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Der Band bietet eine elementare Einführung in die Systematische Theologie und einen Überblick über das Fach. Das Buch erschließt grundlegende theologisch-dogmatische Probleme in ihrem Zusammenhang, ohne dabei Spezialkenntnisse des Lesenden vorauszusetzen. Eine umfassende Einführung in Grundfragen und zentrale Themenstellungen der Systematischen Theologie, die zum Mit- und Andersdenken anregt.
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Seitenzahl: 627
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Christian Danz
Systematische Theologie
A. Francke Verlag Tübingen
A. Francke Verlag Tübingen
Die Systematische Theologie gehört zu den Themenfeldern eines Studiums der evangelischen Theologie, welches vielen Studierenden zunächst als ein ‚Buch mit sieben Siegeln‘ erscheint. Dem kann nur eine Auseinandersetzung mit dem Fach abhelfen. Die vorliegende Einführung in Grundfragen und zentrale Themenstellungen der Systematischen Theologie möchte dazu einen Beitrag leisten. Das Ziel des Buches besteht nicht in der Präsentation von abschließenden Antworten, die man repetieren könnte. Es soll vielmehr zu eigenem Mit- und Andersdenken anregen. Ob das gelungen ist, kann sich allein bei der Lektüre sowie dem Studium der Ausführungen zeigen.
Ohne die vielfältigste Hilfe und Unterstützung wäre die Abfassung des Buches nicht möglich gewesen. Mehr als es mit Worten zu sagen ist, danke ich meiner Frau Uta-Marina Danz. Herr stud. theol. Friedrich Schumann (Wien) hat dankenswerterweise die Register erstellt. Danken möchte ich dem A. Francke Verlag Tübingen für die Aufnahme des Buches in sein Verlagsprogramm sowie die gute Zusammenarbeit.
Wien, April 2016 Christian Danz
Was man von der Philosophie behauptet hat, eine Einführung in sie sei selbst schon Philosophie, trifft auch auf die Systematische Theologie zu. Das scheint jeden Versuch, in eine solche Disziplin einzuführen, mit kaum lösbaren Problemen zu konfrontieren. Womit fängt man an, wenn stets schon das Ganze vorausgesetzt ist? Am besten beginnt man mit elementaren Grundbegriffen, Definitionen und Abgrenzungen des Fachs von anderen. Das erwartet man von einer Einführung in eine wissenschaftliche Disziplin, einen ersten umfassenden Überblick über ihren Gegenstand, ihre innere Gliederung sowie grundlegende Literatur. Es wird auch in der vorliegenden Einführung in die Systematische Theologie geboten. In elementarer Weise stellt das Buch zentrale Fragestellungen dieses theologischen Faches vor dem Hintergrund ihrer ProblemgeschichteProblemgeschichte vor. Die Präsentation von Basics sowie Grundinformationen zur Systematischen Theologie erschöpft sich freilich nicht darin. Die Darstellung zielt vielmehr auf das eigene Mitdenken und Durchdenken der präsentierten Themenstellungen. Ohne eine eigene Auseinandersetzung mit dem Fach sowie der Literatur ist das nicht möglich. Damit ist schon gesagt, was eine Einleitung nicht vermag. Sie kann dem Leser weder das eigene Denken noch die eigene Urteilsbildung abnehmen.
Die vorliegende Einführung in die Systematische Theologie bietet einen Leitfaden für den Studienbetrieb evangelische Theologie sowie im Unterrichtsfach evangelische ReligionReligionevangelische. Der Grundriss der Disziplin ist sowohl für Lehrveranstaltungen als auch für das Selbststudium konzipiert. Das Buch setzt ein mit einer knappen Skizze des akademischen Fachs Systematische Theologie, ihres Unterschieds zu anderen theologischen Disziplinen und ihrer Gliederung. Vor dem Hintergrund der theologiegeschichtlichen [2]Entwicklung erörtert der Band sodann die methodischen Grundlagen der Systematischen Theologie sowie ihren Gegenstand, die christliche ReligionReligionchristliche. Am Leitfaden des Glaubensaktes werden schließlich grundlegende Themen dieser Disziplin dargestellt. Sie sind durchweg auf den Glaubensvollzug bezogen und als dessen strukturierende Elemente verstanden. Die Religion als Glaube in der Spannung von Geschichte und jeweiliger Gegenwart ist das Thema der Systematischen Theologie. In dem Buch wird er auf eine wissenschaftliche Weise dargestellt.
