Tinka Knitterflügel – Heldin in Ringelsocken - Maren Graf - E-Book

Tinka Knitterflügel – Heldin in Ringelsocken E-Book

Maren Graf

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Beschreibung

Sturzflug ins Abenteuer - Eine mutige Heldin sucht ihre Mission Alle Feen haben eine Mission. Na ja, fast alle. Denn Tinka Knitterflügel, die für jeden Feenspaß zu haben ist, ist noch auf der Suche. Eine Schnullerfee ist sie ganz sicher nicht! Aber auch die Aufträge als Zahnfee oder Glücksfee enden im Chaos. Nach der letzten vermasselten Prüfung fliegt sie nachts heimlich auf eigene Flügel los, direkt in die Menschenwelt. Und stürzt kopfüber in ihr größtes Abenteuer ...

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Maren Graf

Tinka Knitterflügel

Mit Illustrationenvon Gloria Jasionowski

dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, München

Feen sind wunderbare Wesen.

Sie schweben leise zum Fenster hinein,

hauchen Küsse auf Kinderwangen

und hüllen einen jeden in ihren Feenstaub ein.

Feen sind behutsam.

Feen sind sanft.

Sie sind ganz und gar zauberhaft.

 

Nun ja … zumindest die meisten.

Kapitel 1

Sturzflug durch den Feenwald

»Achtung!«, hallt es durch den Feenwald.

Eine Hasenmutter sitzt gemütlich beim Frühstück und hört plötzlich auf zu mümmeln. Alarmiert stellt sie die Ohren auf.

»Turbo-Flugsprung startet in drei … zwei … eins …«, tönt es von weit oben.

Für einen Moment scheint der Wald den Atem anzuhalten. Die Hasenmutter blinzelt hinauf in die Baumkronen. Dann trommelt sie eilig ihre Kinder zusammen und scheucht sie in den Bau.

Da schallt es auch schon: »Loooooos!«

Gerade noch rechtzeitig zieht das letzte Hasenkind seine Hinterpfoten in die sichere Höhle.

Irgendetwas zischt durch die Blätter und rauscht im Sturzflug herunter. Man könnte meinen, ein gigantischer Greifvogel sause vom Himmel.

Aber es ist nur eine kleine Fee mit dem Namen Tinka Knitterflügel, die da kopfüber auf den Waldboden zurast. Dünn zusammengefaltet wie ein spitzer Pfeil, die Augen zielsicher zusammengekniffen.

»Aufgepasst, das wird mein neuer Rekord!«, ruft sie.

Nur wenige Zentimeter vor dem Aufprall spannt sie die Flügel auf und schneidet eine haarscharfe Kurve. Das Laub fliegt zu allen Seiten. Zwei Feuerkäfer landen auf ihren Rückenpanzern und wackeln empört mit den Fühlern.

»Entschuldigung«, ruft Tinka über die Schulter. Aber da ist sie auch schon weitergeflogen. Über Büsche hinweg und unter Ästen hindurch. Immer den prächtigen Frühlingsfarben nach, die unter ihr zu einem bunten Teppich verschwimmen.

Plötzlich jedoch geht ein Ruck durch ihre Flügel.

»Oh nein! Nicht schon wieder!«, flucht sie. Ihre linke Flügelspitze knickt weg wie ein Eselsohr und bereitet dem Turbo-Flugsprung ein abruptes Ende.

»Vorsicht! Notlandung!«, schreit Tinka.

Es rappelt. Es kracht. Es knackt. Es rumst.

Eine Wolke aus Laub und Staub wirbelt durch die Luft und spuckt sie schließlich direkt vor dem Bau der Hasenfamilie aus.

Die Mutter streckt ihren Kopf heraus und rümpft die Nase.

»Ich weiß«, brummt Tinka. »Das hatte ich mir auch anders vorgestellt.«

Sie steht auf und klopft sich den Dreck vom Rock.

»Diese Dinger halten aber auch gar nichts aus«, schimpft sie. »Wird Zeit, dass ich ein Paar richtige Feenflügel bekomme. Welche, mit denen man gewagte Flugsprünge machen kann und so schnell fliegen kann, wie man will. Und vor allem welche, die besser sitzen als diese klapprigen Anfängerteile.«

Tinka biegt ihren Flügel wieder gerade und betrachtet ihn. Sie muss nur endlich dieses verflixte erste Feenabzeichen bestehen und einer Feen-Art zugeteilt werden. Erst dann würde sie die ersehnten großen Flügel bekommen.

