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Tohru Nakamura leistet für die japanische Küche im deutschsprachigen Raum das, was Yotam Ottolenghi für die israelisch-arabische Küche geschafft hat: Mit 60 nachkochbaren Rezepten baut er Berührungsängste ab, zeigt kreative Gemeinsamkeiten mit der deutschen Küche und weckt Freude an neuen Produkten. Der Sternekoch macht uns vertraut mit japanischen Aromen, zeigt uns den entspannten Umgang mit typischen Zutaten, stellt japanisches Soulfood vor und gibt einen Einblick in seine bayerisch-japanische Seele. Mit ihm reisen wir auf den Spuren Japans zum Kirschblütenfest in Düsseldorf, genießen eine Teezeremonie im japanischen Teehaus in München und erfahren, dass das ferne Japan auch hierzulande sehr nah sein kann – nicht nur kulinarisch
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Seitenzahl: 159
© eBook: 2022 GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, Postfach 860366, 81630 München
© Printausgabe: 2022 GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, Postfach 860366, 81630 München
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Projektleitung: Simone Kohl
Lektorat: Sylvie Hinderberger
Bildredaktion: Petra Ender, Simone Kohl
Covergestaltung: Hoang Dang, München
eBook-Herstellung: Vicki Braun
ISBN 978-3-8338-8779-6
1. Auflage 2022
Bildnachweis
Coverabbildung: Hoang Dang, München
Foodstyling: Tom Heeg
Fotos: Hoang Dang, München; 123RF; CanStockPhoto; Online; Oliver Forstner; Lorenz Kubitz; privat
Syndication: www.seasons.agency
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GRÄFE UND UNZER VERLAG Grillparzerstraße 12 81675 München
Solange ich mich erinnern kann, sind wir ein- bis zweimal im Jahr nach Tokio gereist, um für ein paar Wochen meine Oma und meinen Opa zu besuchen. Natürlich war es ein großes Privileg, diese Reisen ans andere Ende der Welt antreten zu dürfen, aber ich kannte es von klein auf nicht anders und fand es völlig normal. Nichtsdestotrotz war ich immer aufs Neue aufgeregt, wenn ich wusste, dass wir wieder ins Flugzeug steigen und den elf- bis zwölfstündigen Flug antreten würden. Nicht nur wegen der Aussicht, bald in Japan zu sein. Kleiner Exkurs: Schon zu Kindheitstagen faszinierten mich Flugzeuge total und ich verschlang alles, was ich zu diesem Thema in die Hände bekam. Ich konnte mir sogar vorstellen, einmal Pilot zu werden. Als Teenager machte ich in Fürstenfeldbruck bei München tatsächlich einen Flugschein für Segelflieger und flog regelmäßig selbst. Dieses Gefühl, abzuheben und durch die Luft zu gleiten, hat mich einfach wahnsinnig begeistert. Nicht einmal das viele Lernen der ganzen Regeln und Paragrafen für die Prüfung konnte mich abschrecken. Ab und zu durfte ich damals auch Freunde mitnehmen, die hinter mir im Segelflieger Platz nahmen. Wir wurden mit einem Seil an einer Propellermaschine festgemacht und nach oben in die Luft gezogen, dann – endlich – wurde das Seil gekappt und ich hatte die alleinige Kontrolle über den Segelflieger. Was für ein Gefühl! Gänsehaut pur! Hin und wieder erlaubte ich mir einen kleinen Spaß und baute einen Sturzflug mit ein. Na ja, es war ein großer Spaß für mich, die »Co-Piloten« waren eher wenig begeistert. Noch heute kann ich fast alle Flugzeugtypen vom Boden aus bestimmen, wenn sie am Himmel vorbeifliegen. Diese Leidenschaft ist geblieben, aber das Kochen war dann doch meine Berufung.
