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Die Zahl der Überschuldeten ab 65 Jahren steigt drastisch. Der Autor zeigt in Überschuldung im Alter die Gründe auf und geht dabei insbesondere zwei Fragestellungen nach:
Mit beispielshaften Erwerbsbiografien.
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Seitenzahl: 84
1. Auflage
© WALHALLA Fachverlag, Regensburg
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Die Zahl der Überschuldeten ab 65 Jahren steigt drastisch. Der Autor zeigt in Überschuldung im Alter die Gründe auf und geht dabei insbesondere zwei Fragestellungen nach:
Welche Herausforderungen stellen sich hinsichtlich überschuldeter Klient/innen im höheren Alter für die Soziale Schuldnerberatung?Welche Möglichkeiten der Unterstützung gibt es?Mit beispielshaften Erwerbsbiografien.
Daniel Schneider ist Leiter der Abteilung Soziale Dienste des Gemeinschaftswerks Arbeit und Umwelt e. V. Mannheim. Er ist zudem zertifizierter Sozialer Schuldnerberater und Dozent für Sozial- und Verwaltungsrecht.
Vorwort
1. Einleitung
2. Armut in Deutschland
3. Armut und Überschuldung im Alter – Situation in Deutschland
4. Konzepte und Zielsetzungen der sozialen Schuldnerberatung
5. Interviews: Methodik und Ergebnis
6. Ableitung der Handlungsergebnisse
7. Fazit und Ausblick
8. Anhang: Die Interviews
9. Literaturverzeichnis
Auszüge aus referenzierten Vorschriften
Die vorliegende Arbeit widmet sich dem Phänomen der Überschuldung mit einem besonderen Fokus auf der Alterskohorte ab 65 Jahren, um zu eruieren, inwiefern diese für die Schuldnerberatung eine besondere Zielgruppe mit anderen Ansprüchen und Herausforderungen darstellt, auf die es mit besonderen Maßnahmen einzugehen gilt.
Angesichts eines seit Jahren stark ausgeprägten Wachstums der Anzahl überschuldeter Seniorinnen und Senioren stellt dies ein aktuell sehr relevantes Erkenntnisinteresse dar. Der gewählte methodische Zugang ist ein zweiteiliger: Eine systematische Literaturrecherche in der aktuellen wissenschaftlichen, aber auch praxisbezogenen Literatur wird ergänzt durch eine qualitative Erhebung in Form von halbstrukturierten Interviews mit Betroffenen und einem Experten aus der Schuldnerberatung.
Um das Angebot der Schuldnerberatung für Seniorinnen und Senioren zugänglich zu machen wurden folgende zentrale Handlungsfelder eruiert:
die räumliche Erreichbarkeit bzw. Zugänglichkeit des Ortes, an dem die Schuldnerberatung stattfindet,
der zielgruppengerechte Zugang von Informationsmaterial,
der Abbau von Scham und Angst im Rahmen der vorliegenden Arbeit eruiert.
Deutlich wird, dass ein Teil der Herausforderungen zwar direkt von den jeweiligen Schuldnerberatungen angegangen werden kann, dass Überschuldung im hohen Alter und die damit einhergehende Stigmatisierung, die letztlich einen Rückzug der betroffenen Seniorinnen und Senioren und das Verweigern von Hilfsangeboten bedingt, aber auch eine gesamtgesellschaftliche Herausforderungen darstellen, die es – für die aktuelle Alterskohorte 65, aber auch für die nachfolgenden – mittel- bis langfristig durch Aufklärung und Prävention abzubauen gilt.
Daniel Schneider, im Dezember 2020
Daniel Schneider ist Leiter der Abteilung Soziale Dienste des Gemeinschaftswerks Arbeit und Umwelt e. V. Mannheim. Er ist zudem zertifizierter Sozialer Schuldnerberater und Dozent für Sozial- und Verwaltungsrecht.
