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Tauche ein in eine Welt voller Leidenschaft und Intrigen, in "Süße Rache - prickelnd und scharf". Finnja, die talentierte Fotografin, und der charmante Anwalt Antonio verkörpern das Bild eines erfolgreichen Power-Paares in der Gesellschaft. Doch hinter der Fassade aus Erfolg und Ansehen verbirgt sich ein düsteres Geheimnis, das nur Finnjas Freundin Lulu zu erahnen scheint. Als Finnja eines Tages eine schockierende Entdeckung macht, zerbricht ihr scheinbar perfektes Weltbild in Sekundenschnelle. Fest entschlossen, sich nicht länger von den Fesseln der Ehe und den Zwängen der Gesellschaft einschränken zu lassen, beschließt sie, fortan alle Verlockungen der Lust zu genießen - ohne Hemmungen und ohne Rücksicht auf Konventionen. Doch ihr Sinneswandel stößt bei Antonio auf Ablehnung. Vor allem jetzt, da er kurz vor einer wichtigen Beförderung steht, kann er sich keine Probleme in seiner Beziehung leisten. Mit geschickten Intrigen versucht Antonio, Finnja zurückzugewinnen, doch sie durchschaut seine Pläne und dreht den Spieß um. Ihre süße Rache entfacht eine unerwartete Leidenschaft, die Antonio zeigt, wie sehr er seine Frau wirklich liebt. Doch um sie zurückzugewinnen, muss er seinen bisherigen Lebensweg hinterfragen und sich ehrlich seinen Gefühlen stellen. In "Süße Rache - prickelnd und scharf" entfaltet sich eine Geschichte voller Sinnlichkeit und Verführung, in der die Grenzen zwischen Lust und Liebe verschwimmen. Wird Antonio es gelingen, Finnja zurückzugewinnen, bevor es zu spät ist? Finde es heraus in diesem heißen Roman, der deine Fantasie beflügelt und dein Herz zum Rasen bringt. Nur zur Info: Die Geschichte steckt voller Herzlichkeit und natürlich gibt es auch einige leidenschaftliche, äußerst erotische Szenen. Diese Szenen werden ausführlich beschrieben und verwenden eine lockere Sprache, die gelegentlich auch etwas anzüglich sein kann. Es gibt keine Gewalt oder vulgäre Ausdrücke. Die reine Erotik soll dazu dienen, die Fantasie zu beflügeln.
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Seitenzahl: 266
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Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
„Hallo Rosalie, ich bin wieder da“, begrüßte Finnja ihre Sekretärin, während sie den schneenassen Regenschirm in den dafür vorgesehenen Ständer stellte. Rosalie, gerade fünfzig geworden, war schon seit der Gründung ihres Fotoateliers vor ein paar Jahren, ihre rechte Hand. Obwohl sie sich immer noch siezten, war Rosalie in alle den Jahren eine sehr gute Freundin für sie geworden.
„Hallo Finnja, das ist schön, dass Sie wieder da sind. Aber Sie hätten ruhig etwas besseres Wetter mitbringen können“, scherzte Rosalie.
„Sie wissen doch, ich bin nur für die kleinen Wunder zuständig“, antwortete Finnja lachend, bereits auf dem Weg in ihr Büro.
Finnja knipste die hohe japanische Bodenleuchte an. Auf einem Flohmarkt hatte sie sich in diese Lampe sofort verliebt und seit dem hat diese einen festen Platz in ihrem Büro. Als die Lampe anfing mit einem warmen orangen Licht zu leuchten, durchzog den Raum eine sehr angenehme Atmosphäre. Finnja liebte diesen Flair, konnte sie dabei doch am besten arbeiten, kamen ihr dabei doch die allerbesten Ideen. Und in ihrem Job lebte sie nun mal von genialen Ideen.
Finnja schaute auf die Uhr. Es war kurz vor zwei. Ihr verblieb noch eine viertel Stunde bis zu dem Termin mit ihrem Steuerberater. Es ging zum Jahresende zu und da war dieses steuerliche Gespräch immer eine Pflicht.
„Rosalie, was steht heute, an diesem verschneiten Mittwoch eigentlich noch an, außer dem Steuertermin?“, fragte Finnja ihre Sekretärin, die immer alles wusste.
„Für heute wäre es das gewesen. Ihr nächster Termin ist erst morgen Nachmittag.“
„Prima! Es muss ja auch nicht immer so hektisch zugehen wie die letzten Tage“, antwortete Finnja und reckte sich. „Ich freue mich so richtig auf die freien Weihnachtstage. Ausschlafen, mit meinem Mann so richtig lange gemütlich frühstücken und einfach nur jeden Tag aufs Neue genießen.“
Noch aber ahnte Finnja nicht, dass sich heute noch etwas ereignen würde, was ihr Leben komplett verändert wird. «Genuss» wird für sie eine ganz neue Bedeutung bekommen.
Rosalie nickte lächelnd und gönnte ihrer Chefin diese Erholung. Finnja war eine sehr gute und fleißige Fotografin. Sie wurde hauptsächlich von Firmen gebucht und war somit auch viel auf Auswärtsterminen. Das kleine Fotostudio, wo sie früher viele Familienaufnahmen machte, Passfotos und ähnliche Projekte erledigte, nutzte sie nur noch wenig. Ein bisschen Ruhe wird ihr gut tun. Als das Telefon klingelte, ging Rosalie zurück in ihr Büro.