Der Band bietet nicht nur grundlegende elementare Informationen zur Systematischen Theologie, er ist als ein Arbeitsbuch angelegt. Zu jedem Themenkomplex finden sich am Ende Aufgabenstellungen, die zum Teil schriftlich auszuarbeiten sind. Allein durch die eigene Auseinandersetzung mit Fragestellungen, klassischen Lösungen oder wichtigen Problemen kann sich ein eigenes Urteil bilden. Eine Verschriftlichung von Gedanken, der Versuch, diese in einen geordneten Zusammenhang zu bringen, ist das geeignetste Mittel zu deren eigener Durchklärung. Ausgewählte Literatur zu den in dem Buch vorgestellten Themen bietet dem Leser die Möglichkeit zur Vertiefung und eigenen Weiterarbeit. Zugleich sollen die Literaturhinweise den gegenwärtigen Forschungsstand in seiner Komplexität erschließen. Infoboxen informieren über grundlegende Themen- und Problemstellungen der Systematischen Theologie. Kolumnentitel erleichtern und strukturieren die Lektüre des Buches. Fremdwörter und einschlägige Fachbegriffe werden am Ende des Buches in einem Glossar erläutert. Im Text sind solche Begriffe mit einem Asterisk gekennzeichnet.
Wer ein Studium der evangelischen Theologie beginnt und sich mit seinem Studienplan vertraut macht, sieht sich mit einem Fach konfrontiert, welches sich Systematische Theologie nennt. Was verbirgt sich hinter dieser eigentümlichen Fachbezeichnung, und wozu studiert man ein solches Fach? Informiert sich der Studienanfänger in einschlägigen Lexika, so wird er bald feststellen, dass es sehr verschiedene Auskünfte darüber gibt, womit er es in dieser akademischen Disziplin zu tun bekommt. Jeder systematische Theologe scheint ein eigenes Verständnis seines Fachs zu haben. Aber nicht nur das. Systematische Theologie begegnet [3]einmal als Sammelbezeichnung für eine theologische Disziplin und zum anderen als Titel von Büchern. Im letzteren Fall meint der Begriff so viel wie Darstellung der christlichen Lehre und entspricht Bezeichnungen wie Dogmatik oder GlaubenslehreGlaubenslehre.
Die Systematische Theologie gehört zu dem Fächerkanon des akademischen Studiums der protestantischen TheologieTheologieevangelische, protestantische, wie er sich in der Moderne herausgebildet hat. Entstanden ist die Disziplin im Zusammenhang mit der Ausdifferenzierung der Wissenschaften um 1800 in der sogenannten *Sattelzeit der ModerneSattelzeit der Moderne. Seit dem fasste man an den evangelisch-theologischen Fakultäten eine Reihe von Einzeldisziplinen wie Religionsphilosophie, Dogmatik, EthikEthik u.a. unter der Bezeichnung zusammen. An katholisch-theologischen Fakultäten hingegen hat sich keine solche fächerzusammenfassende Disziplin etabliert. In der Regel werden hier FundamentaltheologieFundamentaltheologie, Dogmatik, MoraltheologieTheologieMoral-, SozialethikEthikSozial- u.a. als eigenständige Fächer gelehrt.
