Stimmen der Eintracht - Michael Horeni - E-Book

Stimmen der Eintracht E-Book

Michael Horeni

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Beschreibung

Zwölf Stars und ihre Liebeserklärung an Eintracht Frankfurt

Eintracht Frankfurt, einer der erfolgreichsten und beliebtesten Klubs in Deutschland, steht wie kaum ein anderer Traditionsverein für Individualität und Offenheit, für Toleranz und Lebendigkeit - und gegen Ausgrenzungen aller Art. Der renommierte Sportjournalist und Bestsellerautor Michael Horeni hat mit aktuellen und früheren Spielerinnen und Spielern, Trainern, Verantwortlichen sowie prominenten Fans auf sehr persönliche Weise über ihr Leben, den Fußball und die Eintracht gesprochen. »Stimmen der Eintracht« nähert sich so dem Herz des Fußballs, es erzählt Geschichten von Eintracht-Legenden, die sich unsterblich gemacht haben; vom Aufstiegswillen, der aus Kriegen kommt; von Versuchungen in der Glamourwelt des Fußballs; von Torjägern, die gegen Rassismus kämpfen; oder vom Kampf der Frauen in zwei Männerwelten. Ein einzigartiges Buch nicht nur für Eintracht-Fans, sondern für alle, die den Fußball und das Leben lieben.

Mit Geschichten von Ekko Feigenspan, Jan Åge Fjørtoft, Laura Freigang, Mario Götze, Makoto Hasebe, Bernd Hölzenbein, Randal Kolo Muani, Matthias Ohms, Egon Loy, Petra Roth, Uli Stein, Anthony Yeboah.

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Seitenzahl: 358

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Buch

Eintracht Frankfurt, einer der erfolgreichsten und beliebtesten Klubs in Deutschland, steht wie kaum ein anderer Traditionsverein für Individualität und Offenheit, für Toleranz und Lebendigkeit – und gegen Ausgrenzungen aller Art. Der renommierte Sportjournalist und Bestsellerautor Michael Horeni hat mit aktuellen und früheren Spielerinnen und Spielern, Verantwortlichen sowie prominenten Fans auf sehr persönliche Weise über ihr Leben, den Fußball und die Eintracht gesprochen. »Stimmen der Eintracht« nähert sich so dem Herzen des Fußballs, es erzählt Geschichten von Eintracht-Legenden, die sich unsterblich gemacht haben; vom Aufstiegswillen, der aus Kriegen kommt; von Versuchungen in der Glamourwelt des Fußballs; von Torjägern, die gegen Rassismus kämpfen; oder vom Kampf von Frauen in Männerwelten. Ein einzigartiges Buch nicht nur für Eintracht-Fans, sondern für alle, die den Fußball und das Leben lieben.

Mit Geschichten von Ekko Feigenspan, Jan Åge Fjørtoft, Laura Freigang, Mario Götze, Makoto Hasebe, Bernd Hölzenbein, Randal Kolo Muani, Matthias Ohms, Egon Loy, Petra Roth, Uli Stein, Anthony Yeboah.

Autor

Michael Horeni, Jahrgang 1965, hat Politische Wissenschaften, Geschichte und Philosophie studiert und war langjähriges Sportredaktionsmitglied der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung«, zuletzt als Fußballkorrespondent Europa. Er veröffentlichte u. a. »Klinsmann« (2005), »Die Brüder Boateng« (2012), in Zusammenarbeit mit Hans-Joachim Watzke den Bestseller »Echte Liebe« (2019) und zuletzt »Die Begnadeten« (2022). Horeni, der über zwanzig Jahre als Berichterstatter zuständig für die deutsche Nationalelf war und von 16 Welt- und Europameisterschaften im Fußball berichtet hat, wurde ausgezeichnet mit dem deutschen Fair Play Preis.

Michael Horeni

C.Bertelsmann

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Der Verlag behält sich die Verwertung der urheberrechtlich geschützten Inhalte dieses Werkes für Zwecke des Text- und Data-Minings nach § 44 b UrhG ausdrücklich vor. Jegliche unbefugte Nutzung ist hiermit ausgeschlossen.

© 2024 by C. Bertelsmann Verlag, München,

in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,

Neumarkter Str. 28, 81673 München

Covergestaltung: Büro Jorge Schmidt, München

Reproduktion: Lorenz+Zeller GmbH, Inning a. Ammersee

Satz und E-Book-Konvertierung: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 978-3-641-32414-8V001

www.cbertelsmann.de

Inhalt

Vorwort: Stimmen der Eintracht

Bernd Hölzenbein:

Der Unvergessene

Anthony Yeboah:

Der schwarze Kapitän

Laura Freigang:

Die Herzensfußballerin

Mario Götze:

Der ewige Torschütze

Egon Loy:

Das Kriegskind

Randal Kolo Muani:

Der Rekordtransfer

Uli Stein:

Der Unzerstörbare

Petra Roth:

Die erste Frau

Jan Åge Fjørtoft:

Der Entertainer

Eckehard Feigenspan:

Der Wirtschaftswunder-Stürmer

Matthias Ohms:

Der Milliardenmann

Makoto Hasebe:

Der Meister der Selbstdisziplin

Kurzbiografien

Anmerkungen

Anmerkungen

Vorwort: Stimmen der Eintracht

Manchmal kann ein Buch mehr sein als nur ein Buch, es sind dann mehrere Bücher in einem. Stimmen der Eintracht ist so ein Buch. Es ist eines über zwölf Menschen, von zwölf Leben, die verbunden sind mit einem Verein, dem Fußball und seinen Fans.

Jedes der zwölf Kapitel erzählt eine persönliche Geschichte, entstanden aus individuellen Erfahrungen, aus gesellschaftlichen Prägungen, in einer jeweils eigenen Zeit. Gleichzeitig sind diese zwölf Lebensgeschichten eingebunden in eine größere, in eine übergreifende Erzählung: in die Geschichte von Eintracht Frankfurt, in die des Fußballs. Auf seine Weise will Stimmen der Eintracht mit diesem ersten aus einer Reihe von Bänden damit auch zu einer Geschichte dieses Klubs werden, ein bisschen vielleicht auch des Fußballs.

Entstanden sind die persönlichen Betrachtungen und Erinnerungen in mehreren vielstündigen Gesprächen mit den Protagonisten. Ein Ziel der Beiträge ist es, maßgebliche Prägungen und Erfahrungen in ihrem Leben herauszuarbeiten, womöglich sogar einem Wesenskern näher zu kommen. Diese Authentizität im Medienbetrieb heute mitteilen und darstellen zu können, ist vor allem mit Blick auf aktuelle Profis trotz ihrer ständigen öffentlichen Präsenz eine Herausforderung. Die Beiträge sind in der unmittelbarsten literarischen Form verfasst, in der Ich-Form. Eine Ausnahme bildet in mehrfacher Hinsicht das Kapitel über den im Frühjahr 2024 verstorbenen Bernd Hölzenbein, das in der zweiten Jahreshälfte 2023 entstanden ist und schon von seiner schweren Krankheit geprägt war.

