Stückwerk - Krimi-Cops - E-Book

Stückwerk E-Book

Krimi-Cops

4,8

Beschreibung

Kriminalhauptkommissar Pit "Struller" Struhlmann ist sauer. Ausgerechnet im Zuständigkeitsbereich der Düsseldorfer Mordkommission werden plötzlich über die ganze Stadt verteilt Leichenteile gefunden. Das ist doch keine professionelle Arbeit! Und ausgerechnet jetzt teilt man ihm Christian Jensen, einen Praktikanten der Duisburger Fachhochschule zu. Praktikanten können nichts, stehen im Weg rum und wissen alles besser. Ihre Ermittlungen führen das ungleiche Paar in die schicken Beauty-Salons der Königsallee, zur 'Schönen Aussicht' in Grafenberg, durch schmuddelige Hinterhöfe in Flingern, zur LADY PIA, ja sogar bis in die tiefsten, verstecktesten Winkel des Polizeipräsidiums. Nach und nach bringen sie Ordnung ins Gewirr der Leichenteile, und Struller ist schon fast zufrieden. Aber dann verschwindet ein bekannter Skandalreporter, und die beiden Ermittler müssen feststellen, dass einige der blutigen Puzzlestücke doch nicht so zusammenpassen, wie sie es sich vorgestellt hatten ...

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Die Krimi-Cops

Stückwerk

Von den Krimi-Cops bisher bei KBV erschienen:

»Stückwerk«

»Teufelshaken«

»Umgelegt«

Die Krimi-Cops

Stückwerk

Ein Struller- und Jensen-Krimi

1. Auflage September 2007

2. Auflage Oktober 2008

3. Auflage Mai 2010

4. Auflage Dezember 2011

© KBV Verlags- und Mediengesellschaft mbH, Hillesheim

www.kbv-verlag.de

E-Mail: [email protected]

Telefon: 0 65 93 - 998 96-0

Fax: 0 65 93 - 998 96-20

Umschlagillustration: Ralf Kramp

Redaktion, Satz: Volker Maria Neumann, Köln

Druck: Aalexx Buchproduktion GmbH, Großburgwedel

Printed in Germany

Print-ISBN 978-3-940077-19-6

E-Book-ISBN 978-3-95441-072-9

Alle Personen und Namen sind frei erfunden. Eine Ähnlichkeit mit lebenden oder verstorbenen Personen wäre also rein zufällig. Sollte sich trotzdem jemand wiedererkennen, dann vertut er sich.Hut ab!

Inhalt

1. Tag

2. Tag

3. Tag

4. Tag

5. Tag

6. Tag

7. Tag

Schlussakt

Die Krimi-Cops, die diesen Roman »verbrochen« haben, sind …

Danksagung

Coole Cocktails und fliegende Fäuste

1. Tag

So blöd kann man ja gar nicht sein!«, dröhnte es quer durch Ludenberg. Kuschinski im Blaumann und mit hochrotem Kopf kratzte geräuschvoll Schleim zusammen und jagte einen Yellow in die graue Betonlache zu seinen Füßen. »Zu blöd, um ein Loch in den Schnee zu pissen … Scheiße, guck dir den Mist hier an!«

Der zu Blöde zuckte zusammen und senkte sein kahl geschorenes Haupt, die Hände in der Bundeswehrhose vergraben.

»Mann, Mann, das können wir hier alles wieder kaputt hauen. Beton …« Kuschinski wischte sich mit einem Taschentuch über die Stirnglatze und blinzelte dem runden Lorenz am Himmel entgegen. »Und das bei dieser Affenhitze. Aber eins sag ich dir: Das machste ganz alleine, Kleiner. Zum Üben. Vielleicht haste ja was in den Mauen. Wenn de schon zu dämlich bist, Beton in die Verschalung zu kippen.«

»Chef, ich bin mir sicher …«

»Halt jetzt bloß die Klappe! Die Schaltafeln hab ich gesteckt. Einwandfrei! Du brauchtest nur noch den Beton hier reinzukippen. Nur noch den fertigen Beton in die Verschalung zu kippen. Und jetzt diese Scheiße hier!« Kuschinski wurde langsam sauer! Immer diese Neuen. Und die wurden mit jedem Jahr blöder! Früher haben die wenigstens noch gesoffen, kamen zu spät, waren noch blau, konnten aber anpacken. Und heute …

»Chef, ehrlich … Als ich den Beton gestern hier reingekippt hab, war alles noch in Ordnung. Der ganze Beton in der Verschalung, die Tafeln standen noch. Die Latten hab ich über Eck zusammengenagelt. Hab ich doch schon hundertmal gemacht! Da konnte so was hier gar nicht passieren. Da muss heute Nacht jemand gegen …«

»Willste mich ver…?«

»Nee, ehrlich, Chef. Ich bin um halb acht abgehauen und da war hier alles tipptopp!«

»Tipptopp nennste das hier?« Kuschinski nickte nach unten. Die Schalbretter hatten dem Druck des Betons nachgegeben, und das Brett an der linken Seite hatte sich nach außen gebogen. Der Beton war rausgelaufen. Alles andere als eine glatte Bodenplatte für Doktor Bodewigs neuen Swimmingpool. Das musste jetzt rausgekratzt werden, sonst gab’s Mecker! Das war mal sicher! Wieso hatte er diesen Schwachkopf auch für ‘ne Viertelstunde eher Feierabend hier alleine machen lassen …

»Da muss einer durch den Bauzaun …«

Kuschinskis Stirnader schwoll gefährlich an. »Und Dreck hat der auch noch mit reingemischt, der Idiot. Da! Was is das denn?« Kuschinski streifte sich einen Handschuh von den Wurstfingern und pulte im Beton an einem Stängel rum. »Zweig oder was …«

Kuschinski pulte und der zu Blöde wurde noch blasser. »Chef …«

»Was, zum Teufel, steckt denn hier? Ein Stock oder was? Pack mal mit an, das muss hier raus! Was haste denn?«

Pit Struller schob die unabhängige, überparteiliche Tageszeitung mit den großen Überschriften beiseite. »Krake, mach mir ein Alt!«

»Bisse nich im Dienst?«

Struller zog die Augenbrauen hoch. »Bist du bei der Dienstaufsicht oder bist du Wirt?«

Krake zuckte mit den Achseln und packte sich ein Altglas. »Is ja schon gut!«

Struller musterte seinen Lieblingswirt. Krake verdankte seinen Spitznamen der Linie 708. Im Herbst 2001 hatte er am Schillerplatz unter der Straßenbahn seinen linken Arm liegen gelassen. Die Kneipe hatte er damals schon gehabt, und mittlerweile zapfte Krake mit einem Arm das Pils schneller als andere mit zwei. Manchmal brauchte er nicht mal sieben Minuten. Struller bevorzugte Altbier. Das ging noch schneller.

»Was bist du denn in letzter Zeit so mütterlich zu mir, Krake?«

»Schon gut, Pit.«

»Nee, sag doch. So was merke ich doch!«

Krake ließ den Zapfhahn zurückschnellen. »Irgendwas ist doch. Guck auf die Uhr. Halb zehn. Du solltest doch schon längst im Büro sein. Du hängst immer öfter hier ab.« Krake beugte sich über die Theke. »Stimmt doch was nicht …«, murmelte er und widmete sich wieder seiner Zapfanlage.

