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Dieses Buch versteht sich einerseits als Lehrbuch für die forensische Linguistik. Zugleich ist es ein praxisorientierter Leitfaden zur Identifizierung anonymer Textverfasser:innen über ihre Sprachmuster. Anhand vieler Beispiele wird veranschaulicht, welch vielschichtige Informationen Texte und Sätze über ihre Verfasser:innen preisgeben. Im Vordergrund stehen qualitative Verfahren, in deren Rahmen auch eine sinnvolle Kodierung vorgestellt wird, die sich in der langjährigen Praxis der Autorin als öffentlich bestellte und vereidigte Gutachterin bewährt hat. Dieser verständliche und unverzichtbare Leitfaden enthält ein umfangreiches Glossar der Fachbegriffe, befasst sich auch mit der aktuellen Frage nach KI-generierten Texten und wendet sich nicht nur an Linguist:innen, sondern auch an Leser:innen aus den Rechtswissenschaften (insbesondere Richter:innen), der Informatik, Psychologie, Kriminologie und Kriminalistik.
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Seitenzahl: 904
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Isabelle Thormann
Tatort Syntax
Dr. Isabelle Thormann ist seit 2010 öffentlich bestellte und vereidigte (öbuv) Sachverständige für forensische Linguistik, lehrt an der TU Braunschweig forensische Linguistik und ist Verfasserin diverser Veröffentlichungen, u. a. zur forensischen Linguistik und Rechtssprache.
DOI: https://doi.org/10.24053/9783381121021
© 2024 • Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KGDischingerweg 5 • D-72070 Tübingen
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Internet: www.narr.deeMail: [email protected]
ISSN 0941-8105
ISBN 978-3-381-12101-4 (Print)
ISBN 978-3-381-12103-8 (ePub)
Warum lautet der Titel dieses Buches „Tatort Syntax“ (und nicht „Authentizitätsfeststellung in der forensischen Linguistik mittels Satzbauuntersuchung“ o. Ä.)? Der „Ort“, an dem der gesuchte Idiolekt, das Corpus Delicti, am ehesten zu finden ist, ist die Syntax. Sie ist somit ein „Tatort“, der der Spurensicherung bedarf, damit der so entscheidende Idiolekt (kurz: die jedem Individuum eigenen Sprachgewohnheiten) gefunden wird.
Warum der Fokus auf Syntax? Auch die anderen Bereiche wie die Lexik sind ergiebig, Befunde im Satzbau sind jedoch für die Authentizitätsfeststellung belastbarer, weil es hier – im Satzbau – für jmdn., der seine Identität nicht preisgeben will, wesentlich schwieriger ist, seinen Sprachstil zu verstellen, als bei der Wortwahl. In anderen Worten: In der Syntax zeigt sich der Idiolekt eher als in der Lexik.
Ein weiterer Grund für die Wahl des Titels „Tatort Syntax“ ist, dass besonders in Zeiten des zunehmenden Einsatzes von KI betont werden muss, wie wichtig in der Authentizitätsfeststellung die Syntax eines Textes ist, für deren Analyse die selbstlernende KI sehr viel mehr lernen muss als in den anderen Gebieten wie Lexik, Typographie und Orthografie. Das muss Linguisten, die sich der KI bedienen (einschließlich Informatiker:innen, die digitale forensische Linguistik betreiben und computerlinguistische Analysen vornehmen), bewusst sein.
Den meisten Menschen, die sich nicht mit Linguistik befassen, ist nicht bewusst, wie groß der Bereich der Syntax ist und wie viele Aspekte dazugehören. Genau das ist eines der Hauptanliegen dieses Buches: denen, die Texte untersuchen (wollen), zu helfen, dass sie nichts zu (unter-)suchen vergessen, und daher kann auch alles nur „angerissen“ werden. Es ist jedoch wichtig, viele Beispiele bzw. Beispielsätze zu bieten. Die jahrelange Erfahrung in der Didaktik der forensischen Linguistik hat gezeigt, dass Studierende die vielen Termini im Bereich „Stil“, die auch in diesem Buch vorkommen (siehe z. B. das Glossar) viel besser verstehen und behalten, wenn sie jeweils mindestens ein Beispiel dazu abspeichern können, und bei allen Grammatik-Erklärungen werden immer explizit Beispiele gewünscht. Die meisten Beispiele in diesem Buch (selbstverständlich ggf. anonymisiert bzw. mit geänderten Namen und/oder Daten) stammen aus Texten im Zusammenhang mit meiner Sachverständigentätigkeit, also u. a. aus inkriminierten Texten und Vergleichstexten. Und sehr wichtig ist mir, – gemäß Wilhelm von Ockhams Theorie bzw. Forderung nach Sparsamkeit1 (Bevorzugung einer einfachen Erklärung eines Phänomens gegenüber einer komplexen, ausführlichen Erläuterung) – vereinfachte Beschreibungen der für die forensische Linguistik wichtigen Phänomene zu bieten. Es tut mir leid, wenn dem/der einen oder anderen Leser:in hier und dort etwas zu simpel dargestellt scheint und manche Details nicht mit aufgeführt werden. Dieses Buch strebt zwar Vollständigkeit an, aber nicht in Bezug auf Details zu den einzelnen Syntax-Themen, sondern in Bezug darauf, was zu der Authentizitätsfeststellung in der forensischen Linguistik gehört.
Forensische Linguistik – Wie geht das? Diese Frage wird oft gestellt. Oft wird auch gesagt, das sei eine falsche Formulierung, da das Verb „gehen“ nicht auf ein Fachgebiet bezogen werden könne. Ebenso wenig könne man sagen „So geht Technik.“ Aber alle Welt spricht und schreibt so „falsch“, speziell in Texten, die in der forensischen Linguistik vorkommen. Und schon sind wir mitten im Thema. Würden Sie das so sagen bzw. fragen? Oder würden Sie sich anders ausdrücken? Oder drücken Sie sich in bestimmten Situationen so aus, in anderen aber anders? Das alles gehört zum Thema „Idiolekt“.
Wie geht man mit Texten um, wenn beispielsweise festgestellt werden soll, wer einen Text verfasst hat? Wurde ein Text evtl. von einer Sprachsoftware mit KI (wie ChatGPT, Bard/Gemini, Google PaLM o. Ä.) erstellt? Wie vergleicht man Texte, um festzustellen, ob sie von derselben Person verfasst wurden? Woraufhin werden Texte in der forensischen Linguistik untersucht? Welche Eigenschaften eines Textes ermöglichen es dem Linguisten bzw. der Linguistin, den/die Verfasser:in zu identifizieren? Wie stellt man die Befunde dar, damit ein vor Gericht verwertbares Gutachten entsteht?
Das vorliegende Buch beantwortet diese Fragen und bietet sowohl für Linguisten und Linguistinnen als auch für andere Berufsgruppen wie Richter:innen, Psycholog:innen und Polizist:innen einen Einblick in die Theorie und Praxis der forensischen Linguistik, speziell der Authentizitätsfeststellung.
Die Inhalte dieses Buches basieren vorwiegend auf meinen Kenntnissen aus a) meiner Tätigkeit als öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger (seit 2010), b) meiner Lehrtätigkeit zur forensischen Linguistik an der TU Braunschweig (seit 2015), c) einschlägigen Veröffentlichungen und Vorträgen bei Tagungen (vorwiegend in anderen Ländern, in denen die Forschung zur forensischen Linguistik deutlich aktiver betrieben – und finanziert – wird).
Dieses Buch ist ein Kompendium, Nachschlagewerk und Lehrbuch. Es enthält viele Grammatik-Erklärungen, die für die Zwecke des Verstehens und Darstellens sprachlicher Auffälligkeiten vereinfacht und angepasst wurden. Das Buch zeigt selbstverständlich auch die klassische Einordnung der sprachlichen Phänomene, beleuchtet sie jedoch in der entsprechenden Reihenfolge und Gewichtung gemäß den Zwecken der Arbeit in der forensischen Linguistik und speziell der Authentizitätsfeststellung.
Man kann dieses Buch als Nachschlagewerk verwenden. Es hat ein ausführliches Glossar und ein sehr komplexes, detailliertes Inhaltsverzeichnis. Man kann dieses Buch auch von vorne bis hinten durchlesen, wenn man seine Kenntnisse in forensischer Linguistik und speziell der Authentizitätsfeststellung erweitern möchte.
Dann findet man folgenden Aufbau vor:
Kapitel 1 bietet Basiswissen und beantwortet ganz grundsätzlich die Frage, wie man in der forensischen Linguistik vorgeht.
Eine simple Kodierung wird in Kapitel 2 vorgestellt.
Kapitel 3 zeigt die häufigstensprachlichen Phänomene, mit denen Verfasser:innen auffallen.
Es folgt (in Kapitel 4) die Beschreibung einer genauen Kodierung, die für Textuntersuchungen notwendig ist (Kodierung von Komma-Arten, von Satzbau mit den sog. Thormann’schen Treppenstufen und von Satzteilen).
Unter dem Titel „Anklage: unterlassene Verständlichkeitssicherung“ folgen (in Kapitel 5) Ausführungen darüber, welche Bandbreite an – Verfasser:innen meist nicht bewussten – unklaren Ausdrucksweisen es gibt.
Eine Art Intermezzo stellt die Beschreibung eines Verständlichkeits-Experiments (mit interessanten Ergebnissen nach Einbeziehung künstlicher Intelligenz) in Kapitel 6 dar, das auch für Lehrzwecke als Übung verwendet werden kann.