Stimmen der Eintracht versammelt hier und in den Folgebänden jeweils zwölf Personen. Elf davon sind aktuelle und ehemalige Spieler und Spielerinnen sowie Trainer und Vereinsvertreter von Eintracht Frankfurt. Hinzu kommt der längst geschlechtsunabhängige »zwölfte Mann« im Fußball: das Publikum, die Fans. In diesem Fall eine Person des öffentlichen Lebens, die in enger Beziehung mit dem Verein steht: die langjährige Oberbürgermeisterin der Stadt. Der Autor, jahrzehntelang als Sportjournalist im Topfußball tätig und Politologe, ist selbst gebürtiger Frankfurter und seit Kindheitstagen mit der Eintracht verbunden.

Zeitlich spannt sich Stimmen der Eintracht vom Zweiten Weltkrieg im zerstörten Frankfurt bis zum glamourösen, weltumspannenden Fußballgeschäft mit dreistelligen Millionenablösesummen unserer Tage. Geografisch und kulturell greift es vom Herzen Europas aus bis nach Afrika und Asien. Meisterlich ist es vom dreifachen Finaltorschützen im Frankfurter Titeljahr 1959 über den Torschützen des goldenen deutschen Tores im Finale der Weltmeisterschaft 2014 bis hin zum Lenker beim Eintracht-Triumph im DFB-Pokal 2018 und der Europa League 2022. Soziologisch reicht es von der Hitlerjugend über die enge, autoritäre Nachkriegszeit, die hedonistischen Achtzigerjahre, den allgegenwärtigen Rassismus in Stadien und Gesellschaft der Neunzigerjahre sowie eine auch im Fußball lange tief verankerte Frauenfeindlichkeit bis hin zum jüngsten Boom im Frauenfußball.

Unabhängig von Zeit und Raum steckt in jedem der zwölf Kapitel die unbändige Freude und Lust des Fußballs – die Kraft und die Faszination, mit der er Menschen seit Generationen verbindet und zusammenführt. Und so soll in Stimmen der Eintracht spürbar werden, was der Fußball für so viele Menschen oft ein Leben lang ist, nicht zuletzt bei Eintracht Frankfurt: eine Herzenssache, eine große Liebe.

1 Bernd Hölzenbein

Der Unvergessene

© Vereinsarchiv Eintracht Frankfurt

Es ist ein heißer Nachmittag im Sommer 2023. Bernd Hölzenbein steht im Halbdunkel und lächelt. Um die Hitze fernzuhalten, hat seine Frau die Rollläden zum Garten heruntergelassen. Das abgedunkelte Wohnzimmer ist angenehm kühl, im Hintergrund summt ein Ventilator. Bernd Hölzenbein trägt eine kurze Sporthose und ein Poloshirt. Körperlich wirkt er fit, fitter als viele Männer seines Alters. Sein Händedruck ist fest. Nach einer stummen Begrüßung setzt er sich an den Holztisch.

Auf dem Tisch steht eine Tasse, die von Eintracht Frankfurt zum Pokalfinale 2023 herausgebracht worden ist, mit dem Slogan: »Wir haben die Eintracht im Endspiel gesehen«. Man sieht darauf, wie Hölzenbein als Kapitän den DFB-Pokal in die Höhe reckt. Daneben liegen Autogrammkarten in einem Korb. Hölzenbein schiebt eine herüber. Auf der Vorderseite ist ein schönes Foto von ihm aus jüngster Vergangenheit: Er lächelt verschmitzt, die Augen strahlen. Auf der Rückseite eine Schwarz-Weiß-Aufnahme aus den Siebzigerjahren, auf der er den Ball eng am Fuß führt, im Eintracht-Trikot mit dem ersten Trikotsponsor »Remington«, dazu die Stationen seiner Karriere, seine Erfolge.

Die Autogrammkarte ist eines der wenigen Dinge, die in der Wohnung der Hölzenbeins an seine Karriere erinnern. An die rund fünfzig Jahre, in denen er bei Eintracht Frankfurt auf verschiedenen Positionen zur prägendsten Figur des Klubs wurde. »Bernd kann sie leider nicht mehr unterschreiben«, sagt seine Frau Jutta.

Bernd Hölzenbein steht unvermittelt vom Tisch auf, getrieben von innerer Unruhe. Er durchstreift die Wohnung. Unablässig. Immer wieder geht er an diesem Tag an einem antiken Eichenschrank mit verglasten Fenstern vorbei, in dem ein Weltmeister-Pokal in Miniaturformat steht, für den er keinen Blick mehr hat.

Mit Hölzenbeins Leben verknüpfen sich Erinnerungen, die ins kollektive Gedächtnis der Deutschen eingegangen sind: der WM-Triumph 1974 gegen die Niederlande beim 2:1-Sieg im Finale mit dem umstrittenen Foulelfmeter, der durch Paul Breitner zum Ausgleich führte. Die unvergessene »Schwalbe«, von der Hölzenbein stets sagte, es sei keine gewesen. Im kollektiven Gedächtnis von Eintracht Frankfurt ist wiederum sein Sitzkopfballtor in letzter Sekunde gegen Dinamo Bukarest tief verankert. Ein Tor, das den Weg zum UEFA-Pokalsieg im Jahr 1980 erst möglich machte. Vermutlich das einzige Sitzkopfballtor, das jemals im internationalen Topfußball erzielt worden ist.

Es gibt aber auch die schmerzhaften Erinnerungen in seinem Leben, wie die am letzten Spieltag verspielte Deutsche Meisterschaft 1992 in Rostock, die zur Krönung von Hölzenbeins zweiter Karriere als Vizepräsident hätte führen sollen. Oder der erste Bundesliga-Abstieg in der Geschichte der Eintracht im Jahr 1996, für den Hölzenbein als Manager die größte Verantwortung zugeschrieben wurde. Und wenige Jahre später sein persönlicher Tiefpunkt, als er wegen eines unzulässigen Vertrags für Anthony Yeboah im Jahr 2001 zu sieben Monaten Haft auf Bewährung wegen Steuerhinterziehung verurteilt wurde, als vorbestraft galt und wegen horrender Anwaltskosten den Ruin fürchtete.

Wie sich diese Erinnerungen, die wunderbaren wie die schmerzhaften, über die Jahre für ihn veränderten, ein anderes Gewicht und neue Bedeutungen angenommen haben, kann Bernd Hölzenbein schon im Sommer 2023 nicht mehr in Worte fassen. Selbst die unvergesslichen Momente sind im großen Vergessen verschwunden. Doch in seinem Fall werden die Erinnerungen innerhalb der Familie weitergetragen, von Generation zu Generation, über seine Ehefrau, Kinder und Enkel. Neben dem Halbdunkel, das ihn umgibt, vollzieht sich gleichzeitig ein lebendiger Prozess, der mit der Biografie von Bernd Hölzenbein auf einzigartige Weise verknüpft ist und die Erinnerungen in die Zukunft trägt.

Jutta Hölzenbein, Ehefrau

Am Anfang, als das Vergessen begann, haben wir gedacht, es ist das »übliche« Vergessen. Das, was jeder kennt: Wo ist der Schlüssel? Wo ist das Portemonnaie? Dann habe ich irgendwann gespürt, dass es ein andersartiges Vergessen sein könnte. Das war 2017. Bernd hatte, wenn er etwas gesucht hat, plötzlich eine ungewöhnliche Unruhe in sich.