»Vielleicht habe ich ja Urlaub.«

Krake brummte: »Mit ‘ner Knarre im Schulterholster?«

Struller tippte an seine SigSauer. »Raue Zeiten da draußen, Krake! Raue Zeiten!«

Krake zog eine Flunsch. »Musst ja nicht drüber reden. Ich mein ja nur.«

»Dann mein du mal! Hauptsache, du zapfst dich nicht zu Tode!«

»Übern halb volles Glas biste auch am meckern!«

»Bei deinen Preisen ja wohl auch zu Recht!« Struller fischte eine zerknitterte Schachtel Ernte aus seiner Jackeninnentasche, schlug eine Kippe raus und zog einen halb vollen Aschenbecher mit Kaugummirest zu sich heran. »Aschenbecher ist voll!«

»Dein Bierglas auch. Sollen wir tauschen?«

»Witzig, witzig. Gib her das Teil!« Struller legte den Kopf in den Nacken. Das kühle Bier tat gut bei dieser Granatenhitze. Den heißesten Mai seit hundert Jahren hatten sie gestern hinter sich gebracht. Das stand auch in diesem Schmierblatt. In Lettern so groß wie Michael Ballacks Fußballschuhe. Und für den Juni hatten sie noch ein paar purzelnde Hitzerekorde versprochen.

Krake lehnte sich wieder über die Theke und tippte auf die aufgeschlagene Seite des Lokalteils. »Gibt’s was Neues?«

»Metzelder soll nach Madrid wechseln.«

»Mein ich nicht, du Blödmann! Gibt’s was Neues bei euch?«

Struller grunzte und zitierte die Schlagzeile: »Bein gefunden! Kopf fehlt immer noch!! Polizei ratlos!!!«

Struller ging auf Glasgrund. Eine halbe Seite hatten sie wieder gebracht. Und auch einen dämlichen Schnappschuss vom ermittelnden Kriminalhauptkommissar hatten sie neben den Artikel mit Halbwahrheiten, Übertreibungen und Vermutungen gequetscht: KHK Struhlmann (46) ist ratlos. Nahezu das Einzige, was an diesem Artikel den Tatsachen entsprach. Sechsundvierzig Jahre alt und Kriminalhauptkommissar bei der Düsseldorfer Mordkommission war Struller wirklich.

»Nix Neues, Krake. Wir warten auf weitere Puzzlestücke!«

Krake verzog den Mund und schüttelte sich.

»Ekelig. Teile einer Leiche über ganz Düsseldorf verteilt. Echt, dein Job wäre nix für mich!«

»Ist auch nichts für dich. Kannst ja nicht mal beidhändig schießen!«

»Arschloch!«

»Ja, was denn? Oder versuch du mal, den Verkehr zu regeln!«

»Gleich fängst du dir eine!«

Struller schickte einen Rauchkringel an die Decke. »Hast recht, ich bin schlecht drauf. Ich kriege heute einen Praktikanten. Kann ich mich nicht dran gewöhnen. So einer von der Schule. Tausend Fragen. Die haben von Tuten und Blasen keine Ahnung, aber immer irgendwelche Konzepte. Oder Theorien. Da hat es 1968 mal einen vergleichbaren Fall in Braunschweig gegeben … Nach dreijährigen Studien im ländlichen Bereich Mecklenburg-Vorpommerns wissen wir heute, dass die Mehrzahl der männlichen Straftäter über dreißig und unter vierzig Jahren in ihrem früheren Leben einmal Frauen gewesen sind. Und so was! Öden mich total an, diese Klugscheißer! Mach mir noch ein Altes!«

»Du hast immer Ärger mit deinen Partnern!«

»Mit Krüger bin ich sehr gut ausgekommen.«

»Wie lange habt ihr zusammengearbeitet? Bis zu seinem Motorradunfall? Drei Wochen?«

»Fast vier.«

»Borchers war zu alt. Der danach hat gestunken. Was war noch mal mit Schultze-Sperling?«

»Schultze-Sperling war eine Frau.«

»Und dein letzter Partner? Scheng Sieger?«

»Ist tot. Und über Tote redet man nicht schlecht!«

»Kann es also sein, dass diese Probleme mit den Kollegen vielleicht ein ganz klein wenig mit deiner Person zusammenhängen?«

»Nein.«

Krake schnappte sich ein Altbierglas.

Struller tippte auf die Zeitung vor sich. »Und dann noch dieser Mist hier. Eine Leiche in Einzelteile zerlegt und über ganz Düsseldorf verteilt. Portionsweise eine schlechte Presse. Wir wissen noch nicht mal, wer der Typ ist, den man da portionsweise findet. Natürlich stürzen sich diese Penner von der Presse direkt auf so was! Ich frag dich …« Struller nahm einen tiefen Zug auf Lunge. »Was sind das für Mörder? Ich meine, das ist doch keine professionelle Arbeit. Messer in die Brust, zack, tot. Sauber. Gift. Neun Millimeter, Hammer auf den Kopf, zack, erledigt. Da liegt die Leiche, jetzt sucht mich! So muss das doch laufen. Aber montags einen Oberarm, donnerstags der Arsch und dienstags ein Bein. Das ist doch nix Richtiges! Stückwerk!« Struller schüttelte den Kopf. »Und dann das Bein auch noch in Urdenbach. Weißte, wie lange man bis da fährt? Bei dieser Hitze? Bis nach Urdenbach?«

Er kratzte sich den Bauch.

»Bin gespannt, was wir als Nächstes finden.«

Krake klebte Strullers zweites auf den Tresen. »Vielleicht den Kopf«, schlug er vor.

»Den Kopf finden wir zuletzt!«

»Wieso das denn?«

»Is so. Sollen wir wetten?«

»Zehnerfass?«

Struller hielt ihm die Linke hin: »Okay, schlag ein!«

»Irgendwann hau ich dir …«

Strullers Handy klingelte. »Struhlmann? Ja. Wer will das wissen? Ach so. Ich besuche einen Freund im Krankenhaus. Ja. Hm. Hm. Wo? Hahnenfurter Straße? Wo ist die denn? Okay. Ich fahr von hier aus. Was weiß ich, wie das Krankenhaus hier heißt. Ich bin hier nur Gast. Bis gleich!«

Krake kramte unter der Theke und fragte: »Zahlen?«

»Sechsundfünfzig, dreizehn, acht«, murmelte Struller und exte das Altbier.

»Witzig. Vier Euro kriege ich von dir!«

»Vier Euro für die Top News in Sachen Ravensburger Puzzle.«

Krake leckte sich sensationslüstern die Lippen. »Geht klar!«

»Der Tote ist Uwe Seeler.«

»Ist nich wahr.« Krake wurde blass.

Struller presste seine Kippe in den Kaugummihaufen.

