Survival - Im Auge des Alligators - Andreas Schlüter - E-Book
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Survival - Im Auge des Alligators E-Book

Andreas Schlüter

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Beschreibung

Sie haben den Flugzeugabsturz überlebt. Doch jetzt sind sie verloren im Dschungel! Band 3 der neuen Abenteuerserie von Erfolgsautor Andreas Schlüter: actionreich und atemberaubend spannend! Mit vielen coolen Survival-Tipps und -Tricks! Mike, Elly, Matti und Gabriel entdecken im Amazonas-Urwald einen Fluss – kann seine Strömung sie nach Hause bringen? Mutig paddeln die vier Freunde los, doch in dem Gewässer lauern Piranhas, Schlangen und Alligatoren! Und als die Regenzeit den Dschungel in ein gefährliches Labyrinth aus Wasser und Bäumen verwandelt, müssen die Kinder all ihre Survival-Fähigkeiten einsetzen, um zu überleben. Alle Bände der Serie: Band 1: Survival – Verloren am Amazonas Band 2: Survival – Der Schatten des Jaguars Band 3: Survival – Im Auge des Alligators Band 4: Survival – Unter Piranhas Band 5: Survival – Im Netz der Spinne Band 6: Survival – Der Schrei des Affen Band 7: Survival – Von Haien umzingelt Band 8: Survival – In den Krallen des Leguans Serie bei Antolin gelistet

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Seitenzahl: 226

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Andreas Schlüter

Survival

Im Auge des Alligators

 

 

Mit Vignetten von Stefani Kampmann

Über dieses Buch

 

 

Seit einem Flugzeugabsturz kämpfen sich Mike, Elly, Matti und Gabriel auf eigene Faust im brasilianischen Dschungel durch. Zum Glück stoßen sie auf einen Fluss – kann seine Strömung sie zur Zivilisation führen? Von Holzfällern, die illegal tropische Bäume abholzen, stehlen die Freunde zwei Kanus. Doch die Reise auf dem Fluss ist hochgefährlich: Piranhas, Wasserschlangen und Alligatoren lauern im Wasser. Als Mike über Bord geht, scheint alle Hoffnung verloren …

 

 

Weitere Informationen finden Sie unter www.fischerverlage.de/kinderbuch-jugendbuch

Biografie

 

 

Bevor Andreas Schlüter, geboren 1958, mit dem Schreiben von Kinder- und Jugendbüchern begann, leitete er Kinder- und Jugendgruppen und arbeitete als Journalist und Redakteur. 1994 feierte er mit dem Kinderroman »Level 4 – Die Stadt der Kinder« einen fulminanten Erfolg und ist seitdem als Autor tätig. Andreas Schlüter verfasst zudem Drehbücher, unter anderem für den »Tatort«. Schon als Junge liebte er Abenteuerromane, in denen man die wildesten Sachen erleben kann, ohne nasse Füße oder Kratzer zu bekommen.

 

Stefani Kampmann, geboren 1971, zeichnete schon als Kind gerne und überall. Während ihres Studiums der Innenarchitektur nahm sie zahlreiche Aufträge als Illustratorin an und verfolgte diesen Weg danach weiter. Sie bebilderte viele Kinder- und Jugendbücher und veröffentlichte zwei Graphic Novels. Außerdem gibt sie Comic-Workshops für Jugendliche. In ferne Länder ist sie schon einige Male gereist, zum Glück musste sie dort aber (fast) nie ums Überleben kämpfen.

 

Weitere Informationen zum Kinder- und Jugendbuchprogramm der S. Fischer Verlage finden sich auf www.fischerverlage.de

Inhalt

Was bisher geschah

Unfall

Rückkehr der Banditen

Im Auge des Alligators

Wo ist Gabriel?

Auf dem Fluss

Mikes Weg zurück

Rettung?

Piranhas

Ein Geräusch!

Kampf

Zurück auf dem Fluss

Böse Überraschung

Eine unerwartete Begegnung

Hilfe

Leseprobe

Sie waren gerettet. So [...]

Was bisher geschah

Der dreizehn Jahre alte Mike fliegt mit seiner jüngeren Schwester Elly nach Manaus, Brasilien. In der Großstadt am Rande des Amazonas-Regenwalds wird die Familie die nächsten Jahre leben. Mike und Elly lernen die Söhne eines Freundes ihres Vaters kennen. Matheus (14), genannt Matti, und Gabriel (11) sind in Manaus aufgewachsen und sprechen fließend Deutsch und Portugiesisch. Gemeinsam machen die vier Kinder einen Rundflug über den Dschungel – ein Geschenk der Eltern. Aber dann der Schock: Der Pilot erleidet plötzlich einen Herzinfarkt und stirbt. Matti versucht verzweifelt, das Flugzeug zu steuern, dennoch stürzen sie ab.

