Teure Rache - J.D. Robb - E-Book

Teure Rache E-Book

J.D. Robb

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Beschreibung

Ein blutiges Attentat, ein Wettlauf gegen die Zeit und die vermutlich lässigste Ermittlerin von New York – der neue Fall für Detective Eve Dallas aus der Feder von SPIEGEL-Bestsellerautorin J.D. Robb!

Ein Selbstmordattentat im Finanzdistrikt – der Attentäter war Marketingchef einer Fluglinie, die vor einer aufsehenerregenden Fusion stand. Lieutenant Eve Dallas vom NYPD findet schnell heraus, dass Paul Rogan nicht freiwillig handelte, sondern durch das Kidnapping von Frau und Kind zum Anschlag gezwungen wurde. Nur warum? Der Businessdeal wird auf diese Weise nicht verhindert, ging es den Hintermännern also lediglich darum, Tod und Chaos anzurichten?
Je tiefer Eve und ihr Team in den Fall eintauchen, desto rätselhafter erscheint das Attentat. Doch der Kopf hinter dem Ganzen ist noch lange nicht fertig – bald geschieht die nächste grausige Bluttat …

Lesen Sie auch die spannenden Geschichten über Eve Dallas und ihr Team in »Mörderlied«, »Mörderspiele« und »Mörderstunde«.

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Seitenzahl: 630

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Buch

Ein Selbstmordattentat im Finanzdistrikt – der Attentäter war Marketingchef einer Fluglinie, die vor einer aufsehenerregenden Fusion stand. Lieutenant Eve Dallas vom NYPD findet schnell heraus, dass Paul Rogan nicht freiwillig handelte, sondern durch das Kidnapping von Frau und Kind zum Anschlag gezwungen wurde. Nur warum? Der Businessdeal wird auf diese Weise nicht verhindert, ging es den Hintermännern also lediglich darum, Tod und Chaos anzurichten?

Je tiefer Eve und ihr Team in den Fall eintauchen, desto rätselhafter erscheint das Attentat. Doch der Kopf hinter dem Ganzen ist noch lange nicht fertig – bald geschieht die nächste grausige Bluttat …

Autorin

J. D. Robb ist das Pseudonym der international höchst erfolgreichen Autorin Nora Roberts. Nora Roberts wurde 1950 in Maryland geboren und veröffentlichte 1981 ihren ersten Roman. Inzwischen zählt sie zu den meistgelesenen Autorinnen der Welt: Ihre Bücher haben eine weltweite Gesamtauflage von 500 Millionen Exemplaren überschritten. Auch in Deutschland erobern ihre Bücher und Hörbücher regelmäßig die Bestsellerlisten. Nora Roberts hat zwei erwachsene Söhne und lebt mit ihrem Ehemann in Maryland.

Von J. D. Robb bereits erschienen (Auswahl)

Blutige Verehrung · Sein teuflisches Herz · Eiskalte Nähe · Im Licht des Todes · Der liebevolle Mörder · Geliebt von einem Feind · So tödlich wie die Liebe · Das Böse im Herzen · Zum Tod verführt · Aus süßer Berechnung · Verführerische Täuschung · Tödlicher Ruhm

J. D. Robb

Teure Rache

Roman

Deutsch von Uta Hege

Die Originalausgabe erschien 2018 unter dem Titel »Leverage in Death« bei St. Martin’s Press, New York.

Dieser Roman ist im Dezember 2023 bei Weltbild erschienen.

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Der Verlag behält sich die Verwertung der urheberrechtlich geschützten Inhalte dieses Werkes für Zwecke des Text- und Data-Minings nach § 44 b UrhG ausdrücklich vor. Jegliche unbefugte Nutzung ist hiermit ausgeschlossen

Copyright der Originalausgabe © 2018 by Nora Roberts

Published by arrangement with Eleanor Wilder

Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literarische Agentur Thomas Schlück GmbH, 30161 Hannover.

Copyright der deutschsprachigen Ausgabe © 2024 by Blanvalet in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Straße 28, 81673 München

Redaktion: Renate Kirtschig

Umschlaggestaltung: © www.buerosued.de

Umschlagmotiv: © Cate McRae / Arcangel Images; www.buerosued.de

BSt · Herstellung: sam

Satz: Buch-Werkstatt GmbH, Bad Aibling

ISBN 978-3-641-31487-3V001

www.blanvalet.de

Ich wüsste kein Bedürfnis in der Kindheit, das so stark wäre wie das nach väterlichem Schutz.

Sigmund Freud

Nichts ist einem Spieler heilig.

Jacques Saurin

Du sollst nicht töten.

Obwohl Paul nicht wirklich religiös war, gingen ihm diese Worte, als er das Foyer betrat und dort das laute Klicken seiner Schuhe auf dem blank polierten Marmorboden hörte, nicht mehr aus dem Kopf.

Wie jeden Wochentag in den vergangenen elf Jahren – abzüglich der Urlaubs- und der Krankheitstage – wies er sich am Eingang mit dem Ausweis seines Unternehmens aus.

Ebenfalls wie immer nickte Wachmann Stu ihm freundlich zu. »Schon wieder Montag, Mr. Rogan.«

»Stimmt«, murmelte Paul, bevor er genau wie jeden Montagmorgen durch die Eingangshalle Richtung Fahrstuhl ging.

Stu sah ihm grinsend hinterher, denn es sah aus, als hätte Mr. Rogan dieses Wochenende richtig einen draufgemacht und sich noch nicht davon erholt.

Zusammen mit einer Handvoll anderer Führungskräfte, Sekretärinnen, Sekretären, Assistentinnen und Assistenten stieg Paul Rogan in den Lift. Ein durchtrainierter Mann in einem Nadelstreifenanzug, einem weißen Hemd und einem blau-roten Schlips mit Chevron-Muster, der wie gewöhnlich ordentlich geknotet war.

Obwohl er einen Kaschmirmantel trug, wurde ihm kalt, als er die Stimme durch den Knopf in seinem Ohr vernahm.

Cecily und Melody.

Die Stimme wiederholte unablässig diese beiden Namen und übertönte fast die andere Stimme, die in seinem Innern sprach.

Du sollst nicht töten. Sollst nicht töten.

Doch er hatte keine andere Wahl.

In der zweiunddreißigsten Etage – Führungsebene Quantum – stieg er widerstrebend aus. Hinter dem geschwungenen Empfangstisch schimmerte das Logo seiner Firma an der Wand. Die Telefone und Computer klingelten und piepsten schon, doch die bequemen Sessel für Besucher waren um diese Zeit noch leer. Durch die getönten, bodentiefen Fenster hinter diesen Sesseln konnte man New York mit seiner ganz besonderen Skyline und den Himmel sehen.

Der Himmel war an diesem Morgen leuchtend blau und ungewöhnlich klar. Das konnte doch nicht sein.

Entschlossen wandte er sich ab und ging, ohne die gewohnten Worte mit dem Trio am Empfang zu wechseln, auf die zweiteilige Glastür zu.

Sie öffnete sich automatisch und zerriss das Logo in zwei Teile. So war es auch ihm selbst ergangen.

Cecily und Melody.

Du sollst nicht töten.

Er ging an den Schreibtischen der Assistentinnen und Assistenten und an verschiedenen Büros vorbei. Es war erst kurz vor neun, aber die Frauen in den maßgeschneiderten Kostümen und die Männer in den teuren Anzügen klappten schon ihre Aktenkoffer auf und gingen, während sie an ihren heißen Kaffees nippten, die darin enthaltenen Berichte durch.

Sein eigener Assistent sprang auf. So jung, so aufgeweckt und ernsthaft, ging es Rogan durch den Kopf. Genauso wie er selber mal gewesen war.

»Guten Morgen, Mr. Rogan«, grüßte der junge Mann ihn. »Ich habe Ihr Tablet für die Konferenz um neun schon auf den neuesten Stand gebracht. Es liegt auf Ihrem Tisch und falls Sie einige der Updates noch mal mit mir durchgehen wollen …«

»Nicht nötig. Stellen Sie bis dahin auch keine Anrufe durch.«

Er ging in sein Büro und Rudy runzelte die Stirn, als er das Klick des Türschlosses vernahm, doch vor dem großen Meeting brauchte der Boss wahrscheinlich einfach einen Augenblick für sich.

In seinem Büro blieb Rogan vor dem Schreibtisch stehen, er bettelte die Stimme an, doch sie blieb völlig ruhig und kalt. Als er plötzlich eine andere verzweifelte, verschreckte Stimme hörte, rannen Tränen über sein Gesicht.

Zitternd zog er seinen Mantel aus und starrte durch die Glaswand des von ihm so hart erarbeiteten Eckbüros den blauen Himmel an.

Vor elf Jahren hatte er als kleiner Angestellter hier bei Quantum angefangen und an diesem Tag im Februar 2061 würde alles enden, denn die Stimme ließ ihm keine andere Wahl.

Er ergab sich in sein Schicksal, tat, was ihm die Stimme sagte, und klappte den Aktenkoffer auf.

Um 8.56 Uhr machte er sich wieder auf den Weg und abermals sprang Rudy auf.