Womit beschäftigt sich die Systematische Theologie, und wozu ist sie für die theologische Ausbildung von LehramtsLehramt- und Pfarramtsstudierenden nötig? Sie thematisiert Religion, genauer gesagt, die christliche. Aber reicht dazu nicht eine Auseinandersetzung mit der Bibel in Form von biblischen Wissenschaften aus? Die biblischen Schriften sind ohne Frage die maßgeblichen Dokumente der christlichen ReligionReligionchristliche und ihrer diversen KonfessionsfamilienKonfessionsfamilien, Konfessionsparteien. In ihnen steht allerdings bekanntlich sehr viel, und selbst der Teufel beruft sich auf sie (vgl. Lk 4,1–13). Auch wem es um eine strenge Ausrichtung an der Bibel zu tun ist, der kommt nicht umhin, bestimmte Aussagen und Leitgesichtspunkte auszuwählen. Hierzu bedarf es eines Kriteriums. Dessen Bestimmung setzt Überlegungen voraus, die über den biblischen Text hinausgehen. Der Leser der Bibel und seine eigene Zeit gehören also irgendwie zu ihr hinzu. Ihr Verständnis ändert sich ebenso wie sich die Schwerpunkte der Lektüre verschieben. Für Kriterien der Bibellektüre haben sich in der Geschichte des Christentums sehr unterschiedliche Bezeichnungen eingebürgert. Man spricht von einer ‚Mitte der SchriftMitte der Schrift‘, von dem, ‚was Christum treibet‘ oder von dem ‚Wesen des ChristentumsWesen des Christentums‘. Nun wird man vielleicht einwenden wollen, wo hier das Problem liegt. Das Christliche bemisst sich aus seinem Bezug auf Jesus Christus, und das steht doch alles in der Bibel. Allein, wie ist Jesus Christus selbst zu verstehen? Hierauf gibt es sehr unterschiedliche Antworten, und es wird schnell klar, [4]dass die Frage nach dem wesentlich Christlichen von jeder Zeit neu zu beantworten ist. Darin besteht die Aufgabe der Systematischen Theologie. Sie fragt nach der Identität des christlichen Glaubens in der Spannung von Geschichte und eigener Gegenwart.
Die Systematische Theologie thematisiert die christliche ReligionReligionchristliche. Sie ist eine wissenschaftliche Disziplin und als solche von der Religion unterschieden. Seit der europäischen AufklärungAufklärung unterscheiden protestantische Theologen zwischen Theologie und ReligionTheologie und Religion.
Unterscheidung von Theologie und Religion:
Die Unterscheidung von Theologie und Religion geht auf den Hallenser Theologen Johann Salomo SemlerSemler, Johann Salomo (1725–1791) zurück, und sie hängt zusammen mit der Etablierung von Fachwissenschaften am Ende des 18. Jahrhunderts. Die Theologie wird nun als eine professionelle Fachwissenschaft verstanden, die bestimmte Kenntnisse und Fähigkeiten voraussetzt und das alte, von Martin LutherLuther, Martin (1483–1546) geprägte Verständnis als oratio, meditatio, tentatio (beten, meditieren und anfechten) ersetzt. Dabei versteht Semler die Theologie und das von ihr ausgearbeitete Lehrsystem als geschichtlich wandelbar und partikular. Universal und zeitlos gültig ist hingegen die Religion. Unterschieden wird in der Theologie zwischen ihr und der Religion. Dadurch soll diese von einer theologischen Bevormundung befreit werden.
Mit der genannten Unterscheidung ist freilich ein Folgeproblem verbunden. Wie verhalten sich beide Größen zueinander? Sind beide das Gleiche, oder weiß die Theologie mehr als die Religion? Klärt jene den religiösen Menschen darüber auf, was er tut, wenn er glaubt? Nun betrachtet die Theologie als akademische Disziplin, die bestimmte Kenntnisse wie die der alten Sprachen, der Religionsgeschichte etc. voraussetzt, die religiösen Inhalte in der Tat im Kontext ihrer Geschichte. Insofern beschreibt sie das Gewordensein von religiösen Vorstellungsgehalten, indem sie zeigt, wo diese ihre geschichtliche Wurzel haben und wie sie entstanden sind. Dadurch wirkt die Theologie in allen ihren Einzeldisziplinen aufklärend auf die Religion. Gleichwohl wäre es fatal, wenn man der Theologie ein ‚höheres‘ Wissen zusprechen wollte als dem religiösen Menschen selbst. Würde man dann doch unterstellen, dem Glaubenden bleibt sein Glaube selbst unverständlich. Vielmehr ist dieser selbst schon als Erkenntnis zu verstehen, und die Systema[5]tische Theologie hat die Aufgabe, die Erkenntnis, welche die Religion selbst schon ist, darzustellen.