Es folgt in Kapitel 7 die Darstellung der (primär syntaktischen und beachtlich vielen) Ambiguitäten, die die deutsche Sprache bereithält und die speziell bei Auslegungsfragen und Fragen nach dem „objektiven Empfängerhorizont“ wichtig sind.
Kapitel 8 bietet genauere Erläuterungen zu den sprachlichen Phänomenen, die in anderen Kapiteln jeweils zum Zweck des Aufzeigens der für die Authentizitätsfeststellung wichtigen Besonderheiten nur knapp behandelt werden.
Es folgen in Kapitel 9 kurze Ausführungen über das wichtigste Grundlagenwissen zum Thema „Gutachten“.
In Kapitel 10 bietet das Buch – speziell für Lehr- bzw. Übungszwecke – Textbeispiele, die im Online-Shop des Verlags (https://www.narr.de/) bei diesem Band unter „Zusatzmaterial“ zum Download zur Verfügung stehen.
In Kapitel 11 für Eilige die komprimierte Darstellung dessen, was man als „Ausbeute“ aus diesem Buch bezeichnen kann, d. h. eine Auflistung der für das Identifizieren eines Idiolekts wichtigsten sprachlichen Phänomene und ein Mindestvokabular (auch zu Lehrzwecken).
Am Ende des Buches befindet sich selbstverständlich ein ausführliches Glossar zum Nachschlagen von Fachbegriffen während der Lektüre.
In diesem Buch wird zwar „gegendert“ bzw. geschlechtergerechte Sprache verwendet, jedoch soll auch die Lesbarkeit nicht eingeschränkt sein. Daher werden vermieden (durch das Gendern bedingte)
lange umständliche Formulierungen
häufige Wiederholungen
Ein Problem stellt die notwendige häufige Verwendung des Wortes Verfasser bzw. Verfasser:in dar, das mit einem Binnen-Doppelpunkt gelöst wird, also Verfasser:in, auch (mit Artikel) der/die Verfasser:in und ein/e Verfasser:in und im Plural (die) Verfasser:innen.
Ein Problem ergibt sich, wenn ein Adjektiv hinzukommt, was z. B. ergäbe ein/e jüngere/r Verfasser:in oder wenn außerdem ein Adverb hinzukommt und eine längere Nominalphrase ergibt wie ein/e vermutlich jüngere/r Verfasser:in, die – hier im Nominativ – in anderen Kasus nicht möglich wäre. Wenn in jedem Fall konsistent gegendert würde, hätte das Formulierungen zur Folge wie eines/einer vermutlich jüngeren Verfassers bzw. Verfasserin (Genitiv), einem/einer vermutlich jüngeren Verfasser:in (Dativ), eine/einen vermutlich jüngere/n Verfassers bzw. Verfasserin (Akkusativ), Das lässt auf eine/n ältere/n Verfasser:in schließen., […] weil er/sie seine/ihre sprachlichen Fähigkeiten überschätzt. Außerdem wären dann die „diversen“ Genera nicht berücksichtigt.
In solchen Fällen wähle ich das generische Maskulinum, bitte die Leserinnen aller Geschlechter – auch der diversen bzw. anderen Genderidentitäten – um Verständnis und hoffe, dass sie bzw. Sie diese Entscheidung für bessere Lesbarkeit befürworten.
Warum verwende ich Authentizitätsfeststellung (und nicht „Autor-, Autoren-, Autorschafts-, Verfasser- oder Urheberschafts-Feststellung/-Bestimmung/-Erkennung“)?
Dafür gibt es zwei Gründe:
Geschlechtergerechte Sprache. Bei „Autor-, Autoren-, Autorschafts-, Verfasser- oder Urheberschafts-Feststellung/-Bestimmung/-Erkennung“ werden die Autorinnen, Verfasserinnen und Urheberinnen nicht genannt. Bei dem Kompositum Authentizitätsbestimmung gibt es dieses Problem nicht.
Oft behauptet jemand (der/die Verfasser:in selbst oder auch jemand, der eine andere Person verdächtigt), ein Text sei von einer bestimmten Person verfasst worden. Nun stellt sich die Frage, ob das stimmt oder ob der Text
von einer anderen Person (oder Personengruppe)
von KI
verfasst wurde.
Der Terminus „Authentizitätsfeststellung“ ist auch deshalb sinnvoll, weil das Wort „Authentizität“ bzw. das Adjektiv „authentisch“ etymologisch zurückgeht auf das altgriechische „αὐθεντικός“, authentikos (später lateinisch „authenticus“), und dieses Wort stammt von authentēs (αὐθεντής), das (wörtlich „jemand, der etwas selbst – mit seiner eigenen Hand – tut“ und) „Urheber“, „Verfasser“, „Täter“ bedeutet.2
Für die Schreibweise in diesem Buch kombiniere ich zwei Methoden, und zwar den Schrägstrich und den Binnen-Doppelpunkt, weil diese Kombination oft geschlechtergerechte Sprache erlaubt und gleichzeitig die Lesbarkeit nicht allzu sehr einschränkt, z. B. Der/die Verfasser:in hat hier […], Das wirkt auf den/die Leser:in […]. Allerdings werden bei dieser Methode leider oft die diversen bzw. anderen Genderidentitäten nicht explizit mitgenannt.
Das Gendern ist ein Thema, das – speziell in der Zukunft – in der forensischen Linguistik und speziell in der Authentizitätsfeststellung eine Rolle spielen wird. Daher wird es in diesem Buch besprochen a) in dem Kapitel, in dem es um (in einem Text feststellbare) potenziell auffällige sprachliche Phänomene geht bzw. wodurch Verfasser:innen auffallen und ggf. ihren Idiolekt zeigen, und b) mit Details in → Kapitel 8.1.)
Mein besonderer Dank für wertvolle Mitarbeit, Hilfe, Korrekturen, Hinweise, Tipps, Beiträge, Anregungen, Unterstützung und Hilfe verschiedenster Art gilt Christine Mielsch, Prof. Dr. Hannes Kniffka, Prof. Dr. Martin Neef, Prof. Dr. Claus Scheier, Dr. Claudia Frenzel, Florian Herrnleben, Karin Königs, Britta Richarz, Manfred Zieger, Dr. Matthias Müller und Antonia Przybilski.
Braunschweig, im Mai 2024 Isabelle Thormann
Dieses Buch zeigt sowohl Leser:innen, die Linguistik studiert haben, als auch Angehörigen anderer Berufe (z. B. Richter:innen, Kriminalist:innen und Kriminolog:innen, Psycholog:innen und Informatikern und Informatikerinnen),
wie man anonyme Textverfasser:innen entlarven kann, also wie man in der forensischen Linguistik vorgeht, speziell bei der Authentizitätsfeststellung, und wie ein Gutachten entsteht, sowie
die typischen Fehler, die in der forensischen Linguistik gemacht werden.
Nach der Lektüre dieses Buches werden Sie Texte mit einem geschulten Blick betrachten, viel mehr entdecken als zuvor und die gefundenen sprachlichen Phänomene benennen können.
Innerhalb der verschiedenen linguistischen Disziplinen (Lexik, Syntax, Morphologie, Interpunktion, Orthografie) liegt in diesem Buch der Fokus auf dem Satzbau (Syntax). Ausführungen zu anderen Themen gehen daher nicht ins Detail; es gibt allerdings viele Hinweise und Tipps zum Weiterlesen und Weiterforschen.
Dieses Buch ist außerdem ein Kompendium zur deutschen Grammatik – mit besonderem Fokus auf Syntax. Der/die Leser:in wird verstehen, wie man einen Text erschließt und zerlegt, um den Idiolekt1 eines Textverfassers bzw. einer Textverfasserin festzustellen, also den individuellen Sprachgebrauch eines einzelnen Menschen mit allen intrinsischen Eigenschaften und Besonderheiten, die ihn von anderen Sprecher:innen/Schreiber:innen unterscheiden. Viele der längeren Grammatik-Erläuterungen finden sich in Kapitel 8.
Der jeweilige Untersuchungsgegenstand (z. B. die Reihenfolge der Satzteile) muss a) einen Namen haben und b) markiert, kodiert, beschrieben werden.
Dieses Bezeichnungs- und Kodierungs-System darf nicht zu komplex sein, damit der primäre Zweck dieses Buchs erfüllt wird, nämlich das
„Knacken“ eines Textes
Herausarbeiten des in dem Text verborgenen Idiolekts
Beschreiben und Darstellen der Befunde
Um diesen Spagat zu schaffen, also einerseits zu zeigen, wie man in der forensischen Linguistik und speziell bei der Authentizitätsfeststellung vorgeht, und andererseits die Vielzahl der sprachlichen Parameter sinnvoll zu beschreiben, stellt dieses Buch ein unkompliziertes Beschreibungs- und Kodierungssystem vor. Dieses enthält (für die forensische Linguistik wichtige) Vereinfachungen wie z. B. das Herausgreifen der Nebensatz-Art „Dass-Sätze“, weiterhin Tricks, Kniffe und „Abkürzungen“ bzw. Vereinfachungen, um den Idiolekt eines Verfassers zu erkennen, indem solche sprachlichen Phänomene herausgegriffen und genauer betrachtet werden, die erfahrungsgemäß häufig auftreten, wie z. B. eine auffällig häufige Verwendung des Wortes es.