Bei einem Golfturnier haben wir im Hotel übernachtet. Bernd ist morgens um fünf aufgestanden. Er verließ das Zimmer und hat sich unten im Hotel in eine Ecke gesetzt. Dort hat er weitergeschlafen. Dass nächtliche Unruhe und Umherwandern ein Teil der Krankheit sind, wusste ich damals nicht.

Zwei Jahre später waren wir bei einer Versteigerung für einen guten Zweck. Da stand er mit dem Organisator auf der Bühne. Bernd sagte ihm, dass er nur das sagen werde, was er sagen wolle. Und nicht, was er gefragt werde. Er wollte da nicht mehr vor Publikum interviewt werden, das machte ihn unsicher. Da habe ich gemerkt, dass etwas nicht stimmen kann. Aber wir haben immer noch gehofft, dass es nicht so schlimm ist.

Im Jahr 2019 hat sich Bernd bereit erklärt, zum Neurologen zu gehen, um sich gründlich untersuchen zu lassen. Zu Ärzten wollte er grundsätzlich nicht. Nach dem Vorgespräch wollte er wieder gehen. Die Fragen haben ihm nicht gefallen. Welchen Tag haben wir? Welchen Monat? Fragen, die man Alzheimer-Patienten stellt. Er blieb dann aber zwei Tage zur Untersuchung. Als ich ging, bat ich ihn, mich am nächsten Morgen um sieben Uhr anzurufen. Punkt sieben klingelte das Telefon. Da dachte ich, wenn das funktioniert, fällt die Diagnose vielleicht doch nicht so schlecht aus.

Zu dieser Zeit hatte ich einen Artikel gelesen, dass Profifußballer wegen der vielen Kopfbälle in ihrer Karriere ein erhöhtes Risiko haben, an Alzheimer zu erkranken. Auch Bernd hatte in seiner Karriere eine schwere Gehirnerschütterung. Lothar Schämer hat ihm versehentlich, aber sehr hart an den Kopf geschossen. Bernd lag drei Tage im Krankenhaus.

Der Vorfall ereignet sich am 30. Januar 1971, am 19. Bundesliga-Spieltag gegen Hannover 96. Die Eintracht steht auf dem letzten Tabellenplatz – und gewinnt 2:1. Am letzten Spieltag rettet sich die Eintracht vor dem Abstieg. Nach dem 2:1 sagt Trainer Erich Ribbeck: »Das war vielleicht unser wichtigster Sieg. Schade nur, dass wir wieder einen Verletzten mehr haben. Hölzenbein musste wegen einer Gehirnerschütterung ins Krankenhaus. Er hat nicht mehr gewusst, wie der Spielstand war.«

Den Artikel über die Folgen der Kopfbälle hat Bernd auch gelesen. Wir haben ihn dem Arzt gezeigt. Der hat das anders gesehen. Dabei gibt es heute immer mehr Untersuchungen, die einen Zusammenhang zwischen Kopfbällen und Alzheimer zeigen. Die Bälle damals waren ja extrem schwer, vor allem wenn sie sich bei Regen vollgesogen hatten. Bernd war enttäuscht, dass der Arzt auf das Thema nicht eingegangen ist. Das wäre eine Erklärung für ihn gewesen.

In der Zeit, als Bernd Hölzenbein mit seiner Frau medizinische Hilfe sucht, informiert das Bundesministerium für Bildung und Forschung über die ansteigende Zahl an Demenzerkrankungen: »In Deutschland leben mehr als 1,5 Millionen Menschen mit einer Demenz. Viele von ihnen sind von Alzheimer betroffen. Diese neurodegenerative Erkrankung schädigt Zellen des Gehirns und lässt sie nach und nach absterben – ein schleichender Vorgang, der über Jahre unbemerkt bleiben kann. Ursache dafür ist die enorme Anpassungsfähigkeit des menschlichen Gehirns: Es kann den Verlust von Nervenzellen in einem gewissen Maße ausgleichen. Erst wenn solche Ausfälle überhandnehmen, machen sich Gedächtnisprobleme oder andere Auffälligkeiten bemerkbar, die für Alzheimer typisch sind. Gehen die Betroffenen dann zum Arzt, hat die Erkrankung bereits umfangreiche Zerstörungen angerichtet.«1

Eine Untersuchung des Nervenwassers nach einer Punktion hat dann 2019 schließlich Gewissheit gebracht. Bernd saß auf der Bettkante, der Arzt sagte: »Ich muss Ihnen sagen: Sie haben Alzheimer.«

Wir haben uns angeschaut und gesagt: »So eine Scheiße.« Und uns entschlossen, einfach wie gewohnt weiterzuleben. Bernd hatte zu dieser Zeit noch einige Wochen Vertrag bei der Eintracht, der lief im Juli 2019 aus. Nach der Entlassung sind wir direkt ins Auto gestiegen und dann wie geplant zum Frankfurter Golf Club zu einem Turnier vom Deutschen Olympischen Sportbund gefahren. Alle haben sich gefreut, dass wir kamen. Wir haben zwei, drei Bierchen getrunken und sind nach Hause gefahren. Am nächsten Tag hatte Bernd einen Termin für eine Autogrammstunde mit den Eintracht-Oldies. Auch das hat er gemacht. Wir sind gemeinsam dorthin gefahren. Was sollten wir auch anderes tun?

Über die Krankheit und ihre Auswirkungen haben wir danach kaum gesprochen. Mit Bernd konnte man nicht über Krankheiten sprechen, das war schon früher so. Es klingt komisch, aber die Krankheit hat ihn nicht interessiert. Er hat das bestimmt auf seine Weise für sich verarbeitet, aber nicht nach außen.

Im folgenden Jahr habe ich versucht, dass er in eine Studie reinkommt, um vielleicht doch eine neue Möglichkeit zu finden, die Krankheit zu verlangsamen. Zu dem Professor hatte Bernd sofort einen guten Draht. Der begrüßte ihn mit dem Satz: »Herr Hölzenbein, ich sehe immer noch, wie Sie im Sitzen mit dem Kopf das Tor machen.«

Aus der Studienteilnahme wurde nichts. Bernd hatte dafür einen zu niedrigen Puls. Den hatte er ohnehin vom Sport, und dann kamen noch die Medikamente dazu. Wir wollten in dieser Zeit alle Möglichkeiten ausschöpfen, die es gab.

Im Juni 2022 war eine schlimme Phase, in der ist er oft weggelaufen. Da haben wir es mit TPS (Transkranielle Pulsstimulation) versucht. Man bekommt so eine Art Mütze auf den Kopf mit Drähten darunter. Über den Kopf werden Impulse per Ultraschall in die betroffenen Hirnregionen geschickt. Das soll die Krankheit verlangsamen. Ich hatte mir Hoffnungen gemacht, aber die Behandlung war nicht möglich. Bernd wollte das auf einmal nicht mehr. Er hat sich dagegen gewehrt – und dann hat er dort alle Türen abgeschlossen. Heute muss ich darüber fast lachen, aber damals haben mich die Ärzte gefragt: »Wie wollen Sie das alleine schaffen?«

Mir wurde vorgeschlagen, Bernd in eine psychiatrische Klinik zu bringen. Ich war fix und fertig, habe mich ins Auto gesetzt und gedacht: »Das mache ich nicht.« Ich bin froh, dass ich das so entschieden habe.

