Tancred - Johann Wolfgang von Goethe - E-Book
2,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Um einen Überfall auf Syrakus sowie ihre Verheiratung mir einem ungeliebten Mann zu verhindern, bittet Amenaide, die Tochter des Ältesten des Ritterchors Arsir, ihren heimlichen Geliebten Tancred, einen aus der Stadt verbannten Ritter, um Hilfe. Ihr Brief wird abgefangen, und Amenaide droht als vermeintlicher Verräterin die Todesstrafe. Da hört Tancred von dem Geschehen ...

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Johann Wolfgang von Goethe

Tancred

Trauerspiel in fünf Aufzügen, nach Voltaire

BookRix GmbH & Co. KG81371 München

Personen

Arsir Ältester des Ritterchors von Syrakus

Orbassan, Loredan und Roderich Ritter von Syrakus

Tancred, Ritter, aus einer verbannten syrakusanischen Familie, in Byzanz erzogen

Aldamon, Soldat

Amenaide, Tochter Arsirs

Euphanie, ihre Freundin

Mehrere Ritter, als Glieder des hohen Rats Knappen, Soldaten, Volk Der Schauplatz ist in und bei Syrakus. Die Zeit der Handlung fällt in das Jahr 1005 Die afrikanischen Sarazenen hatten, im neunten Jahrhundert, ganz Sizilien erobert. Da Syrakus ihr Joch abschüttelte, behielten sie Palermo und Girgenti. Die griechischen Kaiser besaßen Messina.

Erster Aufzug

Ratssaal im Palaste der Republik.

Erster Auftritt

(Die versammelten Ritter, in einem halben Zirkel sitzend)

Arsir

Erlauchte Ritter, deren Mut und Kraft

Des Vaterlands Bedrängnis rächen soll,

Mir, als dem Ältesten, erlaubet ihr

Euch zu versammeln, euren Rat zu hören.

Entschlossen seid ihr, mit gesamter Hand

Der Doppeltyrannei, die sich Siziliens

Bemächtigte, die Brust zu bieten, euch

Und Syrakus die Freiheit zu verschaffen.

Die beiden ungeheuren Mächte, die

Sich in die Welt zu teilen lange kämpfen,

Des Orients Monarchen und der Sarazenen

Verwegne Fürsten, beide machen sich

Die Ehre streitig, uns zu unterjochen.

Dem Kaiser von Byzanz gehorchen schon

Messinens Völker; Solamir, der Maure,

Beherrschet Agrigent und Ennas Flur,

Bis zu des Ätna fruchtbeglücktem Fuß,

Und beide drohten Knechtschaft unsrer Stadt;

Doch aufeinander eifersüchtig beide,

Begierig beide solchen Raub zu haschen,

Bekämpften sich und stritten so für uns.

Sie haben wechselweise sich geschwächt,

Nun öffnet sich ein Weg uns zu erretten;

Der Augenblick ist günstig; nützet ihn!

Der Muselmannen Größe neigt sich schon,

Europa lernet weniger sie fürchten.

Uns lehrt in Frankreich Karl Martell, Pelag

In Spanien, der heil'ge Vater selbst,

Leo der Große, lehrt, mit festem Mut,

Wie dieses kühne Volk zu dämpfen sei.

Auch Syrakus vereinigte sich heut

An seinem Teil zu solchem edlen Zweck.

Uneinigkeit und Ungewissheit soll

Nicht länger eure Heldenschritte lähmen.

Vergessen wir die unglücksvolle Zeit.

Da Bürger gegen Bürger aufgestanden

Und, grausam, diese Stadt die eignen Kinder

Ermordet und vertrieben und sich selbst

Entvölkert. Orbassan, an dich ergeht

Mein erster Aufruf: lass uns nun verbunden

Für eine Sache stehn! fürs Allgemeine,

So wie fürs Beste jedes Einzelnen!

Ja, lass uns Neid und Eifersucht verbannen,

Ein fremdes Joch, das uns gewaltig droht,

Mit Heldenkraft zerbrechen, oder sterben!

Orbassan

Nur allzu traurig war der Zwist, Arsir,

Der unsre beiden mächt'gen Stämme trennte

Und der geteilten Stadt die Kraft entzog.

Nun hoffet Syrakus die Orbassans

Mit deinem Blut, Arsir, vereint zu sehen.

So werden wir uns wechselweise schützen –

Und also reich' ich deiner edlen Tochter,

Ein wohlgesinnter Bürger, meine Hand;

Dem Staate will ich dienen, dir, den Deinen,

Und vom Altar, wo unser Band sich knüpft,

Stürz' ich mich rächend Solamir entgegen.

Doch sind es nicht allein die äußern Feinde,

Der Byzantiner hier, der Maure dort,

Auch selbst in dem Bezirk von Syrakus

Sehnt sich ein Teil betrognes Volkes noch

Dem längst vertriebnen Frankenstamme nach,

Man rühmet seinen Mut und wie er sich,

Freigebig, aller Bürger Herz verbunden.

Wen er beraubt daran denkt keiner mehr;

Nur was er gab verwahrt noch das Gedächtnis.

Mit welchem Recht verbreitete der Franke

Sich über alle Welt und nahm auch hier

In unsern reichen Gegenden Besitz?

