Taumellyrik - Andreas Vierk - E-Book

Taumellyrik E-Book

Andreas Vierk

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Beschreibung

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Mond spielt seine Mandoline,

füllt das Tal mit See.

Duft von Pflaume, Mandarine,

Taumel einer Honigbiene

tun den Sinnen weh,

weil es heute Abschied nimmt,

schnürt ja schon den Schuh.

Stern erstickt im Abendzimt.

Wenn der letzte Docht verglimmt,

wirft’s mir Küsse zu.

Lyrik schmilzt dein Nachtgesicht

in die hellen Schleier

ihrer Quelle. Dein Gedicht

ist den Lippen Glanz und Licht,

Vogellaut der Leier.

In sich selber tief genug,

Blitz und steile Bahn,

fern von Hass und Selbstbetrug,

sieht in deinem Düsenflug

sie einen Goldfasan.

In den Versen taumeln trunken

Nachtigall und Klinge,

in der warmen Nacht versunken.

Lyrik will den Pinsel tunken

in die Wasserringe.

Lichter drehn in Wasserkreisen,

Flut ertrinkt in mir.

Schwingen muss ich von mir weisen.

Sinne gehn auf blaue Reisen,

ankern dennoch hier.

Tag erwacht am Honigpier

meiner Sonnenstirn.

Lungen atmen Sang von dir,

Alte Welt. In neuer Gier

will ich mich verirr’n!

Atem steigt in mein Gehirn:

Zwitschern wie von Meisen,

kobaltgraues Flügelschwirr’n,

Düfte, die sich selbst entwirr’n,

ihre Gärten preisen!

Leergefegte tiefe Bläue:

Stiller Ozean,

bliebe bei mir deine Treue,

Tag für Tag dein Rausch aufs Neue

auf der Nervenbahn!

Flammen auf den Fingernägeln

lassen mich erzittern,

wenn auf hellen Sonnensegeln,

gegen alle Kraft und Regeln,

Strahlen windverwittern.

Wie ein Mal auf einer Wange

bebt des Tages Mond.

Lichtes Opium wirkt lange.

Tanz an unsichtbarer Stange,

du, die in mir wohnt!

Heiße Kirschen, Haselnüsse

strömen durch das Sein,

Sommergluten, Lavaküsse,

Stunden wie Pistolenschüsse,

helle Daseinspein.

Drosseln blühn in Hosentaschen,

flügge hinzusterben.

Boote knospen bunt in Laschen.

Blaue Flaggen will ich haschen,

hier am Kai verderben.

Taumellyrik will ich schreiben,

mich in Schaum zersingen,

mich an späten Tagen reiben,

in der Seifenblase bleiben,

dann im Wind zerspringen.

Groß genug war dieses Leben,

vollerhand verschwendet.

Weit das Land und still die Reben.

Ferne will die Erde beben,

wenn der Sommer endet.

Lied soll nur aus Rhythmus sein:

Atemmelodie.

Gib nichts dazu, leg nichts hinein,

umspüle nur mit Schaum und Schein

ihr leises Nie für nie.

Daseinsschlaf und Apathie

kurz vor dem Erwachen,

die ich singend an mich zieh:

Magdala gebar Marie,

Tod und Vogellachen.

Lippen müssen mir entfachen,

Silben saug ich ein.

Strophen glühen Mund und Rachen,

Charon auf dem gelben Nachen,

Puls im wilden Wein.

Ein Vers muss eine Saite sein,

ein Hungervogellied.

Dein Kuss webt eine Welt hinein

aus Strahlenklang und Sinnenschein,

durch die dein Wesen zieht.

Die Strophe ist ein Gartenland,

das blüht von Metastasen,

ein Schierlingsbecher, bis zum Rand

voll Durst und Sehnsuchtswüstensand

und hellen Halbschlafphasen.

Die rhythmische Verworfenheit,

das goldne Menschheitslicht,

ein Puls, der schweigt und singt und schreit,

ein Herz, das Eruptionen speit,

vollenden das Gedicht.

In jedem Wort wacht Poesie,

wenn auch noch knospengrün.

Und wenn ich mit den Pollen zieh –

gedrehter Hauch, Koketterie –

bring ich sie zum Erblühn.

Wenn Küsse im Gespinst verderben,

verzehren sie den Garten.

Die Farben werden Gifte erben,

die Taube wird vor Trauer sterben

und alle Vogelarten.

Ein Lyriker muss Gärtner sein

der wilden Sehnsuchtsbecher.

Er atmet ihnen Düfte ein,

wird diesem Spiegel, jenem Wein,

sich selber Wind und Fächer.

Bücher können Lampen sein

im Abenddunkelbraun,

gießen in den Vollmondschein

Flüstern und Choral hinein

und Bienenaugenschau’n.

Such meine Verse in der Stille.

(Ich weiß ja, wie man stirbt.)

Vom Brunnenrand schweigt eine Grille

und sieht durch meine Lesebrille,

wie das Licht verdirbt.

In meinem Garten pflück Reseden,

als Klang und Schlüsselbund,

im Vorhang grauer Spinnenfäden

aufzustoßen meine Läden,

zu öffnen meinen Mund.

Ich bin noch da, mich auszuwringen

auf den Treppenstiegen,

dann muss ich durch die Dinge dringen,

in sozialen Netzen singen,

auf der Fahrbahn liegen.

Sind’s Engel, Irre oder Säufer,

die tausend Monde speien?

Sind’s Eremiten, Straßenläufer,

sind’s Döner- Hanf- und Schnapsverkäufer,

die aus den Sphären schreien?

Der Trinker-Engel schreibt ein Buch

mit taumelnden Gedichten.

Das ist der Welt kein rotes Tuch,

treibt keinen Heiligen zum Fluch.

Die Ignoranz wird’s richten.

Doch wenn das Artensterben zieht

in seine Welt hinein,

ist er’s, der in die Bläue flieht.

Und Ofterdingens Wanderlied

muss laut gesungen sein.

Bröckeln Mauern um das Zimmer,

reckt sich’s in den Grund,

trinkt die Schlieren und den Glimmer:

Taucher wird’s, im Gischt ein Schwimmer,

Durst und offner Mund.

Meine Lunge wird zum Rochen,

schlingt das Mittelmeer,

Marmorstaub, Orangenpochen,

Weisheit, heimlich zugesprochen,

als wenn’s ein Becher wär.

Indien schimmert in den Seiten:

Tausend Wissensschätze

schmelzen Gold durch alle Zeiten.

Atemhauch muss überschreiten

alle Glaubenssätze.

Bücher gingen oft durchs Feuer,

brachten manchen um,

blieben vielen Herzen teuer,

sprengten meines Raums Gemäuer:

Evangelium!

Wahrhaftig bin ich nur im Lied,

im tiefsten Atemhauch,

der die Arterie durchzieht,

dass Welt und Kälte aus ihr flieht

und Todesschweigen auch.

Noch hält mein Arm die Mandoline