Nach der ersten Diagnose hat Bernd immer noch viel Fußball geschaut. Er ist auch weiter ins Stadion. Kurz danach brach Corona aus. Da hatten wir dann keine sozialen Kontakte mehr. Das war großes Pech. Es war gar nicht gut für ihn. Irgendwie kam in dieser Zeit alles zusammen: Drei Geschwister von Bernd sind gestorben, dann Nickel, dann Grabi. Wir waren nur auf Beerdigungen.

Als man dann wieder ins Stadion durfte, ist Bernd noch ein paar Mal mit zur Eintracht. Das letzte Spiel, das er gesehen hat, war 2022 das Finale in Sevilla. Danach war es wie abgeschnitten, es ging nicht mehr.

Meine stärkste Erinnerung an Bernd und den Fußball verbinde ich mit unserem Kennenlernen. Ich war 16. Er hat mich damals zu einem Spiel von ihm mitgenommen. Ich weiß noch, was ich anhatte. Er hat in dem Spiel sieben Tore für TuS Dehrn geschossen, so viel hat er nie mehr geschossen. Er wollte mir unbedingt zeigen, wie gut er ist.

Ich war nie Spielerfrau, also nicht in dem Sinne, was man heute unter Spielerfrau mit diesen Inszenierungen versteht. Ich hatte mich schon immer für Fußball interessiert, für Boxen, für jeden Sport. Ich war immer auf Sportplätzen gewesen.

Stark ist mir die Zeit in Erinnerung, als Bernd schon bei der Eintracht war und einen neuen Vertrag unterschrieben hat. Das muss 1971 oder 1972 unter Präsident Albert Zellekens gewesen sein. Bernd hat damals 1200 oder 1300 Mark bekommen, im Monat. Der Nickel war ja eine Plaudertasche, und so wusste ich, dass er mehr bekam. 200 Mark vielleicht, aber den genauen Betrag weiß ich nicht mehr. Ich habe dann jedenfalls bei Zellekens angerufen und gesagt, dass mein Mann das so nicht macht. Dass man da noch ein bisschen was drauflegen kann. Als Bernd vom Training kam, habe ich ihm erzählt, dass ich mit Zellekens gesprochen habe. Bernd war sauer. »Das geht dich alles nichts an«, hat er gesagt. Er konnte unglaublich stur sein. Dann hat er den Präsidenten angerufen: »Herr Zellekens, ich unterschreibe den Vertrag.«

Das war für mich das Ende als »Spielerberaterin«. Es war eine ganz andere Zeit.

Es gibt ja auch diese Geschichten mit den Spielerfrauen nach dem WM-Sieg 1974, dass angeblich keine zum Bankett durfte. Unsere Männer haben Helga (Ehefrau von Jürgen Grabowski) und mir am Tag des Endspiels in München aber gesagt: »Fahrt schon mal nach Frankfurt. Wir sehen uns dann beim Empfang im Römer.« Wir hatten mit dem DFB überhaupt keinen Stress. Es waren wohl nur Frauen von anderen Nationalspielern, die gewartet haben und nicht reindurften. Unsere Männer hatten uns ja schon gesagt, dass wir heimfahren sollen.

Nach dem Pokalsieg 1974 gegen den HSV war das bei der Eintracht das Gleiche. Da haben wir Frauen dann nach dem Endspiel in Düsseldorf in der Altstadt gesessen, während irgendwo anders das Eintracht-Bankett stattgefunden hat und die Spieler Party gemacht haben. So war das damals.

Am 18. Juni 1978 kam Sascha auf die Welt, während der Weltmeisterschaft in Argentinien. Nach der Geburt habe ich direkt aus der Uniklinik im Mannschaftsquartier in Ascochinga angerufen, um Bernd zu sagen, dass er einen Sohn bekommen hat. In Argentinien ist dieser Tag übrigens Vatertag – und das war der Tag des Spiels gegen Holland.

Da ist dann jemand im Quartier ans Telefon und sagte zu mir: »Wir müssen die Spieler schlafen lassen.« Ein paar Stunden später ist das Gespräch dann durchgestellt worden. Sepp Maier ist rangegangen. Irgendwann war dann auch Bernd dran.

Zwei, drei Jahre nach dem Ende seiner Karriere, als wir aus Amerika zurückgekommen sind, ist Bernd im November 1988 zur Jahreshauptversammlung der Eintracht. Nur so, wie er sagte. Dann hat mich in der Nacht ein befreundeter Journalist angerufen und gesagt: »Dein Mann ist gerade Vizepräsident geworden.« Und ich sagte: »Das kann doch nicht wahr sein.«

Es war diese berühmte Versammlung im Palmengarten mit dem Boxhieb. Ich saß mit Grabi hinten, plötzlich hat einer meinen Namen gerufen. Ich hab kurz gezuckt, die anderen haben gelacht, und dann habe ich die Hand gehoben. Der Versammlungsleiter hat mich auf die Bühne gebeten und gesagt: »Ihn muss ich ja nicht vorstellen.« War mir ganz recht, ich wollte eh keine große Rede halten. Ich habe keinen Ton gesagt und bin zum Vizepräsidenten gewählt worden (…): Alle haben die Hand gehoben.2

Bernd hat dann sofort mit der Arbeit begonnen und seine Vorstellungen entwickelt, was er bei der Eintracht verändern wollte. Das hat mir sehr gefallen. Er hat schnell Kontakt zu Jörg Berger und Uwe Bein aufgenommen, nach der gewonnenen Relegation gegen Saarbrücken im Sommer 1989 mit Anthony Yeboah. Für mich ist vor allem sein erstes Jahr als Vizepräsident in Erinnerung geblieben. Damals haben wir über alles gesprochen. Die Mannschaft wurde mit den neuen Spielern, die er geholt hat, immer besser. Die guten Dinge haben dann ihren Lauf genommen.

Ich werde nicht vergessen, wie sich Bernd reingehängt hat in die neue Aufgabe. Es war ja alles Neuland für ihn. Dass er überhaupt diese Verantwortung angenommen hat, fand ich bemerkenswert. Das hat ja kein anderer Spieler gemacht. Er selbst hatte das früher auch nicht getan. In der Nationalmannschaft waren andere Spieler in der Verantwortung, vor allem der Franz. Und bei der Eintracht hatte er zwar zusammen mit Grabi und Nickel eine besondere Rolle, aber das fand mehr hinter den Kulissen statt.

Es gab dann bei der Eintracht aber auch die andere Seite in der Präsidentschaft von Matthias Ohms, mit seiner Frau Barbara und der ganzen Entourage. Bernd hat sich über die Jahre verändert, andere auch. Ich habe das alles hautnah mitbekommen.

Nach Jörg Berger kam Stepi, das war im April 1991. Er hatte eine Supermannschaft: Stein, Binz, Falkenmayer, Weber, Bein, Yeboah, Möller. Doch irgendwann sind alle durchgedreht. Auch das Präsidium, einschließlich Bernd.

