Traditionelle und alternative Wohnformen für Seniorinnen und Senioren. Heimunterbringung oder betreutes Wohnen? - Andrea Schulz - E-Book

Traditionelle und alternative Wohnformen für Seniorinnen und Senioren. Heimunterbringung oder betreutes Wohnen? E-Book

Andrea Schulz

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  • Herausgeber: GRIN Verlag
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2006
Beschreibung

Diplomarbeit aus dem Jahr 2004 im Fachbereich Soziale Arbeit / Sozialarbeit, Note: 1,0, Fachhochschule Kiel (Soziale Arbeit und Gesundheit), Sprache: Deutsch, Abstract: Die vorliegende Diplomarbeit fragt nach den traditionellen und alternativen Wohnformen im Alter. Ausgehend von der demografischen Entwicklung und dem damit einhergehenden quantitativen Anstieg alter Menschen1 sind Wohn- und Versorgungsstrukturen für diese Bevölkerungsgruppe mit oft speziellen Anforderungen und Bedürfnissen erforderlich. Es geht in dieser Arbeit, ausgehend von dieser Entwicklung und den rechtlichen Rahmenbedingungen, darum, eine Übersicht über die in Deutschland verbreiteten und verfügbaren Konzepte für Wohnen im Alter zu schaffen. Des Weiteren sollen die Umzugsstrukturen und -motive von Seniorinnen und Senioren herausgearbeitet werden. Insbesondere sollen dabei die Umzugsstrukturen und -motive von BewohnerInnen eines Pflegeheimes und einer Einrichtung des betreuten Wohnens im Rahmen einer empirischen Untersuchung verglichen werden.

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Inhaltsverzeichnis

 

Abbildungsverzeichnis

Einführung

1 Altenhilfe und soziale Arbeit mit alten Menschen

2 Alterung der Gesellschaft in Deutschland

2.1. Demografische Entwicklung

2.2. Ältere Migrantinnen und Migranten

3 Gesundheit und Pflegebedarf von Seniorinnen und Senioren

3.1. Pflegeversicherung

3.2. Pflegestufen nach SGB XI

4 Grundlagen für Pflege und Wohnen im Alter

4.1. Häusliche Pflege

4.2. Ambulante Pflege(dienste)

4.3. Teilstationäre Altenhilfe

4.4. Stationäre Altenhilfe

5 Wohnen im Alter

5.1. Entwicklung zu institutionalisierten Wohnformen

5.1.1. Veränderung von Familien- und Haushaltsstrukturen

5.1.2. Sozioökonomische Lebensverhältnisse

5.2. Wohnformen im Alter

5.2.1. Normale/private Wohnung

5.2.2. Angepasste Wohnung

5.2.3. Barrierefreie Wohnung, respektive altersgerechtes Wohnen

5.2.4. Alternative Wohnformen

5.2.5. Institutionalisierte Wohnformen – Heime und heimähnliche Wohnformen

5.2.6. Altenhilfeangebote für Migrantinnen und Migranten

6 Umzugsstrukturen und –motive von Seniorinnen und Senioren

6.1. Typologisierung der Wohnformen nach der jeweiligen Entscheidungssituation

6.1.1. „Ich möchte so lange wie möglich zu Hause bleiben“

6.1.2. „Ich möchte meine Wohnsituation verändern“

6.1.3. „Zwingend notwendige Änderung der Wohnsituation“

6.2. Umzug ins Heim

6.3. Umzug ins betreute Wohnen

7 Vergleich betreutes Wohnen und Pflegeheim

8  Lebensgestaltung in stationären Einrichtungen

8.1. Institutionalisierung des letzten Lebensabschnittes

8.2. Konzeptbeispiel Altenzentrum Neumühlen-Dietrichsdorf

8.3. Konzeptbeispiel Kieler Servicehaus der Arbeiterwohlfahrt Boksberg

9 Empirische Untersuchung zur Entscheidungsfindung zwischen Pflegeheim und betreutes Wohnen

9.1. Qualitativ-heuristische Sozialforschung

9.2. Entwicklung des Leitfadens

9.3. Durchführung der Interviews

9.4. Fragestellung und Vorannahmen

9.5. Auswertung der Interviews

9.6. Ergebnisse

9.7. Fazit der Erhebung

10 Schlussbetrachtung

11 Ausblick

Literaturverzeichnis

Anhang

Leitfaden zur empirischen Untersuchung zur Entscheidungsfindung zwischen Pflegeheim und betreutem Wohnen