Dieses Buch soll primär zeigen, welche Methoden in der forensischen Linguistik zur Verfügung stehen – hier speziell in der Authentizitätsfeststellung und wiederum speziell in der qualitativen Analyse und wiederum speziell bzgl. der Syntax.
Die Untersuchung von Texten wird – sinnvollerweise – nach Disziplinen bzw. Bereichen wie a) Textgestaltung/Typografie, b) Orthografie und Interpunktion, c) Morphologie (Konjugation, Deklination), d) Syntax, e) Semantik/Lexik unterteilt. Dabei ist jedoch unbedingt zu beachten, dass die Inhalte der Disziplinen sich gegenseitig bedingen. So ist ein Befund aus der Interpunktion bzgl. Komma-Setzung eng verknüpft mit den Befunden aus der Syntax, denn wenn jemand ein Komma an einer falschen Stelle setzt, vermutet er eine Satzgrenze, und wenn jemand kein Komma setzt, wo eines zu setzen wäre, hat er eine Satzgrenze nicht erkannt.
Wenn ein/e Textverfasser:in sehr häufig das Lexem es verwendet, und zwar in der Funktion eines Korrelats, das einen später im Satz folgenden semantischen Inhalt ankündigt, so ist das nicht nur ein Befund, der im Bereich der Lexik interessant ist, sondern besonders im Bereich der Syntax. Und wenn ein Text viele Fehler zum Thema dass/das aufweist, so ist das nicht nur ein interessanter Befund im Bereich der Orthografie und/oder Lexik bzw. Lexematik, sondern besonders im Bereich der Syntax.
Die Frage danach, ob das Pronomen Sie/sie korrekt groß- bzw. kleingeschrieben wird, betrifft die Bereiche der Wortwahl und Rechtschreibung, also der Lexik und der Orthografie, aber auch einen anderen Bereich, nämlich die Frage danach, wie ein/e Textverfasser:in mit dem Honorifikum umgeht (großgeschriebenes Personalpronomen, wenn es sich um die höfliche Anrede handelt und bedeutungsunterscheidend sein kann). Dabei stellt sich auch die Frage, wie ein/e Verfasser:in bei der höflichen Anrede mit der bedeutungsdifferenzierenden Groß- und Kleinschreibung (GKS) der Personal- und Possessivpronomen wie „Ihr/ihr“ umgeht, also ob er/sie (unbewusst) verständlichkeitssichernde Maßnahmen unternimmt und wie er/sie die nicht bedeutungsdifferenzierende GKS anderer Anrede-Pronomen handhabt („Du/du“). Das wiederum kann einen Hinweis auf das Alter des Verfassers darstellen.
Die Frage danach, ob indem vs. in dem (indem|in dem) als Beginn eines Nebensatzes korrekt differenziert wird, also korrekt getrennt oder auseinandergeschrieben wird, ist nicht nur eine orthografische Frage, sondern auch danach, ob – immer abgesehen von Performanzfehlern – ein/e Textverfasser:in versteht, ob er/sie eine Präposition mit einem Artikel (in dem) oder eine Konjunktion (indem) verwendet. In dem einen Fall ist es die Einleitung eines Relativsatzes (z. B. Ich suche einen You-Tube-Film, in dem das Petitionsrecht erklärt wird.), in dem anderen eines modalen bzw. instrumentalen Adverbialsatzes (z. B. Er hat seine Zustimmung gegeben, indem er den Arm hob.), und das bedeutet, dass es sich in dem einen Fall (bei dem Relativsatz in dem das Petitionsrecht erklärt wird) um ein Attribut, im anderen Fall (bei dem Adverbialsatz indem er genickt hat) um ein Adverbial handelt.
Viele Leser:innen möchten sicherlich erfahren, wie man ein forensisches Gutachten schreibt, wie man vorgeht, wie man ansetzt. Antworten darauf wird dieses Buch auch bieten; allerdings gibt es einige wichtige Begleitumstände und Bedingungen, die für eine erfolgreiche Arbeit geklärt bzw. erfüllt sein müssen und die nun – bevor wir „in medias res“ gehen – zunächst beleuchtet werden.
Es geht in diesem Buch nicht darum, anhand von Fehler-Beispielen aufzuzeigen, dass jemand Regeln nicht befolgt und in der Schule nicht aufgepasst hätte oder „ungebildet“ sei. Es wird nur deshalb auf die Regeln der deutschen Grammatik und der Rechtschreibung Bezug genommen, weil man eine Referenz bzw. einen Standard als Vergleichsgröße braucht, wenn jemand behauptet, er habe sich klar und verständlich ausgedrückt, obwohl bestimmte Leser seinen Text anders verstehen.
Nehmen wir als Beispiel das Personal- (und Possessiv-)Pronomen sie/Sie bzw. ihr/Ihr. Es wird kleingeschrieben, wenn eine dritte weibliche Person oder mehrere dritte Personen gemeint sind. Es wird großgeschrieben, wenn die angesprochene Person gemeint ist, die gesiezt wird, und wenn diese Bedeutung nur anhand der Groß- bzw. Kleinschreibung deutlich wird, also wenn die Schreibung bedeutungsdifferenzierend ist. Bei dem Satz Bei dem Unfall wurde Ihr Wagen beschädigt. ist nur klar, wessen Wagen beschädigt wurde, weil das „Ihr“ großgeschrieben wird. Wäre es kleingeschrieben (Bei dem Unfall wurde ihr Wagen beschädigt.), würde es sich um den Wagen einer weiblichen Person oder mehrerer anderer Personen handeln.
Es handelt sich auch nicht um ein Lehrbuch für korrekte Ausdrucksweisen. Ja, ein Lehrbuch ist dieses Buch schon, aber für forensische Linguistik. Die Absicht ist nicht, möglichst viele Deutsch-Sprecher:innen/‑Schreiber:innen dazu zu bewegen, bestimmte Ausdrucksweisen korrekt zu verwenden, z. B. dasselbe und das gleiche. Diese beiden Ausdrücke werden von so vielen Sprecher:innen und Schreiber:innen anders als ursprünglich vorgesehen verwendet, und es führt fast nie zu Missverständnissen. Wie jemand das handhabt, kann allerdings zur Identifizierung seines Idiolekts beitragen.
Es geht nicht um die Frage, ob eine Ausdrucksweise oder eine Variante besser ist oder ob gar eine Variante schlecht und etwa abzulehnen wäre. Es geht nur darum, ob eine – in jeglicher Weise – auffällige Ausdrucksweise dabei helfen kann, den Idiolekt eines Textverfassers festzustellen und damit zur Bestimmung des/der Verfasser:in eines inkriminierten Textes beizutragen oder ein Missverständnis aufzuklären.
Das Adjektiv inkriminiert bedeutet in Frage stehend, unklar, Gegenstand von (kriminaltechnischen) Ermittlungen/Untersuchungen, eventuelles Beweismittel, beschuldigt, verdächtig(t), beanstandet; als Adjektiv zu „Text“ ist die Bedeutung dann etwa: Text, der im Zusammenhang mit einer Straftat steht oder gar selbst eine Straftat darstellt und von einem unbekannten Verfasser stammt, bzw. ein Text, der vorsätzlich anonym verschickt wurde, oder ein Text, bei dem die Autorschaft in Zweifel gezogen wird.
Es geht auch nicht darum, ein Loblied auf bestimmte – allgemein als korrekt bezeichnete – Ausdrucksweisen zu singen, z. B. die End-Stellung des finiten Verbs im Adverbialsatz, speziell im Kausalsatz (Ich komme nicht mit, weil ich habe keine Zeit. vs. Ich komme nicht mit, weil ich keine Zeit habe.) und die Hauptsatz-Stellung nach der Konjunktion weil zu verteufeln.
Das ist ein Zeichen von Sprachwandel; die Verständlichkeit wird nicht beeinträchtigt. Weil-Sätze werden gebildet wie Sätze, die mit denn anfangen. Die Verständlichkeit wird dadurch nicht eingeschränkt.
Ich komme nicht mit, weil ich habe keine Zeit.
Hier soll es heißen […], weil ich keine Zeit habe.
Ich komme nicht mit, denn ich habe keine Zeit.
Mit denn hingegen ist es laut Duden korrekt.
Dieses Buch enthält zwar sehr viele Empfehlungen und nützliche Details zur Untersuchung von Texten und auch für das Erstellen von Gutachten, allerdings bietet es kein Beispiel eines „Durch-Exerzierens“ mit vollständigem Vergleich zweier Beispieltexte oder gar eines ganzen Gutachtens mit einer Authentizitätsfeststellung, was sich viele Leser:innen, speziell Studierende, sicherlich wünschen. Der Grund ist: Ich habe in der Lehre immer wieder festgestellt, dass sich Studierende zu stark an einem bestimmten Beispiel orientieren und einen neuen zu untersuchenden Text dann nach Kriterien untersuchen, die für einen anderen als Beispiel betrachteten Text sinnvoll waren. Es kann auch beobachtet werden, dass Deutsche, die in einem englischsprachigen Land (meist England) Forensische Linguistik studiert haben, die für die englische Sprache sinnvollen Kriterien auf deutsche Texte anwenden und bestimmte Aspekte – speziell in der Syntax bei der Abfolge der Satzteile – unbeachtet lassen.