Zurück zu Japan: Sobald das Flugzeug landete, begann mein zweites Leben in meiner zweiten Heimat. Schon wenn wir den Flughafen verließen, wurde uns – je nach Jahreszeit – im Nu klar, dass wir nicht nur in einer anderen Zeitzone angekommen waren, sondern auch in einer anderen Klimazone. Gerade im Sommer sind Temperaturen und Luftfeuchtigkeit viel, viel höher, wobei man sich an die Hitze meistens schnell gewöhnt. Die großen Temperaturunterschiede zwischen draußen und drinnen, beispielsweise in den Malls, die auf 17 Grad heruntergekühlt werden, sind da schon eine größere Herausforderung für den Körper.
Sein Kindheitstraum, ein erfolgreicher Spitzenkoch zu werden, ist wahr geworden. Heute kocht Tohru im Münchner »Tohru in der Schreiberei« und ist auch Teilhaber des Restaurants.
Auch visuell ist Japan im Allgemeinen und Tokio im Speziellen für Europäer eine große Umstellung, erst recht, wenn sie zum ersten Mal in dieses Land kommen. Von der schieren Anzahl der Menschen über die Autos bis hin zu den vielen unbekannten Schriftzeichen: Das kann einen durchaus überfordern. Mir machte es jedoch selbst als kleiner Bub nichts aus. Mein Vater Hiroshi kam seinerzeit zum Studium nach Deutschland, wo er meine Mutter Angelika kennenlernte. Von klein auf sprach ich mit ihm ausschließlich japanisch – und mit meiner Mama deutsch. Das war einfach so ein »Ding« zwischen uns, das uns bis heute verbindet und das mir gerade als Kind auch immer ein wohliges, vertrautes und sicheres Gefühl gegeben hat.
Ich kann also mit Fug und Recht behaupten, dass ich in zwei Kulturen, in zwei Sprachen, vor allem aber in zwei völlig unterschiedlichen Küchen zu Hause bin. Auf der einen Seite liebe ich die Gerichte meiner deutschen Oma und meiner Mutter. Sie stammen aus Baden-Württemberg, sodass Spätzle, Maultaschen und Co. ganz selbstverständlich auf dem Speiseplan der Nakamuras standen. Vielleicht entdecken Sie eine Hommage daran an der ein oder anderen Stelle hier im Buch – natürlich japanisch interpretiert. Doch seitdem ich auf der Welt bin, gab es da eben auch schon immer die Düfte, Zutaten und Speisen aus Fernost. Und so wie wahrscheinlich viele deutsche Kinder damit aufgewachsen sind, dass immer Salz- und Pfefferstreuer auf dem Esstisch standen, fand man dort bei uns immer die obligatorische Flasche Sojasauce zum Würzen der Speisen.
In meiner Recherche für das Buch und genauso in vielen Gesprächen mit Restaurantgästen oder der Online-Community in den vergangenen Jahren kam immer eines zur Sprache: Die Leute lieben japanisches Essen und gehen gerne authentisch japanisch essen. Warum das so ist? Vielleicht weil die japanische Küche von einigen als »mysteriöser«, abwechslungsreicher, gesünder und in Geschmack und Aroma auch vielfältiger wahrgenommen wird als andere Küchen, die wir aus Europa kennen und mit denen wir möglicherweise sogar aufgewachsen sind. Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich persönlich liebe auch die italienische, spanische und südamerikanische Küche. Generell kann ich mich für fast jede Kulinarik begeistern. Doch authentisch erzählen kann ich am besten über die Küche meiner Vorfahren.
