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Der Hexer Geralt von Riva wird von einem Zauberer beauftragt, eine junge Frau zu fangen. Nun muss Geralt sich entscheiden: eine scheinbar Unschuldige dem Tod ausliefern oder sich den Zauberer und eine ganze Stadt zum Feind machen. Beides klingt nach einer schlechten Wahl – aber was ist das kleinere Übel?
Die Erzählungen von Andrzej Sapkowskis Weltbestsellerserie THE WITCHER wurden von den besten französischen Comic-Künstlern bebildert. Jeder Band enthält den Text einer Erzählung in der bekannten deutschen Übersetzung, vierfarbig illustriert und mit Bonusmaterial versehen.
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Seitenzahl: 76
Herausgegeben von Stéphane Marsan und Alain NévantDie Herausgeber danken Thimothée Montaigne und Ugo Pinson für den intensiven Austausch und den künstlerischen Marathon, Olivier Souillé für seine stets wohlwollenden Ratschläge, Patricia Pasqualini für ihr Vertrauen und natürlich Séverine Besnard für ihre kreative Sorgfalt. Verwendung des Seitenlayouts mit freundlicher Genehmigung von François Baranger.Redaktion: Piéric Guillomeau · Künstlerische Leitung: Fabrice Borio und Séverine Besnard (e-Dantès) · Layout: Séverine Besnard · Reproduktion: Studio Gaël Le Boux · Fotos: Fabrice BorioDer Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.
Deutsche Erstausgabe 07/2022
Copyright © 1993 des Textes by Andrzej Sapkowski
Copyright © 2020 der Illustrationen und des Anhangs by Bragelonne
Vermittelt durch die Patricia Pasqualini Literary Agency
This special edition was designed and first published by Editions Bragelonne, France.
Copyright © 2022 der deutschsprachigen Ausgabe
by Wilhelm Heyne Verlag, München,
in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,
Neumarkter Str. 28, 81673 München
Satz: Uhl + Massopust, AalenISBN: 978-3-641-28939-3V001@HeyneFantasySF
UGO PINSON
Wurde 1987 in Nantes als Sohn eines Architekten geboren. Seit seiner frühesten Kindheit beschäftigt er sich intensiv mit dem Zeichnen. Pinson besuchte die Pivaut-Schule in Nantes und hatte während seines Studiums das Glück, mit Jean-Claude Golvin zusammenzuarbeiten, einem Illustrator, Architekten, Archäologen und großen Experten für das Altertum. 2015 machte ihn der erste Band des Comics Stonehenge nach einem Szenario von Corbeyran in der Verlagswelt bekannt, ein keltisches Abenteuer, das vollständig in Öl gemalt wurde. Danach gestaltete er zahlreiche Cover-Illustrationen für verschiedene Verlage wie Delcourt und Glénat. Pinson arbeitete mit Zeitschriften wie Le Figaro Histoire zusammen und wirkte 2018 an der Neuschaffung des Museums im Schloss von Dinan mit. Seine Vorliebe für traditionelle Malerei und Geschichte brachte ihm die Mitarbeit an den Bildbänden von The Witcher Illustriert ein. Zurzeit arbeitet Ugo Pinson an einem ehrgeizigen Comicprojekt, bei dem ebenfalls alle Bilder mit Ölfarben gemalt werden.
ANDRZEJ SAPKOWSKI
Wurde 1948 in Polen geboren. Für die Saga um den Hexer Geralt von Riva, ein Welterfolg, der in 37 Sprachen übersetzt wurde und dessen Verkaufszahlen bereits 15 Millionen Exemplare überschritten haben, hat er sich von der slawischen, nordischen und antiken Mythologie und von Volksmärchen inspirieren lassen, um sie dann zu verfremden. Er spricht darin zeitgenössische Probleme wie Diskriminierung, Veränderung und die Suche nach Sinn in einer sich wandelnden Welt an. Sein Werk wurde fünfmal mit dem Janusz A. Zajdel Preis sowie mit dem David Gemmell Award ausgezeichnet. Der Hexer wurde als The Witcher bereits dreimal als Videospiel adaptiert, und die TV-Serien-Verfilmung von Netflix wurde ein weltweiter Erfolg. In Narrenturm, dem ersten Band der Hussiten-Trilogie, entfaltet Sapkowski ein großes historisches Epos, das während der böhmischen Kreuzzüge im Europa des 15. Jahrhunderts spielt.
