Stigma psychische Krankheit - Asmus Finzen - E-Book

Stigma psychische Krankheit E-Book

Asmus Finzen

4,4

Beschreibung

Stigma - die zweite Krankheit: Schonungslos offenbart der bekannte Psychiater und Autor Asmus Finzen die aktuelle Realität psychisch erkrankter Menschen, für die Vorurteile und Diskriminierung oft schwerwiegende Komplikationen ihrer Erkrankung sind. Sein Fazit: Die aufwändigen Antistigmatisierungs-Kampagnen sind kläglich gescheitert. Finzen analysiert die Gründe. Er deckt Stigmatraditionen, -typen und -prozesse im Bereich psychischer Erkrankungen auf, klärt die Rolle der Massenmedien und die der Lehre. Er schult die Antistigma-Kompetenz seiner Leser/innen: Selbsthilfe, Psychoinformation und Psychoeduktion, Stigmamanagement sind überzeugende Konzepte gegen die Macht von Vorurteilen und Schuldzuweisungen. Es gibt kein Buch, das die gesellschaftlichen Hintergründe der Stigmatisierung so detailliert offen legt, wie dieses; es wird die gesellschaftspolitische Diskussion der kommenden Jahre prägen.

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Asmus Finzen

Stigma psychische Krankheit

Zum Umgang mit Vorurteilen,Schuldzuweisungen und Diskriminierungen

Asmus Finzen: Stigma psychische KrankheitZum Umgang mit Vorurteilen, Schuldzuweisungen und Diskriminierungen

1. Auflage 2013

© Psychiatrie Verlag GmbH, Köln 2013

Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf ohne Zustimmung des Verlags vervielfältigt, digitalisiert oder verbreitet werden.

ISBN-ePub: 978-3-88414-856-3

ISBN-PDF: 978-3-88414-841-9

ISBN-Print: 978-3-88414-575-3

Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

Weitere Bücher zum Umgang mit psychischen Störungen unter: www.psychiatrie-verlag.de

Lektorat: Uwe Britten, textprojekte, Geisfeld

Umschlaggestaltung: GRAFIKSCHMITZ, Köln unter Verwendung eines Fotos von Harald Biebel / fotolia.com

Typografiekonzeption: Iga Bielejec, Nierstein

Satz: Psychiatrie Verlag, Köln

Homepage: www.psychiatrie-verlag.de

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Innentitel

Inhaltsübersicht

Informationen zum Autor

Impressum

Abbildungen

Vorwort

Psychose und Stigma – die Herausforderung

»Wer gesundet, kann nicht schizophren gewesen sein«

»Die Gedanken werden handgreiflich«

Identifikation – mit wem?

Krankheit und soziales Leid

Die »verrufene« Krankheit

Schizophrenie, die unverstandene Krankheit

Schizophrenie als Metapher

Der Schrecken des Wortes

Urteile, Vorurteile, Diskriminierung: Vorstufen der Stigmatisierung

Formen von Vorurteilen

Diskriminierung und Privilegierung

Urteile und Vorurteile

Krankheitsbedingte Einschränkungen

Kontinuität und Eskalation: die Allport-Skala

Stigma und Stigmatisierung

Wortbedeutungen

Traditionen der Stigmatisierung

Wurzeln der Stigmatisierung

Der Prozess der Stigmatisierung – Stigmatypen

Das angeborene Stigma

Stigma durch Krankheit

Das Stigma der Minderheitenzugehörigkeit

Psychisch Kranke: diskreditiert und diskreditierbar

Stigmatisierung, Ausgrenzung und sozialer Zusammenhalt

Soziale Repräsentationen und Vorurteile

Stigma by Courtesy: Sippenhaft

Worum geht es?

Bewältigungsversuche

Verhalten in Krisen und Selbsthilfe

Die psychiatrisch Tätigen

»Selbststigmatisierung«: bei psychischer Krankheit ein tauglicher Begriff?