»Mit diesen hier lande ich irgendwann noch scheppernd am Baum«, murmelt sie.

Mit einem Mal schreckt die Hasenmutter in ihrem Bau auf. Tinka folgt ihrem Blick über den Waldboden und entdeckt ein freches Eichhörnchen, das sich heimlich das Frühstück der Hasenfamilie schnappt.

Drei der köstlichen Blumen hat sich das Hörnchen schon in die Backen gestopft.

»Das kann ja wohl nicht wahr sein«, beschwert sich Tinka. Geknickter Flügel hin oder her – blitzschnell saust sie auf den Dieb zu.

»So eine Ungerechtigkeit!« Sie wedelt mit den Ärmchen. »Nur weil du süß und flauschig bist, heißt das nicht, dass du anderen ihr Essen wegmampfen darfst.«

Das Eichhörnchen zuckt mit den Ohren und glotzt. Doch als Tinka wütend aufstampft, springt es schließlich davon.

»Such dir gefälligst ein paar eigene Blumen. Oder merk dir endlich, wo du deine Nüsse versteckt hast«, ruft Tinka. Dann winkt sie der Hasenmutter und ihren Kindern zu. Glücklich hoppeln sie heran und knabbern weiter an den saftigen Frühlingsblühern. Die allerersten des Jahres sind schließlich die leckersten.

Zufrieden schaut Tinka ihnen beim Futtern zu.

»Ich wäre schon eine gute Wald-Fee«, überlegt sie. »Ich könnte Futterdieb-Polizei-Fee werden. Oder Fressfeinde-Beschützer-Fee.«

Aber eigentlich will Tinka viel lieber zu den Menschenkindern. Denn dort gibt es spannende neue Sachen zu entdecken. Und man kann vor allem nachts unterwegs sein.

Vielleicht – wenn sie sich ganz doll anstrengt – darf sie heute Abend wieder mit in die Menschenwelt fliegen, um eine passende Feen-Art für sich zu suchen. Sie wird sich in der Flugstunde heute obermäßig viel Mühe geben …

»Ach du stinkender Wildschweinpups! Die Flugstunde!« Tinka schreckt aus ihren Gedanken auf. Die hat sie völlig vergessen!

Kapitel 2

Ringelsocken statt Flugschuhe

Mit eiligen Schritten stapft Tinka den restlichen Weg durch den Wald in Richtung Flugwiese. Zweige knacken unter ihren Stiefeln. Ihr Feenrock schaukelt um die Knie. Und ihre Flügel hängen noch immer etwas schief auf ihrem Rücken und zwicken wie verrückt. Warum müssen diese Dinger auch immer so unbequem sein?

Verzweifelt versucht Tinka, sie zurechtzuzuppeln. Als sie jedoch aus dem Schatten der Bäume tritt, hält sie abrupt inne und bleibt stehen.

»Ich glaub, mich tritt ein Einhorn«, haucht sie und lässt die Hände sinken.

Scheinbar über Nacht hat sich die Lichtung des Feenwaldes mitsamt seiner Flugwiese in das reinste Frühlingswunder verwandelt. Ein Meer aus Blumen lacht ihr entgegen. Ein Surren und Zwitschern dringt in ihre Ohren. Zwischen Hummeln, Bienen und Vögeln flattern unzählige Feenkinder umher und spielen auf der Wiese. Während die älteren Feen ihren Arbeiten nachgehen.

Nur die Schülerinnen und Schüler sind bereits zu ihren Klassenbäumen geflogen. Am Rande der Lichtung sitzen sie zusammen und lauschen dem Unterricht. Jede Klasse an ihrem eigenen Baum.