»Stimmt, is nich wahr. Diesmal haben sie ein Eckstück gefunden. Einen Arm. Stell schon mal das Zehnerfass kalt!«

Struller bog mit seiner Kiste von der Bergischen Landstraße nach rechts in die Hahnenfurter Straße. Einen nigelnagelneuen VW Golf Variant hatten sie ihm zugeteilt. Zwar im schwulen Mintgrün und natürlich mit Automatik, aber mit Klimaanlage, was Struller bei den subtropischen Temperaturen wirklich zu schätzen wusste. Beinahe wäre er an der kleinen Seitenstraße vorbeigefahren. Im letzten Moment bemerkte er eine uniformierte Polizeibeamtin mit braunen Haaren am rechten Straßenrand, die den Zivilwagen erkannte und heftig mit beiden Armen ruderte.

Hausnummer 57. Struller fuhr die kleine Straße ganz bis hinten durch, bog in eine mit weißem Kies ausgelegte Allee ab, quetschte seinen Wagen an einem in der Auffahrt geparkten, dunkelgrünen Jeep vorbei und parkte unter einem riesigen, Schatten spendenden Ahornbaum direkt vor dem Haus von Dr. Wilhelm Bodewig. Struller schnalzte beeindruckt mit der Zunge. Bodewigs Hütte war in etwa so groß wie die LTU-Arena und hatte sicher ungefähr genauso viel gekostet. Nur die Flutlichtmasten fehlten.

Hinterm Haus im Garten, hatte der Kollege aus der Zentrale gesagt. Also wanderte Struller los, ließ einen römischen Springbrunnen, der eine Wasserfontäne circa hundert Meter in die Höhe schoss, links liegen und begab sich in den Garten, der ungefähr die Ausmaße einer 18-Loch-Golfanlage hatte. Die uniformierten Kollegen hatten mit etwa dreißig Kilometern Flatterband den engeren Tatortbereich abgesperrt.

»Guten Morgen«, sagte ein Kollege in Grün, dessen Gesicht eine lustige kleine Brille und eine ziemlich große Nase zierten.

»Guten Morgen«, grüßte Struller zurück und schüttelte kurz eine kräftige Hand. Dann – etwas länger – ein kleineres, zarteres Exemplar, das einer jungen Kollegin mit schulterlangen blonden Haaren gehörte, die direkt neben dem Zinken stand.

Leider kam der Schnorchel direkt zur Sache. »Angerufen auf der Leitstelle um 9.02 Uhr hat Dr. Bodewig persönlich. Der wartet da drüben auf der Terrasse.« Zinken nickte nach hinten.

Auf der Terrasse zum Haus stand ein Mann, ganz in Weiß gekleidet, und guckte herüber. Struller winkte. Der Mann reagierte nicht. Dann eben nicht.

Der Zinken fuhr fort: »Gefunden haben die Leiche – beziehungsweise, nun ja, den Arm – zwei Arbeiter. Kuschinski und Schneider heißen die. Das da sind die beiden.« Er deutete links an der hübschen Kollegin, die Struller unentwegt anlächelte, vorbei auf zwei Männer, die auf einer Gartenbank aus weißem Marmor sitzend gespannt und schweigend der Dinge harrten.

Struller riskierte einen schnellen, verwegenen Blick in die grünen Augen der Kollegin, die sofort den Blick senkte. Hoppla, wohl ein bisschen schüchtern, die Kleine.

»Tja, und der Arm steckte da vorne im Beton. Das soll da mal ein Swimmingpool werden. Die Kollegen von der Spurensicherung sind schon da. Weitere Zeugen haben wir nicht.«

»Okay, danke. Ich geh mal rüber.«

Die nette Blonde lächelte immer noch. So was beflügelt! Struller stieg lässig-sportiv übers rot-weiße Flatterband und räusperte sich, als er hinter einem der Kollegen im weißen Spurenanzug an dem etwa vier mal sechs Meter breiten und eineinhalb Meter tiefen Loch ankam. »Morgen, Harald. Und? Wie sieht’s aus?«

»Morgen, Struller. Gräulich. Und verschmiert.«

Struller grunzte. »Bitte keine Witze, ich hab noch nicht gefrühstückt.«

»Noch nicht gefrühstückt? Es ist gleich zehn!«

»Das macht es nur noch schlimmer.«

Faserspuren-Harald, der Chef der Jungs von der Spurensicherung, warf einen Blick auf seine Unterlagen, räusperte sich und fasste zusammen: »Die beiden da drüben auf der Marmorbank haben das Teil gefunden. Das Teil«, er deutete auf eine siebzig Zentimeter lange, verschmierte Stange zu seinen Füßen, »ist ein Arm. Also, ein Arm ohne Hand und praktisch dann der Rest bis zur Schulter, einschließlich Ellbogen. Scheint ein rechter Arm zu sein. Ist noch ein bisschen schwierig zu erkennen, ohne Hand, meine ich. Mit Hand hätte man ja sehen können, wo der Daumen …«

Struller stöhnte auf.

»Okay! Ich hab auch zwei Arme und kann die unterscheiden! Und sonst? Habt ihr noch mehr gefunden? Eine Wirbelsäule, ein Ohrläppchen?«

»Einen Fußabdruck haben wir noch gefunden. Komm mal mit!«

Harald zog Struller hinter sich her bis zu einer Ecke des Betons, an der die Verschalung weggeknickt war. Einer seiner Kollegen war gerade dabei, weißen Gips in eine kleine Vertiefung im Beton laufen zu lassen, um einen Abdruck zu nehmen.

»Doof ist nur«, fuhr Harald fort, »dass der Beton noch ziemlich weich war, als derjenige mit seinem Schuh reingetapert ist. Die Enden sind in der Mocke praktisch verlaufen, und es ist fraglich, ob wir überhaupt einen brauchbaren Abdruck kriegen. Vielleicht reicht es nicht mal für die Bestimmung der Schuhgröße.«

Struller stöhnte missmutig. »Klingt nicht gut. Sonst noch was?«

»Sonst haben wir nichts gefunden. Die Kollegen tragen den ganzen Beton ab. Wir haben zwei Praktikanten, die werden den Beton zerbröseln bis es Mehl ist, um zu sehen, ob irgendwas vom Täter reingeraten ist. Knopf, Dreck, der da nicht reingehört …«

»Eine Visitenkarte,« schlug Struller genervt vor.

»Oder irgendeinen Spurenträger. Tja …« Er machte eine weit ausholende Geste. »Den ganzen Rasen werden wir auch noch durchkämmen, aber erst mal haben wir weiter nix gefunden. Keine Schleifspuren, keine Fahrzeugspuren, keine weiteren Fußabdrücke. Dafür ist der Untergrund zu hart. Hat ja schließlich drei Wochen nicht mehr geregnet. Spurenmäßig wird da nicht viel drin sein, fürchte ich.«

»Na super.« Struller zog seine Schachtel Ernte aus der Tasche.