 

Abbildungsverzeichnis

 

Abbildung 1: Bevölkerungsentwicklung in Deutschland

Abbildung 2: Veränderung der Bevölkerungsstruktur in Deutschland

Abbildung 3: Entwicklung des Verhältnisses junger zu alten Menschen

Abbildung 4: Durchschnittliche Lebenserwartung bei der Geburt in Jahren

Abbildung 5: Personen die einen Heimplatz in Anspruch nehmen nach Alter

Abbildung 6: Hilfsquellen nach Altersgruppen

Abbildung 7: Inanspruchnahme ambulanter Dienste durch Hilfe- oder Pflegebedürftige

Abbildung 8: Schätzung des Bedarfs bei gleich bleibendem Versorgungsgrad mit Heim- und Wohnplätzen

Abbildung 9: Entwicklung von Kinderlosigkeit

Abbildung 10: Verteilung der SeniorInnen auf die Wohnformen

Abbildung 11: Verteilung der Anpassungsmaßnahmen

Abbildung 12: Bauliche Anpassungsmaßnahmen

Abbildung 13: Wohnraumpassung durch Ausstattungsveränderungen

Abbildung 14: Wohnraumanpassung durch Hilfsmitteleinsatz

Abbildung 15: Verteilung auf alternative Wohnformen

Abbildung 16: Verteilung der Konzeptionsarten in der Praxis

Abbildung 17: Plätze in Altenhilfeeinrichtungen nach Trägerart

Abbildung 18: Übersicht der institutioneller Altenhilfeeinrichtungen im Vergleich

Abbildung 19: Umzugsgründe von SeniorInnen

Abbildung 20: Ursachen von Wanderung im Alter

Abbildung 21: Nutzung von Informationsquellen:

Abbildung 22: Prozentualer Anteil an Heimbewohnern aller über 65jährigen Menschen

Abbildung 23: Freiwilligkeit der Entscheidung aus Sicht der BewohnerInnen beziehungsweise der Angehörigen

Abbildung 24: Wartezeiten bis zum Heimeinzug

Abbildung 25: Motive für eine Heimübersiedlung nach Rangfolge

Abbildung 26: Subjektive Gründe für einen Heimeintritt

Abbildung 27: Entscheidungsträger bei Heimeintritt

Abbildung 28: Motive für eine Umsiedlung in eine Einrichtung für betreutes Wohnen nach Rangfolge

Abbildung 29: Wahrscheinlichkeit eines Heimeintritts

Abbildung 30: Altersverteilung in Pflegeheimen

Abbildung 31: Altersstrukturen in der Bevölkerung, betreutes Wohnen und Pflegeheim im Vergleich

Abbildung 32: Anforderungen an Einrichtungen des betreuten Wohnens

Abbildung 33: Träger von Pflegeheimen und betreutem Wohnen

Abbildung 34: Struktur der Altenzentrum Neumühlen-Dietrichsdorf

Abbildung 35: Struktur der AWO Servicehaus Boksberg

Abbildung 36: Charakteristik der Untersuchungsgruppe (Angaben in Prozent)

Abbildung 37: Gründe für einen Umzug nach Häufigkeit der Nennungen

Abbildung 38: Gründe für die Auswahl der Einrichtung nach Häufigkeit der Nennungen

Abbildung 39: Veränderungen durch den Umzug nach Anzahl der Nennungen

„Überall kann man sparen, nur beim Wohnen nicht! Es gibt Räume, die unsre Seele nicht atmen lassen, Zimmer, die uns jeden Morgen, wenn man aufsteht, den Glauben an die Zukunft nehmen. Oder ein Treppenhaus, zum Beispiel, kann ausreichen, daß [sic] man jedes Mal, wenn man hineinkommt, eine Zone von Widerwillen überschreiten muß [sic]; (...) „ (Frisch 1970, S.183f.)

Einführung

 

Die vorliegende Diplomarbeit fragt nach den traditionellen und alternativen Wohnformen im Alter. Ausgehend von der demografischen Entwicklung und dem damit einhergehenden quantitativen Anstieg alter Menschen[1] sind Wohn- und Versorgungsstrukturen für diese Bevölkerungsgruppe mit oft speziellen Anforderungen und Bedürfnissen erforderlich.

