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Düster, erotisch, unwiderstehlich
Vishous musste Jane gehen lassen und ihr Gedächtnis löschen. Doch bevor er seine Hochzeit mit der Auserwählten Cormia vollziehen kann, wird Jane von den Lessern ins Visier genommen und Vishous vor eine schwere Entscheidung gestellt …
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Seitenzahl: 407
Seit sie sich zum ersten Mal begegnet sind ist die Anziehung zwischen dem Vampirkrieger Vishous und der menschlichen Ärztin Doktor Jane Whitcomb so stark geworden, dass V sich nicht mehr vorstellen kann, seine Geliebte gehen zu lassen, die ihn auf dem Anwesen der Black Dagger gesund gepflegt hat. Um seine Pflicht für die Bruderschaft zu erfüllen, muss er jedoch Janes Gedächtnis löschen, und sich verpflichten, sie nie wiederzusehen. Doch noch bevor Vishous als Primal seine Hochzeit mit der Auserwählten Cormia vollziehen kann, kommt es zu einer dramatischen Entwicklung, denn die untoten Lesser haben Vs Geheimnis entdeckt und nehmen Jane ins Visier …
J. R. Ward begann bereits während ihres Studiums mit dem Schreiben. Nach ihrem Hochschulabschluss veröffentlichte sie die BLACK DAGGER-Serie, die in kürzester Zeit die amerikanischen Bestseller-listen eroberte. Die Autorin lebt mit ihrem Mann und ihrem Golden Retriever in Kentucky und gilt seit dem überragenden Erfolg der Serie als neuer Star der romantischen Mystery.
Besuchen Sie J. R. Ward unter: www.jrward.com
Gewidmet: Dir Anfangs hatte ich dich falsch eingeschätzt und dafür bitte ich um Verzeihung. Es ist so typisch für dich, dass du trotzdem geholfen und nicht nur ihn, sondern auch mich dadurch gerettet hast.
Mit unendlicher Dankbarkeit den Lesern der Black Dagger und ein Hoch auf die Cellies – Ich fange gar nicht erst mit den Sofas an. So weit kann ich nicht zählen.
Ich danke euch so sehr: Karen Solem, Kara Cesare, Claire Zion, Kara Welsh.
Dank an euch, Dorine und Angie, dass ihr euch so gut um mich kümmert – und ich danke auch S-Byte und Ventrue für alles, was ihr aus der Güte eures Herzens tut!
Und wie immer Dank an meinen Exekutivausschuss: Sue Grafton, Dr. Jessica Andersen, Betsey Vaughan und meinen Partner. Und mit dem größten Respekt an die unvergleichliche Suzanne Brockmann.
DLB – rate mal: deine Mami liebt dich immer noch × × × NTM – wie immer in Liebe und Dankbarkeit. Wie du weißt.
Und ich muss sagen, nichts von all dem wäre möglich ohne:
meinen liebenden Mann, der immer zu mir hält; meine wunderbare Mutter, die für mich da ist, seit … na ja, von Anfang an;
meine Familie (die blutsverwandte wie auch die frei gewählte); und meine liebsten Freunde.
Attendhente – Auserwählte, die der Jungfrau der Schrift aufwartet.
Die Auserwählten – Vampirinnen, deren Aufgabe es ist, der Jungfrau der Schrift zu dienen. Sie werden als Angehörige der Aristokratie betrachtet, obwohl sie eher spirituell als weltlich orientiert sind. Normalerweise pflegen sie wenig bis gar keinen Kontakt zu männlichen Vampiren; auf Weisung der Jungfrau der Schrift können sie sich aber mit einem Krieger vereinigen, um den Fortbestand ihres Standes zu sichern. Sie besitzen die Fähigkeit zur Prophezeiung. In der Vergangenheit dienten sie alleinstehenden Brüdern zum Stillen ihres Blutbedürfnisses, aber diese Praxis wurde von den Brüdern aufgegeben.
Bannung – Status, der einer Vampirin der Aristokratie auf Gesuch ihrer Familie durch den König auferlegt werden kann. Unterstellt die Vampirin der alleinigen Aufsicht ihres Hüters, üblicherweise der älteste Mann des Haushalts. Ihr Hüter besitzt damit das gesetzlich verbriefte Recht, sämtliche Aspekte ihres Lebens zu bestimmen und jeglichen Umgang zwischen ihr und der Außenwelt zu regulieren.
Die Bruderschaft der Black Dagger – Die Brüder des Schwarzen Dolches. Speziell ausgebildete Vampirkrieger, die ihre Spezies vor der Gesellschaft der Lesser beschützen. Infolge selektiver Züchtung innerhalb der Rasse besitzen die Brüder ungeheure physische und mentale Stärke sowie die Fähigkeit zur extrem raschen Heilung. Die meisten von ihnen sind keine leiblichen Geschwister; neue Anwärter werden von den anderen Brüdern vorgeschlagen und daraufhin in die Bruderschaft aufgenommen. Die Mitglieder der Bruderschaft sind Einzelgänger, aggressiv und verschlossen. Sie pflegen wenig Kontakt zu Menschen und anderen Vampiren, außer um Blut zu trinken. Viele Legenden ranken sich um diese Krieger und sie werden von ihresgleichen mit höchster Ehrfurcht behandelt. Sie können getötet werden, aber nur durch sehr schwere Wunden, wie zum Beispiel eine Kugel oder einen Messerstich ins Herz.
Blutsklave – Männlicher oder weiblicher Vampir, der unterworfen wurde, um das Blutbedürfnis zu stillen. Ihre Haltung ist heute zwar nicht mehr üblich, aber nicht ungesetzlich.
Doggen – Angehörige(r) der Dienerklasse innerhalb der Vampirwelt. Doggen pflegen im Dienst an ihrer Herrschaft altertümliche, konservative Sitten und folgen einem formellen Bekleidungs- und Verhaltenskodex. Sie können tagsüber aus dem Haus gehen, altern aber relativ rasch. Die Lebenserwartung liegt bei etwa fünfhundert Jahren.
Ehros – Eine Auserwählte, die speziell in der Liebeskunst ausgebildet wurde.
Gesellschaft derLesser – Orden von Vampirjägern, der von Omega zum Zwecke der Auslöschung der Vampirspezies gegründet wurde.
Glymera – Das soziale Herzstück der Aristokratie, sozusagen die »oberen Zehntausend« unter den Vampiren.
Gruft – Heiliges Gewölbe der Bruderschaft der Black Dagger. Sowohl Ort für zeremonielle Handlungen wie auch Aufbewahrungsort für die erbeuteten Kanopen der Lesser. Hier werden unter anderem Aufnahmerituale, Begräbnisse und Disziplinarmaßnahmen gegen Brüder durchgeführt. Niemand außer Angehörigen der Bruderschaft, der Jungfrau der Schrift und Aspiranten hat Zutritt zur Gruft.
Hellren – Männlicher Vampir, der eine Partnerschaft mit einer Vampirin eingegangen ist. Männliche Vampire können mehr als eine Vampirin als Partnerin nehmen.
Hohe Familie – König und Königin der Vampire sowie all ihre Kinder.
Hüter – Vormund eines Vampirs oder einer Vampirin. Hüter können unterschiedlich viel Autorität besitzen, die größte Macht übt der Hüter einer gebannten Vampirin aus.
Jungfrau der Schrift – Mystische Macht, die dem König als Beraterin dient sowie die Vampirarchive hütet und Privilegien erteilt. Existiert in einer jenseitigen Sphäre und besitzt umfangreiche Kräfte. Hatte die Befähigung zu einem einzigen Schöpfungsakt, den sie zur Erschaffung der Vampire nutzte.