»Pit, hier nicht rauchen, weißt du doch. Ist ein Tatort. Und äh …«

»Was?«

»Das da. Um deinen Hals. Was soll das denn sein?«

Struller guckte an sich runter. »Was denn?«

»Das da!«

»Das ist eine Krawatte.«

»Ich bitte dich, Pit! Braun. Gehäkelt. Das trägt doch kein Mensch mehr!«

»Ich krieg heute einen neuen Praktikanten. Der Alte meinte, ich soll optisch was hermachen.«

»Dann nimm das Ding ab!«

»Ich hab keine andere Krawatte.«

»Nimm es ab! Und seit wann machst du, was der Alte sagt?«

Struller knurrte, drehte sich weg und musterte noch mal den großen Garten. Der war komplett eingezäunt. Nach vorne hin gab es eine über zwei Meter hohe Steinmauer mit dem Eisentor, durch das er reingefahren war. Nach links und rechts wechselten sich hohe, weiß getünchte Mauern und Eisenzäune ab. Gerade noch ohne Fernglas war zu erkennen, dass nach hinten raus zum Grafenberger Wald hin auch ein fast drei Meter hoher Maschenzaun das Grundstück einschloss. Vermutlich gab es eine Alarmanlage. Würde er abklären. Das Loch für Bodewigs Swimmingpool war im günstigsten Fall gute vierzig Meter von der nächstgelegenen Grundstücksgrenze entfernt, schätzte Struller, und so weit schmeißt man einen Arm mit Ellbogen und ohne Hand nun auch nicht.

Obwohl, das müsste man mal ausprobieren.

Struller seufzte. Vielleicht kannte der Neue ja einen vergleichbaren Fall aus Kiew, in dem ein ehemaliger russischer Olympiasieger im Speerwurf ein Bein fünfzig Meter weit durch die Luft geschleudert hatte …

Und dass der Arm dann auch noch zufällig im Beton landet, nee … Den hatte dort einer verschwinden lassen wollen. Da ist einer hingegangen, hat das Teil abgelegt und unter die Betonsauce gequetscht. Nur hat das nicht so geklappt, wie es geplant war, weil sich die Verschalung gelöst hat. Und reingetrampelt ist der Idiot auch noch.

Struller schob eine Hand an die Stirn und blinzelte zur Terrasse rüber. Der Hausherr krabbelte auf allen Vieren und suchte vermutlich Blattgold, das ihm am Abend vorher beim Dämmersnack vom Salat geglitten war. Okay, entschied Struller: erst der Doc, dann die beiden glücklichen Finder.

Die kleine Blonde mit den grünen Augen lächelte ihm immer noch zu. Struller strich sich durch sein schwarzes Haar. Immer noch dicht. Und das mit sechsundvierzig! Immerhin. Und die Diät im letzten Monat war auch nicht ganz umsonst gewesen, wenn’s auch nicht ganz die geplanten zehn Kilo waren, aber so zwei bis drei, vielleicht dreieinhalb …

Struller erklomm die drei Stufen zur Terrasse, ohne dass ihn die beiden Betonlöwen links und rechts angriffen. Oben richtete sich Dr. Wilhelm Bodewig hastig auf und klopfte sich teuren Goldstaub von den Knien. Bodewig: Mitte vierzig, 1,80 Meter, volles, blondes Haar mit nach rechts geföntem Seitenscheitel, kräftig, braungebrannt, weiße Leinenhose, weißes Sweatshirt, ein Arzt, den die Frauen lieben. Struller war er auf Anhieb unsympathisch. Er stellte sich vor.

Das tat auch Bodewig: »Bodewig. Wilhelm Bodewig. Sollen wir hineingehen?«

»Wenn ich drinnen rauchen darf?«

»Bleiben wir besser draußen. Sie haben bestimmt einige Fragen«, schlug Bodewig gönnerhaft vor und strich sich durch den Seitenscheitel.

Struller schlug hastig eine Kippe aus der Schachtel. »Ja, aber erst mal wirklich nur einige. Rauchen Sie?«

»Ja. Aber bestimmt keine Ernte 23!«

Struller deutete nach unten auf die italienischen Terrakottafliesen. »Gefunden, was Sie gesucht haben?«

»Bitte?«

»Als Sie vorhin auf dem Boden rumgekrabbelt sind.«

»Ich habe nichts gesucht«, erwiderte Bodewig.

»Ach so. Hm. Sie kriegen einen neuen Swimmingpool?«

»Richtig.«

»Schwarz?«

»Der Pool?«, fragte Bodewig verwirrt.

»Wird der Pool schwarz gebaut? Ich sehe keine Arbeiter, keinen Bauwagen und so was.«

»Sie sind direkt!«

»Jow! Aber nicht von der Steuerfahndung.«

Bodewig wechselte amüsiert das Standbein. »Solche Sachen erledigt bei mir Kuschinski. Das ist der ältere der beiden Männer, die den, äh, Arm, gefunden haben. Ich hoffe, Sie können damit leben, wenn ich ihn meinen Mann fürs Grobe nenne. Oder Gärtner. Wie auch immer.«

Struller nahm einen tiefen Zug. »Nennen wir ihn Kuschinski. Wann haben sie mit dem Bau begonnen?«

»Das Loch wurde ausgebaggert, Moment, das war am Freitag. Kommenden Dienstag kommt der Pool. Das ist ein Fertigstück. Eine Firma aus Italien. Und Kuschinski sollte bis zum Sonntag eine Bodenplatte gießen, damit der Pool eingelassen werden kann. Schwimmender Beton oder so was. Die genaue Abwicklung habe ich ihm überlassen. Auf Kuschinski ist Verlass.«

»Sie wohnen hier alleine?«

»Im Moment, ja. Meine Frau, meine Ex-Frau genauer gesagt, wohnt seit einigen Jahren mit meiner Tochter in der Nähe von Hamburg, mein Sohn studiert seit einem halben Jahr in Mailand.«

»Sie überwachen die Bauarbeiten am Pool?«

»Ich brauche da nichts zu überwachen. Wie gesagt, verlasse ich mich voll und ganz auf Kuschinski, der schon seit Jahren für mich arbeitet.«

»Wo waren Sie gestern Abend, ich meine, ist Ihnen irgendetwas aufgefallen? Verdächtige Personen auf dem Grundstück …«

»Ist der Arm gestern Abend dort, ähm, abgelegt worden?«

»Davon gehen wir erst mal aus, ja. Haben Sie also irgendetwas Verdächtiges beobachtet?«

»Nein.«

»Oder in den Tagen davor? Vertreter? Zeitungswerber? Irgendwen?«

»Nein, tut mir leid.«

Struller blies einen Kringel in die Luft. Der Kringel missriet. Schlechtes Zeichen! »Sie sind Arzt?«

»Plastischer Chirurg.«

»Schönheitsoperationen?«

»Das ist mir zu laienhaft. Ich bin ausgebildeter Facharzt und habe mich auf den Bereich ästhetisch-plastische Chirurgie spezialisiert. Ich führe mit zwei Partnern eine erfolgreiche Praxis auf der Königsallee.«

»Hm«, sagte Struller, denn ihm fielen im Moment keine Fragen mehr ein. Außerdem hatte er Hunger. »Herr Bodewig, es werden sich bestimmt noch eine Menge von Fragen ergeben, aber für den Moment wäre es das dann.«

»Gerne, Herr Kommissar, jederzeit. Struhlmann war richtig, oder?«

»Struhlmann ist richtig, ja.«

Bodewig hatte feine Finger, aber keinen feucht-labbrigen, weichen Händedruck, sondern einen ziemlich kräftigen. Einen solchen wusste Struller üblicherweise sehr wohl zu schätzen, aber diesmal war er nicht geeignet, Strullers Meinung über den ästhetisch-plastischen Chirurgen mit seiner erfolgreichen Praxis auf der Kö zu ändern. Ein arroganter Fatzke! Struller nahm noch einen Zug und warf einen Blick in die Runde, in der Hoffnung, einen Aschenbecher zu entdecken.