»Mr. Rogan, haben Sie sich die Anmerkungen zu Ms. Karson auf dem Tablet angesehen? Ein paar private Infos, falls Sie noch ein bisschen mit ihr plaudern wollen.«

»In Ordnung, Rudy.« Er blieb vor dem Schreibtisch stehen und blickte in das junge, ernsthafte Gesicht. »Sie machen einen wirklich guten Job und waren ein Gewinn für mich und Quantum Air.«

»Danke.« Rudy strahlte. »Heute ist ein großer Tag.«

»Oh ja.«

Er spürte das Gewicht des Tages, als er weiter in den Konferenzraum ging. »Bitte hör auf«, murmelte er, aber sein Herz schlug weiter wie eine geballte Faust in seiner Brust.

Auf den Monitoren an den Wänden des Besprechungszimmers prangte abermals das Silberlogo des Konzerns und durch die Fenster waren der blaue Himmel, Wolkenkratzer und der Fluss zu sehen.

Auf dem langen, blank polierten Tisch standen Silberteller voll Gebäck und frischem Obst, Krüge mit stillem und spritzigem Mineralwasser und Porzellantassen für Tee oder Kaffee.

Vertreter von EconoLift – ein Mann und eine Frau – saßen bereits am Tisch und gingen irgendetwas auf ihren Tablets durch. Genauso machten es die beiden Quantum-Mitarbeiter, die den beiden gegenübersaßen, und die Anwälte und Buchhalter der beiden Unternehmen.

»Es muss doch anders gehen«, flüsterte er und Sandy Plank, die Vizepräsidentin seiner Firma, sah ihn fragend an.

Doch Rogan hörte nur ein ruhiges, kaltes Nein in seinem Kopf.

Punkt neun gingen die Türen noch einmal auf und Derrick Pearson, Präsident von Quantum Air, betrat den Raum. Sein schwarzer Anzug und die silberne Krawatte passten ausgezeichnet zu den dichten, grau melierten schwarzen Haaren, die sein Markenzeichen waren.

An seiner Seite ging die Präsidentin von Econo, Willimina Karson, die ein rotes Kleid zu einer kurzen Jacke trug und in den hochhackigen Stiefeln fast so groß wie Pearson war.

Die beiden waren ein beeindruckendes Paar und eilig standen alle, die schon um den Tisch versammelt waren, auf.

»Guten Morgen, allerseits. Jetzt holen wir noch Chicago, New LA, Atlanta, Rom, Paris und London mit ins Boot.« Passend zu der Löwenmähne, die er hatte, klang auch Pearsons Stimme wie das Brüllen eines Löwen, aber Rogan hörte weiter nur die Stimme, die in seinem Kopf inzwischen immer schärfer klang, und danach lautes Schreien.

Er taumelte auf Derrick zu und weniger verärgert als verwundert, weil er in seiner Rede unterbrochen wurde, legte der die Hand auf Karsons Arm. »Willimina, Sie kennen Paul ja schon. Paul Rogan, Leiter unserer Marketingabteilung.«

»Derrick … mir bleibt keine andere Wahl. Es tut mir leid.«

Etwas in seiner Stimme und in seinem Blick ließ Karson einen Schritt nach hinten machen, aber Pearson machte einen Schritt nach vorn und packte diesmal Rogans Arm. »Geht’s Ihnen gut?«

»Es tut mir leid. Es tut mir furchtbar leid.«

Rudy, der mit dem von Paul vergessenen Tablet angelaufen kam, hatte die Tür des Raumes fast erreicht, bevor die Explosion sie aus den Angeln riss.

Lieutenant Eve Dallas stand inmitten des Gemetzels und versuchte, den Gestank von Blut, verbranntem Fleisch, Erbrochenem und Urin, der ihr entgegenschlug, zu ignorieren. Der Teppichboden war vom Wasser aus den Sprinklern aufgeweicht und quietschte unter ihren eingesprühten Schuhen. Auch ihre Hände waren versiegelt, jetzt stemmte sie sie in die Hüften und sah sich im Konferenzraum um.

Die Explosion hatte die Türen, den Riesenmonitor, den Tisch, die Stühle und die Menschen durch die Gegend fliegen lassen – und verbrannt.

Auch in dem dicken Teppich war ein großes schwarzes Loch und die Wände und der Boden waren mit Blut, mit Hirnmasse und anderen Körperflüssigkeiten getränkt.

Die Chefin des Kampfmittelräumdiensts, Lieutenant Lisbeth Salazar, stand neben Eve.

»Elf Tote, neun Verletzte. Auch der Attentäter lebt nicht mehr. Wir sammeln erst einmal die Überreste ein …«

Sie blickte zu dem Team der SpuSi-Spürhunde, das den Raum durchkämmte.

»Aber wir haben ein paar Zeugen, die noch rechtzeitig in Deckung gehen konnten, und die haben ausgesagt, Paul Rogan, Chef der Marketingabteilung, hätte nur Sekunden vor der Explosion die Jacke aufgemacht und ihnen den Bombengürtel, den er darunter trug, gezeigt. Den Schäden nach war dieser Gürtel entweder für eine kurze Reichweite gedacht oder er hat nicht so gezündet, wie er hätte zünden sollen. Wir gehen bisher von einer Reichweite von vier, fünf Metern aus.«

»Das heißt, es hätte noch viel schlimmer kommen können.«

»Auf jeden Fall.« Mit ihren flammend grünen Augen und einer Haut wie schwarzer Tee war Lisbeth eine imposante Frau, die sicherlich mit gutem Grund zur Leiterin des Räumkommandos aufgestiegen war. »Zum Glück hatte der Kerl dem Tisch und somit auch dem Raum den Rücken zugekehrt. Er hatte sich der Tür und Derrick Pearson, Präsident von Quantum, zugewandt, weswegen Pearson und die Leute, die im vorderen Bereich des Tisches waren, mit ihm zusammen in die Luft gegangen sind. Wobei wahrscheinlich einige nicht durch die Explosion als solche, sondern durch die Holzsplitter, die wie Schrapnelle durch die Gegend flogen, umgekommen sind.« Sie sah sich im Raum um.

»Wir haben den ganzen Raum durchsucht und wir durchsuchen noch das ganze Haus, aber ich gehe davon aus, dass es nur diese eine Bombe und nur diesen einen Attentäter gab.«

Eve blickte auf das Holz und das Metall, das in den Wänden steckte, und auf die Risse in der Wand aus Glas. Die schlimmsten Schäden aber gab es im Umkreis von vier Metern um die Stelle, wo die Bombe hochgegangen war.

»Wie hat er diesen Sprengstoffgürtel ins Gebäude reingekriegt?«

»In seiner Aktentasche, die mit Blei verkleidet ist. Er ist einfach durch die Sicherheitskontrollen durchgegangen, wie jeden Tag, doch schließlich hat er hier auch fast zwölf Jahre lang gearbeitet. Weswegen hätte die Security ihn also extra noch durchleuchten sollen? Ich habe ihn schon überprüft. Er ist nicht vorbestraft, seit vierzehn Jahren verheiratet und Vater einer achtjährigen Tochter.«

»Wo sind die Frau und Tochter jetzt?«

»Ich habe einen Streifenwagen losgeschickt, der sie zu Hause abholen soll. Natürlich haben der Pathologe und Sie selbst das letzte Wort, Dallas, aber für mich ist das hier Mord. Um Terrorismus geht es dabei nicht. Vielleicht ist er ja einfach ausgeflippt, wer weiß? Angeblich ging es heute Morgen hier um einen großen Deal, den er vielleicht auf diese Weise verhindern wollte. Wir gucken uns die Einzelteile an und sagen Ihnen dann, was für eine Art von Bombe er verwendet hat.«

Eve trug den langen Ledermantel, in dem ihre schlanke, hochgewachsene Gestalt besonders vorteilhaft zur Geltung kam. Noch einmal sah sie sich aus ihren wachen braunen Augen um und dabei fielen ihr die kurzen braunen Haare in das kantige Gesicht mit der Vertiefung in der Mitte ihres Kinns.

»Sie machen Ihre Arbeit und ich mache meine, dann sehen wir ja, wohin das führt.«

»Das klingt nach einem guten Plan«, erklärte Salazar und nahm den Anruf, der auf ihrem Smartphone einging, an.

»Lieutenant, Frau und Tochter sind nicht in der Schule, wo die Kleine hingeht und die Mutter Konrektorin ist. Cecily Greenspan hat nur eine kurze Textnachricht geschickt, dass ihre Tochter Melody sich nicht gut fühlt. Sie müssten also eigentlich zu Hause sein, aber sie gehen nicht ans Telefon.«

Als Salazar die Brauen hochzog, nickte Eve zum Zeichen, dass sie besser selbst noch kurz mit dem Beamten sprach.

»Ich gebe Ihnen Lieutenant Dallas, die Ermittlungsleiterin«, erklärte sie und drückte Eve das Smartphone in die Hand.

»Fahren Sie zum Wohnhaus der Familie und wenn Ihnen niemand aufmacht, gehen Sie rein.«

»Warum sollen sie dort reingehen?«, erkundigte sich Salazar, als sie ihr Telefon zurückbekam.

»Wir haben elf Tote, neun Verletzte und jetzt auch noch Frau und Tochter unseres Attentäters, die verschwunden sind. Ich finde, das ist Grund genug. Am besten machen Sie mit Ihrer Arbeit weiter und ich fange jetzt mit meiner an.«

Eve ging zur Tür und rief nach ihrer Partnerin.

In rosa Cowboystiefeln stürzte Peabody durch die zerstörte Tür.