Aber noch einmal zum Thema Reise: Sehr gerne hätte ich für dieses Buch auch Tokio und die Umgebung besucht, um Ihnen zu zeigen, wo meine Großeltern lebten, auf welchen Märkten wir einkauften und wo ich bis heute viele Zutaten für die Rezepte finde, die ich Ihnen in diesem Buch vorstelle. Nun entsteht dieses Buch in einer für uns alle herausfordernden Zeit. Die weltweite Pandemie macht das Reisen sehr schwierig und auch riskant. Zum heutigen Zeitpunkt (Januar 2022) ist die Einreise nach Japan sogar untersagt. Als Halbjapaner dürfte ich wahrscheinlich sogar ins Land, doch wirklich wohl würde ich mich als Arbeitgeber und Familienvater mit dem Risiko dabei nicht fühlen. Deshalb finden Sie in diesem Buch leider keine aktuellen Fotos aus Japan. Natürlich kam zwischendurch die Frage auf, ob dieses Buch ohne solche Bilder überhaupt Sinn macht. Die Antwort war ein klares »Ja« und ich hoffe, dass Sie mir spätestens zum Ende der Lektüre zustimmen. Vielleicht macht gerade dieser Umstand dieses Buch noch wertvoller für Sie, denn gemeinsam mit GRÄFE UND UNZER entschieden wir, aus der Not eine Tugend zu machen. Wir bringen Ihnen Japan nach Europa! Denn Japan können Sie auch vor der eigenen Haustür finden. Es gibt ja dieses schöne Sprichwort, das an einen Vierzeiler von Goethe angelehnt ist: »Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah.« Getreu diesem Motto habe ich für Sie ein paar Orte in Deutschland besucht, an denen Sie Japan ganz authentisch erleben können, ohne in ein Flugzeug steigen zu müssen. Meine Reiseroute können Sie ab > verfolgen. Ich bin sicher, dass auch Sie ganz in Ihrer Nähe japanische Orte finden werden.
Vor allem aber hoffe ich natürlich, dass Ihnen die Rezepte ab > einen Einblick in diese vielleicht noch unbekannte Welt geben. Ich möchte Sie mitnehmen auf eine Reise in das Land meines Vaters und meiner Großeltern. Wir werden gemeinsam einige Gerichte zubereiten, die Sie wahrscheinlich erst mal als »typisch deutsch« bezeichnen würden – jedoch neu interpretiert und mit japanischen Zutaten. Ich habe beispielsweise den bayerischen Obazten oder die Spätzle aus Baden-Württemberg auf eine kulinarische Reise nach Fernost geschickt. Hoffentlich mit dem Ergebnis, das Ihr Gaumen Ihnen nach dem Essen ein glückliches »UMAI« zuruft. Das ist ein japanischer Ausruf, wenn etwas richtig lecker schmeckt.
Natürlich möchte ich Ihnen auch solche Gerichte näherbringen, deren Zutaten typisch japanisch sind. Lassen Sie sich überraschen, denn meine zweite Heimat birgt viele kulinarische Schätze. Keine Angst: Sie müssen dafür kein Profikoch oder keine Profiköchin sein. Mut dagegen ist beim Kochen ganz essenziell. Leider trauen sich viele ganz oft nicht an unbekannte Gerichte, Zutaten oder Gewürze heran, weil sie befürchten, etwas falsch zu machen. Dabei ist gerade das Ausprobieren ein wichtiger Prozess, der noch dazu enorm Spaß macht. Ich kann gar nicht sagen, wie oft ich schon eine mir bis dahin unbekannte Zutat gekocht, gebraten oder geschmort habe – privat oder im Team bei uns im Restaurant –, bis ich mit dem Geschmack oder der Konsistenz zufrieden war. Seien Sie also mutig! Und ich kann Sie beruhigen: Bei den Rezepten in diesem Buch müssen Sie nicht viel herumprobieren. Ich führe Sie Schritt für Schritt durch die Zubereitung. Wenn Sie zu Hause kochen, muss das Essen auch überhaupt nicht in derselben Perfektion gelingen wie bei uns im Restaurant. Und dennoch möchte ich Sie gerne dazu inspirieren, auch beim »normalen« Abendessen das gute Geschirr herauszuholen, mit ein paar Kerzen für eine wohlige Atmosphäre im heimischen Wohnzimmer zu sorgen und das Essen gemeinsam bewusst zu genießen.
Ich hoffe, dass das ein oder andere Gericht fester Bestandteil »Ihrer« Küche wird, das Sie gerne kochen und genießen – mit den Kindern, der Familie oder mit Freunden und Bekannten. Somit können wir doch noch gemeinsam nach Japan reisen, wenn auch »nur« mit diesem Buch. Aber ich gebe mir die größte Mühe, dass Sie das Gefühl haben, wahrhaftig in einem Restaurant in Shibuya, dem Ausgehviertel Tokios, zu sitzen, wenn Sie eines der Gerichte zubereitet haben und beim ersten Bissen die Augen schließen.
