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ÜBER 100 FUSSBALL-SPIELER ZEICHNEN UND ERZÄHLEN IHRE WICHTIGSTEN TORE
Jedes Tor erzählt eine Geschichte. Es kann ein Spiel drehen, Meisterschaften entscheiden, ein Leben verändern. Ein spektakuläres Tor ist unvergesslich – und in jeder Fußballerkarriere gibt es diesen Moment puren Glücks, der für immer bleibt.
Seit Jahren interviewt Javier Cáceres die bedeutendsten Fußballer der Welt. Eines Abends kam ihm die Idee, seinem Gegenüber einen Notizblock und einen Stift in die Hand zu drücken und ihn zu bitten, sein bestes, wichtigstes oder spektakulärstes Tor zu zeichnen. Entstanden ist eine einzigartige Sammlung von über 100 Zeichnungen, die nicht nur der alten Reporterfloskel »ein Tor wie gemalt« eine völlig neue Bedeutung verleihen, sondern auch eine andere Art Fußballgeschichte schreiben.
Mario Götze • Rudi Völler • Franz Beckenbauer • Gary Lineker • Luis Figo • Alfredo Di Stéfano • César Luis Menotti • Just Fontaine • Jorge Valdano • Michel Platini • Michael Ballack • Oliver Bierhoff • Thomas Hitzlsperger • Lothar Matthäus • Pep Guardiola • Felix Magath • Uli Hoeneß • Xabi Alonso • Lionel Scaloni • Paul Breitner • Bobby Charlton • George Weah • Pelé • Günter Netzer • Xavi Hernández und viele mehr, die bei Fußball-Europameisterschaften und -Weltmeisterschaften legendäre Tore erzielt und unvergessliche Momente geschaffen haben.
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Seitenzahl: 169
JAVIER CÁCERES
TORE WIE GEMALT
INSEL VERLAG
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eBook Insel Verlag Berlin 2024
Der vorliegende Text folgt der 2. Auflage, 2024.
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Umschlaggestaltung von Brian Barth, Berlin, unter Verwendung einer Zeichnung von Pelé
eISBN 978-3-458-78158-5
www.suhrkamp.de
Cover
Titel
Impressum
Inhalt
Informationen zum Buch
Cover
Titel
Impressum
Vorwort. von Jorge Valdano
Franz Beckenbauer
Elías Figueroa
Aílton
Carles Puyol
Marco van Basten
Jimmy Hartwig
Gaizka Mendieta
Gary Lineker
Márcio Amoroso
George Weah
Michel Platini
José Luis Brown
Gerd Müller
Márcio Santos
Julio Ricardo „Ricky“ Villa
Raymond Kopa
Xavi Hernández
Jorge Carrascosa
Giuseppe Bergomi
Edinson Cavani
Leonel Sánchez
Lothar Matthäus
Aldo Serena
Iván Zamorano
Zé Roberto
Carlos Valderrama
Edmílson
Pedja Mijatovic
Marcell Jansen
Lilian Thuram
Luis Suárez
Rudi Völler
Santillana
Felix Magath
Rabah Madjer
Careca
Günter Netzer
Pablo Forlán
Camacho
Rainer Bonhof
Roberto Ayala
Luis Fernández
Bobby Charlton
Antonio Maceda
Jari Litmanen
Davor Šuker
Fernando Morientes
Pelé
Marc Degryse
Óscar Ruggeri
Franz „Bulle“ Roth
Ciro Ferrara
Just Fontaine
Kai Havertz
José Altafini
Tostão
Jay Jay Okocha
Sami Hyypiä
Thomas Hitzlsperger
Francisco Valdés
Alessandro Del Piero
Cacau
Steve M
c
Manaman
Dunga
Uli Stielike
Nia Künzer
Diego Milito
Xabi Alonso
Bebeto
Diego Latorre
Michael Ballack
Nuno Gomes
Ruud Krol
Alfredo Di Stéfano
Uli Hoeneß
Ricardo Rocha
Jean
-
Marie Pfaff
Simão
Steve Nicol
Júlio Baptista
Marc Wilmots
Markus Babbel
Christopher Trimmel
Hristo Stoichkov
Giovane Élber
Mikaël Silvestre
Jorge Valdano
Bixente Lizarazu
Diego
Michael Laudrup
Ronald de Boer
Paulo Sergio
Paul Breitner
Juninho Pernambucano
Lionel Scaloni
Ludovic Giuly
Juan Pablo Sorín
Patrick Kluivert
Roberto Carlos
Oliver Bierhoff
Mario Kempes
Stefan Kuntz
Mauricio Pochettino
Michael Robinson
Mazinho
Luis Figo
Zico
Josep Guardiola
Roque Santa Cruz
Claudio Borghi
Casagrande
César Luis Menotti
Erik Meijer
Dietmar Hamann
Hamit Altintop
Javier Saviola
Radomir Antić
Mario Götze
Nachwort
Danksagung
Kurzbiographien
Informationen zum Buch
TORE WIE GEMALT
von Jorge Valdano
In gewisser Weise funktioniert dieses Spiel wie Schach. Auch dort können Königinnen und Läufer, Türme und Springer uns in ein vergessenes Mittelalter zurückversetzen, aber das Einzige, was am Ende zählt, ist der Tod des Königs, das Schachmatt. Und das Schachmatt wird im Fußball „Tor“ genannt.