 

Es geht in dieser Arbeit, ausgehend von dieser Entwicklung und den rechtlichen Rahmenbedingungen, darum, eine Übersicht über die in Deutschland verbreiteten und verfügbaren Konzepte für Wohnen im Alter zu schaffen. Des Weiteren sollen die Umzugsstrukturen und -motive von Seniorinnen und Senioren herausgearbeitet werden. Insbesondere sollen dabei die Umzugsstrukturen und -motive von BewohnerInnen eines Pflegeheimes und einer Einrichtung des betreuten Wohnens im Rahmen einer empirischen Untersuchung verglichen werden.

 

Das Wohnen ist einer der zentralen Handlungs- und Erlebensbereiche aller Menschen, speziell von SeniorInnen und Senioren. Alltag bedeutet für ältere Menschen vor allem Wohnalltag, da sich ihr Wirkungsbereich durch eingeschränkte Handlungs- und Bewegungsspielräume überwiegend in der eigenen Häuslichkeit abspielt. Das Leben im jeweiligen Wohnumfeld beeinflusst daher die Lebensqualität von SeniorInnen im besonderen Maße und verdient daher eine spezielle Aufmerksamkeit.

 

Vor dem Hintergrund einer steigenden Zahl älterer Menschen in der Bevölkerung setzt sich diese Diplomarbeit mit der Frage auseinander, welche Versorgungsstrukturen und Wohnangebote für ältere Menschen derzeit in Deutschland zur Verfügung stehen. Ausgehend von der Alterung der deutschen Gesellschaft durch die demografische Entwicklung, ist die Frage nach Betreuung, Versorgung und Wohnen alter Menschen von besonderer Wichtigkeit.

 

Nach wie vor wird der überwiegende Teil von Pflege, Betreuung und Versorgung im privaten beziehungsweise familiären Bereich geleistet. Doch durch Veränderungen der Gesellschaft, wie Individualisierung, Emanzipation und einer Vielzahl neuer Formen von Lebensgemeinschaften wird sich das Potential familiärer Pflege dauerhaft verringern und entscheidende Änderungen in der Pflegeinfrastruktur erzwingen. Aus diesem Grund werden institutionalisierte Wohnformen für SeniorInnen immer interessanter und notwendiger.

 

Welche Angebote sind für alte Menschen mit oder auch ohne Hilfe- und Pflegebedarf heute verfügbar und welche gesetzlichen Grundlagen spielen im Bereich der Versorgung und des Wohnens von SeniorInnen eine Rolle? Trotz der Vielfältigkeit in der Wohnlandschaft von alten Menschen bleibt die Kernfrage, ob es den verschiedenen Bedürfnissen und Wünschen von Seniorinnen und Senioren entsprechende Angebote des Wohnens neben der eigenen Wohnung gibt und ob diese Angebote den verschiedenen individuellen Bedarfen gerecht werden können.

 

In diesem Konnex sollen die bis dato etablierten Wohnkonzepte am Markt beschrieben werden, welche Bedarfe sie jeweils decken und welche Bereiche der Pflege, Versorgung und Betreuung möglicherweise offen bleiben. Mit dieser Darstellung ist es möglich, eine Struktur der Versorgungssysteme zu entwickeln und damit verschiedenen Anforderungen und Bedürfnissen entsprechende Wohn- und Versorgungskonzepte vorzustellen.

 

Besonders in Anbetracht der demografischen Entwicklung und der damit einhergehenden erwartbaren Entwicklung der Versorgungssysteme für Menschen im Alter spielt das Wohnen außerhalb der „normalen“ Wohnung eine immer größere Rolle. Durch den zahlenmäßigen Anstieg von SeniorInnen wird besonders die Hochaltrigkeit in den nächsten Jahrzehnten weiter an Bedeutung gewinnen.

