Torquato Tasso - Johann Wolfgang von Goethe - E-Book

Torquato Tasso E-Book

Johann Wolfgang von Goethe

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Beschreibung

In Goethes künstlerischem Drama wird das Leben des italienischen Dichters Torquato Tasso in den Mittelpunkt gestellt. An einem schönen Sommertag verliebt sich der junge Tasso auf dem Lustschloss des Herzogs Alfons II. in dessen schöne Schwester, die Prinzessin von Este. Tasso, der auf dem Schloss lebt, hofft auf das Erwidern seiner Liebe zu der jungen Frau. Doch schon bald wird das Glück von dem Politiker Antonio gestört, einem Freund des Herzogs, welcher es auf den Dichter Tasso abgesehen hat und seine Arbeit kritisiert und ihn kränken will. Tasso soll das Schloss für eine Weile verlassen - schnell wird seine Rolle in der höfischen Gesellschaft sichtbar. Wo wird Tasso hingehen - und wird seine Liebe zu der Prinzessin erwidert?-

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Johann Wolfgang von Goethe

Torquato Tasso

Schauspiel

Saga

Torquato Tasso

 

Coverbild/Illustration: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Carl_Ferdinand_Sohn_-_Torquato_Tasso_and_the_Two_Leonores_-_Google_Art_Project.jpg

Copyright © 1790, 2021 SAGA Egmont

 

Alle Rechte vorbehalten

 

ISBN: 9788726957297

 

1. E-Book-Ausgabe

Format: EPUB 3.0

 

Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für gewerbliche und öffentliche Zwecke ist nur mit der Zustimmung vom Verlag gestattet.

Dieses Werk ist als historisches Dokument neu veröffentlicht worden. Die Sprache des Werkes entspricht der Zeit seiner Entstehung.

 

www.sagaegmont.com

Saga Egmont - ein Teil von Egmont, www.egmont.com

Personen:

Alphons, der zweyte, Herzog von Ferrara. Leonore von Este, Schwester des Herzogs. Leonore Sanvitale,Gräfinn von Scandiano. Torquato Tasso. Antonio Montecatino, Staatssecretär. Der Schauplatz ist auf Belriguardo, einem Lustschlosse.

Erster Aufzug

Erster Auftritt

Gartenplatz, mit Hermen der epischen Dichter geziert.

Vorn an der Scene zur Rechten Virgil, zur Linken Ariost.

Prinzessinn. Leonore.

Prinzessinn.

Du siehst mich lächlend an, Eleonore,

Und siehst dich selber an und lächelst wieder.

Was hast du? Laß es eine Freundinn wissen!

Du scheinst bedenklich, doch du scheinst vergnügt.

Leonore.

Ja, meine Fürstinn, mit Vergnügen seh' ich

Uns beyde hier so ländlich ausgeschmückt.

Wir scheinen recht beglückte Schäferinnen

Und sind auch wie die Glücklichen beschäftigt.

Wir winden Kränze. Dieser, bunt von Blumen,

Schwillt immer mehr und mehr in meiner Hand,

Du hast mit höherm Sinn und größerm Herzen

Den zarten schlanken Lorber dir gewählt.

Prinzessinn.

Die Zweige, die ich in Gedanken flocht,

Sie haben gleich ein würdig Haupt gefunden,

Ich setze sie Virgilen dankbar auf,

Sie kränzt die Herme Virgils.

Leonore.

So drück' ich meinen vollen frohen Kranz

Dem Meister Ludwig auf die hohe Stirne –

Sie kränzt Ariostens Herme.

Er, dessen Scherze nie verblühen, habe

Gleich von dem neuen Frühling seinen Theil.

Prinzessinn.

Mein Bruder ist gefällig daß er uns

In diesen Tagen schon auf's Land gebracht,

Wir können unser seyn und stundenlang

Uns in die goldne Zeit der Dichter träumen.

Ich liebe Belriguardo, denn ich habe

Hier manchen Tag der Jugend froh durchlebt,

Und dieses neue Grün und diese Sonne

Bringt das Gefühl mir jener Zeit zurück.

Leonore.

Ja es umgibt uns eine neue Welt!

Der Schatten dieser immer grünen Bäume

Wird schon erfreulich. Schon erquickt uns wieder

Das Rauschen dieser Brunnen, schwankend wiegen

Im Morgenwinde sich die jungen Zweige.

