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Zufriedene, treue Kunden dank UX Research - Lernen Sie die sechs Erfahrungsebenen der User Experience kennen und wie sie Ihnen dabei helfen, Ihre Kunden besser zu verstehen. - Finden Sie heraus, wie Sie entscheidende Erkenntnisse über die bewussten und unbewussten Denkprozesse Ihrer Kunden gewinnen können. - Erfahren Sie, wie Sie das Gelernte sofort anwenden, um Ihre Produkte und Services zu verbessern. - Inklusive praktischer Übungen sowie zahlreicher Beispiele dafür, wie weltweit führende Unternehmen wie PayPal mit diesem System sehr erfolgreiche Nutzererlebnisse kreieren. Designen Sie Produkte und Services mit der besten User Experience, indem Sie sich an den Wünschen, Erwartungen und Denkprozessen Ihrer Kunden orientieren. Mit seinem praktischen Modell der sechs Erfahrungsebenen hilft UX-Experte und Psychologe John Whalen Ihnen dabei, Ihre Kunden besser zu verstehen, Muster zu erkennen und das daraus gewonnene Wissen erfolgreich einzusetzen. Nachdem Sie im ersten Teil dieses Buchs gelernt haben, welche kognitiven Prozesse zu einem positiven Nutzererlebnis führen, zeigt der Autor Ihnen im zweiten Teil, wie Sie diese mithilfe von Kontextinterviews in Ihren Kunden identifizieren. Im dritten Teil erfahren Sie schließlich, wie Sie die erlangten Erkenntnisse dynamisch umsetzen und in Ihre Arbeit integrieren. Zahlreiche praxisnahe Beispiele, u. a. zu topaktuellen Themen wie KI, VR und Machine Learning, sowie interessante Übungsaufgaben veranschaulichen Theorie und Praxis von Whalens Modell und helfen Ihnen bei dessen Adaption, sodass Sie schnell bessere Produkte oder Services designen, die Ihre Kunden glücklich machen.
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Seitenzahl: 244
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John Whalen hat einen PhD in Kognitionswissenschaft und über 15 Jahre Erfahrung im human-centered Design. Als CXO bei 10Pearls berät und unterstützt er namhafte Unternehmen wie PayPal und CocaCola in den Bereichen Innovation, Strategie und UX-Design, wobei er Psychologie mit Design Thinking und Lean-Startup-Techniken verbindet.
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John Whalen
Mit kognitiver Psychologie zu besseren Produkten
John Whalen
Übersetzung: Isolde Kommer und Christoph Kommer
Lektorat: Sandra Bollenbacher
Copy-Editing: Petra Heubach-Erdmann, Düsseldorf
Satz: Tilly Mersin und Isolde Kommer, Großerlach, www.mersinkommer.de
Herstellung: Stefanie Weidner
Umschlaggestaltung: Helmut Kraus, www.exclam.de
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
ISBN:
978-3-86490-715-9
978-3-96088-854-3
ePub
978-3-96088-855-0
mobi
978-3-96088-856-7
1. Auflage 2020
Translation Copyright für die deutschsprachige Ausgabe © 2020 dpunkt.verlag GmbH
Wieblinger Weg 17
69123 Heidelberg
Authorized German translation of the English edition of titled Design for How People Think ISBN 9781491985458 © 2019 John Whalen
This translation is published and sold by permission of O’Reilly Media, Inc., which owns or controls all rights to publish and sell the same.
German language edition published by dpunkt.verlag GmbH, Copyright © 2020
Hinweis:
Dieses Buch wurde auf PEFC-zertifiziertem Papier aus nachhaltiger Waldwirtschaft gedruckt. Der Umwelt zuliebe verzichten wir zusätzlich auf die Einschweißfolie.