 

Hochaltrigkeit muss in den meisten Fällen in Verbindung mit Hilfe- und Pflegebedürftigkeit betrachtet werden. Für die betroffenen Personen sind Versorgungs- und Unterstützungssysteme essentiell. In diesen Kontexten wird es in Zukunft einige Herausforderungen geben, um entsprechende Angebote des Lebens und Wohnens für ältere Menschen einzurichten, zu festigen, weiter zu entwickeln sowie die nötige Akzeptanz bei den SeniorInnen für diese zu schaffen. Hierbei gilt es, ganz besonderes Augenmerk auf die Wohnbedürfnisse der älteren Menschen zu legen sowie eine Informationspolitik zu entwickeln, die es den Betroffenen und deren Angehörigen ermöglicht, aus allen wählbaren Wohnmodellen das zu ihren jeweiligen Bedürfnissen passende zu finden. Bisher war es leider so, dass weder im Bereich Wohnraumanpassung noch in Bezug auf institutionelle Wohnformen im Alter ein ausreichender Informationsfluss erreicht werden konnte. In diesem Zusammenhang muss von einer weiter reichenden Beratungsnotwendigkeit sowie zugehender Altenarbeit ausgegangen werden.

 

Bedeutsam ist der Aspekt, wie alte und alternde Menschen wohnen und welche Wohnmodelle für sie im Bedarfsfalle zur Verfügung stehen. Im Zuge dessen taucht der Begriff „alternative Wohnformen“ auf. Diese Begrifflichkeit soll alle Wohnformen umfassen, die sich von den traditionellen Angeboten in Heimeinrichtungen oder der herkömmlichen Wohnung unterscheiden. Dies geschieht vor allem vor dem Hintergrund, dass diese alternativen Wohnformen in Deutschland insgesamt noch relativ jung und überwiegend unbekannt sind. Außerdem sind die bestehenden Angebote sehr vielschichtig und die Begrifflichkeiten werden in der Literatur nicht einheitlich genutzt (daher dieser Überbegriff).

 

Der Komplex des Alters und Alterns sowie des Wohnens wird im ersten Teil der Arbeit näher beleuchtet. Nach einer Übersicht über die gesellschaftliche Alterung und gesetzlichen Grundlagen für Versorgung und Leben im Alter wird es eine Beschreibung von Angeboten der Altenhilfe geben. Eine Abgrenzung der unterschiedlichen Wohnformen voneinander wird vorgenommen, und die jeweiligen Konzepte werden vorgestellt.

 

Im Rahmen der Vorstellung traditioneller und alternativer Wohnkonzepte gewinnt der Gesichtspunkt von Umzugsmotiven und -strukturen an Bedeutung. Anhand des vergleichenden Beispiels der Konzepte des betreuten Wohnens im AWO Servicehaus Boksberg und dem Pflegeheim Altenzentrum Neumühlen-Dietrichsdorf soll ein Einblick in die Praxis bestehender Dienstleistungsangebote in Kiel-Dietrichsdorf geschaffen werden.

 

Im zweiten Teil der Arbeit wird dann, Bezug nehmend auf das Altenzentrum Neumühlen-Dietrichsdorf als Anbieter von Pflegeheimplätzen und das AWO Servicehaus Boksberg als Anbieter des betreuten Wohnens, die Frage der Entscheidungsfindung zwischen Pflegeheim und betreutem Wohnen gestellt: Warum entscheidet sich ein älterer Mensch an einem bestimmten Punkt seines Lebens dazu, in eine stationäre Altenhilfeeinrichtung zu ziehen? Ist das Pflegeheim als klassische institutionalisierte Wohnform überhaupt noch zeitgemäß oder nach wie vor ein beliebter „Klassiker“ unter den Wohnmöglichkeiten im Alter? NutzerInnen des AWO Servicehaus Boksberg und Altenzentrum Neumühlen-Dietrichsdorf werden zu den genannten Punkten im Rahmen einer empirischen Untersuchung, welche sich an qualitativ-heuristischer Sozialforschung orientiert, befragt.

 

Als Ergebnis wird herausgearbeitet, welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen dem Klientel der beiden Einrichtungen bestehen. Und in wieweit sind Unterschiede in Umzugsmotivation und -gründen bei NutzerInnen der konzeptionell verschiedenen Einrichtungen zu finden?

 

Des Weiteren ist es wichtig zu erkennen, dass SeniorInnen bestimmten Umzugsstrukturen und -motiven folgen. Diese sind jeweils von der gegebenen Situation abhängig, die durch die Gesundheit, sozialen Netzwerken, Verfügbarkeit familiärer Hilfesysteme etc. geprägt sind. Ein Umzug bringt außerdem eine Vielzahl an Veränderungen mit sich. Diese Veränderungen bestimmen das Leben älterer Menschen ganz besonders, seien diese nun durch Institutionalisierung und verändertes Wohnumfeld etc. beeinflusst. Auch diese Veränderungen sollen im Rahmen der Untersuchung beleuchtet werden.