Schon in Rostock lief alles schief. Die ganze Delegation war am Vortag des Spiels voller Euphorie. Alle hatten nur die Meisterschaft im Kopf, die Feierlichkeiten. Aus der Geschäftsstelle kam Ute Hering auf mich zu und sagte, sie müsse sich um die Aktion mit den Rosen kümmern. »Ihr lauft nach dem Schlusspfiff auf das Spielfeld und überreicht den Männern eine Rose«, sagte sie. Ich sollte Uli Stein meine Rose geben, weil seine Frau nicht im Stadion war. Es ging nur um solche Sachen.

In den nächsten Jahren ging es sportlich gut weiter. Bernd hat Klaus Toppmöller geholt, die Mannschaft war lange Tabellenführer, die Meisterschaft schien wieder möglich. Insgesamt stand die Eintracht danach fünf Jahre nacheinander im Europapokal, dreimal wurde sie Dritter in der Bundesliga. So gut war die Eintracht danach nie mehr, es war ihre beste Zeit. Nach der Entlassung von Toppmöller hat Bernd zunächst auch große Hoffnungen in Jupp Heynckes gesetzt.

Aber es gab auch die andere Seite. Der Erfolg hatte seinen Preis, auch für Bernd. Er hat die Kontrolle verloren. Ich glaube, der Grund für seine Veränderung über die Jahre war, dass er Gefallen an einem neuen Lifestyle gefunden hat. Er hat damals für die Eintracht als Vizepräsident ja absolut ehrenamtlich gearbeitet, im Umfeld war aber immer mehr Geld. Es wurde auf großem Fuß gelebt: Party auf dem Oktoberfest in München, Nachtleben, Auslandstrips. Das ganze Tralala. Jupp Heynckes hat das auch alles nicht gepasst. Darum ist es gekippt, da bin ich mir sicher. Da hat sich Bernd verloren.

In dieser Zeit wurde auch der neue Vertrag mit Yeboah gemacht, der später zum Prozess führte. Bernd hatte die Verträge sonst nie unterschrieben. Das hat normalerweise Matthias Ohms gemacht, aber der war damals in Florida.

Bernd hat sich den Staranwalt Eckard Hild genommen, der auch den Milliarden-Pleitier Schneider vertreten hatte. »Warum nimmst du dir einen so teuren Anwalt?«, habe ich ihn gefragt. »Es ist bald vorbei«, hat Bernd immer wieder gesagt. Er hat geglaubt, dass der Fall schnell erledigt sein würde. Doch nach dem ersten Verhandlungstag war ich sicher: Dieser Prozess wird lange dauern. Der Richter hat die öffentliche Aufmerksamkeit genossen. Ich war an jedem Verhandlungstag bei Gericht, eine furchtbare Zeit. Das Urteil war schrecklich.

Als Bernd Hölzenbein am 28. Prozesstag den Verhandlungssaal I des Landgerichts in Frankfurt betritt, sieht er niedergeschlagen und ausgemergelt aus, wie der Prozessbeobachter der Frankfurter Allgemeinen Zeitung am Tag des Urteilspruchs am 14. Februar 2001 schreibt.

Der damals 54 Jahre alte Hölzenbein wird wegen Steuerhinterziehung zu einer Bewährungsstrafe von sieben Monaten sowie zur Ableistung von 300 Sozialstunden verurteilt. Er wirkt schockiert und aufgebracht.

Das Urteil ist ein Skandal. Ich habe es immer wieder gesagt, und ich sage es auch jetzt: Ich bin unschuldig. Ich fühle mich ungerecht behandelt und hätte nie geglaubt, dass ich verurteilt werde. Das Urteil ist schlimmer, als wenn wir 1974 das WM-Finale gegen Holland verloren hätten.

Hölzenbein ist der erste vorbestrafte Fußball-Weltmeister in Deutschland. Doch schon durch den Prozess, sagt Hölzenbein unmittelbar nach dem Urteil, sei er gestraft genug. Die Anwalts- und Gerichtskosten hätten sich auf fast 500 000 Mark summiert. Dass er vor dem finanziellen Ruin stehe, hatte er schon während des Verfahrens mehrfach eingeräumt. Der Richter hatte es nach einem Verfahren über 195 Tage als erwiesen angesehen, dass Hölzenbein 1993 in seiner damaligen Funktion als Vizepräsident einen Werbevertrag zwischen der Eintracht und Yeboah zum Schein abgeschlossen habe, um damit Lohnzahlungen zu verschleiern.

Der mitangeklagte ehemalige Schatzmeister Wolfgang Knispel wird zu 15 Monaten auf Bewährung und einer Geldstrafe von 100 000 Mark verurteilt. Das Gericht sieht es als strafverschärfend an, dass Knispel aufgrund seiner Kenntnis als Steuerberater in der Lage war, die Ausmaße der Steuerhinterziehung genau einzuschätzen. Yeboah war bereits am 2. Januar 2001 zu einer Geldstrafe von 360 000 Mark verurteilt worden.3

Bernd hat sich wegen des Abstiegs 1996 und des Prozesses 2001 für einige Jahre als Persona non grata bei der Eintracht gefühlt. Nach dem Abstieg war es ganz schlimm. Die Leute haben Stricke zu uns nach Hause geschickt, die haben Scheiße geschickt. Wir haben Personenschutz gebraucht. Bernd ist dann in Berufung gegen das Urteil gegangen.

Es fing wohl damit an, dass ich Ende 1994 eine Position des hauptamtlichen Angestellten ohne Sitz und Stimme im Präsidium übernahm. Wenn ich, zum Beispiel, damals kein Angestellter des Vereins gewesen wäre, sondern noch Vizepräsident, dann hätte ich Trainer Jupp Heynckes bei dieser unseligen Affäre um Anthony Yeboah kraft meines Amtes im Verein sagen können, der bekommt eine hohe Geldstrafe und damit Schluss.

Damals habe ich begonnen zu resignieren. Ich hätte härter sein müssen. Aber ich habe nicht genug dagegengehalten.

Ich war zermürbt von den vielen Krächen mit Möller, Gerster, Binz, Stein oder Bein.4

Das Urteil im Yeboah-Prozess hat für Bernd über die Jahre an Bedeutung verloren. Obwohl es ganz schlimm war in dieser Zeit. Den Vergleich mit dem WM-Finale hat er dann auch nie wieder gezogen. Das hatte sich verändert.

Das eine ist vergessen, das andere für die Ewigkeit.5

Finanziell bin ich da mit einem blauen Auge davongekommen. Auch die Eintracht hat sich großzügig verhalten und einen Teil dazu beigetragen, dass es nicht ganz so schlimm endete. Aber da habe ich auch gemerkt, wer zu mir steht und wer nicht.6

Diese Zeit hat sich für ihn wie ein Vakuum in seinem Leben angefühlt. Viele Menschen sagen, dass die Familie das Wichtigste im Leben ist, aber für Bernd war das Wichtigste tatsächlich immer die Eintracht.

