The Mental Game of Trading - Jared Tendler - E-Book

The Mental Game of Trading E-Book

Jared Tendler

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Beschreibung

Viele Bücher über Handelspsychologie befassen sich mit der Theorie, zeigen aber nicht, wie der Prozess zur psychologischen Optimierung in der Praxis funktioniert. Jared Tendler bietet hier einen neuen ganzheitlichen Ansatz. In The Mental Game of Trading räumt er mit den Mythen über Emotionen, Gier und Disziplin auf und zeigt wie man hinter das Offensichtliche blickt, um die wahren Gründe für Schwierigkeiten beim Trading zu erkennen. Das besondere an diesem Buch ist: Der Leser erhält ein praktisches Schritt-für-Schritt-System, mit dem er die Ursache seiner Probleme entdecken und sie ein für alle Mal beseitigen kann. Anhand zahlreicher authentischer Beispiele von Tradern aus der ganzen Welt, die Tendlers System erfolgreich angewendet haben, wird erklärt, wie man Probleme angeht, die tägliche Leistung verbessert und seine Gewinne steigert. Jeder Trader kann dieses einfach anzuwendende Schritt-für Schritt-System anwenden, um die eigenen psychologischen Probleme zu identifizieren und zu überinden, egal ob er mit Aktien, Devisen oder Kryptowährungen handelt. Ein unverzichtbares Handbuch für jeden Trader.

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Seitenzahl: 562

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JARED TENDLER

THE MENTAL GAME OF TRADING

THE MENTAL GAME OF TRADING

Wie Sie die psychologischen Fallen an der Börse systematisch erkennen und umgehen

JARED TENDLER

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Für Fragen und Anregungen:

[email protected]

1. Auflage 2023

© 2023 by Finanzbuch Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH

Türkenstraße 89

80799 München

Tel.: 089 651285-0

Fax: 089 652096

Die englische Originalausgabe erschien 2021 bei Jared Tendler, LLC unter dem Titel The Mental Game of Trading. © 2021 by Jared Tendler. All rights reserved.

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Wir behalten uns die Nutzung unserer Inhalte für Text und Data Mining im Sinne von § 44b UrhG ausdrücklich vor.

Die im Buch veröffentlichten Ratschläge wurden von den Verfassern und dem Verlag sorgfältig erarbeitet und geprüft. Eine Garantie kann jedoch nicht übernommen werden. Ebenso ist die Haftung des Verfassers beziehungsweise des Verlages und seiner Beauftragten für Personen-, Sach- und Vermögensschäden ausgeschlossen.

Übersetzung aus dem Englischen: Petra Pyka

Redaktion: Ulrich Wille

Korrektorat: Manuela Kahle

Umschlaggestaltung: Pamela Machleidt

Autorenfoto: Amanda Laster

Satz: Daniel Förster

eBook: ePUBoo.com

ISBN Print 978-3-95972-723-5

ISBN E-Book (PDF) 978-3-98609-402-7

ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-98609-403-4

Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter

www.finanzbuchverlag.de

Beachten Sie auch unsere weiteren Verlage unter www.m-vg.de

Inhalt

Erstes Kapitel Probleme mit dem mentalen Spiel? So lösen Sie sie mit System

Wie Sie Ihre Probleme mit dem mentalen Spiel systematisch lösen können

Emotionen sind nichts Schlimmes, sondern liefern aussagekräftige Signale

Warum Sie ein System brauchen

Zweites Kapitel Strukturen erkennen und systematisch erfassen

Emotionen als Signale verstehen

Eine Map erstellen

Drittes Kapitel Wie Sie Problemen auf den Grund gehen

Häufige Lernfehler

Das Raupenkonzept

Wenn das dicke Ende nachkommt

Viertes Kapitel Gier

Das Wesen der Gier

Häufige Anzeichen für Gier

Ihre Gier-Map

Der wahre Grund für Gier

Fünftes Kapitel Angst

Das Wesen der Angst

Häufige Anzeichen für Angst

Ihre Angst-Map

Die Angst, etwas zu verpassen (FOMO – Fear of Missing Out)

Die Angst vor Verlusten

Die Angst, Fehler zu machen

Die Angst zu versagen

Sechstes Kapitel Tilt

Das Wesen des Tilt

Häufige Anzeichen für Tilt

Ihre Tilt-Map

Wenn Sie Verluste nicht verkraften können

Der Fehler-Tilt

Der Ungerechtigkeits-Tilt

Die Rachsucht

Der Anspruchs-Tilt

Siebtes Kapitel Selbstvertrauen

Das Wesen des Selbstvertrauens

Häufige Anzeichen für Selbstüberschätzung

Häufige Anzeichen für mangelndes Selbstvertrauen

Stabiles Selbstvertrauen

Ihre Selbstvertrauens-Map

Wie Sie kognitive Illusionen und Verzerrungen korrigieren

Perfektionismus

Verzweiflung

Hoffnung und Wunschdenken

Achtes Kapitel Disziplin

Das Wesen der Disziplin

Häufige Anzeichen für Probleme mit der Disziplin

Allgemeine Strategien zur Verbesserung der Disziplin

Systematisch erfassen, wofür Sie Disziplin brauchen

Ungeduld

Langeweile

Wenn Ergebnisse zu wichtig werden

Ablenkbarkeit

Faulheit

Aufschieberitis

Neuntes Kapitel Wie Sie Ihr Problem loswerden

Fehlfunktionen des Gehirns

Die Echtzeit-Strategie

Produktive Abläufe entwickeln

Zehntes Kapitel Was Sie tun können, wenn Sie nicht weiterkommen

Probleme mit der Mustererkennung

Erst wird es schlimmer, dann besser

Burn-out

Wenn Ihnen der Kopf platzt

Wenn sich private Probleme auf Ihre Börsengeschäfte auswirken

Schlussgedanken

Quellenangaben

Danksagung

Über den Autor

Erstes Kapitel

Probleme mit dem mentalen Spiel? So lösen Sie sie mit System

»Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind.«

Albert Einstein

Irgendetwas steht Ihnen auf Ihrem Weg zum Börsenerfolg im Wege: Sie erleiden Verluste, wenn das eigentlich nicht passieren dürfte. Oder Sie verbuchen zwar laufend Gewinne, können diese aber nicht vollständig realisieren. Warum ist das so?

Um sich diese Frage zu beantworten, setzen Sie vermutlich bei Ihrer fachlichen Kompetenz an. Das ist sicherlich ein wichtiger Schritt. Sie analysieren Ihre Transaktionen, verschärfen Ihre Regeln, eignen sich neue Methoden an, entwickeln Ihr System weiter, recherchieren gründlicher und probieren neue Strategien aus. Trotzdem geht Ihnen immer wieder Geld durch die Lappen. Was Sie auch tun, Sie kommen nicht wirklich weiter. Der Grund dafür: Es liegt nicht daran, was Sie über das Börsengeschäft wissen. Die Antwort kann Ihnen nur die mentale, emotionale Seite des Geschäfts liefern – Ihr mentales Spiel. Und daran arbeiten Sie im Grunde gar nicht.

Das soll nicht heißen, beim Trading ginge es nur um Psychologie. So ist das nicht. Selbst wenn Sie mental perfekt vorbereitet sind – ausgeglichen, konzentriert, fokussiert –, werden Sie langfristig ohne die richtige Strategie nicht auf der Gewinnerseite stehen. Verfügen Sie über eine überlegene Strategie, holen damit aber dennoch nicht alles heraus, was Ihnen diese eigentlich bringen sollte, oder haben Sie mit Gier, Angst, Wut, mangelndem Selbstvertrauen oder Problemen mit der Disziplin zu kämpfen, kommen Sie Ihre mentalen Schwächen vielleicht teurer zu stehen, als Ihnen bewusst ist.

Denken Sie an Ihre teuersten Fehlentscheidungen bei der Ausführung. Kommen Ihnen folgende Fehler bekannt vor?

Sie forcieren grenzwertige Trades.

Sie steigen zu spät ein.

Sie steigen zu früh aus.

Sie ziehen einen Stop zu früh nach.

Sie schrauben Ihr Gewinnziel hoch, noch bevor es erreicht ist.

Sie reden sich ein aussichtsreiches Geschäft aus.

Solche Fehler sind oft schwer vermeidbar. Da kommen Emotionen ins Spiel, die Ihre schlimmsten Impulse auslösen können.

Doch machen Sie sich keinen Kopf. Bisher konnten Sie Ihre Ausführungsfehler auch deshalb nicht ausräumen, weil Sie gar nicht wussten, wo Sie ansetzen sollten. Dabei gelten für das mentale Spiel ebenso wie für einen Trade bestimmte Grundregeln. So kann beispielsweise das Gehirnareal, in dem Sie aktiv Entscheidungen treffen, nur eine begrenzte Menge von Informationen auf einmal abrufen. Hinzu kommt, dass Gefühle Ihren Entscheidungsprozess stören oder komplett zum Erliegen bringen können. Wer diese und andere mentale Spielregeln nicht kennt, kann seine Fehler nicht sicher ausmerzen.

Aus diesem Grund finde ich, dass der Begriff »mentales Spiel« die psychologische, emotionale Seite des Börsengeschäfts sehr gut beschreibt. »Spiel« lässt automatisch an Regeln denken und an eine Strategie dafür, wie man besser wird – nicht auf einen Schlag, sondern nach und nach. Begriffe wie »Trading-Denke«, »Trading-Mentalität« oder »Trading-Psychologie« klingen alle so statisch – als bräuchte man nur die richtige Beratung, um sich perfekt auf das Börsengeschäft vorzubereiten. Das können Sie vergessen.

Viele von Ihnen sind auf der Suche nach einem Patentrezept. Dabei brauchen Sie in Wirklichkeit eine Strategie, ein System. Aus diesem Buch können Sie sich ein praktisches Schritt-für-Schritt-System aneignen, mit dem Sie die häufigsten emotional bedingten Probleme beim Trading beheben können: Gier, Angst, Wut, zu viel und zu wenig Selbstvertrauen. Diese Probleme sind es, die den Ausführungsfehlern zugrunde liegen, denen Sie bisher hilflos ausgeliefert waren. Ich verrate Ihnen nicht nur, wie Sie sie lösen können, sondern auch, wie Sie die nötige Disziplin für Fokus, Routine, Instinkt und Ausführung aufbringen. Und ich zeige Ihnen, wie Sie unmittelbar und dauerhaft Fortschritte erzielen können.

