Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Als Kind nahm ich die Rolle des braven, ruhigen und angenehmen Mädchens ein. Oft wurde ich dafür gelobt. Ich war nie rebellisch und versuchte nie, meinen Willen durchzusetzen. Irgendwann kam es mir so vor, als hätte ich meine Stimme verloren. Ja, als wüsste ich selbst nicht einmal mehr, was ich zu sagen habe. Durch die Veröffentlichung meiner Gedichte bekam ich meine Stimme zurück. Vielleicht empfindet man mich als leise, wenn man mir persönlich begegnet. Doch wenn ich schreibe, dann habe ich das Gefühl, stark und laut zu sein. Und das ist auch eine Seite, die zu mir gehört. - Clara Louise Clara Louise gehört mittlerweile zu den bekanntesten deutschsprachigen Lyrikerinnnern unserer Zeit. Ihre tief berührenden Zeilen beinhalten Weisheiten über das Leben, das Thema Selbstfindung und die Liebe. Pur, direkt und authentisch. Kein Gschnörkel, kein Imponiergehabe. Die Sprache von Clara Louise ist verständlich und trotzdem elegant. Ihr letzer Gedichtband schaffte aus Platz 27 der SPIEGEL-Bestsellerliste.
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 49
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Vorwort
„Du bist so leise.“ So oft habe ich diesen Satz in meinem Leben gehört. Vielleicht bilde ich es mir ein, doch ich meine, dass ich dabei immer einen gewissen Unterton raushörte. „Du bist so schön unauffällig“, sagte mir einst ein Geschäftsmann einer Bookingagentur vor einem Auftritt.
Als Kind nahm ich die Rolle des braven, ruhigen und angenehmen Mädchens ein. Oft wurde ich dafür gelobt. Ich war nie rebellisch und versuchte nie, meinen Willen durchzusetzen. Irgendwann kam es mir so vor, als hätte ich meine Stimme verloren. Ja, als wüsste ich selbst nicht einmal mehr, was ich zu sagen habe.
Durch die Veröffentlichung meiner Gedichte bekam ich meine Stimme zurück. Vielleicht empfindet man mich als leise, wenn man mir persönlich begegnet. Doch wenn ich schreibe, dann habe ich das Gefühl, stark und laut zu sein. Und das ist auch eine Seite, die zu mir gehört.
Ich finde es nicht mehr schlimm, wenn mir jemand sagt, dass ich „so leise“ bin. Ja, wäre ich sehr laut, dann würde man mir auch das vorwerfen. So ticken wir Menschen eben. Wie wäre es, wenn wir versuchten, das Schöne in jedem Menschen zu sehen? Die Besonderheiten und das gewisse Etwas in jedem zu finden? Ich bin davon überzeugt, dass wir alle etwas in uns tragen, das wertvoll ist.
In den letzten Jahren begegnete ich vielen leisen Menschen, die sehr laute Geschichten in sich tragen. So geht es mir auch. Deshalb lag der Titel dieses Buches schon etwas länger auf meinem Schreibtisch. Denn wir alle, die etwas in der Lyrik finden, das einem Kraft schenkt, sind äußerlich meist leise und tragen doch gleichzeitig eine sehr laute Seite in uns. Und möge es auch andersherum sein: Wir sind gut so, wie wir sind.
Viel Freude beim Lesen! Ich wünsche mir, dass ihr eure eigene Stimme darin findet.
Clara Louise
Ebook-Ausgabe August 2024© 2024 Loud Media and Awareness GmbH,Imbergstr. 31c, 5020 Salzburg, ÖsterreichTitelbild: Clara Louise, Nilla Bogensperger, Alexander TiefenbacherLektorat: Lektorat UnkerSatz und Layout: Clara Louise, Alexander TiefenbacherPublished by: Loud Media and Awareness GmbH,Imbergstr. 31c, 5020 Salzburg, Österreichwww.claralouise.dewww.loud.at
„Halte dein Herz im jetzigen Moment,und Vergangenheit und Zukunftverlieren an Gewicht.“
Teil der Natur
Ich wäre gerne eins mit der Natur,würde gerne flatternwie ein Blatt im Sommersturm,gehalten werdenwie ein Ast an einer alten Eiche.
Ich hätte gerne Wurzeln,die unter der Erde sicher sind,würde gerne fließenwie ein Bach im Gebirge.