»Schmeißen Sie die Zigarette einfach auf den Boden«, riet ihm Bodewig.

»Kuschinski?«, fragte Struller hinterhältig.

»Bitte?«

»Schon gut!«

Struller drückte einem der beiden Steinlöwen die Kippe ins rechte Auge. Bodewig zuckte kurz. Die platt gequetschte Kippe versenkte Struller in seinem Hemd. Er ging rüber zur weißen Marmorbank. Die beiden ehrlichen Finder des Oberarms erhoben sich.

»Guten Morgen, Struhlmann, Mordkommission«, stellte Struller sich vor und schüttelte zwei kräftige Hände.

»Guten Morgen«, grüßte der Jüngere der beiden.

»Morgen«, knirschte Kuschinski und hauchte Struller eine übel riechende Fahne ins Gesicht.

Und das auf nüchternem Magen! Strullers Zinken löste internen Alarm aus, der leere Magen machte Lärm wie eine startende Boeing. Struller entschied sich schnell und intuitiv. Auf eine Vernehmung, bei der eine Gasmaske unbedingt erforderlich sein würde, hatte er aber mal überhaupt keinen Bock!

Er ließ den verdutzten Kuschinski samt glatzköpfigem Gehilfen stehen und ging hastig rüber zu den beiden vom Wachdienst. »Äh, könnt ihr mir einen ganz großen Gefallen tun?«

Der Zinken hob die Augenbrauen, die Blonde grinste schon wieder.

»Die beiden würde ich gerne im Präsidium vernehmen. Könnt ihr das organisieren, dass die beiden ins PP kommen, Zimmer 1321?«

»Geht klar.«

Struller kniff die Augen zusammen und wandte sich jetzt aber doch noch mal direkt an die Blonde, die mit scheuem, gesenktem Blick auf ihrer hübschen Unterlippe nagte: »Gut drauf heute? Was treibt dir denn so den Schalk ins Gemüt?«

Und dann prustete die Polizistin los. »Das Ding da! Mein Gott, wie hässlich! Das trägt doch kein Mensch! Eine braune, gehäkelte Krawatte!! Ich kann nicht mehr!!! Das geht doch gar nicht! Ich geh kaputt!«

Und sie krümmte sich vor Lachen.

Der Kolben drehte sein Riechorgan weg und grinste auch bis über beide Ohren.

Struller ließ die beiden stehen und ging wütend zurück zum Wagen. Und jetzt bleibt die Krawatte erst recht dran! Die ganze Woche lang!

Struller knallte die Fahrertüre hinter sich zu, startete mit durchdrehenden Reifen und brachte ein paar weiße Kieselsteine in Unordnung. Auf der Hahnenfurter Straße überfuhr er fast die Kollegin, die dort immer noch stand. Die konnte zwar nichts dafür, aber Struller war nicht in der Stimmung, auf diese Kleinigkeit Rücksicht zu nehmen. Er hatte Hunger! Und außerdem hatte sie sich durch einen Sprung an die Seite in den Straßengraben ja retten können!

Ein paar Ecken weiter in Düsseldorf-Unterbilk stoppte Jensen seine Kiste an der roten Ampel. Kurz vor den ersten Minuten im neuen Praktikum seiner Ausbildung zum Kommissar ging ihm hier während der Ampelphase so einiges durch den frisch frisierten Kopf.

Zur Polizei hatte er eigentlich gar nicht gewollt. Einen Bürojob hatte er sich vorgestellt. Weil es da immer trocken ist. So was von montags bis freitags, von acht bis sechzehn Uhr, mit einem regelmäßigen Wochenende. So einen Job hatte er dann auch gehabt. Und ihn nach drei Monaten wieder geschmissen.

Bei der Polizei gab es Schichtdienst und Überstunden und kein regelmäßiges Wochenende – und trocken war es auch nicht immer. Vorzugsweise dann, wenn es die kompliziertesten Verkehrsunfälle gab.

Hinter ihm hupte ein Taxi die Lorettostraße zusammen. Jensen hatte die Grünphase verdröhmelt. Die Ampel sprang schon wieder auf Rotlicht. Der Taxifahrer hinter ihm zeigte ihm den Stinkefinger.

Jensens Kumpel war zuerst bei der Deutschen Bank gelandet, hatte dann studiert und arbeitete jetzt mit Anzug und Krawatte bei einer Versicherung. Auch eine Alternative. Und eine trockene! Grün. Jensen fuhr zügig los, bevor der Taxifahrer ihm hinten in die Karre krachen konnte.

Mach was Gescheites, hatte seine Mutter immer gesagt! Jensen grinste in seinen Innenspiegel. »Und ich geh zur Polizei!«

Er bog nach links auf den Parkplatz vor dem alten, braunen Steinbau ab. Nach ein paar Jahren mit abgezockten Jugendlichen, besoffenen Fahrzeughaltern, bekotzten Altstadtbummlern, mittelschweren Verkehrsunfällen und mit Junkies, die mit Nadeln um sich wirbelten, hatte er sich zur Kommissarsausbildung beworben, sich in Duisburg an der Fachhochschule ein Semester lang den Hintern platt gesessen und heute, ja, heute ging es endlich ins ersehnte Praktikum zum KK 11, dem Kommissariat für Tötungsdelikte.

Er schob seinen alten, selbst restaurierten Ford Mustang in eine freie Parklücke, wohl wissend, dass man hier am Düsseldorfer Polizeipräsidium eigentlich nie eine freie Parklücke fand – hatte er genau genommen auch nicht, es war der reservierte Parkplatz des Polizeipräsidenten – und warf einen Blick auf seine Swatch. Elf Uhr. Just in time, stellte er fest und stieg hastig die ausgetretenen Steinstufen zum Haupteingang des alten Gebäudes hoch. Links saß der Pförtner in einem Glaskäfig. Jensen spickte auf seinen Zettel. Struhlmann hieß der Kollege des KK 11, dem er für die nächsten vier Monate zugeteilt war.

»Morgen, Kollege, wo find ich denn den Kollegen Struhlmann, äh, Zimmer 1321?«

»Dienstausweis dabei?«

»Äh, zu Hause vergessen.«

»Na ja. Dritte Etage, Zimmer 1321 ist richtig. Fahr mit dem Paternoster in die dritte Etage, da gehen vier Flure ab. Such dir den richtigen aus. Zimmernummern stehen oben dran.«

Jensen betrat den angenehm kühlen Bau. Zwei uniformierte Kollegen kamen von links und schoben einen langhaarigen, mit Händen in einer Schließacht gefesselten Typen durch den Flur. Paternoster. Aha. Jensen beäugelte misstrauisch das morsche, alte Ding und entschied sich, sicherheitshalber die Treppen zu nehmen. Aber drei Etagen waren dann doch ein bisschen viel. Jensen schnaufte wie bei einem Asthmaanfall, der ihn nachdrücklich und mit aller Härte an den gestrigen Abend in seiner Stammkneipe erinnerte. War ein bisschen später geworden. Nur ein - zwei kleine Bierchen bei Ferry im Z, ein bisschen Dart, ein paar Kumpel. Na ja …

Zimmer 1321. Auf einem vergilbten Schild stand Struhlmann. Das Büro lag direkt gegenüber der Herrentoilette. Wie nett. Kurze Wege. So, noch einmal durch die Haare, einmal Luft holen und dreimal vorsichtig geklopft. Nichts. Kein Laut von innen. Hm. Elf Uhr war gesagt. Klinke runter. Abgeschlossen.