Dieses Buch enthält eine Liste von 100 Fragen, die man an einen Text stellen kann und die hilft, bestimmte Inhalte „abzuarbeiten“. Jeder Text ist jedoch anders. Auf bestimmte Texte sind bestimmte Fragen der Liste anwendbar bzw. Aspekte genauer zu untersuchen. So kann es selbstverständlich vorkommen, dass die Frage danach, wie Zukünftiges sprachlich realisiert wird, nicht beantwortet werden kann bzw. mit „gar nicht“ zu beantworten ist, wenn der zu untersuchende Text keinen einzigen Vorkommensfall von Bericht über Zukünftiges enthält.
Dieses Buch kann auch nicht im Detail auf das große Thema der Implikationen, der (konversationellen und konventionellen) Implikaturen und Konnotationen bzw. Andeutungen eingehen. Wenn z. B. jemand sagt
Es freut mich, dass Tim sein Alkoholproblem nun endlich in den Griff bekommen zu haben scheint.
kann es sich um einen arglistigen Versuch eines Schreibers handeln, die Information (die stimmen oder auch nicht stimmen kann) zu implizieren, dass Tim überhaupt einmal (oder evtl. immer noch) ein Alkoholproblem hatte bzw. hat.
Dieses Buch geht nicht auf solche Phänomene wie Präsuppositionen, also implizite bzw. unterstellte Voraussetzungen für bestimmte Annahmen bzw. für das Gelten einer Aussage, also logische und psychologische Aspekte von Äußerungen ein. Das ist alles sehr interessant, jedoch viel zu komplex und zu weitreichend, als dass es in diesem Buch mit erörtert werden könnte. Außerdem sind diese Themen auch eher nicht Gegenstand der forensischen Linguistik, sondern der Text- und Psycholinguistik, Logik, Philosophie und Sprachpsychologie.
Dieses Buch kann leider auch keine detaillierten Ausführungen über bestimmte lexikalische Themen bieten wie Semasiologie (historische und kontrastive; die Lehre von den Wortbedeutungen und ihren Veränderungen), regionale Varianten (Austriazismen, Helvetismen usw., wie hervorragend aufgeführt im Varianten-Wörterbuch1), die Vorliebe bestimmter Verfasser:innen für bestimmte Lexeme wie z. B. die Beobachtung, dass ein/e Verfasser:in das Lexem beschließen gegenüber dem Lexem entscheiden bevorzugt (z. B. in Der Vorsitzende und ich haben diese Maßnahmen beschlossen/entschieden.) oder das interessante Thema der Interjektionen (z. B. sakra, Gott sei’s gedankt, ach Gottchen, meine Herren, Alter).
Leider kann ich in diesem Buch auch nicht auf so interessante Themen wie die linguistische Textanalyse (Brinker, Dressler, de Beaugrande usw.) und sprachliche Handlungsmuster (Peirce, Bühler usw.) eingehen, denn dort geht es um ganze Texte – bzw. auch um Kommunikation mit zwei oder mehr Beteiligten – und weniger um die Betrachtung einzelner Sätze und einzelner Phänomene. Auch das Grice’sche Kooperationsprinzip2 (frei übersetzt „Gestalte Deinen Gesprächsbeitrag so, wie es jeweils erforderlich ist, um den gemeinsamen Zweck der Konversation zu erreichen.“) und die Grice’schen Konversationsmaximen (Quantität, Qualität, Relevanz, Modalität) können nur knapp erwähnt werden, sind jedoch für die Authentizitätsfeststellung immer dann wichtig, wenn ein/e Textverfasser:in gegen diese Maxime (beispielsweise durch Pleonasmen oder Ambiguität) verstößt.
Leider ist auch kein Platz für viele interessante Themen der Psycholinguistik, der linguistischen Psychologie und der Kognitionspsychologie wie Einflüsse auf das Entstehen von Sprachkompetenz, ‑produktion, ‑störungen (einschließlich Aphasie), Zwei- und Mehrsprachigkeit, Neurolinguistik, kognitive Dissonanzen, das in letzter Zeit viel diskutierte (von dem Psychologen Derald Wing Sue ins Leben gerufene) Konzept der sprachlichen „Mikroaggression“ (mit Unterscheidung in „Microassaults“, „Microinsults“, „Microinvalidations“), Freud’sche Versprecher usw.
Das Thema Metaphorik, das zur Lexik und Semantik und auch Psycholinguistik gehört, wird erwähnt, weil auffällig stark metaphorischer Sprachgebrauch idiolektal sein kann; er kann auch ein Versuch des Verfassers sein, bestimmte nicht-metaphorische, deutlich-bezeichnende Ausdrucksweisen zu vermeiden, weil sie z. B. einen direkten Vorwurf oder etwas Peinliches darstellen würden. Die große interessante Welt der Metaphern kann jedoch nicht genauer betrachtet werden; so auch nicht Euphemismen (und Dysphemismen).
In diesem Buch werden Wörter und Ausdrucksweisen, die häufig vorkommen, wie folgt abgekürzt.
abgek.
abgekürzt
Abk.
Abkürzung
Akk.
Akkusativ
Achtg.
Achtung
altgr.
altgriechisch
bzgl., bez.
bezüglich
d. h.
das heißt
dgl.
dergleichen
evtl.
eventuell
Gen.
Genitiv
Ggs.
Gegensatz
griech.
griechisch
inkl.
inklusive/einschließlich
insb.
insbesondere
inkr.
inkriminiert
INKR
inkriminierter Text
KI
künstliche Intelligenz
kop.
kopula/Kopulaverb
jmdn.
jemanden
jmdm.
jemandem
jmds.
jemandes
lat.
lateinisch
neg.
negiert (verneint)
Pk
prädikativ
Präp.
Präposition
sog.
sogenannt (e/er/en usw.)
temp.
temporal
ugs.
umgangssprachlich
VGL
Vergleichstext(e)
Komma-Abkürzungen:
Kf
Komma fehlend
Kv
Komma vorhanden
Kvk
Komma vorhanden korrekt
Kvü
Komma vorhanden überflüssig
Kvk
Komma vorhanden korrekt
KS
Komma Sonderfall
v
vorne (z. B. Kf2v)
h
hinten (z. B. Kvüh)
Die Nomenklatur, die für das Arbeiten in der forensischen Linguistik empfohlen und im Kapitel zum Markierungssystem bzw. zur Kodierung erklärt wird, wird für alle Arten von Untersuchungen und Gutachten empfohlen und auch in diesem Buch verwendet. Somit macht sich der/die Leser:in beim Lesen dieses Buches gleich – gewissermaßen ohne bewusste Mühe – damit vertraut.
Es wird oft um die sog. inkriminierten Texte gehen (die, die mit einer Straftat zu tun haben oder eine Straftat darstellen und/oder von einer Person geschrieben wurden, die anonym bleiben möchte), außerdem um Vergleichstexte. Ich kürze sie ab mit INKR und VGL – ggf. VGL1, VGL2, VGL3 (ohne Leerzeichen zwischen dem „L“ und der Zahl).
In diesem Buch gibt es viele Stellen, an denen sich der/die Leser:in entscheiden kann, wie weit er/sie linguistisch in die Tiefe gehen möchte, auch weil sich dieses Buch sowohl an studierte Linguist:innen als auch an andere Berufsgruppen wie Jurist:innen, Polizist:innen, Psycholog:innen, Softwareentwickler:innen usw. richtet. Daher gibt es bestimmte Textteile, welche zwei „Les-Arten“ ermöglichen, und zwar grün für
schnelles Erfassen eines linguistischen Phänomens
und blau für
tieferen Einblick in die syntaktischen Eigenschaften einer Textsequenz
Wenn bei einer Textuntersuchung spezielle sprachliche Phänomene festgestellt werden, heißen diese Funde Inzidenzen. Wenn es jedoch wichtig ist zu unterscheiden, ob ein sprachliches Phänomen, z. B. das Plusquamperfekt, in einem untersuchten Text a) überhaupt vorkommt und b) in welcher Weise es vorkommt, wird zusätzlich der Terminus Vorkommensfälle verwendet. Ein Vorkommensfall bedeutet, dass das Phänomen überhaupt vorkommt, und die Inzidenzen sind die einzelnen Fälle, die auch in einer Tabelle mit einer Zahl angegeben werden. Meist genügt jedoch die Angabe der Inzidenzen, und das Wort Vorkommensfall wird gar nicht verwendet. Es kann auch den Fall der Synonymität geben, wenn beispielsweise festgestellt wird: In diesem Text gibt es keinen Vorkommensfall bzw. keine Inzidenz eines freien Dativs oder eines modalen Adverbialsatzes. Wenn bei einer Textanalyse festgestellt wird, dass in einem Text das Plusquamperfekt vorkommt und es beispielsweise einen Fall des Normverstoßes der Art „Plusquamperfekt statt Perfekt“ gibt und einen der Art „Präteritum statt Plusquamperfekt“, wird gesagt, dass es „den Vorkommensfall“ des Plusquamperfekts gibt, und zwar zwei Inzidenzen.
Wenn es um die Verwendung eines bestimmten Wortes geht, wird von dem Wort oft – eher linguistisch – als Lexem gesprochen.