Die Blumen von den Beeten schauen uns

Mit ihren Kinderaugen freundlich an.

Der Gärtner deckt getrost das Winterhaus

Schon der Citronen und Orangen ab,

Der blaue Himmel ruhet über uns

Und an dem Horizonte lös't der Schnee

Der fernen Berge sich in leisen Duft.

Prinzessinn.

Es wäre mir der Frühling sehr willkommen,

Wenn er nicht meine Freundinn mir entführte.

Leonore.

Erinnre mich in diesen holden Stunden,

O Fürstinn, nicht wie bald ich scheiden soll.

Prinzessinn.

Was du verlassen magst, das findest du

In jener großen Stadt gedoppelt wieder.

Leonore.

Es ruft die Pflicht, es ruft die Liebe mich

Zu dem Gemahl der mich so lang' entbehrt.

Ich bring' ihm seinen Sohn, der dieses Jahr

So schnell gewachsen, schnell sich ausgebildet,

Und theile seine väterliche Freude.

Groß ist Florenz und herrlich, doch der Werth

Von allen seinen aufgehäuften Schätzen

Reicht an Ferrara's Edelsteine nicht.

Das Volk hat jene Stadt zur Stadt gemacht,

Ferrara ward durch seine Fürsten groß.

Prinzessinn.

Mehr durch die guten Menschen, die sich hier

Durch Zufall trafen und zum Glück verbanden.

Leonore.

Sehr leicht zerstreut der Zufall was er sammelt.

Ein edler Mensch zieht edle Menschen an

Und weiß sie fest zu halten, wie ihr thut.

Um deinen Bruder und um dich verbinden

Gemüther sich, die eurer würdig sind,

Und ihr seyd eurer großen Väter werth.

Hier zündete sich froh das schöne Licht

Der Wissenschaft, des freyen Denkens an,

Als noch die Barbarey mit schwerer Dämmrung

Die Welt umher verbarg. Mir klang als Kind

Der Name Hercules von Este schon,

Schon Hyppolit von Este voll in's Ohr.

Ferrara ward mit Rom und mit Florenz

Von meinem Vater viel gepriesen! Oft

Hab' ich mich hingesehnt; nun bin ich da.

Hier ward Petrarch bewirthet, hier gepflegt,

Und Ariost fand seine Muster hier.

Italien nennt keinen großen Namen,

Den dieses Haus nicht seinen Gast genannt.

Und es ist vortheilhaft den Genius

Bewirthen: gibst du ihm ein Gastgeschenk,

So läßt er dir ein schöneres zurück.

Die Stätte, die ein guter Mensch betrat,

Ist eingeweiht; nach hundert Jahren klingt

Sein Wort und seine That dem Enkel wieder.

Prinzessinn.

Dem Enkel, wenn er lebhaft fühlt wie du.

Gar oft beneid' ich dich um dieses Glück.

Leonore.

Das du, wie wenig andre, still und rein

Genießest. Drängt mich doch das volle Herz

Sogleich zu sagen was ich lebhaft fühle,

Du fühlst es besser, fühlst es tief und – schweigst.

Dich blendet nicht der Schein des Augenblicks,

Der Witz besticht dich nicht, die Schmeicheley

Schmiegt sich vergebens künstlich an dein Ohr:

Fest bleibt dein Sinn und richtig dein Geschmack,

Dein Urtheil g'rad, stets ist dein Antheil groß

Am Großen, das du wie dich selbst erkennst.

Prinzessinn.

Du solltest dieser höchsten Schmeicheley

Nicht das Gewand vertrauter Freundschaft leihen.

Leonore.

Die Freundschaft ist gerecht, sie kann allein

Den ganzen Umfang deines Werths erkennen.

Und laß mich der Gelegenheit, dem Glück

Auch seinen Theil an deiner Bildung geben,

Du hast sie doch, und bist's am Ende doch,

Und dich mit deiner Schwester ehrt die Welt

Vor allen großen Frauen eurer Zeit.

Prinzessinn.

Mich kann das, Leonore, wenig rühren,

Wenn ich bedenke wie man wenig ist,

Und was man ist, das blieb man andern schuldig.