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»Dieses Buch basiert auf Johns jahrelanger Forschung und Praxis und präsentiert sie leicht verständlich, praxisnah und unterhaltsam mit einem spielerischen Sinn für Humor. Egal welche Rolle Sie in Ihrem Team spielen, das Konzept der sechs Erfahrungsebenen wird Ihnen helfen, wichtige Erkenntnisse über Ihre Kunden zu gewinnen und den Markterfolg Ihres Produkts entscheidend zu steigern.«
HEATHER WINKLE,MANAGING VICE PRESIDENT OF DESIGN BEI CAPITAL ONE
»[Dieses Buch] liest sich wie eine Unterhaltung mit John – klar, engagiert und immer auf den Punkt. Ein großartiges Buch für Leute, die neu in die UX-Forschung einsteigen oder die sich bereits mit UX beschäftigen und deren Rolle im Produktdesign besser verstehen wollen. Selbst langjährige Praktiker werden das Konzept der sechs Erfahrungsebenen als innovativ und nützlich und die Zusammenfassung der Schlüsselkonzepte als hilfreiche Auffrischung empfinden. Viele gute Beispiele und konkrete, praktische Ratschläge.«
LAURA CUOZZO GUARNOTTA,USER EXPERIENCE RESEARCH LEAD BEI GOOGLE
»Die Designbranche verändert sich schnell und durch KI und ML treten neue Tools an die Stelle von Designelementen, die einst mit Tastatur und Maus entwickelt wurden. Wir haben heute die Werkzeuge, um die Forschungsergebnisse zu einem Gesamtbild zu vereinen, aber [dieses Buch] hilft Ihnen, zu erkennen, wie Sie sie für das Design der Zukunft zusammenfügen können. Dazu konzentriert es sich intensiv darauf, wie die Kunden denken, und nicht, wie sie unsere Produkte verwenden.«
JASON WISHARD,DIRECTOR, DESIGN PRACTICE MANAGEMENT BEI CAPITAL ONE,CONSUMER BANK DESIGN
»Die Nachfrage nach herausragender Kundenerfahrung steigt täglich. Leider haben sich mit den neuen Technologien wie KI oder AR die Regeln für die Kundenerfahrung geändert. Johns Buch bietet einen Einblick in die Verarbeitung dieser Technologien durch das Gehirn und skizziert eine wissenschaftlich fundierte Strategie zur Vermittlung von wirkungsvollen Kundenerfahrungen.«
JASON PAPPAS,INNOVATION AND DIGITAL TRANSFORMATION LEADER BEI EATON
Vorwort
TEIL 1»DIE« ERFAHRUNG NEU DENKEN
Kapitel 1Die sechs Erfahrungsebenen
Sehen, Aufmerksamkeit und Automatismen
Wegfindung
Sprache
Erinnerung
Entscheidungen
Emotion
Die sechs Erfahrungsebenen
Übung
Kapitel 2In einem Augenblick: Sehen, Aufmerksamkeit und Automatismus
Von der Repräsentation zur Erfahrung
Unbewusste Handlungen: beim Anschauen erwischt
Visuelle Ausreißer
Hoppla, Sie haben etwas übersehen!
Unser visuelles System schafft Klarheit, wo es keine gibt
Ceci n’est pas une pipe: wahrgenommene und tatsächliche Bedeutung
Weiterführende Literatur
Kapitel 3Wegweiser: Wo bin ich?
Die Ameise in der Wüste: Berechnung des euklidischen Raums
Orientierung im physischen und virtuellen Raum
Wohin kann ich gehen? Wie komme ich dorthin?
Benutzeroberflächen testen und Metaphern für die Interaktion finden
In die Zukunft denken: Gibt es in einer Sprachschnittstelle ein »Wo«?
Weiterführende Literatur
Kapitel 4Erinnerung/Semantik
Details wegabstrahieren
Dienstleistungs-Stereotypen
Mentale Modelle verstehen
Die Bedeutung der Vielfalt mentaler Modelle
Auflösungen der Rätsel
Weiterführende Literatur
Kapitel 5Sprache: Ich habe es Ihnen doch gesagt
Warten Sie, haben wir das nicht gerade erst gehabt?
Die Sprache des Gehirns
»Was wir hier haben, ist ein Kommunikationsproblem«
Wörter richtig verwenden
Ich höre genau zu
Kapitel 6Entscheidungsfindung und Problemlösung – Auftritt Bewusstsein
Wo ist das Problem (Definition)?
Wie können Probleme anders dargestellt werden?
Den Königsweg zur Problemlösung finden
Wenn Sie unterwegs steckenbleiben: Zwischenziele
Weiterführende Literatur
Kapitel 7Emotion und logische Entscheidungsfindung
Zu viele Informationen, die mein Gehirn blockieren! Zu viele Informationen, die mich durcheinanderbringen!
Ich bin nicht Spock
Der Wettstreit um die bewusste Aufmerksamkeit
Tief liegende Wünsche, Ziele und Ängste ansprechen
Weiterführende Literatur
TEIL 2GEHEIMNISSE AUFDECKEN
Kapitel 8Nutzerforschung: Kontextinterviews
Warum ein Kontextinterview?
Empathie-Forschung: Verstehen, was der Nutzer wirklich braucht
Empfohlener Ansatz für Kontextinterviews und deren Analyse
Häufig gestellte Fragen
Von Daten zu Erkenntnissen
Übung
Konkrete Empfehlungen
Weiterführende Literatur
Kapitel 9Sehen: Was guckst du?
Wohin wandern ihre Augen? Eye-Tracking kann Ihnen einiges verraten, aber nicht alles
Schnell, eine Heatmap
Mit dem Strom schwimmen
Beispiele aus der Praxis
Konkrete Empfehlungen
Kapitel 10Sprache: Hat er das gerade wirklich gesagt?
Interviews aufzeichnen
Rohdaten vorbereiten: aber, aber, aber …
Zwischen den Zeilen lesen: Fachkenntnisse
Beispiele aus der Praxis
Konkrete Empfehlungen
Kapitel 11Wegfindung: Wie kommen Sie dorthin?
Wo befinden sich die Nutzer ihrer Ansicht nach?
Wie gelangen sie ihrer Ansicht nach von A nach B?
Worauf basieren diese Erwartungen?