»Behandeln Sie den Fall als Mord, solange wir nicht wissen, dass es etwas anderes ist. Der Attentäter, ein Paul Rogan, hat die Explosion nicht überlebt. Überprüfen Sie den Mann. Ein Streifenwagen fährt bereits zu seinem Haus und sucht nach seiner Frau und Tochter, die nicht dort sind, wo sie heute Morgen sein sollten.«

»Er war ein liebevoller Ehemann und Vater«, meinte Peabody und atmete geräuschvoll aus, als sie den Konferenzraum sah. »Das hat zumindest eins der Opfer ausgesagt. Eine gewisse Sandy Plank, Vizedirektorin einer anderen Abteilung, die nur leicht verwundet worden ist. Ihrer Beschreibung nach war Rogan fleißig, clever und loyal und hoffnungslos in seine Frau und in sein Kind vernarrt.«

»Wobei loyale Mitarbeiter ihre Bosse und Kollegen eigentlich nicht in die Luft jagen«, bemerkte Eve.

»Das stimmt. Sie ist vollkommen durch den Wind – ich meine, Plank. Sie meint, er hätte nicht gut ausgesehen und vor sich hingemurmelt. Etwas wie es muss doch auch anders gehen. Und als sein Boss und Willimina Karson – Präsidentin von EconoLift – zu diesem Meeting kamen, ging Rogan direkt auf sie zu. Plank meint, sie hätte ihn im Blick behalten, denn er hätte krank gewirkt. Dann hat er gesagt, er hätte keine andere Wahl und es täte ihm leid, sich weinend seine Anzugjacke aufgeknöpft und bumm.«

»Überprüfen Sie den Mann und finden heraus, worum es bei diesem Meeting ging. Finden Sie Einzelheiten heraus. Weiß jemand, wo sein Büro ist?«

»Den Gang runter links, dann rechts die zweite Tür. Salazar hat einen ihrer Leute dort postiert.«

»Okay.« Eve wandte sich zum Gehen, blieb dann aber noch einmal stehen. »Der verstorbene Pearson war der Chef des Ladens hier. Erkundigen Sie sich, wer seinen Job jetzt übernimmt.«

Sie stapfte los, wies sich bei dem Beamten, der die Tür bewachte, aus, betrat den Raum und sah sich um.

Als Direktor einer eigenen Abteilung hatte er ein Eckbüro mit großen Fenstern, einem Kühlschrank für Getränke sowie einem hochmodernen AutoChef gehabt. Seit Freitagnachmittag um 16.22 Uhr, als jemand dem Kühlschrank eine Dose Ginger Ale entnommen hatte, hatte niemand mehr etwas bestellt.

Von seinem Platz hinter dem Schreibtisch aus waren gleichzeitig die Fenster und die Tür zu sehen. Ein ordentlicher Schreibtischsessel, zwei stabile und bequeme Clubsessel aus glattem braunem Leder, ein marineblaues Sofa und ein langer Tisch. An den in einem hellen Braun gestrichenen Wänden waren Bilder mit Bezug zum Fliegen aufgehängt.

Sie stellten die Entwicklung von den ersten wackeligen Kisten, in die Eve beim besten Willen niemals eingestiegen wäre, bis hin zu den aktuellen eleganten Shuttles dar. Auch auf der Kinderzeichnung, die danebenhing, war in leuchtenden Primärfarben ein Flugzeug abgebildet, das in einem von einer runden gelben Sonne angestrahlten leuchtend blauen Himmel voll weißer Wattewölkchen flog.

Das Bild war sorgsam von der Künstlerin mit MELODY signiert.

Die Tochter. Er war also ganz eindeutig ein Familienmensch gewesen und er hatte die gerahmte Zeichnung seines Kindes seinem Schreibtisch direkt gegenüber an die Wand des Büros gehängt.

Neben einem hochmodernen Computer stand auf seinem Schreibtisch ein eindeutig selbst gemachter, bunt bemalter Becher, der von einem Kind gebastelte Papierblumen enthielt. Eve nahm den Becher in die Hand und schaute sich die Unterseite an.

HAPPYBIRTHDAY, DADDY,

ALLESLIEBE,

MELODY

18. JANUAR 2061 

Daneben stand ein Triptychon mit den Bildern einer attraktiven Frau von Ende dreißig, eines kleinen Mädchens, das mit seinen wilden toffeefarbenen Locken, den hellgrünen Augen und dem breiten Lächeln mit der Zahnlücke, wo es seine ersten Milchzähne verloren hatte, mindestens so hübsch wie seine Mutter war, sowie desselben Mädchens, wie es zwischen dieser Frau und Rogan stand.

Das Foto in der Mitte sprach von einer attraktiven, glücklichen Familie, in der alle liebevoll und freundlich miteinander umgegangen waren.

Von möglichen Problemen an der Heimatfront war darauf nichts zu erkennen.

Eve setzte sich in Rogans Schreibtischsessel und fuhr den Computer hoch.

Der Monitor sprang an, doch da ihr das erforderliche Passwort fehlte, zog sie erst einmal die Schubladen des Schreibtischs auf und fand dort neben dem üblichen Bürokram ein paar Unterlagen, mehrere Disketten sowie einen elektronischen Kalender, der sich ohne Passwort öffnen ließ.

ECONO! Meeting/Unterschrift* 9.00 Uhr. Letzte Präsentation und Vorführung des neuen Logos. Vermassel es nicht!11.30 Uhr Cupcakes und Champagner für das Dankeschön an die Abteilung. Rundschreiben an alle wegen Treffen (Überraschungsparty) um 16.15 Uhr. Kurze Rede vorbereiten.Persönliche Boni für Rudy und Kimmi für den super Job, den sie gemacht haben.18.00 Uhr nach Hause – Blumen für meine wunderbaren Mädels! Tu bloß so, als hättest du nicht mitbekommen, dass sie schon seit einer Woche von nichts anderem reden, als dass du zur Feier des Vertrags von ihnen zum Essen eingeladen wirst.Nach dem Essen das seit einer Ewigkeit verschobene Dragon-Spear-Turnier mit Mel. Dann bringst du Mel ins Bett und zeigst der wunderschönen Mutter deiner Tochter, wie sehr du sie liebst und immer noch begehrst.Und dann hol endlich den versäumten Schlaf der letzten Wochen nach!

Eve lehnte sich zurück und blickte durch das Fenster auf die Skyline von New York. Paul hatte sich beruflich und privat auf diesen Tag gefreut. Weswegen also hatte er dann plötzlich seinen Laden und sich selbst in die Luft gejagt?

Sie blätterte ein wenig vor und las sich weitere private und berufliche Termine, die er in den nächsten Tagen wahrnehmen wollte, durch. Dann ging sie rückwärts und erkannte, dass die letzten Wochen mit diversen Marketingkampagnen und mit Planungs- und mit Strategiebesprechungen vollgepackt gewesen waren. Er hatte derart viel zu tun gehabt, dass er nicht rechtzeitig zum Abendessen mit den beiden wunderbaren Mädels und zum Tanzkurs mit der attraktiven Gattin heimgekommen war.

Er war deshalb mitunter leicht frustriert gewesen, aber weder deprimiert noch wütend und bisher wies nichts auf den Erwerb von Sprengstoff oder seine Fähigkeit zum Basteln eines Sprengstoffgürtels hin.

»Es passt ganz einfach nicht«, murmelte Eve und sah sich abermals die Fotos auf dem Schreibtisch an. »Du passt ganz einfach nicht.«

Als sie ihr Smartphone aus der Tasche zog, erschien nach zweimaligem Klopfen ihre Partnerin.

»Wahrscheinlich wird die Leitung dieses Unternehmens jetzt auf Pearsons Sohn und Tochter übergehen. Der Sohn war heute früh in London und die Tochter war in Rom. Sie beide sind inzwischen auf dem Weg hierher. Und was Paul Rogan angeht …«

»Der war sicher ein vollkommen unbeschriebenes Blatt.«

»Genau. Bisher weist nichts auf irgendwelche finanziellen Schwierigkeiten hin. Genauso wenig hat er sich für Politik oder für Sprengstoff interessiert. Er war dem Unternehmen gegenüber stets loyal. Er hat sich hochgearbeitet und seit drei Jahren hat er die Marketingabteilung unter sich. Bei der Frau sieht es nicht anders aus. Mit Ausnahme einer Anzeige, die vor inzwischen fünfzehn Jahren mal gegen sie erstattet worden ist. Sie soll damals auf einen Typ losgegangen sein, der später selbst wegen der Misshandlung seiner Frau und seiner Tochter vor Gericht gestanden hat.«

»Okay, ich glaube nicht, dass das hier eine Rolle spielt.« Bevor Eve weitersprechen konnte, klingelte ihr Smartphone und sie nahm den Anruf an.

»Lieutenant, Officers Gregg und Vols. Wir sind in Rogans Haus. Greenspan, die Ehefrau, war dort in einem Raum im Keller eingesperrt. Sie war gefesselt und sieht ziemlich übel zugerichtet aus. Das Kind ist abgesehen von ein paar Abschürfungen und blauen Flecken unverletzt. Wir haben einen Rettungswagen für die Frau bestellt. Sie und das Kind haben uns erzählt, dass sie zu Hause überfallen worden sind.«

»Das passt. Sichern Sie den Tatort und falls Greenspan sich im Krankenhaus behandeln lassen muss, fährt einer mit, der andere bleibt im Haus. Ich mache mich gleich auf den Weg.«

Sie legte auf und wandte sich an ihre Partnerin. »Geben Sie Salazar Bescheid und rufen Sie die elektronischen Ermittler an. Sie sollen Rogans elektronische Geräte hier aus dem Büro und auch bei ihm zu Hause einsammeln und einer von den Leuten soll sich die Alarmanlage dort ansehen. Ich werde das Büro versiegeln und ein Team der SpuSi schicken, das sich hier noch einmal genauer umsehen soll. Und jetzt los. Wir treffen uns bei meinem Wagen.«

Sie packte den Kalender ein und rief bei einem ihrer Detectives auf der Wache an.