»Tinka!«, hört sie jemanden flüsternd rufen. »Wo bleibst du denn?«

Es ist ihre beste Freundin Lilou, die ihr zuwinkt und sich dann schnell wieder nach vorn dreht. Fichtengerade und mit aufmerksamem Blick verfolgt sie die Stunde. Wäre Lilou ein Menschenkind, hätte sie sicherlich einen spitzen Bleistift parat und würde alles, was die Lehrerin sagt, eifrig in ein Heft mitschreiben. Aber Feen haben natürlich keine Stifte. Und Hefte schon gar nicht. Das wäre ja zu komisch, denkt Tinka.

Sie schleicht sich zu Lilou und den anderen Schülerinnen und Schülern hinüber. Doch anstatt unauffällig in die Sitzreihe zu gleiten, stolpert sie über eine versteckte Baumwurzel und landet unsanft auf ihrem Po. Der rechte Flügel rutscht endgültig von ihrer Schulter.

»Psst.« Lilou legt den Finger auf die Lippen. Aber da hat Frau Schlehenblatt Tinka auch schon entdeckt.

»Tinka Knitterflügel! Wie schön, dass du auch noch kommst. Hast du heute Morgen deine Flugschuhe nicht gefunden?«, fragt die Lehrerin und blickt auf ihre Stiefel und die bunten Ringelsocken.

»Doch«, sagt Tinka und pustet sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. »Aber diese hier sind viel bequemer.«

Es sind ihre absoluten Lieblingsschuhe. Wenn sie nur an diese engen Flugschühchen denkt, in die sie ihre Zehen hineinquetschen muss, drehen sich ihr die Flügel um. Keinen Meter kann sie damit laufen. Und fliegen schon gar nicht. Außerdem sind sie ohnehin nur schicker Schnickschnack. Zum Fliegen selbst braucht man schließlich nur Flügel. Auch wenn alle behaupten, die Schuhe wären so uuuunglaublich leise und so auuuusgesprochen trittsicher und so uuuunfassbar leicht. Pff.

»Aha«, sagt Sybille Schlehenblatt. Dann wendet sie sich wieder der Klasse zu. »Wo war ich stehen geblieben?« Sie tippt sich mit dem Zauberstab an den Kopf. »Ach ja, genau«, fällt es ihr wieder ein. »Immer wenn wir Feen zu den Menschenkindern fliegen, tun wir dies stets leise und vorsichtig. Wir wollen die lieben Kleinen ja nicht wecken und erschrecken.«

Die Feen nicken fleißig mit den Köpfen. Sie alle kennen Feenregel Nummer 4: Eine Fee muss in der Menschenwelt stets unerkannt bleiben.

Tinka hat das mit der Heimlichkeit noch nie so ganz verstanden. Die meisten Kinder schlafen in der Nacht so tief und fest, dass nicht einmal die Explosion ihres Kleiderschrankes sie wecken könnte. Selbst wenn dabei tausend Stinkesocken und labberige Unterhosen durch das Zimmer schießen würden. Noch dazu hätten die Kinder vermutlich die größte Freude daran, endlich mal eine echte Fee zu sehen. Warum also soll sie so besonders leise sein?

»Einige von euch dürfen heute Abend mit in die Menschenwelt fliegen«, verkündet Frau Schlehenblatt. »Wer von euch mit dabei sein wird, erfahrt ihr bei Sonnenuntergang.«

Ein aufgeregtes Murmeln legt sich über die Köpfe der Feenkinder. Jedes von ihnen will natürlich dabei sein. Und auch Tinka hofft, dass sie mitfliegen darf.

»Ich möchte auf jeden Fall als Zahn-Fee eingeteilt werden«, flüstert Denti-Fee.

»Und ich will gern ein Wunsch-Feenjunge sein«, hofft Plinko Purzelbaum.

»Äh … wie war das noch mal mit der Einteilung?«, fragt ein anderer Feenjunge neben Tinka. Er ist erst seit gestern in der Klasse und schaut etwas hilflos um sich. Für Lilou ist er ein gefundener Schatz. Sie liebt es über alles, Sachen zu erklären. Fast schon freudestrahlend dreht sie sich zu ihm.

»Also, du bist hier in der Klasse der Menschenkinder-Feen. So nennt man alle Feen, die sich um die Kinder in der Menschenwelt kümmern.«

Als wüsste der Junge das nicht selbst. Tinka schmunzelt.