„Finnja, Ihre Freundin Lulu ist am Apparat.“ Rosalie stellte das Gespräch durch.
„Lulu, was für eine Überraschung“, freute sich Finnja.
„Ohh Süße, schön deine Stimme zu hören. Finnja, du bist meine letzte Rettung“, kam es lachend, aber auch verzweifelt von Lulu zurück.
„Was ist passiert? Bist du mit deinem Auto gegen einen Blumentopf gefahren, hast du deine Haare grün gefärbt oder haben alle deine Models über Nacht zwanzig Kilo zugenommen?“
Finnja musste bei der Vorstellung ihrer Ideen selbst herzlich lachen und wusste, dass es gar nicht so abwegig war, dass eine ihrer Antworten zutraf.
Sie kannte Lulu schon seit Kindheitstagen. Sie gingen zusammen in den Kindergarten, drückten zusammen die Schulbank und machten als Jugendliche München unsicher. Wann immer es möglich war, waren sie zusammen unterwegs. Dann verliefen sich ihre Wege etwas, aber sie blieben immer in Kontakt. Lulu machte eine Ausbildung als Modedesignerin und absolvierte danach ein 3-jähriges Praktikum bei Modeateliers in Rom und Paris. Ihr großes Heimweh trieb sie dann aber wieder zurück nach München. Dort eröffnete sie ein kleines Modeatelier mit dem Namen „LuLuS pfundige Mode“ und begann mit einer eigenen ausgefallenen Kollektion für Mollige. Ihre Mode kam so gut an, dass sie vor Aufträgen kaum noch wusste, wohin damit, obwohl sie selbst gertenschlank war.
„Witzbold!“, kommentierte Lulu Finnjas Antwort. „Es ist viel schlimmer. Ich habe für meine Modenschau am Samstag keine Fotografin.“
„Hä? Wieso das? Deine Freundin macht doch diesen Job, oder nicht?“, fragte Finnja verwundert.
Lulu war seit einem Jahr mit der Fotografin Mona liiert. Bei einer Modenschau eines bekannten Designers, hatte Lulu sie kennengelernt und sich Hals über Kopf in sie verliebt. Nachdem die beiden zusammengekommen waren, hatte Mona dann auch die fotografischen Arbeiten übernommen. Finnja tat das damals sehr leid und sie war auch etwas verletzt, denn davor war sie Lulus Fotografin und musste nun den Platz für Mona räumen. Aber ihrer tiefen Freundschaft hatte das keinen Abbruch getan.
Nur sahen sie sich danach etwas weniger als vorher, was Finnja nicht ungelegen kam, denn sie kam mit Mona überhaupt nicht zurecht.
„Mona und ich haben uns getrennt. Von beidem! Vom heißen Bett aber auch von der Arbeit.“
„Ohh, das tut mir sehr leid.“ Finnja fühlte aufrichtig mit, denn sie wusste, wie sehr Lulu Mona liebte.
„Ich werde es überleben. Es gibt noch andere Menschen auf dieser schönen Welt, die es wert sind, vernascht zu werden.“ Lulu lachte herzlich.
Durch ihre bisexuelle Neigung war Lulu sehr offen, was die Liebe und auch den Sex betraf. Sie hatte mal einen Mann als Partner und dann auch mal wieder eine Frau. Aber in den letzten Jahren hatte sie für sich immer mehr festgestellt, dass sie vom Herzen her eigentlich eher Frauen liebte. Seitdem hatte sie mit Männern zwar ihren Spaß, lachte und ulkte rum, aber sexuell waren Männer für sie kein Thema mehr.
„Na ja, so wie du dich anhörst, muss ich mir wohl keine Sorgen um dich machen.“
„Nein. Alles okay. Weißt du, irgendwann hatte es zwischen Mona und mir nicht mehr gepasst und dann war da auch keine Liebe und auch kein Kribbeln mehr. Und ich denke, wenn man das merkt, ist es einfach besser, man trennt sich.
„Wenn das Mal immer so einfach wäre“, brummelte Finnja in den Hörer und hatte selbst schon über eine Trennung von ihrem Mann nachgedacht.
„Wenn beide das so sehen und auch so empfinden, ist eine Trennung unproblematisch. Mona sah das, Gott sei Dank, genauso wie ich. Nur, sie hat schon wieder jemand Neues.“
„Du findest auch wieder eine neue Frau, da habe ich gar keine Zweifel. Und wahrscheinlich noch vor dem Jahresende“, stellte Finnja mit sicherer Überzeugung fest.
„Ja kann sein. Aber eine neue Frau beziehungsweise eine neue Liebe muss jetzt erst mal warten. Meine Modenschau ist wichtiger, sie geht jetzt vor alles. Und dafür brauche ich dich Finnja. Es ist so...“
„Einen kleinen Moment bitte Lulu“, unterbrach Finnja das Gespräch, als sie Rosalie den Raum betreten sah.
„Finnja, Ihr Termin, Steuerberater Schönbauer ist da.“
Finnja nickte und gab Rosalie ein Zeichen, dass sie gleich kommen würde.