Alle Kinder landen leicht verletzt, aber bewusstlos am Boden. Als sie aufwachen, finden sie sich mitten im Regenwald wieder. Sie haben nicht die geringste Ahnung, wo sie sind, und haben kaum Ausrüstung dabei – außer Mikes Überlebensgürtel und seinem Survival-Buch. Beides hatte er mitgenommen, um »Abenteuer« zu spielen. Jetzt könnte es ihnen das Leben retten.

Die vier Kinder müssen sich durch den Dschungel schlagen, in der Hoffnung, irgendwo auf Menschen zu treffen.

Nach einigen Tagen begegnen ihnen tatsächlich zwei Männer. Doch es sind Arbeiter der Mafia, die illegal große Teile des Regenwalds abholzen. Die Banditen sperren die Kinder in ihrer Siedlung ein. Durch eine riskante Aktion können die vier aber fliehen. Nun sind sie wieder allein im Dschungel. Plötzlich bekommt Elly Fieber und wird krank. Die Kinder hören Stimmen. Werden sie gerade rechtzeitig gerettet? Indigene haben die vier gefunden und nehmen sie auf.

Während Elly von dem Schamanen gepflegt wird, lernen Mike, Matti und Gabriel den indigenen Jungen Davi und dessen Freunde kennen. Von ihnen lernen sie, mit Blasrohren Affen und Faultiere zu jagen und die Tiere zuzubereiten.

Nachdem Elly wieder gesund ist, bleiben die vier Kinder weiter bei den Indigenen, denn sie sind zu guten Freunden geworden. Bei dem Stamm erfahren die vier viel über zahlreiche Pflanzen, die man essen oder medizinisch verwenden kann. Die Kinder trainieren, sich im Dschungel unsichtbar zu machen und feiern mit den Indigenen ein Fest.

Doch dann wird das Dorf von den Drogenhändlern angegriffen. Viele Indigene werden erschossen, ihr Dorf niedergebrannt. Elly rettet einen der Indigene, indem sie einen der Gangster erschießt. Danach fliehen die Kinder mit den Überlebenden des Massakers in den dichten Regenwald. Schließlich finden sie einen neuen Ort, an dem sich der Stamm niederlassen kann, in der Nähe eines Flusses. Mike, Elly, Matti und Gabriel atmen auf. Denn »Wasser führt dich zu Menschen!« lautet eine alte Überlebensweisheit. Die Kehrseite: Nun wissen die Kinder, dass die Zeit des Abschieds naht. Irgendwann werden sie die Indigene zurücklassen und auf eigene Faust weiterziehen müssen.

Zuvor will Elly noch ein Bad im Fluss nehmen. Doch sie wird von einem Kaiman angegriffen und schwimmt um ihr Leben! In letzter Sekunde schafft sie es, dem Raubtier zu entkommen.

Schließlich ist der Zeitpunkt des Abschieds gekommen. Doch in welche Richtung sollen die Kinder gehen? Zusammen mit den Indigenen kommen sie auf die Idee, im Lager der Banditen nach Landkarten der Gegend zu suchen. Als sie sich anschleichen, sehen sie plötzlich, dass ein Lkw unbeaufsichtigt dasteht – eine einmalige Gelegenheit! Die vier Kinder stehlen den Lastwagen und brausen mit ihm davon. Sie sind gerettet. Glauben sie. Bis Matti vom Weg abkommt und mit dem Lkw gegen einen Baum fährt. Die Kinder sitzen fest.

Unfall

Matti gab weiter Vollgas. Weit konnte es nach Mikes Auffassung nicht mehr sein, bis sie auf Menschen treffen würden. Die Frage lautete nur nach wie vor, auf wen sie in Kürze stoßen würden: Gangster oder friedliche Bauarbeiter?

»Wir müssen erst mal aus dem Dickicht hier heraus«, sagte Matti. »Bestimmt mündet diese Schneise in einer breiteren Straße, die dann zu irgendeiner Baustelle führt.«

»Hoffentlich!«, stimmte Mike ihm zu. Allen vieren war klar, dass die Gangster ihre illegalen Lager möglichst geheim halten wollten und sie sie deshalb in nur schwer zugänglichen Gebieten aufgeschlagen hatten. Aber im brasilianischen Regenwald genügte es, gerade mal eine halbe Stunde Fahrt oder weniger von den offiziellen Routen abzuweichen, um vollkommen unentdeckt bleiben zu können.

»Seht ihr?« Matti zeigte nach vorn. »Der Weg wird schmaler und undurchdringlicher. Bestimmt, um die Abzweigung von der offiziellen Route zu tarnen.«

»Oder wir haben uns verfahren und stecken gleich fest«, unkte Elly.