Wie Sie Ihre Probleme mit dem mentalen Spiel systematisch lösen können

Dieses System ist das Ergebnis von 15 Jahren Arbeit. Klienten aus aller Welt, die auf höchstem Niveau in Disziplinen wie Golf, Poker, E-Sport und Trading antreten, erzielen mit diesem System herausragende Ergebnisse. Es ist so effektiv, weil es darauf ausgelegt ist, Probleme an der Wurzel zu packen. Um Unkraut zu bekämpfen, müssen Sie es mit Stumpf und Stiel ausrotten. Nur zu zertreten oder abzureißen, was über der Erde wächst, bringt auf Dauer keinen Erfolg. Mit Ihren häufigsten Trading-Fehlern ist das vermutlich ganz ähnlich. Was Sie bisher unternommen haben, war offensichtlich nicht zielführend.

Lassen Sie mich eines vorausschicken: Sie lernen aus diesem Buch nicht, wie man Transaktionen ausführt, Trading-Ideen entwickelt, Charts deutet oder Fundamentaldaten analysiert. Trader, die mein System erfolgreich einsetzen, kennen sich mit diesen Themen bereits so gut aus, dass ihnen klar ist, wo ihre eigentlichen Probleme liegen.

Den Geschichten dieser Trader werden Sie in diesem Buch immer wieder begegnen, da Sie aus ihren Erfahrungen am meisten lernen können. Während ich diese Zeilen schreibe, arbeiten sie mit dem System und erzielen damit täglich Fortschritte. Nicht anders habe ich es erwartet, denn es ist kein Hexenwerk. Sie bekommen von mir keinen Geheimtipp, der Ihnen die Gier nimmt, Gewinn zu machen, oder Ihr ängstliches Zögern, Order zu platzieren, die gut in Ihr System passen – oder Ihre zornigen Impulse, Verluste wieder hereinzuholen, indem Sie überstürzt neue Positionen eingehen.

Stattdessen bekommen Sie ein System, das Ihnen alle Voraussetzungen dafür liefert, diese Probleme aus der Welt zu schaffen – ein System, das Sie in die Lage versetzt, Ihre derzeitigen und künftigen mentalen Probleme in diesem Spiel zu lösen, indem es Ihnen klarmacht, woher diese eigentlich kommen. Ein System, das Sie methodisch durch die einzelnen Schritte führt, um Ihre Schwachstellen zu erkennen und nachhaltig zu beseitigen.

Sie lernen, wie Sie die Signale erkennen, die darauf hinweisen, dass sich ein Problem abzeichnet – ganz ähnlich wie die Hinweise auf potenziell günstige Konstellationen für Trades, die Sie beachten sollten. Dieses System ist eingängig, logisch, praxistauglich und wiederholbar. Wenn Sie sich die Zeit nehmen, es sich anzueignen, und die Hausaufgaben machen, die ich Ihnen aufgebe, sollten Sie es schaffen, Ihr mentales Spiel deutlich zu verbessern.

Doch bevor wir tiefer in das System und seine Funktionsweise einsteigen, lassen Sie mich zunächst mit ein paar weiteren Märchen zu einem wichtigen Thema aufräumen, das häufig falsch verstanden wird: Emotionen.

Emotionen sind nichts Schlimmes, sondern liefern aussagekräftige Signale

Viele von Ihnen fangen am ganz falschen Ende an, Fehler auszumerzen, die sie beim Trading begehen. Sie verkennen das Problem. Wenn Sie auch nur die geringste Chance haben wollen, Probleme wie Gier, Verlustaversion oder Perfektionismus zu lösen, müssen Sie zunächst begreifen, wogegen Sie da eigentlich kämpfen. Dazu müssen Sie die Rolle anders betrachten, die Emotionen als Ursachen für Trading-Fehler spielen.

In einer Hinsicht unterscheidet sich dieses Buch grundlegend von den Ratschlägen, die Sie gewöhnlich in anderen Ressourcen über Börsenpsychologie finden: nämlich in der Art und Weise, wie Emotionen betrachtet werden. Dort heißt es, Emotionen seien das Problem. Ratschläge fokussieren sich meist darauf, wie sich Emotionen dämpfen, steuern und abbauen lassen. Sicher können Sie so kurzfristige Verbesserungen erzielen, doch sehr weit kommen Sie mit solchen Strategien nicht. Warum?

Ganz einfach: Sie gehen am Kern des Problems vorbei. Sie verwenden Zeit und Mühe auf den Kampf gegen ein vermeintliches Problem: nämlich die durch das Trading ausgelösten Emotionen. Diese Emotionen bezeichnen Sie als irrational, versuchen, sich selbst auszutricksen oder sie zu rechtfertigen, zu verleugnen, zu meiden, zu ignorieren, abzuwehren, zu projizieren, abzulenken, zu betäuben oder sich dagegen zu feien. Vielleicht tun Sie ja sogar etwas für Ihre Gesundheit, indem Sie beispielsweise meditieren, Yoga machen oder Sport treiben, um Dampf abzulassen und den Alltagsstress abzubauen. Oder Sie entscheiden sich für nicht ganz so gesunde Optionen. So oder so – das Problem lösen Sie damit nicht.

Vielleicht ignorieren oder rechtfertigen Sie Ihre Gefühle auch gar nicht, sondern sind sich ihrer sehr bewusst und entwickeln Ihre eigenen »Lösungsansätze« – sprich Methoden, damit umzugehen. Sie steigen früh aus, um Gewinne zu sichern und zu vermeiden, dass Sie einen Reinfall erleben, wenn sich die Börse gegen Sie wendet. Wenn Ihre Emotionen zu hoch kochen, nehmen Sie sich eine kurze Auszeit vom Trading, bis Sie wieder einen klaren Kopf haben. Möglicherweise gehen Sie auch folgendermaßen vor:

Sie setzen einen Stop beim Break-even-Point.

Sie lassen einen Trade laufen und befassen sich mit anderen Dingen, um nicht dazwischenzupfuschen.

Sie brechen eine Sitzung vorzeitig ab, um sicherzugehen, dass der Tag mit Gewinnen endet.

Sie lesen sich die Klebezettel an Ihrem Bildschirm durch, bevor Sie eine Order platzieren.

Sie halten sich gezielt selbst dazu an, diszipliniert und motiviert zu bleiben.

Sie rufen sich immer wieder Grundsätze ins Gedächtnis wie: »Verluste kommen vor. Lass dich davon nicht aus der Ruhe bringen.«

Sie nehmen einen längeren Urlaub von der Börse.

Problematisch sind diese Behelfslösungen deshalb, weil Sie nicht nur Ihre Rentabilität minimieren, sondern auch Ihre Fähigkeit, sich als Trader anzupassen und weiterzuentwickeln. Vorsichtiger agieren, früher aussteigen und einen Tag mit Gewinn beschließen, um Ihre Emotionen im Griff zu behalten – so sollten Sie dieses Spiel eigentlich nicht spielen. Kurzfristig können das zwar durchaus brauchbare Strategien sein, doch bestenfalls fungieren sie als Stützräder. Und solange Sie auf Stützrädern unterwegs sind, ist Ihr Entwicklungspotenzial als Trader deutlich eingeschränkt.

Gehen wir ein bisschen tiefer. Dass Emotionen wie Wut, Gier und Angst das ursächliche Problem Ihrer Fehlentscheidungen an der Börse sind, stimmt so nicht. In Wirklichkeit sind diese Gefühle Signale. Dieser Perspektivwechsel ist ganz entscheidend. Kämpfen Sie nicht gegen Ihre Gemütsverfassung an. Betrachten Sie Emotionen vielmehr als Signale und finden Sie heraus, was sie Ihnen sagen wollen. Wenn wir körperliche Beschwerden haben, machen wir das ja auch so. Und wie bei unseren Gefühlen ist die eigentliche Ursache nicht immer offensichtlich.

Angenommen, Sie bekommen am Ende eines Börsentages Kopfschmerzen. Erst denken Sie, das kommt bestimmt vom Trading-Stress. Familie und Freunde bestärken Sie in dieser Ansicht. Doch Sie haben auch am Wochenende Kopfschmerzen, sogar nach einer Woche Urlaub. Dagegen nehmen Sie jetzt schon monatelang rezeptfreie Medikamente und versuchen, damit zu leben. Woher die Schmerzen kommen, wissen Sie immer noch nicht. Früher oder später fällt Ihnen am Ende eines Trading-Tages auf, dass Sie beim letzten Eintrag in Ihr Handelsbuch die Augen zusammenkneifen. Sie holen sich einen Termin beim Augenarzt. Wie sich herausstellt, hat sich Ihr Sehvermögen im letzten halben Jahr kontinuierlich verschlechtert. Die Kopfschmerzen bekommen Sie, weil Ihre Augen überanstrengt sind. Sie lassen sich eine neue Brille verschreiben und Ihr Problem ist gelöst. Die Kopfschmerzen waren nicht das Problem, sondern lediglich ein Signal, das Sie richtig interpretieren mussten.

Ebenso sind negative Emotionen Signale, die Sie auf ein ungelöstes Problem hinweisen. Achten Sie auf solche Signale und erkennen und beheben ihre Ursache, werden Sie nie wieder:

aus Profitgier Gewinnziele verschieben,

hinter dem Markt herjagen aus Angst, etwas zu verpassen,

hyperaktiv traden, um Verluste oder Fehler wiedergutzumachen,

sich einbilden, dass Sie klüger sind als der Markt,

auf Verlustpositionen sitzen bleiben, weil Ihr Ego nicht noch einen Verlust verkraftet.