„Lulu, mein Termin ist da. Aber was hältst du davon, wenn ich nachher zu dir ins Atelier komme? Ich will eh noch in die Stadt, dann käme ich kurz zu dir, wir trinken einen Kaffee zusammen und du erzählst mir in Ruhe wie, wo und was du alles mit deiner Modenschau geplant hast?“
„Perfekt! Also bis nachher, ich liebe dich Süße“, kommentierte Lulu diesem Vorschlag und bevor Finnja noch etwas sagen konnte, hörte man auch schon ein Tuten im Hörer.
So kannte sie Lulu. Sie war einfach unkompliziert, weltoffen, dynamisch, ein bisschen verrückt und sie sagte ganz spontan, was sie gerade dachte oder fühlte. Finnja bewunderte diese
Eigenschaften, die sie selbst nicht hatte. Oft hatte sie sich gewünscht, nur ein bisschen so zu sein wie Lulu. Wie oft schon wollte sie jemanden ins Gesicht sagen, was sie von ihm hielt. Aber der Anstand und ihre Erziehung hielten sie meist ab davon. Und auch sonst trennten sie Welten. Aber jetzt hatte sie keine Zeit mehr darüber zu philosophieren. Sie schaute noch mal kurz in den Spiegel und ging dann hinüber, in den kleinen Besprechungsraum.
„Hallo Herr Schönbauer, einen schönen guten Tag.“ Finnja ging lächelnd auf ihren Besuch zu.
„Hallo liebe Frau Berger“, begrüßte Steuerberater Schönbauer seine Klientin. „Sie werden ja von Jahr zu Jahr hübscher“, bemerkte er mit einem verschmitzten Lächeln.
Finnja lachte. „Und sie werden doch wirklich von Jahr zu Jahr schmeichelhafter. Ich hoffe, dass sie mir auch schmeichelhafte Zahlen mitgebracht haben“, lenkte Finnja ganz galant auf das steuerliche Thema um.
Sie lernte ihren Steuerberater vor einigen Jahren bei einem Existenzgründungsseminar kennen und fand ihn auf Anhieb sympathisch. Nun ist sie dreißig Jahre alt und er könnte, vom Alter her ihr Vater sein. bereits nach den ersten Sätzen hatte sie vollstes Vertrauen zu ihm und so betreut er ihre geschäftlichen Aktivitäten seit dem ersten Tag.
Steuerberater Schönbauer schlug die Akte auf und dann folgte ein Gespräch, wie es Finnja von ihm gewöhnt war. Sachlich, präzise, ohne Umschweife, aber dennoch mit einem gewissen Schlag Humor und vor allem mit großem Einfühlungsvermögen.
„Also zusammenfassend kann ich sagen, Ihre Zahlen sehen eigentlich ganz gut aus, obwohl Ihre Umsätze zum Vorjahr ein wenig zurückgegangen sind.“
„Ja, das liegt daran, weil ich den Auftrag von Lulus Modeatelier dieses Jahr nicht mehr hatte.“
„Dafür haben Sie aber die Produktfotografie des Online-Kaufhauses bekommen. Die Zahlen entsprechen ungefähr dem, was Sie auch mit dem Modeatelier gemacht hatten.“
„Ja“, erwiderte Finnja und rümpfte die Nase. „Mit dem Unterschied, dass mir die Produkt-Fotografie lang nicht so viel Spaß macht, wie das Fotografieren in der Modebranche.“
„Warum suchen Sie sich dann nicht einen anderen Auftrag? Einen der Ihnen wirklich Freude macht?“ Steuerberater Schönbauer schaute Finnja väterlich an.
„Weil das heutzutage nicht so einfach ist. Ich bin ja nicht die einzige Fotografin auf dieser Welt.“
„Das stimmt. Und Sie sind auch nicht die Einzige, die einen Job macht, den sie nicht mag. Finnja versuchen Sie trotzdem einen Auftrag zu finden, wo Sie mit Herz dabei sind. Nur dann kommen auch wirklich gute Bilder heraus.“
Finnja liebte die offene und direkte Art ihres Steuerberaters und sie wusste, dass er mit seiner Aussage recht hat. Aber unangenehme Themen schob sie immer wieder gerne beiseite. Wenn es nicht unbedingt sein musste, wollte sie sich mit Negativen nicht auseinandersetzen.
„Na ja, aber mal ganz ehrlich, Geld verdiene ich ja damit, und wie man an den Zahlen sieht, auch nicht gerade schlecht. Da muss man halt auch mal zurückstecken können und was tun, was einem nicht so viel Spaß macht.“
Finnja spürte, dass sie gerade dabei war, eine Entschuldigung dafür zu finden, dass sie sich jetzt nicht mit etwas Negativem auseinandersetzen muss.
„Man kann das so oder so sehen“, kommentierte Steuerberater Schönbauer. „Meine Mutter und sie ist jetzt schon fast neunzig, zitierte immer den deutschen Schriftsteller Friedrich Siegburg, der da sagte: Wir arbeiten nur, weil uns das Talent zum Glück fehlt.“
Finnja zog ihre Augenbrauen hoch. Sie probierte diesen Spruch auf Anhieb, zu verstehen. Aber es gelang ihr nicht.