Was ihn wieder glücklich gemacht hat, war der Moment, als ihn Heribert Bruchhagen (Vorstandsvorsitzender) und Herbert Becker (Aufsichtsratsvorsitzender) 2004 als Berater zurückgeholt haben, als er wieder in die Eintracht-Familie zurückkehren durfte, als er wieder Teil seiner Eintracht war. Das hat sich für Bernd wie eine Rehabilitierung angefühlt.

Zuvor hat es Diskussionen gegeben, ob ich wieder zurückdürfte. Viele waren dagegen, sie wollten mich nicht mehr. Nur der Herri wollte mich.7

Als er dann in den nächsten Jahren praktisch jeden Tag mit Herri und Friedhelm Funkel zusammenarbeiten konnte, sie sich immer morgens zu dritt getroffen und geredet haben, da ist er jeden Morgen strahlend zur Eintracht gefahren. Strahlend. So gut gelaunt habe ich Bernd in seinem Leben selten erlebt. Dafür werde ich Herri immer dankbar sein.

Sabrina Wagner, Tochter

Geboren am 28. August 1968,Gastwirtin in der Traditionsgaststätte Apfelwein Wagner in Frankfurt, gelernte Reiseverkehrskauffrau

Ich war immer wahnsinnig stolz auf meinen Vater. Das war schon in der Kindheit so. Wir haben damals in Gravenbruch gewohnt, das war zu jener Zeit der kinderreichste Stadtteil in Deutschland. Da haben wir immer irgendwo Fußball gespielt, und wenn die anderen dann Hölzenbein oder Grabowski sein wollten, war ich mächtig stolz, dass einer mein Vater war. Oder wenn Kinder an der Tür geklingelt haben und ein Autogramm wollten.

Meinen elften Geburtstag durfte ich im Waldstadion mit acht Kindern hinter dem Tor feiern, bei einem Bundesligaspiel. Wir sind auch im Mannschaftsbus zum Mannschaftshotel gefahren, da durfte ich öfter mitfahren.

Mein Vater war sehr technikaffin. Er hatte zu Hause immer die neuesten Sachen, die kleinsten Radios, den ersten Videorekorder, den ersten DVD-Player. Auf dem neuen Videorekorder habe ich mir mit ihm dann nach dem UEFA-Pokalsieg ungefähr hundert Mal das Tor gegen Bukarest angeschaut. Mein Vater hat immer zurückgespult und gesagt: »Guck doch mal, Sabrina, wie der Schiri im Hintergrund schon die Pfeife im Mund hat – und ihm dann die Pfeife aus dem Mund fällt.« Das musste ich mir immer wieder angucken.

(Das Tor ist) sehr präsent. Es wird ja überall immer wieder gezeigt. Ich werde ständig darauf angesprochen. Es ist der Wahnsinn. Ich weiß, dass es definitiv kein Zufall war. (…) Ich habe den Ball mit dem Kopf bewusst geköpft. Im Sitzen. Aber für mich ist diese Szene des Spiels gar nicht so sehr, dass der Ball über die Linie trudelte und der Torwart hinterherkrabbelte, sondern die Sekunden zuvor sind für mich unvergessen. Denn es war so, dass Willi Neuberger den Schiri fragte, wie lange noch zu spielen sei. Er antwortete: twenty seconds. Der Willi hat den Ball nach vorne gehauen. Was man aus der Perspektive der Hintertorkamera sieht, ist, dass der Schiedsrichter schon abpfeifen wollte, weil die 20 Sekunden um waren. Es war also eigentlich schon vorbei. In der 21. Sekunde habe ich den Ball reingemacht. Unglaublich. In der Verlängerung hat Bernd Nickel das 3:0 gemacht, und wir waren weiter.

Wir hatten damals gegen Bukarest 20 000 Zuschauer. Die meisten waren schon gegangen, als ich dieses Sitzkopfballtor machte, da war das Stadion fast leer. Heute rennen uns die Leute die Bude ein, obwohl sie nicht wissen, wer der Gegner ist.8

Wir sind nach Amerika gezogen, als ich zwölf war. Das war ein riesiger Schritt. In Amerika wurde ich dann richtig zum Fußballfan. Wenn mein Vater da ein Tor geschossen hat, haben mir die Amerikaner gratuliert, crazy. Im Stadion hat eine Band gespielt, Cheerleader sind rumgehüpft, die Zuschauer haben vor dem Spiel auf dem Parkplatz gegrillt. Das war ein ganz anderes Leben, so easy.

Mein Vater hat in Amerika ja immer wieder verlängert. Erst waren wir ein paar Jahre in Fort Lauderdale, dann sind wir wieder nach Deutschland, ich war hier wieder in der Schule, dann hieß es auf einmal, er macht Indoor-Soccer in Memphis, dann sind wir von dort wieder zurück nach Deutschland – und dann noch mal ein Jahr nach Baltimore.

Ich verbinde so viele gute Erfahrungen mit dieser Zeit, nicht nur, dass ich dort perfekt Englisch gelernt und den Führerschein gemacht habe. Dass ich überhaupt die Möglichkeit hatte, vier Jahre im Ausland zu leben, hat mir sehr viel fürs Leben gegeben. Die Fähigkeit, über den Tellerrand hinauszuschauen, neue Freundeskreise in verschiedenen Städten aufzubauen, offener für andere und neue Dinge zu sein, nicht nur Schwarz oder Weiß zu sehen. Und dass mein Vater dort als Fußballer mit dieser Karriere war, das war natürlich auch toll. Es war von den Reaktionen etwas ganz anderes, wenn ich dort hätte sagen müssen: »My dad is in the army«, anstatt: »My dad is a soccer player.« Da hieß es immer wieder: »Oh, great!«, »Oh my god!« Die Amerikaner freuen sich mit dir. Das ist schon anders als mit Deutschen.

Als wir endgültig zurück nach Deutschland sind, hat mir meine ehemalige Schule ein Wirtschaftsgymnasium empfohlen. Das war in Offenbach. Da wurde ich richtig gemobbt: Hölzenbein verrecke, solche Sachen. Einige waren richtig fies. In Offenbach im Stadion wurden meine Mutter und ich auch bespuckt.

Ich fand es auch toll, dass mein Vater dann Vizepräsident wurde. Was ich aber nicht wusste: dass der Job ehrenamtlich war. Er hat jahrelang auch alle Telefonate privat bezahlt. Er wollte nicht, dass irgendetwas, was er tat, nicht ehrenamtlich ist. In dieser Zeit habe ich beim Reisebüro Euro-Lloyd als Reiseverkehrsfrau gearbeitet. Da haben wir einen Betriebsausflug gemacht, nach Turin. Ich bin in die Maschine eingestiegen, gehe durch die Business Class zu meinem Platz – und wer sitzt da: Andy Möller und sein Berater Klaus Gerster. Ich bin rausgerannt und bin an einen Telefonautomaten und habe sofort meinen Vater angerufen: »Der Möller sitzt im Flugzeug nach Turin.« Dahin ist er dann ja auch nach der verpassten Meisterschaft in Rostock gewechselt. Mein Vater war von Möller immer so begeistert, von seinen Spurts, von seiner Schnelligkeit.