»Moin, Lieutenant«, grüßte Baxter sie.

»Sind Sie und Trueheart gerade frei?«

»Wir haben nichts Wichtiges zu tun. Was gibt’s?«

»Ich brauche Sie bei Quantum Air. Melden Sie sich dort bei Lieutenant Salazar.«

»Wegen des Bombenattentats.«

Eilig trat sie in den Flur und versiegelte die Tür.

»Bringen Sie zwei Beamte mit. Peabody hat angefangen, die Aussagen der Zeugen aufzunehmen. Fahren Sie damit fort. Sprechen Sie mit allen, auch mit dem Putztrupp, der hier sauber macht. Zwei von den hohen Tieren, die Kinder des verstorbenen Chefs, sind auf dem Weg. Ich will, so schnell es geht, mit ihnen sprechen.«

»Alles klar. Wie viele Tote gibt es?«

»Bisher elf. Und neun Verletzte.«

»Hätte noch viel schlimmer kommen können. Ich kontaktiere Salazar, damit sie weiß, dass wir uns auf den Weg machen. Sind Sie noch dort?«

»Ich mache mich jetzt auf den Weg zu einem zweiten Tatort. Einzelheiten kriegen Sie, sobald ich selbst mehr weiß.«

Es hätte noch viel schlimmer kommen können, gingen ihr Baxters Worte durch den Kopf. Aus Erfahrung wusste sie, wenn Dinge schlimmer kommen konnten, taten sie das für gewöhnlich auch.

Sie kam vor Peabody bei ihrem Wagen an und kaum dass die Partnerin an ihrer Seite saß, schoss sie in einem Tempo aus der Tiefgarage auf die Straße, die die arme Frau an ihrer Seite angsterfüllt den Griff über der Tür umklammern ließ.

»Salazar hat gesagt, es passt.« Bei jedem Schwenk riss Peabody die dunkelbraunen Augen auf und kniff sie, um den Aufprall, der sich ganz bestimmt nicht mehr vermeiden ließe, nicht auch noch zu sehen, eilig zu. »Weshalb hätte jemand bei den Rogans einbrechen und seine Frau und Tochter mit dem Tod bedrohen sollen, damit er sich später selbst umbringt?«

»Wahrscheinlich hat ihm irgendwer gesagt, dass er am Montag diesen Sprengstoffgürtel auf der Arbeit tragen und ihn dann um neun bei diesem Meeting zünden soll, wenn seinen wunderbaren Mädels nichts passieren soll.«

»Seinen wunderbaren Mädels?«

»So hat Rogan seine Frau und Tochter genannt. In seinem Kalender im Büro. Ich weiß nicht, weshalb er, weshalb bei diesem Meeting, weshalb hier in dieser Firma und warum auf diese Art, aber nur so ergibt es einen Sinn.«

»Laut Zeugenaussagen war er vor diesem Meeting noch ein paar Minuten ganz allein in seinem Büro Da hätte er doch Hilfe holen können.«

»Ich gehe davon aus, dass er verkabelt war. Er sollte hören, wie seine Frau geschlagen wird und wie das Kind nach seinem Daddy weint.«

»Das wäre unvorstellbar grausam.«

»Gibt es irgendwas, wozu der Mensch nicht fähig ist? Warum der Typ vom Marketing? Sie brauchten jemanden, der nicht nur töten würde, sondern auch bereit war, selbst zu sterben, wenn er nur auf diese Art das Leben seiner Frau und Tochter retten kann. Doch woher wussten sie, dass er bereit war, sogar diesen Schritt zu gehen? Wir müssen mehr über den Deal erfahren, um den es heute Morgen ging. Hat jemand wegen dieses Abkommens einen unschuldigen Mann und dessen Frau und Kind als Waffe eingesetzt?«

»Ich fliege regelmäßig mit Econo«, meinte Peabody. »Das heißt, ich bin damit geflogen, bevor meine tolle Partnerin mich die privaten Shuttles ihres tollen Ehemannes Roarke benutzen lassen hat.«

Eve hatte selber Econo genutzt, bevor sie Roarke begegnet war. Die Flüge waren erschwinglich, weil sie alles andere als komfortabel waren, aber vielleicht war auch Roarke einmal damit geflogen, ehe er zu einem der mit Abstand reichsten Menschen auf der Welt und Eigentümer einer ganzen Reihe eigener Fluglinien geworden war.

Am besten spräche sie ihn mal auf dieses Thema an. Falls jemand außerhalb von Quantum und Econo Einzelheiten der geplanten Übereinkunft kannte, dann ganz sicher er.

Sie stellte ihr Gefährt hinter dem Rettungswagen ab. Da er in der zweiten Reihe parkte, hallten sowieso schon laute Flüche und Gehupe durch die Luft.

Sie öffnete die Tür, um auszusteigen, und der Taxifahrer, der sie beinah überfahren hätte, streckte seinen Kopf durchs Fenster und schrie wütend: »Bist du lebensmüde, Mädchen?«

»Lieutenant Mädchen«, korrigierte sie mit einem Lächeln, das so kalt war wie der Wind, der ihr entgegenblies. »Und wenn Sie selbst nicht lebensmüde sind, gewinnen Sie am besten Land.«

Er streckte seinen Mittelfinger aus und manövrierte seinen Wagen vorsichtig um sie herum.

»Nicht weit von hier wohnen Louise und Charles«, bemerkte Peabody.

»Ich weiß.« Tatsächlich war das elegante Haus, in dem die Ärztin und der frühere Callboy lebten, fußläufig erreichbar und Eve stellte anerkennend fest: »Die Gegend hier ist wirklich nett.«

Gediegen, ziemlich ruhig und sicherer als die meisten anderen Gegenden der Stadt.

Wie praktisch alle Häuser lag auch das der Rogans leicht zurückgesetzt und Eve ging durch den winterlichen, aber ordentlichen Garten bis zu einer kurzen Treppe und dort weiter bis zur blau gestrichenen Tür, die nicht ganz gerade in den Angeln hing.

Es war ein dreistöckiges Haus und in der unteren Etage waren die Fenster mit wahrscheinlich effizienten, aber gleichzeitig auch hübschen Schutzgittern versehen. Hinter allen Fenstern war der Sichtschutz geschlossen, außer in der oberen Etage, wo eine Scheibe eingeschlagen worden war. Wahrscheinlich mit dem rot-orangefarbenen Ball, den Eve inmitten all der Scherben auf dem Rasen liegen sah.

Auch Peabody betrachtete den Ball, bevor sie ihren Blick zurück zum Fenster wandern ließ. »Ich nehme an, das ist der Jupiter.«

Eve wich den Scherben aus und sah sich auf dem Weg zur Haustür die Alarmanlage an. »Das ist eins von Roarkes Systemen, also ist es gut. Handleser, Stimmerkennung, grundsolide Schlösser und Alarme und dazu noch Kameras.«

Die Tür ging auf und einer der Beamten, die das Haus gesichert hatten, nahm sie in Empfang. »Officer Vols, Lieutenant.«

»Erstatten Sie Bericht.«

»Ma’am. Officer Gregg und ich haben geklingelt und geklopft, als wir hier angekommen sind. Die Haustür war gesichert und es hieß, es wäre gerade niemand da. Bevor wir versucht haben, das Schloss zu knacken, ist Gregg einmal um das ganze Haus gegangen. Sehen Sie den Ball da vorne? Den Planeten Jupiter?«

»Ich wusste es«, freute sich Peabody, bevor der kalte Blick der Partnerin sie traf.

»Tja nun, der hätte Gregg beinah am Kopf erwischt. Und das Kind, dem es gelungen war, damit die Fensterscheibe einzuwerfen, fing laut an zu schreien. Also hat Gregg gerufen, dass wir von der Polizei wären und ihr helfen wollen. Da hat sie zurückgeschrien, dass sie in ihrem Zimmer eingeschlossen ist.«

»Wir haben die Tür nicht aufgekriegt, deswegen haben wir am Schluss den Rammbock eingesetzt.«

»Gab es daraufhin Alarm?«

»Nein, Ma’am, gab es nicht. Die Anlage war ausgeschaltet, aber statt sie uns genauer anzusehen, sind wir erst mal raufgegangen und haben nach dem Kind geguckt – das sich echt gut gehalten hat. Die Kleine hat gesagt, sie hätten ihrer Mutter wehgetan und sie dann weggebracht. Genau wie ihren Dad. Dann haben wir jemanden im Keller gegen eins der Rohre schlagen hören. Also sind wir runtergelaufen, wo die Mutter saß. Sie hatten sie geschlagen, gefesselt und in einen Kellerraum gesetzt.«

»Bei ihrem Anblick ist das Kind in Tränen ausgebrochen«, stellte er mit ausdrucksloser Stimme fest, doch die Gefühle waren ihm deutlich anzusehen. »Sie dachte, diese Kerle hätten ihre Mutter umgebracht. Der Mutter und der Tochter nach waren es zwei Männer, die anscheinend in der Nacht zum Samstag hier bei ihnen eingebrochen sind. Nach Aussage der Frau haben sie zuerst den Ehemann betäubt und dann sie selbst aus dem Bett gezogen, sie gefesselt und geschlagen und danach das Kind ins Schlafzimmer geschleift. Sie haben die Tochter ebenfalls gefesselt und erst dann den Vater aufgeweckt.«