Zur Soziologie der Selbststigmatisierung

Zur Bedeutung von Selbststigmatisierung in der Psychiatrie

Unterschiede zwischen Stigma und Selbststigma?

Selbststigmatisierer oder Stigmaopfer?

»Lohnt es sich denn, damit zu leben?«

Nicht mehr leben wollen

Suizid als Bilanz einer unerträglichen Lebenssituation?

Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung

Krankheits- und behandlungsbedingte Suizidgründe

Schwindende Kraft

Aspekte der Hoffnung

Nicht mehr leben sollen: das Unwert-Vorurteil

Unberechenbar und gefährlich?

Auswirkungen der Attentate

Verminderte Toleranz, zunehmende Vorurteile

»Gewalttaten Geistesgestörter«

Psychische Krankheit und Gewalt

Prävention ist möglich

Gemeindenahe Versorgung braucht eine Gemeinde, die sich sorgt

Psychisch Kranke, die Medien und die öffentliche Meinung

Die öffentliche Meinung

Kluge Fachleute – dumme Öffentlichkeit?

Keine pädagogischen Anstalten

Vorurteile von heute sind Lehrmeinungen von gestern

Allgemeine Verunsicherung

Die sozialpsychologische Wende psychiatrischen Denkens

Die Erfindung der »schizophrenogenen Mutter«

Die Achtundsechziger, die englische Antipsychiatrie und die Folgen

Das zähe Leben eines Mythos: die Macht eines Wortes

Alles Schnee von gestern?

Mit klarem Kopf gegen die Stigmatisierung

Was haben wir falsch gemacht?

Unbekannte Ursachen – erhöhte Verletzlichkeit

Soziale und kulturelle Aspekte

Lange Vorlaufzeit

Der erste Schock

Begrenzte Kompetenz der Fachleute

Informationen sind wichtig

Veränderungen beginnen im Kopf

Die Rechte der Angehörigen

Selbsthilfe stärkt gegen Diffamierung

Als Gast bei der National Schizophrenia Fellowship

Freispruch der Familie

Angehörige als Experten

Psychiatrie-Erfahrenen-Selbsthilfe

Psychoinformation

Stigmabewältigung und »Entstigmatisierung«

Stigma-Management

Die Psychiatrie

Die Kranken

Die Angehörigen

»Antistigma-Arbeit von unten«

Antistigma-Kompetenz lehren

Mit der zweiten Krankheit umgehen lernen

Perspektiven

Der Rahmen: Stigmatisierung in Kultur und Gesellschaft

Vom moralischen Rigorismus zur Liberalität und wieder zurück

Mechanismen der Ausgrenzung

Vorurteile im Wandel der Zeiten

Literatur

Vorwort

Psychische Krankheiten sind immer noch ein Tabu. Nach wie vor leiden Menschen mit psychischen Störungen unter Vorurteilen und Schuldzuweisungen, unter Diskriminierung und Stigmatisierung. Weniger vielleicht, wenn sie von Depressionen und Ängsten geplagt werden; mehr allerdings, wenn sie als »psychotisch« oder »persönlichkeitsgestört« gelten. Das Leiden am Stigma kann so ausgeprägt sein, dass es wie eine zweite Krankheit wirkt. Es beschädigt das Selbstwertgefühl, es macht hoffnungslos und resignativ. »Why try?«, also: »Warum soll ich es überhaupt versuchen?«, ist in der angelsächsischen Antistigma-Debatte zum geflügelten Wort geworden. Die Recovery-Bewegung hat in den letzten Jahren zwar den Slogan »Hoffnung macht Sinn« dagegengesetzt; doch wer psychisch krank ist, wer psychisch kranke Menschen behandelt und wer als Angehöriger mit ihnen zu tun hat, wird immer wieder mit Vorurteilen konfrontiert, nicht zuletzt weil es an positiven Vorbildern noch fehlt.