Wort, Lexem, Lemma
Wort ist das umgangssprachliche Wort für das linguistische Wort Lexem. Außerdem gibt es das Wort Lemma(Plural Lemmata), das der wissenschaftliche Ausdruck für die Grundform, die Nennform, das Stichwort (etwa in einem Wörterbuch) ist.Die Unterscheidung zwischen Lemma und Lexem ist in der Lexikografie wichtig; in diesem Buch hingegen wird das Wort Lemma – auch aus Vereinfachungsgründen – selten verwendet1. Aber auch in der forensischen Linguistik, nämlich speziell bei den u. a. in der Authentizitätsfeststellung eingesetzten quantitativen Verfahren, ist die Unterscheidung wichtig (→ Kap. 1.12.1). Dort werden – hier etwas vereinfacht erklärt – die Lemmata als Token (in Beschreibungen von Texten und in diesem Buch auch als Inzidenzen) bezeichnet und die Lexeme als Types(in Beschreibungen von Texten und in diesem Buch auch als Vorkommensfälle) bezeichnet.
Zur Unterscheidung des Plurals Worte und Wörter siehe Kapitel 3.20.5.
Wenn ein Beispiel für eine Normabweichung gegeben wird, steht vor dem Satz ein Asterisk (Achtung: nicht „Asterix“!)2, ein kleines hochgestelltes Sternchen, das in der Linguistik für die Anzeige von etwas Normabweichendem verwendet wird. Wenn innerhalb eines solchen Satzes – fehlerhaft oder auch nur ambig – ein bestimmtes Wort oder eine Wortfolge wichtig ist, ist es/sie rot geschrieben, z. B.:
*Das hier ist unser Haupkonzept.
*Du hast mir gesagt, dass du dir das wünscht.
Sie waren stundenlang draußen, wonach sie sich erst einmal aufwärmen mussten.
Das Grillen ist ausgefallen, weil es geregnet hat.
Wenn innerhalb einer roten Wortfolge in einem Beispielsatz ein weiteres Wort oder eine Wortfolge wichtig ist (wie im folgenden Beispielsatz die Linksattribution innerhalb der [roten] Apposition), ist dies/e dunkelrot, z. B.:
Die Gelenkerkrankung Arthrose, ein das altersübliche Maß übersteigender Gelenkverschleiß, wird oft durch eine übermäßige Belastung wie zum Beispiel Übergewicht ausgelöst.
Wenn ein Beispielsatz verkürzt wiedergegeben wird, wird – wie in der wissenschaftlichen Literatur allgemein üblich – das Ausgelassene mit einem in eckigen Klammern stehenden Dreipunkt (auch Auslassungspunkte genannt) wie folgt dargestellt: […].3
Was die Schreibweise von Zahlen betrifft, so gab es früher eine Buchdruckerregel, nach der die Zahlen von 1 bis einschließlich 12 als Wörter (also eins, zwei, drei, zwölf) und nicht als Ziffern geschrieben werden sollten, die heute nicht mehr gilt; allerdings halten sich viele ältere Schreiber noch daran. In diesem Buch werden alle Zahlen als Ziffern geschrieben (also 1, 2, 3, 12).
Von den Leser:innen dieses Buches wird keine Kenntnis bestimmter Grammatik-Termini erwartet, schon gar nicht einer bestimmten Grammatiktheorie oder gar mehrerer (z. B. Dependenz, Valenz, generative Transformations-, Phrasenstruktur- bzw. Konstituentengrammatik, Chomsky, Glinz, Bondzio, Helbig/Buscha, Flämig, Montague und/oder Saussure, Kopenhagener, Genfer und Prager Schule oder Sprachdidaktik-Theorien).
Dieses Buch wird oft anmuten, es wäre ein Grammatik-Lehrbuch – wie ein Grundkurs mit einem Überblick über alles, was in der Grammatik vorkommt. Da es aber ein Buch über die forensische Linguistik mit einem besonderen Fokus auf qualitativen Verfahren zum Zweck der Authentizitätsfeststellung und die wichtige Rolle der Syntax ist, werden nur die für diese Zwecke wichtigen Aspekte beleuchtet.
Es wird eine vereinfachte Terminologie verwendet, und das Buch enthält eine vereinfachteDarstellung der Grammatik und speziell der Syntax. Beispielsweise werden die Bezeichnungen Hauptsatz und Nebensatz verwendet4.
Innerhalb des Themas Nebensätze gibt es wiederum den großen, wichtigen Typ der Inhaltssätze, von denen eine Unterart die – für die Zwecke der Authentizitätsfeststellung – besonders wichtigen (selbsterklärend so genannten) Dass-Sätze5 sind. Die für das Verstehen der Ausführungen über syntaktische (und morphologische und morphosyntaktische) Phänomene notwendigen Darstellungen und Erläuterungen der Strukturen finden sich in den Kapiteln 3.18.3.2, 5.21 und 8.12.7.
Für die Zwecke dieses Buches gibt es FÜNF Satzteile (Subjekt, Prädikat, Adverbial, Objekt und Prädikativ). Von der Bezeichnung Satzteil (maskulin, also der Satzteil) ist zu unterscheiden das Wort „Satzelement“ (welches in einem Satz wie z. B. „Bei der Verbklammer in diesem Satz stehen die Satzelemente weit auseinander.“ vorkommen kann, denn bei den hier genannten Satzelementen kann es sich z. B. um ein Adverbial und ein Verb in einem Nebensatz handeln [z. B. Bei dieser Tat sieht man, dass sie absichtlich, d. h. mit Vorsatz, also trotz der Kenntnis darüber, dass sie verboten bzw. rechtswidrig ist und dass auch jemand verletzt werden könnte, begangen wurde.]).
Die Wortarten sind – ebenfalls für die Zwecke dieses Buches etwas vereinfacht – in die folgenden ZEHN Arten unterteilt: Substantiv (auch „Nomen“; Jahr, Haus, Thema, Sand, …), Verb (sehen, lesen, …), Artikel (die, dem, ein, einem, …), Pronomen (ich, Sie, sein, jener, alle, sich, nichts, …), Adjektiv (gut, klein, …), Adverb (die auf Englisch auf ‑ly endenden; gern, schnell, leider, hier, …), Präposition (in, mit, gegen, wegen, …), Konjunktion (auch „Junktor“; weil, wenn, ob, dass, aber, …), Partikel (ja, doch, aber, hat, nicht, nur, ziemlich, so, sehr), Interjektion (tja, okay, ach, …).
Da dieses Buch keine vollständige Grammatikabhandlung ist, sondern ein Kompendium zur Anwendung der Verfahren in der forensischen Linguistik zum Identifizieren eines Idiolekts (mit speziellem Fokus auf Syntax), gibt es keine detaillierte Abhandlung aller Wortarten, zumal es dazu die genaue Abhandlung im Duden gibt und außerdem eine sehr sinnvolle Neukonzeptionierung von Neef (2023). Um allen Leser:innen dieses Buches gerecht zu werden, halte ich es für sinnvoll, die „althergebrachten“ Grammatik-Bezeichnungen zu verwenden. In diesem Buch werden diejenigen sprachlichen Phänomene genauer beleuchtet, deren Kenntnis für die Zwecke der forensischen Linguistik erforderlich ist.
Die in diesem Buch verwendete Terminologie setzt auch nicht die Kenntnis des sog. „Feldermodells“ (auch „topologisches“ Modell genannt) voraus, welches den Satz in Vor-, Mittel- und Nachfeld unterteilt. Das Feldermodell ist hier nicht sinnvoll, weil es in diesem Buch oft um elliptische (unvollständige) Sätze und solche Sätze geht, bei denen sowohl das Mittelfeld als auch das Nachfeld unbesetzt sind, der Satz insgesamt jedoch relativ lang ist (z. B. Dass arbeitslose Eltern das Kindergeld für Alkohol statt für die Bedürfnisse ihrer Kinder ausgeben, kommt leider immer wieder vor.). Bezeichnungen aus dem Feldermodell werden also selten verwendet, und zwar dann, wenn ein Hinweis für Kenner des Modells hilfreich erscheint.
Zum Thema Satzbau könnte man auch Ausführungen über Satzlänge, Anzahl von Wörtern und Buchstaben usw. erwarten. Dieses Thema wird in den Kapiteln zur Gestalt eines Textes, Textkonstitution Textstruktur usw. (→ Kap. 1.8.1 und 8.10 behandelt.
Da dieses Buch kein grammatischer Grundkurs ist, sondern ein Buch, das grammatische Erklärungen für die Zwecke der Authentizitätsfeststellung enthält, kommen Erklärungen zu den verschiedenen Wortarten (z. B. Modalpartikeln) oft (erst oder bereits) dort vor, wo es um die Positionierung und Funktion in einem Satz bzw. Text geht.
Normalerweise gilt in der Linguistik die Maxime „keine Einzelsatzbetrachtung ohne Kontext“. Da es in diesem Buch jedoch primär um Satzbau geht, also um das Erkennen idiolektaler Präferenzen für bestimmte Ausdrucksweisen speziell bei der Konstruktion von Sätzen, werden Einzelsätze betrachtet. Es geht nicht um die interessante Disziplin der Textlinguistik, d. h. es werden selten Bezüge innerhalb von Texten (oder Dialogen) betrachtet. Allerdings würden die Betrachtungen wesentlich zu kurz greifen, und wichtige Aspekte würden außer Acht gelassen, wenn ausschließlich einzelne Sätze betrachtet und die semantischen Beziehungen zwischen Sätzen (die intersententialen6 Bezüge [gegenüber den intrasententialen Bezügen]) vernachlässigt oder ganz ignoriert würden. Bei strenger Einzelsatzbetrachtung würde z. B. dieser Satz einbezogen werden:
Es ist inakzeptabel, dass er immer auf dem neuen Praktikanten rumhackt.
diese zwei Sätze jedoch nicht:
Er hackt immer auf dem neuen Praktikanten rum. Das ist inakzeptabel.