Vladimir Dimitrijević
(Das Leben ist ein runder Ball)
Was ist ein Tor, wenn nicht ein Epilog? Alles andere ist Kontext. Was wir „spielen“ nennen, sind elf Typen, die eine Zeit lang versuchen, dem Spiel eine Wendung zu geben, um ein Tor zu schießen, und die restliche Zeit versuchen zu verhindern, dass der Gegner ein Tor schießt. Diese beiden Probleme, die wir auf dem Rasen lösen müssen, nennen wir Fußball. Der ganze Rest sind Abschweifungen, wenngleich ihnen gute Absichten innewohnen. Das Ablenken, das Täuschen, das Innehalten, um zu warten, bis sich ein Raum auftut, oder das Vergeuden von Zeit, um mit dem Nervenkostüm des Gegners zu spielen, die Hast, um die eigenen Fans zu entzünden – das ist alles nur Füllmasse. Ein Bewegen der Figuren, um ein Schachmatt vorzubereiten.
Wie gut die Idee von Javier, die Protagonisten den Weg zu einem bedeutsamen Tor zeichnen zu lassen. Also das Gegenteil dessen zu tun, was Enrico „Chueco“ García, einer der teuflischsten Linksfüßer des argentinischen Fußballs, einst tat: Es heißt, dass er einmal vor einem Tor die halbe gegnerische Mannschaft ausgedribbelt hatte und danach exakt den gleichen Weg zurücklief – aber dabei die Füße über den Boden schleifen ließ. Auf die Frage, warum er das getan hatte, antwortete er, er habe die Spuren verwischen wollen. Ich bin mir sicher: Wäre „el Chueco“ auf Javier gestoßen, hätte er gewiss trotzdem eingewilligt, das Tor, das er mit dem Fuß gezeichnet hatte, mit der Hand zu malen.
Einmal wurde ein 12-jähriger kolumbianischer Junge gefragt, was er denke, wenn er ein Tor schieße, und seine Antwort lautete: „Mein Kopf ist einzig mit Freude ausgefüllt.“ Wenn die Freude überschwappt, bringt sie uns dazu, irgendwohin zu laufen, und zwar nicht weil wir es eilig hätten. Sondern weil dies der seltsame Weg ist, um der Freude Ausdruck zu verleihen. Eine Variante ist, von einem Berg an Spielern der eigenen Mannschaft erdrückt zu werden, die wie von Sinnen schreien, doch derjenige, der unten liegt, ist nicht derjenige, der am meisten leidet, sondern der glücklichste von allen. Das Tor verwandelt uns zurück in Kinder. Wie sonst wären die erwachsenen Männer zu erklären, die auf den Stadionzaun klettern, die Arme ausbreiten und ein kleines Flugzeug imitieren oder anfangen, mit der Eckfahne zu tanzen. Alles Beweise dafür, dass es keinen besseren Wahnsinn gibt. Es gibt auch keine stärkere Nahrung fürs Ego: Es ist gut, dass ein Tor der Mannschaft dient, aber was für eine Ehre, dass ich es war. Ich, ich, ich, Tor, Tor, Tor.