Leahdyre – Eine mächtige und einflussreiche Person.
Lesser – Ein seiner Seele beraubter Mensch, der als Mitglied der Gesellschaft der Lesser Jagd auf Vampire macht, um sie auszurotten. Die Lesser müssen durch einen Stich in die Brust getötet werden. Sie altern nicht, essen und trinken nicht und sind impotent. Im Laufe der Jahre verlieren ihre Haare, Haut und Iris ihre Pigmentierung, bis sie blond, bleich und weißäugig sind. Sie riechen nach Talkum. Aufgenommen in die Gesellschaft werden sie durch Omega. Daraufhin erhalten sie ihre Kanope, ein Keramikgefäß, in dem sie ihr aus der Brust entferntes Herz aufbewahren.
Lewlhen – Geschenk.
Lheage – Respektsbezeichnung einer sexuell devoten Person gegenüber einem dominanten Partner.
Lielan – Ein Kosewort, frei übersetzt in etwa »mein Liebstes«.
Mahmen – Mutter. Dient sowohl als Bezeichnung als auch als Anrede und Kosewort.
Mhis – Die Verhüllung eines Ortes oder einer Gegend; die Schaffung einer Illusion.
Nalla – Kosewort. In etwa »Geliebte«.
Novizin – Eine Jungfrau.
Omega – Unheilvolle mystische Gestalt, die sich aus Groll gegen die Jungfrau der Schrift die Ausrottung der Vampire zum Ziel gesetzt hat. Existiert in einer jenseitigen Sphäre und hat weitreichende Kräfte, wenn auch nicht die Kraft zur Schöpfung.
Phearsom – Begriff, der sich auf die Funktionstüchtigkeit der männlichen Geschlechtsorgane bezieht. Wörtlich übersetzt in etwa »würdig, in eine Frau einzudringen«.
Princeps – Höchste Stufe der Vampiraristokratie, untergeben nur den Mitgliedern der Hohen Familie und den Auserwählten der Jungfrau der Schrift. Dieser Titel wird vererbt; er kann nicht verliehen werden.
Pyrokant – Die entscheidende Schwachstelle eines Individuums. Diese Schwachstelle kann innerlich sein, wie zum Beispiel eine Sucht, oder äußerlich, wie ein geliebter Mensch.
Rahlman – Retter.
Rythos – Rituelle Prozedur, um verlorene Ehre wiederherzustellen. Der Rythos wird von dem Vampir gewährt, der einen anderen beleidigt hat. Wird er angenommen, wählt der Gekränkte eine Waffe und tritt damit dem unbewaffneten Beleidiger entgegen.
Schleier – Jenseitige Sphäre, in der die Toten wieder mit ihrer Familie und ihren Freunden zusammentreffen und die Ewigkeit verbringen.
Shellan – Vampirin, die eine Partnerschaft mit einem Vampir eingegangen ist. Vampirinnen nehmen sich in der Regel nicht mehr als einen Partner, da gebundene männliche Vampire ein ausgeprägtes Revierverhalten zeigen.
Symphath – Eigene Spezies innerhalb der Vampirrasse, deren Merkmale die Fähigkeit und das Verlangen sind, Gefühle in anderen zu manipulieren (zum Zwecke eines Energieaustauschs). Historisch wurden die Symphathen oft mit Misstrauen betrachtet und in bestimmten Epochen auch von den Vampiren gejagt. Sind heute nahezu ausgestorben.
Tahlly – Kosewort. Entspricht in etwa »Süße«.
Transition – Entscheidender Moment im Leben eines Vampirs, wenn er oder sie ins Erwachsenenleben eintritt. Ab diesem Punkt müssen sie das Blut des jeweils anderen Geschlechts trinken, um zu überleben und vertragen kein Sonnenlicht mehr. Findet normalerweise mit etwa Mitte zwanzig statt. Manche Vampire überleben ihre Transition nicht, vor allem männliche Vampire. Vor ihrer Transition sind Vampire von schwächlicher Konstitution und sexuell unreif und desinteressiert. Außerdem können sie sich noch nicht dematerialisieren.
Triebigkeit – Fruchtbare Phase einer Vampirin. Üblicherweise dauert sie zwei Tage und wird von heftigem sexuellem Verlangen begleitet. Zum ersten Mal tritt sie etwa fünf Jahre nach der Transition eines weiblichen Vampirs auf, danach im Abstand von etwa zehn Jahren. Alle männlichen Vampire reagieren bis zu einem gewissen Grad auf eine triebige Vampirin, deshalb ist dies eine gefährliche Zeit. Zwischen konkurrierenden männlichen Vampiren können Konflikte und Kämpfe ausbrechen, besonders wenn die Vampirin keinen Partner hat.
Vampir – Angehöriger einer gesonderten Spezies neben dem Homo sapiens. Vampire sind darauf angewiesen, das Blut des jeweils anderen Geschlechts zu trinken. Menschliches Blut kann ihnen zwar auch das Überleben sichern, aber die daraus gewonnene Kraft hält nicht lange vor. Nach ihrer Transition, die üblicherweise etwa mit Mitte zwanzig stattfindet, dürfen sie sich nicht mehr dem Sonnenlicht aussetzen und müssen sich in regelmäßigen Abständen aus der Vene ernähren. Vampire können Menschen nicht durch einen Biss oder eine Blutübertragung »verwandeln«; in seltenen Fällen aber können sich die beiden Spezies zusammen fortpflanzen. Vampire können sich nach Belieben dematerialisieren, dazu müssen sie aber ganz ruhig werden und sich konzentrieren; außerdem dürfen sie nichts Schweres bei sich tragen. Sie können Menschen ihre Erinnerung nehmen, allerdings nur, solange diese Erinnerungen im Kurzzeitgedächtnis abgespeichert sind. Manche Vampire können auch Gedanken lesen. Die Lebenserwartung liegt bei tausend Jahren und höher.
Vergeltung – Akt tödlicher Rache, typischerweise ausgeführt von einem Mann im Dienste seiner Liebe.
Wanderer – Ein Verstorbener, der aus dem Schleier zu den Lebenden zurückgekehrt ist. Wanderern wird großer Respekt entgegengebracht und sie werden für das, was sie durchmachen mussten, verehrt.
Zwiestreit – Konflikt zwischen zwei männlichen Vampiren, die Rivalen um die Gunst einer Vampirin sind.
Ziemlich verlegen und steif lagen V und Jane nebeneinander auf dem Bett. V grübelte fieberhaft, welcher Film Jane wohl am wirkungsvollsten zum Einschlafen bringen würde. Wie wäre es mit Ishtar? Genau, perfekt. Wahnsinnig langweilig. Endlos lang. Und visuell so fesselnd wie ein Salzstreuer.
»Das ist der größte Müll, den ich seit langem gesehen habe.« Jane musste schon wieder gähnen.
Himmel, sie hatte wirklich einen hübschen Hals.
Als Vs Fänge sich zu verlängern begannen, und er die Vision hatte, eine klassische Dracula-Nummer bei ihr abzuziehen und sich dramatisch über ihren hingestreckten Körper zu beugen, zwang er seinen Blick zurück zu Dustin Hoffman und Warren Beatty, die durch den Sand trotteten. Sein Plan war, Jane durch totale Öde besinnungslos zu machen – damit er sich dann in ihren Kopf wühlen und über sie herfallen konnte.