Sind die Kopfschmerzen erst weg, schlucken Sie auch keine Tabletten mehr. Ebenso können Sie sich die Zeit und Kraft sparen, die es Sie kostet, solche Emotionen zu steuern oder zu kontrollieren, wenn diese gar nicht erst ausgelöst werden. Darin liegt der besondere Wert dieses Systems für das mentale Spiel. Haben Sie erst das eigentliche Problem erkannt und gelöst, müssen Sie darum kämpfen, es unter Kontrolle zu bringen, wenn Sie sich zu Ihrem eigenen Schutz nicht auf Stützräder verlassen wollen. Dann verflüchtigen sich die emotionalen Reaktionen und Sie können sich endlich ganz aufs Trading konzentrieren.

Sie müssen sich Ihre Emotionen so ähnlich vorstellen wie die Indikatoren, die Sie auf dem Markt verfolgen. Als Trader bedienen Sie sich ständig irgendwelcher Signale. Je nachdem, wie viel Erfahrung und Sachkenntnis Sie mitbringen, können Sie solche Signale besser oder schlechter nutzen, um sich dadurch einen Vorsprung zu verschaffen. Im mentalen Spiel sind negative Gefühle Signale für verstecktes Fehlverhalten, das Ihren Börsenerfolg untergräbt. Bei manchen lösen solche latenten Fehler unterschwellige Probleme aus – wie Computerprogramme, die unsichtbar im Hintergrund laufen. Sie beeinträchtigen Ihr Gespür für den Markt, vernebeln Ihre Gedanken und verlangsamen Ihre Reaktionen.

Bei anderen verursachen die verborgenen Probleme eine Flut von Fehlermeldungen und Abstürzen. Dann initiieren sie Trades, obwohl sie genau wissen, dass sie lieber die Finger davon lassen sollten. Oder sie haben eine lehrbuchmäßige Konstellation vor Augen, können sich aber nicht zur richtigen Entscheidung aufraffen. Ihnen ist vollkommen klar, dass sie aussteigen sollten, doch sie lassen sich von Angst oder Gier blenden. Sie wissen, wie sie reagieren sollten – und überreagieren dennoch. Ganz gleich wie stark sich solche Fehler auf Ihre Börsengeschäfte auswirken, Sie müssen sie erkennen und beseitigen, damit Sie kontinuierlich auf dem Niveau arbeiten können, das Sie von sich erwarten oder anstreben.

Emotionen führen zum Erfolg

Da derart im Fokus steht, wie Emotionen Ihren Börsenerfolg beeinträchtigen, ist die Versuchung groß, sie pauschal als schädlich abzutun. Dabei sind sie die entscheidende Voraussetzung dafür, dass Sie zur Höchstform auflaufen können. Sie sind eine wesentliche Kraftquelle für Ihren Erfolg. So betrachtet sind Emotionen weder gut noch schlecht.

Selbst Gefühle, die in aller Regel als negativ bewertet werden, sind das nicht immer. Wut kann zum Beispiel eine enorme Energiequelle sein. Michael Jordan ließ sich von Wut motivieren: Weil er aus seiner Schulmannschaft geflogen war, stieg er am Ende zum größten Basketballspieler aller Zeiten auf. Manche Trader erreichen nur dann ihre Bestform, wenn sie richtig sauer sind, andere, wenn sie mit dem Rücken zur Wand stehen und der Druck hoch ist. Emotionen von Haus aus als etwas Schlechtes zu betrachten, ist wenig zielführend – und die Ergebnisse belegen das Gegenteil.

Wut oder Angst gezielt einzusetzen, um Bestleistungen zu bringen, hat aber einen großen Nachteil: Die meisten Menschen sind nicht in der Lage, diese Gefühle zu kontrollieren. Jordan und andere herausragende Vertreter ihrer Zunft beherrschen ihre Emotionen. Sie haben herausgefunden, wie sie die richtige Mischung aus Emotionen, Energie oder Antrieb aufrechterhalten können, um immer wieder Höchstleistungen zu bringen. In ungeübten Händen können Wut und Angst aber extrem volatil sein.

Auf die richtige emotionale Mischung kommt es an und langfristig auch ganz stark darauf, wie stabil diese Emotionen sind. Stellen Sie sich vor, Sie sitzen bei rauer See in einer Nussschale und versuchen, auf ein Boot umzusteigen, das längsseits liegt. Weil die Wellen unberechenbar sind, ist es gar nicht so einfach, zum richtigen Zeitpunkt den Sprung auf das andere Boot zu wagen. Vielleicht ist es sogar unmöglich.

Ganz ähnlich ist das, wenn Sie versuchen, sich in einen Zustand zu versetzen, in dem Ihre Emotionen volatil sind. Das kann gelingen, doch die Chancen stehen schlecht und die Wahrscheinlichkeit, dass Sie dabei schwere Fehler begehen, ist groß. Bei ruhiger See – wenn Sie emotional stabil sind – ist es dagegen weitaus einfacher, diesen Zustand immer wieder zu erreichen.

Warum Sie ein System brauchen

Wenn Sie mein System anwenden, lernen Sie, wie Sie die mentale und emotionale Volatilität ausmerzen, die durch Ihre persönlichen Leistungsschwächen verursacht wird. Daraus entsteht quasi automatisch ein starker Antrieb, allerdings bei größerer Stabilität. Wie Jordan profitieren Sie von Ihrer Wut – doch ohne die negativen Begleiterscheinungen. Sie erreichen leichter und direkter Ihre optimale Verfassung. Und langfristig wird Ihnen Ihre Aufgabe mehr Spaß machen, das Burn-out-Risiko verringert sich und Ihre Fähigkeit, höhere Renditen zu erzielen, wird gestärkt.

Alle in diesem Buch angesprochenen Einzelprobleme – Gier, Angst, Wut, Selbstüberschätzung, mangelndes Selbstvertrauen und zu wenig Disziplin – können Sie mithilfe derselben zentralen Strategien aus der Welt schaffen. Ungeachtet Ihrer Persönlichkeit gelten für das mentale Spiel für alle die gleichen Spielregeln. Wir alle unterliegen denselben Einschränkungen.

Wer ein Problem mit dem mentalen Spiel lösen will, muss diese respektieren. Sie können das System aber jederzeit an Ihren Trading-Stil anpassen, ungeachtet Ihrer Strategie, Ihres Zeithorizonts, Ihrer Handelsfrequenz oder der Zahl der Märkte, auf denen Sie agieren. Es ist vollkommen egal, ob Sie mit Aktien, Optionen, Futures, Devisen, Kryptowährungen oder Anleihen handeln oder ob Sie drei Trades pro Stunde oder drei im Monat durchführen. Sobald Sie besser verstehen, wie das System funktioniert, können Sie es sich so zurechtlegen, wie es für Sie optimal ist.

Sie eignen sich ein System an, das Ihnen nicht nur dabei hilft, Ihre aktuellen Probleme mit dem mentalen Spiel zu lösen, sondern auch Ihre künftigen. Die Verwendung dieses Systems wird zu einer eigenen Kompetenz, die es Ihnen ermöglicht, Ihr mentales Spiel fortlaufend zu optimieren, wenn neue Probleme auftreten. So ist Verlustaversion möglicherweise das akute Problem, das Sie jetzt lösen möchten, während später Gier oder Selbstüberschätzung erst noch zum Problem werden könnten.

Wir Menschen erreichen niemals auf Dauer Perfektion, vor allem nicht in einer Branche, die so wettbewerbsgeprägt und dynamisch ist wie das Börsengeschäft. Vielleicht haben Sie ja in Zukunft keine so schwerwiegenden Probleme mehr, doch in Ihrem mentalen Spiel werden sich immer wieder Baustellen auftun, und dann können Sie jedes Mal auf dieses System zurückgreifen.

Wie mein System gegen häufige Leistungsschwächen hilft

In diesem Buch geht es darum, Ihnen zu helfen, die Leistungsschwächen zu erkennen und auszumerzen, die sich negativ auf Ihren Börsenerfolg auswirken. Doch was meine ich eigentlich mit »Leistungsschwächen«? Hier zwei Beispiele: hohe Erwartungen und der Bestätigungsfehler.

Hohe Erwartungen sind wohlgemerkt nicht von Haus aus verwerflich. Viele erfolgreiche Persönlichkeiten stellen unglaublich hohe Erwartungen an sich und die Menschen in ihrem Umfeld – und diese Erwartungen sind ein wesentlicher Treiber Ihres Erfolgs. Dennoch … hohe Erwartungen können ein zweischneidiges Schwert sein, mit dem Sie Ihrer Leistung selbst oftmals unterschwellig schaden. Vielleicht ärgern Sie sich zu sehr, wenn Sie diesen Erwartungen nicht genügen – oft, weil Ihnen ein Fehler unterlaufen ist, weil Sie ein hoch dotiertes Geschäft mit Verlust glattstellen, weil Sie weiter in die Verlustzone abrutschen oder weil Sie von Höchstständen zurückfallen. Vielleicht zeigen Sie aber auch Nerven und geben sich mit überschaubaren Positionen zufrieden, die nur wenig Risiko bergen.

Andere geraten in einen Teufelskreis: Aus Wut wird Angst, die das Selbstvertrauen untergräbt, was ihre Leistungsfähigkeit weiter schwächt. Es fällt Ihnen dann schwerer, Ihre Erwartungen zu erfüllen, was Sie noch wütender, ängstlicher und pessimistischer werden lässt. Erstaunlicherweise können Sie trotz allem noch recht gut funktionieren. Doch die innere Unruhe und die Schäden, die hohe Erwartungen verursachen können, hindern Sie daran, Ihr Potenzial voll auszuschöpfen.

Für eine weitere häufige Leistungsschwäche ist der Bestätigungsfehler verantwortlich. Wem dieser Begriff nicht geläufig ist: Er bedeutet im Grunde, dass man nach Bestätigung für vorgefasste Überzeugungen sucht und Informationen ignoriert oder zurückweist, die diesen Überzeugungen zuwiderlaufen. Es ist, als wären Sie mit einer Position, einer Einstellung oder einem Sektor verheiratet. Schlägt die Stimmung um, reagieren Sie zu langsam, weil Sie damit bisher so gut verdient haben. Vielleicht erweist sich Ihre Entscheidung, eine Position zu eröffnen, auch unmittelbar als richtig, weil sie das von Ihnen gesteckte Ziel zügig erreicht. Kommt es dann zu einem Rücksetzer und Sie werden ausgestoppt, steigen Sie schnell wieder ein, um zu beweisen, dass Sie richtig lagen. Oder aber Sie beobachten, wie andere Trader Gewinne verbuchen. Sie sind überzeugt, dass Sie auf jeden Fall profitieren werden, wenn Sie ihnen nacheifern. Stattdessen geraten Sie aber in Rückstand.