Es gibt Tore, die nicht nur im Kopf des Spielers, sondern auch im Kopf der Fans bleiben. Während der Fußballweltmeisterschaft 1990 saß ich eines Morgens in einer Mailänder Bar, las Zeitung und trank einen Kaffee. Plötzlich riss mich ein unbändiger Schrei aus der Ruhe. Ich blickte in Richtung des Lärms, und es war ein Mann, der verzweifelt „Tor“ schrie. Ich schaute auf, und im Fernsehen wurde das Tor von Ghiggia bei der Fußballweltmeisterschaft 1950 wiederholt. Ein Tor, das vor 40 Jahren gefallen war! Der Mann, des Schreckens bewusst, den er uns eingejagt hatte, bat um Entschuldigung und erklärte, dass er Uruguayer sei und deshalb das Tor immer herausschreie, egal wo er gerade sei. Da ich davon ausging, dass er nie damit aufhören würde, schlug ich ihm vor, dass er beim nächsten Mal Bescheid geben sollte.
Es gibt Tore, die gemacht werden, und es gibt Tore, die zerlegt werden. In Argentinien gibt es die berühmte Geschichte von Ramón Centurión, einem Stürmer, der in den achtziger Jahren zu Boca Juniors wechselte und dort oft brillierte, ehe er plötzlich das Ziel zu verfehlen begann. Er durchlebte eine schreckliche Phase, einmal verschoss er sogar in drei aufeinanderfolgenden Spielen drei Elfmeter. Die Fans wollten ihn umbringen: wenn er schoss, weil er schoss; wenn er passte, weil er passte; wenn er dribbelte, weil er dribbelte. Er war derart in Ungnade gefallen, dass man ihm im Grunde vorwarf, Fußball zu spielen. Doch dann begab es sich, dass in der letzten Minute eines unverdaulichen 0:0-Unentschiedens ein Ball vor ihm aufsprang und er einen Haken schlug, um ihn vor sein gutes Bein zu legen und in den Winkel zu schießen. Mit dem Gefühl der Macht, das nur Tore geben können, sprang er über die Werbetafeln hinweg und fasste sich vor den Augen der lautesten und aggressivsten Fans Argentiniens an die Genitalien. Es befällt mich Traurigkeit, das Ende der Geschichte aufzuschreiben. Denn als sich Centurión umdrehte, um sich mit den Mannschaftskameraden zu umarmen, blickte er nur in mitleidige Gesichter. Der Schiedsrichter hatte das Tor wegen Abseits nicht anerkannt. Centurión musste das Stadion in einem Polizeiwagen verlassen – und trug nie wieder das Trikot von Boca. Es ist nur nachvollziehbar, aber schade, dass er nicht in der Stimmung sein dürfte, dieses Tor aufzumalen.
Tore müssen überprüft werden. Aber nicht im Stil des VAR, der neben vielen Nachteilen einen unverzeihlichen hat: den heiligen Torschrei zu verschieben, zu unterbrechen oder gar zu ersticken. Allein aus diesem Grund hat der VAR es nicht verdient zu existieren.
Wir wissen, dass Fußball ein demokratisches Spiel ist, das großen Spielern wie Haaland, kleinen wie Messi, dünnen wie Cruyff, halbdicken wie Puskás oder halblahmen wie Garrincha Zutritt gewährt. Er unterscheidet nur zwischen den Talentierten und den Untalentierten. Aber es gibt einen weiteren demokratisierenden Prozess, der sich im Tor zeigt, der egalitärsten Aktion, die es gibt. In der Freude über das Tor gibt es keine sozialen Klassen, keine Rassen oder Geschlechter. Auch wenn wir im Alltag lästige Beweise dafür finden, dass wir uns zu unterscheiden scheinen, so sind wir einander auf verblüffende Weise gleich, und es gibt keinen größeren Beweis dafür als die Explosion der Sinne, die man Tor nennt.