Coucy! mit welchem Recht verpflanzt er sich

Vom Seine-Strom zu Arethusens Quelle?

Bescheiden erst und einfach, schien er nur

Sich unserm Dienst zu weihen; doch sein Stolz

Und seine Kühnheit machten ihn zum Herrn.

Sein Stamm, der ungeheure Güter häufte,

Erkaufte sich des Volkes Neigung bald

Und über meinen Stamm erhub er sich;

Doch nun sind sie gestraft, sie sind verbannt,

Auf ewig ihres Bürgerrechts verlustig.

Das ist beschlossen; doch das Schwerste bleibt,

Nun dem Gesetz die volle Kraft zu geben.

Ein Sprosse des gefährlichen Geschlechts,

Tancred, ist übrig, der als Knabe schon

Mit seinen Eltern die Verbannung teilte.

Den Kaisern von Byzanz hat, wie man sagt,

Mit Ehren er gedient, und trägt gewiss,

Von uns gekränkt, den tiefsten Hass im Busen.

Vielleicht erregt er gegen uns die Macht

Der Griechen, die schon in Sizilien,

Durch den Besitz Messinas, eingegriffen,

Und denkt vielleicht, durch seinen Einfluss hier,

Uns innerlich zu untergraben. Doch

Wie ihm auch sei! wir stehen einer Welt

Entgegen, die von allen Seiten her

Nach unsern fruchtbeglückten Feldern dringt,

Und uns des reinen Himmels Frohgenuss

Im schönsten Land der Erde rauben möchte,

Nicht mit Gewalt allein, mit List noch mehr.

Lasst gegen den Verrat uns, ohn' Erbarmen,

Als würd'ge Führer einer Stadt entbrennen.

Gebt den Gesetzen neue Kraft, die jeden

Der Ehre, wie des Lebens, ledig sprechen,

Der mit dem Feinde, mit dem Fremden sich

Zu heimlichen Verbindungen gesellt.

Untreue wird durch Müdigkeit erzeugt.

Kein Alter spreche künftig, kein Geschlecht,

Zur Schonung eines Schuldigen, das Wort.

So tat Venedig, wo mit großem Sinn

Misstraun und Strenge sichre Losung war.

Loredan

Welch eine Schande für die Eingebornen,

Dass sie ein Fremder, sie ein Feind so leicht

Durch irgendeinen Schein verblenden kann!

Welch ein Verdruss für uns, dass Solamir,

Als Muselmann, in dieser Christeninsel,

Ja selbst in dieser Stadt Verräter soldet,

Uns Friede bietet wenn er Krieg bereitet,

Um uns zu stürzen, uns zu trennen sucht.

Wie mancher von den unsern ließ sich nicht

Durch Wissenschaft und Kunst betören, die

Der Araber uns zu entkräften bringt.

Am meisten aber, dass ich nichts verschweige,

Neigt sich der Frauen leicht verführt Geschlecht

Den Lockungen des fremden Glanzes zu.

An Solamir und seinen Edlen schätzt

Ein weiblich Auge, lüstern, manchen Reiz,

Des Morgenlandes auserles'ne Pracht

In Kleid und Schmuck, Gewandtheit der Gestalt,

Der Neigung Feuer und der Werbung Kühnheit;

Indes wir der gerechten Sache nur,

Dem Wohl des Staates, Sinn und Arme widmen,

Und Kunstgewerbe ritterlich verschmähn.

Im Siege mag sich unsre Kunst enthüllen;

Mir trau' ich viel, euch trau' ich alles zu.

Besonders aber lasst, gerecht und streng,

Uns gegen der Verräter Tücke wachen;

Ein Einziger zerstöret, leicht und schnell,

Was viele tausend Redliche gebaut.

Und wenn ein solcher des Gesetzes nicht

Des Unglücks, das er stiftet, nicht gedenkt;

So lasst, wenn er entdeckt ist, im Gericht,

Uns nicht an Gnade, nicht an Milde denken.

Und Syrakus liegt sicher hinter uns,

Wenn wir uns Solamir entgegen stürzen.

Auf ewig ausgeschlossen sei Tancred,

Und ihm und seinem Stamme jede Hoffnung

Der Rückkehr abzuschneiden, werde nun

Des Ritterrates letzter Schluss vollbracht.

Die Güter, das Vermögen, die der Franken

Vertriebner Stamm in Syrakus verließ,

Sei Orbassan verliehen, der für uns

So viel getan, so viel zu tun sich rüstet;

Solch eines Vorzugs ist der Bräutigam,

Arsirens Tochter solcher Mitgift wert.

Roderich

So sei es! Mag Tancred doch in Byzanz

Sich jeder Gunst des Kaiserhofes freuen!

Er fordre nichts in unserm Freibezirk.

Gab er sich einen Herrn, so tat er selbst

Auf unsre heil'gen Rechte hier Verzicht.

Er sei verbannt. Der Sklave der Despoten

Kann in dem freien Kreise nichts besitzen;

Der Staat, den Orbassan bisher beschützt,

War schuldig ehrenvoll ihn zu belohnen.

So denk' ich und ein jeder so mit mir.

Arsir

Er ist mein Eidam! Einer Tochter Glück

Und Wohlstand bleibt des Vaters heißer Wunsch;