Das Problem in diesem Geschäft ist doch, dass die guten Spieler alles bestimmen. Deswegen mussten wir fast alles akzeptieren, wie zum Beispiel bei Möller die vielen Optionen, die vielen Klauseln und Klaus Gerster. Wir hatten eine Supermannschaft mit Supertypen, mit Weltklassespielern. (…) Im Interesse der Mannschaft habe ich versucht, mich da durchzujonglieren, musste den beruhigen, dann wieder einen anderen. Wenn Bein und Stein einmal ruhiggestellt waren, dann waren plötzlich wieder andere beleidigt. Es gab so viele Skandale, so viele Probleme und dabei immer die Angst, diese Superspieler zu verlieren.9

Die Enttäuschung meines Vaters nach Rostock war für mich die prägendste Erinnerung an seine Zeit im Fußball. Er war so unendlich traurig. Ich war selbst nicht in Rostock, weil mein Bruder an diesem Wochenende Firmung hatte und einer aus der Familie bei ihm bleiben sollte. Nachts bin ich dann zum Flughafen gefahren. Die Spieler kamen die Rolltreppe hoch, waren schon wieder fröhlich und haben gelacht. Und dann habe ich meinen Vater gesehen: seine Traurigkeit, wie fertig er war. Er war sich so sicher, dass sie gewinnen. Wir haben in der Nacht darüber gesprochen. Er konnte es überhaupt nicht fassen, dass sie es aus der Hand gegeben haben. Er hat die Niederlage niemandem in die Schuhe geschoben, hat auch nicht auf den Schiri geschimpft. Das stärkere Gefühl war, dass sie selbst daran schuld waren. Dass sie die Meisterschaft schon vorher hätten klarmachen müssen, nicht erst am letzten Spieltag.

Als ich mich das erste Mal auf eine Ausbildung beim Reisebüro DER beworben habe, hat der Chef zu mir gesagt: »Nur weil Sie Hölzenbein heißen, bekommen Sie hier keine Lehrstelle.« Bei Euro-Lloyd wurde ich dann genommen, weil ich Hölzenbein heiße. Einmal wurde ich wegen meines Vaters abgelehnt, das andere Mal eingestellt. Nichts ging davon auf mein Konto. Bei Euro-Lloyd gab es ein Direkttelefon zum DFB. Wenn man in der Gruppenleitung war, ist man einfach an dieses Telefon gegangen. Ich bin ran:

»Hölzenbein.«

»Egidius Braun. Ich glaube, ich habe mich verwählt.«

Alle haben dort immer vor dem DFB-Präsidenten Egidius Braun strammgestanden. Die Vorteile mit meinem Namen haben klar überwogen.

Dass mein Vater Weltmeister ist, darauf bin ich unheimlich stolz. Darauf werde ich auch heute noch am meisten angesprochen. Ich weiß noch, wie ich mich als Kind gefreut habe, wenn ich zu meiner Oma bin, die alle Trikots von den WM-Spielen aufgehoben hat, und ich mir anschauen durfte, wie da die Trikots aus den verschiedenen Ländern hingen.

Ein niederländischer Journalist erzählte mir vor der WM 2006 auf einem Termin, auf dem ich als deutscher WM-Botschafter in Amsterdam aufgetreten bin, Suurbier habe mein Trikot irgendwann in die Mülltonne geworfen. Ich habe nachgeforscht. Es stimmte. Da hätte er das Trikot besser mir zurückgeschickt. Ich habe seins noch im Schrank hängen.

Ich hatte nie ein schlechtes Verhältnis zu Holland. Ich war oft in Scheveningen im Urlaub. Und auch wenn man später mal einen von den Spielern getroffen hat, dann wurde viel gelacht und geflachst.

Ich habe den Holländern schon oft gesagt: Ihr habt doch nicht wegen des Elfmeters verloren, sondern deshalb, weil ihr viel zu arrogant ins Spiel gegangen seid.

Wir waren taktisch und auch psychologisch sehr gut eingestellt. Im Training hat Günter Netzer die Rolle von Johan Cruyff eingenommen, und der Berti Vogts hat ihn gedeckt. Schön hat uns vorher gesagt: »Schaut denen im Kabinengang tief in die Augen, weicht nicht aus.« Wir sollten zeigen, dass wir uns auf Augenhöhe befinden. Aber bei mir war es mit dem Selbstvertrauen nicht so toll, ich war ja erst spät in die Stammelf gerutscht. Da habe ich im Kabinengang dem Holländer rechts von mir krampfhaft in die Augen geschaut, bis der irgendwann nur noch den Kopf geschüttelt und sich abgedreht hat. Der wusste gar nicht, was los war.

In der Bild am Sonntag stand jedenfalls am Spieltag noch, dass Jupp Heynckes aus Mönchengladbach stürmt und ich nicht. Dabei hatte Schön schon am Samstag mitgeteilt, dass ich spielen werde. Ich habe später gehört, dass Gladbachs damaliger Trainer Hennes Weisweiler Einfluss für Heynckes nehmen wollte, aber Schön hat sich nicht beirren lassen.10

Für meinen Vater war der Abstieg mit der Eintracht 1996 ganz schlimm. Der hatte auch viel gravierendere Folgen für ihn als die verpasste Meisterschaft. Er hat danach seinen Vertrag als Manager von sich aus gekündigt. Er hatte Angebote von anderen Vereinen, aber er wollte nirgendwo anders hin. Mit dem Rücktritt hat er auch auf Gehalt verzichtet. Er wollte sich nie nachsagen lassen, dass er Geld von der Eintracht bekommt, für das er nichts geleistet hat. Mein Vater war da extrem.

Nach dem Abstieg wurden auch wir bedroht. Zwei Jahre zuvor wurde unsere Tochter Pia geboren, da kam dann zweimal am Tag eine Polizeistreife vorbei, weil in einem Brief an meinen Vater stand, dass er aufpassen soll, dass bei seinem Schwiegersohn keine Autobombe hochgeht. Das waren die negativen Erinnerungen, aber die positiven überwiegen eindeutig.

Das Schlimmste war sportlich der Abstieg. Es war das Spiel gegen Schalke und die Ergebnisse der anderen, als feststand: das war’s. Vorher war ja theoretisch noch alles drin. Aber mit einem Schlag war alles weg, woran ich geglaubt hatte.11

Ich hatte noch prognostiziert, dass wir zwischen Platz sieben und neun abschneiden. Ich habe das völlig falsch eingeschätzt. Der Kader war nicht gut genug. (…) Es gab die ganze Saison über Grabenkämpfe, es gab kaum Geld. Ich habe dann von mir aus gekündigt.12

Menschlich das Schlimmste waren die üblen Anfeindungen nach diesem Abstieg, die bis zur Bedrohung der ganzen Familie führten.13

Dass etwas mit meinem Vater nicht stimmt, habe ich 2017 gemerkt, als meine Eltern aus Gravenbruch wegziehen wollten und wir uns auf eine kleinere Wohnung auf Eigenbedarf angemeldet hatten und die Sache vor Gericht ging. Er war so nervös, weil er wieder vor Gericht stand. Auf die Frage der Richterin, ob er ausziehen wolle, hat er mit Nein geantwortet. Und als die Richterin ihn fragte, wo er denn jetzt wohne, hat mein Vater gesagt: »In Gravenbruch – mit meiner Frau und meiner Tochter.« Da merkten die Richterin und auch der Prozessgegner, dass da etwas nicht in Ordnung war, wir haben uns dann schnell geeinigt.