Ich habe vor langer Zeit einen Artikel gelesen, der aus der Feder des uruguayischen Journalisten Diego Lucero stammte, wenn ich mich recht erinnere. Er erzählt darin eine Geschichte, die ich für glaubwürdig halte: Ein taubstummer Spieler hatte in letzter Minute ein Tor geschossen und war auf die Tribüne geklettert, um seine Mutter zu umarmen. Und man hörte ihn deutlich sagen: „Mama, Tor.“ Wie sollte man das nicht glauben? Das Tor ist pures Adrenalin, es verleiht Macht, Emotion, Erleichterung, ein Gefühl der Vollendung und des befriedigten Egos, der Tapferkeit, der Großzügigkeit – und natürlich auch das Gefühl, „Mama, Tor“ zu sagen und dabei zu vergessen, dass man taub ist und stumm.
Ich erinnere mich an Tore aus belanglosen Spielen, an Tore auf dem Schulhof, an Tore mit Stadtteilmannschaften, an Profitore, die nur eine gewisse Zeit überdauern, und an mein Tor schlechthin, das Tor im Finale von Mexiko 86. Bei allen habe ich etwas Ähnliches gespürt: eine Elektrizität, die Geist und Körper in den Sekunden, die uns einzigartig machen, zum Orgasmus bringen. Das Tor ist die Herrlichkeit selbst, Punkt. In Javiers Buch sind sie gemalt, damit sie nicht nur in der Erinnerung bleiben, sondern auch auf dem Papier, auf immer und ewig.
„Ich hatte bei der Weltmeisterschaft 1966 schon ein paar Tore geschossen. Zwei gegen die Schweiz, eines gegen Uruguay. Aber gegen die damalige UdSSR ist mir bei unserem 2:1-Sieg der Treffer zum 2:0 gelungen, an den ich besonders gern zurückdenke. Nicht nur, weil es ein schönes Tor war – ein Fernschuss mit links –, sondern, weil es mich in vielerlei Hinsicht stolz machte. Wir zogen ins Finale von Wembley ein. Und ich traf gegen einen Mann, der damals schon eine lebende Legende war: Lew Jaschin!“
WM1966
Halbfinale, 25.7.1966
Goodison Park, Liverpool, England
Deutschland – UdSSR2:1
„Mir ist ein Treffer gelungen, der in Brasilien das ‚erleuchtete Tor‘ genannt wird. Ich spielte damals für Internacional Porto Alegre, es ging gegen Cruzeiro Belo Horizonte. Warum es ‚das erleuchtete Tor‘ heißt? Weil über dem ganzen Rasen ein Schatten lag und genau in dem Moment, in dem ich mich im Strafraum zum Kopfball hochschraubte, ein Sonnenstrahl auf mich fiel. Es war das einzige Tor des Spiels, und Internacional wurde erstmals brasilianischer Meister. In Brasilien gibt es einen starken Mystizismus. Nach dem Tor brachten Frauen ihre kranken Kinder zu mir, damit ich sie segne. Und ich musste viele schwangere Bäuche streicheln.“
Campeonato Brasileiro 1974/75
Série A, Finale, 14.12.1975
Estádio Beira-Río, Porto Alegre, Brasilien
Internacional de Porto Alegre – Cruzeiro Belo Horizonte 1:0
„Ich habe zwei Tore, an die ich mich gern zurückerinnere, beide mit Werder Bremen. Eins gegen Bochum aus der Saison 2003/04, weil es ein so schöner Lupfer war, nach einem tollen Hackentrick von Ivan Klasnić. Und das Tor gegen die Bayern, als wir ein paar Monate später in München den Meistertitel perfekt machten. Frankie Baumann hatte den Ball an der Mittellinie erobert und auf Tim Borowski gepasst. Die Bayern standen in einer Viererkette in der Abwehr, unter ihnen Thomas Linke, und der war völlig überrascht, dass ich nach dem Ball lief. Er hatte wohl mit einem Pass auf Fabian Ernst oder Klasnić gerechnet, die auf der anderen Seite standen. Aber Tim spielte den Ball auf mich! Ich kam von rechts, zog an Linke vorbei und zirkelte den Ball aus zwanzig Metern mit dem Innenrist ins Tor. Oliver Kahn hatte keine Chance.“