Ich wäre gerne so mutigwie der Wind,so entzückend lebendigwie eine farbenprächtige Wildblume.
Ich bin nur ein moderner Mensch.Statt auf der kühlen Erdeliege ich auf Kunststoff.Statt mich von einem leichtenStrom treiben zu lassen,stehe ich unter einem Wasserstrahl,um mich herum kalte Fliesen.
Meine Sehnsucht ist groß –sie wird immer größer –,mich mit der Natur zu vereinen,glücklich zu atmen,friedvoll zu schlafen,kindlich zu entdecken.
Vielleicht breche ich bald auf,lebe als Lebewesen dort,wo ich hingehöre,nur mit dem notwendigen Schutz,von der überwältigenden Natur,mit genügend Fläche,um ein Teil dieser Erde zu sein.
Metaphern über eine alte Seele
Es ist ein altes Gerät,das schon einige Jahre auf dem Buckel hat.Zurückgeben kann man es nicht mehr,dafür fehlen mir auch jegliche Papiere.Eigentlich sollte es viele Jahre halten,doch aktuell spinnt es ein wenig herum.Der Akku dürfte beschädigt sein.Das Aufladekabel habe ich leider verlegt.
Ich hänge noch an diesem Gerät,schließlich begleitet es mich schon mein Leben lang.Und die meiste Zeit konnte ich mich auch darauf verlassen,dass es einwandfrei funktioniert.
Nur weil es jetzt ein wenig hinkt,kann ich es ja nicht gleich wegschmeißen.
Wahrscheinlich braucht es einfach ein wenig Ruhe.
Ich sollte es schonen, doch besser nicht ganz ausschalten,sonst könnte es ganz vorbei sein,und das möchte ich auf keinen Fall.
Vielleicht finde ich eine Werkstatt,die ein paar Teile reparieren kann,damit das alte Gerät wieder so läuft,wie früher.
Natürlich wird es nie mehr ganz so sein wie neu, doch das macht ja auch den Charme alter Geräte aus.
Veränderung ist Fluch und Segen zugleich
Wir sind eine amüsante Spezies.
Wir wünschen uns Veränderung für uns selbst.Dass wir uns stetig weiterentwickeln,weiser und stärker werden.
Unser Leben ist ein ewiger Studiengang.
Wir suchen weiter nach Inspiration:Wo könnten wir hin? Wie könnten wir sein?
Doch sobald ein anderer Mensch,der uns am Herzen liegt,sich auf dieselbe Reise aufmacht,und diese dann irgendwann die ersten Früchte trägt, man auch nur einen Hauch von Veränderung wahrnimmt, bekommen wir es mit bitterlicher Angst zu tun.
Wir wollen nicht, dass sich jemand ändert, den wir lieben, nein.Auch wenn es des anderen Herzenswunsch ist,so tut es uns zu sehr weh.
Wir fühlen uns bedroht, etwas zu verlieren, was uns die Sicherheit schenkte, dass irgendetwas für immer bleibt.
Doch „für immer“ ist und bleibt eine Illusion, die uns gefangen hält in einem gläsernen Gefängnis auf einer Welt,die so viel Freiheit zur Verfügung stellt.
Zukunftsvisionen
Schmeckst du die Luft?
Sie schmeckt nach Gift,irgendwie falsch, als würde sie etwas im Schilde führen, doch nicht ausreichend stark, um es zu vollziehen.
Ich habe schon seit Tagen das Gefühl,dass etwas hinter der Ecke lauert,in jedem Moment mich erschrecken könnte,und deshalb ist mein Körper stets in Alarmbereitschaft,zittert innerlich.
Ich höre nur mein Herz laut pochen.
Meine Hände sind kalt.Fließt da noch Blut in mir?Sind diese Bilder vor meinen AugenZukunftsvisionen oder reine Hirngespinste?Bin ich noch realistisch oder längst abgedriftet?Oh ja, ich fühle mich gefangenin dieser eigenartigen Welt.Ich weiß nicht mehr, ob ich
träume oder wach bin oder wann ich träume und wann ich wach bin.
Ruhig, ganz ruhig,es wird noch laut,das kann ich spüren.Lieber ausruhen,nochmal entspannen,bevor der Kampf beginnt.
Spiel mit dem Wasser