Überzeugungstäterin - Susanne Westphal - E-Book

Überzeugungstäterin E-Book

Susanne Westphal

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Beschreibung

Durchsetzungsstark statt nett Klar, direkt und fordernd — wer so kommuniziert, ist deshalb noch lange nicht unhöflich. Kommt aber definitiv weiter, vor allem beruflich. Wer immer nur nett zu allen Mitmenschen ist und von allen gemocht werden will, wird möglicherweise unterschätzt oder übersehen, wenn spannende Projekte verteilt werden. Susanne Westphal zeigt, wie Frauen in alltäglichen, beruflichen, Situationen ihre Themen voranbringen und ihre Ziele erreichen. Sie ermutigt, Neues auszuprobieren, und verrät, wie wir immer die richtigen Worte finden. Dieses Buch liefert viele konkrete Anregungen, um strategisch weiterzukommen, Provokationen mit Wortwitz zu kontern oder auch mal elegant Nein zu sagen. Denn Durchsetzungsstärke kann jede(r) lernen.

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Susanne Westphal

ÜBERZEUGUNGSTÄTERIN

Hart in der Sache, charmant in der Art.

So setzen Sie sich durch!

Campus Verlag

Frankfurt/New York

Über das Buch

Durchsetzungsstark statt nett Klar, direkt und fordernd — wer so kommuniziert, ist deshalb noch lange nicht unhöflich. Kommt aber definitiv weiter, vor allem beruflich. Wer immer nur nett zu allen Mitmenschen ist und von allen gemocht werden will, wird möglicherweise unterschätzt oder übersehen, wenn spannende Projekte verteilt werden. Susanne Westphal zeigt, wie Frauen in alltäglichen, beruflichen, Situationen ihre Themen voranbringen und ihre Ziele erreichen. Sie ermutigt, Neues auszuprobieren, und verrät, wie wir immer die richtigen Worte finden. Dieses Buch liefert viele konkrete Anregungen, um strategisch weiterzukommen, Provokationen mit Wortwitz zu kontern oder auch mal elegant Nein zu sagen. Denn Durchsetzungsstärke kann jede(r) lernen.

Vita

Seit fast 20 Jahren bietet Susanne Westphal Seminare und Coachings für Frauen und Männer an, die die Kommunikationsfähigkeit stärken und Menschen unterstützen, ihre beruflichen Ziele zu erreichen. Ihre Workshops zum Thema »Durchsetzungsstark statt immer nur nett« sind immer ausgebucht. Privat übt sie ihre Durchsetzungsfähigkeiten an ihren fünf Kindern, von denen die jüngsten gerade im schönsten Pubertätsalter sind.

DIE ÜBERZEUGUNGSTÄTERIN1

Liebe Leserin und lieber Leser,

an jedem einzelnen Tag unseres beruflichen Wirkens erleben wir: Erfolg haben wir nicht automatisch dadurch, dass wir unsere Arbeit gut machen und unsere Themen beherrschen. Wenn wir beruflich weiterkommen wollen, sind Verhandlungsstärke und Durchsetzungskraft nötig. Wir müssen kämpfen, um Gehör zu finden, um Interesse für unser Projekt zu wecken oder um für unsere Arbeit eine angemessene Bezahlung zu bekommen.

In diesem Buch finden Sie allerlei Inspirationen dafür, wie Sie Menschen in Ihrem beruflichen Umfeld überzeugen können. Wie Sie in ganz alltäglichen Jobsituationen noch sicherer werden und eine klare Vorstellung davon bekommen, was Sie wollen und wie Sie Ihre Ziele auch erreichen. Dabei beschränke ich mich nicht auf Verhandlungstipps, sondern betrachte das Thema ganz umfassend: Wie treffe ich Entscheidungen? Wie kommuniziere ich noch erfolgreicher? Wie gelingt es mir, auch mal »Nein« zu sagen und Grenzen zu setzen? Wie baue ich mir ein stabiles Netzwerk mit starken Partnern, die meine Anliegen unterstützen? Wie werde ich Energiefresser wieder los? Wie lasse ich mir ein dickes Fell wachsen, damit Gegenwind, Störungen oder Provokationen mich nicht umhauen können? Wie behalte ich den Spaß und die Freude an meinen Projekten?