Er gierte danach, sie an seinem Mund kommen zu spüren, selbst wenn es nur in einem gegenstandslosen Traum wäre.
Während er darauf wartete, dass sie vor lauter Langeweile in den Tiefschlaf fiel, musste er, obwohl das absurd war, beim Anblick der Wüste vor sich auf dem Bildschirm an eine Winterlandschaft denken … und an den Winter seiner Transition.
Es geschah nur wenige Wochen, nachdem der Prätrans in den Fluss gefallen und gestorben war. Schon längere Zeit, bevor die Wandlung tatsächlich einsetzte, war er sich der Veränderungen seines Körpers bewusst geworden: Er wurde von Kopfschmer zen gepeinigt. War unentwegt hungrig, doch wenn er aß, wurde ihm übel. Er konnte nicht schlafen, obwohl er erschöpft war. Das Einzige, was gleich blieb, war seine Aggression. Da es zu den Anforderungen des Lagerlebens gehörte, dass man stets auf einen Kampf vorbereitet sein musste, war seinem Verhalten der verstärkte Jähzorn jedoch nicht anzumerken.
Inmitten eines verheerenden, frühen Schneesturms wurde er in sein erwachsenes männliches Selbst geboren.
Infolge der eisigen Temperaturen waren die steinernen Wände der Höhle von Frost überzogen, die Füße gefroren selbst in pelzgefütterten Stiefeln, die Luft war so kalt, dass der Atem vor dem Mund wie eine Wolke ohne Himmel war. Der Wintereinbruch dauerte an, die Soldaten und die Frauen aus der Küche schliefen in großen Haufen aufeinander, nicht aus Fleischeslust, sondern um ihre Körperwärme miteinander zu teilen.
V wusste, dass ihm die Wandlung bevorstand, denn als er aufwachte, war ihm heiß. Zunächst war ihm die Behaglichkeit der Hitze willkommen, doch in seinem Körper tobte ein Fieber, und ein quälender Hunger schüttelte ihn. Er wand sich auf dem Boden hin und her, hoffte auf Linderung, fand keine.
Nach einer kleinen Ewigkeit durchschnitt die Stimme des Bloodletter seinen Schmerz. »Die Frauenzimmer wollen dich nicht nähren.«
Wie benommen schlug V die Augen auf.
Der Bloodletter kniete sich zu ihm. »Du weißt gewiss, warum.«
Mühsam schluckte V durch seine zusammengeschnürte Kehle. »Nein, das weiß ich nicht.«
»Sie sagen, die Höhlenmalereien hätten von dir Besitz ergriffen. Dass deine Hand den Geistern gehorcht, die in den Wänden eingekerkert sind. Dass dein Auge nicht länger dir selbst gehört.«
Da V keine Antwort gab, fuhr der Bloodletter fort: »Du leugnest es nicht?«
Trotz der Trägheit in seinem Kopf bemühte sich V, die Wirkung der beiden vorstellbaren Entgegnungen abzuwägen. Dann hielt er sich an die Wahrheit, nicht um der Aufrichtigkeit willen, sondern zur Selbsterhaltung. »Ich … leugne es.«
»Leugnest du auch, was sie ansonsten behaupten?«
»Was … sagen … sie?«
»Dass du deinen Kameraden mit deiner bloßen Handfläche am Fluss getötet hast.«
Das war eine Lüge, und die anderen jungen Burschen, die dabei gewesen waren, wussten das sehr wohl, hatten sie doch gesehen, wie der Prätrans aus eigener Schuld gestürzt war. Die Frauen jedoch mussten wohl deshalb dieser Annahme sein, weil V in der Nähe gewesen war, als der Tod eintrat. Denn warum sollten seine Altersgenossen den Wunsch verspüren, einen Beweis für Vs Kraft zu bezeugen?
Oder womöglich war es zu ihrem eigenen Vorteil – wenn V keine Vampirin fände, die ihn nährte, dann würde er sterben. Was für die anderen Prätrans kein Schaden wäre.
»Was sagst du dazu?«, donnerte sein Vater.
Da V den Anschein von Kraft benötigte, murmelte er: »Ich habe ihn getötet.«
Der Bloodletter grinste breit unter seinem Bart. »Das habe ich vermutet. Und für deine Leistung werde ich dir eine Frau gewähren.«
Wahrhaftig, eine Vampirin wurde zu ihm gebracht, und er nährte sich. Die Transition war brutal, sie dauerte lange und laugte ihn aus, und als es vorbei war, ragte er an allen Enden über sein Lager hinaus, seine Arme und Beine kühlten sich auf dem kalten Höhlenboden ab wie das Fleisch eines frisch geschlachteten Tiers.
Obgleich sein Geschlecht sich im Anschluss deutlich gerührt hatte, wollte die Vampirin, die man gezwungen hatte, ihn zu nähren, nichts mit ihm zu tun haben. Sie gab ihm eben genug Blut, um ihm durch den Wandel zu helfen; dann überließ sie ihn seinen knackenden Knochen und den bis zum Zerreißen gedehnten Muskeln. Niemand kümmerte sich um ihn, und in seinem Leid rief er im Geiste nach seiner Mutter, die ihm das Leben geschenkt hatte. Er stellte sich vor, wie sie vor Liebe leuchtend zu ihm kam, über sein Haar strich und ihm tröstende Worte zuflüsterte. In seinem kläglichen Traum nannte sie ihn ihr geliebtes Lewlhen.
Geschenk.
Wie gern wäre er jemandes Geschenk gewesen. Geschenke wurden wertgeschätzt und umsorgt und gehegt. Das Tagebuch des Kriegers Darius war für V ein Geschenk gewesen, auch wenn der Gebende nicht gewusst hatte, dass er damit jemandem eine Freude machte. Und dennoch …
Ein Geschenk.
Als Vs Körper seine Wandlung endlich vollzogen hatte, sank er in tiefen Schlaf. Beim Aufwachen verspürte er Hunger auf Fleisch. Seine Kleidung war ihm durch die Transition vom Körper gerissen worden, also wickelte er sich in ein Fell und lief barfuß zur Kochstelle. So wenig gab es dort: einen Knochen, an dem er nagen konnte, einen Kanten Brot, eine Handvoll Mehl.
Noch leckte er sich das weiße Pulver von der Handfläche, als er seinen Vater hinter sich hörte: Zeit zu kämpfen.
»Woran denkst du?«, fragte Jane. »Du wirkst so angespannt. «
Mit einem Ruck kehrte V zurück in die Gegenwart. Und log aus irgendeinem Grund nicht. »Ich denke an meine Tätowierungen.«
»Wann hast du sie bekommen?«
»Vor fast drei Jahrhunderten.«
Sie pfiff. »Huh, so lange lebt ihr?«
»Noch länger. Vorausgesetzt ich beiße nicht in einem Kampf ins Gras, und ihr bescheuerten Menschen sprengt den Planeten nicht in die Luft, bleibe ich noch weitere siebenhundert Jahre auf den Beinen.«
»Wow. Da erscheint einem die Rentenversicherung in einem völlig neuen Licht.« Sie lehnte sich nach vorn. »Dreh mal den Kopf. Ich möchte mir die Tinte auf deinem Gesicht ansehen.«
Noch mitgenommen von seinen Erinnerungen gehorchte er, weil er nicht klar genug im Kopf war, um ein Gegenargument zu finden. Trotzdem zuckte er zurück, als sie die Hand hob.