Beispiele aus der Praxis
Fallstudie: Filmvorführung mit Ablenkungen
Konkrete Empfehlungen
Kapitel 12Erinnerung: Erwartungen und Lücken füllen
Bedeutung und Stereotypen
Alles zusammensetzen
Beispiele aus der realen Welt
Mögliche Entdeckungen
Konkrete Empfehlungen
Kapitel 13Entscheidungsfindung: den Brotkrumen folgen
Was mache ich jetzt? Ziele und Wege
Gib mir was davon ab! Zeitnahe Bedürfnisse
Gib mir einen Plan: der Weg zur Entscheidungsfindung
Beispiele aus der Praxis
Konkrete Empfehlungen
Kapitel 14Emotion: die unausgesprochene Realität
Ein wenig leben (Realität und Wesentlichkeit)
Träume (Ziele, Lebensphasen, Ängste) analysieren
Den Zeitgeist erkennen (personen- versus personaspezifisch)
Verbrechen aus Leidenschaft
Beispiele aus der Praxis
Konkrete Empfehlungen
TEIL 3DIE SECHS ERFAHRUNGSEBENEN AUF IHRE DESIGNS ANWENDEN
Kapitel 15Sinngebung
Gemeinsamkeiten und psychografische Profile
Sprache
Emotion
Wegfindung
Die Dimensionen ermitteln
Eigenannahmen hinterfragen
Das Ende einer veralteten Methode: See/Feel/Say/Do
Konkrete Empfehlungen
Kapitel 16Die sechs Erfahrungsebenen im Einsatz: ansprechen, verbessern, erwecken
Ansprechen: was die Menschen sich zu wünschen glauben
Verbesserung: Was die Nutzer wirklich brauchen
Erwecken: hochgesteckte Ziele erreichen
Konkrete Empfehlungen
Kapitel 17Schnell erfolgreich sein, oft erfolgreich sein
Divergentes und konvergentes Denken
Erster Diamant: Entdeckung und Definition (»Das Richtige gestalten«)
Zweiter Diamant: Entwicklung und Lieferung (»Richtig gestalten«)
Learning While Making: der Design-Thinking-Ansatz
Achten Sie nicht auf den Mann hinter dem Vorhang: Prototyp und Test
Test mit Konkurrenten
Konkrete Empfehlungen
Weiterführende Literatur
Kapitel 18Sehen Sie nun, was Sie getan haben?
Empathie auf mehreren Ebenen
Evidenzbasierte Entscheidungsfindung
Erfahrung im Zeitablauf
Verschiedene Blickwinkel
Konkrete Empfehlungen
Kapitel 19Wie man den Menschen verbessert
Symbolische KI und der KI-Winter
Künstliche neuronale Netze und statistisches Lernen
Das habe ich nicht gesagt, Siri!
Die sechs Erfahrungsebenen und KI
Ein wenig Hilfe von meinen (KI-)Freunden
Konkrete Empfehlungen
Anhang: Weiterführende Literatur
Index
Wenn ich mich als Psychologe vorstelle, der sich mit dem Produktdesign beschäftigt, erhalte ich oft überraschte Reaktionen: »Ist das nicht die Aufgabe von Designern? Oh, sicherlich schauen Sie wirklich in den Kopf der Kunden! Analysieren Sie mich gerade?« [Kein Kommentar! ;)]
Diese Menschen sind oft fasziniert, ihnen ist aber nicht klar, welche Rolle die Erkenntnisse über die menschliche Wahrnehmung und Emotion im digitalen Produkt- und Dienstleistungsdesign spielen können. Sie sind nicht allein. Nach meinem Vortrag beim SXSW (einer großen Medien-Konferenz in Texas) sagten mehrere Zuhörer: »Das ist so cool! Ich wünschte, ich wüsste, wie ich das in meinen Produkten verwenden könnte …«
Denken Sie einmal an eine wirklich großartige Erfahrung. War es einer der Meilensteine Ihres Lebens? Die Geburt Ihres Kindes, die Hochzeit, die Promotion? Oder war es ein besonderer Augenblick – ein Konzert Ihrer Lieblingsband, ein Theaterstück am Broadway, ein angesagter Dance Club, ein fantastischer Sonnenuntergang am Meer oder Ihr Lieblingsfilm?
Ihren Freunden erzählen Sie vielleicht, dass die Erfahrung »unglaublich« oder »phänomenal« war.
Wahrscheinlich haben Sie aber nicht an die vielen verschiedenen Sinneseindrücke und kognitiven Prozesse gedacht, die sich zu dieser Erfahrung zusammengefügt haben. Sie können fast den Duft des Popcorns riechen, wenn Sie an den Film denken? Vielleicht gab es in dem Theaterstück nicht nur großartige Schauspielkunst, sondern auch tolle Kostüme und Lichteffekte sowie eine Hauptdarstellerin, die gut aussah und sich mit faszinierender Anmut bewegte? War es der Tanz vor der Bühne mit den anderen begeisterten Fans um Sie herum? So viele Elemente kommen zusammen, um eine »einzigartige« Erfahrung zu schaffen.
Wie können Sie eine großartige Erfahrung für Ihr Produkt oder Ihre Dienstleistung entwickeln? Welche Empfindungen, Emotionen und kognitiven Prozesse machen die Erfahrung aus? Wie können Sie sie systematisch in Einzelteile zerlegen? Woher wissen Sie, dass Ihre Entwicklung in die richtige Richtung geht?