»Struller habe ich eben in der Kantine gesehen«, machte sich ein Typ bemerkbar, der drei Ordner unter der Achsel trug und dessen braun-grün gestreifter Pullunder sich über eine bemerkenswerte Trommel spannte. Er sah aus wie einer aus den alten Krimis. Schwarz-Weiß, mit Erik Ode.

»Jow, danke. Ich bin nämlich sein neuer Praktikant.«

»Na dann viel Spaß!«, gluckste der Typ mit einem schiefen Grinsen und schlich mit der Geschwindigkeit einer altersschwachen Weinbergschnecke davon. Dann stürzte er sich mit dem Paternoster nach unten in die Tiefe.

Aha, dachte Jensen, Struller nennen sie den Struhlmann. Vielleicht, weil er so oft pinkeln muss. Da macht es ja auch Sinn, dass er das Büro gleich gegenüber der Herrentoilette hat! Also wieder runter, die Kantine hatte er im Erdgeschoss beim Reingehen entdeckt.

Drinnen waren nicht mehr viele Plätze frei. Die meisten Beamten hockten vor alten, orangefarbenen Tabletts und hatten Brötchen und Kaffee vor sich stehen oder qualmten eine Kippe vor sich hin. Flüsternd wurde der neueste Bürotratsch ausgetauscht und, etwas lauter, wurde über die neueste Umorganisation geschimpft.

Ein Lichtblick saß an der Kasse und grinste Jensen mit großen blauen Augen an: »Nur Kaffee? Sonst noch was?«

»Ähm, nee, danke.«

»Biste neu hier?«

Jensen stutzte und blickte aufs Namensschild an ihrem weißen Kittel. Speetmann. Der Blick rutschte ein bisschen tiefer. Hm. Auch weiß …

»Äh, ja, bin ein neuer Praktikant. Ist heute mein erster Tag.«

»Aha. Na dann, willkommen!«, hauchte sie, sich leicht nach vorne beugend und es hörte sich an wie: Juhu, Frischfleisch! »Dann sehen wir uns ja demnächst öfter. Ich bin die Katharina. Alle nennen mich Speedy. Der Kaffee macht übrigens Einsfuffzig. Du siehst aus wie dieser Sänger von Oasis! Liam. Ich stehe auf Oasis. Und Sänger im Allgemeinen. Also, unter anderem. Keine Zeitung? Eine Zeitschrift? Wir haben auch den Kicker … Echt nicht? Das lernste noch. Ohne ein halbes Dutzend Zeitschriften kriegste hier in dem Bau vor lauter Langeweile die Zeit nicht rum, wirste seh’n. Trotzdem keine? Okay, Einsfuffzig.«

Jensen zückte das Portemonnaie und drückte ihr zwei Münzen in die Hand. Fünf Finger, achtzehn Ringe, schätzte er. Dann blickte er sich um: Unter fünfundvierzig war hier keiner. Am ersten Tisch saß einer im grauen Kittel, der mit einem Löffel die ganze Zeit über schweigend und mit wachsender Begeisterung seinen Kaffee schwindelig drehte. Vielleicht war das Struhlmann.

»Ähm, eine Frage hab ich noch …«

»Immer raus damit, ich tu was ich kann!«

Dessen war Jensen sich sicher, aber er wollte ja eigentlich nur wissen: »Wer von denen ist denn KHK Struhlmann?«

Sie verzog das Gesicht. »Oje. Bist du dem zugeteilt? Oje. Struller ist der da in der Ecke«, sagte sie und deutete in den hinteren Bereich der Kantine, wo einer einsam an einem Tisch über Brötchen und Kaffee hängend vor sich hindöste.

Das Erste, was Jensen auffiel, war diese, diese … diese Krawatte. Sensationell! Jensen schmunzelte, denn ein baugleiches Teil hatte er auf der letzten 80er-Jahre-Party im Stahlwerk getragen und einen erheblichen Achtungserfolg eingefahren. Dieser Typ sollte ihm also jetzt das Mörderfangen beibringen. Na ja.

»Guten Morgen, sind Sie Herr Struhlmann?«

Struhlmann zuckte zusammen. Er hatte gerade in sein Brötchen gebissen, erschreckte sich, und nun hing ihm ein langes Stück Kochschinken aus dem Mund heraus, das er verzweifelt versuchte abzubeißen. Er verdrehte die Augen, saugte die Scheibe nach innen und schluckte sie in einem Stück runter. Butter klebte an seiner Lippe, und bevor er irgendwas entgegnete, spülte er alles mit einem Schluck Kaffee herunter.

»Moin, was ist denn?«

»Christian Jensen ist mein Name. Ich bin der neue Praktikant und sollte mich heute bei Ihnen zum Dienst melden.«

»Jensen? Bist du Schwede?«

Jensen schüttelte verdutzt den Kopf.

»Is ja auch egal. Ich heiße Pit, wir duzen uns, und erst wird gegessen, dann praktiziert.« Er biss noch mal ins nunmehr belaglose Brötchen und nippte am Kaffee. »Der Kaffee hier ist grauenhaft. Sag ich dir gleich. Hast du schon was gelernt heute!«

Jensen nahm das irgendwie als Aufforderung, sich zu setzen, woraufhin sein Gegenüber das Tablett nahm und aufstand. Was für ein Idiot, dachte Jensen und folgte seinem Ausbilder zum Geschirrwagen, in den Struller das gebrauchte Tablett schob.

»Dann wollen wir mal! Komm mit! Du hast lange Haare.«

»Ja, wie Liam Gallagher«, sagte Jensen und winkte im Gehen der blonden Speedy an der Kasse noch mal zu, die einen Daumen in die Höhe streckte und heftig nickte. Wird schon nicht so schlimm werden! Es ging wieder raus in den Flur.

Gott sei Dank, er nimmt auch nicht das klapprige Fahrstuhldings, dachte Jensen.

Vor Zimmer 1321 blieben die beiden stehen.

»Hab abgeschlossen. Wird viel geklaut hier!«

»Hier bei der Polizei?«

»Klar. Sind alles nur Menschen, oder? Und wenn ständig irgendwelche Bezüge gekürzt werden … Und das Weihnachtsgeld …«

Im Büro stand die Treibhausluft wie dicke Brühe. Struller kämpfte sich durch die Suppe bis zum Fenster und riss quietschend einen Flügel auf. Jensen meinte es zischen zu hören, wischte sich ein paar dicke Saunaperlen von der Stirn und wünschte sich an den Strand des Lörricker Freibads. Eine alte Eisenheizung mit dicken, gelben Rippen pullerte auf Hochtouren.

»Die Heizung ist kaputt. Die läuft immer. Außer im Winter, wenn es friert. Dann tut sie es gar nicht.«

Struller deutete auf einen wuchtigen, leeren Holzschreibtisch, wie Jensen ihn schon in alten Ufa-Filmen bewundert hatte, und kramte eine komplett zerdrückte Schachtel Ernte aus der obersten Schublade.