Ohne ihn zu berühren ließ Jane die Hand wieder sinken. »Die hast du nicht freiwillig bekommen, oder? Und wahrscheinlich um dieselbe Zeit, als man versucht hat, dich zu kastrieren.«
Innerlich krümmte sich V zusammen, doch er rückte nicht von ihr ab. Die ganze Mitgefühlsnummer war ihm unangenehm, aber Janes Stimme blieb dabei völlig sachlich. Direkt. Also konnte er ebenfalls sachlich und direkt reagieren.
»Ja. Um dieselbe Zeit.«
»Ich rate mal drauflos, dass das Warnungen sind, da du sie auf der Hand, der Schläfe, deinen Oberschenkeln und dem Unterleib trägst. Wahrscheinlich geht es um die Energie in deiner Hand, das zweite Gesicht und das Zeugungsthema. «
Warum wunderte ihn ihre Hyperschlussfolgerung bloß nicht? »Stimmt.«
Ihre Stimme wurde lauter. »Deshalb bist du auch in Panik geraten, als ich gedroht habe, dich zu fixieren. Im Krankenhaus. Sie haben dich damals festgebunden.«
Er räusperte sich.
»Oder, V?«
Scheinbar unbeteiligt nahm er die Fernbedienung in die Hand. »Willst du was anderes sehen?«
Schweigen herrschte, während er die Kanäle wechselte.
»Ich habe mich auf der Beerdigung meiner Schwester übergeben.«
Vs Daumen schwebte regungslos über den Knöpfen, sie blieben bei Das Schweigen der Lämmer hängen. Er wandte ihr den Kopf zu. »Ehrlich?«
»Der peinlichste Augenblick meines Lebens. Und nicht nur wegen des Zeitpunkts. Ich habe über meinen Vater gespuckt. «
Während vor ihm Clarice Starling auf dem Stuhl vor Lecters Zelle Platz nahm, sehnte sich V nach Informationen über Jane. Er wollte alles über ihr Leben erfahren, von der Geburt bis zum heutigen Tag. Und zwar jetzt sofort.
»Erzähl mir davon.«
Jane räusperte sich, als müsste sie sich innerlich stählen, und er konnte die Parallelen zu dem Film nicht ignorieren: Er war das eingesperrte Monster und Jane die Quelle des Guten, die Einzelheiten ihres Lebens preisgab, damit das Monster sie verzehren konnte.
Doch er brauchte dieses Wissen so dringend zum Überleben wie Blut. »Was ist geschehen, Jane?«
»Tja, also … mein Vater war ein großer Anhänger von Haferschleim.«
»Haferschleim?« Als sie nicht fortfuhr, drängte er. »Erzähl weiter.«
Jane verschränkte die Arme vor der Brust und starrte ihre Füße an. Dann sah sie ihm in die Augen. »Nur, dass wir uns hier richtig verstehen: Ich habe nur davon angefangen, damit du dann auch über das sprechen kannst, was dir passiert ist. Eine Hand wäscht die andere. Das ist, als ob man sich gegenseitig seine Narben zeigt. Du weißt schon, die aus dem Sommerlager, wo man aus dem Stockbett gefallen ist. Oder wo man sich an der Konservendose geschnitten hat, oder wo man sich selbst aus Versehen mit einem – « Sie runzelte die Stirn. »Okay, das sind alles keine so tollen Beispiele, wenn man bedenkt, wie schnell bei euch jede Verletzung abheilt. Aber du weißt schon, was ich meine.«
V musste lächeln. »Ja, ich hab’s kapiert.«
»Ich denke eben, das wäre nur gerecht. Wenn ich die Hose runterlasse, dann musst du auch. Einverstanden?«
»Shit …« Andererseits wollte er wirklich mehr über sie erfahren. »Na gut, einverstanden.«
»Also. Mein Vater und der Haferschleim. Er …«
»Jane?«
»Was denn?«
»Ich mag dich. Sehr. Das musste ich schnell loswerden.«
Sie blinzelte ein paar Mal. Dann räusperte sie sich wieder. Mann, diese zarte Röte stand ihr gut.
»Du warst beim Haferschleim.«
»Genau … also … wie gesagt war mein Vater ein großer Befürworter von Haferschleim. Jeden Morgen gab’s das zum Frühstück, selbst im Sommer. Meine Mutter, meine Schwester und ich würgten dieses Zeug für ihn runter, und er erwartete, dass wir unsere Schüsseln leeraßen. Dabei ließ er uns nicht aus den Augen, als würden wir Golf spielen, und er müsste aufpassen, dass wir uns keine falsche Schlaghaltung angewöhnten. Ich schwöre dir, er hat den Winkel bemessen, in dem ich meine Wirbelsäule hielt und den Löffel zum Mund führte. Beim Abendessen hat er immer – « Sie hielt inne. »Ich komme vom Thema ab.«
»Und ich könnte dir stundenlang zuhören, also meinetwegen musst du dich nicht zurückhalten.«
»Tja, aber … es ist wichtig, einen Fokus zu haben.«
»Nur, wenn man ein Mikroskop ist.«
Sie lächelte schwach. »Zurück zum Haferschleim. Meine Schwester starb an meinem Geburtstag, in der Nacht von Freitag auf Samstag. Die Beerdigung wurde in aller Eile organisiert, da mein Vater am darauf folgenden Mittwoch zu einer wissenschaftlichen Präsentation nach Kanada flog. Später fand ich heraus, dass er den Termin für diese Präsentation an dem Tag vereinbart hatte, als Hannah tot in ihrem Bett gefunden wurde – zweifellos, um die Angelegenheit zu beschleunigen. Jedenfalls … am Tag ihrer Beerdigung stand ich morgens auf und fühlte mich schrecklich. Hundeelend. Mir war furchtbar schlecht. Hannah … Hannah war das einzig Reale in einem von oben bis unten sterilen und ordentlichen Haus gewesen. Sie war unordentlich und laut und glücklich und … ich liebte sie so sehr und konnte einfach nicht ertragen, dass man sie unter die Erde bringen wollte. Sie hätte es gehasst, so eingesperrt zu sein. Tja, meine Mutter hatte mir für die Beerdigung so ein durchgeknöpftes Kleid gekauft, natürlich in Schwarz. Das Blöde war nur, dass es mir nicht passte, als ich es an dem Morgen anziehen wollte. Es war zu klein, und ich bekam keine Luft.«
»Was natürlich die Übelkeit noch verschlimmerte.«
»Genau. Vor dem Frühstück musste ich zwar einige Male würgen, aber es kam nichts. Du liebe Güte, ich weiß noch, wie die beiden aussahen. Sie saßen einander gegenüber, ohne sich anzusehen. Mutter sah aus wie eine Porzellanpuppe, die die Qualitätskontrolle nicht ganz bestanden hatte – sie war geschminkt, die Haare frisiert, doch alles war ganz leicht daneben. Der Lippenstift hatte die falsche Farbe, sie hatte das Rouge vergessen, in ihrer Hochsteckfrisur konnte man die Haarnadeln sehen. Vater las die Zeitung, und das Geräusch der umblätternden Seiten war so laut wie ein Pistolenschuss. Keiner von beiden sagte ein Wort zu mir.