Bundesliga 2003/04
32. Spieltag, 8.5.2004
Olympiastadion, München, Deutschland
FC Bayern – Werder Bremen 1:3
„Ich habe zwei nahezu identische Kopfballtore geschossen. Jeweils nach Vorarbeit von Xavi. Eines im Halbfinale der WM2010 gegen Deutschland. Und eines im Bernabéu-Stadion gegen Real Madrid. Das hier ist das gegen Real Madrid. Woran man das erkennt? Gegen Deutschland traf ich nach einer Ecke, gegen Real Madrid nach einem Freistoß – sozusagen eine etwas kürzere Ecke.“
Spanische Meisterschaft 2008/09
31. Spieltag, 2.5.2009
Estadio Santiago Bernabéu, Madrid, Spanien
Real Madrid – FC Barcelona 2:6
„Es passierte einfach. Alles fügte sich, ohne dass ich groß darüber nachgedacht hätte. Als die Flanke von Arnold Mühren kam, dachte ich: ‚Wie werde ich diesen Ball nur wieder los?‘ Ich war müde, und die Flanke war schwer zu verarbeiten. Statt weitere Energie zu verlieren, probiere ich es einfach – und schieße. Ich hatte keine echte Ahnung davon, wo ich stand, wo mein Gegenspieler oder Torwart Rinat Dassajew standen. Und dann flog der Ball in einem perfekten Winkel in die perfekte Richtung. Ich wusste sofort, dass es ein schönes Tor gewesen war. Aber das war mir in dem Moment nicht wichtig. Es ging darum, mit den Niederlanden den ersten großen Titel zu gewinnen. Das Verrückte war: Vielleicht hätte ich den Ball nicht so perfekt getroffen, wenn ich nicht verletzt gewesen wäre. Ich hatte zwei Knöcheloperationen hinter mir. 1986 wurde ich am linken Knöchel wegen einer Verletzung operiert, die man in der Ballettszene ‚Tänzerferse‘ nennt. Im Herbst 1987 musste ich auch rechts operiert werden, kurz nach meinem Wechsel zum AC Milan. Ich hatte wohl einen Bänderriss erlitten, der nicht erkannt worden war. Das führte zu Fehlstellungen, zu Knochenabsplitterungen und Knorpelschäden. Ich wurde erst kurz vor der EM fit. Also: fit genug, um zu spielen. Und um zu treffen.“
EM1988
Finale, 25.6.1988
Olympiastadion, München, Deutschland
Niederlande – UdSSR2:0
„HSV– Bayern München. Ecke. Hier stand einer, hier stand einer, hier stand einer, hier stand einer. Hier stand Jimmy. Alles war gedeckt. Der Ball kam schön rein. Ich heb’ ihn über diesen einen Spieler hinüber – und hau’ ihn in den Winkel. Das musst du dir bei YouTube angucken!“
Bundesliga 1983/1984
31. Spieltag, 5.5.1984
Volksparkstadion, Hamburg, Deutschland
Hamburger SV – Bayern München 2:1
„Ich bin Baske und wurde in Bilbao geboren, deshalb war mein Tor im Estadio San Mamés für mich von besonderer Bedeutung. Denn ich hätte wahnsinnig gern für Athletic Bilbao gespielt. Es hat sich leider nie ergeben … Das Tor war aber auch deshalb wichtig, weil es gewissermaßen der Vorbote für viele andere schöne Tore war. Bis zu jenem Spiel hatte ich eher auf einer Seite und im Zweifel defensiv gespielt. Das Tor ließ die Idee wachsen, dass ich auch andere Dinge machen könnte. Wie das Tor war? Ich hatte den Ball im Mittelfeld erobert und wollte anfangs eigentlich nur vorankommen, gegnerische Linien überwinden. Je näher ich dem gegnerischen Tor kam, umso dringender suchte ich nach einer Passlinie oder nach einer Schussgelegenheit. Aber ich landete im Strafraum. Es war, als hätten mir die Abwehrspieler, die mir entgegenkamen, den Weg in den Sechzehner gewiesen … Im Strafraum hatte ich dann im Grunde keine andere Chance mehr, als zwei Haken zu schlagen. Beim letzten rutschte der Verteidiger an mir vorbei. Und dann habe ich den Ball mit dem Innenrist an den langen Pfosten gesetzt.“