Matti schaute sie mit einem Seitenblick an. »Verfahren? Wie das denn? Du hast doch gesehen, dass ich die ganze Zeit einfach nur der einzigen Schneise gefolgt bin, die es hier gibt. Fast wie ein Zug auf Schienen, da kann man sich gar nicht verfahren!«

Auch Mike hielt es für ausgeschlossen, hier falsch zu fahren.

»Willst du uns etwa Angst machen?«, raunzte er seine Schwester an.

Elly schüttelte energisch den Kopf. »Überhaupt nicht. Aber irgendwie habe ich so ein komisches Gefühl.«

»Gefühl?«, wiederholte Mike. »Was denn für ein komisches Gefühl?«

»Wie eine Vorahnung!«, gestand Elly. »Ich weiß auch nicht.«

»Ach Mensch, Elly!«, meckerte Mike. »Hast du wieder Fieberphantasien oder was?«

»Oder bist du unter die Schamanen gegangen und siehst die Zukunft voraus?«, scherzte Matti.

»ACHTUNG!«, schrie Gabriel.

Im selben Moment sah auch Matti die kleine Horde Affen, die den schmalen Weg im Dickicht kreuzte. Matti trat mit ganzer Kraft auf die Bremse. Die Räder blockierten. Der uralte Lkw kam ins Schlingern, rutschte über den morastigen Boden der beginnenden Regenzeit, ließ jeden Steuerungsversuch ins Leere laufen, brach zur linken Seite aus und …

»FESTHALTEN!«, brüllte Matti.

… krachte in die Büsche und blieb dort stecken.

Für einen kurzen Moment erinnerte Mike dieser Crash an ihren Flugzeugabsturz, wobei der natürlich erheblich heftiger und gefährlicher gewesen war. Da sich niemand angeschnallt hatte, weil es auch gar keine Gurte gab, war dieser Unfall dennoch keineswegs ungefährlich gewesen. Mike hatte sich mit aller Kraft gegen das Armaturenbrett stützen müssen, um nicht gegen die Windschutzscheibe zu knallen. Auch die anderen hatten sich gut festgehalten. Glücklicherweise war ihr Aufprall durch die Büsche sehr gut abgefedert worden. Wären sie statt in die Büsche gegen eine Wand oder auch nur einen der vielen mächtigen Baumstämme gefahren, wäre die ganze Sache vermutlich nicht so glimpflich ausgegangen.

»Alles okay?«, fragte Matti.

»Ja!«, antwortete Gabriel. Seine Kopfwunde, die er sich beim Flugzeugabsturz zugezogen hatte, war inzwischen recht gut verheilt. Dennoch war Gabriel immer noch äußerst vorsichtig, um weitere Prellungen am Kopf zu vermeiden. Die Freunde hatten keine Ahnung, wie lange der Absturz eigentlich schon her war. Ihre Handys hatten die Gangster ihnen abgenommen, als sie kurzzeitig gefangen gehalten worden waren. Ohnehin wären die Akkus längst leer gewesen. Und irgendwann, als sie bei den Indigenen gelebt hatten, hatten sie aufgehört, die Tage zu zählen. Unwillkürlich fasste Gabriel sich an den Kopf, obwohl er nirgends gegengestoßen war.

»Mann!«, beschwerte er sich. »Wie fährst du denn?«

»Was sollte ich denn machen?«, verteidigte sich Matti. »Etwa die Affenfamilie überfahren?«

»Du hättest langsamer fahren können«, pflichtete Elly Gabriel bei.

Doch Matti wehrte ab: »Mensch, Leute, wir sind auf der Flucht. Ist doch klar, dass ich da Gas gebe.«

Mike schaute misstrauisch aus dem offenen Fenster der Beifahrerseite.

»Hoffentlich ist nichts kaputtgegangen, und wir kriegen den Laster wieder in Gang.«

Matti startete den Motor, der beim Aufprall abgesoffen war. Er brauchte drei bange Versuche, doch dann röhrte der Motor wieder durch den Dschungel.

»Gott sei Dank!«, atmete er auf. Er legte den Rückwärtsgang ein, um aus den Büschen herauszumanövrieren, doch der Wagen rührte sich nicht. Matti gab noch mehr Gas.

»Das klingt nicht gut!«, stellte Mike fest und schaute aus seinem Fenster nach hinten. Ihm schien, die Räder drehten durch. Sehen konnte er die hinteren Räder allerdings nicht. Dafür aber das vordere rechte.