Manche glauben, solche kognitiven Verzerrungen seien unabänderlich und wir könnten nicht mehr tun, als uns ihrer bewusst zu werden und zu versuchen, den Schaden kleinzuhalten. Manchmal mag das zutreffen, doch meine Kunden haben deutliche Verbesserungen erzielt, indem sie herausfanden, welche Leistungsschwächen ihren persönlichen Bestätigungsfehlern zugrunde lagen. Das kann beispielsweise an mangelndem Selbstvertrauen liegen.

Als Trader können Sie glauben, was Sie wollen: Der Markt sagt Ihnen unverblümt die Wahrheit. Trader, die unter dem Bestätigungsfehler leiden, ignorieren die Realität aber oft unbewusst. Sie versuchen gar nicht herauszufinden, was wirklich stimmt, sondern wollen nur beweisen, dass alles so ist, wie sie glauben, um ihr Selbstvertrauen nicht zu verlieren.

Das waren zwei von vielen Leistungsschwächen, die in diesem Buch noch angesprochen werden. Sie erfahren darin, wie Sie Ihre persönlichen Schwächen erkennen, indem Sie Ihre Emotionen als Signale nutzen. Emotionen liefern Daten dazu, wie wir unbewusst funktionieren – im Guten wie im Bösen. Sie liefern Informationen über viele Dinge, unter anderem über unsere Grundüberzeugungen, Vorurteile, Ziele, Anschauungen, Schwächen, Verhaltensmuster, Wünsche und Illusionen. Das ist so wichtig, weil sich die Vorgänge in Ihrem Unterbewusstsein direkt auf Ihr Denken und Handeln auswirken – und ebenso auf Ihre Trading-Entscheidungen.

Ich wette, beim Stichwort »Unterbewusstsein« haben manche von Ihnen gedacht, jetzt komme ich gleich mit Freud um die Ecke. Oder damit, dass wir nachforschen müssen, ob Sie eine glückliche Kindheit hatten. Oder mit anderem Psychogeschwurbel. Aber das liegt mir nicht und das brauchen wir auch nicht, um die Ergebnisse zu erzielen, die wir im Auge haben. Fakt ist allerdings, dass im Unterbewusstsein alles Mögliche verankert ist, von einfachen Gewohnheiten – etwa, wie Sie Ihre Zähne putzen oder wie Sie eine Order platzieren – bis hin zu Überzeugungen, die sich auf Ihre Risikowahrnehmung auswirken, und auch auf andere Leistungsschwächen, wie sie bei Menschen, die in hochintensiven und wettbewerbsorientierten Branchen arbeiten, häufig vorkommen.

Wenn Sie sich durch dieses Buch arbeiten, werden Sie die Schwächen, Illusionen und Verzerrungen erkennen, die sich auf Ihre Börsengeschäfte auswirken. Und Sie werden lernen, wie Sie sie durch praktische, nachvollziehbare Schritte so korrigieren können, dass sie Sie nicht länger behindern.

Wie Sie Ihr Spiel mit diesem System auf eine neue Stufe heben (von C und B auf A)

Bei der Ausführung hat jeder sein ganz persönliches Leistungsspektrum – mental wie taktisch. Sie wissen vermutlich intuitiv, dass das auch auf Sie zutrifft. Es ist leicht erkennbar, wann jemand beim Trading in Topform ist und wann in seiner absolut schlechtesten Verfassung. Doch haben Sie sich je die Zeit genommen, sich konkret über Ihre verschiedenen Leistungsniveaus Gedanken zu machen? Das tun die wenigsten. Der Einfachheit halber bezeichne ich diese Niveaus bei der Erörterung dieses Konzepts als »Spielstufen A, B und C«.

Auf Spielstufe A sind Sie emotional klar und stabil. Sie sind genau oder zumindest fast in der optimalen Verfassung und treffen entsprechend gute Entscheidungen, weil Sie nicht durch negative emotionale Interferenzen gestört werden. Fehler, die Sie auf dieser Stufe machen, sind fachlicher Natur. Sie passieren, weil Ihnen noch Kenntnisse fehlen oder weil Sie eine aktuelle Marktveränderung noch nicht registriert haben.

Das als »Fehler« zu bezeichnen, geht möglicherweise zu weit. Schließlich würde man ja auch nicht sagen, ein Kleinkind macht einen Fehler, wenn es hinfällt, nachdem es seine ersten Schritte gemacht hat. Dasselbe gilt für Ihre Versuche, Ihr Spiel auf Stufe A zu verbessern. Solche »Fehler, aus denen man lernt«, sind unvermeidlich. Sie sind Teil des Prozesses.

Auf Stufe C zeichnet sich Ihr Spiel dagegen durch starke emotionale Volatilität aus – die Hauptursache für schlechte Leistungen. Sie begehen Fehler, die so offensichtlich sind, dass Ihnen das Sekunden später selbst klar ist. Auf dieser Stufe können Sie taktisch nichts dazulernen. Sie wissen, was richtig gewesen wäre – deshalb erkennen Sie Ihren Fehler ja so schnell. Doch im Eifer des Gefechts können Sie Ihr Wissen und Ihre übliche Kompetenz nicht abrufen – weil ein Übermaß an Emotionen intellektuelle Fehlfunktionen auslöst oder Ihnen die Kraft fehlt, klar zu denken.

Manche Trader machen gar keine großen, offensichtlichen Fehler. Ihr mentales Spiel hat ein Niveau erreicht, auf dem selbst auf Stufe C nur subtilere Fehlleistungen vorkommen. Vielleicht neigen Sie dazu, Kursbewegungen überzubewerten, oder Sie forcieren Transaktionen, bei denen keine aussagekräftigen Hinweise auf die Überlegenheit Ihrer Strategie vorliegen. Ob große oder kleine Fehler – auf Stufe C sind Ihre Leistungsschwächen zu finden. Diese Schwächen sorgen für emotionalen Aufruhr. Dann sehen Sie nicht mehr klar und das führt zu grundlegenden Fehlern, die Ihnen auf Ihrem Niveau eigentlich nicht mehr unterlaufen müssten.

Auf Spielstufe B wird es etwas komplizierter. Auf dieser Stufe begehen Sie vermutlich kleinere taktische Fehler. Es gibt Verbesserungsbedarf, der aber nicht so offensichtlich ist. Andernfalls handelt es sich um einen Stufe-C-Fehler. Auf Stufe B hindern Sie bestimmte Emotionen daran, auf Stufe A zu kommen, ziehen Sie aber nicht auf Stufe C herunter.

Aus mentaler und emotionaler Sicht unterscheidet sich Stufe B vor allem dadurch von Stufe C, dass Sie zwar den Impuls oder Gedanken haben, einen Stufe-C-Fehler zu begehen – eine Transaktion zu forcieren oder eine Position zu früh aufzulösen –, aber noch genügend Geistesgegenwart, mentale Energie und emotionale Kontrolle besitzen, um das zu verhindern. Auf Stufe C sind Ihre Emotionen zu stark. Dann können Sie sich nicht mehr beherrschen, forcieren Ihre Position oder stellen Sie zu früh glatt. Auf Stufe A haben Sie erst gar keine solchen Impulse oder Gedanken – oder diese sind so schwach, dass Sie sie kaum spüren.

Nachstehende Grafik fasst die Punkte zusammen, die ich gerade angesprochen habe, und gibt an, welche Fehler auf den jeweiligen Spielstufen auftreten.

Stufe C

Stufe B

Stufe A

EKLATANTE FEHLER

KLEINE FEHLER

FEHLER, AUS DENEN SIE LERNEN

URSACHE:

Mentale oder emotionale Schwächen lassen Ihre Gefühle hochkochen oder rauben Ihnen die nötige Kraft.

URSACHE:

eine Mischung aus taktischer Entscheidungsschwäche und mentalen oder emotionalen Schwächen

URSACHE:

unvermeidliche taktische Entscheidungsschwächen

Wenn Sie im Spiel Ihr volles Potenzial erschließen und Ihre häufigsten Ausführungsfehler ausmerzen wollen, müssen Sie die Leistungsschwächen beheben, die Sie auf Stufe C zurückwerfen. Selbst wenn Sie als gestandener Trader schon über 20 Jahre Erfahrung haben, lassen sich Ihre größten Fehler dennoch auf bestimmte Leistungsschwächen zurückführen, auch wenn Ihre Fehler deutlich weniger verhängnisvoll sind als solche, die nur Anfängern unterlaufen. Jeder Trader hat seine Leistungsschwächen, ganz gleich wie erfahren oder kompetent er ist.

Der Schwerkraft Ihrer Spielstufe C entkommen Sie nicht, indem Sie sich ausschließlich darauf fokussieren, Ihre Tradingkenntnisse und -kompetenzen zu erweitern. Verbessern Sie nur die fachlichen Fehler, die bei Ihnen auf Spielstufe C vorliegen, werden Ihre Leistungsschwächen auch weiterhin denselben emotionalen Aufruhr verursachen. Dann machen Sie zwar andere, aber immer noch offensichtliche Fehler.

Diese Strategie ist nicht verkehrt, sie ist nur ineffizient. Sie nehmen damit weiter unnötige Schwankungen Ihrer Ausführung in Kauf und Ihre Leistung lässt weiter zu wünschen übrig. Um Ihr Spiel wirklich zu verbessern, müssen Sie auf Stufe C ansetzen. Dazu müssen Sie in erster Linie die Schwächen beheben, die bewirken, dass Sie auf Stufe C spielen. Und an dieser Stelle kommt mein System ins Spiel.

Bevor Sie sich dem Ausgleich dieser Schwächen widmen können, müssen wir aber noch mit einem weiteren Märchen aufräumen – nämlich mit der Vorstellung, dass es alle Probleme Ihres mentalen Spiels löst, wenn Sie erst Ihre Emotionen unter Kontrolle haben. So ist das nicht. Kontrolle ist nicht die Antwort.