»Ab und zu machen wir Ausflüge in die Welt der Menschen, um zu testen, für welche Feen-Art genau wir geeignet sind. Es gibt Traum-Feen, Schnuller-Feen, Zahn-Feen, Windel-Feen, Gute-Nacht-Feen, Mut-mach-Feen, Glücks-Feen, Energie-Feen, Trost-Feen, Erinnerungs-Feen …«, zählt Lilou auf. Der Junge blinzelt unter all den Namen, die auf ihn einprasseln.

»Jeder von uns probiert aus, was er am besten kann und welche Feen-Art gut zu ihm passt«, fährt Lilou fort. »Dafür versuchen wir, einen Feenauftrag zu erfüllen. Und wer ganz allein einen schafft, der bekommt sein erstes Feenabzeichen.«

»Und ein paar richtige Feenflügel!«, sagt Tinka.

»Aha.« Der Junge nickt langsam.

 

»Also ich werde mal eine Glücks-Fee«, meldet sich Fortunella Glockenklang, die zwei Plätze weiter sitzt. »Ich beherrsche schon fast alle Glückszauber und kann kleine Pechvögel aufspüren wie ein Dachs die Regenwürmer.«

Sie lächelt über das ganze Gesicht und zupft mit nur einem Handgriff ein vierblättriges Kleeblatt aus dem Gras.

Neben ihr fängt Nahla-Fee lauthals an zu gähnen. Als Gute-Nacht-Feenschülerin ist sie am Morgen noch nicht ganz wach.

»Ich bräuchte mal ein bisschen Glück«, schmatzt sie schläfrig. »Gestern Nacht habe ich alle meine Einschlaftricks an einer Eule ausprobiert. Aber nichts hat geholfen. Die wollte und wollte die Augen nicht zumachen.«

Tinka schüttelt grinsend den Kopf. »Eulen sind doch nachtaktiv. Die schlafen am Tag. Vielleicht versuchst du es beim nächsten Mal lieber bei einer Amsel.«

»Oh … das kann natürlich sein«, Nahla reibt sich die Augen.

»Und du, Tinka?«, fragt der neue Feenjunge. »Was für eine Fee wirst du?«

»Tja. Also …«

Wenn das so einfach wäre. Irgendwie laufen Tinkas Ausflüge in die Menschenwelt nie ganz nach Plan. Während die meisten anderen längst eine Feen-Art gefunden haben, die zu ihnen passt, hat sie immer noch keinen Schimmer, wo eigentlich ihre Stärken liegen. Dabei wünscht sie sich nichts sehnlicher, als eine echte Fee für Menschenkinder zu werden.

Plötzlich ruft ihre Mitschülerin Desiree Hochhinaus dazwischen: »Tinka erfindet bestimmt eine ganz neue Feen-Art. Eine, bei der es egal ist, wenn alle Zauber schiefgehen.« Sie lacht. »Vielleicht kannst du mit deinen komischen Turbo-Sturzflügen ja Superheldin werden. In Ringelsocken.«

Tinka wirft Desiree einen wütenden Blick zu. Wie sie wieder dasteht. In ihrem hübschen Kleidchen, mit den blitzblank polierten Flugschuhen und dem perfekt geflochtenen Zopf. Ständig macht sie fiese Bemerkungen zu Tinkas misslungenen Zaubern.

»Schluss mit dem Getuschel«, unterbricht Frau Schlehenblatt das Gerede. »Für den Ausflug heute Abend wollen wir uns gut vorbereiten. Deshalb machen wir noch eine letzte Übung.«

Die Lehrerin zeigt mit ihrem Zauberstab quer über die Wiese. »Ich habe für euch spezielle Tiere auf der Lichtung verteilt. Bienen, Käfer, Mäuse und andere. Ihr erkennt sie an einem grünen Punkt.«

Und als hätte sie es eingeübt, fliegt genau in diesem Moment ein Buchfink über sie hinweg. Auf seinem Bauch leuchtet ein grünes Zeichen.

»Eure Aufgabe ist es, so schnell ihr könnt, eines dieser Tiere zu finden und es zu verwandeln. In ein …« Frau Schlehenblatt macht eine spannende Pause. »… ein regenbogenfarbenes Einhorn.«

Alle Feen klatschen vor Begeisterung in die Hände. Tinka klatscht sich vor die Stirn.