»Verdammt!«, fluchte er. »Der Reifen ist platt!«

»Das ist nicht dein Ernst«, stöhnte Matti, der das nicht wahrhaben wollte. »Bitte nicht!«

Er wollte aussteigen, um selbst nachzusehen. Doch die Fahrertür öffnete sich nur einen kleinen Spalt, bis sie gegen etwas stieß und blockierte.

»Verflucht!«, schimpfte er. »Genau hier neben uns steht ein Baum. Ich komme nicht raus!«

»Da haben wir aber Glück gehabt, dass wir an dem Baum vorbeigeschrammt und nicht dagegengeknallt sind!«, bemerkte Elly.

»Stimmt!«, sagte Mike und öffnete die Tür auf seiner Seite. »Hier ist aber alles frei.«

Er kletterte aus dem Wagen, sprang vom Trittbrett und – sackte bis zum Knie in matschigen Morast ein.

»O nein!«, rief er. »Wir sind in einem Moor gelandet oder so.«

»Moor?«, wiederholte Gabriel. »Das ist der Beginn der Regenzeit. Mehr nicht.«

»Mehr nicht?«, nahm nun Mike den Faden von Gabriel wieder auf. »Sieh dir das an!« Er zeigte auf den hinteren Teil des Lkws, der fast bis zur Ladefläche im Schlamm steckte. Es hatte also gar nicht an seinem Blickwinkel gelegen, dass er eben das Hinterrad nicht hatte sehen können, sondern das Hinterrad war gänzlich im Schlick verschwunden. »Wir stecken fest. Aber endgültig!«

Die anderen drei kletterten auf der Beifahrerseite aus dem Wagen, aber vorsichtiger als Mike, weil sie nicht wie er im Morast versinken wollten.

Mike zog mit schmatzenden Geräuschen seine Füße aus dem Schlick, hangelte sich an dem Lkw entlang, bis er hinter dem Wagen ankam, wo der Boden noch fester war. Der Übergang von Schlick zu der solideren »Straße« lag nur einen Meter hinter dem Lkw.

»Mit einem Traktor oder so wäre es kein Problem, den Wagen aus dem Dreck zu ziehen!«, stellte Gabriel fachmännisch fest.

»Das hast du ja toll erkannt«, blaffte Elly ihn an. »Und woher bekommen wir mal eben einen Traktor?«

»Ich meinte ja bloß!«, verteidigte sich Gabriel.

Inzwischen hatten sich alle vier hinter dem Lkw versammelt.

»Verdammter Mist!«, ärgerte sich Matti. Vermutlich hat Elly recht, dachte er bei sich. Er hätte langsamer in dem unbekannten Gelände fahren sollen. Dann hätten sie aus dem Dschungel entkommen können und wären vermutlich bald zu Hause gewesen. Nun aber saßen sie fest.

»Es hat keinen Sinn«, stellte er sachlich fest. »Mit dem Lkw kommen wir nicht weiter.«

»Also zu Fuß?«, fragte Gabriel.

»Wie sonst?«, antwortete Mike ihm. »Vielleicht ist es ja nicht mehr so weit bis zur nächsten Siedlung. Vielleicht sogar nur einen halben Tag Fußmarsch oder so.«

»Ja«, sagte Elly. »Vielleicht. Vielleicht aber auch nicht.«

»Und wenn die Gangster uns doch noch mit ihren Lkws verfolgen?«, warf Gabriel ein. »Dann haben sie uns bald eingeholt, wenn wir die Strecke zu Fuß latschen.«

»Ich denke, wir sollten versuchen, parallel zu der Schneise durch den Dschungel zu gehen. Wir dürfen dabei natürlich nicht den Weg aus den Augen verlieren.«

»Ja. Gute Idee!«, stimmte Matti ihr zu. »Vermutlich ist das sogar der sicherste Weg. Denn dort sieht man uns nicht. Und wir sind geschützt, auch wenn wir auf Gangster stoßen statt auf Bauarbeiter.«

»Okay!«, stimmte Mike zu. »Dann lasst uns keine Zeit verlieren und sofort losgehen.«

Er wollte sich in Bewegung setzen, doch Matti hielt ihn zurück.

»Lasst uns erst mal auf die Ladefläche schauen«, schlug Matti vor. »Wenn die Gangster mit dem Lkw in den Dschungel gefahren sind statt mit einem Jeep, dann haben sie bestimmt irgendwelche Ausrüstung gebracht. Lasst uns nachsehen, ob wir etwas finden, das wir gebrauchen können.«

Das war wirklich eine gute Idee, fand Mike. Daran hatte er nicht gedacht.

Sie öffneten die Abdeckplane am Heck. Matti kletterte auf die Ladefläche und schlug die Plane hoch aufs Dach, so dass man von hinten hineinsehen konnte. Er hatte recht gehabt. Der Lkw war vollgestapelt mit etlichen Kisten.