Für die Authentizitätsfeststellung ist es jedoch sehr wichtig und interessant, wie ein/e Verfasser:in kausale Zusammenhänge darstellt. Daher werden in begrenztem Rahmen auch Textsequenzen bzw. „Nachbarsätze“ von betrachteten Sätzen berücksichtigt.
Es geht oft um die Kommasetzung, also um die Frage, ob und warum ein Komma gesetzt wurde oder fehlt (sonst in der linguistischen Fachliteratur auch „Kommatierung“ genannt, siehe auch Berg 2023, Kap. 8). Für die Stelle in den Beispielsätzen, bei der es um die Frage geht „Komma oder nicht?“ verwende ich dieses Zeichen: [[,]].
Es kommen relativ oft Beispielsätze mit einem fehlenden Komma vor. Dafür wird dieses Zeichen verwendet: [[KommaFehlt]] z. B. in: Dass er nicht mehr da arbeitet [[KommaFehlt]] habe ich nicht gewusst. oder in Er war davon ausgegangen, dass in dem Konferenzraum ein Beamer vorhanden ist [[KommaFehlt]] und hatte keinen mitgebracht.
Für ein überflüssiges Komma, also ein fälschlicherweise gesetztes Komma, wird dieses Zeichen verwendet: [[KommaÜberfl]], z. B. in: Nach der langen Diskussion mit Tim und seinem Bruder [[KommaÜberfl]] informierte ich Herrn Mewes. oder in Er ist schon fast genauso gerissen [[KommaÜberfl]] wie sein älterer Bruder.
Für Fälle, in denen an einer bestimmten Stelle im Satz ein Komma optional ist, wird dieses Zeichen verwendet [[KommaOpt]].
Wenn ich etwas genauer werden und anzeigen möchte, dass es sich um ein Komma vor einem Nebensatz bzw. einem untergeordneten Element (z. B. einer Apposition) handelt, verwende ich dieses Zeichen: [[[,], und für das Pendant, also das Komma am Ende eines Nebensatzes bzw. eines untergeordneten Elements, verwende ich dieses Zeichen: [,]]]. Am Rande bemerkt: Die „Komma-Stelle“ am Ende ist in der Authentizitätsfeststellung in der forensischen Linguistik besonders interessant, weil es idiolektal sein kann, wenn an diesen Stellen das Komma vergessen wird.
In diesem Buch gibt es zwei Arten von Kästen:
Kästen für Definitionen, Merkhilfen und andere wichtige Hinweise:
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Kästen für (längere) Beispieltexte:
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Die forensische Linguistik, auch kriminalistische Sprachwissenschaft, ist eine
Teildisziplin der Forensik und somit eine forensische Methode und
Teildisziplin der Angewandten Linguistik.
Bei der forensischen Linguistik wird die Sprachwissenschaft zur Aufklärung krimineller Handlungen, zur Identifizierung von Straftätern und für die Rechtsprechung eingesetzt.
Unter den forensischen Linguist:innen1 herrscht keine Einigkeit darüber, wie die Teildisziplinen zu strukturieren sind. Das ist tatsächlich ein sehr schwieriges Unterfangen. Bei der folgenden Auflistung handelt es sich um eine Fassung, die ich befürworte, allerdings nicht für endgültig ausgereift halte. Die größte Schwäche solcher Auflistungen ist die Ungleichheit der Kategoriebildung, bei der es sich teilweise um die Benennung von Handlungen von Linguist:innen (z. B. Authentizitätsfeststellung), teilweise um die Benennung von Handlungen von Kriminellen (z. B. kodierte Absprachen), teilweise um Textarten (z. B. Verfügungen) handelt.
Das Fachgebiet „Rechtssprache“, also der Gebrauch der Fachsprache des Rechts einschließlich des entsprechenden Lehrens, wird in deutschsprachigen Ländern oft nicht als zur forensischen Linguistik gehörig angesehen.
Teildisziplinen der forensischen Linguistik
Sprache (speziell Texte) als Medium kriminellen Handelns und Sprache (speziell Texte) als Streit- und Untersuchungsgegenstand
Authentizitätsfeststellung (Autorschaftsermittlung, Autorenerkennung, -bestimmung, Urheberschaftsfragen, Identifizieren des Idiolekts, engl. „authorship attribution“)
Hasskriminalität bzw. „hate speech“ wie Bedrohung, Erpressung, Ehrverletzungsdelikte (Beleidigung, üble Nachrede, Verleumdung), Bestechung(-sversuch), Mobbing, Nötigung(-sversuch), Hetz-/Schmutzkampagnen, Volksverhetzung, Anstiftung, IT-Angriffe mittels Ransomware, Stalking, Mitteilungen aller Art unter Alibi-Namen (auch nach Übernahme von Internetpräsenzen und Missbrauch von E-Mail-Adressen)
Texte aller Art als Beweismittel vor Gericht und für die Gewalt- und Betrugs-Prävention, mutmaßlich gefälschte Verträge, Verfügungen von Todes wegen/Testamente, (kodierte) Absprachen und Handel (Drogen, kinderpornografisches Material usw.) im Darknet und Planung terroristischer Handlungen, Vortäuschen einer Straftat, Liebesbetrug bzw. Love-/Romance-Scamming (engl. „scam“ heißt „Betrug“)
Texte auf Beurteilungs-Plattformen und Kundenbewertungs-Portalen
Texte als illokutive und perlokutive Sprechakte (über Sprache vollzogene Handlungen)
Fälschungs-Erkennung (u. a. Urkunden, Zeugnisse; Abschiedsbrief bei Suizid evtl. erzwungen, echtes Bekennerschreiben vs. Trittbrettfahrertexte, Selbstbezichtigungsschreiben, Bezichtigungen anderer Personen, Hinweisgeberschreiben)
Stilistische quantitative Analysen großer Textvolumen, Korpuslinguistik, Stilometrie, Erkennen von Themen, Verwendung und Frequenz bestimmter Phrasen, Wörter, sprachlicher Muster; Sprachgebrauch in sozialen Kontexten, Absprachen, Geheimsprachen, linguistische Diskursanalyse; speziell wenn große Textvolumen vorliegen und Eile geboten ist
Erkennung dezeptiver Strategien (Verstellung, z. B. Deutsch als Muttersprache vs. Deutsch als Fremdsprache; Tarnung von Verfasser:innen spez. bei Erpressung, Nötigung und anonymer Bedrohung)
Plagiat-Erkennung (Literatur, Wissenschaft, akademische Arbeiten)
Hand- und Maschinenschrift-Untersuchung (kriminaltechnische Untersuchungen [Schreibsysteme, MIC/ [Machine Identification Code], „tracking dots“ bei Farbausdrucken), Forensische Handschriftenanalyse (ca. Graphologie)
Kurz-Mitteilungen aller Art (mit besonderer Berücksichtigung von Textsorten und Medien/Social Media wie Tweets, Facebook-, Instagram-, WhatsApp-, Tiktok-Nachrichten, Chatroom-Inhalten, Memes)
Feststellen von Ambiguitäten und Unklarheiten in Texten, Feststellen von Diskrepanz bzw. Differenz zwischen intendierter und realisierter Bedeutung, Erkennen von Missverständnissen in Kommunikation (spez. Korrespondenz), bei illokutiven (handlungsvollziehenden) Sprechakten Diskrepanz zwischen Sprechhandlungsabsicht und tatsächlicher Wirkung der Äußerung (Perlokution)
Beurteilung von Text-Verständlichkeit (Behördenanschreiben, z. B. Bescheid, Belehrung, Gesetzestexte, Protokolle [Vernehmungsprotokolle: Beschuldigten-, Zeugenvernehmung], Beschilderung (evtl. irreführend, missverständlich)
Glaubhaftigkeits-Beurteilung (spez. v. Zeugenaussagen [Undeutsch-Hypothese2]; merkmalsorientierte Inhaltsanalyse, international CBCA [criteria-based content analysis], Lügen-Erkennung, Erkennen von Befangenheit), Glaubwürdigkeits-Beurteilung (Kriminalpsychologie, Psycholinguistik, linguistische Psychologie)
Erkennen von Social Bots
Psycholinguistik (forensische Psychologie, kognitive Linguistik, Sprach-/Textpsychologie, Psyketing [Psychologie u. Marketing]) für die Ursachen bestimmter Ausdrucksweisen; Diskriminierung durch sprachl. Ausdrucksweisen usw.
Texte im Marken- und Patentrecht
Phonologie und Phonetik (Stimm-Erkennung, -Vergleich, Sprecherprofile [„Profiling“]), speziell: Wurde KI für den „Enkeltrick“ o. Ä. verwendet (Deepfake3)?