 

Ausgehend von theoretischen Fakten der Bevölkerungsentwicklung und gesetzlichen Grundlagen der Versorgung und des Wohnens im Alter, soll der Bogen in die Praxis durch die empirische Untersuchung zur Entscheidungsfindung zwischen Pflegeheim und betreutem Wohnen und der erfahrenen Lebenswelt gespannt werden.

 

In der Darstellung traditioneller und alternativer Wohnformen für SeniorInnen kann kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben werden. Da es inzwischen eine große Vielzahl an Wohnangeboten für ältere Menschen gibt, wird davon abgesehen einzelne Projekte vorzustellen, sondern es wird in der Darlegung bei gängigen und verbreiteten Modellen verblieben.

 

Auf das vertiefte Eingehen auf häusliche und familiäre Pflege sowie den damit verbundenen Möglichkeiten, Grenzen und Schwierigkeiten wird im Rahmen dieser Arbeit verzichtet, da diese sich in erster Linie auf Wohnformen außerhalb der normalen Wohnung bezieht.

 

1 Altenhilfe und soziale Arbeit mit alten Menschen

Die Sozialarbeit in der Altenhilfe ist ein noch relativ neues Arbeitsfeld dieser Profession. Dennoch ist durch einige Jahre Erfahrung und Ausbildung eine Arbeitsfeldbestimmung möglich. Auch der professionelle Standard von SozialarbeiterInnen in der Altenhilfe wird immer präsenter und wichtiger (vgl. Kaspar 1995, S.1ff.). Die Arbeit mit alten Menschen kann nach der Sozialarbeit in speziellen Einrichtungen der Altenhilfe sowie der Arbeit mit Älteren in nicht altenhilfespezifischen Diensten unterteilt werden. Es gibt in diesen Bereichen drei Zielgruppen:

Das Angebot für ältere Menschen im Sinne einer sozialen Teilhabe welche nicht auf eine spezielle Notlage abzielt

Das Angebot für ältere Menschen als ergänzende Hilfe in spezifischen Problemlagen die altersspezifisch, aber nicht dauerhafter Natur sind

Das Angebot für ältere Menschen einer dauerhaften Unterstützungsleistung, verursacht durch Einschränkungen und Behinderung (vgl. Backes, Clemens 1998, S.286).

Bereits seit Ende der achtziger Jahre sind SozialpädagogInnen und SozialarbeiterInnen im stationären Bereich der Altenhilfe tätig. Der Aufgabenbereich ist bewohner-, mitarbeiter-, haus- und gemeinwesenorientiert. Die Aufgaben sind psychosozialer Natur und als gruppenübergreifende Dienste gedacht. Andere Arbeitsbereiche von SozialpädagogInnen und SozialarbeiterInnen finden sich im ambulanten Bereich der Altenhilfe sowie der offenen Altenhilfe (vgl. Backes, Clemens 1998, S.286f.). Weitere Schwerpunkte der Altenhilfe von SozialarbeiterInnen werden in Zukunft vermittelnde, koordinierende, ressourcenerschließende sowie initiierende Aufgaben sein (vgl. Backes, Clemens 1998, S. 289).

Leitbilder und Ziele der Altenarbeit sind:

Unabhängigkeitsorientierung

Lebensweltorientierung

Lebenslauforientierung

Ressourcenorientierung

Produktivitätsstrategie (vgl. Backes, Clemens 1998, S. 288).

2 Alterung der Gesellschaft in Deutschland

 

Die Bestimmung des Lebenslaufs mit der Lebensphase des Alters wird immer schwieriger. Das Lebensende ist mit dem Tod klar abgrenzbar. Jedoch werden die Phasen des mittleren und höheren Erwachsenenalters immer schwieriger zu bestimmen sein (vgl. Backes, Clemens 1998, S.23).

 

Noch in den siebziger Jahren war der Eintritt in das Rentenalter, in den Ruhestand, ein klarer Altersschnitt. Doch durch die Entwicklung von Altersteilzeit und Vorruhestand sowie Erwerbsunfähigkeit und Arbeitslosigkeit älterer ArbeitnehmerInnen sind hier die einst klaren Grenzen verschwommen. Durch diese Entwicklung ist die Grenze des Austritts aus der Erwerbsarbeit auf bis zu sechzig Jahre gesunken. In dieser Zeit des Wartens auf die Altersrente, gelangen die Betroffenen in eine Phase der Desorientierung durch fehlende Modelle einer sozialen Rolle Außerdem bezeichnen sich Menschen immer später als alt. Dieser Prozess kann als eine Verjüngung des Alters betrachtet werden (vgl. Backes, Clemens 1998, S.23).