»Konnten sie die Angreifer beschreiben?«

»Anscheinend hatten sie Kapuzen und dazu noch weiße Masken auf. Außerdem trugen sie Handschuhe. Den Stimmen und der Statur nach waren es beides Männer, aber die Gesichter, Haare oder Augen haben sie nicht gesehen. Wir haben sie nicht zu sehr bedrängt, Lieutenant. Die Mutter musste erst einmal behandelt werden und die Kleine hält sich, wie ich bereits sagte, wirklich tapfer, aber trotzdem ist sie ziemlich durch den Wind. Wir haben Greenspan bisher nichts von ihrem Mann gesagt. Natürlich haben sie selbst und das Kind nach ihm gefragt, aber wir wollten Ihnen nicht vorgreifen.«

»Okay. Bleiben Sie beide weiter hier. Ich lasse einen elektronischen Ermittler kommen, der sich die Alarmanlage angucken und die elektronischen Geräte aufs Revier holen soll. Wo haben Sie die beiden hingesetzt?«

»Ins Wohnzimmer, das geht nach hinten raus. Gregg passt dort auf sie auf.«

Die beiden Sanitäter kamen mit ihren Rucksäcken nach vorn. »Sie weigert sich, mit uns ins Krankenhaus zu fahren«, erklärte einer von den beiden. »Die Frau. Das Kind hat kaum was abbekommen, aber die Frau gehört ins Krankenhaus.«

»Was hat sie denn genau?«

»Eine Gehirnerschütterung, eine gebrochene Nase und zwei angeknackste Rippen, eine Nierenquetschung, ein verstauchtes Handgelenk und tiefe Schürfwunden an beiden Handgelenken und den Knöcheln, dort, wo sie gefesselt war, Hämatome im Gesicht sowie am Oberkörper und dazu ist sie stark dehydriert.«

»Wir werden sehen, ob wir sie dazu bringen, ins Krankenhaus zu fahren.«

Der andere Sanitäter schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht, dass sie sich dazu überreden lassen wird. Sie wollte nicht mal ein Beruhigungsmittel nehmen, also haben wir sie erst einmal nur stabilisiert, aber sie muss auf jeden Fall ins Krankenhaus.«

»In Ordnung«, sagte Eve und sah den beiden auf dem Weg zum Rettungswagen hinterher.

»Sie will auf alle Fälle in der Nähe ihres Kindes bleiben«, meinte Vols. »Genauso wie das Kind bei ihr. Was man den beiden nicht verdenken kann.«

»Das kann wahrscheinlich jeder nachvollziehen. Gute Arbeit, Officer.«

Eve nickte dem Beamten zu und ging mit Peabody nach hinten durch, um einer Frau und einem Kind zu sagen, dass der Ehemann und Vater nicht mehr wiederkommen würde, weil der Preis für ihrer beider Leben seines und die Leben von zehn anderen gewesen waren.

Die Kleine saß mit leeren Augen neben Cecily auf einem breiten Sofa, das mit seinem großen roten Blütenmuster einer Blumenwiese glich. Das violette Sweatshirt, das sie über einer schlabberigen Baumwollhose und zu dicken rosa Strümpfen trug, griff die Verfärbung ihrer Handgelenke auf, ihre Mutter hatte schützend einen Arm um sie gelegt.

Cecilys Stirn und Wangen waren mit blauen Flecken übersät und Eve nahm eine Schwellung sowie eine schwärzliche Verfärbung um den Eisbeutel auf ihrem linken Auge wahr.

Die Haut rund um das nicht verbundene rechte Auge war gelb-violett verfärbt und ihre Handgelenke waren bandagiert.

Als sie sich bewegte, machte ihre Miene deutlich, dass sie unter großen Schmerzen litt.

»Ms. Greenspan, ich bin Lieutenant Dallas und das hier ist meine Partnerin, Detective Peabody. Wir haben ein paar Fragen, die wir Ihnen aber gerne auch in einem Gesundheitszentrum Ihrer Wahl stellen können, denn die Sanitäter haben uns gesagt, am besten führen Sie zur weiterführenden Behandlung in ein Krankenhaus.«

»Die Sanitäter haben uns bereits hier behandelt und wir wollen hier nicht weg.« Sie sah auf ihre Tochter und mit einem stummen Nicken schmiegte sich das Kind noch enger an sie. »Bisher hat niemand uns gesagt, was mit meinem Mann und mit dem Vater meiner Tochter los ist. Also, wo ist Paul?«

Obwohl es dadurch nicht leichter wurde, setzte sich auch Eve, weil sie so mit ihr auf Augenhöhe war. »Leider muss ich Ihnen mitteilen, dass er nicht mehr lebt. Es tut uns furchtbar leid.«

Das Mädchen starrte sie mit großen Augen an, vergrub dann das Gesicht an der mütterlichen Brust und fing an, wie ein verletztes Tier zu heulen.

Cecily schlang den Arm um sie und wurde derart blass, dass ihr Gesicht nur noch aus blauen Flecken zu bestehen schien.

»Sind Sie sich sicher? Sind Sie sicher? Sind Sie …«

»Ja. Es tut mir leid, aber wir sind uns sicher.«

»Kann ich Ihnen etwas aus der Küche holen? Wasser oder einen Tee? Und können wir jemanden für Sie anrufen?«, erkundigte sich Peabody.

»Was ist passiert? Was haben sie ihm angetan?«

»Detective Peabody kann mit der Kleinen in ein anderes Zimmer gehen«, bot Eve der Mutter an, doch Melody bedachte sie mit einem bitterbösen Blick.

»Ich bleibe hier bei meiner Mom. Die Männer haben mich gezwungen, sie allein zu lassen und sie haben ihr und Daddy immer weiter wehgetan. Ich lasse meine Mom ganz sicher nicht allein. Sie haben ihn gezwungen, etwas Schreckliches zu tun. Sie haben ihn gezwungen, denn sie haben Mom geschlagen und gesagt, auch mir täten sie schlimme Dinge an. Einer von den beiden hat so fest an meinem Haar gerissen, dass ich schreien musste, obwohl ich es nicht wollte, habe ich geschrien, denn es hat furchtbar wehgetan. Dann hat er gesagt, er würde mich mit seinem Messer schneiden, wenn mein Daddy nicht tut, was er sagt.«

»Schon gut, Melly. Schon gut, Baby.«

»Sie haben Daddy umgebracht und er hat nichts getan. Auch Mom hat nichts getan, trotzdem haben sie ihr wehgetan.«

»Und du hast auch nichts falsch gemacht«, erklärte Eve. »Haben sie dir noch auf andere Weise als durch Ziehen an deinen Haaren wehgetan?«

»Sie haben meine Handgelenke und die Füße fest mit Plastikband umwickelt. Das hat wehgetan. Als der eine Daddy mitgenommen hat, kam der andere rein und … hat die Bänder etwas gelockert. Aber er hat gesagt, wenn ich nicht in den Hörer schreien würde, dass Daddy mir helfen soll, brächte er meine Mutter um.«

»Oh, Melly, Schatz.«

»Ich musste in den Hörer schreien. Ich hatte keine andere Wahl. Ich konnte Daddy weinen hören. Er hat geweint, aber gesagt, es würde alles gut. Aber es ist nicht gut geworden, denn sie haben Daddy umgebracht.«

»Erzählen Sie uns, was passiert ist«, wandte Eve sich abermals der Mutter zu. »Und zwar von Anfang an.«

»Ich hörte Melly schreien. Wir lagen alle schon im Bett. Ich weiß zwar nicht, wie spät es war, doch es war Freitagnacht. Auf jeden Fall war es nach Mitternacht, denn da sind Paul und ich ins Bett gegangen. Ich hörte Melly schreien und als ich aufstehen wollte, um nach ihr zu gucken, traf mich der erste Schlag.«

Sie griff sich ins Gesicht.

»Ich bin gestürzt und als der Kerl mir meine Arme mit den Kabelbindern auf dem Rücken festgebunden hat, habe ich nach Paul geschrien. Aber der Kerl hat mich zurück zum Bett gezerrt, mich abermals geschlagen und mich an den Bettpfosten gefesselt. Paul schlief zu dem Zeitpunkt immer noch. Erst habe ich mich gewundert, dass er von dem Lärm nicht aufgewacht ist, aber tatsächlich haben sie ihm etwas gespritzt. Das heißt, dass er bewusstlos war. Dann tauchte der andere Kerl mit Melly auf und fesselte sie an den Stuhl.« Sie stöhnte.

»Ich haben ihnen gesagt, sie könnten alles haben, was sie wollten, und sie angebettelt, meinem Baby nichts zu tun. Aber sie haben nichts gesagt. Dann haben sie Paul zu dem anderen Stuhl gezerrt, dort festgebunden und mit einer zweiten Spritze wieder aufgeweckt. Er hat versucht, sich loszureißen, aber …«

»Sie haben Mom noch mal geschlagen. Sie haben ihr immer wieder wehgetan.«

»Jetzt geht’s mir wieder gut, Melly. Es ist vorbei. Sie haben mir wehgetan und uns damit gedroht, auch Melly wehzutun. Als Paul sie verflucht, bedroht und angefleht hat, mich und Melly zu verschonen, haben sie gelacht. Sie haben nur gelacht. Dann hat sich einer neben mich aufs Bett gesetzt und mich … berührt.«

Ihr Blick verriet, worum es bei den Berührungen gegangen war.