Ich habe dieses Buch geschrieben, damit Sie unsere Erkenntnisse über die menschliche Psychologie verstehen und nutzen, die Benutzererfahrung in ihre Einzelteile zerlegen und herausfinden, wie Sie eine großartige User Experience entwickeln können. Der Zeitpunkt ist günstig: Das Tempo der wissenschaftlichen Entdeckungen in der Hirnforschung nimmt stetig zu. Es gab enorme Durchbrüche in der Psychologie, den Neurowissenschaften, der Verhaltenswissenschaft und der Mensch-Computer-Interaktion. Alle liefern neue Informationen über unterschiedliche Gehirnfunktionen und erklären, wie wir Menschen diese Informationen verarbeiten, sodass der Eindruck einer einzigen Erfahrung entsteht.
Ihre Gedanken über Ihr eigenes Denken können Sie auf die falsche Fährte leiten, weil Ihr Bewusstsein bei den eigenen mentalen Prozessen an seine Grenzen stößt. Wir alle kennen das Gefühl, mit der Entscheidung zu kämpfen, welches Outfit wir für ein wichtiges Date oder ein Vorstellungsgespräch tragen sollen: Können wir die Erwartungen erfüllen? Werden wir den falschen Eindruck erwecken? Sehen wir gut aus? Wirken wir professionell genug? Sind diese Schuhe zu auffallend? Viele solche Gedanken strömen auf Sie ein – aber es gibt noch mehr, die Sie nicht artikulieren können oder die Ihnen sogar überhaupt nicht bewusst sind.
Einer der faszinierenden Aspekte am Bewusstsein ist, in welch geringem Maß unser Denken von unserem eigenen Bewusstsein durchdrungen werden kann. Zum Beispiel können wir zwar leicht die Schuhe identifizieren, die wir zu einem Vorstellungsgespräch tragen wollen, aber wir haben keine Vorstellung davon, wie wir die Schuhe als Schuhe erkannt haben oder auf welche Weise wir die Farbe der Schuhe wahrnehmen konnten. Wir wissen normalerweise nicht, wohin sich unsere Augen bewegen, welche Position unsere Zunge einnimmt (oje!), wie wir unsere Herzfrequenz kontrollieren, wie wir sehen, wie wir Wörter erkennen oder wie wir uns an unser erstes Zuhause (oder etwas anderes) erinnern, um nur einige Beispiele zu nennen.
Daher müssen wir nicht nur bewusst zugängliche kognitive Prozesse identifizieren und verstehen, sondern auch solche, die unbewusst (wie etwa Augenbewegungen) oder tief verwurzelt sind – zum Beispiel die mit diesen Konzepten verbundenen Emotionen.
In meinem Doktorandenprogramm als Kognitionswissenschaftler beschäftigte ich mich mit Gedächtnis, Sprache, Problemlösungsansätzen und Entscheidungsfindung. Nach nunmehr über 15 Jahren Consulting-Tätigkeit habe ich gelernt, wie man Kunden befragt und beobachtet, wie man lernt, wie sie innerlich ticken, und wie man Möglichkeiten findet, außergewöhnliche Produkte oder Dienstleistungen herzustellen, die das Geschäft voranbringen und den Kunden eine großartige Erfahrung ermöglichen. Ich arbeite mittlerweile mit einigen der weltweit größten Unternehmen zusammen und entwickle Produktstrategien für globale Produkte. Ich hoffe, Sie profitieren von diesem Buch und haben Freude daran, Ihre Kunden genauso gut zu verstehen wie ich!
Ich habe dieses Buch geschrieben, um Produktmanagern, Designern, User-Experience-Profis und Entwicklern zu helfen, (a) die kognitiven Prozesse zu identifizieren, die sich zu einer hervorragenden Erfahrung addieren, (b) zu lernen, wie man darüber Informationen durch Kontextinterviews mit den Kunden gewinnt, und (c) dieses Wissen in ihren Produkt- und Dienstleistungsdesignprozessen anzuwenden. Dies ist kein akademisches, sondern ein konkretes und praktisches Buch.
Kein Produkt, keine Dienstleistung oder Erfahrung wird jemals ein Riesenerfolg sein, wenn es nicht den Bedürfnissen der Zielgruppe entspricht. Sie möchten, dass der Erstnutzer Ihres Produkts oder Ihrer Dienstleistung sagen kann: »Ja, das ist fantastisch!«
Aber wie können Sie als Unternehmer, Marketingspezialist, Produktverantwortlicher oder Designer sicher sein, dass Ihre Produkte oder Dienstleistungen eine außergewöhnliche Erfahrung schaffen? Sie können die Kunden nach ihren Wünschen fragen, aber viele wissen gar nicht, was sie brauchen, oder können ihre Bedürfnisse nicht klar formulieren. Sie arbeiten möglicherweise aus der Perspektive Ihrer eigenen Wünsche: Wissen Sie wirklich, wie ein 13-jähriges Mädchen mit seinem Insta- und Finsta-Account bei Instagram arbeiten will? Wie ein vermögender Investor seine Strategien zur Alphagenerierung verfolgt? Oder wie ein 75-jähriger Jurist nach der Rechtslage bei Reverse Mergers zwischen börsennotierten Immobilienunternehmen suchen will? Wo sollen Sie hier ansetzen?