1.1 Problemstellung
1.2 Erkenntnisziel und Forschungsfrage
1.3 Aufbau und Methodik
Ver- und Überschuldung kennen als belastende Einflussfaktoren auf das menschliche Leben keine Altersgrenzen: In Deutschland waren im Jahr 2019 etwa 10 Prozent der Privatpersonen überschuldet (vgl. Statista 2019), d. h., weder das jeweils vorhandene Vermögen noch die erwarteten Einnahmen dieser Personen reichen aus, um die bestehenden Verbindlichkeiten abzudecken (vgl. Großekathöfer 2019: 60). Während diese Zahl im Jahr 2019 erstmal seit Beginn der 2010er-Jahre wieder leicht gesunken ist, steigt der Anteil der Schuldnerinnen und Schuldner in der Alterskohorte ab 50 Jahren weiter deutlich an. Zwar liegt dieser aktuell noch leicht unter dem Bundesdurchschnitt, ist jedoch vor allem in der Alterskohorte ab 70 Jahren signifikant gestiegen – eine Entwicklung, bei der zum aktuellen Zeitpunkt kein Ende abzusehen ist (vgl. Creditreform 2020).
Armut im Alter erscheint in vielerlei Hinsicht als eine besonders schwerwiegende Form der Armut. Schon aus rein emotionaler Betrachtung wird dies deutlich: In den westlichen Industrienationen wird ab einem Alter von etwa 65 Jahren davon ausgegangen, dass das Individuum aus dem Erwerbsleben ausscheidet und den (nach heutigem Lebenserwartungshorizont sehr langen) Lebensabend möglichst sorglos verbringt. Dass dies mit einer Schuldenlast nicht möglich ist, liegt auf der Hand. Zudem kann bei jüngeren Menschen festgehalten werden, dass diese – besonders im Alter von unter 40 Jahren – die Ver- oder Überschuldung lediglich als vorübergehende Phase ihres Lebens begreifen. Sie verfügen über die realistische Perspektive, sich aus ihrer wirtschaftlich schlechten Lage zu befreien – bei älteren Menschen ist diese Perspektive nur sehr eingeschränkt vorhanden. Tritt ein Mensch in den Ruhestand ein, ist die Chance, sich ökonomisch noch zu verbessern, so gering, dass sie statistisch zu vernachlässigen ist (vgl. Creditreform 2019: 17).
Die vorliegende Arbeit verfolgt die Zielsetzung, sich der soeben aufgeworfenen Problemlage aus einer lösungsorientierten Perspektive zu nähern und abzuleiten, welche Unterstützung dahingehend im Rahmen der Sozialen Schuldnerberatung geleistet werden kann. Die zugrunde liegende Forschungsfrage lautet daher:
Welche Herausforderungen stellen sich hinsichtlich überschuldeter Klientinnen und Klienten im höheren Alter für die Soziale Schuldnerberatung und welche Möglichkeiten der Unterstützung gibt es?
Die forschungsleitende Frage lässt sich wiederum in Subfragen unterteilen, aus denen auch die Gliederung der Arbeit konstruiert wurde. Diese lauten wie folgt:
Welche Konzeptionen von Armut gibt es und inwiefern sind Armut und Überschuldung im Alter überhaupt als besondere Herausforderung zu bewerten?
Welche spezifischen Gründe für Überschuldung im Alter gibt es?
Um diese Fragen zu beantworten, soll zunächst auf theoretischer Grundlage herausgearbeitet werden, was unter dem Begriff der Armut zu verstehen ist und inwiefern Armut und Überschuldung in einen Zusammenhang gesetzt werden können. Erscheint dieser Zusammenhang auf den ersten Blick als naheliegend, muss bei genauerer Betrachtung festgehalten werden, dass es sehr wohl möglich ist, in Armut zu leben, aber nicht überschuldet zu sein.
Zur Bearbeitung der vorliegenden Arbeit wird in einem ersten Schritt auf eine systematische Literaturrecherche zurückgegriffen, die das übergeordnete Ziel verfolgt, die vorhandene Literatur zum Thema systematisch aufzuarbeiten und dahingehend zu sortieren, ob sie relevant für die zugrunde liegende Fragestellung ist. Eine genaue Differenzierung von Gründen der Entstehung von Armut und der Unterscheidung von verschiedenen Arten der Armut sowie einer ähnlich detaillierten Aufbereitung des Begriffs der Überschuldung ist das erste Ziel dieser Literaturrecherche.