Die Kenntniß alter Sprachen und des Besten,

Was uns die Vorwelt ließ, dank' ich der Mutter;

Doch war an Wissenschaft, an rechtem Sinn

Ihr keine beyder Töchter jemals gleich;

Und soll sich eine ja mit ihr vergleichen,

So hat Lucretia gewiß das Recht.

Auch kann ich dir versichern hab' ich nie

Als Rang und als Besitz betrachtet, was

Mir die Natur, was mir das Glück verlieh.

Ich freue mich, wenn kluge Männer sprechen,

Daß ich verstehen kann wie sie es meinen.

Es sey ein Urtheil über einen Mann

Der alten Zeit und seiner Thaten werth;

Es sey von einer Wissenschaft die Rede,

Die, durch Erfahrung weiter ausgebreitet,

Dem Menschen nutzt indem sie ihn erhebt,

Wohin sich das Gespräch der Edlen lenkt

Ich folge gern, denn mir wird leicht zu folgen.

Ich höre gern dem Streit der Klugen zu,

Wenn um die Kräfte, die des Menschen Brust

So freundlich und so fürchterlich bewegen,

Mit Grazie die Rednerlippe spielt;

Gern, wenn die fürstliche Begier des Ruhms,

Des ausgebreiteten Besitzes Stoff

Dem Denker wird, und wenn die feine Klugheit,

Von einem klugen Manne zart entwickelt,

Statt uns zu hintergehen uns belehrt.

Leonore.

Und dann nach dieser ernsten Unterhaltung

Ruht unser Ohr und unser innrer Sinn

Gar freundlich auf des Dichters Reimen aus,

Der uns die letzten lieblichsten Gefühle

Mit holden Tönen in die Seele flößt.

Dein hoher Geist umfaßt ein weites Reich,

Ich halte mich am liebsten auf der Insel

Der Poesie in Lorberhainen auf

Prinzessinn.

In diesem schönen Lande, hat man mir

Versichern wollen, wächst vor andern Bäumen

Die Myrte gern. Und wenn der Musen gleich

Gar viele sind, so sucht man unter ihnen

Sich seltner eine Freundinn und Gespielinn,

Als man dem Dichter gern begegnen mag,

Der uns zu meiden, ja zu fliehen scheint,

Etwas zu suchen scheint das wir nicht kennen,

Und er vielleicht am Ende selbst nicht kennt.

Da wär' es denn ganz artig, wenn er uns

Zur guten Stunde träfe, schnell entzückt

Uns für den Schatz erkennte, den er lang'

Vergebens in der weiten Welt gesucht.

Leonore.

Ich muß mir deinen Scherz gefallen lassen,

Er trifft mich zwar, doch trifft er mich nicht tief

Ich ehre jeden Mann und sein Verdienst

Und ich bin gegen Tasso nur gerecht.

Sein Auge weilt auf dieser Erde kaum;

Sein Ohr vernimmt den Einklang der Natur;

Was die Geschichte reicht, das Leben gibt,

Sein Busen nimmt es gleich und willig auf

Das weit zerstreute sammelt sein Gemüth,

Und sein Gefühl belebt das Unbelebte.

Oft adelt er was uns gemein erschien,

Und das Geschätzte wird vor ihm zu nichts.

In diesem eignen Zauberkreise wandelt

Der wunderbare Mann und zieht uns an

Mit ihm zu wandeln, Theil an ihm zu nehmen:

Er scheint sich uns zu nahn, und bleibt uns fern;

Er scheint uns anzusehn, und Geister mögen

An unsrer Stelle seltsam ihm erscheinen.

Prinzessinn.

Du hast den Dichter fein und zart geschildert,

Der in den Reichen süßer Träume schwebt.

Allein mir scheint auch ihn das Wirkliche

Gewaltsam anzuziehn und fest zu halten.

Die schönen Lieder, die an unsern Bäumen

Wir hin und wieder angeheftet finden,

Die, goldnen Äpfeln gleich, ein neu Hesperien

Uns duftend bilden. Erkennst du sie nicht alle

Für holde Früchte einer wahren Liebe?

Leonore.

Ich freue mich der schönen Blätter auch.

Mit mannigfalt'gem Geist verherrlicht er

Ein einzig Bild in allen seinen Reimen.