Dieses Buch soll Sie mit den Werkzeugen versorgen, die Sie brauchen, um die Bedürfnisse und Perspektiven Ihrer Kunden genau und umfassend zu verstehen. Als Kognitionswissenschaftler habe ich das Gefühl, dass die Konzepte von »Usability-Tests«, »Marktstudien« und »Empathieforschung« manchmal zu kurz greifen und gleichzeitig zu kompliziert sind. Meiner Ansicht nach verfehlen sie gelegentlich das Ziel, Ihnen – dem Produktteam – zu vermitteln, was Sie entwickeln müssen.
Ich glaube, es gibt einen besseren Weg: Wenn Sie die Elemente einer Erfahrung verstehen (in diesem Buch werde ich sechs Aspekte beschreiben), können Sie die Bedürfnisse Ihrer Zielgruppe auf verschiedenen Ebenen ermitteln. In diesem Buch will ich Ihnen helfen, die Bedürfnisse der Zielgruppe auf diesen verschiedenen Ebenen besser zu verstehen und auf jeder einzelnen das Optimum zu erzielen.
Teil I soll Ihnen einen Überblick über die faszinierenden Eigenschaften der menschlichen Kognition vermitteln, die Sie als Designer, Produktmanager und Entwickler kennen sollten:
Kapitel 1
stellt die Erkenntnis vor, dass sich »eine Erfahrung« eigentlich aus vielen verschiedenen Erfahrungen und kognitiven Prozessen zusammensetzt, die alle gemeinsam eine einzige menschliche Erfahrung ergeben.
Kapitel 2
regt Sie zum Nachdenken über das Sehen und die Aufmerksamkeit an – was Sie anspricht, was Sie suchen und inwieweit Ihr Denken teilweise unbewusst abläuft.
Kapitel 3
verdeutlicht, dass ein großer Teil Ihres Gehirns zur Darstellung des Raums dient und wie Sie dies in Ihrem virtuellen Raum (zum Beispiel einer App oder Website) nutzen können. Habe ich schon den Bericht über die tunesischen Ameisen in der Wüste erwähnt? Werfen Sie einen Blick darauf!
Kapitel 4
soll zeigen, welch großer Teil Ihrer Erfahrung tatsächlich durch Ihre Erinnerungen hervorgebracht und ausgefüllt wird und wie schnell Sie von konkreten Objekten zu abstrakten Gedanken kommen. Was denken Ihre Kunden darüber?
Kapitel 5
veranschaulicht, dass Sie nicht Ihr Kunde sind. Ihre Zielgruppe benutzt selten die von Ihnen verwendete Sprache, und Sie können ihr Vertrauen schnell verlieren, wenn Ihr Wortgebrauch entweder zu einfach oder zu technisch ist. Und bedeuten die von Ihnen verwendeten Wörter für Sie überhaupt dasselbe wie für Ihre Kunden?
Kapitel 6
erläutert, woran wir typischerweise denken, wenn wir denken: Probleme lösen und Entscheidungen treffen. In vielen Fällen entspricht jedoch das Problem, das wir unserer Meinung nach lösen müssen, nicht dem wirklichen Problem. Welches Problem müssen Ihre Kunden ihrer Ansicht nach mit Ihrem Produkt oder Ihrer Dienstleistung lösen?
Kapitel 7
beschreibt, dass unsere besten Absichten für kluge Entscheidungen aus
Kapitel 6
oft von unserem emotionalen Selbst gekapert werden. Was spricht Ihre Kunden an, verbessert ihr Leben und weckt ihre tiefsten Leidenschaften – und zerstreut ihre größten Ängste?
Nachdem Sie Teil I gelesen haben, werden Sie (hoffentlich) sehr viel mehr über die menschliche Kognition wissen und herausgefunden haben, dass sich eine Erfahrung aus zahlreichen Gedanken, kognitiven Prozessen und Emotionen zusammensetzt.
Teil II ist so konzipiert, dass jeder Ihrer Mitarbeiter zu einem wertvollen Mitglied des Kundenforschungsteams wird. Dieser Teil zeigt Ihnen, wie Sie Ihrer Zielgruppe bei der Arbeit zusehen, sie interviewen und dabei wertvolle Einblicke in die in Teil I beschriebenen kognitiven Vorgänge gewinnen können – hier wird es ganz praktisch und Sie müssen kein Psychologe sein, um Nutzen aus diesem Teil zu ziehen!
Kapitel 8
bietet Einblick in die Durchführung eines sogenannten Kontextinterviews – eine Mischung aus einem einfachen Interview und der Beobachtung eines Probanden bei der Arbeit (was Forscher oft als Kontextuntersuchung bezeichnen). Dieses Kapitel behandelt zahlreiche Themen wie: Warum werden überhaupt Interviews geführt? Was muss ich dabei erfassen? Und wie organisiere ich alle meine Notizen, um daraus Informationen über mein Produkt zu ziehen?
Kapitel 9
zeigt Ihnen, wie Sie zahlreiche wertvolle Erkenntnisse darüber gewinnen können, was die Aufmerksamkeit Ihrer Kunden geweckt hat, was sie gesucht haben und warum. Ich werde Ihnen erläutern, wie ich mit dieser Technik die Sicherheitsteams für große Gebäude und Stadien unterstützt habe, sodass sie nun all die Kameras, Klingel-, Pfeif- und Pieptöne besser verwalten können, die sie ständig auf alles aufmerksam machen – von offenstehenden Türen über festsitzende Aufzüge bis hin zu defekten Warmwasserbereitern!