Die Systematische Theologie beschreibt Religion aus der Perspektive ihres Vollzugs. Sie hat folglich die Sichtweise der Teilnehmer einzunehmen. Da sie allerdings von der Religion unterschieden ist, kann sie deren Vollzug nur konstruieren. Sie arbeitet eine Deutung der ReligionDeutung der Religion aus der Perspektive der Glaubenden aus. Das gilt freilich auch für andere mit Religion befasste akademische Disziplinen wie ReligionswissenschaftReligionswissenschaft, EthnologieEthnologie, ReligionssoziologieSoziologieReligions- etc. Sie alle können Religion nur beschreiben und nicht selbst an deren Stelle treten oder einen besseren Zugang zu ihr für sich reklamieren. Die Systematische Theologie tut dies in einer Teilnehmerperspektive, die sie freilich methodisch reflektiert.
Fasst man die vorgestellten Überlegungen zusammen, dann kann man sagen, die Aufgabe der Systematischen Theologiedie Aufgabe der Systematischen Theologie besteht in der SelbstdarstellungSelbstdarstellung der christlichen ReligionReligionchristliche mit wissenschaftlichen Mitteln. Das Fachgebiet, mit dem Studierende der Theologie im Laufe ihres Studiums zu tun haben werden, widmet sich der wissenschaftlichen Kommunikation von Religion, indem es den religiösen Vollzug und dessen symbolische Darstellungsymbolische Darstellung in einem systematischen Zusammenhang erörtert. Die genannte Aufgabe leistet die Systematische Theologie in vier Kontexten: zunächst im Hinblick auf religiöse Gemeinschaften. Im Bereich des Christentums handelt es sich hier um die Kirchen. Sodann kommuniziert sie Religion im Kontext der Gesellschaft und schließlich im System der Wissenschaften sowie im Horizont der Theologie.
Ingolf U. Dalferth: Kombinatorische Theologie. Probleme theologischer Rationalität, Freiburg i. Br./Basel/Wien 1991.
Wilfried Härle: Dogmatik, Berlin/New York 22000, S. 3–45.
Christoph Schwöbel: Art.: Systematische Theologie, in: Religion in Geschichte und Gegenwart, Bd. 7, Tübingen 2004, Sp. 2011–2018.
Konrad Stock: Einleitung in die Systematische Theologie, Berlin/New York 2011, S. 47–50.
Johann Salomo SemlerSemler, Johann Salomo: Versuch einer nähern Anleitung zu nützlichem Fleisse in der ganzen Gottesgelersamkeit für angehende Studiosos Theologiae, Halle 1757. ND Waltrop 2001.
Lesen Sie den Artikel von Christoph Schwöbel über Systematische TheologieTheologie.
Informieren Sie sich in einer neueren Dogmatik über das Verständnis der Systematischen Theologie.
Schreiben Sie einen Essay zu der Frage, was Systematische Theologie ist und womit sie sich beschäftigt.
Dem Wortsinn nach bedeutet TheologieTheologie Rede von Gott (von griechisch: theo-logia). So wurde der Begriff von der antiken Philosophie geprägt und vom frühen Christentum übernommen. Dabei hat man bis ins 12. Jahrhundert unter Theologie lediglich die Lehre von Gott in seinen drei Personen (Trinitätslehre) verstanden. Erst im Zusammenhang mit der Entstehung der Universitäten wurde der Begriff in einem weiteren Sinne aufgefasst, indem man nun die christliche Lehre – die doctrina sacra – Theologie nannte. Deren Aufgabe bestand in der Auslegung der Bibel als verbindliche Texte der christlichen ReligionReligionchristliche. Daneben bildete sich zwar bereits im Mittelalter die Praxis heraus, Zitate der KirchenväterKirchenväter zu sammeln und zu kommentieren, aber erst in der Neuzeit kam es zu einer Ausdifferenzierung der Theologie in verschiedene Teildisziplinen. Das erfolgte im Zusammenhang der sich entwickelnden gesellschaftlichen Differenzierung. In diesem Prozess wurden in dem akademischen Lehrbetrieb die einzelnen theologischen Fächer institutionalisiert, die auch noch heute an den Theologischen Fakultäten gelehrt werden.