Die Lösung ist nicht, Ihre Emotionen zu kontrollieren, sondern, sie ENDGÜLTIG AUFZULÖSEN

In jedem Spiel entwickeln wir eine Strategie, die uns helfen soll, die gesteckten Ziele zu erreichen. Beim mentalen Spiel wollen viele Trader nicht hoch genug hinaus. Sie glauben, die beste Strategie sei, ihre Gefühle in den Griff zu bekommen. Doch damit gelangen sie nicht ans Endziel, sondern binden sich eine Daueraufgabe ans Bein.

Besteht Ihre einzige Taktik darin, Ihre Emotionen zu kontrollieren, werden Sie ständig gegen ein Trommelfeuer emotionaler Reaktionen kämpfen. Trading ist aber schon schwer genug, auch ohne mentale Energie darauf zu verpulvern, Ihre Emotionen in den Griff zu bekommen. Das laugt Sie aus und wird es Ihnen langfristig unmöglich machen, Ihr volles Potenzial als Trader zu realisieren.

Sie wollen eine endgültige Lösung erreichen. Das bedeutet, dass Sie die Leistungsschwächen, die Ihre Trading-Fehler verursachen, ein für alle Mal beheben. Die Faktoren, die in Ihnen sonst Wut, Gier, Angst und andere Gefühle wecken, lösen dann einfach keine solchen Emotionen mehr aus. Sie müssen Ihre emotionalen Reaktionen nicht mehr steuern, kontrollieren oder umgehen, weil sie gar nicht mehr vorhanden sind.

Und wie wirkt es sich auf Ihr Börsengeschäft aus, wenn sich Ihre Emotionen erst aufgelöst haben? Sie sind dann nicht gefühllos wie ein Roboter. Ganz im Gegenteil. Sie sind vielmehr:

voller Emotionen der guten Sorte: Energie, Selbstvertrauen, Konzentration, Motivation,

geduldiger und können den Markt kommen lassen, statt ihm hinterherzulaufen,

nicht so sehr auf Gewinne und Verluste fokussiert, sondern mehr auf die Ausführung,

in der Lage, Verluste zu verkraften,

entschlossen und schnell in der Ausführung.

Dann ist nicht nur Ihre emotionale Verfassung stabil und positiv, auch die Trading-Fehler, die Sie häufig begehen, wenn Sie von Gier, Tilt[1] oder Angst geblendet werden, unterlaufen Ihnen nicht mehr. Der Grund dafür? Solche Emotionen waren die Hauptursache für Ihre Fehler. Das heißt nicht, dass Sie künftig gar keine Fehler mehr machen – kein Trader ist unfehlbar –, doch Ihre Fehler fallen nicht mehr so ins Gewicht.

Das Konzept der endgültigen Auflösung mag Ihnen noch nicht so richtig einleuchten, doch gesehen und erlebt haben Sie es bereits – möglicherweise nur unbewusst. Hier ein einleuchtendes Beispiel aus einem ganz anderen Lebensbereich: Waren Sie schon einmal sauer auf einen Freund, weil er sich bei Ihrem letzten Treffen unmöglich benommen hat? Normalerweise hätten Sie darüber hinweggesehen, doch diesmal hat er den Bogen überspannt. Sie sagen erst nichts und treffen sich auch wieder, doch es ist einfach nicht mehr so wie früher. Zwischen Ihnen knistert es so stark, dass es anderen in Ihrem Freundeskreis auffällt.

Einen Monat später sprechen Sie den Vorfall an. Er kann sich nicht mehr genau erinnern, geht in die Defensive und behauptet, so würde er sich nie verhalten. Der Ton wird schärfer. Er steht auf und geht. Doch 20 Minuten später kommt er zurück und entschuldigt sich. Sie räumen ein, dass es falsch gewesen sei, so lange nichts zu sagen. Ist die Angelegenheit damit wirklich vom Tisch, lösen sich Ärger und Spannungen in Luft auf und melden sich – zumindest in Bezug auf diesen Vorfall – auch nicht wieder zurück.

Das ist mit endgültiger Auflösung gemeint – und genau das sollten Sie auch bei Ihren Leistungsschwächen erreichen.

Mein System, mit dem Sie diese komplette Auflösung erreichen sollen, hat bestimmte Phasen, in die jeweils verschiedene Schritte und Strategien eingebettet sind:

Strukturen erkennen: Zunächst müssen Sie ein Gesamtbild Ihrer emotionalen Volatilität auf Makroebene vor Augen haben, um eine klare Vorstellung davon zu bekommen, was da an einem beliebigen Tag alles ablaufen kann. Außerdem müssen Sie sich eine genaue Übersicht über diese emotionalen Reaktionen auf Mikroebene verschaffen, damit Sie diese in Echtzeit schnell erkennen und den Schaden minimieren können, den sie verursachen. Wie das geht, erfahren Sie im zweiten Kapitel.

Ihrem Problem auf den Grund gehen: Um Ihre Probleme an der Wurzel zu packen, müssen Sie Ihren versteckten Schwächen, Vorurteilen und Illusionen auf die Spur kommen. Dazu gehören auch Lernfehler, die komplett verhindern, dass Sie Fortschritte machen, oder diese zumindest immer wieder bremsen. In diesen Prozess werden Sie im dritten Kapitel eingeführt. In den Kapiteln vier bis acht ermitteln Sie dann Ihre persönlichen Schwächen.

Ihr Problem korrigieren: In dieser Phase gehen Sie das Problem frontal an, indem Sie wiederholt den Korrekturmechanismus anwenden. Im neunten Kapitel verrate ich Ihnen, wie Sie Ihre Reaktionen in Echtzeit kontrollieren und Ihre Fehler minimieren können.

Dieses System führt zur restlosen Auflösung der Leistungsschwächen, die Ihre Probleme verursachen. Wie wichtig diese endgültige Auflösung ist, kann gar nicht oft genug betont werden. Stellen Sie sich vor, Sie hätten überhaupt keine Probleme mehr mit Gier, Angst, Tilt, Selbstvertrauen oder Disziplin! Die harte Arbeit, die erforderlich ist, um das zu erreichen, lohnt sich. Und mit diesem System können Sie es schaffen.

Also los.

Zweites Kapitel

Strukturen erkennen und systematisch erfassen

»Der unsichtbare Feind ist immer der bedrohlichste.«

George R. R. Martin, Königsfehde

Was man nicht sieht, kann man auch nicht ändern. Viele Menschen merken gar nicht, dass ihre Versuche, die eigenen Emotionen zu korrigieren oder zu kontrollieren, schon deshalb von vornherein zum Scheitern verurteilt sind, weil der Zeitpunkt dafür so schlecht gewählt ist.

Sie lesen ganz richtig.

Von vornherein zum Scheitern verurteilt

Wenn Sie verhindern möchten, dass sich Ihre Emotionen auf Ihre Entscheidungen auswirken, müssen Sie in Echtzeit merken, wann diese Emotionen entstehen, und eingreifen, noch bevor sie Fehlfunktionen in Ihrem Gehirn auslösen können.

Um zu erkennen, wie Emotionen eskalieren, müssen Sie die vorhandenen Strukturen erfassen. Vielleicht glauben Sie, dass Sie dazu eigentlich bereits in der Lage sein sollten, können es aber trotzdem nicht, weil Sie die nötige Vorarbeit noch nicht geleistet haben. Viele Trader sind ähnlich blind für die Strukturen ihres mentalen Spiels, wie sie es zu Anfang ihrer Karriere für die Muster auf dem Markt waren.

Wahrnehmung ist eine Kompetenz wie jede andere. Doch viele übersehen, dass sie sich in mentaler, emotionaler Hinsicht verbessern lässt. Man kann daran arbeiten, nicht nur eskalierende Emotionen besser zu erkennen, sondern auch die Strukturen, die einer solchen Eskalation zugrunde liegen.

Vielen von Ihnen wird gerade erst klar, wie groß der Anteil der Emotionen an dieser Gleichung ist. Doch der erste Schritt – der darin besteht, ihre emotionalen Muster wahrzunehmen und systematisch zu erfassen – unterscheidet sich nicht von Ihrem Tagesgeschäft als Trader. An der Börse analysieren Sie Informationen und filtern aus dem Rauschen Signale und Indikatoren heraus, die Ihnen verraten, wann Sie kaufen, verkaufen oder halten sollten. Was Sie tun, sieht für weniger versierte Anleger sehr nach Zauberei oder Glück aus. Entweder bringen sie Ihnen dafür höchste Verehrung entgegen oder sie halten es für den größten Quatsch.

Was wir hier tun, ist in Wirklichkeit ganz ähnlich (und auch ich stoße dabei mitunter auf die gleiche Skepsis). Wie Sie auf Marktsignale achten, um Chancen zu ermitteln, ziehe ich Emotionen, Gedanken und Handlungen heran, um Kausalzusammenhänge zu erkennen, die andere nicht sehen. Dass Sie in der Lage sind, Signale zu deuten, haben Sie bereits hinlänglich bewiesen. Von mir können Sie jetzt lernen, diese Kompetenz auch dafür einzusetzen, Ihre Emotionen und Ihr mentales Spiel besser zu durchschauen.

Ziel dieses Schritts ist es zu erkennen, welche Muster mit den Trading-Fehlern verbunden sind, die Ihre Performance am häufigsten beeinträchtigen. Sie glauben vielleicht, diese Fehler passierten zufällig. Das stimmt aber nicht. Sie wiederholen sich immer wieder, so dass Sie die Signale erfassen können, die auf hochkochende Emotionen hindeuten. Auf diese Weise können Sie verhindern, dass Sie wieder und wieder die gleichen Fehler machen.