All das erzähle ich anhand vieler Beispiele, die ich in meiner Arbeit kennen gelernt habe. Lassen Sie sich inspirieren, erheitern, überraschen.

Die Überzeugung ist weiblich: Ich kenne viele Frauen mit sehr starken Überzeugungen. Wenn Frauen sich für etwas begeistern, etwas richtig oder unterstützenswert finden, sind sie mit ihrer ganzen Seele dabei. Bekennen sie sich zu jemandem, tun sie es mit ganzer Kraft und hundertprozentig loyal und verlässlich. Sind sie allerdings über jemanden zutiefst verärgert, bleibt auch dieser Bruch aus ganzer Überzeugungskraft ein Leben lang bestehen. Sie schaffen es wirklich, nie wieder mit jemandem ein Wort zu wechseln, wenn sie sich das einmal vorgenommen haben.

Ich erlebe engagierte Frauen mit starken Überzeugungen vor allem bei großen Lebensthemen wie Klimaschutz, Tierschutz oder Flüchtlingshilfe. Oder auch im privaten, eher familiären Kontext: bei der Organisation des Sommerfests im Kindergarten, bei der Unterstützung des pädagogischen Konzepts der Schule oder bei Aktionen wie »Unser Dorf soll schöner werden«. Es gibt auch Frauen, die sich für eine Verbesserung von Arbeitsbedingungen oder Gestaltung ihres Jobs einsetzen, doch sie sind oft weniger sichtbar, als sie es verdient hätten.

Frauen sind Macherinnen: Ich kenne wahnsinnig viele sehr fleißige Frauen, die hart arbeiten, mit unermüdlicher Energie und mit perfektionistischer Genauigkeit. Sie sind also »Täterinnen«, von früh bis spät. Sie können eine angefangene Arbeit nur schwer liegen lassen. Und schon gar nicht können sie anderen bei der Verrichtung einer Tätigkeit zusehen, während sie selbst gerade nichts tun.

Wie großartig wäre es, die Überzeugung und die Täterin zusammenfließen zu lassen? Vielleicht ließen sich die Taten noch gezielter für die starken Überzeugungen einsetzen? Dann hätten wir viel mehr Frauen in der Politik, mehr Entscheiderinnen in Führungsetagen, mehr Gründerinnen, mehr Investorinnen und Aufsichtsrätinnen. Das könnte dann dazu führen, dass Strukturen und Arbeitsbedingungen nicht mehr ganz so rein männlich geprägt wären.

Doch warum adressiere ich hier die Überzeugungstäterin, also die weibliche Form?

Keine meiner Anregungen wäre dabei nicht auch für Männer hilfreich. Auch Männer können in entscheidenden Situationen mehr Überzeugungskraft brauchen. Ich adressiere dieses Buch in erster Linie an die Überzeugungstäterin, weil ich den weiblichen Blickwinkel gut kenne. In vielen Trainings und Coachings von weiblichen Führungskräften konnte ich beobachten, welche Themen speziell Frauen interessant finden und welche besonderen Fragen sie stellen.

Ich bin keineswegs der Meinung, dass Frauen erst einmal befähigt werden müssten, bevor sie gut verhandeln und überzeugen könnten. Wir sollten uns unserer Stärken aber noch bewusster sein und sie ganz gezielt einsetzen. Wenn wir dann zusätzlich noch den Männern abgucken, was diese besonders gut können (und umgekehrt), sind wir alle erfolgreicher.

