbrink. Mir fällt ein Riesenstein vom Herzen. Doch dann rollt gleich ein neuer drauf – denn Jonas Name ist nirgends zu finden.
Hinter mir beschwert sich ein Typ, dass er nichts sehen kann und ich mal Platz machen soll, aber ich ignoriere ihn. Ein zweites und drittes Mal gehe ich alle Teilnehmer durch. Jona ist immer noch nicht dabei und taucht auch nicht auf, als ich die Augen fest zusammenkneife und wieder öffne.
Das ist eine Vollkatastrophe. Das Ende vor dem Anfang.