Bald hebt er es in lichter Glorie

Zum Sternenhimmel auf, beugt sich verehrend

Wie Engel über Wolken vor dem Bilde;

Dann schleicht er ihm durch stille Fluren nach

Und jede Blume windet er zum Kranz.

Entfernt sich die Verehrte, heiligt er

Den Pfad, den leis' ihr schöner Fuß betrat.

Versteckt im Busche, gleich der Nachtigall,

Füllt er aus einem liebekranken Busen

Mit seiner Klagen Wohllaut Hain und Luft:

Sein reitzend Leid, die sel'ge Schwermuth lockt

Ein jedes Ohr und jedes Herz muß nach –

Prinzessinn.

Und wenn er seinen Gegenstand benennt,

So gibt er ihm den Namen Leonore.

Leonore.

Es ist dein Name wie es meiner ist.

Ich nähm' es übel wenn's ein andrer wäre.

Mich freut es daß er sein Gefühl für dich

In diesem Doppelsinn verbergen kann.

Ich bin zufrieden daß er meiner auch

Bey dieses Namens holdem Klang gedenkt.

Hier ist die Frage nicht von einer Liebe,

Die sich des Gegenstands bemeistern will,

Ausschließend ihn besitzen, eifersüchtig

Den Anblick jedem andern wehren möchte.

Wenn er in seliger Betrachtung sich

Mit deinem Werth beschäftigt, mag er auch

An meinem leichtern Wesen sich erfreun.

Uns liebt er nicht, – verzeih daß ich es sage! –

Aus allen Sphären trägt er was er liebt

Auf einen Namen nieder den wir führen,

Und sein Gefühl theilt er uns mit; wir scheinen

Den Mann zu lieben, und wir lieben nur

Mit ihm das höchste was wir lieben können.

Prinzessinn.

Du hast dich sehr in diese Wissenschaft

Vertieft, Eleonore, sagst mir Dinge,

Die mir beynahe nur das Ohr berühren

Und in die Seele kaum noch übergehn.

Leonore.

Du? Schülerinn des Plato! nicht begreifen?

Was dir ein Neuling vorzuschwatzen wagt.

Es müßte seyn daß ich zu sehr mich irrte,

Doch irr' ich auch nicht ganz, ich weiß es wohl.

Die Liebe zeigt in dieser holden Schule

Sich nicht, wie sonst, als ein verwöhntes Kind:

Es ist der Jüngling der mit Psychen sich

Vermählte, der im Rath der Götter Sitz

Und Stimme hat. Er tobt nicht frevelhaft

Von einer Brust zur andern hin und her;

Er heftet sich an Schönheit und Gestalt

Nicht gleich mit süßem Irrthum fest, und büßet

Nicht schnellen Rausch mit Ekel und Verdruß.

Prinzessinn.

Da kommt mein Bruder, laß uns nicht verrathen

Wohin sich wieder das Gespräch gelenkt,

Wir würden seinen Scherz zu tragen haben,

Wie unsre Kleidung seinen Spott erfuhr.

Zweyter Auftritt

Die Vorigen. Alphons.

Alphons.

Ich suche Tasso, den ich nirgends finde,

Und treff' ihn – hier sogar bey euch nicht an.

Könnt ihr von ihm mir keine Nachricht geben?

Prinzessinn.

Ich sah' ihn gestern wenig, heute nicht.

Alphons.

Es ist ein alter Fehler, daß er mehr

Die Einsamkeit als die Gesellschaft sucht.

Verzeih' ich ihm, wenn er den bunten Schwarm

Der Menschen flieht, und lieber frey im Stillen

Mit seinem Geist sich unterhalten mag,

So kann ich doch nicht loben daß er selbst

Den Kreis vermeidet den die Freunde schließen.

Leonore.

Irr' ich mich nicht, so wirst du bald, o Fürst,

Den Tadel in ein frohes Lob verwandeln.

Ich sah' ihn heut' von fern; er hielt ein Buch

Und eine Tafel, schrieb und ging und schrieb.

Ein flüchtig Wort das er mir gestern sagte

Schien mir sein Werk vollendet anzukünden.

Er sorgt nur kleine Züge zu verbessern,

Um deiner Huld, die ihm so viel gewährt,

Ein würdig Opfer endlich darzubringen.

Alphons.