Stellen Sie sich vor, Sie fahren auf einer Straße, die Sie zu beständigen Erträgen und einem guten Marktgespür führt und Ihnen ermöglicht, Ihre Trading-Strategie energisch zu verfolgen. Stellen Sie sich weiter vor, dass plötzlich dichter Nebel aufzieht, so dass Sie Ihre Hand nicht mehr vor Augen sehen. Unbemerkt nehmen Sie eine falsche Abzweigung. Doch es kommt noch schlimmer: Auf der Strecke wurde eine Brücke weggeschwemmt und Sie fahren direkt auf einen Abgrund zu. Haben Sie Ihre Muster systematisch erfasst, schlägt Ihr inneres Navigationssystem Alarm, wenn Sie falsch abbiegen. Dann können Sie wenden und wieder auf die Straße zurückfahren, die Sie zum Gewinn führt.

Manche von Ihnen erkennen ihre Fehler erst, wenn es zu spät ist – wenn ihr Wagen bereits in den Abgrund stürzt. Sie haben ausgespielt. Vielleicht sind Ihre Probleme aber gar nicht so groß und Sie laufen nicht Gefahr, in den Abgrund zu stürzen. Doch je länger Sie auf dem falschen Weg bleiben, desto mehr Geld, Zeit und Chancen gehen Ihnen grundlos durch die Lappen. Doch ob Ihre Probleme nun größer oder kleiner sind, je genauer und systematischer Sie Ihre Muster erfasst haben, desto einfacher können Sie Ihre Emotionen in den Griff kriegen und auf den richtigen Weg zurückfinden.

Emotionen als Signale verstehen

Emotionen, Gedanken, Handlungen und sogar Trading-Entscheidungen liefern uns Daten darüber, wie wir auf unterbewusster, instinktiver Ebene funktionieren. Indem Sie den Hinweisen folgen, gehen Sie ganz ähnlich vor wie ein Kriminaltechniker. Nur dass es sich bei der detonierten »Bombe«, die Sie untersuchen, um das Chaos handelt, das ein hyperaktives Gefühlsleben hinterlässt. Die Hinweise auf die Ursachen Ihrer emotionalen Reaktionen liegen in den Trümmern, die die Bombe hinterlassen hat.

Diese Untersuchung kann Ihre Sicht auf das emotionale Ereignis vollständig verändern, denn eine solche Betrachtung liefert unschätzbare Erkenntnisse darüber, was dazu geführt hat und welche Schwächen dahinterstecken. Beides sind wichtige Voraussetzungen dafür, das Rätsel zu lösen, um künftige Explosionen zu verhindern.

Finden Sie heraus, welche Emotionen, Gedanken, Handlungen und Entscheidungen beim Trading automatisch ausgelöst werden. Diese Daten werden Ihnen helfen, das ganze Ausmaß des Problems zu erfassen. Werden Sie zum Detektiv, der unbeirrt allen Spuren nachgeht und diese interessiert auswertet.

Im Regelfall halten sich Trader nicht mit Spurensuche auf. Sie lassen lieber Dampf ab oder verdrängen, was passiert ist, und gehen zur Tagesordnung über. Damit vernichten sie im Grunde die Spuren, die das Problem lösen können. Dass jemand so vorgeht, ist verständlich, solange er kein System hat, das ihm seine Reaktionen erklären könnte. Für Sie gilt das nicht mehr. Diese Spuren sind wichtige Details, um Ihre Probleme mit dem mentalen Spiel systematisch zu erfassen.

Zwei Auslöser für Emotionen

Betrachtet man Emotionen als Hinweise oder Signale, so verändert sich die eigene Perspektive. Das erklärt aber nicht, woher die Emotionen kommen und dass sie so oft überraschend auftreten. Ein Grund dafür: Sie merken gar nicht, was da abläuft. Die Emotion entsteht als unmittelbare Reaktion – quasi als Reflex – auf einen Trigger. Wenn Sie zum Beispiel schnell ausgestoppt werden, kann das Wut auslösen. Eine ungewöhnliche Konstellation kann Aufregung und Nervosität hervorrufen. Wenn Sie hören, was andere an einer Transaktion verdient haben, die Ihnen durch die Lappen gegangen ist, erzeugt das Angst, etwas zu verpassen (FOMO).

Stellen Sie sich diese ursprüngliche Emotion als Reflex vor – wie wenn Ihnen der Arzt mit einem Gummihammer aufs Knie klopft oder wie Sie instinktiv einen Ball abfangen, der direkt auf Ihr Gesicht zufliegt. Dann reagieren Sie in Sekundenbruchteilen, ganz ohne bewusst nachzudenken. Auf ein Fingerschnippen entsteht eine emotionale Spitze.

Viele Trader halten den Trigger fälschlicherweise für das Problem. Dabei ist der Trigger nur der Zünder. Die Bombe ist die zugrunde liegende Schwäche. Der Trigger könnte ein Fehler sein, ein Verlust, ein knappes Ausgestopptwerden, nach dem der Kurs dreht und wieder zum Höhenflug ansetzt, oder eine beiläufige Bemerkung, die Sie als respektlos empfinden. Dieser Punkt kann durchaus verwirrend sein. Klären wir ihn also an einem Beispiel. Manche Trader werden wütend, wenn sie einen empfindlichen Verlust erleiden, werfen Gegenstände an die Wand und forcieren weitere Trades, ohne dass die entsprechenden Einstiegssignale vorliegen.

Das ist aber nicht bei allen Tradern so. Demzufolge lösen große Verluste nicht in jedem Fall Wut aus. Wäre das so, würden ausnahmslos alle Trader gleich reagieren. In Wirklichkeit stecken manche Trader große Verluste locker weg, weil sie instinktiv wissen, dass solche Ausreißer nun einmal möglich sind. Wenn Sie Ihrem Muster auf die Spur kommen möchten, müssen Sie unbedingt herausfinden, was die Probleme auslöst, die Sie beheben wollen.

Bedenken Sie dabei, dass der ursprüngliche Trigger oftmals nur wenig Emotionen auslöst – möglicherweise so wenig, dass Sie es gar nicht richtig registrieren. Sie sind sich der Auswirkungen auf Ihre emotionale Stabilität gar nicht bewusst. Dabei haben auch automatische oder gewohnheitsmäßige Gedanken, Handlungen und Entscheidungen bereits einen Effekt darauf, wie Sie mit dem Markt interagieren.

Ergibt sich beispielsweise an einem Handelstag, der schlecht begonnen hat, nach zwei Stunden eine Einstiegsmöglichkeit, so löst das eine Mischung aus Anspannung, Nervosität und Stress aus. Vielleicht denken Sie dann: »Das darf ich jetzt auf keinen Fall verpatzen!« Unwillkürlich beugen Sie sich näher zum Bildschirm und überlegen zweimal, ob Sie Ihren Augen trauen dürfen. Auf einen Schlag haben sich Ihre Gedanken, Ihre Emotionen und Ihre körperliche Verfassung verändert.

Dann kommt Ihre Reaktion. Ist Ihr nächster Gedanke »Immer mit der Ruhe, ich hab’ das im Griff«, bekämpfen Sie die Reaktion. Gelingt Ihnen das, dämpfen Sie Ihre Emotionen und verbessern Ihre Ausführung.

Ist Ihr nächster Gedanke jedoch »Das darf ich auf keinen Fall verpatzen« oder »Noch einen Verlust kann ich mir nicht leisten«, lösen diese Überlegungen sekundäre Emotionen aus, die in einen Abwärtsstrudel münden können. Sie versuchen, passierte Fehler auszugleichen, und dabei unterlaufen Ihnen andere, elementare Fehler. Diese führen zu Fassungslosigkeit und Selbstkritik: »Was ist nur mit mir los? Wieso kriege ich das nicht hin? Es ist doch stinkeinfach!« Und schon geraten Ihre Emotionen außer Rand und Band.

Viele Trader sehen in dem Gedanken »Das darf ich nicht verpatzen« fälschlicherweise Trigger und Ursache zugleich. Wenn Sie glauben, negatives Denken sei das Problem, dann bemühen Sie sich, Ihre Gedanken zu steuern und zu beeinflussen. Sie hören auf Ratgeber, denen zufolge das Problem schlicht ein Ergebnis negativen Denkens ist: »Denken Sie positiv. Halten Sie Ihre Emotionen in Schach.« Doch so ist das nicht. »Ich darf das nicht verpatzen« ist ja keine bewusste Überlegung, sondern schießt Ihnen unwillkürlich durch den Kopf.

Um das noch einmal klarzustellen: Sekundäre Emotionen entstehen, wenn Sie sich der zunächst ausgelösten Emotionen, Gedanken und Handlungen bewusst werden und darauf reagieren. Verspüren Sie Nervosität, Wut oder Langeweile, können sich diese Emotionen mental verstärken. Weil Sie bereits nervös sind, werden Sie noch nervöser. Weil Sie merken, dass Sie sich ärgern, regen Sie sich noch mehr auf. Weil Ihnen bewusst wird, dass Sie sich langweilen, ödet sie alles noch mehr an. Tritt dieser Effekt ein, kann man durchaus sagen, dass Gedanken Emotionen auslösen.

Im Alltag differenzieren die Menschen Emotionen nicht auf diese Weise. Dabei ist es ganz wichtig, zwischen dem unmittelbaren Reflex und der sekundären Ursache einer Emotion zu unterscheiden. Solange Sie nicht erkennen, woher der Reflex kommt, können Sie weder Ihr Muster skizzieren noch das Problem beheben.

Trigger erzeugen immer mehr Emotionen, die Sie dann entweder unterdrücken oder umgehen müssen. Tropft es bei Ihnen durch die Decke, dann gehen Sie dem Problem auf den Grund. Keiner wird doch eimerweise Tropfwasser entsorgen oder wiederholt ein Leck flicken, das immer wieder aufreißt. Sie forschen nach der Ursache und beseitigen sie ein für alle Mal.

Bei der Aufzeichnung Ihrer emotionalen Muster müssen Sie sowohl die ursprüngliche Reaktion im Blick haben als auch die sekundäre Emotion, denn im Zusammenspiel liefern sie den Ausgangspunkt zur Ermittlung tiefer sitzender Schwachstellen. Im folgenden Kapitel zeige ich Ihnen, wie Sie die Schwachstellen aufspüren und beheben, die Ihren Problemen zugrunde liegen. Zuvor müssen Sie jedoch Ihr Muster systematisch erfasst haben und ein weiteres wesentliches Element im Zusammenhang mit Emotionen kennen.