Primera División 1997/1998
25. Spieltag, 15.2.1998
Estadio de San Mamés, Bilbao, Spanien
Athletic Bilbao – Valencia 0:3
„Es gibt ein Tor, das mein Leben verändert hat: mein 1:0 gegen Polen bei der Weltmeisterschaft in Mexiko 1986. Gary Stevens ging über links, flankte, und ich drückte – bosh! – den Ball ins Tor. Es war deshalb das wichtigste Tor meiner Karriere, weil ich zuvor fünf Spiele oder so nicht mehr für England getroffen hatte. Unser Auftaktspiel gegen Portugal ging verloren, und gegen Marokko haben wir 0:0 gespielt. Ich war mir fast sicher, dass ich gegen Polen nicht starten würde. Ich hatte in den ersten beiden Spielen vorn mit Mark Hateley gespielt, und ich war überzeugt, unser Trainer Bobby Robson würde Peter Beardsley bringen und mich auf die Bank setzen. Beardsley war wie ich Mittelstürmer, und wir hatten niemals mit zwei Mittelstürmern gespielt! Aber dann spielten doch wir beide.
Das erste Tor hat für mich alles verändert, weil es die Dynamik des Turniers veränderte: Ich erzielte wenige Minuten nach meinem ersten Tor das zweite, und vor der Halbzeit war mein Hattrick komplett. Im weiteren Verlauf des Turniers schoss ich noch drei Tore, gewann den Goldenen Schuh als bester Schütze der WM – und wurde plötzlich zum FC Barcelona transferiert. Wäre das alles ohne dieses Tor gegen Polen passiert? Ich glaube nicht.“
WM1986
Vorrunde, Gruppe F, 11.6.1986
Estadio Tecnológico, Monterrey, Mexiko
England – Polen 3:0
„Zum Glück habe ich ganz viele wichtige Tore geschossen. Für mich bedeutend war ein Tor mit Guarani, 1994, gegen Santos. Der Torwart war Edinho – der Sohn von Pelé! Wir haben 4:0 gewonnen, und das Tor, das ich meine, war deshalb wichtig, weil es das Tor war, mit dem sich Márcio Amoroso dem Fußball zu erkennen gab. Ich habe den Ball in der eigenen Hälfte bekommen und bin über den halben Platz gelaufen. Fünf Verteidiger kamen auf mich zu. Als ich am Halbmond des Strafraums angekommen war, habe ich mit der Innenseite den Ball ins Tor geschoben … Ich habe hier auf meinem Handy einen Film davon gespeichert. Willst du ihn sehen?“
Brasilianische Meisterschaft 1994
1. Spieltag, 27.8.1994
Estádio Brinco de Ouro da Princesa, Campinas, Brasilien
Guarani – Santos FC4:0
„Ich habe in meiner Karriere zwei großartige Tore geschossen. Eines gegen Bayern München in der Champions League mit Paris Saint-Germain. Und ein historisches mit dem AC Milan in der italienischen Liga gegen Hellas Verona. ‚Coast to coast‘, von einer Küste zur anderen. Ich habe den Ball nach einer gegnerischen Ecke im eigenen Strafraum bekommen – und habe dann einen Spieler nach dem anderen ausgespielt. Auf einer Strecke von 85 Metern. Ungefähr an der Mittellinie musste ich mich um die eigene Achse drehen, weil zwei Gegner versuchten, mich zu foulen. Aber da war keiner, der mich aufhalten konnte. Das Tor zeigte, wie schnell ich war. Dass ich nie aufgab. Und wie stark ich war: Das Tor fiel zu einem Zeitpunkt [85. Minute], als alle schon müde waren. Und ja, es war ein historischer Treffer: Denn das längste Tor der Geschichte, es war ein afrikanisches Tor.“
Serie A 1996/1997
1. Spieltag, 8.9.1996
Stadio Giuseppe Meazza, genannt „San Siro“, Mailand, Italien
AC Milan – Hellas Verona 4:1
„Mein bestes Tor? Im Weltpokalfinale 1985