Er soll willkommen seyn wenn er es bringt

Und losgesprochen seyn auf lange Zeit.

So sehr ich Theil an seiner Arbeit nehme,

So sehr in manchem Sinn das große Werk

Mich freut und freuen muß, so sehr vermehrt

Sich auch zuletzt die Ungeduld in mir.

Er kann nicht enden, kann nicht fertig werden,

Er ändert stets, ruckt langsam weiter vor,

Steht wieder still, er hintergeht die Hoffnung;

Unwillig sieht man den Genuß entfernt

In späte Zeit, den man so nah' geglaubt.

Prinzessinn.

Ich lobe die Bescheidenheit, die Sorge,

Womit er Schritt vor Schritt zum Ziele geht.

Nur durch die Gunst der Musen schließen sich

So viele Reime fest in eins zusammen;

Und seine Seele hegt nur diesen Trieb

Es soll sich sein Gedicht zum Ganzen ründen.

Er will nicht Mährchen über Mährchen häufen,

Die reitzend unterhalten und zuletzt

Wie lose Worte nur verklingend täuschen.

Laß ihn, mein Bruder! denn es ist die Zeit

Von einem guten Werke nicht das Maß;

Und wenn die Nachwelt mit genießen soll,

So muß des Künstlers Mitwelt sich vergessen.

Alphons.

Laß uns zusammen, liebe Schwester, wirken,

Wie wir zu beyder Vortheil oft gethan!

Wenn ich zu eifrig bin, so lindre du:

Und bist du zu gelind, so will ich treiben.

Wir sehen dann auf einmal ihn vielleicht

Am Ziel, wo wir ihn lang' gewünscht zu sehn.

Dann soll das Vaterland, es soll die Welt

Erstaunen, welch ein Werk vollendet worden.

Ich nehme meinen Theil des Ruhms davon,

Und er wird in das Leben eingeführt.

Ein edler Mensch kann einem engen Kreise

Nicht seine Bildung danken. Vaterland

Und Welt muß auf ihn wirken. Ruhm und Tadel

Muß er ertragen lernen. Sich und andre

Wird er gezwungen recht zu kennen. Ihn

Wiegt nicht die Einsamkeit mehr schmeichelnd ein.

Es will der Feind – es darf der Freund nicht schonen:

Dann übt der Jüngling streitend seine Kräfte,

Fühlt was er ist und fühlt sich bald ein Mann.

Leonore.

So wirst du, Herr, für ihn noch alles thun,

Wie du bisher für ihn schon viel gethan.

Es bildet ein Talent sich in der Stille,

Sich ein Charakter in dem Strom der Welt.

O daß er sein Gemüth wie seine Kunst

An deinen Lehren bilde! Daß er nicht

Die Menschen länger meide, daß sein Argwohn

Sich nicht zuletzt in Furcht und Haß verwandle!

Alphons.

Die Menschen fürchtet nur wer sie nicht kennt,

Und wer sie meidet wird sie bald verkennen.

Das ist sein Fall, und so wird nach und nach

Ein frey Gemüth verworren und gefesselt.

So ist er oft um meine Gunst besorgt

Weit mehr als es ihm ziemte; gegen viele

Hegt er ein Mißtraun, die, ich weiß es sicher,

Nicht seine Feinde sind. Begegnet ja

Daß sich ein Brief verirrt, daß ein Bedienter

Aus seinem Dienst in einen andern geht,

Daß ein Papier aus seinen Händen kommt,

Gleich sieht er Absicht, sieht Verrätherey

Und Tücke die sein Schicksal untergräbt.

Prinzessinn.

Laß uns, geliebter Bruder, nicht vergessen

Daß von sich selbst der Mensch nicht scheiden kann.

Und wenn ein Freund, der mit uns wandeln sollte,

Sich einen Fuß beschädigte, wir würden

Doch lieber langsam gehn und unsre Hand

Ihm gern und willig leihen?

Alphons.                                       Besser wär's,

Wenn wir ihn heilen könnten, lieber gleich

Auf treuen Rath des Arztes eine Cur

Versuchten, dann mit dem Geheilten froh

Den neuen Weg des frischen Lebens gingen.

Doch hoff' ich, meine Lieben, daß ich nie

Die Schuld des rauhen Arztes auf mich lade.

Ich thue was ich kann um Sicherheit