»Er hat gesagt, es würde noch viel schlimmer werden, und gefragt, ob Paul nicht seine Frau und seine Tochter retten will. Er hat gefragt, ob er uns schützen will. Ob er alles täte, damit uns kein Leid geschieht. Natürlich hat Paul Ja gesagt. Er hat gesagt, er würde alles tun.«

»Dann haben sie mich mitgenommen, obwohl Mom und Dad sie angebettelt haben, dass ich weiterhin in ihrer Nähe bleiben darf«, griff Melody den Faden auf. »Einer von den beiden hat mich aus dem Schlafzimmer getragen und der andere hat mich mit so einem Plastikding ans Bett gefesselt, damit ich nicht aufstehen kann. Ich hatte Angst und habe laut nach Daddy und nach Mom geschrien, aber der Mann, der mich in meinem Zimmer eingesperrt hat, hat gesagt, es würde alles gut. Er hat gesagt, ich bräuchte keine Angst zu haben, doch ich sollte aufhören, nach Mom und Dad zu schreien. Also habe ich aufgehört. Er wollte, dass ich aufhöre, deswegen habe ich nicht mehr geschrien.«

»Das war sehr klug und du warst wirklich mutig«, meinte Peabody.

»Trotzdem haben sie Daddy umgebracht.«

»Dein Dad hat uns gerettet«, raunte die Mutter ihr zu und küsste sie aufs Haar. »Der Mann, der auf dem Bett saß, hat zu Paul gesagt, er müsste etwas tun, wenn er uns retten will. Nur eine Sache, wenn sie uns in Ruhe lassen sollen. Wenn er nicht täte, was sie sagen, würden sie mir weiter wehtun … würden mich missbrauchen und als Nächstes käme unsere Tochter dran. Wenn er sich dann weiter weigern würde, würden sie uns umbringen, ihn zuletzt, damit er zusehen könnte, wie erst seine Frau und danach seine Tochter stirbt. Sie sprachen andauernd von seiner Frau und seiner Tochter, zumindest der Kerl, der bei mir auf dem Bett gesessen hat.«

»Was sollte er denn tun?«

»Er sollte töten. Sollte töten, wenn er Leben retten will. Die Leben seiner Frau und seiner Tochter würden ihm doch sicher mehr bedeuten als die Leben irgendwelcher anderen Leute, oder nicht? Paul hat gesagt, er würde tun, was sie verlangen, aber das war gelogen und das wussten sie. Der Mann, der auf dem Bett saß, meinte, vielleicht bräuchte er mehr Zeit und vielleicht müssten sie ihn überreden, ihre Wünsche zu erfüllen. Dann hat er mir geraten, meinen Ehemann davon zu überzeugen, dass er mich und meine Tochter retten soll, danach haben sie uns allein gelassen, wobei ich nicht weiß, wie lange wir alleine waren.«

»Sie haben Sie und Ihren Ehemann im Schlafzimmer allein gelassen?«

»Ja. Paul hat versucht, sich zu befreien. Ich auch. Er hat die ganze Zeit gefragt, ob ich in Ordnung bin, und mir gesagt, er fände einen Weg. Wir haben uns gesagt, dass wir uns lieben, und er hat geschworen, er ließe niemals zu, dass Melly etwas passiert.«

Cecily erschauerte und rang nach Luft. »Ich glaube, sie hatten einen Rekorder irgendwo im Schlafzimmer versteckt, denn als der eine von den beiden wiederkam, hat er sich über uns lustig gemacht.«

»So ging es immer weiter. Dieser Typ kam immer wieder rein und hat mich geschlagen oder irgendwo berührt. Dann haben sie etwas getan, weswegen Melody nach uns geschrien hat. Sie haben Paul gefragt, ob er wirklich alles tun würde, um uns zu retten. So ging es über Stunden. Es hat einfach nicht mehr aufgehört. Schließlich haben sie mich aus dem Schlafzimmer gezerrt. Ich habe mich gewehrt, aber einer von den beiden hat mich derart fest geschlagen, dass ich ohnmächtig geworden bin. Sie haben mich in einen Kellerraum gesperrt und eine Kamera dort aufgestellt. Ich glaube, damit Paul mich sehen sollte, eingesperrt und frierend, verletzt und voller Angst. Ich hatte solche Angst. Ich habe sie danach nicht mehr gesehen. Auch Paul habe ich nicht noch mal gesehen.«

Jetzt strömten Tränen wie ein Fluss der Trauer über ihr Gesicht, sie wiegte ihre Tochter in den Armen und strich ihr sanft über das Haar.

»Ich war allein dort unten, bis die Polizei gekommen ist. Jetzt weiß ich, dass mein Mann getan hat, was die beiden verlangt haben. Er hat getan, was sie verlangt haben, damit sie uns nichts tun. Sie haben einen guten Menschen, einen guten Ehemann und Vater so lange gefoltert, bis ihm keine andere Wahl mehr blieb.«

Sie legte eine Hand unter das Kinn der Tochter und hob deren Kopf, bis sie ihr in die Augen sah. »Das darfst du nie vergessen, Melody. Egal, was Dad getan hat, und egal, was andere über ihn erzählen, er hat dich mehr als alles andere geliebt. Er hat getan, wozu die Männer ihn gezwungen haben, um uns zu beschützen.«

»Sie haben ihn gezwungen, eine Bombe anzuziehen.«

Die Mutter fuhr zusammen, als hätte ihr die Tochter einen Schlag verpasst. »Was? Woher weißt du …«

»Ms. Greenspan«, sagte Eve und fragte Melody: »Du hast gesehen, wie er den Sprengstoffgürtel angezogen hat?«

»Nein, aber ich habe diese Männer reden hören. Ich habe so getan, als ob ich schlafen würde, als der eine in mein Zimmer kam. In meinem Zimmer war es dunkel und ich habe so getan, als ob ich schlafen würde, dann kam auch noch der andere an die Tür. Sie, das heißt, der Mann, der Mom geschlagen hat, er hat gesagt, dass Daddy diesen Bombengürtel tragen würde, denn jetzt hätte er ihn fast so weit.«

»Kannst du dich noch an etwas anderes erinnern, was die beiden gesagt haben?«

»Sie haben sich ganz leise unterhalten, aber irgendwie klangen sie auch aufgeregt. Ich weiß nicht, wie ich es beschreiben soll.«

»Du machst das wirklich gut. Fällt dir sonst noch etwas ein?«

»Sie haben gesagt, bald fängt das fette Leben an.«

»Das fette Leben?«

»Ja. Sie haben gesagt, um neun Uhr fängt das fette Leben an. Und der, der meistens in mein Zimmer kam, trat an mein Bett und hat mich angestupst. Ich habe mich herumgerollt und so getan, als ob ich weiterschlafen würde, und er hat gesagt, er wäre froh, dass ich auf diese Art nicht mitbekommen würde, was passiert. Dann hat der andere gesagt …«

Sie blickte ängstlich ihre Mutter an. »Er hat das böse Wort mit f gesagt. Das böse Wort mit f und dann die Kleine. Danach sind sie wieder rausgegangen. Dann muss ich wirklich eingeschlafen sein, denn plötzlich war es draußen wieder hell. Der Mann, der meistens zu mir kam, kam wieder rein und hat mich Pipi machen lassen. Was mir furchtbar peinlich war. Später hat er mir wieder diese Plastikdinger um die Handgelenke zugezogen und gesagt, dass ich wieder ins Bett gehen soll. Aber dann bekam er eine Nachricht auf dem Smartphone, wurde furchtbar aufgeregt und sagte noch mal dieses böse Wort, aber nicht wütend, sondern aufgeregt, ging wieder raus und schloss die Tür von außen ab.«

Das Mädchen atmete tief durch. »Er kam nicht noch mal zurück. Dann wurde alles still. Ich wäre beinah wieder eingeschlafen oder vielleicht bin ich wirklich eingeschlafen, aber dann sah ich, dass er mir meine Füße nicht wieder zusammengebunden hatte und dass ich auch nicht ans Bett gefesselt war. Er war so aufgeregt wegen des Anrufs, dass er es vielleicht vergessen hat. Also habe ich versucht, aus meinem Zimmer herauszukommen, aber die Tür war abgesperrt und auch die Fenster habe ich nicht aufgekriegt. Ich habe laut geschrien, aber niemand konnte mich draußen hören. Ich sah, wie Mr. Benson gegenüber aus dem Haus gegangen ist, und habe laut geschrien und versucht, das Fenster aufzukriegen, doch er hat nicht hochgeguckt. Schließlich sah ich die Polizei. Sie kamen an die Tür, aber niemand hat ihnen aufgemacht. Da habe ich das Sonnensystem, das in der Ecke steht, gesehen, und mir den Jupiter geschnappt. Er war so schwer, dass ich ihn erst mal habe fallen lassen, aber dann habe ich das Ding mit voller Wucht geworfen und die Fensterscheibe ging kaputt. Dann habe ich geschrien und endlich kam die Polizei herein.«

»Das war echt schlau«, erklärte Eve. »Das hast du wirklich toll gemacht.«

»Aber mein Daddy …«

»Deine Mom war in dem Kellerraum gefangen. Sie hat gefroren, sie war verletzt und hatte Angst. Sie konnte keine Hilfe holen, aber du konntest es und du hast es getan. Jetzt würde es uns helfen, wenn du mit Detective Peabody rauf in dein Zimmer gehen und ihr zeigen würdest, wie du diesen Ball geworfen hast.«

»Aber ich will Mom nicht alleine lassen.«

»Keine Angst. Ich bleibe in der Zeit bei deiner Mom.«

»Mein Daddy wollte diese Bombe nicht anziehen.«

»Ich weiß. Doch jetzt würde er wollen, dass du uns hilfst, und zwar so gut du kannst.«

»Na los, Melly.« Die Mutter küsste abermals ihr Haar. »Dein Daddy wäre stolz auf dich.«

»Nehmen Sie Mom nicht mit.«

»Ganz sicher nicht«, versprach Eve ihr und wartete, bis Peabody zusammen mit dem Mädchen aus dem Raum gegangen war. Falls irgendwer noch etwas aus dem Kind herausbekäme, dann die Partnerin.