 

Der Lebensabschnitt des Alters kann heute bis zu 50 Jahren dauern, wenn beispielsweise ein frühzeitiger Ruhestand und ein hohes Sterbealter zusammenkommen. Das Alter ist somit zu einer komplexen Großphase des Lebens geworden, welche immer mehr an Bedeutung gewinnt (vgl. Backes, Clemens 1998, S.23).

 

Durch die Verlängerung des Alters können die SeniorInnen in drei Untergruppen aufgesplittet werden: Man spricht hier in Fachkreisen von den „Jungen Alten“, den „Alten“ sowie den „Alten Alten“. Die „Jungen Alten“ haben noch Ressourcen und Kompetenzen, um Leistungen für andere, zum Beispiel ihre Kinder oder ihre Nachbarn, zu erbringen. Die „Alten“ verfügen noch über die Selbstkompetenz, um für sich selbst zu sorgen. Die „Alten Alten“ hingegen sind durch den Verlust ihrer Selbstkompetenz auf Unterstützungsleistung angewiesen, beispielsweise bei Pflegebedarf (vgl. Backes, Clemens 1998, S.24).

 

Deutlich wird, dass es „die“ Alten als homogene Gruppe nicht gibt. Die SeniorInnen bilden eine heterogene Gruppe von Menschen mit verschiedensten Lebenserfahrungen und Biografien (vgl. Mai 2003, S.13).

 

In dieser Diskussion spielt besonders die Hochaltrigkeit[2] eine Rolle, da vornehmlich dieser Personenkreis am häufigsten hilfe- und pflegebedürftig wird und dann auf Unterstützung angewiesen ist. Grund dafür ist das steigende Risiko der Multimorbidität[3], Abnahme der geistigen Leistungsfähigkeit sowie Isolation und Vereinsamung mit steigendem Lebensalter (vgl. Mai 2003, S. 112).

 

Lebenslagen im Alter sind also sehr differenziert. Dominierende Faktoren hierbei sind die materielle Lage, der Gesundheitszustand und die sozialen Netzwerkbeziehungen. Auch die Dimensionen des Wohnens, gesellschaftliche Partizipation und allgemeines Wohlbefinden spielen eine wichtige Rolle. Diese Faktoren im Zusammenhang bilden die Lebenswelt älterer Menschen. Das macht die wichtige Stellung des Wohnens im Alter so deutlich (vgl. Backes, Clemens 1998, S.241). Die Wohnsituation trägt maßgeblich zum Wohlbefinden bei, da sich besonders im Alter der Lebensraum auf das Wohnen bezieht und sich das Wohnumfeld einengt (vgl. Backes, Clemens 1998, S.243).

 

2.1. Demografische Entwicklung

 

„Die demographische [sic] Alterung wird in den kommenden Jahrzehnten zu einem bestimmenden Element der demographischen [sic], sozioökonomischen und politischen Entwicklung Deutschlands werden.“ (Mai 2003, S.9).

 

Nach Japan, Italien und der Schweiz ist Deutschland das Land mit dem weltweit vierthöchsten Durchschnittsalter der Bevölkerung. Diese Entwicklung wird sich in den kommenden Jahrzehnten weiter fortsetzen, begleitet von der gleichzeitigen Abnahme der Bevölkerungszahl (vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 2002, S.55).

 

Abbildung 1: Bevölkerungsentwicklung in Deutschland

 

 

In der Betrachtung der Entwicklung der Bevölkerung über einen langen Zeitraum, ergibt sich das Bild einer deutlichen Ausdehnung der Alterspopulation. Um 1910 wurde von der so genannten Alterspyramide [4] gesprochen. Bis zum Jahr 2040 wird sich die Alterspyramide in eine Urnen- beziehungsweise Pilzform[5] verändern (vgl. Backes, Clemens 1998, S.32)

 

 

Abbildung 2: Veränderung der Bevölkerungsstruktur in Deutschland

 

 

Diese Statistik zeigt das stetige Steigen der Anzahl älterer Menschen und das Sinken der Anzahl junger Menschen im Vergleich deutlich (vgl. Backes, Clemens 1998, S.34).