Es hat in der ganzen Welt vielfältige Ansätze zur Antistigma-Arbeit gegeben. Die meisten hatten das Ziel, die Stellung der Betroffenen durch Aufklärung der Öffentlichkeit zu stärken. Man kann sich vorstellen, wie mühsam solche Versuche sind, nimmt man sich doch nichts weniger vor, als die Einstellung und Haltung der ganzen Bevölkerung zu ändern. Weniger anspruchsvoll, dafür aber wirksamer ist es, Teile der Gesellschaft direkt und gezielt anzusprechen, etwa politische Verantwortungsträger auf allen Ebenen, Schüler und Lehrer, Polizisten, Nachbarschaften von psychosozialen Einrichtungen, Betriebe – aber auch psychiatrisch Tätige. Der Hamburger Psychologe Thomas Bock hat dafür den Begriff der »Antistigma-Kampagne von unten« geprägt.

Heute arbeiten alle diese Initiativen mit psychiatrieerfahrenen Menschen und ihren Angehörigen zusammen. Ermutigende Vorbilder kommen zudem aus der Selbsthilfe. Sie versuchen Neu-Erkrankte dafür zu sensibilisieren, was Vorurteile und Stigmatisierung jenseits der Krankheit und ihrer Symptome mit ihnen machen. Sie unterstützen sie dabei, das Unrecht zu erkennen, das ihnen zugefügt wird, und sich dagegen zu wehren. Und sie helfen ihnen, mit wiedererlangtem Selbstwertgefühl neue Wege im Umgang mit ihrem Leiden zu gehen und sich vielleicht sogar selbst in Betrieben, Schulen und auch in psychiatrischen Ausbildungen und Fortbildungen zu zeigen und ihrerseits zu Vorbildern zu werden. Nicht nur Genies wie John Nash (A Beautiful Mind) können lernen, mit psychischen Erkrankungen zu leben.

Dieses Buch ist keine Handreichung. Es will die Hintergründe von Vorurteilsbildung, Diskriminierung und Stigmatisierung ausleuchten und Ansätze der Antistigma-Arbeit vorstellen. Es will Betroffenen und Mitbetroffenen, den in der Psychiatrie Tätigen und zugewandten Teilen der Öffentlichkeit zeigen, wo und wie Strategien zum Umgang mit der Stigmatisierung ansetzen müssen und können.

Asmus Finzen

Berlin, im Sommer 2013

Psychose und Stigma – die Herausforderung

Vorurteile, Diskriminierung und Stigmatisierung sind ein immerwährendes Dilemma für psychisch erkrankte Menschen und ihre Angehörigen, aber auch für die in der psychiatrischen Versorgung Tätigen. Schwere psychische Störungen sind Krankheiten, über die man, wenn man sie hat, tunlichst nicht spricht. Sie sind mit gesellschaftlichen, kulturellen Vorurteilen belastet und führen zu vielfältiger Diskriminierung. Die Vorurteile übertragen sich auf die Kranken. Diese gelten dann als unzuverlässig, oft als unzurechnungsfähig oder gar gefährlich – und das unabhängig von ihrer Leistungsfähigkeit und ihrem je aktuellen Gesundheitszustand.

Wenn man »darüber« reden muss, spricht man besser von »Depressionen« als von »Psychosen«, erst recht nicht von »Schizophrenie«. Was für den Einzelnen richtig und wichtig ist, hat aber Konsequenzen für die gesellschaftliche Wahrnehmung dieser Krankheiten, insbesondere der Psychosen aus dem schizophrenen Formenkreis. Lange Zeit galt: Kaum jemand außerhalb des engsten Freundes- und Familienkreises hatte je einen genesenen Schizophreniekranken kennengelernt oder jemanden, der einen Weg gefunden hatte, um mit der Krankheit zu leben, denn wer wieder einigermaßen genesen war, sprach nicht mehr davon. Subjektiv ist das ein verständliches Verhalten, insgesamt führte es aber dazu, dass die Ängste anderer vor der Krankheit jahrzehntelang nicht gemindert werden konnten und das Vertrauen in eine mögliche erfolgreiche Behandlung nicht gestärkt wurde. Ich will das anhand einiger Beispiele verdeutlichen:

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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