»Ms. …«

»Ich bräuchte einen kurzen Augenblick für mich. Ich hätte vielleicht doch gern einen Tee.«

»Na klar.«

Eve sah ihr hinterher, als sie mit vorsichtigen, steifen Schritten in die Küche ging.

»Ich wurde auch schon häufiger zusammengeschlagen und ich hasse Krankenhäuser, aber manchmal braucht man sie.«

»Ich kann und werde Melly nicht alleine lassen, doch hier können wir nicht bleiben, das ist mir bewusst. Wir werden hier nicht länger leben können nach allem, was geschehen ist.« Die Mutter brach in hemmungsloses Schluchzen aus. »Natürlich ist es nur ein Haus, aber es war auch unser Heim. Das haben sie zerstört. Sie haben meinen Ehemann, den Vater meines Babys, umgebracht und unser Heim zerstört.«

Sie kämpfte gegen ihre Tränen an und fuhr sich mit den Händen durchs Gesicht. »Ich muss mit meiner Mutter sprechen. Sie und mein Stiefvater leben in New Rochelle. Wir können bei ihnen wohnen, bis wir wissen, wie es weitergehen soll. Und wenn sich meine Mom um Melly kümmert, gehe ich zum Arzt.«

»Wir lassen Sie zu Ihrer Mutter bringen, wenn Sie wollen.«

Nickend drückte Cecily am AutoChef den Knopf für den Tee. »Ich muss nach vorne sehen. Ich muss vor allem anderen an Melly denken. Paul … ich habe keine Ahnung, wie ich ohne ihn an meiner Seite weitermachen soll, aber darüber kann ich jetzt nicht nachdenken. Ich kann erst mal gar nicht nachdenken.«

»Können Sie mir die Männer, die hier eingebrochen sind, beschreiben?«

»Sie waren ganz in Schwarz gekleidet mit Kapuzen, dünnen schwarzen Handschuhen und weiß leuchtenden Masken im Gesicht. Die Masken hatten Schlitze für die Augen, die Gesichter waren nicht zu sehen.«

»Größe, Gewicht, Statur?«

»Sie waren weder groß noch klein. Mein Mann ist eins achtzig groß, sie waren ungefähr so groß wie er. Und fit. Nicht übertrieben muskulös, aber auf alle Fälle fit. Wobei der eine etwas schlanker als der andere war. Der Kerl, der mich geschlagen hat, war muskulöser. Ich …«

»Fahren Sie fort.«

»Ich kann es nicht beschwören, aber mir kam es so vor, als hätte es ihm Spaß gemacht, mir wehzutun und zu beobachten, wie Paul auf die Misshandlungen reagiert. Dem anderen nicht – oder zumindest nicht so sehr. Er hat mich auch geschlagen, aber niemals mit der Faust und mir kam es so vor, als würde er das eigentlich nur tun, weil der andere zugesehen hat.«

Die Tasse und die Untertasse, die sie in der Hand hielt, fingen an zu klappern, als Detective Callendar den Raum betrat.

»Dies ist Detective Callendar, eine unserer elektronischen Ermittlerinnen«, erklärte Eve. »Wir müssen uns die elektronischen Geräte im Haus ansehen. Hatte Ihr Mann ein Arbeitszimmer hier?«

»Ja. Im ersten Stock, direkt gegenüber unserem Schlafzimmer. Ich kann es Ihnen zeigen.«

»Danke, aber das finden wir wahrscheinlich auch allein. Wir hätten gern Ihre Erlaubnis, uns die elektronischen Geräte, die Alarmanlage und die Telefone anzusehen und sie gegebenenfalls mit aufs Revier zu nehmen, um sie uns dort noch genauer anzuschauen.«

»Meinetwegen nehmen Sie alles mit.«

Eve trat zu Callendar. »Überprüfen Sie als Erstes die Alarmanlage und nehmen Sie sich dann das Arbeitszimmer vor.«

»Okay.«

»Ms. Greenspan, was ist mit den Stimmen der beiden Männer? Hatten sie einen Akzent, wie war ihr Satzbau und haben sie Umgangs- oder Hochsprache benutzt?«

»Sie haben die meiste Zeit geflüstert.«

»Alles klar.« Eve sagte sich, am besten schlüge sie erst einmal eine andere Richtung ein, und fragte: »Kam Ihr Mann gut mit der Arbeit klar? War er glücklich in dem Unternehmen und mit seinem Job?«

»Oh ja, er hat die Arbeit dort geliebt. Er hat sich krummgelegt, aber die Arbeit hat ihm Spaß gemacht. Er war der Chef der Marketingabteilung und die Leute dort waren für ihn Familie.«

Sie ging zurück zur Couch und nahm genauso steif und vorsichtig, wie sie gelaufen war, wieder Platz. »Bitte, Lieutenant, bitte sagen Sie mir, was passiert ist. Bitte sagen Sie mir, wozu Paul von diesen Kerlen gezwungen worden ist.«

»Wissen Sie etwas von dem Meeting heute Vormittag?«

»Sie wollten mit Econo zusammengehen. Eine größere Kampagne hatte Paul seit Jahren nicht mehr. Sie haben Monate gebraucht, bis sie die Zustimmung zu diesem Deal bekamen und um ihn dann tatsächlich durchzuziehen. Er und sein Team haben sich um das Marketing für die Expansion gekümmert. Aber was hat das mit dem Überfall auf uns zu tun?«

»Ihr Mann ist heute früh mit einem Sprengstoffgürtel um den Bauch bei diesem Meeting aufgetaucht.«

»Oh Gott, oh Gott. Wie viele Leute hat er umgebracht? Wie viele Leute sind jetzt tot?«

»Elf. Und neun wurden verletzt.«

Sie stellte ihre Tasse auf den Tisch, warf sich die Hände vors Gesicht und brach in lautes Schluchzen aus. »Sie haben ihn zum Mörder gemacht. Haben meinen Paul zum Mörder werden lassen. Aber warum haben sie das getan? Weswegen hätten sie ihn zwingen sollen, so etwas zu tun?«

»Hatte er Feinde?«

»Nein, nein, nein.«

»Wie stand er zu diesem Zusammenschluss?«

»Er … am Anfang war er alles andere als angetan. Quantum bietet teure Luxusflüge an, aber Econo ist als Billigfluglinie bekannt. Doch Derrick – Derrick Pearson – wollte diese Expansion und ihm hat die Idee gefallen, auch auf anderen Leveln im Geschäft zu sein. Und Econo fliegt jede Menge Ziele an. Am Schluss war Paul dabei und hat die Arbeit, die er dafür leisten musste, als Herausforderung gesehen. Er ist ein echter Quantum-Mann, Lieutenant. Er war Derrick und dem Unternehmen gegenüber stets loyal.«

Sie riss die Augen auf. »Was ist mit Derrick? Geht’s ihm gut?«

»Es tut mir leid.«

»Mein Gott, Paul hat ihn praktisch als Ersatzvater gesehen.«

Sie packte Eve am Arm, wobei das Zittern ihrer Finger nicht zu übersehen war. »Ich schwöre Ihnen bei meinem Leben, Paul hat ihn geliebt. Geliebt, bewundert, respektiert. Und Paul war nie gewalttätig. Oh Gott, mein Gott, was ist mit Rozilyn, Derricks Frau? Sie sind seit beinah vierzig Jahren verheiratet. Was wird sie tun? Wie soll’s jetzt für sie weitergehen?«

»Ist Ihnen jemand in der Nähe Ihres Hauses aufgefallen, der nicht hierhergehört? Hat Paul vielleicht von irgendwem gesprochen, bei dem ihm aus welchem Grund auch immer unbehaglich war?«

»Nein. Das hat er nicht. Er hat vor allem in den letzten Wochen ständig Überstunden eingelegt. Er musste die Kampagne fertigkriegen, deshalb war er öfter abgelenkt und müde, aber gleichzeitig auch aufgeregt. Am Ende hatte er’s geschafft und heute war der große Tag. Als er Freitagnacht endlich ins Bett kam, haben wir noch kurz gekuschelt und er hat versprochen, dass wir, wenn der Deal über die Bühne wäre, übers Wochenende mit der Kleinen wegfahren, und zwar, wohin ich will. Und dann ist er mit einem Lächeln eingeschlafen. Doch dann … waren plötzlich diese Männer hier.«