Um die Fokusgruppe genau zu definieren, ist dementsprechend eine Abgrenzung beider Begriffe von hoher Relevanz. Die zu untersuchende Altersklasse wird auf die Altersklasse ab 65 Jahren herangezogen, entspricht also dem aktuellen Rentenalter. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass ‚Menschen ab 65‘ eine homogene Fokusgruppe abbilden – im Rahmen der Arbeit wird also zu untersuchen sein, inwiefern sich Heterogenität in der Fokusgruppe äußern kann und welche unterschiedlichen Herausforderungen sich aus welchen Lebenslagen ergeben. Auch wird auf Grundlage aktueller Statistiken dargestellt, inwiefern Überschuldung im Alter ein Problem in Deutschland ist.
Auch soll das Konzept der Schuldnerberatung, insbesondere der Sozialen Schuldnerberatung in Deutschland dargelegt werden, um zu eruieren, welche Handlungsmöglichkeiten eine solche grundsätzlich hat, wie die Kompetenzen der Schuldnerberatung ausgestaltet sind und ob bereits Konzepte dahingehend existieren, dass bzw. wie mit älteren Menschen und deren Überschuldungsfällen anders umgegangen werden sollte als mit jüngeren Altersbereichen.
Die Erkenntnisse werden dann als Grundlage verwendet, um den Forschungsstand in einem nächsten Schritt durch eigene Erkenntnisse, die im Rahmen von Experteninterviews gewonnen werden, zu bereichern. Hierfür wurde auf die Methodik der leitfadengestützten Experteninterviews zurückgegriffen, also eine qualitative Erhebung fokussiert. Qualitative Forschung arbeitet im Vergleich zu quantitativer Forschung mit einer deutlich kleineren Stichprobe, ist also nicht darauf ausgelegt, einen repräsentativen Querschnitt zu erheben. Vielmehr geht es darum, relevante Expertenmeinungen zu erheben, von denen ausgehend neue Erkenntnisse abgeleitet werden können.
Die Auswertung der gewonnenen Daten erfolgt im Rahmen der qualitativen Inhaltsanalyse. Abschließend werden in der vorliegenden Arbeit aus der Zusammenführung von Theorie und Praxis Handlungsempfehlungen abgeleitet.
2 Armut in Deutschland
2.1 Begriffserklärung: Armut
2.2 Konzepte der Armut
2.3 Armut und Schulden
Die zentrale Analysekategorie der vorliegenden Arbeit ist die Armut, weshalb diese im nachfolgenden Kapitel zunächst auf theoretischer Basis untersucht werden soll.
Konkret geht es darum, den Begriff zunächst einer Definition zuzuführen, um anschließend zu untersuchen, welche Konzepte von Armut es in der Forschung gibt, wie diese definiert werden und wie sie sich unterscheiden. Anschließend wird der Begriff der Armut von der Überschuldung abzugrenzen, aber beide Begriffe auch miteinander in Bezug zu setzen.
Der Begriff der Armut dient als Oberbegriff für
„verschiedene Arten von Entbehrungen im Zusammenhang mit der Unfähigkeit, menschliche Grundbedürfnisse zu befriedigen“ (Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung 2020: o. S.).
Als Modell zur Darstellung der abstrakten Kategorie der ‚menschlichen Grundbedürfnisse‘ wird zumeist die sogenannte Bedürfnispyramide nach Maslow herangezogen, die in der nachfolgenden Abbildung grafisch aufbereitet ist.
Zu erkennen ist, dass zwar
psychologische Bedürfnisse,
das Bedürfnis nach Sicherheit,
verschiedene soziale Bedürfnisse,
Individualbedürfnisse und
das Bedürfnis nach Selbstverwirklichung
in der Pyramide nach Maslow abgebildet sind, aber kein Verweis auf Geld oder generell finanzielle Mittel darin zu finden ist (vgl. Block 2011: 87).
Dies lässt sich damit begründen, dass – während die von Maslow entworfene Reihenfolge der zu erfüllenden menschlichen Bedürfnisse recht universell für alle Menschen gilt – Armut ein hochdynamischer Begriff ist, der global äußerst unterschiedlich ausgestaltet sein kann und sich auch für das einzelne Individuum im Laufe seines Lebens verändern kann. Konkret bedeutet dies, dass Armut beispielsweise für eine Person in einem Entwicklungsland etwas anderes bedeutet als für eine Person in Mitteleuropa.