Wie üblich erregte er zuerst die Aufmerksamkeit der Katzen und der Kinder. Der gestreifte Kater, der auf einem von der Sonne erwärmten Stapel Holz schlief, hob den runden Kopf, legte die Ohren an, fauchte und sprang in die Brennnesseln. Der dreijährige Dragomir, der Sohn des Fischers Trigla, der sich auf der Schwelle der Hütte nach Kräften bemühte, das beschmierte Hemdchen noch mehr zu beschmieren, brüllte los, die tränennassen Augen auf den vorüberreitenden Mann gerichtet.
Der Hexer ritt langsam und versuchte nicht, den Heuwagen zu überholen, der die Gasse versperrte. Hinter ihm trottete, mit einem sich immer wieder spannenden Seil am Sattelbogen festgemacht, mit vorgerecktem Halse ein bepackter Esel. Außer dem üblichen Packsattel schleppte das Langohr auf dem Rücken eine ziemlich große, in eine Decke gewickelte Gestalt. Den grauweißen Rücken des Esels bedeckten schwarze Flecken geronnenen Blutes.
Der Wagen bog endlich in eine Seitengasse ab, hin zum Speicher und zur Anlegestelle, von der es nach Seeluft, Teer und Rinderharn roch. Geralt ritt schneller. Er ignorierte den erstickten Schrei der Gemüsehändlerin, die auf die knochige, krallenbewehrte Pfote starrte, die unter der Decke hervorschaute und im Trott des Esels schaukelte. Er schaute sich nicht nach der wachsenden Menschenmenge um, die ihm folgte und aufgeregt wogte.
Vorm Hause des Schulzen standen wie üblich viele Wagen. Geralt sprang aus dem Sattel, rückte das Schwert auf dem Rücken zurecht, warf den Zügel über eine hölzerne Brüstung. Die Menge, die ihm gefolgt war, bildete einen Halbkreis um den Esel.
Die Schreie des Schulzen waren schon draußen zu hören.
»Nein, sag ich! Du darfst nicht, verdammt noch mal! Verstehst du nicht, was man dir sagt, du Lump?«
Geralt trat ein. Vor dem Schulzen, der klein, dickbäuchig und vor Wut rot angelaufen war, stand ein Dörfler und hielt eine sich sträubende Gans am Halse.
»Was soll … Bei allen Göttern! Du bist es, Geralt? Sehe ich richtig?« Und wieder zu dem Bauern: »Nimm das mit, Kerl! Bist du taub geworden?«
»Sie haben gesagt«, faselte der Dörfler und schielte auf die Gans, »dass man dem Herren ein bisschen was geben muss, denn sonst …«
»Wer hat das gesagt?«, donnerte der Schulze. »Wer? Soll das heißen, ich nehme Schmiergeld? Ich erlaub’s nicht, sag ich! Scher dich weg, sag ich! Grüß dich, Geralt.«
»Grüß dich, Caldemeyn.«
Der Schulze drückte dem Hexer die Hand und schlug ihm mit der anderen auf die Schulter. »Es sind wohl zwei Jahre, dass du nicht hier warst, Geralt. Was? Dass du es auch nirgends eine Weile aushältst. Wo kommst du her? Ach, pfeif drauf, was macht es schon aus. He, jemand soll Bier bringen! Setz dich, Geralt, setz dich. Bei uns geht’s drunter und drüber, denn morgen ist Jahrmarkt. Was gibt’s bei dir Neues, erzähl!«
»Später. Zuerst sollten wir rausgehen.«
Draußen hatte sich die Menge schon verdoppelt, doch der freie Raum um den Esel war nicht kleiner geworden. Geralt schlug die Decke zurück. Die Menge stöhnte auf und wich zurück. Caldemeyn blieb der Mund offen stehen.