Sie schluckte. »Sie waren plötzlich hier und nichts wird mehr wie vorher sein.«

»Wer kennt den Code Ihrer Alarmanlage?«

»Paul, ich selbst und Melody. Und Iris. Iris Kelly, die seit neun Jahren Mellys Nanny ist. Wir haben sie angeheuert, als ich schwanger war. Sie ist für uns Familie.«

»Ich brauche die Kontaktdaten von dieser Iris.«

»Ja, natürlich, aber Iris hätte unseren Code niemals verraten und sie hat nie im Leben etwas mit diesem Überfall zu tun. Oh Gott, ich muss ihr sagen, was passiert ist. Muss ihr das von Paul erzählen.«

»Dann hat sie also an den Wochenenden frei und kommt auch montags nicht?«

»Seit ihrer Hochzeit letztes Jahr und seitdem Melly ganztags in der Schule ist, kommt sie normalerweise nur noch Dienstag, Mittwoch, Donnerstag. Lieutenant, wir haben Iris unsere Tochter anvertraut. Das ist, als hätten wir jemandem unsere Leben anvertraut.«

»Und sonst hat niemand diesen Code?«

»Den haben nur … das heißt, es tut mir leid. Natürlich haben auch meine Mutter und mein Stiefvater den Code. Pauls Eltern leben in Sedona, deshalb … oh mein Gott. Pauls Eltern. Ich muss …«

»Die Benachrichtigung seiner Eltern übernehmen wir. Wie oft verändern Sie den Zugangscode?«

»Vielleicht einmal im Jahr. Bisher gab es hier niemals irgendwelchen Ärger. Bisher ist hier nie etwas passiert, das heißt, bis … Paul. Ich will ihn sehen.«

Die Dinge, die noch von ihm übrig sind, sollte niemand sehen, dachte Eve. »Ich gebe Ihnen die Telefonnummer des Pathologen, aber vorher gehen Sie bitte noch mit einem unserer Beamten rauf, kontaktieren Ihre Mutter und packen die Sachen, die Sie selbst und Ihre Tochter brauchen, ein. Dann bringen wir Sie nach New Rochelle. Ich bräuchte bitte eine Nummer, unter der ich Sie erreichen kann.«

»Was werden Sie jetzt tun?«

»Ich mache meinen Job.«

»Mein Mann ist kein Mörder, Lieutenant.«

»Nein, er war ein Opfer und die Mörder sind die Männer, die hier eingebrochen sind. Deswegen werde ich jetzt meine Arbeit machen, um die Kerle zu erwischen, die hier eingebrochen sind, um Sie zu schlagen, um Ihr Kind in Angst und Schrecken zu versetzen und um Ihren Mann zu zwingen, andere zu töten und mit ihnen zusammen in den Tod zu gehen.«

*

Eve spürte Callendar im Arbeitszimmer auf.

»Auf den ersten Blick kommt mir an den Gerätschaften nichts komisch vor«, erklärte die elektronische Ermittlerin ihr. »Vor allem in den letzten ein, zwei Monaten hat er dort jede Menge Kram von seiner Arbeit abgespeichert und daneben noch privates Zeug und ein paar ganz normale Mails. Anscheinend hat er zur Entspannung gerne Wortspiele gespielt. Wir sehen uns die Kiste trotzdem im Labor noch mal genauer an.«

»Was ist mit der Security?«

»Die ist echt gut.« Aus einer der zahlreichen Taschen ihrer leuchtend roten Cargohose zog die Elektronikfrau ein viereckiges Kaugummi. »Wollen Sie auch eins?«

»Nein.«

»Also, das System ist wirklich gut.« Sie wickelte das Kaugummi sorgfältig aus und steckte es sich in den Mund. »Das haben sie sich was kosten lassen, aber schließlich sollte es auch halten, was es versprochen hat. Und das hat es getan. Die Kerle haben das System nicht einfach so geknackt, sondern sich schon seit Monaten damit befasst.«

»Seit Monaten?«

»Natürlich sehen wir uns die Anlage noch mal genauer an, doch auf den ersten Blick sieht es so aus, als hätte seit Dezember irgendjemand immer wieder einmal zwischen zwei und drei Uhr nachts sein Glück daran versucht. Bei jedem Mal wurden die Aussetzer ein bisschen länger und sie drangen immer weiter vor. Wissen Sie, sie haben die Schichten nacheinander abgetragen, bis sie irgendwann beim Kern des Ganzen waren.«

Sie machte eine riesengroße rosa Blase und zog sie zurück in ihren Mund.

»Die Opfer haben den Code in diesem Zeitraum nicht verändert, also haben sich die Kerle einfach immer tiefer ins System gehackt. Es war unmöglich, einfach durchzuschlüpfen, also haben sie sich durchgekämpft. Für so was braucht man Zeit, Geduld, gewisse Fähigkeiten und vor allem eine wirklich gute Ausrüstung.«

»Das heißt, dass diese Leute und das Haus hier bereits im Dezember von den Kerlen ins Visier genommen worden sind«, schloss Eve. »Nur hat ihnen der Zugangscode zum Haus gefehlt und sie konnten das System nicht einfach auf die Schnelle lahmlegen.«

»Genau.«

»Und den Bewohnern sind die Störungen nicht aufgefallen?«

Callendar raufte sich das kurze, stachelige violette Haar. »Sie hätten ihnen auffallen können, nur haben sie anscheinend nicht genauer hingesehen. Das tun die Wenigsten. Man schaltet die Alarmanlage ein und denkt nicht mehr daran.«

»Nehmen Sie alles mit und sehen Sie sich die Geräte, auch die der Frau und Tochter, noch genauer an. Wer ist bei Quantum?«

»Feeney und McNab. Weil das hier schließlich eine große Sache ist. Da hat der Captain sich persönlich auf den Weg gemacht.«

Eve nickte. Wenn der Chef der elektronischen Ermittler selber vor Ort war, würde garantiert nichts übersehen.

»Packen Sie auch die Memowürfel ein. Ich sehe mir jetzt das Haus genauer an.«

»Okay. Wenn man sich die privaten Sachen von den Leuten ansieht, kriegt man ein Gefühl für die Person. Dieser Mann hat seinen Job geliebt, doch die Familie war für ihn auf jeden Fall die Nummer eins.«

Eve trat in den Flur und rief die SpuSi an. Sie sollten sich im ganzen Haus umschauen, doch vorher sähe sie sich selbst noch den Keller an.

Dort gab es einen großen Raum mit einem großen Fernseher und einem Spielbereich mit ein paar Puzzles, etwas Spielzeug, einer Miniküche, einem kleinen Bad und einem großen Puppenhaus, das sie an ihre Patentochter Bella denken ließ.

Der Wartungsraum lag hinter einer dicken Tür, die von den Polizisten, die zuerst vor Ort gewesen waren, aufgebrochen worden war. Dort fanden sich die Eingeweide des Gebäudes, eine alte gusseiserne Spüle und verschiedene Rohre, an die Cecily den Blutspuren zufolge von den Tätern angekettet worden war. Kein Fenster, durch das wenigstens ein Hauch von Licht hereingefallen wäre, und so dicke Wände, dass kein Laut nach außen drang.

Eve stellte sich die arme Frau hier unten in der Dunkelheit und Kälte vor. Sie war eingesperrt gewesen und sie hatte nicht gewusst, was während dieser Zeit mit ihrem Mann und ihrem Kind geschah.

Die frischen Kratzspuren im Staub zeigten die Stelle, wo die Kamera gestanden hatte, damit Paul die ganze Zeit seine geschlagene, gefesselte, hilflose Frau hier unten sitzen sah.

Eve drehte sich zur Tür, als Peabody erschien.

»Die Kollegen von der Streife bringen die Frau und Tochter zu den Großeltern. Die beiden sind vollkommen fertig, Dallas. Greenspan reißt sich für das Kind zusammen, aber sicher wird es nicht mehr lange dauern, bis sie endgültig zusammenbricht.«

Wie Eve sah auch sie selbst sich in dem Keller um. »Mein Gott«, murmelte sie. »Ich kann beim besten Willen nicht verstehen, dass sie nicht längst zusammengebrochen ist.«

»Es ging ihnen speziell um diese Leute hier«, erklärte Eve. »Das heißt, sie kannten sie zumindest gut genug, um davon auszugehen, dass Paul Rogan diese Bombe zünden würde, wenn sich die Familie nur auf diese Weise retten ließ. Sie haben sie gestalkt und sich Callendar zufolge seit zwei Monaten in die Alarmanlage eingeklinkt, um hier ins Haus zu kommen, ohne dass es jemand merkt.«

Kopfschüttelnd ging sie wieder in den anderen Raum. »Falls es den Kerlen um den Firmenchef gegangen wäre, hätten sie die Zeit in Pearson investiert. All das, um dieses Meeting nachhaltig zu stören und zumindest einen Teil der Leute in dem Raum aus dem Verkehr zu ziehen? All das, damit es nicht zu dem Zusammenschluss der beiden Unternehmen kommt?«

Mit einem neuerlichen Kopfschütteln ging Eve zurück ins Erdgeschoss. »Sie hätten diesen Deal doch sicher auch auf andere, einfachere Art zum Scheitern bringen können. Haben Sie noch etwas aus der Kleinen rausgekriegt, Peabody?«

»Sie denkt, sie hätten vielleicht auch in ihrem Zimmer eine Kamera gehabt. Und hat gesagt, der Mann, der öfter bei ihr war, hätte ab und zu telefoniert und sie gezwungen zu sagen: ›Bitte, Daddy, hilf mir.‹«