Ich wünsche Ihnen viel Freude mit diesem Buch und meinem ganz persönlichen Japan.
TEE- UND GÄSTEHAUS
KOIS IN EINEM DER TEICHE
Die prächtigen Buntkarpfen gelten in Japan als Glücksbringer.
BLÜHENDE ZIERKIRSCHE
Kaum eine Pflanze assoziiert man so sehr mit Japan wie die Zierkirsche.
Meine Reise startete im Südwesten Deutschlands. Denn in Rheinland-Pfalz befindet sich eine wunderschöne Oase der Ruhe: der Japanische Garten in Kaiserslautern. Obwohl gerade mal ein knappes Vierteljahrhundert alt, spürt man hier die jahrtausendealte Gartenkunst. Damit hat er mich schon beim allerersten Besuch sofort in seinen Bann gezogen. Er ist der größte seiner Art in ganz Europa und wenn ich ihn betrete, fühle ich mich sofort nach Fernost versetzt.
Ein japanischer Garten gleicht einer idealisierten Naturlandschaft. Jede Pflanze, jeder Stein, jeder Pfad, jeder Teich, jeder Bach, jede Brücke und jeder Wasserfall in ihm ist wohlplatziert. Auf schmalen geschwungenen Trittwegen – gerade Linien sucht man hier vergebens – durchschreitet man den Garten und man kommt sich fast vor, als spaziere man durch ein dreidimensionales Gemälde. So sehr taucht man in diese wundervolle Landschaft ein – und wird dabei immer wieder von ganz besonderen Details angezogen.
Wasser darf in keinem japanischen Garten fehlen und steht eigentlich immer im Mittelpunkt. So auch hier: Der obere Teichgarten wirkt beschaulich, fast meditativ. Im Kontrast dazu steht die fast schon dramatische Atmosphäre des unteren Teichgartens, die bestimmt wird durch einen spektakulären, etwa zehn Meter hohen Wasserfall.
Wasser ist nicht nur in der Gartengestaltung ein sehr wichtiges Element in Japan. Es ist ein Symbol für den Lauf des Lebens, für Ruhe genauso wie für Bewegung. Für Entspannung, aber auch für Spannung und Dramatik. Mit seinen stillen Seen und den tosenden Wasserfällen vermittelt der Park diese Kontraste sehr eindrucksvoll und sorgt noch dazu für einen wunderschönen Sound. Dass alle Wasseranlagen miteinander verbunden sind, soll darüber hinaus den ewigen Kreislauf des Lebens im Buddhismus symbolisieren.
BUDDHASTATUE
»Daibutsu«, riesige Buddhastatuen, sind in Japan beliebte Ausflugsziele. Die Figur in Kaiserslautern ist zwar deutlich kleiner, aber nicht minder schön.
Die meisten Europäer denken bei japanischen Gärten vermutlich als Erstes an gekieste Zengärten, die ursprünglich eine Art Klostergarten waren und den Mönchen zum Meditieren dienten. In meiner zweiten Heimat heißen sie »Kare-san-sui«, was so viel bedeutet wie »trockene Landschaft«, weil sie nur aus Steinen, Felsbrocken und Kies bestehen und außer Moos keine Pflanzen darin wachsen. Nicht einmal in so einem Steingarten fehlt übrigens das Wasser: Es wird durch die geschwungenen Linien im Kies symbolisiert. Bei diesen ist wichtig, dass sie weder Anfang noch Ende haben und die Steine im Garten schön hervorheben. Das hinzubekommen, erfordert sicher wirklich jede Menge Ruhe und ist an sich schon eine Meditation.