 

Die Ursachen für den demografischen Wandel sind verschiedenen Entwicklungen in den vergangenen Jahrzehnten zuzuschreiben. Ein Grund sind einschneidende politische Ereignisse, wie die Weltkriege und die Weltwirtschaftskrise des vergangenen Jahrhunderts. Diese hatten einen drastischen Geburtenrückgang, sowie Verluste durch Gefallene und andere Kriegsopfer zur Folge. Ein weiterer Grund sind die medizinischen Fortschritte, die zur Senkung der Sterblichkeit sowohl bei Neugeborenen als auch bei alten Menschen beigetragen haben[6], sowie die Möglichkeiten der Empfängnisverhütung. Außerdem haben sich die sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen in die Richtung verändert, als dass sich die Geburtenrate verringerte[7] (vgl. Backes, Clemens 1998, S.32).

 

Die Alterung der Bevölkerung hat auf drei verschiedenen Ebenen statt gefunden: Die erste Ebene ist das Steigen der absoluten Zahl der älteren Menschen.

 

Die zweite Ebene ist das relative Wachstum des Anteils älterer und alter Menschen, was bedeutet, dass das Verhältnis zwischen jungen und alten Menschen sich verschoben hat (vgl. Backes, Clemens 1998, S.36).

 

Abbildung 3: Entwicklung des Verhältnisses junger zu alten Menschen

 

 

War das Verhältnis 1997/1998 zwischen Kindern und Jugendlichen unter 20 Jahren zu den Alten über 65 Jahren noch etwa gleich, wird es im Jahre 2040 1:2 sein (vgl. Backes, Clemens 1998, S.36).

 

Die dritte Ebene der Bevölkerungsalterung ist das Ansteigen der Zahl der hochaltrigen Menschen (vgl. Backes, Clemens 1998, S.37). Betrug der Anteil der über 60jährigen im Jahre 1999 noch 23% wird sich dieser Anteil bis zum Jahr 2050 auf 36% steigern (vgl. Mai 2003, S.11).

 

In den vergangenen Jahren ist eine stetige Zunahme der Lebenserwartung ersichtlich. Hauptursache dieses Trends sind die verbesserten Lebensbedingungen und der medizinische Fortschritt (vgl. Belardi, Fisch 1999, S.40).

 

Abbildung 4: Durchschnittliche Lebenserwartung bei der Geburt in Jahren

 

 

Derzeit sind in Deutschland 2,9 Millionen Menschen 90 Jahre und älter. Im Jahr 2020 werden es um die 5,1 Millionen Menschen sein. Im Jahre 2050 rechnet das Statistische Bundesamt sogar mit circa 8 Millionen Menschen die 80 Jahre und älter sind. Das wird etwa 11% der Bevölkerung entsprechen(vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 2002, S.55).

 

Eine Art eigenständige neue Lebensphase des Alters hat sich entwickelt (vgl. Belardi, Fisch 1999, S.40). Die erhöhte Lebenserwartung birgt allerdings zahlreiche Risiken. Mit steigendem Lebensalter erhöht sich nämlich unter anderem die Wahrscheinlichkeit, dass ein Heimplatz benötigt wird (vgl. Belardi, Fisch 1999, S.172).

 

Abbildung 5: Personen die einen Heimplatz in Anspruch nehmen nach Alter

 

 

So ist abzusehen, dass es immer mehr alte Menschen geben wird, die pflegebedürftig sind. Auch die steigende Zahl verwirrter Personen und Menschen mit Altersdemenz[8] stellen eine hohe Anforderung an die Pflege (vgl. Belardi, Fisch 1999, S.40). Deutlich wird der steigende Bedarf an Versorgungsstrukturen mit wachsendem Lebensalter. So ist bei gleicher Entwicklung und Zunahme älterer Menschen zu erwarten, dass bis zum Jahr 2020 die heutigen Pflegekapazitäten quantitativ um 50 Prozent aufgestockt werden müssen. Bis zum 2050 wird sich der Bestand voraussichtlich sogar mehr als verdoppeln müssen, um dem Bedarf zu entsprechen (vgl. Kremer-Preiß, Stolarz 2003, S.6). Mit dieser Darstellung wird der steigende Bedarf an institutionellen Wohnformen deutlich.