In der »Überzeugungstäterin« steckt die Überzeugung und die Täterin. Ohne Tun keine Überzeugungskraft. Wir müssen also einfach machen. Dazu will ich ermutigen und zeigen, dass die Umsetzung mit Leichtigkeit und ganz viel Freude gelingt.

Mein Unternehmen heißt »Institut für Arbeitslust«. Ich beschäftige mich mit Verhandlungsgeschick und Durchsetzungsstärke und trage dieses Thema in die Welt, weil ich überzeugt bin, dass wir alle mehr Spaß an der Arbeit haben, wenn wir uns die richtigen Projekte angeln, dafür Applaus und Beachtung bekommen und auch noch ordentlich dafür bezahlt werden. Wenn mir im Nachgang zu einem Workshop jemand schreibt, eine anschließende Verhandlung sei besonders erfolgreich gelaufen, freut mich das riesig und bestätigt mich in meiner Arbeit. Vielleicht haben Sie ja auch nach der Lektüre dieses Buchs Lust, mir von Ihren Erfolgen zu berichten?!

Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Lesen und viel Erfolg bei der Umsetzung Ihrer Ideen und Pläne.

Ihre

Susanne Westphal

(Überzeugungs-Mit-Täterin)

Kapitel einsEntscheidungen treffen

Wer Entscheidungen treffen kann, wirkt souverän

Sie alle kennen diese Situation: Sie sitzen im Restaurant, der Kellner bringt die Speisekarte und Ihre Begleitung kann sich einfach nicht entscheiden. Wieder und wieder wird die Karte rauf und runter studiert, gerade so, als wolle jemand von den gedruckten Buchstaben satt werden. Endlich, nachdem der Kellner schon zum dritten Mal wieder abgezogen war, um dem Gast noch etwas mehr Zeit zu geben, scheint eine Auswahl getroffen. »Ich glaube, ich nehme die Spaghetti.« Die Karte wird zugeklappt. Direkt gefolgt von einem »Obwohl …« und sie wird wieder aufgeschlagen, »ich glaube, da gab es noch andere Nudeln, ich frage mal, ob die hausgemacht sind.«

Bewerber um eine Stelle werden gern im Restaurant getestet, dabei wird die Unfähigkeit, sich zu entscheiden, als hinderliche Charaktereigenschaft wahrgenommen. Für höhere Positionen kommen Menschen in die nähere Auswahl, die wissen, was sie wollen und das auch ausstrahlen. Dafür braucht es Entscheidungssicherheit – und die will geübt sein.

Merksatz

Die Überzeugungstäterin weiß schnell, was sie will. Und man merkt es ihr an.

Je klarer wir unsere Ziele vor Augen haben, umso leichter fallen uns Entscheidungen und umso schneller finden wir den richtigen Weg zur Umsetzung. Gerade in turbulenten Zeiten müssen wir manchmal zügig wichtige Entscheidungen treffen. Wie gleichen wir einen Fehler aus? Wen holen wir mit ins Boot? Wer sollte am nächsten Meeting teilnehmen? Was müssen wir bedenken? Welche nächsten Schritte sind wichtig, wer macht sie und bis wann?

Im Business gilt Ähnliches wie für eine Motorradfahrerin, die mit hohem Tempo auf kurvenreicher Strecke unterwegs ist: Immer vorausschauend fahren, den Blick stets auf die ideale Fahrlinie fixieren, keinesfalls auf mögliche Hindernisse. Wer sich auf den Straßengraben konzentriert, liegt schon beinahe darin. Gut, wenn ich die Strecke schon kenne und ein klares Bild vor Augen habe, wie meine Ideallinie verläuft. Hierauf konzentriere ich mich mit aller Kraft. Damit dies im beruflichen Kontext möglich ist, kann ich auch hier schon einmal vorab »die Strecke abfahren«, also in Gedanken den möglichen weiteren Verlauf meiner strategischen Vorgehensweise durchspielen, am besten in verschiedenen Varianten. Dann kann ich davon ausgehen, dass ich später meine vielen kleinen Entscheidungen blitzschnell und reflexartig treffe.