Matti sah sich um, auf der Suche nach etwas, womit man die zugenagelten Kisten aufhebeln konnte. Und tatsächlich lag ein Brecheisen herum. Er brach die erste Kiste auf. Zum Vorschein kam aber nur Holzwolle, mit der die Kiste vollgestopft war, um das eigentliche Material zu schützen.

Matti drückte die Holzwolle vorsichtig auseinander.

»Ach du Scheiße!«

»Was?«, fragte Mike.

Er, Gabriel und Elly kletterten zu Matti auf die Ladefläche. Gemeinsam schauten sie in die Kiste und entdeckten, was Matti so entsetzt hatte: eine ganze Kiste voller Schnellfeuergewehre!

»Ein Lkw mit einer Waffenlieferung?«, stöhnte Elly auf.

Doch Matti widersprach: »Glaube ich nicht. Waffenhandel im Dschungel? Ich vermute eher, die Gewehre sind nur für die Gangster im Camp. In den anderen Kisten ist bestimmt etwas anderes.«

Wieder sollte er recht behalten. In der zweiten Kiste fanden sie keine Gewehre, sondern … »Laborgläser!«, staunte Mike. Er kannte solche Gläser aus dem Chemieunterricht der Schule: Erlenmeyerkolben, Reagenzgläser, Bechergläser, Pipetten …

»Was um alles in der Welt will man im Dschungel mit solchen …?«, setzte Elly zu einer Frage an. Dann fiel es ihr selbst ein: »Drogen. Die wollen ein neues Drogenlabor aufbauen!«

Matti nickte und schaute verbittert drein. »Und damit ist klar, dass sie uns auf jeden Fall weiterverfolgen. Die brauchen das Zeug und werden es suchen! Wir müssen weg von hier. Und zwar schnell!«

Darin waren sich alle einig. Elly und Mike sprangen sogleich vom Lkw. Auch Matti wollte gerade runterklettern, als Gabriel rief. »Wartet! Leute, seht mal. Ich hab was gefunden!«

Gabriel war über die Kisten in die hinterste Ecke der Ladefläche geklettert, in der er etwas erspäht hatte, das aussah wie … »Kanus!«, rief er. »Hier liegen zwei Kanus!«

Aufgeregt kletterten Matti, Mike und Elly zu ihm.

Wenn das stimmt!, dachte Mike. Aber warum sollte es nicht? Da sah er sie schon.

»Tatsächlich!«, hauchte er, fast ehrfürchtig. Er hatte sogar das Gefühl, dass ihm ein paar Freudentränen in die Augen stiegen. Denn er begriff sofort, welch große Bedeutung dieser Fund für sie haben konnte. »Die könnten unsere Rettung sein! Jetzt brauchen wir nicht zu Fuß die Schneise entlangzugehen, wo uns die Gangster vielleicht schnell einholen und finden würden.«

»Wenn es einen Fluss in der Nähe gibt!«, wandte Elly ein.

»Den gibt es!«, versicherte Matti.

Elly schaute ihn verwundert an. »Woher willst du das wissen?«

Matti zeigte lässig auf die beiden Kanus. »Weil sie sonst keine Boote hierhertransportieren würden. Wir sind ja noch nicht sehr weit von dem Gangsterlager entfernt!«

»Okay«, stimmte Elly ihm zu, warf aber noch ein: »Allerdings wissen wir noch nicht, in welche Richtung die Strömung geht. Wenn wir Pech haben, treiben wir direkt auf das Lager der Banditen zu.«

Jetzt widersprach Gabriel: »Treiben lassen?« Er tauchte in die Lücke ab, in der die Kanus lagen, und kurz darauf hinter den Kisten wieder auf, mit einem Paddel in der Hand. »Wir können paddeln!«

Mike klatschte spontan in die Hände.

»Okay, Leute!«, rief Gabriel voller Tatendrang. »Lasst uns die Kanus raustragen.«

»Dafür ist es zu eng!«, erkannte Matti. »Wir müssen erst die Kisten auf dieser Seite abladen.«

Ängstlich schaute Mike aus dem Lkw heraus. »Das dauert so lange. Was, wenn die Gangster uns bereits verfolgen?«

»Das tun sie ganz bestimmt«, versicherte Matti. »Aber wir müssen die Kisten nicht tragen, wir können sie einfach so schnell wie möglich vom Lastwagen werfen!«

»Genau!«, stimmte Gabriel seinem großen Bruder zu. »Das ist doch alles Material für ein Drogenlabor. Ist doch gut, wenn so viel wie möglich kaputtgeht!«

»Okay!«, antwortete Mike. Er kletterte zurück zum Rand der Ladefläche, packte sich dort die erste Kiste, schob sie über den Boden, bis sie hinten von der Ladefläche kippte und halb im Morast stecken blieb.