Ich saß also auf meinem Stuhl und konnte den Blick nicht von dem leeren Platz mir gegenüber abwenden. Die Schale Haferschleim landet vor mir auf dem Tisch. Marie, unser Dienstmädchen, legte mir die Hand auf die Schulter, als sie die Schüssel vor mir abstellte, und fast wäre ich in Tränen ausgebrochen. Doch dann schnalzte mein Vater mit der Zeitung, als wäre ich ein Hundwelpe, der auf den Teppich gemacht hat, und ich hob den Löffel auf und begann zu essen. Ich quälte mir den Brei herunter, bis ich würgen musste. Und dann fuhren wir los.«
V wollte sie berühren und hätte beinahe die Hand ausgestreckt. Stattdessen aber fragte er nur: »Wie alt warst du damals?«
»Dreizehn. Als wir bei der Kirche ankamen, war sie schon überfüllt, weil jeder in Greenwich meine Eltern kannte. Meine Mutter bemühte sich verzweifelt um Fassung, und mein Vater war steif und ungerührt, insofern war also alles wie gewohnt. Ich weiß noch, dass ich dachte, die beiden wären genau wie immer, mal abgesehen von dem miserablen Make-up meiner Mutter und davon, dass mein Vater die ganze Zeit mit dem Kleingeld in seiner Hosentasche spielte. Was völlig untypisch war. Er hasste Hintergrundgeräusche jeglicher Art, und ich war überrascht, dass das unentwegte Klimpern der Münzen ihn nicht störte. Ich schätze mal, es war deshalb okay, weil er selbst den Lärm kontrollierte. Ich meine, er hätte jederzeit damit aufhören können, wenn er gewollt hätte.«
Als sie stockte und den Blick auf die gegenüberliegende Wand richtete, sehnte sich V danach, in ihren Kopf zu gelangen, er wollte genau sehen, was für Erinnerungen sie gerade neu durchlebte. Doch er tat es nicht – und zwar nicht, weil er sich nicht sicher war, ob es klappen würde. Was sie freiwillig von sich preisgab, war viel kostbarer als alles, was er sich nehmen könnte.
»Erste Reihe«, murmelte sie. »In der Kirche hatte man uns in die erste Reihe gesetzt, direkt vor den Altar. Gott sei Dank lag Hannah in einem geschlossenen Sarg, obwohl ich sie mir wunderschön vorstellte. Sie hatte rötlich blondes Haar, meine kleine Schwester. So wellig und üppig, wie man es von Barbies kennt. Meins war fad und glatt. Egal …«
Flüchtig schoss V der Gedanke durch den Kopf, dass sie diese Geschichte erzählte, als schriebe sie sie auf eine volle Tafel. Nach jedem Abschnitt wischte sie die Kreide wieder weg, um Platz für mehr Erinnerungen zu schaffen.
»Die erste Reihe also. Der Gottesdienst begann mit Orgelmusik. Und die Sache war die: Diese Pfeifen ließen den Boden vibrieren. Warst du schon mal in einer Kirche? Wahrscheinlich nicht. Auf jeden Fall kann man die tiefen Töne spüren, wenn es wirklich laut wird. Natürlich fand der Trauergottesdienst in einem riesigen Bau statt, und die Orgel hatte mehr Pfeifen als Caldwells Kanalisation Rohre. Lieber Himmel, wenn das Ding gespielt wurde, dann kam man sich vor wie in einem Flugzeug beim Start.«
Wieder hielt sie inne und holte tief Luft. V wusste, dass diese Geschichte sie aufwühlte, sie an einen Ort versetzte, an dem sie sich nicht gern oder häufig aufhielt.
Ihre Stimme klang heiser, als sie fortfuhr. »Ungefähr den halben Gottesdienst hatte ich schon überstanden, aber mein Kleid war zu eng, und mein Magen fühlte sich schrecklich an, und dieser verdammte Haferschleim meines Vaters hatte gemeine Wurzeln ausgetrieben und sich an die Innenseite meiner Gedärme geheftet. Und der Priester kam nach vorn an sein Pult, um die Trauerrede zu halten. Er sah aus wie aus dem Bilderbuch, weißes Haar, tiefe Stimme, gekleidet in eine elfenbeinfarbene Robe mit goldenen Säumen. Er war damals der Episkopalbischof von ganz Connecticut, glaube ich. Jedenfalls fing er an, über die Gnade zu schwafeln, die uns im Himmel erwartet, und diesen ganzen Blödsinn von Gott und Jesus und der Kirche. Seine Rede wirkte eher wie ein Werbespot für seinen Verein als ein Gedenken an Hannah.
Da saß ich also und war nicht so ganz bei der Sache, als mein Blick auf die Hände meiner Mutter neben mir fiel. Sie waren fest ineinander verschränkt, die Knöchel schon ganz weiß, als säße sie in der Achterbahn. Dann sah ich nach links und betrachtete die Hände meines Vaters. Seine Handflächen lagen auf seinen Knien, und alle Finger gruben sich ein, außer dem kleinen Finger der rechten Hand. Der klopfte mit einer Art Parkinson’schem Zittern auf den Wollstoff seiner Hose.«
V ahnte schon, worauf das hinauslief. »Und deine«, fragte er leise, »was war mit deinen?«
Jane stieß ein kurzes Schluchzen aus. »Meine … meine lagen ganz still, vollkommen entspannt. Ich fühlte nichts außer diesem Haferschleim im Magen. Du lieber Gott, meine Schwester war tot, und meine Eltern, die doch so gefühllos waren, wie es überhaupt möglich ist, waren betroffen. Und ich? Nichts. Ich weiß noch, dass ich dachte, Hannah hätte bestimmt geweint, wenn ich dort in dem Sarg läge. Sie hätte für mich geweint. Aber ich, ich konnte nicht.
Als also der Priester dann mit seiner Reklame fertig war, wie toll Gott doch sei und was für ein Glück Hannah habe, bei ihm zu sein, und das ganze Blabla, donnerte die Orgel los. Das Vibrieren der Basspfeifen stieg durch den Fußboden hinauf durch die Sitzbank und traf genau die richtige Frequenz. Beziehungsweise die falsche, müsste ich wohl sagen. Ich spuckte den ganzen Haferschleim über meinen Vater. «
Ach, verdammt, dachte V. Er nahm ihre Hand. »Verdammt …«
»Ja. Meine Mutter stand auf, um mich rauszubringen, aber mein Vater wies sie an, zu bleiben. Er ging mit mir zu einer der Küsterinnen und sagte ihr, sie solle mich auf die Toilette bringen, dann ging er selbst in den Waschraum. Ich wurde zehn Minuten lang allein in einer Kabine gelassen, dann kam die Küsterin zurück, steckte mich in ihr Auto und fuhr mich nach Hause. Das Begräbnis habe ich verpasst.« Sie schluckte. »Als meine Eltern wieder zu Hause waren, kam keiner von ihnen, um nach mir sehen, obwohl ich die ganze Zeit darauf wartete, dass jemand ins Zimmer treten würde. Ich hörte sie im Haus herumlaufen, aber schließlich wurde es ganz still. Dann ging ich nach unten, holte mir etwas aus dem Kühlschrank und aß im Stehen, weil es uns nicht gestattet war, Essen mit nach oben zu nehmen. Noch immer weinte ich nicht, obwohl es eine windige Nacht war, was mir normalerweise Angst einjagte, und das Haus dunkel war, und ich das Gefühl hatte, die Beerdigung meiner Schwester ruiniert zu haben.«
»Du standest sicherlich unter Schock.«
»Ja. Komisch … ich machte mir Sorgen, sie könnte frieren. Du weißt schon, eine kalte Herbstnacht. Kalter Boden.« Jane wedelte mit den Händen. »Am nächsten Morgen verschwand mein Vater, noch bevor ich aufstand, und er kam erst zwei Wochen später zurück. Wieder und wieder rief er an und teilte meiner Mutter mit, er werde sich noch mit einem weiteren komplexen Fall irgendwo im Land befassen. In der Zwischenzeit stand Mutter jeden Tag auf und zog sich an und brachte mich zur Schule, aber sie war nicht wirklich anwesend. Die einzigen Themen, über die sie sprach, waren das Wetter und was im Haus oder beim Personal schiefgelaufen war, während ich in der Schule gewesen war. Irgendwann kam mein Vater zurück, und weißt du, woher ich wusste, dass seine Ankunft bevorstand? Hannahs Zimmer. Jeden Abend setzte ich mich in ihr Zimmer zu ihren Sachen. Ich konnte einfach nicht begreifen, warum ihre Kleider und Bücher und Bilder noch da sein konnten, sie aber nicht. Die Gleichung ging einfach nicht auf. Ihr Zimmer war wie ein Auto ohne Motor, alles war an seinem Platz, und trotzdem war alles nur theoretisch damit in Ordnung. Nichts davon würde je wieder benutzt werden.