„Ich glaube, hierüber muss ich erst einmal nachdenken. Aber, wenn ich zu einem Ergebnis gekommen bin, sage ich Ihnen Bescheid.“
„Genauso machen wir es“, lächelte Steuerberater Schönbauer, während er eine andere Auswertung aufschlug, um noch andere wichtigen Unternehmenszahlen zu besprechen.
Nach einer weiteren halben Stunde war auch das jährliche Steuergespräch beendet.
„Ich denke, wir haben alles Wesentliche besprochen“, sagte Steuerberater Schönbauer, während er sich erhob. „Ich werde die Steuererklärung spätestens im Februar vorbereiten und dann machen wir noch mal einen Termin. Einverstanden?“
„Selbstverständlich bin ich einverstanden. Ich freue mich schon darauf, Sie von meinem «Talent zum Glück» Ergebnis zu unterrichten“, sagte Finnja grinsend und begleitete ihren Besuch zur Tür.
Mit einem aufmunternden Kopfnicken drückte Steuerberater Schönbauer Finnjas Hand, zwinkerte ihr noch einmal zu und verließ das Büro.
Exakt zehn Minuten später saß Finnja in ihrem Auto und war auf dem Weg zu Lulus Atelier. Es schneite schon den ganzen Tag und sie musste sehr vorsichtig fahren. Auf den Straßen ging es nur schleppend voran, aber Finnja brachte das nicht aus der Ruhe. Sobald der Wintereinbruch kam, herrschte Chaos auf den Straßen. Das wusste man als Autofahrer und stellt sich somit auch jedes Jahr erneut darauf ein. Dann endlich war es geschafft und Finnja fand glücklicherweise, direkt vor dem Atelier einen Parkplatz.
Sie betrat den Empfangsraum und wurde von einer jungen, sehr elegant gekleideten Dame begrüßt. Lulu hat ihr Personal aufgestockt, bemerkte sie, als sie sich umschaute.
„Darf ich Sie bitten mit mir zu kommen“, säuselte die hübsche Empfangsdame, nachdem sie bei Lulu telefonisch Finnjas Besuch angekündigt hatte. Finnja hätte den Weg zwar selbst gefunden, so oft war sie schon hier. So aber trottete sie der eleganten Lady hinterher. Dann waren sie in der Chefetage angekommen. Hinten am Ende des Gangs war Lulus Büro. Finnja schaute noch mal kurz in den großen Spiegel an der Wand und war mit dem, was sie da sah, sehr zufrieden. Sie hatte zwar keine Modelfigur, aber ihre Figur war keineswegs schlecht genug, um sich dafür zu schämen. Früher bekam sie öfter mal einen Abnehm-Rappel und hatte so schon alle möglichen Diäten ausprobiert. Sie nahm mit jeder Diät unzählige Kilos ab, hatte diese aber nach Erreichen ihres Ziels auch sehr schnell wieder drauf. Ihr Mann Antonio meinte zwar, dass ihre weiblichen Kurven genau an den richtigen Stellen seien und ihr großer, wohlgeformter Busen eine gewisse Gemütlichkeit ausstrahlte. Wenn sie aber sah, wie er den jungen super schlanken Frauen nachschaute, konnte sie seinen Worten nicht so wirklich Glauben schenken.
Irgendwann begann Finnja ihren Körper so zu lieben und anzunehmen, wie er war, mit all seinen natürlichen runden Formen und auch dem üppigen Busen. Sie begann immer öfter, ihre sportliche Kleidung gegen elegante Outfits zu tauschen. Auch sehr figurbetonte Kleidung, die für sie früher undenkbar gewesen wäre, gehörte nun zu ihrem Alltag. Natürlich durften dann auch sexy Unterwäsche, wie mit Spitzen besetzte BHs oder Strapse nicht fehlen.
Heute trug Finnja einen sehr eng anliegenden, figurbetonten schwarzen Hosenanzug mit einem breiten goldenen Gürtel und passenden hohen High Heels. Das Halskettchen, mit einem kleinen Brillanten versehen, brachte ihr schönes einladendes Dekolleté noch mehr zur Geltung. Ihr dunkelbraunes wunderschönes Haar gaben ihrem Gesicht einen kecken, lausbubenhaften Charme. Das Spitzbübische konnte sie deshalb auch mit ihrem sehr dezenten Make-up und dem leicht roséfarbenen Lippenstift nicht mindern.
„Frau Ludwig lässt bitten.“ Mit diesen Worten öffnete die junge Frau die Bürotür und bat sie hinein. Luisa Ludwig, die von allen nur Lulu genannt wird, kam mit ausgebreiteten Armen lächelnd auf Finnja zu.
„Ja hallo meine Süße, herzlich willkommen!“, rief Lulu mit freudestrahlender Stimme. Sie nahm Finnja überschwänglich in den Arm und drückte sie ganz fest an sich. „Menschenskind, du siehst heute ja richtig sexy aus“, stellte sie bewundernd fest, während sie einmal um Finnja herum ging.
„Danke schön, Lulu“, antwortet Finnja und spürte, wie gut ihr dieses Kompliment tat. „Das Kompliment gebe ich aber auch sehr gerne an dich zurück. Du siehst nämlich auch verdammt gut aus mit deiner neuen Haarfarbe.“
Finnja bewunderte Lulu und diese Bewunderung war ein aufrichtiges, ehrliches, freundschaftliches Gefühl. Lulu war fast so alt wie Finnja, aber vom Äußeren her ein ganz anderer Typ. Sie war sehr groß, super schlank und hatte lange, dunkelbraune Haare.