»Die gehen nicht kaputt!«, stellte er fest. »Der Boden ist zu weich.«

Die anderen drei schauten sich kurz nachdenklich an. Dann entschied Matti: »Wäre zwar gut, das Labormaterial zu zerstören, aber dafür haben wir wirklich keine Zeit. Wir müssen uns beeilen.«

»Wir sollten die Kisten trotzdem öffnen!«, schlug Elly vor. »Ich glaube nicht, dass überall nur Waffen und Laborsachen drin sind.«

»Sondern?«, fragte Mike.

»Lebensmittel!«, antwortete Elly. »Die Camps müssen doch auch versorgt werden. Und wenn die schon einen Lkw hier hinausschicken, dann doch bestimmt auch mit Getränken und Essen und so.«

Wieder tauschten die anderen verdutzte Blicke. Niemand von ihnen war auf diese naheliegende Idee gekommen.

»Verdammt, sie hat recht!«, stellte Matti fest.

Er schnappte sich die zweite Kiste und schob sie gezielt und mit so viel Schwung über die Ladefläche hinaus, dass sie nicht im Morast, sondern auf der ersten Kiste landete und ihre Seitenwand aufbrach.

»Die schnellste Art, die Kisten zu öffnen«, erklärte Matti. »Wir müssen sie aufeinanderwerfen!«

»Gute Idee!« Gabriel und Mike schnappten sich die dritte Kiste. Diesmal schoben sie sie nicht einfach nur von der Ladefläche, sondern hoben sie an, um sie mit Schwung auf die beiden ersten zu werfen. Der Plan ging auf. Beim Aufprall brach die Holzkiste auseinander.

»Super!«, lobte Elly. Sie sprang vom Lkw, landete zwar wieder bis zu den Knien im Schlick, aber das war ihr egal. Mit bloßen Händen riss sie die zersplitterten Bretter der Holzkiste weiter auseinander und konnte so mit einer Hand hineingreifen und den Inhalt der Kiste untersuchen.

Enttäuscht zog sie die erste Fundsache heraus und hielt sie in die Höhe: »Klopapier!«

Matti und Gabriel stöhnten auf.

Nur Mike fand: »Könnte man auch gut gebrauchen!«

Doch Matti widersprach: »Nimmt zu viel Platz weg, und verdreckt sind wir ohnehin schon.«

»Bisher hab ich Blätter dafür benutzt!«, gestand Elly. »Und ich glaube, die Indigene machen das auch.«

»Eben!«, stimmte Matti ihr zu.

»Wenigstens eine Rolle!«, schlug Mike vor. »Damit könnten wir auch leichter Feuer machen!«

Das war ein gutes Argument. Elly warf ihm eine Klorolle zu, um sie zu verstauen. Dann untersuchte sie die Kiste weiter, ob sich noch etwas anderes darin befand. Sie fand etwas, das ihre Enttäuschung in Wut übergehen ließ.

»Seht euch das an!« Sie wedelte mit einem bunten Heftchen.

»Cool!«, kommentierte Gabriel kichernd.

»Cool?«, schimpfte Elly und warf das Heft beiseite.

Jetzt erst sah Mike, dass es voller Bilder mit nackten Frauen war.

»Spinnen die eigentlich?«, schimpfte Elly weiter. »Brauchen die Gangster hier draußen im Dschungel wirklich nichts anderes als diese Heftchen? O Mann, ich glaub’s echt nicht.« Wütend trat sie gegen die Kiste. Dann aber hob sie das Heft wieder auf und stopfte es in die zerbrochene Kiste zurück. Nicht mal Affen sollte es in die Hände fallen, fand sie.

»Achtung, Elly!«, rief Matti ihr zu. »Die nächste Kiste!«

Elly stapfte aus dem Schlamm heraus, um sich etwas zu entfernen. Dann warfen Matti und Gabriel die nächste Kiste herunter, die ebenfalls wie geplant zerschellte.

»Wehe, da ist wieder so’n Mist drin!«, meckerte Elly.

»Vielleicht diesmal Videos!«, kicherte Gabriel.

Elly schaute ihn böse an. »Deine Witze waren auch schon mal besser, Gabriel!«

Während die Jungs die nächste Kiste zu sich heranzogen, durchsuchte Elly die neue Kiste. »Verbandsmaterial!«

Gabriel rollte mit den Augen. »Mann, kommt nicht mal etwas zu essen?«

»Diese hier vielleicht?«, sagte Matti, während er eine weitere Kiste zum Rand schob. »Die ist sauschwer. Könnten Konserven drinnen sein. Elly! Geh beiseite!«

Elly ging in Deckung.