Am Abend, bevor Vater zurückkam, öffnete ich die Tür zu Hannahs Zimmer und … alles war weg. Mutter hatte alle Regale ausgeräumt und die Tagesdecke ausgetauscht und andere Vorhänge aufgehängt. Der Raum wurde von Hannahs Zimmer zum Gästezimmer. Daher wusste ich, dass mein Vater nach Hause käme.«
V rieb mit dem Daumen über Janes Handrücken. »Ach, Jane …«
»So, das war also mein Geheimnis. Ich habe Haferschleim gekotzt, statt zu weinen.«
Er konnte ihr ansehen, dass sie nervös war und sich wünschte, sie hätte sich das Bekenntnis verkniffen, denn ihm war es bei den seltenen Gelegenheiten, bei denen er Persönliches erzählt hatte, ebenso ergangen. Immer weiter streichelte er ihre Hand, bis sie ihn ansah. Die Stille dehnte sich aus, und er wusste, worauf sie wartete.
»Ja«, murmelte er. »Sie haben mich festgehalten.«
»Und du warst die ganze Zeit bei Bewusstsein, hab ich Recht?«
Seine Stimme klang jetzt durchdringend. »Ja.«
Sanft berührte sie sein Gesicht, fuhr ihm mit der Hand über die inzwischen stoppelige Wange. »Hast du sie dafür getötet?«
Er hob die Hand mit dem Handschuh. »Die hier hat das übernommen. Ein Leuchten blitzte in meinem gesamten Körper auf. Alle, die ihre Finger auf mir hatten, sind sang-und klanglos umgekippt.«
»Gut.«
Mist … er war so wahnsinnig in sie verliebt. »Du hättest eine gute Kriegerin abgegeben, weißt du das?«
»Ich bin eine. Der Tod ist mein Feind.«
»Das stimmt.« Natürlich, es leuchtete ihm völlig ein, dass er sich an sie gebunden hatte. Sie war eine Kämpferin – wie er. »Dein Skalpell ist dein Dolch.«
»Genau.«
Sie verharrten so, die Hände und die Blicke ineinander verflochten. Bis sie ihm völlig ohne Vorwarnung mit dem Daumen über die Unterlippe strich.
Als er mit einem Zischen die Luft einsog, flüsterte sie: »Ich muss nicht schlafen, weißt du.«
Als John wieder zu Bewusstsein kam, glühte er vor Fieber: Seine Haut stand in Flammen, sein Blut war ein Lavastrom, sein Knochenmark der Ofen, der alles befeuerte. In dem verzweifelten Versuch, sich abzukühlen, rollte er herum und wollte sich die Kleider ausziehen. Nur, dass er weder Hemd noch Hose trug. Nackt wand er sich auf dem Bett.
»Nimm mein Handgelenk.« Die Frauenstimme kam von oben links, und er neigte den Kopf in Richtung des Klanges, Schweiß lief ihm wie Tränen über das Gesicht. Oder vielleicht weinte er?
Tut weh, formten seine Lippen.
»Euer Gnaden, nehmt mein Handgelenk. Die Haut ist schon durchbohrt.«
Etwas wurde an seine Lippen gedrückt und befeuchtete sie mit köstlichem Wein. Instinkte regten sich in ihm wie in einem Tier. Das Feuer war in Wirklichkeit brüllender Hunger, und was ihm dargeboten wurde, war die Nahrung, die er brauchte. Er griff nach dem, was sich als Arm herausstellte, öffnete den Mund weit und trank in gierigen Zügen.
Gütiger … es schmeckte nach Erde und nach Leben, berauschend und mächtig und süchtig machend. Die Welt begann zu kreiseln, eine Pirouette, ein Karussell, ein Whirlpool, endlos. Und er, im Zentrum der Kreisbewegung, schluckte verzweifelt, wissend, dass das, was ihm da durch die Kehle rann, das einzige Gegenmittel gegen das Sterben war.
Das Nähren dauerte Tage und Nächte, ganze Wochen verstrichen. Oder war es nur ein Wimpernschlag? Es erstaunte ihn, dass es überhaupt je aufhörte.
Er löste seine Lippen und schlug die Augen auf.
Layla, die blonde Auserwählte, saß neben ihm auf dem Bett, ihr Gewand war so strahlend weiß wie das Sonnenlicht für seine wunden Augen. Drüben in der Ecke standen Wrath und Beth, die Arme umeinandergeschlungen, mit besorgten Blicken.
Die Wandlung. Seine Wandlung.
Er hob die Hände und fragte mit zittrigen Bewegungen: Ist es das?
Wrath schüttelte den Kopf. »Noch nicht, es kommt.«
Kommt?
»Atme tief durch«, sagte der König. »Du wirst es brauchen. Und vergiss nicht, wir sind hier, okay? Wir lassen dich nicht allein.«
Shit, das stimmte ja. Die Transition bestand aus zwei Phasen. Und die härtere von beiden stand ihm noch bevor. Um sich Mut zu machen, erinnerte er sich daran, dass Blay es geschafft hatte. Genau wie Qhuinn.
Wie alle Brüder.
Wie seine Schwester.
Er sah Beth in die dunkelblauen Augen, und aus dem Nichts flog ihn eine verschwommene Vision an. Er war in einem Club … in einem Goth-Club mit … Tohrment. Nein, er beobachtete Tohr im Gespräch mit jemandem, einem großen Vampir, einem Bruder, dessen Gesicht John nicht erkennen konnte.
Er zog die Brauen zusammen, fragte sich, warum um alles in der Welt sein Gehirn ein solches Bild produzieren sollte. Und dann hörte er den Fremden sprechen:
Sie ist meine Tochter, Tohr.
Sie ist ein Mischling, D. Und du weißt, was Wrath von Menschen hält. Tohrment schüttelte den Kopf. Meine Ur-Urgroßmutter war auch ein Mensch. Und, quatsche ich in seiner Gegenwart darüber? Nein.
Sie sprachen über Beth, richtig? Was bedeutete, dass der Fremde mit den verschwommenen Zügen Johns Vater war. Darius.
John strengte sich an, um das unklare Bild zu schärfen, um wenigstens nur ein einziges Mal das Gesicht seines Vaters zu erkennen. Während Darius die Hand hob, um die Aufmerksamkeit der Kellnerin zu erregen, und danach auf seine leere Bierflasche und Tohrments fast leeres Glas zeigte, betete John um einen deutlichen Blick.