Es war ein Schock für mich, meinen Papa so zu erleben. Er war früher immer so souverän und auch lustig bei seinen Interviews und öffentlichen Auftritten. Das war der erste Schub, den ich erlebt habe. Danach ging es wieder. Mein Vater konnte sich den Blackout damals auch nicht erklären.

Im Juni 2022 haben wir seine Alzheimer-Erkrankung gegenüber der Eintracht öffentlich gemacht. Axel Hellmann und Peter Fischer haben wunderbar reagiert. Es war für alle gut, dass die Krankheit meines Vaters kein Geheimnis mehr war, dass ich seitdem mit jedem darüber sprechen kann, wie es meinem Vater geht.

Sascha Hölzenbein, Sohn

Geboren am 18. Juni 1978,Teamleiter Pflegekasse bei der Salus Betriebskrankenkasse, gelernter Sozialversicherungsfachangestellter

Wenn ich an den Fußball und meinen Vater denke, dann ist die erste Erinnerung, die ich damit verbinde, der Hallenfußball in Baltimore. Ich war vier oder fünf. Das sind die ersten Erlebnisse, die ich wahrgenommen habe. Mein Vater war vom Namen her zwar ein Star, aber in Amerika wurde er auf der Straße nicht erkannt. Der Fußball war dort längst nicht so populär wie hier.

Die Dimension habe ich erst in der Pubertät mitbekommen. Da war mein Vater schon Vizepräsident bei der Eintracht. Am Tag der Niederlage in Rostock hatte ich Firmung, da habe ich erstmals gespürt, was der Fußball und die Eintracht bedeuten. Zu dieser Zeit war es aber noch so, wenn ich mal ein Eintracht-Trikot in der Schule getragen habe, dass ich eher gehänselt wurde. Nach dem Motto: »Der muss Eintracht-Sachen tragen.« Damals hat das niemand in der Schule gemacht, und ich habe das Trikot auch nur getragen, weil es da war. Auch wenn die Meisterschaft verspielt wurde, war in diesen Jahren im Grunde alles positiv, die Mannschaft wurde da sogar als »wahrer Meister« gefeiert.

Beim Abstieg 1996 wurde ich 18 Jahre alt. Den Geburtstag habe ich im Jugendzentrum Gravenbruch unter Polizeischutz gefeiert. Es gab Morddrohungen: »Sascha wird den Weg von der Schule nach Hause nicht schaffen.« In dem Alter willst du ja Party machen. Das war belastend. Ich durfte nie alleine nach Hause. Wenn ich mit Kumpels Bier trinken war, dann mussten die mich immer bis zur Haustür bringen. In der Phase durfte ich auch nicht woanders übernachten. Als die Polizei bei uns regelmäßig vorgefahren ist und dann Briefe kamen, in denen meine Schwester und ich namentlich erwähnt wurden, da habe ich schon geschluckt. Drei, vier Monate waren echt heftig.

In der neuen Zweitliga-Saison war der Vertrag meines Vaters als Manager nach ein paar Monaten beendet. Als er weg war, wurde ich zum krassen Eintracht-Fan, aber erst dann. Ob das Zufall war, keine Ahnung. Ich hatte auch Karten für Block 8, die Ehrentribüne, aber ich wollte in den G-Block – und da bin ich die nächsten fünf, sechs Jahre immer hin. Als Fjørtofts Tor 1999 den Abstieg verhindert hat, war ich auch beim Platzsturm dabei. Das war für mich die schönste Phase als Eintracht-Fan.

Mit meinem Vater bin ich selten ins Stadion. Er hat mich zwar immer gefragt, aber mehr als zwei, drei Spiele pro Saison waren es nicht. Er hat mich auch gefragt, ob ich mal auf den Platz möchte, in die Kabine oder jemand kennenlernen will. Ich wollte nicht. Andy Möller und Uwe Bein waren die Einzigen, mit denen ich dann manchmal etwas zu tun hatte. Mein Vater hat sich mit ihnen auch privat gut verstanden, die kamen dann auch zu uns nach Hause. Aber ich habe mich immer zurückgehalten.

(Der schönste Augenblick war) vielleicht das Relegationsspiel gegen Saarbrücken, als wir nicht abstiegen und Uwe Bein schon verpflichtet war und mit mir auf der Tribüne saß. (…) Am meisten happy war ich allerdings bei der Verpflichtung von Andreas Möller, damals in Bologna. Es war eine Nacht- und Nebelaktion. Das war ein Jahr bevor er überhaupt zu uns kam. Damals hatten wir die Weichen für eine tolle Zukunft gestellt. Nur: Wir mussten es für uns behalten.14

Ich schaue heute noch jedes Eintracht-Spiel, egal, wo ich gerade bin auf der Welt.

Es gibt ein Bild von mir, da war ich noch keine drei Jahre alt, da habe ich den UEFA-Pokal in der Hand. Den Pokal hatte mein Vater ja nach der Feier mit nach Hause genommen. Für mich ist es heute wirklich besonders, wenn ich sehe, wie sich die Menschen heute überall mit dem Pokal fotografieren lassen. Gefühlt hat jeder zweite Frankfurter ein Bild von sich mit dem Pokal – und ich hatte den schon vor vierzig Jahren zu Hause.

Selbst das Finale war aus Sicht von Hölzenbein eine eher trübe Angelegenheit: Gladbach war kein Knüller, und beim Hinspiel war auch nicht so richtig was los, wenn ich mich richtig erinnere. So war es wirklich, denn der Bökelberg war nicht ausverkauft, nur 25 000 sahen den 3:2-Sieg der Borussen – im Endspiel des UEFA-Cups! Hölzenbein erzielte dabei die zwischenzeitliche 2:1-Führung für Frankfurt. Auch das Waldstadion war beim Rückspiel nicht bis auf den letzten Platz besetzt, allerdings sahen immerhin 59 000 Zuschauer den einzigen Treffer durch Fred Schaub und bejubelten, sofern sie Eintracht die Daumen drückten, den größten internationalen Erfolg der Frankfurter.

Die Mannschaft allerdings feierte nicht so richtig, weil bei der Eintracht jener Tage wenig stimmte. In der Bundesliga geriet sie zwischendurch sogar in Abstiegsgefahr, und das Team war mit ihrem Trainer zerstritten. Wir hatten Zoff mit Friedel Rausch, sagt Hölzenbein. Entsprechend unenthusiastisch fiel die Siegesfeier aus. Die Stimmung war kaputt. Als sich die Besucher der freudlosen Party zerstreuten, blieben schließlich nur noch Hölzenbein und der UEFA-Cup übrig. Also packte der Stürmer die Trophäe in sein Auto und fuhr nach Hause. Am nächsten Morgen erreichten ihn aufgeregte Anrufe der Vereinsführung, ob er wisse, wo der Pokal abgeblieben sei. Aber da habe ich sie erst mal zwei Stunden lang zappeln lassen.15