Diesmal mussten die Jungs die Kiste zu dritt anheben, um sie überhaupt hochzubekommen und sie vom Lkw werfen zu können. Die Kiste krachte auf die vorigen, blieb aber heil. Stattdessen zerbrachen unter ihrem Gewicht die unteren Kisten, die zum Glück ja nichts Brauchbares enthielten. Matti nahm sich das Brecheisen und sprang zu Elly hinunter.

Nachdem er die Kiste geöffnet hatte, brachen er und Elly in einen kurzen Jubel aus: Sie war prallgefüllt mit Konservendosen.

»Bacalhau!«, rief Matti begeistert.

»Baca… was?«, fragte Mike.

Gabriel übersetzte für ihn: »Bacalhau! Dorsch … äh … junger Dorsch, wie heißt der noch auf Deutsch?«

»Kabeljau!«, rief Matti ihm zu.

Jetzt erst verstand Elly. »Fisch?« Sie verzog das Gesicht. Fisch in Dosen gehörte nicht gerade zu ihren Lieblingsspeisen. Aber es war besser als nichts. Schnell schaute sie nach, ob es nicht noch etwas anderes gab. Doch die ersten zehn Dosen, die sie aus der Kiste herausholte, enthielten alle das Gleiche: »Bacalhau! Bacalhau! Bacalhau! Essen die vielleicht auch mal etwas anderes?«

»Das sind ja sehr viele Männer in dem Camp«, versuchte Matti, es zu erklären. »Da reicht eine solche Menge an Fischdosen vielleicht gerade für zwei oder drei Mahlzeiten. Wenn überhaupt.«

»Dann lasst uns mal hier nachsehen!«, rief Gabriel vom Lkw herunter. Mike packte mit an und die beiden warfen die nächste Kiste herunter.

Endlich wurden sie fündig.

»Ravioli!«, rief Elly begeistert.

»Echt?« Mike konnte sein Glück gar nicht fassen. Er hätte nicht mal vermutet, dass es in Brasilien überhaupt Ravioli gab. Aber dass dann sogar die Banditen sich so etwas bringen ließen!

»Davon nehmen wir auf jeden Fall einige mit!«, verlangte er. »Egal, wie schwer die sind!«

»Ja!«, pflichtete ihm Elly bei. Sie beide aßen Dosenravioli für ihr Leben gern.

Gerade wollte Elly ihrem Bruder eine zum Verstauen hinaufwerfen, als Gabriel dazwischenrief: »Pst! Wartet mal! Ich höre etwas!«

Sofort erstarrten alle. Nicht nur Mike wusste: Gabriel hatte so etwas wie Fledermausohren. Wenn irgendwo ein Geräusch war, dann hörte Gabriel es als Erster.

Gebannt warteten sie, was er wahrgenommen hatte. Die anderen drei hörten noch immer nichts, sosehr sie ihre Ohren auch spitzten.

»Ein Motor!«, behauptete Gabriel.

»Was?«, entfuhr es Mike jetzt. »Die Gangster?«

Gabriel legte einen Finger auf seinen Mund. »Pst!«

Auch Mike lauschte. Und hörte noch immer nichts. Was er in diesem Fall als äußerst positiv empfand. Denn es bedeutete: Wenn da wirklich ein Lkw auf sie zugefahren kam, dann war er noch sehr weit weg.

»Wir müssen abhauen!«, warnte Gabriel. »Es dauert nicht mehr lang, dann sind sie hier!«

»Mist!«, fluchte Matti.

Alle wussten, woran er dachte: Es blieb nicht genügend Zeit, die Schätze an Bord des Lastwagens zu durchsuchen und so viel wie möglich mitzunehmen.

»Zuerst die Kanus!«, wies Matti die anderen an.

Er und Mike, die noch auf der Ladefläche standen, kletterten nach hinten, um das erste Kanu hervorzuholen und nach vorn durchzureichen.

Mike atmete erleichtert auf, als er das erste Boot mit nach vorn trug, denn er hatte es sich erheblich schwerer vorgestellt. Elly und Gabriel nahmen das Kanu von der Ladefläche entgegen und stellten es auf dem Boden ab. Mike und Matti kletterten zurück nach hinten, um das zweite Boot zu holen.

»Wieso denn beide Kanus?«, fragte Elly. »Wollen wir etwa nicht alle im selben Boot fahren?«

Matti hielt kurz inne. Tatsächlich hatte er es für geschickter gehalten, wenn sie sich aufteilten: je zwei Leute in einem Boot. Doch jetzt verstand er Ellys Unbehagen. Sie wollten alles zusammen machen, hatten sie sich geschworen. Zusammen durchkommen oder zusammen untergehen.