»Bei allen Göttern, Geralt! Was ist das?«
»Eine Kikimora. Gibt’s dafür nicht vielleicht eine Belohnung, Herr Schulze?«
Caldemeyn trat von einem Fuß auf den anderen und betrachtete die spinnenhafte, von dürrer Haut umhüllte Gestalt, das glasige Auge mit der senkrechten Pupille, die Nadelzähne in dem blutbefleckten Maul.
»Wo … Woher …«
»Auf dem Damm, an die vier Meilen vorm Städtchen. Im Sumpfland. Caldemeyn, dort müssen Menschen umgekommen sein. Kinder.«
»Ja, es passt zusammen. Aber niemand … Wer hätte denken können … He, Leute, nach Hause, an die Arbeit! Hier gibt’s nichts zu glotzen! Deck es zu, Geralt. Die Fliegen sammeln sich.«
In der Stube griff sich der Schulze wortlos einen Humpen Bier und trank ihn in einem Zuge aus. Er seufzte tief und schniefte.
»Es gibt keine Belohnung«, sagte er mürrisch. »Niemand ist überhaupt auf den Gedanken gekommen, dass so was im Salzmoor sitzt. Es stimmt, mehrere Leute sind in der Gegend verschwunden, aber … Es ist kaum jemand auf diesem Damm rumgelaufen. Und wie bist du dort hingeraten? Warum bist du nicht auf der Hauptstraße geritten?«
»Auf den Hauptstraßen verdiene ich nichts, Caldemeyn.«
»Ach ja.« Der Schulze unterdrückte mit aufgeblasenen Backen einen Schluckauf. »Und es war so eine ruhige Gegend. Sogar die Wichtel haben den Weibern hier nur ganz selten in die Milch gepisst. Und schau her, da sitzt gleich nebenan irgend so eine Kikimiki. Sieht so aus, als müsste ich dir danken. Denn bezahlen, also bezahlen werd ich dich nicht dafür. Dafür ist nichts vorgesehen.«
»Pech. Ich könnte ein paar Groschen gebrauchen, um über den Winter zu kommen.« Der Hexer nahm einen Schluck aus dem Bierkrug, wischte sich den Schaum von den Lippen. »Ich will nach Yspaden, aber ich weiß nicht, ob ich es schaffe, ehe die Wege zugeschneit sind. Womöglich bleibe ich in einer von den kleinen Städten an der Lutoner Straße hängen.«
»Willst du es dir für länger in Blaviken gemütlich machen?«
»Nein. Ich habe keine Zeit, es mir gemütlich zu machen. Der Winter kommt.«
»Wo wirst du wohnen? Vielleicht bei mir? Eine freie Kammer ist unterm Dach, wozu sollst du dich von den Schankwirten ausnehmen lassen, diesen Halunken. Wir werden uns unterhalten, du erzählst, was in der weiten Welt los ist.«
»Gern. Aber was wird deine Libussa dazu sagen? Letztes Mal war zu merken, dass sie nicht begeistert von mir ist.«
»In meinem Haus haben die Weiber nichts zu melden. Obwohl, unter uns gesagt, mach in ihrem Beisein nicht, was du letztes Mal beim Abendbrot gemacht hast.«
»Du meinst, dass ich die Gabel nach der Ratte warf?«
»Nein. Ich meine, dass du getroffen hast, obwohl es dunkel war.«
»Ich dachte, das war komisch.«
»War es. Aber tu das nicht, wenn Libussa dabei ist. Und hör mal, diese … wie heißt sie doch gleich … Kiki…«
»Kikimora.«
»Brauchst du die zu irgendwas?«
»Wozu schon? Wenn es keine Belohnung gibt, kannst du sie auf den Mist werfen.«
»Kein schlechter Gedanke. Heda, Karelka, Borg, Nasstein! Ist da einer?«
Ein Stadtwächter mit einer Partisane über der Schulter kam herein und kratzte dabei mit der Klinge über den Türbalken.