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Zwei Fremde, mitten auf dem See (Kurzgeschichte)
Was tust du, wenn mitten auf dem See ein Fremder auf dich zuschwimmt? Stellst du dich deiner moralischen Verantwortung, wenn du einen Mord beobachtest, aber selber unentdeckt bleiben möchtest?
Achtung: Kurzgeschichte! (4 Seiten + Leseproben)
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Veröffentlichungsjahr: 2019
Inhaltsverzeichnis
1. Impressum
2. Tod im See
3. Anhang
4. Leseprobe aus Wind aus Südwest
5. Leseprobe zu „Weißgold-Flügel“
6. Leseprobe aus Abgetaucht im Paradies
7. Christine Rhömer
Eine Krimikurzgeschichte von Christine Rhömer
Die Handlung und Figuren sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder bereits verstorbenen Personen sind rein zufällig und wurden nicht beabsichtigt. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt.
Von Christine Rhömer sind außerdem folgende Romane erschienen:
Weißgold-Flügel (2017)
Abgetaucht im Paradies (2017)
Wind aus Südwest – Sünde der Väter (2018)
Wind aus Südwest – Vergeltung (2018)
© Christine Rhömer 2017, alle Rechte vorbehalten
Kontakt: Christine Rhömer,
https://www.facebook.com/Christine-Rh%C3%B6mer-892263180877108/
https://christinerhoemer.blogspot.de
Cover: Valdas Miskinis Book cover designs
Glitzernde Sonnenstrahlen tanzten wie Irrlichter auf dem See in der Ferne, als Karla ihren Wagen über die Bergkuppe steuerte. Die Segel der Surfer bewegten sich als bunte Fähnchen über die spiegelnde Oberfläche. Der Anblick war jedes Mal aufs Neue überwältigend - ein Natur gewordenes Gemälde Gottes auf einem erloschenen Vulkan. Es war schön, nach so langer Zeit wieder da zu sein. Hier ganz in der Nähe war sie aufgewachsen und es fühlte sich an, als komme sie nach Hause. Und natürlich freute sie sich auf Merle, mit der sie ihre Jugend verbracht und mit der sie nun am Badestrand verabredet war. Was für ein herrlicher Tag! Karlas Wagen rollte auf die Dächer der Abtei Maria Laach zu und der See entschwand ihrem Blick.
Die Schranken vor dem Campingplatz hoben und senkten sich, um die Autos der Dauercamper heraus- oder hereinzulassen. Mechanisch lenkte Marek seine Schritte durch die Kasse zum Badebereich, als kenne er sein Ziel. Tatsächlich hatte er aber keine Ahnung, warum er heute hier war. Eigentlich hatte er gar keine Lust schwimmen zu gehen, doch sein Körper hatte sich verselbstständigt und er musste ihm gehorchen. Die Stimme im Kopf gab den Befehl. Und der lautete: zum See! Mareks Kiefermuskeln spannten sich an, als er mit finsterer Miene den Eintritt bezahlte. Das freundliche Nicken der Kassiererin erwiderte er nicht.
Karla schlängelte sich durch die Sonnenanbeter, die sich wie ein farbenfroher Flickenteppich am Seeufer ausbreiteten. Die Stimmen, das Lachen und das Plätschern des Wassers erinnerten sie an Kindheit, an Merles braun gebrannten Mädchenrücken in der Warteschlange vor der Pommesbude, an Wespensummen über zuckrigen Abfällen. Sie durchstreifte die ganze Uferlänge mit erwartungsvoll leuchtenden Augen, denn Merle würde auf der Wiese am hinteren Ende der Liegefläche auf sie warten. Karla hatte ihr so viel zu erzählen!
Mit starrem Blick und zusammengebissenen Zähnen bahnte Marek sich seinen Weg durch die Badegäste, die ihm irritiert nachsahen. Was machte er hier inmitten dieser stinkenden, halbnackten Leiber? Widerwillig ließ er sich von seinen Beinen weitertragen. Dann entdeckte er sie. In einem dünnen Sommerkleid schlenderte sie nachlässig vor ihm her. Schweißflecken an ihrem Rücken ließen erahnen, dass sie eben noch in einem Auto gesessen hatte. War er wegen ihr hier? Er richtete seine Aufmerksamkeit auf diese eine Person und folgte ihr.
Merle war noch nicht da. Karla suchte die ganze Liegewiese ab, aber Merles Abwesenheit stanzte ein Loch in das Bild. Also breitete sie ihre Decke im Schatten eines Baumes aus, ließ sich darauf nieder und zog das brummende Handy aus der Tasche. Den jungen Mann, der sich in einiger Entfernung ebenfalls in den Schatten setzte und sie dabei mit starrem Blick beobachtete, bemerkte sie nicht.
Eine halbe Stunde würde Merle sich verspäten. Karla merkte, wie der Schweiß auf ihrem Körper sich im Baumwollgewebe ihres Kleides ausbreitete. Vorsichtig streifte sie das Kleid ab und beschloss, sich schon einmal im See abkühlen zu gehen.
Angewidert wandte Marek für einen Moment den Blick ab. Sie war genauso schamlos wie alle anderen hier. Er kannte diese Person, das wusste er. Aber ansprechen würde er sie nicht. Er würde auch so herausfinden, ob sie es war. Er fand es immer heraus.
Leise vor sich hinsummend verstaute Karla ihre Sachen in der Tasche, schlug das Badetuch darüber und bat ihre Liegenachbarn, ein Auge darauf zu haben. Dann zupfte sie ihren Bikini zurecht und trat ans Seeufer.