Kapitel 10
bietet Ihnen einen Überblick darüber, wie Sie die von Ihren Kunden verwendeten Wörter und ihre Bedeutung für sie sorgfältig aufzeichnen können. Sie sehen, wie wir mithelfen konnten, jede einzelne Krankheit bei
NIH.gov
sowohl für Experten als auch für gewöhnliche Menschen zu organisieren – eine typische Herausforderung in vielen Unternehmen.
Kapitel 11
stellt Ihnen das mentale Modell Ihrer Kunden für Ihr Produkt oder Ihre Dienstleistung vor. Wo befinden sich die Nutzer ihrer Ansicht nach in Ihrer App oder Dienstleistung? Was müssen sie ihrer Meinung nach tun, um von einem Schritt zum nächsten zu gelangen?
Kapitel 12
zeigt Ihnen, wie Sie die bestehenden Kenntnisse Ihrer Kunden nutzen können. Welches Wissen bringen sie bereits mit? Wie funktioniert Ihr Produkt oder Ihre Dienstleistung ihrer Ansicht nach? Welche Erfahrungen sprechen dafür? Anhand des Praxisbeispiels der Gestaltung von Produkten und Dienstleistungen für Kleinunternehmer erkennen Sie, dass es zwei sehr unterschiedliche Gruppen mit völlig unterschiedlichen Bedürfnissen gibt, sodass zwei verschiedene Arten von Produkten und Dienstleistungen angeboten werden sollten.
In
Kapitel 13
lernen Sie zu erkennen, welche Probleme Ihre Kunden ihrer Meinung nach zu lösen versuchen. Zu einer hervorragenden Nutzererfahrung könnte die Erkenntnis gehören, dass das Problem tatsächlich ganz woanders liegt. Ich beschreibe, inwiefern Erst-Immobilienkäufer oft ein gutes Beispiel dafür sind.
Kapitel 14
zeigt Ihnen, wie Sie im Interview nicht angesprochene Punkte intuitiv erkennen können: Was sind die größten Ziele Ihrer Kunden? Ihre Ängste? Was müssen sie wissen, um »ja« zu Ihrem Produkt oder Ihrer Dienstleistung sagen zu können? Ich erzähle davon, dass Interviews, die zunächst nach den Kreditkarten in der Brieftasche der Kunden fragen, schnell zu tiefer gehenden Erfahrungen für sie werden könnten (Umarmungen nicht ausgeschlossen!). Und genau dann erkennen Sie möglicherweise, dass Sie Ihre Produktlinie komplett neu ausrichten müssen, um Ihren Kunden bei der Verwirklichung ihrer größten Lebensziele zu helfen.
Nun haben Sie faszinierende Einblicke erhalten und wissen, was Ihre Kunden anzieht, welche Wörter sie verwenden, welche Emotionen sie haben, welche Probleme sie zu lösen versuchen und vieles mehr. Aber wie verändert sich dadurch Ihr Produkt? Lesen Sie weiter!
In
Kapitel 15
geht es darum, Ihren Daten Sinn zu geben: Sie erfahren, wie Sie darin Muster erkennen und wie Sie eine Segmentierung Ihrer Kunden durchführen, indem Sie das Wissen über ihre Denkmuster und Emotionen nutzen – das kann eine ganz andere Sichtweise auf Ihre Kunden bedeuten als die bloße Konzentration auf ihre Postleitzahlen, durchschnittlichen Umsätze oder die Länge ihrer Berufserfahrung! Sie werden herausfinden, wie wir diese Kundensegmentierung für so unterschiedliche Gruppen wie Millennials, die ihr Geld anlegen wollen, oder Familien, die sich schon einmal mit Kreditkartenbetrug auseinandersetzen mussten, umsetzen.
Kapitel 16
regt Sie zum Nachdenken an, wie Sie Ihr Produkt durch die entsprechende Vermarktung für jede der in
Kapitel 15
genannten Gruppen zu einem Erfolg machen können. Sprechen Sie die Kundengruppen an, indem Sie erkennen, was sie ihrer Meinung nach brauchen, verbessern Sie ihr Leben und wecken Sie schließlich ihre Begeisterung und helfen Sie ihnen, ihre größten Ziele im Leben zu erreichen.
Kapitel 17
beschreibt, wie Sie Ihre Produkt- oder Dienstleistungsidee testen können, um schneller zum Erfolg und zum Produktlaunch zu gelangen. Integrieren Sie die sechs Erfahrungsebenen in einen leicht verständlichen, agilen Ansatz (ich entschuldige mich für alle Buzzwords, die ich hier vergessen habe).
Kapitel 18
bietet eine Art Zusammenfassung. Ich möchte Ihnen zeigen, dass mein Unternehmen mit den sechs Erfahrungsebenen im Hinterkopf einige der weltweiten Top-100-Websites ins Leben gerufen hat. Sie sollen auch darüber nachdenken, dass die sechs Erfahrungsebenen nicht statisch sind; ihre wichtigsten Elemente können sich im Lauf der Zeit (zum Beispiel während des Kaufprozesses) ändern.