Natürlich gibt es auch in Kaiserslautern einen Steingartenbereich. Er wurde mit Unterstützung eines japanischen Gartenbaumeisters angelegt und orientiert sich am berühmten Zengarten des Ryoanji-Tempels, der 1577 in der Kaiserstadt Kyoto entstand und heute zum Weltkulturerbe der UNESCO zählt.
Der Tsukiyama-Berggarten am höchsten Punkt des Gartens soll mit seinen einzelnen Findlingen und den Felsformationen das japanische Hochgebirge symbolisieren. Hier wachsen zudem Rhododendren und Azaleen, die im Frühsommer für Farbe sorgen, und Buchs, der mithilfe des sogenannten Karikomi-Schnitts zu flächigen, sanft wallenden grünen Felsen und Berghängen geformt wurde.
Tatsächlich findet man in einem japanischen Garten wenig Wildwuchs und erst recht kein üppiges Blütenmeer, wie man es etwa aus englischen Gartenanlagen kennt – auch wenn hier und da Farbe nicht fehlt. Eher grün statt bunt, ästhetisch, aber schlicht und vor allem komplett durchgeplant, so lautet de Maxime der japanischen Gartenkunst.
Was die Pflanzen angeht, ist der Garten in Kaiserslautern neben einigen über 100 Jahre alten Rotbuchen, die bereits auf dem Gelände standen, vor allem geprägt von für uns eher exotischen Gewächsen wie einem riesigen Ginkgo, mehreren Baumeiben, Platanen, Amberbäumen und Baumhaseln. Dadurch und auch durch die teils ungewöhnlichen Wuchsformen entsteht ein einzigartiges, typisches und sehr traditionelles Ambiente, das einen in Sekundenschnelle nach Japan »beamt« und sofort zur Ruhe kommen lässt.
TEEZEREMONIE
Im Tee- und Gästehaus kann eine traditionelle japanische Teezeremonie gebucht werden – mit Matcha (Grüntee) und Wagashi (Süßigkeit).
Im Zentrum des Gartens findet man ein historisches, original japanisches Tee- und Gästehaus. Es wurde bereits in den 1980-Jahren nach Deutschland importiert, befand sich jedoch zunächst in Privatbesitz, ehe die Stadt es 2003 erwarb und am oberen Teich originalgetreu aufbaute.
Ich konnte bei meinem Besuch an einer Teezeremonie teilnehmen, wie sie zuweilen an diesem wunderbaren Ort durchgeführt werden. Bei diesem jahrtausendealten Ritual serviert der Gastgeber oder die Gastgeberin in Japan normalerweise mehreren Gästen fein gemahlenen Grüntee (Matcha) sowie leichte Speisen. Der Ablauf ist äußerst streng und jeder Handgriff folgt bestimmten Regeln. Mitunter können solche Teezeremonien daher sogar mehrere Stunden dauern. In dieser sehr ruhigen, traditionellen Atmosphäre wurde ich schnell in meine Kindheit zurückversetzt und ich musste an meine japanische Oma denken, die diese Tradition ebenfalls sehr schätzte.
In dem Teehaus in Kaiserslautern kann man sogar heiraten. Und wenn ich es nicht schon längst getan hätte: Wer weiß, ob das nicht der perfekte Ort für meine Hochzeit gewesen wäre?
DÜSSELDORF LITTLE TOKYO
DÜSSELDORF IMMERMANNSTRASSE
Taiyaki: Gebäck in Form eines Fisches gefüllt mit einer süßen Paste aus roten Bohnen.
DÜSSELDORF JAPANISCHES BUCHGESCHÄFT
Die Auswahl an japanischer Literatur ist der Wahnsinn – vom Manga bis zum Kochbuch findet man hier alles.
Unsere Reise ging weiter in den Westen Deutschlands, genauer gesagt nach Nordrhein-Westfalen. Die Rheinländer sind mir schon in meiner Zeit im Restaurant »Vendôme« ans Herz gewachsen. Zwei Jahre lang lebte ich in Bensberg bei Köln und konnte in dieser Zeit nicht zuletzt die Umgebung ausführlich erkunden. Dabei habe ich »Little Tokyo« in Düsseldorf sehr zu schätzen gelernt.