»Wenn eines kentert, kann das andere unsere Rettung sein«, wandte Mike ein. Doch auch er fühlte sich nicht wohl bei dem Gedanken, entweder nur mit seiner kleinen Schwester in einem Kanu zu sitzen oder mit einem der Brüder und dann Elly im anderen Kanu fernab von sich fahren zu lassen. Nein, wie er es drehte und wendete, sie sollten alle vier im selben Kanu fahren.

»Können wir nicht in dem einen fahren und in dem anderen Proviant mitnehmen?«, fragte er.

»Super Idee!«, lobte Matti. »Aber schnell. Wir raffen so viel brauchbares Zeug zusammen, wie wir tragen können. Zack, zack!«

»Ja! Sie kommen näher!«, warnte Gabriel erneut.

Jetzt hörte auch Mike in der Ferne ein leises Brummen.

»Verdammt! Los, Beeilung!«, trieb er sich selbst und die anderen an. Er schnappte sich vier Raviolidosen und warf sie in das zweite Kanu, das sie mittlerweile von der Ladefläche geholt hatten. Elly und Gabriel durchwühlten die anderen zerbrochenen Kisten. Matti brach in aller Eile auf der Ladefläche so viele Kisten auf, wie er nur schaffen konnte. Bei der dritten rief er: »Hier! Decken!«

Elly und Gabriel stürmten hinauf, rissen einige Decken aus der Kiste und warfen sie Mike zu, der sie im Kanu verstaute.

»Hier!« Wieder ein Kommando von Matti. »Taschenlampen! Und …« Er brach noch ein Stück aus der Kiste heraus und griff hinein. »… Feuerzeuge. Petroleumlampen. Das ist die reinste Schatzkiste! Nehmt die ganze Kiste mit! Los! Los! Beeilung!«

Mike war zur Stelle, um gemeinsam mit Matti die Kiste runterzuschleppen, während Gabriel das Brecheisen an sich nahm.

»Elly und Gabriel nehmen das leere Kanu, wir das volle!«, wies Matti an.

Elly und Gabriel hoben das Kanu an. Es war zwar leicht, aber für die beiden noch schwer genug. Sie mussten sich ordentlich anstrengen, um es durch Büsche und Gestrüpp tragen zu können.

»Dort entlang!« Matti zeigte von der Straße weg.

Elly und Gabriel gingen vor und verschwanden schon nach wenigen Schritten im Dickicht. Der Motorenlärm wurde lauter.

»Sie sind gleich hier!«, befürchtete Matti. »Los!«

Rückkehr der Banditen

Matti hob die Spitze des Kanus an, während Mike das Heck anpackte.

Aber Matti setzte es gleich schnaufend wieder ab. »O Mann!«, stöhnte er. »Schwerer, als ich dachte.«

»Nur ein kleines Stück!«, beschwor Matti ihn. »Hinter den ersten Büschen können wir es ziehen. Aber hier dürfen wir keine Spur hinterlassen. Lass uns tauschen. Ich glaube, hinten ist schwerer.«

Mike wechselte nach vorn und hob die Kanuspitze an. Immer noch sauschwer, fand er.

Matti hob das Heck und begann zu schieben. »Los!«

Mike stolperte auf den ersten Busch zu, der nicht allzu hoch war.

»Drüber weg!«, befahl Matti.

»Was?«

»Drüber weg!«, wiederholte er. »Damit wir den Busch nicht einknicken und keine Spur hinterlassen.«

Mike nahm seine ganze Kraft zusammen, um das schwere, beladene Boot so hoch wie möglich über den Busch hinwegzustemmen und gleichzeitig vorwärtszugehen. Er schaffte es.

»Super!«, lobte Matti. »Weiter!« Sie trugen das Boot nun zwischen zwei eng zusammenstehenden Bäumen hindurch und gerieten auf einen schmalen, aber sichtbaren Pfad. Matti reckte den Hals, um zu schauen, wo Elly und Gabriel steckten.

»Elly? Gabriel? Wo seid ihr?«

»Hier!«, antwortete Gabriel.

Aber das half Matti und Mike nicht weiter. Sie hörten Gabriel zwar laut und deutlich, konnten aber trotzdem nicht feststellen, woher seine Stimme kam.

»Was heißt hier? Wo?«, fragte Matti.

»Hier ist ein Busch mit blauen Blüten!«, rief Elly ihnen zu.

Mike sah sich um und entdeckte hinter sich an einem Busch, in etwa drei Metern Höhe, ein paar blaue Blüten.

»Da!« rief er voller Freude. »An dem Busch sind Blüten!«

Doch Matti nickte mit dem Kopf zur entgegengesetzten Seite. »Dort auch!«