[7]Im gegenwärtigen Lehrbetrieb der evangelischen Theologie haben sich insgesamt fünf Fächer mit unterschiedlichen methodischen Instrumentarien etabliert, die selbst wiederum diverse Unterdisziplinen umfassen. Man kann diese Fächer in historische und gegenwartsbezogene Disziplinen der Theologiehistorische und gegenwartsbezogene Disziplinen untergliedern. Die historischen Fächer sind Altes und Neues Testament sowie KirchengeschichteKirchengeschichte, und die gegenwartsorientierten sind Systematische Theologie sowie Praktische TheologieTheologiePraktische.
Theologische Disziplinen:
A. historische Disziplinen
B. gegenwartsbezogene Disziplinen
1. Altes Testament
1. Systematische Theologie
Einleitung ins Alte Testament
Religionsgeschichte IsraelsIsrael
Theologie des Alten Testaments
Religionsphilosophie
Dogmatik
EthikEthik
2. Neues Testament
2. Praktische TheologieTheologiePraktische
Einleitung ins Neue Testament
Religionsgeschichte des Frühjudentums
Theologie des Neuen Testaments
*HomiletikHomiletik
*PoimenikPoimenik
ReligionspädagogikReligionspädagogik
3. KirchengeschichteKirchengeschichte
SozialgeschichteSozialgeschichte der Kirchen
DogmengeschichteDogmengeschichte
TheologiegeschichteTheologiegeschichte
Die historische Disziplinen der Theologiehistorischen Disziplinen der Theologie erkunden die geschichtlichen Grundlagen der christlichen ReligionReligionchristliche, deren Entstehung und Entwicklung in unterschiedlichen religionskulturellen Kontexten, die sich ändernden Sozialstrukturen der christlichen Religionsfamilie, die unterschiedlichen Konzeptionen von Religion und Politik und anderes. Auf vielfältige Weise rekonstruieren diese Disziplinen die Wandlungen des Christentums in der Geschichte. Die GeschichtsforschungGeschichtswissenschaft, Geschichtsforschung möchte wissen, „wie es wirklich gewesen ist“ (Leopold von RankeRanke, Leopold von [1795–1886]). Im Unterschied hierzu sind die gegenwartsbezogene Disziplinen der Theologiegegenwartsbezogenen theologischen Fächer an normativen Fragen interessiert. Sie fragen nach dem wesentlich Christlichen vor dem Hintergrund der Geschichte des Christentums und der jeweiligen Gegenwart.
Seit der europäischen Aufklärung sind die historischen und gegenwartsorientierten Disziplinen der Theologie in einen Gegensatz getreten. Die Etablierung der historisch-kritischen Methodehistorisch-kritische Methode in der protestantischen TheologieTheologieevangelische, protestantische im letzten Drittel des 18. Jahr[8]hunderts befreite die Auslegung der biblischen Schriften von den Vorgaben der DogmatikDogmatik. Die Bibel kam dadurch als ein rein religionsgeschichtliches Dokument in den Blick. Zu deren Verständnis bedarf es der Kenntnis der Sprachen, in der sie verfasst wurde, sowie eines religionskulturellen Wissens über die Religionen des alten Orients, ihrer Transformation im Zeitalter des *Hellenismus etc. Mit der Einordnung der Bibel in die Geschichte wird deren normative Geltung aufgelöst. Die biblischen Schriften sind ebensolche religionsgeschichtlichen Dokumente wie der KoranKoran oder die heiligen Texte der indischen ReligionReligionindischeen. Die Frage nach dem Wesen des ChristentumsWesen des Christentums, nach dem in unserer Zeit Verbindlichen lässt sich vor diesem Hintergrund nicht mehr mit einem Verweis auf die Bibel beantworten. Es besteht eine Differenz von Geschichte und NormativitätNormativität, von Genesis und Geltung.