Endlich lerne ich mal einen kennen, der Ernte raucht, dachte Jensen und ließ sich schwungvoll in einen abgewetzten Drehstuhl mit ausgefranster Armlehne fallen. Das heißt, die linke Armlehne war ausgefranst, die rechte fehlte komplett.

»Auch eine?«

»Danke,« erwiderte Jensen, lehnte sich nach hinten und kippte mit dem maroden Drehstuhl um.

»Wer hat denn diesen Kerl hier wieder reingelassen?«, schimpfte Schwinder ärgerlich, mit stark angeschwollener Ader an der Stirn, lauthals durch sein Büro in das Vorzimmer hinüber, als er die Stimme des sich ankündigenden Gastes erkannte. »Angelina, wer hat denn …?« Er beendete seinen Satz nicht, weil das Objekt seiner Aufregung bereits sein Büro im sechsten Stock der Köhler und Partner-Kanzlei ohne Aufforderung und mit einem süffisanten Grinsen im Gesicht betreten hatte.

Angelina, seine Sekretärin, die eigentlich Angelika Lax hieß, überlegte sich gerade ein paar Worte zur Rechtfertigung, erkannte aber ob des genervten Gesichtsausdrucks ihres Chefs mit geübtem Blick die Aussichtslosigkeit eines solchen Unterfangens und zog sich hastig in ihr Reich zurück.

»Tür zu!«, brüllte Schwinder. Ihm war klar, dass ein Besuch von Jürgen Wilfried Rempe, dem rasenden Reporter des Düsseldorfer Rheinkuriers erstens nichts Gutes zu bedeuten hatte und Rempe sich zweitens sowieso nicht ohne Weiteres würde abwimmeln lassen. Und dann brauchte Schwinder keine Ohren, die zuhörten. Auch wenn sie so hübsch waren, wie die von Angelina. »Rempe, was treibt dich hier ohne Anmeldung ins Büro?«

»Guten Morgen, erst mal!«

Rempe glitt schmierig durchs Zimmer. Wie üblich trug er einen alten, speckigen Jeansanzug und braune Cowboystiefel. Fünfundvierzig Jahre war der 1,70 Meter kleine Mann, aber das Haar konnte er, wie Schwinder neidisch feststellte, immer noch offen und lang bis auf die Schultern tragen. Eine Wäsche hätten sie seiner Meinung nach ganz gut vertragen können. Wer weiß, in welchem Siff Rempe wieder herumgekrochen war. Der ungepflegte Vollbart verdeckte, wie Schwinder wusste, eine lange, hässliche Narbe.

Schwinder hatte keine Zeit und keine Lust auf überflüssiges Geplänkel. »Hat das Sommerloch dir noch einen kleinen Platz für eine noch kleinere, schmierige Story auf Seite neunzehn freigelassen?«

»Du warst auch schon mal gastfreundlicher, Schwinder!« Der Reporter nahm lässig vor Schwinder auf dessen Schreibtisch Platz und griff dabei nach hinten, um sich abzustützen.

Schwinder verzog angewidert das Gesicht und rümpfte die Nase. »Ich habe keine Zeit, Rempe! Lange Ansprachen waren noch nie mein Ding!«

»Tja«, wand sich Rempe, »du weißt, ich habe meine Augen und Ohren überall. Unser schönes, kleines Dorf …«

»… ist deine Westentasche, blah, blah. Könntest du jetzt endlich zur Sache kommen!« Schwinder wuchtete sich aus dem Sessel, ging ans Fenster und drehte Rempe demonstrativ uninteressiert den Rücken zu.

»Welch Ungeduld! In der Vergangenheit war unsere Zusammenarbeit doch immer sehr lukrativ und erfolgreich. Schließlich hast du es mir zu verdanken, dass eure Kanzlei in den letzten Jahren eine verdammt gute Presse gehabt hat, dass du mit deinen manchmal nicht ganz so spektakulären Fällen trotzdem immer gut weggekommen bist und deine Kollegen damit ausstechen konntest, als es um die Benennung zum neuen Vize bei euch ging.«

Schwinder knurrte: »Jetzt mach mal halblang, Rempe, was willst du von mir?«

»Ich habe von einem neuen Fall gehört. Von deinem neuen Fall. Ich kann mir schon vorstellen, dass dir ein bisschen der Kopf dröhnt, dass du schlecht schläfst und du deshalb ein wenig, na, sagen wir mal, ungehalten bist.«

Schwinder blieb stumm. Was kam denn jetzt?

»Ist schon ein Hammer. Und ich bin mir noch nicht einmal sicher, ob du schon wirklich weißt, mit welchen Leuten du dich da eingelassen hast, worum es wirklich geht.«

»Ach ja? Du kennst dich mit meinen Fällen und mit meinen Klienten ja offenbar ganz gut aus!« Schwinder drehte sich ganz langsam um und funkelte den Zeitungsschmierer finster an. Irgendwo in seinem Hinterkopf schrillte eine hässliche Alarmglocke. Bestimmt blufft Rempe nur, meldete sich eine unsichere Stimme leise in einem anderen Teil seines Schädels.

»Was willst du andeuten, Rempe?«

Rempe aalte sich vom Schreibtisch. »Der Golfsport wird immer beliebter, oder?«

Das traf Schwinder wie ein Hammer. Er schnappte nach Luft. Verdammt, wie hatte der denn jetzt da wieder seine Nase dran bekommen? Okay, schaltete Schwinder sofort, das Beste draus machen! Vielleicht könnte Rempe ja ihm und seinem Mandanten hilfreich sein, obwohl dem Kerl natürlich nur bis zu einem gewissen Punkt zu trauen war. Und dieser Punkt war bei Jürgen Wilfried Rempe schnell erreicht. »So, so, findest du?«

»So sagt man hier und da!«

»Hier und da?«

»Hier und da!«

»Was sagt man denn sonst noch so?«

»Schon klar, Schwinder. Brauchst eine Vorlage, wie? Nun, ich weiß, dass dein neuer Mandant gerne neureicher Golfclubbesitzer in Hubbelrath werden will. Und ich weiß auch, dass das offensichtlich gar nicht so einfach zu sein scheint. Immerhin gibt es dort schon zwei Golfplätze. Tja, und ich weiß, dass schon eine ganze Menge Geld geflossen ist. Und die Stadt steht auch ein wenig belämmert da.«

»Schön, aber ob die Stadt belämmert dasteht oder nicht, ist doch eher ein Problem für die Leute im Rathaus und nicht eines, was einem möglichen Mandanten von mir Sorgen bereiten sollte!«

»Es kann aber sehr schnell ein Problem für ihn werden. Nämlich dann, wenn die Stadt an einen anderen potenziellen Investor verkaufen würde.«

»Das lass doch einfach mal ganz alleine das Problem meines Mandanten sein!«

»Er ist also dein Mandant. Prima.«

Schwinder biss sich auf die Zunge, und Rempe bleckte ein paar schiefe, gelbliche Zähne.

»Und wenn schon, Rempe. Jeder kann sich anwaltlich beraten lassen.«

»Das stimmt. Wenn er denn Rat braucht«, fügte Rempe süffisant hinzu.