Mit der neuen Haarfarbe hatte sie das Dunkelbraun in ein strahlendes Mahagonirot verwandelt.
„Komm setz dich, der Kaffee läuft gerade durch. Erzähl, was gibt es Neues bei dir?“
An Lulus Neugierde hatte sich nichts geändert. Sie war wie ein Bach, der überläuft, und ihr Temperament war nicht zu bremsen. Somit kamen ihr auch immer wieder neue Gedanken und Ideen, die sie dann mit ihrer Mode umsetzte.
„Na ja, das Übliche, kennst du ja. Viel Arbeit mit dem Fotografieren für das Online-Kaufhaus, andere stressige Fototermine und so weiter.“
„Okay. Das ist nichts Neues. Was gibt es privat? Nachwuchs in Sicht?“
Finnja schaute irritiert an sich herunter. „Äh, sehe ich so aus, als ob ich schwanger wäre?“
„Nein, sorry“, lachte Lulu herzlich und klopfte sich auf die Schenkel. „Hätte ja sein können, schließlich haben wir uns ja fast eine Woche nicht mehr gesehen.“ Lulu provozierte auf ihre eigene ironische Art.
„Nee, nee, da hat sich nichts getan. So wenig Sex wie Antonio und ich eben haben, da kann nichts dabei rauskommen, am wenigstens ein Baby“, antwortete sie bedauernd, während sie sich einen Kaffee einschenkte.
„Ohh, das hört sich nach einer beruflich gestressten Unternehmerin und einer privat, sehr gefrusteten Ehefrau an.“
„Hä? Hallo! Ich bitte dich. Ich bin doch nicht gefrustet.“ Finnja war empört, aber tief im Inneren wusste sie, dass es eigentlich genau so war.
Mit Antonio verstand Lulu sich überhaupt nicht mehr, ganz im Gegensatz zu früher. Seit einem heftigen Streit zwischen ihnen, findet sie ihn nur noch arrogant, gefühllos und überheblich.
Außerdem warf sie ihm sexuelles Machogehabe vor und, dass es ihm nur noch um seine eigene sexuelle Befriedigung ginge. Er war meistens ein Streitthema und somit wurde über ihn auch nur das Notwendigste gesprochen.
„Antonio ist nicht nur ein gut aussehender, sehr erfolgreicher Anwalt, sondern auch ein treu sorgender Ehemann. Ich habe also absolut keinen Grund mich zu beschweren.“
„Ja natürlich“, konterte Lulu theatralisch. „Ihr beide seid ein wunderbares harmonisches Paar, beide sehr gut aussehend, habt auch beide einen sehr guten Job, ein tolles Haus, zwei große Autos, könnt mehrmals im Jahr in Urlaub fahren und könnt euch leisten, was das Herz so begehrt. Stimmt, eigentlich fehlt es euch an nichts!“
„Genau so ist es.“ Finnja rümpfte die Nase und nickte trotzig.
„Dann sag mir bitte Finnja, wann hat Antonio das letzte Mal für dich gekocht? Wann hat er dich das letzte Mal zu einem romantischen Dinner eingeladen? Wann hat er dich das letzte Mal so richtig genommen? Wann hat er sich hinter dich gestellt, dich wirklich als seine Frau begehrt, deine Hüften gepackt und seinen harten Luststab an deinen Po gedrückt, sodass du dachtest, vor Lust verrückt werden zu müssen? Wann hat er dir das letzte Mal Blumen mitgebracht und dich dann, vor dem Kamin mit seiner Zunge von einem Orgasmus zum nächsten schweben lassen? Wann...“
„Lulu, sei ruhig, bitte“, schrie Finnja ihre Freundin fast an. „Ich weiß es ja, ich weiß ja, dass du recht hast.“ Finnja vergrub ihr Gesicht in ihre Hände. Ihr liefen Tränen die Wangen herab. „Ich weiß es doch, dass unsere Ehe nur noch auf dem Papier besteht, aber ich liebe ihn nun Mal.“
Lulu nahm Finnja in den Arm. Sie kannte Antonio auch schon sehr lange und sie wusste, dass er seit einiger Zeit sein ganz eigenes Leben lebte. Sie wusste aber nicht, was wirklich zu diesem Persönlichkeitswandel führte. Sex, Drugs und Rockn’Roll - das war seine jetzige Welt und Finnja verschloss ihre Augen davor, sie wollte das nicht wahrhaben. Lulu wusste, dass Finnja das alles auch bekannt war, und dass sie für ihren Mann nur noch ein Objekt war. Ein Objekt, das die Wäsche wascht, die für ihn kocht, wenn er dann doch mal zu Hause war und die parat steht, wenn er Lust auf Sex hatte und mal kein anderes Objekt verfügbar war.