Allerdings fällt der Unterschied zwischen den historischen und den gegenwartsorientierten Disziplinen der Theologie nicht einfach mit dem zwischen Geschichte und Geltung zusammen. Jedes Bild der Geschichte ist eine gegenwartsbezogene Konstruktion. Der Historiker konstruiert seine Sicht der Vergangenheit stets im Ausgang von seiner eigenen Gegenwart. Deshalb fließen in jedes Geschichtsbild Interessen, Überzeugungen und Normen ein, die nicht der Vergangenheit entnommen sind und die ihr Gemälde erst zu einem sinnvollen Zusammenhang formen. Die Konstruktion der Geschichte erfolgt selbst schon in einem gegenwartsbezogenen Interesse. Sodann entstehen alle Normen und Überzeugungen in der Geschichte. Wer heute über die Identität des Christlichen nachdenkt, der nimmt Denkweisen, Begriffe und Modelle in Anspruch, die selbst geschichtlich geworden sind. Schon die Sprache, in der das wesentlich Christliche formuliert wird, verdankt sich einer bereits vorgegebenen Kultur. Die Spannung zwischen Historie und Geltung lässt sich folglich nicht einfach auf die historischen und gegenwartsbezogenen Disziplinen der Theologie verteilen. Sie tritt in jeder von ihnen selbst noch einmal auf.
Der angedeutete der methodische Zirkel des Verstehensmethodische ZirkelZirkel des Verstehens – jedes Bild der Vergangenheit ist eine gegenwartsbezogene Konstruktion, und zugleich ist diese selbst das Resultat der Geschichte – wird in der Systematischen Theologie zum Thema der theologischen Reflexion. Ihre Voraussetzung ist die Geschichte der Theologie, [9]wie sie von historischen Disziplinen bearbeitet wird. Das Interesse an der Geschichte ist freilich kein rein historisches. Vielmehr geht es der Systematischen Theologie um eine Bestimmung der Identität des Christentums auf der Grundlage von dessen geschichtlicher Entwicklung und in Auseinandersetzung mit ihrer jeweiligen Gegenwart. Diese Aufgabe kann sie allein in Zusammenarbeit mit den anderen theologischen Disziplinen sowie im Gespräch mit nichttheologischen Fächern erfüllen.
Ingolf U. Dalferth: Evangelische TheologieTheologieevangelische, protestantische als Interpretationspraxis. Eine systematische Orientierung, Leipzig 2004.
Hermann Deuser: Kleine Einführung in die Systematische Theologie, Stuttgart 1999, S. 177–184.
Wilfried Härle: Dogmatik, Berlin/New York 22000, S. 3–45.
Wolfhart Pannenberg: Wissenschaftstheorie und Theologie, Frankfurt a.M. 1987.
Friedrich SchleiermacherSchleiermacher, Friedrich Daniel Ernst: Kurze Darstellung des theologischen Studiums zum Behuf einleitender Vorlesungen (1811/1831), hrsg. v. Dirk Schmid, Berlin/New York 2012.
Konrad Stock: Die Theorie der christlichen Gewißheit. Eine enzyklopädische Orientierung, Tübingen 2005.
Informieren Sie sich anhand der Kleine[n] Einführung in die Systematische Theologie von Hermann Deuser über die Gliederung der Theologie und die Aufgabe einer theologischen Enzyklopädie.
Lesen Sie den Abschnitt aus Wilfried Härles Dogmatik über die TheologieTheologie als Wissenschaft.
Schreiben Sie einen Essay zur Stellung der Systematischen Theologie im Kontext der Theologie.