Kapitel 19
bietet einen Ausblick in die Zukunft. Mittlerweile kommt man um KI- oder ML-Strategien (künstliche Intelligenz oder maschinelles Lernen) nicht mehr herum. Besonders als Produktmanager und/oder technische Führungskraft sollten Sie einen Schritt zurücktreten und darüber nachdenken, was Sie wirklich erreichen wollen. Je mehr Sie über die Menschen wissen, mit denen Sie zu tun haben werden, desto größer wird die Wahrscheinlichkeit, dass Ihr kostspieliges und riskantes Unterfangen zu einem großen Erfolg wird. Denken Sie darüber nach, dass ML und KI den Menschen helfen kann, an die richtigen Informationen zu gelangen, zur richtigen Zeit die richtigen Wörter zu lesen und letztendlich bessere Entscheidungen zu treffen und mehr Probleme zu lösen.
Legen wir los! Lesen Sie weiter und entwickeln Sie mit Ihrem neuen Wissen, Ihren Tools und Fähigkeiten Produkte und Dienstleistungen mit der besten Benutzererfahrung, die Ihre Kunden je gemacht haben!
In diesem Buch verwende ich die folgenden typografischen Konventionen:
Kursivschrift zeigt neue Begriffe, URLs, E-Mail-Adressen, Dateinamen und Dateierweiterungen an.
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Ich möchte meinen Kollegen von Brilliant Experience meinen Dank aussprechen, insbesondere denen, die mich dazu gebracht haben, mit diesem Buch zu beginnen und es auch abzuschließen. Dank gebührt auch meinen Freunden und Kollegen von der User Experience Professionals Association im ganzen Land und hier in Washington, DC: Ihr inspiriert mich jeden Tag. Ich hoffe, dieses Buch ist euch nützlich! Meinen Lektoren und dem O‘Reilly-Team: Ihr wart geduldig und hilfsbereit, ob ich es verdient hatte oder nicht. Ich danke euch! Und meiner Familie, die sich vielleicht gefragt hat, was ich mache, während ich all die langen Stunden im Büro oder in Cafés vor dem Computer saß: Ich bin wieder da!
Seien Sie nachsichtig mit mir. In einem praxisorientierten Buch kann ich einfach nicht allen möglichen Nuancen der Kognition gerecht werden, und ich brauchte eine Möglichkeit, einem breiten Publikum die Punkte zu vermitteln, die für das Produkt- und Dienstleistungsdesign relevant sind. Es gibt eine Vielzahl von erstaunlichen Fakten über unser Gehirn, die ich (leider) nicht aufführen kann. Nur so können wir uns unter Anwendung mehrerer kognitiver Prozesse auf das Design konzentrieren und letztendlich einen evidenzbasierten und psychologisch gesteuerten Designprozess ermöglichen. Es wäre mir eine Ehre, mit meinen Kollegen gemeinsam daran zu arbeiten, unser Wissen über das menschliche Gehirn im Produkt- und Dienstleistungsdesign zu erweitern – über Ihre Verbesserungsvorschläge würde ich mich freuen. Am Ende jedes Kapitels finden interessierte Leser Literaturhinweise, wenn sie mehr über die wissenschaftliche Forschung erfahren möchten.
Die Diskussion beginnt gerade erst. Googeln Sie mich! Teilen Sie Ihre Gedanken mit mir und helfen Sie mir, mein Konzept zu verfeinern.
Oft werde ich gefragt: »Und was machen Sie so?« Wenn ich dann antworte, dass ich Psychologe bin, glaubt mein Gegenüber zu wissen, was ich tue. Sage ich hingegen, dass ich Kognitionswissenschaftler bin, ist ihm klar, dass er es nicht weiß.
Prinzipiell geht es bei der Kognitionswissenschaft um die Erforschung bewusster Vorgänge und aller mentalen Prozesse, die in die Erkennung von Objekten, Sprachverwendung, logisches Denken und Problemlösung einfließen. Ich bin sicher, dass Sie einen neuen und wertvollen Bezugsrahmen für den Begriff »Erfahrung« (und ihre Gestaltung) entdecken werden.
Während wir alle die Erfahrung von Bewusstheit kennen, gibt es auch zahlreiche kognitive Prozesse, die hoch automatisiert und unbewusst ablaufen. Wie kommt es zum Beispiel, dass man einfach weiß, dass ein Stuhl ein Stuhl ist? Ihr visuelles System unterscheidet die Figur vom Grund, setzt ein dreidimensionales Bild aus dem zweidimensionalen Abbild auf der Rückseite Ihres Auges zusammen und bezieht dieses Bild schließlich auf andere, die Sie im Gedächtnis gespeichert haben, sowie auf ein linguistisches Element (»Stuhl«).
Nachdem so viele Schritte erforderlich sind, um einen Stuhl zu erkennen – jeder mit seinen eigenen, spezialisierten Verarbeitungssystemen –, sollten wir die Vorgänge berücksichtigen, die eine Erfahrung ausmachen. In Teil I dieses Buches argumentiere ich, dass eine Erfahrung eigentlich eine Symphonie vieler verschiedener kognitiver Prozesse im Gehirn ist, auch wenn wir diese bewusst als »eine Erfahrung« wahrnehmen.