Wie Sie vermutlich schon festgestellt haben, bauen sich Emotionen auf. Dieses Phänomen bezeichne ich als aufgestaute Emotion.

Aufgestaute Emotionen

Inzwischen wissen Sie, dass Emotionen Signale für tiefer sitzende Schwachstellen sind und stärker werden können, wenn Sie sich Ihrer Reaktion bewusst werden. Aber wissen Sie auch, wie sich eskalierende Emotionen manifestieren? Darauf kommt es an, denn Ihre beste Verteidigung besteht darin, die Eskalation früh zu erkennen.

Fakt ist: Emotionen sind chaotisch. Sie bauen sich kurz- und langfristig auf. Das Gehirn verfügt zwar über einen natürlichen Prozess, um Emotionen zu verdauen, doch hinterlässt dieser manchmal Emotionsrückstände – die sogenannten aufgestauten Emotionen. Obwohl Sie versuchen, die Verluste und das emotionale Chaos des Vortages hinter sich zu lassen, indem Sie sich beispielsweise einreden, heute sei ein neuer Tag, ist das für Sie kein echter Neustart. Sie haben keinen Reset-Knopf und können nicht wieder bei null anfangen. Hinter Ihrer Zuversicht häufen sich Tag für Tag die Emotionen an.

Schlimmer noch: Durch zugrunde liegende Schwächen (und Sie wissen ja, die haben wir alle) können sich Emotionen über Wochen, Monate oder gar Jahre im Verborgenen ansammeln – wie ein Feind, der auf der Lauer liegt und Munition hortet. In guten Zeiten.

Werfen wir zunächst einen genaueren Blick auf den kurzfristigen Prozess. Innerhalb eines Börsentages sind wir einem ständigen Auf und Ab der Emotionen ausgesetzt. Stellen Sie sich vor, Sie würden Ihre Gefühlslage wie Kursbewegungen in einem Chart erfassen. An manchen Tagen sind Ihre Gefühle stabil und bewegen sich nur geringfügig auf und ab. An anderen Tagen unterliegen sie starken Schwankungen.

Angenommen, Sie erleiden in der ersten Hälfte einer Börsensitzung einen hohen Verlust und sind entsprechend aufgebracht. Bis zum Ende der Sitzung versuchen Sie, nicht mehr daran zu denken. Ist die Sitzung vorbei, baut sich der aufgestaute Frust allmählich ab. Bei manchen Tradern dauert das nur Minuten. Nach einem wirklich harten Tag können es aber auch mal ein paar Stunden sein – wenn Sie sich dazu im Fitnessstudio noch ordentlich abreagieren.

So oder so – wurde die Emotion freigesetzt, ist der Frust des Vortages verpufft, wenn Sie Ihr nächstes Börsengeschäft angehen. Als wäre nie etwas gewesen. Für Sie ist das ein echter Neustart – Sie sind bereit zum Einstieg, und zwar mit der Ihrer Ansicht nach optimalen emotionalen Klarheit und Ausgeglichenheit.

An Tagen, an denen Ihre Leistung oder Ihre Ergebnisse besonders gut oder schlecht ausfallen, können natürlich gleich mehrere Probleme auftreten:

Sie verlieren nicht nur während des Handelstages die Kontrolle, sondern Ihre Emotionen kochen im Anschluss noch weiter hoch, wenn Sie feiern, sich ärgern, sich ängstigen oder deprimiert sind. Ihre Emotionen fahren weiter Achterbahn, als würden Sie Überstunden an der Börse schieben.

Während des Handelstages hatten Sie sich emotional gut im Griff, doch danach stellten sich Gefühle ein und verursachten ganz andere Probleme – als würden mitten am Handelstag marktverändernde Nachrichten bekannt und Sie könnten sie erst nach Börsenschluss richtig verarbeiten.

Mit Blick auf Ihre Leistung machen Sie sich über Emotionen, die nach Ablauf des Handelstages freigesetzt werden, nicht so viele Gedanken, weil diese keinen Einfluss auf das am betreffenden Tag erzielte Ergebnis haben. Emotionen, die anhalten und sich auf Ihre Leistung am Folgetag auswirken, beschäftigen Sie dagegen sehr. Finden Sie emotional nicht zu Ihrem Ausgangszustand zurück und starten mit einem emotionalen Plus von, sagen wir, 10 Prozent, müssen Sie das in der Aufwärmphase entsprechend berücksichtigen.

Ein Plus von 10 Prozent erscheint nicht hoch, reicht aber, um zu verhindern, dass Sie Ihr Leistungsoptimum erreichen. Noch schwerwiegender: Sie müssen sich dann umso mehr anstrengen, sich im Griff zu behalten, wodurch die Wahrscheinlichkeit steigt, dass Ihnen das nicht gelingt.

Vielleicht hat dieses Mehr an Gefühlen am Folgetag auch gar keine Auswirkungen auf Sie, weil die Marktlage und Ihre Ergebnisse keine zusätzlichen Emotionen hervorrufen. Es könnte aber auch sein, dass Ihre Zahlen über die nächsten Tage noch schlechter werden – oder überdurchschnittlich gut. Dann können sich Ihre Emotionen immer weiter aufbauen.

Am Ende geht es nicht mehr um 10 Prozent über normal, sondern um 40 Prozent. Sie steigen bereits hektisch und gedanklich chaotisch in den Tag ein. Deshalb überreagieren Sie auf Kursbewegungen, verkaufen zu schnell und begehen jede Menge weiterer Fehler. Die entstehenden Emotionen begleiten Sie in den Feierabend. Es fällt Ihnen schwer, sich auf Freunde und Familie zu konzentrieren, Sie haben keine Lust, ins Fitnessstudio zu gehen, Sie essen zu viel, greifen zu alkoholischen Getränken und schlafen nicht gut. Sie wachen früh auf und die Gedanken kreisen in Ihrem Kopf. Sie überlegen sich, wie Sie die Verlustphase am besten überwinden, oder stellen sich vor, was Sie mit Ihrem Gewinn alles anfangen könnten.

Ganz gleich wann eine Emotion entsteht, ob während des Handelstages oder danach: Entscheidend ist, dass Ihnen zu Beginn des nächsten Börsentages bewusst sein muss, wie es um Ihre emotionale Verfassung bestellt ist. Sind Sie sich der 10 (oder je nach Tagesform mehr oder weniger) Prozent zusätzlicher Emotionen nicht bewusst, sind Sie nicht darauf vorbereitet, mit Ihren Emotionen richtig umzugehen.

Für Frantz, einen kanadischen Trader, der seinen akademischen Werdegang nach 15 Jahren abbrach, um von Kleinstgewinnen aus E-Mini-Futures zu leben, waren die aufgestauten Emotionen besonders problematisch. Mit seiner Frau träumte er davon, durch die Welt zu reisen. Um diesen Traum zu finanzieren und sein eigener Chef zu sein, wurde er Trader. Doch ein bunter Cocktail der Emotionen, der ihm täglich serviert wurde, hinderte ihn daran, seine Strategie konsequent auszuführen. Aus Monaten wurden Jahre und der Druck, den nötigen finanziellen Erfolg zu erzielen, um den Traum zu verwirklichen, wurde immer größer.

Um sein finanzielles Ziel zu erreichen, muss Frantz nur eine erstklassige Chance pro Tag nutzen. Ist er ruhig und gelassen, kann er klar erkennen, was vor sich geht, schnelle Entscheidungen treffen und nur die wirklich aussichtsreichen Gelegenheiten wahrnehmen. An vielen Tagen gelingt ihm das. An anderen findet er es so belastend, auf die richtige Gelegenheit zu warten, dass er auch Positionen eröffnet, die seinen strengen Kriterien eigentlich nicht genügen.

Hier ein typisches Szenario, wie es in diesem Fall eintritt. Bringt das forcierte Geschäft Verluste, macht sich Frantz sofort Vorwürfe, versucht aber gleichzeitig, sich einzureden, er habe richtig gehandelt. Dann ergibt sich eine neue Chance auf eine Trendwende. Er gerät zwar in Versuchung, kann sich aber noch zurückhalten. Er wartet und wartet und es frustriert ihn, untätig herumzusitzen. Er beschließt den Tag ganz ohne erstklassige Gelegenheiten und mit seiner einen Fehlentscheidung.

Unbewusst geht Frantz den folgenden Tag mit dem Drang an, seinen Fehler wiedergutzumachen und ein erstklassiges Geschäft abzuschließen. Gleich zu Anfang erkennt er eine potenzielle Chance, doch die Situation ist noch etwas unklar, weshalb er zunächst die Finger davon lässt. Dann hebt der Kurs ab. Frantz ist eigentlich klug genug, um ihm nicht hinterherzulaufen, doch der innere Zwang ist zu stark. Er steigt ein und verliert. In ihm keimt die Hoffnung auf, dass er sich mit dem nächsten Trade über den Verlust und über seinen Fehler hinwegtrösten kann.

Er wartet, doch das Kopfkino läuft weiter. Die Selbstvorwürfe werden lauter. »Dir war so klar, dass die Voraussetzungen schlecht waren. Den Verlust hättest du dir sparen können. Du weißt es doch eigentlich besser.« Er möchte zurückschlagen und achtet auf die kleinste Kerze im Chart, die auf eine vielversprechende Konstellation hinweisen könnte. Sieht er eine Chance, greift er zu, noch bevor er alle seine Kriterien angelegt hat. Er merkt nicht einmal, dass seine analytischen Fähigkeiten leiden, was die Sache noch schlimmer macht. Er verbucht einen Verlust, wird wütend und geht noch mehrere weitere Positionen ein, bevor er schließlich das Handtuch wirft und abbricht.

Den Rest des Tages versucht er, einen klaren Kopf zu bekommen, und verbringt Zeit mit seiner Frau und seinem Sohn. Doch seine Fehler wurmen ihn. Er befürchtet, seinen Traum nie zu verwirklichen und nie richtig Erfolg zu haben. Am nächsten Tag will er es besser machen. Ihm ist aber nicht bewusst, wie frustriert er ist. Schon zu Hause in der Familie ist die Stimmung am Morgen gereizt. Dass er deshalb die Börsenöffnung und auch gleich die erste aussichtsreiche Chance verpasst, verbessert seine Laune nicht. Als er erkennt, was ihm da entgangen ist, setzt sein Verstand aus. Ohne abzuwarten, bis die nächste Kerze abgeschlossen ist, steigt er ein und bringt sich in Teufels Küche.