Transkription (von Audio-Aufzeichnungen, von Handschriftlichem)
Rechtslinguistik, Kompetenzen der Kommunikationsbeteiligten
Vereinbarungen, Verträge, Definitionen, Versicherungskonditionen, Anweisungen, Verbraucherinformationen, Instruktionen aller Art, Gebrauchsanweisung, Beipackzettel [evtl. irreführend, missverständlich], Zeugnisformulierungen
Beleidigende [u. a. Anspielungen enthaltende] veröffentlichte Texte [auch Rapsong-Texte], Plakate
Vernehmungsmethodik (Fragearten, spez. Vorhalte- und Suggestivfragen)
Wirkung von sprachlichen Äußerungen (spez. Texte), sprachliches Verhalten bei der Polizei und im Gerichtssaal
Sprechhandlungen durch die Exekutive (Polizei), Judikative (Gericht) und der Organe der Rechtspflege; von Sachverständigen (Darstellung, Schlüssigkeit, Beweiskraft von Aussagen), Befehl, Anordnung, Beweisbeschluss, Umgang mit Verbrechensopfern, Zeugen (spez. Kindern) und Minderheiten vor Gericht
Gefährderansprache (und -anschreiben), Geständnis, Rechtsbeugung, Einschüchterung, „Sanktionsschere“ (Rechtswidrigkeit von Verständigung zwischen Gericht und Verfahrensbeteiligten im Strafverfahren), innere Schlüssigkeit und möglicher Widerspruch zum Akteninhalt, Transparenz- und Mitteilungsgebote, das „letzte Wort“ des Angeklagten vor der Urteilsfindung
Besonderheiten bestimmter Sprecher:innen/Schreiber:innen (traumatisierte Personen/Opfer, Kinder, Menschen mit kognitiven Einschränkungen im weitesten Sinne (nach Schlaganfall usw.), Notwendigkeit „leichter (oder einfacher) Sprache“
Verdolmetschung, Übersetzung
Sprache als Beschreibungs- und Schulungsgegenstand
Schulung von Nicht-Jurist:innen (Sachverständigen, Dolmetscher:innen und Übersetzer:innen); „Rechtssprache“ (Umfang, Didaktik usw.)
Eine Auflistung von Teildisziplinen ist in jedem Fach sehr schwierig, weil eine solche Liste unterschiedliche Dinge beinhaltet, also z. B. einerseits, womit sich bestimmte Unter-Teildisziplinen befassen, andererseits Objekte und Gegenstände. Ein Abschiedsbrief ist ein Gegenstand, Love-Scamming hingegen ist ein Verhalten, bei dem sprachliche Produkte erstellt werden. Ein Social Bot ist ein Verursacher bestimmter Texte (wobei bot eine Kurzform des englischen Wortes robot ist), manche Menschen bezeichnen jedoch die sprachlichen Äußerungen eines Bots als Bot. Verdolmetschung ist rein mündlich, Übersetzungen sind schriftlich. Und selbstverständlich gibt es Überschneidungen, beispielsweise im Bereich der Kriminalpsychologie, Psycholinguistik und der linguistischen Psychologie, u. a. bei Fragen der Glaubhaftigkeit (von Aussagen) und Glaubwürdigkeit (von Sprecher:innen und Schreiber:innen), denn die Glaubwürdigkeit einer Person bedingt die Glaubhaftigkeit ihrer Aussage(n). Und Mängel bei der Schulung von Dolmetscher:innen in „Rechtssprache“ können zu einer bestimmten (nachteiligen) Wirkung ihrer Aussagen vor Gericht führen (z. B. auf einen Angeklagten oder eine/n Richter:in); somit gibt es hier eine Überschneidung von Sprache als Schulungsgegenstand und Sprache und ihre Wirkung bei der Polizei und im Gerichtssaal.
Zu den forensischen Nachbargebieten und den Methoden gehören – sehr grob unterteilt und hier nur der Vollständigkeit halber aufgeführt: Rechtsmedizin (mit DNA-Analytik, Thanatologie [Sterbeforschung], Pathologie [Rückverfolgung von Krankheiten], Traumatologie [Unfall- und Verletzungs-(Heil-)Kunde], Hämatologie [Blutkunde], Odontologie [Zahnkunde], Verkehrsmedizin [u. a. zu Fahrtüchtigkeitsfragen], Sexualmedizin), Ballistik (Wissenschaft von Geworfenem und Geschossenem einschließlich Schusswaffen und Munition), Pyrotechnik (Explosionserforschung), Anthropologie (Menschenkunde mit Gesichtsrekonstruktion und Leichenidentifizierung anhand von Knochen), Chemie (mit Toxikologie [Giftkunde und Betäubungsmittelkunde]), Daktyloskopie (Identitätsnachweis über Fingerabdrücke), Biologie (mit DNA-Analytik, Entomologie [Insektenkunde]), Mechanik, Optik, Spurenanalytik und -Sicherung (mit technischen Spuren wie Unfall, Schuh/Fuß, Fahrzeug/Reifen, Prägung, Eindruck, Abdruck, Gleit, Zieh, Schnitt, Bohr, Säge, Tropf, Bruch, Riss, Passspuren, Gegenstandsidentifizierung, Digitalelektronik, Rasterelektronenmikroskopie, Röntgenanalytik [auch bei Fälschungen von Gemälden]), Daten-, Papier-, Druck- und Urkundenanalytik, Personenidentifikation/Bildanalytik, Neurologie, Soziologie und Soziolinguistik, Psychiatrie und Psychotherapie, Psychologie (mit Tätertypologie, operativer Fallanalyse, Profiling, Glaubhaftigkeits- und Glaubwürdigkeits-Beurteilung), außerdem Cyberforensik (zu Problemen wie Hacking, Computersabotage, Bot-Netzen, Cyberterrorismus, Mobbing [engl. Bullying], Stalking, Grooming [vorgetäuschte Freundschafts-Anbahnung über soziale Medien zum späteren Ausnutzen von Vertrauen u. a. von Pädophilen, also Erwachsenen mit sexueller Neigung zu Kindern], Sexting [sexuell motivierte Messages], Loverboy-Anbahnung, Sextortion [Erpressung mit der Androhung der Veröffentlichung von Nacktfotos usw.]).
Die häufigsten Aufträge für Gutachten in der forensischen Linguistik sind dieser Art (wobei unter den im Folgenden aufgeführten die Authentizitätsfeststellung die deutlich häufigste Aufgabe ist):
Authentizitätsfeststellung (aus vielen Gründen, die in diesem Buch erläutert werden; u. a. Bedrohung, Behauptungen aller Art, Erpressung, Mobbing, Erbstreitigkeiten),
Sonderfall: Identifizieren von Liebesbetrug bzw. Romance-Scamming1 (auch „Catfishing“ und „Love-Scamming“ genannt – mit Love-Bombing2, Mosting3, Negging4), Cybermobbing, Gangstalking5, Trolling6; außerdem verschiedene Formen des Phishing (also der Versuch, an sensible Daten des Empfängers zu gelangen oder Malware zu verbreiten oder den/die Empfänger:in dazu zu bewegen, Geldüberweisungen zu tätigen), z. B. Smishing7 (SMS-Abzocke bzw. Versuch, an Daten zu gelangen); Spear-Phishing8 (gezielter E-Mail-Betrug bzw. Cyberangriff; sorgfältig recherchierte und ausgewählte Unternehmen erhalten E-Mails, die auf sie persönlich zugeschnitten sind und sehr glaubwürdig wirken); Whaling (wie beim Walfang, bei dem Wale für ihren Tran getötet werden, Kontakt von vermeintlich hochrangigen Personen an hochrangige Mitarbeiter („social engineering“) eines Unternehmens [„große Fische“] mit der Absicht, vertrauliche Daten bzw. Geld bzw. Zugriff auf Computersysteme zu erlangen)
Feststellung, ob bzw. in welchem Umfang ein Text von einer anderen Person verfasst wurde als vorgegeben (z. B. ein wesentlich älterer Mann als ein junger beim [Cyber-]Grooming9, der sexuelle Kontakte mit meist Minderjährigen anbahnt, oder ein junger afrikanischer [oft nigerianischer] Mann statt eines älteren amerikanischen oder britischen Geschäftsmanns beim Love-Scamming)
Sprachprofiling (auch „Autorenprofilerstellung“; ähnlich wie Authentizitätsfeststellung, aber ohne Textvergleich), Text-Mining (u. a. Sentimentanalyse [Feststellen, in welcher emotionalen Verfassung der/die Textverfasser:in beim Schreiben eines Textes war])
Auslegung10 bestimmter Textpassagen einer Vereinbarung11, Absichtserklärung, Aussage oder eines anderen Textes (mit Einschätzung des sich aus § 333 und 157 BGB ergebenden sog. „objektiven Empfängerhorizonts“ [das „Gewollte“ einer Willenserklärung]) und/oder Beurteilung, wie weitgehend Verständlichkeitssicherung unterlassen wurde. Ein Beispiel: Jemand, der zu einer Beratungsleistung verpflichtet ist, schreibt, er habe einige vereinbarte Beratungstermine zwischenzeitlich stornieren müssen. Wie meint er „zwischenzeitlich“? Wurde der Beratungstermin verschoben oder vollkommen storniert?