Indem wir jeden Prozess einzeln betrachten, können wir die Komponenten einer »Erfahrung« identifizieren und herausfinden, was wir gestalten müssen, um eine neue Erfahrung zu entwickeln. Es gibt mit ziemlicher Sicherheit Hunderte von unterschiedlichen Prozessen, aber in den nächsten Kapiteln konzentriere ich mich auf die sechs kognitiven Vorgänge, die für das Produkt- und Dienstleistungsdesign am relevantesten sind: Sehen/Aufmerksamkeit, Wegfindung, Erinnerung, Sprache, Entscheidungsfindung und Emotion.
Unternehmen wir einen kleinen Ausflug in die bewussten und unbewussten Gedanken Ihrer Kunden!
In jeder Sekunde laufen in Ihrem Gehirn Hunderte von kognitiven Prozessen ab. Um das Ganze für das Produkt- und Dienstleistungsdesign zu vereinfachen, sollten wir uns auf eine Teilmenge beschränken, die wir realistisch messen und beeinflussen können.
Welche Prozesse sind das und welche Funktionen haben sie? Betrachten wir dazu ein konkretes Beispiel: den Kauf eines Sessels für Ihre Wohnung, die im Stil der Mitte des vergangenen Jahrhunderts eingerichtet ist. Vielleicht interessieren Sie sich für ein klassisches Design aus dieser Zeit, wie den in Abbildung 1.1 gezeigten »Eames Lounge Chair« mit Ottomane. Sie wollen den Kauf gerne über das Internet abwickeln und besuchen einen Onlineshop.
Abbildung 1.1Eames Lounge Chair mit Ottomane
Wenn Sie zum ersten Mal auf der Möbel-Website landen, um nach Sesseln zu suchen, richten Sie Ihre Aufmerksamkeit und Ihren Blick vielleicht auf die Bilder, um sicherzustellen, dass Sie auf der richtigen Seite sind. Sie könnten auch nach der Suchoption Ausschau halten und dort »Eames Chair« eingeben. Eventuell suchen Sie auf dieser Website auch nach Wörtern wie »Sessel« oder »Sitzmöbel«, von wo aus Sie dann nach der passenden Sesselkategorie weitersuchen könnten. Wenn Sie »Sitzmöbel« nicht finden, suchen Sie vielleicht nach anderen Wörtern für eine Kategorie, die Sessel beinhaltet. Nehmen wir an, Sie wählen beim Durchsuchen der in Abbildung 1.2 dargestellten Optionen die Option »Loungesessel«.
Abbildung 1.2Navigationsleiste der Website von www.famous-design.com
Sobald Sie glauben, einen Weg in die Website gefunden zu haben, müssen Sie als Nächstes verstehen, wie Sie sich in dem virtuellen Raum umherbewegen können. In der physischen Welt kennen wir die Geografie unserer Wohnräume und deren Umgebung gut, und wir wissen, wie wir zu den von uns am häufigsten besuchten Örtlichkeiten wie etwa unserem Lieblingslebensmittelladen oder -Café kommen. Die virtuelle Welt liefert unserem Gehirn aber nicht immer die passenden Wegweiser, auf die es ausgelegt ist (insbesondere ist dies der dreidimensionale Raum).
Oftmals wissen wir nicht genau, wo auf einer Website, in einer App oder virtuellen Erfahrung wir uns gerade befinden. Außerdem wissen wir auch nicht immer, wie wir uns durch einen virtuellen Raum fortbewegen können. Auf einer Webseite probieren wir vielleicht, einen Begriff anzuklicken, wie im Beispiel in Abbildung 1.2 etwa »Loungesessel«. In anderen Fällen wie etwa Snapchat oder Instagram haben viele Leute, die älter als 18 sind, Probleme, zu verstehen, wie sie durch Wischen, Tippen oder gar Herumwedeln ihres Handys weiterkommen. Zu begreifen, wo in einem Raum (ob virtuell oder real) man sich befindet und wie man sich durch diesen Raum bewegen kann (in 3D, durch Wischen oder Antippen des Bildschirms), ist ganz entscheidend für eine gelungene Benutzererfahrung.
Wenn ich mit Innenarchitekten zusammensitze, frage ich mich immer, ob sie eine andere Sprache sprechen als ich. Die Worte zur Definition einer Kategorie können je nach Erfahrungslevel völlig unterschiedlich sein. Als erfahrener Innenarchitekt navigieren Sie vielleicht meisterhaft durch eine Möbel-Website, weil Sie die Unterschiede zwischen »Egg-Sessel«, »Swan-Sessel«, »Womb-Sessel« und »Lounge-Sessel« kennen. Ist das gesamte Thema Innenarchitektur dagegen neu für Sie, müssen Sie die Namen vielleicht alle googeln, um zu wissen, worum es überhaupt geht! Um eine hervorragende Benutzererfahrung zu generieren, müssen wir wissen, wie unsere Zielgruppe spricht, und wir müssen sie auf dem richtigen Niveau abholen. Experten zu bitten, die Kategorie »Sessel« (viel zu ungenau) aufzurufen, ist etwa so hilfreich, wie jemanden, der keine Neurowissenschaften studiert hat, nach dem Unterschied zwischen dem dorsolateralen präfrontalen Cortex und dem anterioren Gyrus Cinguli zu fragen (beides sind neuroanatomische Bereiche).