„Finnja Süße, bitte wach auf. Was du an ihm liebst, ist, dass er dich körperlich beherrscht. Du bettelst um seine Anerkennung, um seine Aufmerksamkeit. Für dich ist das Liebe, für ihn ist es Macht. Er bestimmt alles in seinem Leben. Er legt fest, wann er befriedigt werden will und von wem. Und du bist immer dann zur Stelle, wenn gerade mal keine Andere da ist. Das ist keine Liebe Finnja, das ist Abhängigkeit. Du bist blind, mach endlich die Augen auf. Es ist dein Leben, genieße es.“
„Wie soll ich mein Leben genießen? Ich habe ihm bei der Hochzeit ewige Treue geschworen, zählt das gar nicht?“
Ihre Eltern haben sie sehr christlich erzogen und Werte wie Treue, Fleiß, Anstand, Disziplin standen hoch im Kurs.
„Doch Finnja, das zählt sogar sehr viel! Aber nicht, wenn ein Mann sich so schäbig verhält wie er. Antonio hat deine Liebe und deine Treue einfach nicht verdient.“
Finnja wirkte erschöpft. Ja sie wusste das alles, aber sie liebte ihren Mann und ganz tief in seinem Herzen liebte er sie doch auch. Das zumindest sagte sie immer wieder zu sich selbst und musste sich dann wenigstens nicht mehr mit etwas Negativem auseinandersetzen.
„Ich mache mir Gedanken darüber, aber jetzt lass uns bitte über deine Modenschau reden.“
Dann erzählte Lulu von ihrer bevorstehenden Modeschau. Sie berichtete über den Ablauf und dem geplanten Programm.
„Sag mal was hältst du davon, wenn du bereits morgen nach deiner Arbeit zu mir kommst und einfach über Nacht hier bei mir bleibst. Am Freitagmorgen fahren wir dann zusammen nach Salzburg, verbringen dort ein schönes Wochenende und fahren am Sonntagabend zusammen zurück.“
„Na ja, das müsste ich erst mal mit Antonio besprechen.“
„Tue das. Du bist hier jederzeit herzlich willkommen, das weißt du. Entscheiden musst du das allerdings selbst. Wenn das morgen nicht klappt, kommst du halt direkt am Freitagmorgen zu mir. Aber das Wochenende bleiben wir in Salzburg, da gibt es keine Diskussion.“ Lulu machte so eine Modenschau nicht zum ersten Mal und wusste sehr genau wie stressig das wird.
Eine Stunde später verabschiedete sich Finnja von Lulu. Den geplanten Einkaufsbummel ließ sie ausfallen, sie hatte hierauf jetzt absolut keine Lust mehr. Stattdessen fuhr sie in die Anwaltskanzlei, wo ihr Mann als angehender Juniorpartner tätig war. Die Kanzlei lag nur zwei Straßen von ihrem Fotoatelier weg und wie oft haben sie sich früher zum Mittagessen in der Fußgängerzone getroffen oder sind abends noch etwas zusammen essen gegangen. Aber das war früher einmal.
Es war schon kurz vor 18:00 Uhr, als sie das Foyer der Kanzlei betrat. Es herrschte Hektik in der großen Halle. Eine große Gruppe aufgeregter Japaner war überall zu sehen.
„Wieder so eine große Unternehmensfusion“, ging es Finnja durch den Kopf.
Mittendrin sah sie den roten Haarschopf von Frau Zürli, der Empfangsdame. Normalerweise kommt niemand an ihr vorbei und sie kündigte auch jeden Besuch bei den Herren telefonisch an. Aber diesmal war sie umringt von geschwätzigen Japanern und bekam es nicht einmal mit, dass Finnja an der Gruppe vorbei ging, in den Aufzug stieg und nach oben fuhr.
Im 3. Stock angekommen verließ Finnja den Aufzug. Es war still, niemand war zu hören oder zu sehen. Finnja kannte den Weg zu Antonios Büro. Ganz oft war sie früher hier gewesen, bis ihr Mann einmal äußerte, dass er ihre Besuche in der Kanzlei nicht mehr wünschte. Sie hatte sich zwar gewundert, es aber ohne weitere
Diskussion akzeptiert. Seitdem war sie nur noch selten hier gewesen, aber es hatte sich räumlich nichts verändert.
Ihr Kommen heute war eher eine Ausnahme. Sie wollte mit ihrem Mann absprechen, ob es möglich war, dass sie über das Wochenende mit Lulu nach Salzburg fuhr. Es war nicht so, dass sie um seine Erlaubnis fragen musste, sondern eher so, dass sie nur dann fahren würde, wenn er sie nicht brauchte. Insgeheim wusste sie jedoch, dass er sie die letzten Jahre schon nicht mehr brauchte und es ihm egal war, ob sie zwei, drei oder zehn Tage weg war. Die letzten Jahre hatte es ihn eigentlich nie wirklich interessiert, was sie machte oder wie es ihr ging.
Finnja betrat den Vorraum von Antonios Büro. Sie roch den Duft seines Rasierwassers und trotz des Gespräches mit Lulu freute sie sich auf ihn. Sie sehnte, nein sie lechzte förmlich danach, von ihm in die Arme genommen zu werden und seine Lippen auf ihrer Haut zu spüren. Ganz so wie früher, wo er sie stundenlang zärtlich verwöhnte.