Ich werde nicht noch eines meiner Kinder sterben lassen. Nicht, wenn eine Chance besteht, sie zu retten. Abgesehen davon kann niemand sagen, ob sie überhaupt jemals die Wandlung vollziehen wird. Sie könnte genauso gut ein glückliches Leben als Mensch führen, und nie etwas von dem Erbe erfahren, das ich ihr mitgegeben habe. So was hat es schon gegeben.
Hatte ihr gemeinsamer Vater überhaupt von ihm gewusst? Wahrscheinlich nicht, da John ja an einer Bushaltestelle geboren worden und dann einfach dort auf der Toilette liegengelassen worden war: Ein Mann, der sich so um seine Tochter sorgte, hätte sich auch um einen Sohn gekümmert.
Die Vision verblasste allmählich, und je heftiger sich John bemühte, sie festzuhalten, desto schneller löste sie sich auf. Unmittelbar bevor sie verschwand, warf er einen Blick auf Tohrs Gesicht. Der militärische Haarschnitt, die markanten Züge und die scharfsichtigen Augen versetzten John einen Stich in der Brust. Genau wie die Art und Weise, wie Tohr den Mann ihm gegenüber ansah. Die beiden standen sich nah. Beste Freunde, so schien es.
Wie wunderbar es doch gewesen wäre, dachte John, sie beide in seinem Leben zu haben …
Der Schmerz, der jetzt einsetzte, war von kosmischen Ausmaßen, ein Urknall, der John in Stücke riss und seine Moleküle aus seinem Inneren an die Luft katapultierte. Jeglicher Gedanke, jegliche Vernunft wurden ausgelöscht, und ihm blieb keine andere Wahl, als sich zu unterwerfen. Er öffnete den Mund und schrie ohne einen Laut.
Jane konnte nicht fassen, dass sie einen Vampir anschaute und betete, er möge Sex mit ihr haben. Und doch war sie sich noch nie im Leben einer Sache so sicher gewesen.
»Schließ die Augen«, sagte V.
»Weil du mich küssen wirst?« Bitte, lieber Gott, lass es so sein.
V strich ihr mit der unbedeckten Hand über das Gesicht. Seine Handfläche fühlte sich warm an und roch nach dunklen Gewürzen. »Schlaf, Jane.«
Sie sah ihn unwillig an. »Ich möchte lieber dabei wach bleiben.«
»Nein.«
»Warum nicht?«
»So ist es ungefährlicher.«
»Moment, meinst du, ich könnte schwanger werden?« Und was war mit Geschlechtskrankheiten?
»So etwas kann gelegentlich bei Menschen passieren, aber du hast gerade keinen Eisprung. Das würde ich riechen. Was Geschlechtskrankheiten betrifft: Ich habe keine, und du könntest mich sowieso nicht anstecken, aber darum geht es hier gar nicht. Es ist ungefährlicher, dich zu nehmen, wenn du nicht wach bist.«
»Sagt wer?«
Unruhig, rastlos wälzte er sich auf dem Bett herum. Erregt. »Es kann nur im Schlaf passieren.«
Na super, genau bei ihr musste er den Gentleman rauskehren. Mistkerl.
Jane rutschte von ihm ab und stand auf. »Träume interessieren mich nicht. Wenn du nicht möchtest, dass wir real zusammen sind, dann lassen wir es einfach ganz sein.«
Sie warf ihm einen bösen Blick zu, der zum Teil sexueller Frustration geschuldet war und zum Teil weibliches Selbstbewusstsein ausdrückte. »Ich halte mehr aus, als man mir ansieht. Und offen gestanden geht mir dieser ganze männliche Ich-will-doch-nur-dein-Bestes Blödsinn total auf den Zeiger.«
Mit hoch erhobenem Kinn wandte sie sich ab, dann fiel ihr leider ein, dass sie nirgendwohin konnte. Ganz großer Abgang, Jane.
Wegen absolutem Mangel an Alternativen ging sie ins Badezimmer. Unschlüssig wanderte sie zwischen der Dusche und dem Waschbecken auf und ab, fühlte sich wie ein Löwe im Zwinger –
Ohne jegliche Vorwarnung wurde sie von hinten gepackt, mit dem Gesicht voraus an die Wand gepresst und mit einem stahlharten Körper, der doppelt so groß war wie ihr eigener, festgeklemmt. Erst keuchte sie vor Schreck, dann vor Lust, als sie spürte, wie V sich an ihren Hintern drängte.
»Ich hab es versucht«, knurrte er, vergrub die Hand in ihrem Haar und zerrte ihren Kopf zurück. Als sie aufschrie, wurde sie feucht zwischen den Beinen. »Ich hab versucht, nett zu sein.«
»O … Gott – «
»Beten hilft jetzt auch nichts mehr. Zu spät, Jane.« In seiner Stimme schwang Bedauern mit – und erotischer Stahl. »Du hattest die Chance, es zu deinen eigenen Bedingungen zu bekommen. Jetzt machen wir es auf meine Art.«
Sie wollte es. Sie wollte ihn. »Bitte – «
»Sch-sch.« Mit einer Drehung seines Handgelenks riss er ihren Kopf zur Seite und entblößte ihre Kehle. »Wenn ich will, dass du bettelst, dann sage ich es dir.« Seine Zunge war warm und nass, als sie an ihrem Hals emporstrich. »Jetzt frag mich, was ich mit dir machen werde.«
Sie machte den Mund auf, konnte aber nur hecheln.
Er zog fester an ihren Haaren. »Frag mich. Sag: ›Was wirst du mit mir machen?‹«
Sie schluckte. »Was … was wirst du mit mir machen?«
Er schob sie etwas zur Seite, ohne den Druck seiner Hüften auf ihren Hintern zu lockern. »Siehst du das Waschbecken da, Jane?«
»Ja …« Ihr Heiligen, sie hatte fast einen Orgasmus …
»Ich werde dich über das Waschbecken beugen, und du hältst dich an den Seiten fest. Dann ziehe ich dir die Hose runter.«
O Himmel.
»Frag mich, was dann kommt, Jane.« Er leckte ihr wieder über den Hals, dann bohrte er ihr etwas ins Ohr. Sie wusste, es war ein Fangzahn.
»Was … dann?«, hauchte sie.
»Dann gehe ich auf die Knie.« Sein Kopf sank tiefer und er knabberte an ihrem Schlüsselbein. »Sag jetzt zu mir: ›Und was dann, V?‹«
Inzwischen schluchzte sie schon beinahe, sie war so erregt, dass ihre Beine nachgaben. »Und was dann?«
Er zupfte an ihrem Haar. »Du hast den letzten Teil vergessen. «
Den letzten Teil … den letzten Teil … »V.«
»Und jetzt nochmal von vorne. Von Anfang an.« Er schob seine Erregung in sie hinein, ein harter Grat, der ganz unmissverständlich jetzt sofort in sie eindringen wollte. »Fang nochmal von vorne an, und diesmal machst du es richtig.«
Aus heiterem Himmel rollte ein Orgasmus heran, angeheizt vom Kratzen seiner Stimme in ihrem –
»O nein, noch nicht.« Er rückte von ihr ab. »Jetzt kommst du nicht. Wenn ich es sage, dann darfst du kommen. Vorher nicht.«
Desorientiert und mit einem undeutlichen Schmerz im Unterleib sackte sie in sich zusammen, als der drängende Höhepunkt sich wieder zurückzog.