»Was willst du damit sagen?«, fragte Schwinder neugierig, denn er wusste immer noch nicht, wie viel Rempe tatsächlich wusste.

»Nun, du weißt genau wie ich, dass in etwa zwei Monaten der Stadtrat und besonders die oberen Führer der Stadtverwaltung, die damals ihre schützende Hand über das Projekt Golfplatz und vor allem selbige offen gehalten hatten, wiedergewählt werden wollen. Und damals ging es bis in die oberste Spitze der Stadtführung, falls du verstehst, was ich meine.«

»Und?«

»Sollte die ganze Mühe der Herren umsonst, das ganze mehr als freundlichst zur Verfügung gestellte Geld in den Wind zu schreiben sein? Kann man das seinem Wahlvolk irgendwie verkaufen?«

Schwinder atmete innerlich auf. Rempe wusste offensichtlich gerade mal die Hälfte. Er ging auf Rempes Behauptung ein. »Projekte gehen nun mal schief. Die Haushaltslage in Düsseldorf ist vergleichsweise gut. Die Bürger dieser Stadt werden die Verluste verschmerzen. Sie haben die fehlgeschlagene Olympiabewerbung verkraftet, haben bei der Fußball-WM in die Röhre geguckt, weil Düsseldorf vom DFB kein Spiel bekommen hat, und sie werden sich damit abfinden, dass in der Altstadt Kölsch ausgeschenkt wird.« Schwinder, dessen Pulsschlag wieder eine normale Frequenz erreicht hatte, machte eine weit ausholende Geste Richtung Fenster und bezog damit praktisch ganz Mörsenbroich mit in seine Ausführungen ein. Dann ging er um seinen breiten Schreibtisch herum und ließ sich in den Stuhl fallen. Dieser gab den 112,3 Kilo nach Stuhlgang und vor dem Frühstück mit einem leichten Puffen nach. »Möglicherweise ging es meinem Mandanten nur um steuerrechtliche Fragen.«

Rempe lachte. »Wem willst du denn so ein Märchen verkaufen?«

»Ich will gar nichts verkaufen. Du kommst hier in mein Büro, obwohl du weißt, dass ich dich hier nicht gerne sehe und stiehlst mir die Zeit!«

Rempe kniff nun doch verärgert die Augen zusammen und beugte sich über den Schreibtisch. »Dann pass mal auf, du Furz.«

Schwinder zuckte zusammen. Rempes erneuter Stimmungsumschwung machte ihm Angst. Rempe war alles zuzutrauen. Ein Schmierfink, ein Drecksack, aber ein verdammt guter Wühler. Die Nase immer im Dreck. Immer in seiner Westentasche, wie er es nannte. Sollte er etwa doch noch mehr wissen, als …

Rempe leckte sich die Lippen: »Wir wissen beide, dass es da noch ein bisschen mehr gibt, oder? Dass es um mehr geht als nur um ein paar Golfbälle, die demnächst durch die gute Hubbelrather Luft zischen sollen. Und ich möchte die Story, Schwinder!«

»Ich weiß nicht, was du …«

»Was anderes, Schwinder!«, fuhr Rempe ihm über den Mund. »Wo ist denn eigentlich dein Mandant? Er macht sich rar. Ist er etwa schon weg? Telefonisch ist er nicht zu erreichen! Für dich auch nicht? Abgetaucht! Oder vielleicht sogar: unter der Grasnarbe?«

Schwinder lief es eiskalt den Rücken hinunter. Rempe! Dieser verfluchte, verlauste Tintenpisser! Woher? Woher wusste er …? »Was willst du damit andeuten?«, fragte Schwinder lauernd.

»Gar nichts. Ich will gar nichts andeuten! Gott bewahre! Ich denke nur laut. Ich will doch, ich will doch – keinen unnötigen Müll aufwühlen!«

Schwinder riss es den Boden weg. Buchstäblich. Er wankte zur Tür, riss sie auf und erwischte Angelina, wie die sich zum dreizehnten Mal am heutigen Tag die Fingernägel feilte.

»Angelina, mach Feierabend!«

»Aber …«

»Mach Feierabend, verdammt!« Schwinder krachte die Tür in die Zarge.

Rempe hatte sich eine Selbstgedrehte in den Mund geschoben.

Schwinder hatte deutlich an roter Gesichtsfarbe verloren und ließ sich wieder in den Sessel plumpsen.

»Na, Schwinder, hast du’s jetzt begriffen? Das ist meine kleine Westentasche! Können wir jetzt vernünftig reden?«

Schwinder griff in die Schublade, schraubte ein Tablettenröllchen auf und warf sich zwei Mal Bayer in den Rachen. Dann senkte er die Stimme: »Was weißt du, Rempe?«

»Genug für eine richtig gute Story. Und ich sagte ja schon, die Story möchte ich haben. Die Story … oder …«

Rempe machte eine vielsagende Pause, und Schwinder nickte. War klar!

Zuerst hatte sich Jensen darüber gefreut, dass Struller ihm die Vernehmung von Kuschinski überlassen hatte, dem Polier, der mit seinem Gehilfen den Arm im Beton gefunden hatte. Super: am ersten Praktikumstag direkt die erste Vernehmung in einem Mordfall. Und dann in so einem spektakulären Mordfall. Aber schnell musste er erkennen, dass Struller seine Gründe gehabt hatte. Kuschinski stank aus dem Mund wie ein vier Tage alter Bierschiss, den man vergessen hatte abzuziehen. Nur schlimmer.

»Okay«, sagte Jensen und riss ein zweites Fenster auf. »Ich lese Ihnen die Aussage noch mal vor und dann …«

»Die brauchen Sie mir nicht vorlesen, ich weiß schließlich, was ich gesagt habe. Ich bin zwar ein paar Jährchen älter als Sie, aber ich bin nicht senil, wissense!«

Jensen hatte den Wunsch, ihm drei oder vier Neun-Millimeter-Patronen in den hohlen Kopf zu jagen. Er hatte sich schon oft gefragt, ob ihn der Job als Polizist aggressiv und gewalttätig machte, aber er konnte sich, die Lage ganz genau betrachtend, beruhigen. Das war ganz normal! Hätte er nicht den dringenden Wunsch, dieses Subjekt zu töten, dann, und erst dann müsste er sich wirklich Sorgen machen!

Kuschinski verpestete die Luft: »Die Glatze und ich haben den ganzen Tag im Garten vom Doktor malocht. Da soll ein Fertigteil von Swimmingpool rein. Da gehört Schwimmbeton ins Loch, damit das Teil eingelassen werden kann. Und das war eine Sauhitze, nicht so kühl wie hier mit der Klimaanlage.«

»Es gibt hier keine Klimaanlage, nur einen Ventilator von ALDI für 9,99 Euro.«

»Is ja egal! Den ganzen Tag, wir also am Ölen wie Schwein, und Feierabend machen wir abends um sechs, aber das Ding war noch nicht ganz fertig. Die Ecke, wo später die Abflüsse laufen, musste noch extra eingegossen werden und da hab ich zu meinem Kollegen gesagt …«

Jensen schlug mit der flachen Hand auf den Schreibtisch. »Jetzt hören Sie endlich auf, in der Nase rumzupopeln!«

»Ich pople nicht in der Nase!«