Der Vorraum war leer, alle Computer waren ausgeschaltet. Auch sein angrenzendes Büro war wie ausgestorben. Im hinteren Teil seines Büros gab es noch eine Tür. Sie führte zu einem privaten kleinen Apartment. Dieses war als ein Rückzugsort mit Schlaf- und Duschmöglichkeit gedacht. So ein Raum war Bestandteil aller Büros der geschäftsführenden Anwälte, sodass sie bei Bedarf auch mal im Büro übernachten konnten. Antonio nutzte diese
Möglichkeit in den letzten Jahren sehr oft. Er arbeitete viel und sehr oft auch bis spät in die Nacht hinein. Dann wollte er sie, beim Heimkommen nicht mehr stören. Zumindest sagte er das immer.
„Wir haben so viel zu tun, da ist Nachtarbeit schon fast normal und du weißt ja, von nichts kommt nichts“, hörte Finnja ihn sehr oft sagen. Aber sie hatte Verständnis dafür, wie für so vieles.
Finnja betrat Antonios Büro und rief seinen Namen. Aber sie hörte hierauf keine Antwort. Vorsichtig öffnete sie die Tür zu dem Privatraum. Was sie da allerdings zu sehen bekam, verschlug ihr förmlich die Sprache. Da lag ihr Mann, in dem großen, breiten Bett. Er hatte seine Augen geschlossen, seine Krawatte war gelockert, sein Hemd nach oben geschoben und die Hose war geöffnet. Über ihm war eine etwas fülligere blondhaarige Frau gebeugt. Sie trug eine weiße Bluse, einen hellgrauen Rock, schwarze Strapse und ihre langen blonden Haare verdeckten gerade ihre lustvolle Aktivität. Finnja hörte ihren Mann stöhnen, lustvoll stöhnen und auch keuchen. Seine rechte Hand lag auf dem Kopf der Frau und bestimmte das Tempo, mit dem sich ihr Kopf hoch und runter bewegte. Kehlige Laute kamen aus ihrem Mund und sie genoss es sichtlich sehr, was sie da gerade mit ihren Mund verwöhnen durfte.
Finnja biss sich auf die Lippen, um nicht laut aufzuschreien. Sie schloss die Tür wieder hinter sich und ging wie in Trance zu ihrem Auto.
Wie betäubt fuhr sie mit dem Auto weg. Sie fuhr ziellos durch die Stadt. Passanten und die anderen Verkehrsteilnehmer nahm sie nicht mehr bewusst wahr. Tränen liefen ihr übers Gesicht. An einem kleinen Waldstück, außerhalb der Stadt blieb sie stehen. Jetzt konnte sie ihren Tränen freien Lauf lassen. Nach einiger Zeit stieg sie aus. Es war stockdunkel, aber es war ihr egal. Der Schmerz war größer als die Angst vor der Dunkelheit.
Finnja setzte sich auf die kleine Holzbank, die jemand provisorisch gebastelt hatte. Dann kamen ihr die Bilder von ihrem Mann und der blondhaarigen Dame wieder in den Sinn. Hatte er schon länger diese Affäre? War es nur ein Ausrutscher? Sie saß einfach nur da und starrte in die Dunkelheit. Sie brauchte sich diese Fragen doch eigentlich gar nicht zu stellen, ging es ihr durch den Kopf. Sie wusste bzw. sie vermutete doch schon lange, dass ihr Mann sich auch mit anderen Frauen vergnügte. Aber so etwas zu vermuten oder es in Wahrheit zu erleben, so wie sie es eben in live sehen musste, das war schon ein sehr großer Unterschied. Plötzlich war sein Fremdgehen so real, so wahnsinnig schmerzhaft. So etwas war in der braven Erziehung ihrer Eltern nicht vorgesehen. So etwas gab es für ihre Eltern einfach nicht.
Aber wie sollte sie jetzt reagieren. Einfach darüber wegschauen, sich weiter etwas vormachen? Ist jetzt vielleicht der Zeitpunkt gekommen, dass sie ihr Leben neu ordnen musste? Musste das Schicksal sie erst einmal brutal mit der Nase drauf stoßen? Lulu hatte recht, es ist ihr Leben und viel zu lange schon, hat sie auf ihren Mann Rücksicht genommen. Ihre Wünsche standen immer hinten an. Vielleicht musste sie es wirklich erst einmal so knallhart vor Augen geführt bekommen, damit sie es endlich kapiert und anfing in ihrem Leben etwas zu verändern.
Sie fror und ging zurück zu ihrem Auto. Sie startete den Motor, um dass es ein klein wenig wärmer wurde. Erschöpft lehnte sie sich in dem Autositz zurück, schloss die Augen und versuchte, etwas Klarheit in ihr Gefühlschaos zu bringen. Sie erinnerte sich daran, wie sie ihren Mann kennengelernt hatte. Es war vor einigen Jahren gewesen, an einem kalten Dezembertag. Es schneite schon seit Tagen und sie kam völlig durchgefroren und wegen eines Staus viel zu spät zu einem Kundengespräch. Der Kunde war wegen der Wartezeit schon leicht verärgert und das ließ er Finnja beim Hereinkommen auch spüren. Etwas frostig stellte er ihr damals die wartenden Damen und Herren vor, unter anderem auch Antonio Berger. Schon beim ersten Blick in seine Augen verspürte Finnja ein leichtes Kribbeln im Bauch. Als sie während ihrer Präsentation auch noch anfangen musste zu niesen, wäre sie am liebsten im Boden versunken, so peinlich war ihr das. Antonio bemerkte ihre Peinlichkeit. Er reichte ihr, mit einem provokativen Lächeln im Gesicht, ein Päckchen Papiertaschentücher und sie setzte ihren Vortag fort. Das Blitzen in seinen Augen machte sie immer wieder unsicher, aber das schien niemand anderes zu bemerken. Und so bekam sie am Schluss auch den Auftrag.