Durchsuchen eines Textes (bzw. vieler Texte, meist großer Textvolumina primär mit quantitativen Methoden) auf bestimmte Themen, z. B. „schädigende Sprache“ (Hassrede, Einschüchterung), Terrorismus-Absprachen und andere Straftaten vorbereitende kodifizierte Mitteilungen, Erkennen von Bots
Beurteilung der Verständlichkeit einer Anweisung oder Information (u. a. Belehrung, Rechte eines Angeklagten, US: Miranda-Formel), Behördenanschreiben, Beurteilung, ob bei einer Vernehmung die Informations- bzw. Manuduktionspflicht und andere Vorgaben eingehalten wurden (ob offene, geschlossene, rhetorische, Fang-, Vorhalte- und/oder Suggestivfragen gestellt wurden) und/oder des sprachlichen Verhaltens von Mitarbeiter:innen der Exekutive (und Judikative) gegenüber abhängigen (evtl. benachteiligten) Personen (u. a. Kindern, traumatisierten Personen), Identifizieren von einschüchternden bzw. bedrohenden Ausdrucksweisen, Schlüssigkeit und Verständlichkeit von (schriftlichen und mündlichen) Aussagen von Sachverständigen
Identifizieren etwaiger illegaler, mehr oder weniger stark kodifizierter Insiderinformationen über börsennotierte Unternehmen und bevorstehende Veränderungen im Aktienmarkt und somit Tipps zum Aktien(ver)kauf
Beurteilung von Ehrverletzung (Beleidigung, üble Nachrede, Verleumdung, Schmähkritik), Identifizieren von in veröffentlichten Texten enthaltenen diffamierenden Anspielungen bzw. Andeutungen [Innuendo], evtl. Volksverhetzung
Beurteilung, ob es sich bei einem Text um eine versuchte (indirekte) Bestechung (nicht nur von Amtsträgern) handelt, also das Anbieten eines Vorteils (z. B. eines Geldbetrags), um eine pflichtwidrige Handlung zu erwirken und somit einen materiellen oder immateriellen Vorteil zu erlangen. Indirekte versuchte Bestechung nennt man auf Englisch „veiled bribe“ („mit einem Schleier verhüllte Bestechung“), offene Bestechung „naked bribe“.
Feststellen von Missverständnissen (z. B. in E-Mail-Korrespondenz zwischen Auftraggeber und Dienstleister)
Patentrecht, z. B. Feststellung des Bedeutungsunterschieds zwischen Bezeichnungen bzw. Wörtern in der Beschreibung eines Patentobjekts im Kontext eines Streits um ein deutsches Patent
Feststellung des Bedeutungsumfangs bestimmter Leistungsbezeichnungen, z. B. bei Abrechnungsfragen (z. B. Krankenhaus u. Krankenkasse)
Plagiats-Feststellung
Beurteilung der Qualität von von Textern erstellten Texten (z. B. im Marketing, spez. in sozialen Medien)
Beurteilung der Verständlichkeit und/oder Bedeutung von Äußerungen bei eingeschränktem Sprachvermögen (z. B. nach einem Schlaganfall, Trauma, Menschen mit kognitiven Einschränkungen)
Wenn die Rede von „Text“ ist, so ist damit gemeint: jede Art schriftlich produzierter Äußerungen, meist bestehend aus mehreren inhaltlich zusammenhängenden Sätzen bzw. – im Fall von (auch sehr kurzen) Ellipsen – satzwertigen sprachlichen Einheiten. In Ausnahmefällen zählen dazu auch einzelne, nicht zusammenhängende, sehr kurze und elliptische schriftliche Äußerungen, denen nach manchen Theorien der Textlinguistik keine „Textualität“ zuerkannt würde.
Bei der Terminologie in diesem Fachgebiet hat sich die Notwendigkeit einer Veränderung gezeigt, und zwar wegen
des Genderns und
der bedeutenden Rolle der KI.
Die häufig verwendeten Bezeichnungen Autor, Verfasser und Urheber und die entsprechenden Pluralformen als Teil der Komposita Autor(en)erkennung bzw. ‑bestimmung bzw. Verfassererkennung bzw ‑bestimmung bzw. Urheber(schafts)erkennung bzw ‑bestimmung bzw -fragen enthalten alle als vorderes Element ein maskulines Substantiv, das impliziert, dass es immer Herren sind, die mittels Texten kriminell handeln. Auch die diversen Geschlechter werden ausgeschlossen. Eine geschlechtergerechte Ausdrucksweise mit diesen Lexemen wäre sehr umständlich (Autoren- bzw. Autorinnen-Erkennung und -bestimmung, Urheber:innen-Fragen). Daher wähle ich den Terminus Authentizitätsfeststellung und bezeichne damit genau das, was auf Englisch mit authorship attribution gemeint ist.1
Beim Sprachprofiling (auch „Autorenprofilerstellung“, auch „Autorenprofiling“) werden nicht verschiedene Texte miteinander verglichen (also ein inkriminierter Text mit einem oder mehreren Vergleichstexten), sondern es wird (werden) ein Text (oder mehrere Texte) von einem Verfasser, der anonym bleiben will, untersucht. Über die sprachlichen Merkmale, die bei dieser Untersuchung festgestellt werden, kann dann auf bestimmte Eigenschaften des Verfassers wie Herkunft und ggf. Muttersprache, Persönlichkeitsmerkmale, Sozialisation1, Alter, Geschlecht, Ausbildung, Fachkenntnisse, Erfahrung in der Textproduktion, Bildungsstand usw. und so auch auf eine Gruppenzugehörigkeit geschlossen werden (ideologischer, politischer, religiöser, sozialer, regionaler Art usw.). Es wird also eine Textanalyse durchgeführt (und nicht ein Textvergleich wie bei der Authentizitätsfeststellung).
Weder der Terminus bzw. die Bezeichnung Sprachprofiling noch Autorenprofilerstellung ist als Synonym für Authentizitätsfeststellung geeignet, denn beim Sprachprofiling bzw. der Autorenprofilerstellung wird ein besonders breites Spektrum von Untersuchungen zum Identifizieren sprachlicher Auffälligkeiten eingesetzt, um die Eigenschaften einer Person, die beispielsweise einen anonymen Drohbrief verfasst haben könnte, zu erahnen, wenn kein konkreter Verdacht bzgl. einer Person oder Personengruppe vorliegt (bzw. wenn – auch bei Verdacht – keine Vergleichstexte beschafft werden können). Zu den Fragen gehören alle Fragen des Fragenkatalogs in Kapitel 1.9 „Hundert Fragen zu einem Text“. Besondere (bzw. weitere) Aufmerksamkeit gilt hier Hinweisen auf das Alter und auf eine etwaige Zugehörigkeit zu bestimmten Gruppen, Parteien oder Verbänden, auf den Bildungsstand, auf Fachkenntnisse bzw. eine Ausbildung oder einen Beruf – und der Frage nach der Ernsthaftigkeit einer formulierten Drohung. Hier werden typischerweise zu den linguistischen auch kriminalpsychologische Kenntnisse (eines hinzuzuziehenden Experten) einbezogen.
Authentizitätsfeststellung hingegen zielt darauf ab, eine/n anonyme/n Textverfasser:in zu identifizieren, indem dessen/deren Sprach- bzw. Schreibstil mit dem Stil eines Vergleichstextes (oder von Vergleichstexten) verglichen wird, der (die) von dieser Person geschrieben wurde(n).
Es gibt unterschiedliche Fehlannahmen über das, was die forensische Linguistik leisten kann. Die häufigsten davon finden Sie unten aufgelistet. Mit der Lektüre des Buches wird hoffentlich klarer, warum diese Annahmen falsch sind, was die forensische Linguistik wirklich leisten kann und wie sie dabei vorgeht.:
Forensische Linguist:innen können anhand der Ausdrucksweise in einem Text feststellen, wer ihn geschrieben hat.
Wenn Kriminelle dieses Buch lesen, können sie danach einen Erpresserbrief so schreiben, dass sie nicht erwischt werden.
Wenn jemand sich geschickt verstellt, können Linguist:innen keinen Idiolekt feststellen, speziell wenn Personen mit Deutsch als Muttersprache den Anschein erwecken wollen, ein Text sei von jemandem verfassst worden, für den Deutsch eine Fremdsprache ist.
Wenn Linguist:innen in einem Text sprachliche Besonderheiten feststellen, kann ein Gericht eine/n Angeklagte/n „festnageln“, und es ist – wie beim Fingerabdruck – sicher, dass er/sie es war.
Personen, deren Texte analysiert werden, haben alle einen niedrigen Bildungsstand.
Wenn jemand in Social Media nur sehr kurze Mitteilungen schickt, also keine vollständigen Sätze, sondern nur Ellipsen, kann kein Idiolekt festgestellt werden – zumindest nicht durch Syntax-Untersuchungen.
Wenn man feststellen will, wie gebildet Textverfasser:innen sind, kann man die Kommata in dem betroffenen Text zählen und weiß dann, wie gut die Person in Grammatik bzw. im Satzbau ist. Wenn jemand viele Kommata setzt, konstruiert er verschachtelte Sätze, und das ist ein Zeichen dafür, dass er/sie Satzbau kann.
Wenn ein Text sehr viele und gravierende Fehler enthält, kann man nicht mehr unterscheiden, ob er von einem Nicht-Muttersprachler geschrieben wurde oder von jmdm. mit niedrigem Bildungsstand.
Es kommt vor, dass sich Textverfasser:innen selbst verraten. Eine Person will eigentlich nicht, dass jemand ahnt, wo sie aufgewachsen ist, schreibt aber z. B. aus Versehen Ich würde auszucken. und gibt durch diesen nur in Österreich gebräuchlichen Ausdruck zu erkennen, dass sie von dort stammt oder dort lange gewohnt hat.
Die forensischen Linguist:innen sind in zwei Lager gespalten: diejenigen, die quantitative Verfahren für besser halten, und diejenigen, die qualitative Verfahren für besser halten.