Obwohl er genau weiß, dass er eigentlich nur geduldig auf den richtigen Moment warten muss, kamen solche Zyklen bei Frantz früher häufiger vor. Ich erzähle seine Geschichte an anderer Stelle weiter, um Ihnen zu zeigen, wie er aus diesem Teufelskreis ausbrechen konnte.

Emotionen bauen sich nicht immer so nachvollziehbar und kontinuierlich auf, wie Sie es bei Frantz verfolgen konnten. Das kann ganz unterschiedlich ablaufen. Manchmal entstehen Emotionen im Zusammenhang mit einem bestimmten Sachverhalt, treten aber nicht unmittelbar zutage. Eine zweite Möglichkeit: Die Umstände ändern sich, so dass ein zuvor geringfügiges Problem verstärkt wird.

Im ersten Szenario können sich Emotionen im Zusammenhang mit einem bestimmten Problem über Wochen, Monate und Jahre aufstauen, ohne sich ständig bemerkbar zu machen. Es vergehen Tage oder auch Wochen, ohne dass Sie solche Gefühle entwickeln, doch wenn dann der Trigger kommt, überfallen sie Sie wie aus dem Nichts mit unglaublicher Intensität.

Denken Sie an einen Trader mit einer recht hohen Verlusttoleranz. Doch als sein P&L[2] rasant zurückgeht – um über 10 Prozent –, versetzt das seinem Selbstvertrauen einen kräftigen Dämpfer. Er sieht sich schon alles in den Sand setzen und pleitegehen.

Logisch ist das nicht, denn das ist ihm seit seinen Anfängen noch nie passiert. Aber auch nach neun Jahren hat er die Angst noch im Hinterkopf. Er erinnert sich gut, wie er tagelang nur von Ramen lebte, monatelang seine Stromrechnung nicht bezahlen konnte und mit seinem Vermieter verhandelte, um einer Räumungsklage zu entgehen. Dass es so eng wurde, nahm ihn emotional sehr mit. Als es ihm endlich besser ging, schwor er sich, es nie wieder so weit kommen zu lassen. Und das schaffte er auch.

Doch die alten Gefühle werden geweckt, sobald in seinem Unterbewusstsein ankommt, dass er Gefahr laufen könnte, wieder abzurutschen. Sobald es besser läuft und das Thema vom Tisch ist, kann er sich problemlos einreden, das Problem sei wieder einmal gelöst. Doch ohne Korrektur besteht die zugrunde liegende Emotion auch Monate und sogar Jahre später noch. Emotionen werden »gehortet« und können sich jederzeit Bahn brechen, wenn vermeintlich die Gefahr einer Pleite besteht. Sie warten nur auf den Auslöser.

Im zweiten Szenario liegt bei Ihnen eine Schwäche vor, die so geringfügige emotionale Reaktionen auslöst, dass Sie gar nicht weiter darauf achten. Eine Zeit lang können Sie das ignorieren – bis eine Veränderung in Ihrem Leben, Ihren Prioritäten oder Zielen aus dem kleinen ein großes Problem werden lässt.

Ein Beispiel: Ihre hohen Erwartungen haben über die Jahre zwar kurzfristig für emotionale Volatilität und auch für aufgestaute Emotionen gesorgt, doch es ist Ihnen gelungen, recht passable Leistungen zu bringen. Als Problem haben Sie das nie betrachtet. Sie verdienen von Jahr zu Jahr mehr. Sie erreichen Ihre Ziele, Jahr um Jahr. Dann kommt der Tag Ihres größten Triumphes und Sie stellen überrascht fest, dass sich das gar nicht so toll anfühlt. Anders als früher spüren Sie keine überschäumende Freude. Es kommt Ihnen bloß so vor, als hätte sich die Zielgerade einfach weiter nach vorne geschoben. Sie fragen sich, ob Sie jemals wirklich zufrieden sein werden.

Auf der Makroebene blicken Sie auf Ihre Karriere und denken: »War es das?« Auf der Mikroebene fühlen Sie sich durch Ihren eigenen Erfolg gefangen. Ihr bester Tag aller Zeiten kann Sie nicht mehr in die übliche Euphorie versetzen, doch große Verluste tun Ihnen weher als früher. Im Laufe des Börsentages werden Sie immer reizbarer. Das Geschäft macht Ihnen nicht mehr so viel Spaß, und das wirkt sich auf Ihr Privatleben aus. Ihnen wird nach und nach bewusst, dass Sie nicht glücklich sind – und Sie fragen sich, ob Sie vielleicht an einem Burn-out leiden.

Kurzfristige Emotionen, die Sie normalerweise abbauen können, stauen sich auf. Dadurch fällt es Ihnen immer schwerer, beim Trading Ihren üblichen Standard zu erreichen. Sie hatten schon immer hohe Erwartungen, doch einen solchen Emotionsstau verursachen diese erst, seit Sie sich ernsthafter über Ihre Karriere Gedanken machen.

Ganz gleich wie sich solche Emotionen aufstauen – zu erkennen, ob sie sich auf Ihre Leistung auswirken, ist eine entscheidende Voraussetzung dafür, Ihr Muster systematisch zu erfassen. Wenn Sie eine der folgenden Fragen mit Ja beantworten, dürften aufgestaute Emotionen für Sie ein Faktor sein.

Reagieren Sie unverhältnismäßig und in Ihren Augen unvernünftig auf bestimmte Ereignisse?

Unterlaufen Ihnen so grundlegende Fehler, dass Sie sich gar nicht erklären können, wie Ihnen das passieren konnte?

Fällt es Ihnen zunehmend schwer, nach Feierabend abzuschalten und sich wirklich zu entspannen?

Können Sie schlecht einschlafen oder wachen Sie nachts auf und grübeln?

Explodieren Sie schneller als gewöhnlich und überreagieren schnell?

Trader wissen in aller Regel sehr genau, was sie tun müssen, wenn aufgestaute Emotionen für sie ein maßgeblicher Faktor sind. Sie bringen es bloß nicht fertig. Ich höre von den Tradern unter meinen Klienten immer wieder, wie widersprüchlich das für sie ist: »Wie kann es sein, dass ich X denke und weiter Y mache, obwohl ich es besser weiß?« Bei ihnen hat sich so viel emotionaler Müll aufgestaut, dass sie ihre Gedanken nicht mehr in ordentliche Ausführung übersetzen können. Das stiftet Verwirrung und beeinträchtigt ihre Leistung zusätzlich. Aufgestaute Emotionen, von manchen auch als »emotionaler Ballast« bezeichnet, gehören zu den Komponenten des mentalen Spiels, die am schwersten zu verbessern sind. Sie haben es mit den heute entstandenen Emotionen und mit den im Laufe der Zeit aufgestauten Emotionen zu tun. Um aufgestaute Emotionen abzubauen, müssen Sie in Ihrer Freizeit an sich arbeiten.

Die Kapitel drei und neun helfen Ihnen, eine Strategie zu entwickeln, die das kurzfristige Bedürfnis, Emotionen freizusetzen, mit dem langfristigen Ziel in Einklang bringt, Ihre Probleme zu beheben. Bis dahin sollten Sie Ihre Reaktionen ruhig weiter durch Feierabendstrategien wie Sport, körperliche Bewegung, Treffen mit Freunden und Ähnliches steuern. Das sind gar keine schlechten Strategien, wenn sie Sie davor bewahren, den Verstand zu verlieren. Achten Sie dabei nur unbedingt auf die Hinweise, die Sie brauchen, um Ihre Muster systematisch zu erfassen. Ansonsten können Sie Ihre Probleme langfristig nicht wirklich aus der Welt schaffen.

Eine Map erstellen

Wie sollen Sie Ihre Emotionen nun aber konkret verfolgen und abbilden? Indem Sie bewusst wahrnehmen, analysieren und aufschreiben, was vor, nach und während jedem Fehler passiert, der Ihnen beim Trading unterläuft. Hier ein paar Dinge, die Sie dabei berücksichtigen sollten:

Trigger,

Gedanken,

Gefühle,

Verhaltensweisen,

Handlungen,

Änderungen an Entscheidungsprozessen,

Änderungen an Ihrer Wahrnehmung des Marktes, der Chancen oder aktueller Positionen,

Trading-Fehler.

Achten Sie genau auf den Zeitraum, in dem diese Fehler passieren, und analysieren Sie alle solchen Details, die vorher oder nachher vorliegen.

Anfangs können Sie womöglich nur wenige Signale erkennen. Bei der FOMO könnte Ihnen beispielsweise Folgendes auffallen:

ein zittriges, nervöses Gefühl im Bauch,

der Gedanke: »Ich darf nicht noch eine Chance verpassen!«,

eine Änderung an einem Minutenchart.

Ungeachtet Ihres Ausgangsniveaus gilt: Wenn Sie nur weiter genau darauf achten, werden Sie mit der Zeit immer mehr dieser Signale erkennen. Hier ein Beispiel für das, was Sie im Einzelnen jeweils aufzeichnen sollten:

Trigger: Intraday-Optionshandel.

Gedanken: »Das kann doch nicht sein! Ich lasse mich doch nicht vom Markt aufhalten – dieses Geschäft ziehe ich schon noch gerade!«

Gefühle: Ich will Revanche, wenn sich ein Trade nicht auszahlt, von dem ich überzeugt bin.

Verhaltensweisen: Ich bin zu sehr auf eine Position fixiert.

Handlungen: Mein Blick klebt ständig am P&L.

Änderungen an Entscheidungsprozessen: Ich denke nur an Revanche und daran, mir mein Geld zurückzuholen.

Änderungen an Ihrer Wahrnehmung des Marktes: Ich überbewerte Kursbewegungen und bin sicher, dass ich sie richtig prognostizieren kann.

Fehler: Ich versuche es immer wieder mit demselben Trade, bis klar ist, dass ich falschliege oder nicht weiterkomme.