Tatsächlich ist in der Stadt am Rhein die größte japanische Community Deutschlands zu Hause, nach London und Paris sogar die drittgrößte in ganz Europa – und das merkt man auch. In den Straßenzügen zwischen Hauptbahnhof und Kö könnte man wirklich denken, man sei in Japans Hauptstadt. Sie finden dort tolle japanische Restaurants und Izakayas, die äußerst beliebt sind, wenn man in lustiger Runde Bier trinken und »nebenbei« eine Kleinigkeit essen möchte – wie in einer deutschen Kneipe.
DÜSSELDORF LITTLE TOKYO
An gefühlt jeder Ecke gibt es hier eine echt japanische Kneipe, in der man gemütlich Bier trinken und eine Kleinigkeit essen kann.
Bäckereien, Ramen-Restaurants, Buchläden, Supermärkte, Einrichtungsgeschäfte und selbst Friseure und Ärzte finden Sie dort – alle typisch japanisch. Vor allem aber pulsiert dieser Ort! Es macht einfach riesengroßen Spaß, »Little Tokyo« zu entdecken – gemeinsam mit Einheimischen und Touristen, Geschäftsleuten, jungen Mangafans und Foodies jeder Façon. Und als wäre das noch nicht genug, lädt Düsseldorf jedes Jahr im Frühsommer, wenn das Fest nicht wie in den beiden letzten Jahren coronabedingt entfallen muss, zum Japan-Tag ein. Dann wird mit einem bunten Programm, Bühnenshows und Mitmachaktionen in der ganzen Stadt die deutsch-japanische Freundschaft gefeiert. Bei meinem Kurzbesuch für dieses Buch war ich dafür zwar zu früh dran. Aber ich habe trotzdem versucht, so viel Atmosphäre wie möglich aufzusaugen. Ich habe an einem Abend gleich drei Restaurants aufgesucht und in jedem ein paar Kleinigkeiten probiert. Mein Lieblingsrestaurant dort ist das »Kushitei of Tokyo«. Dort gibt es neben Sushi und Nigiri authentische japanische Grillspieße vom Holzkohlegrill (der Konrogrill wird mit Binchotan-Holzkohle befeuert) und andere Spezialitäten. Ich kann Ihnen nur empfehlen: Trauen Sie sich, bestellen Sie viele kleine Gerichte und genießen Sie den unterschiedlichen Geschmack Japans. Viele dieser Aromen und Geschmackssorten werde ich Ihnen auch in diesem Buch näherbringen. Itadakimasu! Guten Appetit!
Wer es etwas ruhiger angehen möchte, ist in dem malerischen »Japanischen Garten am Rhein« in der nordwestlichsten Ecke des Nordparks richtig. Er misst zwar nur überschaubare 5000 Quadratmeter, aber Japanischer Fächerahorn und Schwarzkiefern im typischen »Wolkenschnitt«, Rhododendren, Azaleen und Japanische Kirsche sowie vier große Laternen aus Naturstein sorgen für ein sehr authentisches Flair. Zentrum des Gartens ist ein Teich mit einer Insel und einer symbolischen Schiffsanlegestelle. Boot fahren kann man darauf zwar nicht, aber dafür kann man die vielen Farbkarpfen beobachten. Diese Fische sind in Japan gleichermaßen Statussymbol und Glücksbringer, denn sie verkörpern Stärke, Ausdauer und Strebsamkeit, Reichtum, Glück und Erfolg.
Ein weiteres japanisches Kleinod mitten in der Stadt ist das EKÕ-Haus, zu dem neben einem Holzhaus im traditionellen Baustil mit verschiebbaren Wänden und Tatamimatten am Boden auch ein japanischer Garten und ein buddhistischer Tempel gehören. Hier finden regelmäßig (Sprach-)Kurse und Workshops sowie wissenschaftliche und buddhistische Veranstaltungen statt. Garten und Holzhaus sind wochentags für Besucher geöffnet, den Tempel kann man leider nur von außen bestaunen. Aber schon das lohnt sich.