Die Systematische Theologie umfasst als akademisches Fach verschiedene Unterdisziplinen der Systematischen TheologieUnterdisziplinen, die sich im Prozess der Ausdifferenzierung der Theologie herausgebildet haben. An den protestantischen Fakultäten werden vor allem drei Einzeldisziplinen unter dem Obertitel zusammengefasst: Religionsphilosophie, Dogmatik und EthikEthik. Alle drei haben sich erst in der Neuzeit als selbständige Disziplinen im akademischen Lehrbetrieb etabliert. In der Geschichte des Fachs zählte man allerdings noch weitere Disziplinen zu ihr. So bildete sich in der ReformationszeitReformation, Reformationszeit im Zusammenhang mit der Entstehung des protestantischen Dog[10]matikunterrichts die sogenannte PolemikPolemik heraus. Sie widmete sich der Auseinandersetzung mit den von der eigenen KonfessionKonfession abweichenden Lehrauffassungen. Mit dem Nachlassen der Prägekraft von konfessionellen Differenzen in der Aufklärungszeit wurde die Polemik in die KonfessionskundeÖkumenik, Konfessionskunde beziehungsweise Ökumenik überführt. Letztere bildet auch in der Gegenwart einen Bestandteil des Studiums der Systematischen Theologie an protestantischen Fakultäten. Aus der im 19. Jahrhundert entstandenen MissionswissenschaftMissionswissenschaften wurde im 20. Jahrhundert die ReligionswissenschaftReligionswissenschaft, die sich als eigenständige Disziplin sowohl an als auch außerhalb von theologischen Fakultäten etabliert hat. Ebenfalls in der Zeit der Aufklärung entwickelte sich in Auseinandersetzung mit dem modernen Zeitgeist die sogenannte ApologetikApologetik. Ihr oblag die Verteidigung des christlichen Glaubens gegenüber der Kritik seitens der modernen NaturwissenschaftenNaturwissenschaft oder des neuzeitlichen AtheismusAtheismus. Vor allem in der römisch-katholischen Theologie formierte sich hieraus die sogenannte FundamentaltheologieFundamentaltheologie. Deren Aufgabe besteht in der Demonstration der Vernunftgemäßheit der GlaubenslehreGlaubenslehre der Kirche. Auch in der protestantischen TheologieTheologieevangelische, protestantische haben sich in den letzten Jahrzehnten die Stimmen gemehrt, so etwas wie eine evangelische Fundamentaltheologie im akademischen Lehrbetrieb zu institutionalisieren. Bislang ist in dieser Frage jedoch noch kein Konsens erreicht.
Zu den klassischen Unterdisziplinen der Systematischen Theologie im Protestantismus gehört die Religionsphilosophie. Als ein eigenständiges akademisches Fach ist diese erst in den 1790er Jahren an deutschsprachigen Universitäten entstanden. Sie setzt die Kritik an der überlieferten *Metaphysik und *theologia naturalis (natürliche TheologieTheologienatürliche) durch Immanuel KantImmanuel KantKant, Immanuel (1724–1804) voraus. In seiner 1781 erschienenen Kritik der reinen Vernunft hatte der Königsberger Philosoph den Nachweis erbracht, dass Gott von der menschlichen Vernunft nicht erkannt werden könne. Intersubjektiv geltende Erkenntnis ist aufgrund ihrer beiden Quellen Anschauung und BegriffAnschauung und Begriff nur im Bereich der Erfahrung möglich. Aus dem Umfeld möglicher Erkenntnisgegenstände schieden damit die über die Erfahrung hinausgehenden göttlichen Dinge [11]aus. Hier knüpft die Religionsphilosophie an. Sie fragt nach dem Gottesverhältnis des Menschen und nicht mehr wie die natürliche Theologie nach einem metaphysischen Gottesbegriff. In der Philosophie der Religion kommt es also zu einer Perspektivenverschiebung. Deshalb ist die Religionsphilosophie keine einfache Fortsetzung der überlieferten Metaphysik und ihres Gottesgedankens. Sie hat mit dem religiösen Bewusstsein ein eigenes Thema.
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