»Und jetzt sag die Worte, die ich hören möchte.«
Wie war das noch? »Und was dann, V?«
»Ich gehe auf die Knie und streiche dir mit den Händen hinten über die Oberschenkel, und dann spreize ich sie weit für meinen Mund.«
Der Orgasmus kam wieder angerast und brachte ihre Beine zum Zittern.
»Nein«, knurrte er. »Noch nicht. Und nur, wenn ich es sage.«
Er drückte sie ans Waschbecken und machte exakt das, was er angekündigt hatte. Beugte sie vor, legte ihre Hände seitlich auf das Becken und befahl: »Festhalten.«
Gehorsam umklammerte sie das Porzellan.
Mit beiden Händen fuhr er ihr unter das Shirt, umfing ihre Brüste. Dann glitten sie nach unten auf ihren Bauch und die Hüften.
Mit einem einzigen heftigen Ruck zog er die Hose herunter. »O ja. Genau das will ich.« Seine in Leder gehüllte Hand umfasste ihre Pobacken und massierte sie. »Heb das Bein.«
Sie fügte sich und die Hose rutschte ihr über den Fuß. Dann wurden ihre Oberschenkel auseinandergedrückt und … ja, seine Hände, eine mit Handschuh, eine ohne, wanderten höher. Ihr Zentrum wurde heiß und lüstern, als sie spürte, wie entblößt sie für ihn war.
»Jane …«, flüsterte er ehrfürchtig.
Es gab kein Vorspiel, kein Hinübergleiten in das, was er mit ihr machte. Es war sein Mund und ihre Mitte. Zwei Lippenpaare trafen aufeinander. Gleichzeitig gruben sich seine Finger in ihre Pobacken und hielten sie fest, während er sich an die Arbeit machte, und sie verlor jeden Überblick, was seine Zunge oder sein bärtiges Kinn oder sein Mund war. Zwischen Lecken und Saugen fühlte sie, wie sie penetriert wurde, hörte das Geräusch von Haut auf Haut, erkannte seine Herrschaft über sie.
»Komm für mich«, forderte er, den Mund an ihrem Zentrum. »Jetzt sofort.«
Der Orgasmus traf sie mit vernichtender Wucht, ihre Knie gaben nach, und eine ihrer Hände rutschte ab. Nur Vs Arm, der blitzschnell nach oben schoss und ihr Halt gab, hinderte sie daran, zu Boden zu stürzen.
Sein Mund gab sie frei, und er küsste sie auf beide Seiten ihres Pos, dann ließ er die Hand mit der Innenfläche über ihre Wirbelsäule gleiten, als sie sich wieder auf ihren eigenen Armen abstützte. »Jetzt werde ich in dir kommen.«
Das Rascheln seiner Pyjamahose, die abgestreift wurde, war lauter als ihr Atem, und bei der ersten Berührung ihrer Hüfte durch seine Erektion kam sie beinahe gleich nochmal.
»Ich will das.« Seine Stimme klang kehlig. »Mein Gott … ich will das.«
Mit einem einzigen harten Stoß drang er in sie ein, seine Hüften trafen auf ihr Gesäß. Und obwohl sie es war, die seinen riesigen Umfang aufnehmen musste, war er derjenige, der aufschrie. Ohne jedes Zögern begann er, in sie hineinzupumpen, hielt sie an der Hüfte fest, bewegte sie vor und zurück, um seinen Stößen zu begegnen. Mit offenem Mund, offenen Augen, und begierigen Ohren klammerte sie sich am Waschbecken fest und wieder wurde sie von einem Orgasmus überrollt. Als sie erneut kam, fiel ihr das Haar ins Gesicht, ihr Kopf hüpfte auf und ab, ihre beiden Körper klatschten aneinander.
Nie zuvor hatte sie so etwas erlebt. Es war Sex hoch eine Million.
Und dann spürte sie, wie seine behandschuhte Hand ihre Schulter umklammerte. Er richtete sie auf und ritt sie weiter, heftig, rein und raus, rein und raus. Seine Hand glitt an ihrem Hals hoch, umfasste ihr Kinn und kippte ihren Kopf nach hinten.
»Mein«, knurrte er und stieß weiter zu.
Und dann biss er sie.
Johns erster Gedanke beim Aufwachen war, dass er ein Eis mit heißer Karamellsoße und gerösteten Schinkenwürfeln darauf wollte. Was eigentlich ziemlich eklig war.
Aber, was sollte er machen – Schokolade mit Schinken wäre im Augenblick einfach das Paradies.
Er schlug die Augen auf und stellte erleichtert fest, dass sich über ihm die vertraute Zimmerdecke des Zimmers befand, in dem er in letzter Zeit geschlafen hatte. Gleichzeitig war er verwirrt, weil irgendetwas passiert war. Etwas Traumatisches. Etwas Bedeutsames. Aber was?
Mühsam hob er die Hand, um sich die Augen zu reiben … und schnappte nach Luft.
Das Ding, das da an seinem Arm hing, war gewaltig. Die Hand eines Riesen.
Jetzt reckte er den Kopf und sah an seinem Körper herunter … beziehungsweise an irgendeinem fremden Körper. Hatte er gestern seinen Kopf gespendet? Denn mit so was war sein Gehirn eindeutig noch nie verkabelt gewesen …
Die Transition.
»Wie geht’s dir, John?«
Wraths Stimme. Der König und Beth standen neben dem Bett und sahen wahnsinnig erschöpft aus.
Er musste sich heftig konzentrieren, um mit seinen Händen die Worte zu formen: Habe ich es geschafft?
»Ja. Ja, mein Junge, das hast du.« Wrath räusperte sich, und Beth streichelte seinen tätowierten Unterarm, als wüsste sie, dass seine Gefühle ihn zu überwältigen drohten. »Herzlichen Glückwunsch.«
Rasch blinzelte John, seine Brust war wie zugeschnürt. Bin ich immer noch … ich?
»Ja. Das bist du immer noch.«
»Soll ich gehen?«, ertönte eine weitere weibliche Stimme.
John wandte den Kopf. Layla stand in einer schwach beleuchteten Ecke, ihr makellos schönes Gesicht und ihr makellos schöner Körper halb im Schatten verborgen.
Ständer. Übergangslos.
Als hätte ihm jemand Stahl in den Schwanz gespritzt.
Hektisch fummelte er herum, um sich zu verstecken, aber Gott sei Dank lag er bereits unter einer Decke. Als er sich wieder in die Kissen sinken ließ, hörte er Wrath sprechen, war aber von dem Pochen zwischen seinen Beinen abgelenkt … und von der Vampirin am anderen Ende des Raums.
»Es wäre mir ein Vergnügen, zu bleiben«, sagte Layla mit einer tiefen Verneigung.
Bleiben war gut, dachte John. Auf jeden Fall war das …
Moment, überhaupt nichts war gut. Er würde doch keinen Sex mit ihr haben, verflucht nochmal.
Sie trat in den Lichtkegel der Nachttischlampe. Ihre Haut war so weiß wie Mondlicht, zart wie ein Seidenlaken. Sicher wäre sie auch weich … unter seinen Händen, seinem Mund … unter seinem Körper. Unvermittelt kitzelte es auf beiden Seiten in Johns Oberkiefer und etwas schob sich in seine Mundhöhle. Mit der Zunge strich John schnell über seine Zähne und spürte die scharfen Spitzen seiner Fänge.
Sex brüllte in seinem Körper auf, bis er den Blick von ihr abwenden musste.
Wrath gluckste leise, als wüsste er, was mit John los war. »Dann lassen wir euch beide mal allein, John. Wir sind nur ein paar Türen weiter, falls du irgendwas brauchst.«