Antonio lud sie nach diesem Termin noch zu einer Tasse Kaffee ein und da verliebte sie sich Hals über Kopf in ihn. Er verzauberte sie mit seinem umwerfenden Charme und es verging kein Tag, an dem sie sich nicht sahen. Ein Jahr später heirateten sie. Ihre Eltern liebten ihren Schwiegersohn von der ersten Minute an und ließen nichts auf ihn kommen. Wie oft musste sie sich von ihrer Mutter anhören, wie viel Glück sie doch hat, so einen Mann abbekommen zu haben. So fleißig und so fürsorglich wie er sei, das gäbe es heutzutage nicht mehr so oft. Ihre Mutter war Antonios Charme total verfallen. Er schnippte mit dem Finger und ihre Mutter sprang. Finnja wusste, dass sie mit ihren Eltern niemals über Eheprobleme hätte reden können. Sie würden immer zu Antonio halten, ihrem Antonio, der erfolgreiche und beliebte Rechtsanwalt, mit damals gutgehender Kanzlei in München. Sie sollte, nach dem Willen ihrer Eltern, in seiner Kanzlei mitarbeiten, aber den Wunsch erfüllte sie ihnen nicht. Sie machte sich mit einem Fotoatelier selbstständig.
Die Karriere stand für beide an erster Stelle und der Erfolg gab ihnen recht. So ging es finanziell sehr schnell aufwärts und sie konnten sich ein wunderschönes Häuschen in München leisten. Das Häuschen war fast schon ein kleiner Palast und lag geschützt auf einer kleinen Anhöhe. Es war innen sehr romantisch eingerichtet und für Finnja war das ihr wichtigster Rückzugsort. Sie war gerne zuhause, wenn im Moment auch oft sehr allein.
Plötzlich schreckte Finnja auf. Es war stockdunkel und sie saß immer noch in ihrem Auto. War sie etwa eingeschlafen? Sie schaute auf die Uhr und stellte fest, dass sie tatsächlich zwei Stunden hier gestanden hatte. Sie startete den Motor und fuhr langsam, sehr nachdenklich, nach Hause.
Ihr Mann war nicht da oder noch nicht da. Wahrscheinlich wird er heute Nacht auch gar nicht nach Hause kommen. Sie wollte die Zeit nutzen, über alles nachzudenken und es gab sehr viel, worüber sie sich klar werden musste.
Sie fror und so ging sie in die Küche, um sich einen Früchtetee zu machen. Sie übergoss den Teebeutel mit heißem Wasser und machte einen Löffel Honig hinein. Dann ging sie zu dem kleinen Regal, nahm die Rumflasche herunter und verfeinerte den Tee noch mit einem kräftigen Schuss dieser braunen Flüssigkeit.
Mit dem heißen Getränk setzte sie sich gemütlich vor den offenen Kamin, der mittlerweile schon eine wohlige, angenehme Wärme ausstrahlte.
Sie stellte sich die Frage, ob ihr Mann und sie sich überhaupt noch etwas zu sagen hatten. Früher führten sie stundenlang intensive Gespräche über Gott und die Welt. Er erzählte ihr auch sehr oft von seiner Arbeit, was ihn so beschäftigte und worüber er nachdachte. Aber auch von den teils herzergreifenden Schicksalen, die ihn als Anwalt täglich begleiten. Damals war er noch Einzelkämpfer und sie war sehr stolz auf ihn, denn er galt als der „Anwalt mit Herz“ und seine Fälle gingen ihm sehr oft auch persönlich sehr nahe.
Ihrem Mann ging es immer um Gerechtigkeit, sein Honorar war für ihn zweitrangig. Und dann kam das Angebot einer der renommiertesten Anwaltskanzleien, dass er dort, mit der Option Juniorpartner zu werden einsteigen konnte. „Das ist meine große Chance“, sagte er damals und nahm das Angebot an. Trotz der vielen Arbeit, die er nun hatte, kam das Eheleben nicht zu kurz. Ihr Mann plante immer noch Zeit für sie beide gemeinsam ein und so unternahmen sie auch sehr viel zusammen. Wie oft sagte er ihr, wie stolz er sei, sie neben sich zu haben. Er verwöhnte und überraschte sie immer wieder aufs Neue, war stets nett, freundlich und zuvorkommend, sodass sie sich bei ihm wirklich als Frau fühlte. Er war der perfekte Mann, der perfekte Liebhaber und auch der perfekte Schwiegersohn.
Aber dann kam ein Zeitpunkt, wo er ganz plötzlich begann sich zu verändern. Finnja sprach ihn immer wieder darauf an, aber sie bekam nie eine Antwort auf ihre Fragen.
So gewann sie den Eindruck, je erfolgreicher ihr Mann als Anwalt wurde, je mehr Geld er verdiente, je mehr veränderte er sich. Was war im Leben ihres Mannes plötzlich passiert? Diese Frage stellte sich Finnja so oft.