Übrigens haben wir laut dem Hirnforscher Ernst Pöppel rund 20 000 Entscheidungen pro Tag zu treffen. Daher tun wir gut daran, manchen Fragen nur die nötigste Aufmerksamkeit zu schenken: blauer oder schwarzer Kugelschreiber, Dinkel- oder Sesambrötchen …

»Richte Deinen Fokus auf die Lösung und nicht auf das Problem.«

Das riet schon Mahatma Gandhi. Doch die richtige Lösung müssen wir erst einmal kennen!

Wer seine Entscheidungen nicht klar trifft und stark vertritt, ist anfällig für Beeinflussung von außen. Wir alle kennen solche »Fähnlein im Wind«, die jedem nach dem Mund reden und von denen man den Eindruck hat, sie hätten überhaupt keine eigene Meinung. Gleichzeitig ist es wichtig, Entscheidungen nicht einsam im Kämmerlein zu treffen, sondern sich Rat und Informationen einzuholen. Am besten von besonders klugen Ratgebern, die Experten für unser Problem sind.

Über eine Bekannte von mir hörte ich neulich, dass sie als Verhandlungspartnerin bei ihren Investoren den allerhöchsten Respekt genoss. Nicht nur, weil sie in Gesprächen zäh und unnachgiebig war, sondern auch, weil sie stets die pfiffigsten Anwälte und Berater um sich hatte. »Wie sie die nur immer findet!«, meinte kürzlich jemand anerkennend. Es ist ganz bestimmt nicht ehrenrührig, sich von Experten beraten und helfen zu lassen. Nur wer denkt, er könne alles selbst am besten, wird auf den Rat von kompetenten Kollegen verzichten. »Ich weiß, was ich nicht weiß« ist eine wesentliche Erkenntnis im Leben, die uns weiterbringt.

Die Wahl des Ratgebers zeigt schon, wozu wir tendieren

Merksatz

Die Überzeugungstäterin nimmt Rat an – immer von den Richtigen.

Manchmal wird eine Entscheidung dadurch leichter, indem wir uns genauer ansehen, wen wir um Rat bitten würden. Lisa war 42, als sie ungeplant schwanger wurde. Als Abteilungsleiterin hatte sie gerade erst einen wichtigen Karriereschritt gemacht. Sie liebte ihren Fulltime-Job. Der Vater des Kindes war viele Jahre jünger als sie und stand als verlässlicher Lebenspartner nicht zur Verfügung. Gleichzeitig war es immer ihr Wunsch, Mutter zu werden, und sie wusste genau, dass sie in ihrem Alter nicht mehr viele Gelegenheiten haben würde, sich für ein Kind zu entscheiden. Eine schwierige Lebensentscheidung! Sie rief mich an, um mich nach meiner Meinung zu fragen. Doch das war gar nicht nötig: »Du hast die Entscheidung schon getroffen, weil du ja mich anrufst«, gab ich ihr zu bedenken. »Welche Antwort erwartest du von einer Frau, die selbst mehrere Kinder hat und ihren Beruf sehr gern ausübt?!« Sie musste lachen. »Vielleicht hast du recht«, meinte sie. »Ich bin noch nicht dazu gekommen, die Sache mit meiner besten Freundin zu besprechen. Sie ist Karrierefrau und hat selbst keine Kinder.«

Vorab die richtigen Fragen stellen

In vielen Entscheidungssituationen ist es wichtig, erst einmal alle Fakten zu kennen. Clevere Entscheiderinnen stellen vorab die richtigen Fragen, hören auf Berater, holen die passenden Informationen ein und sie wählen die optimale Option mit Sorgfalt. Sie können ihre Entscheidung anpassen, wenn sich Rahmenbedingungen verändern, und sie setzen ihre Pläne konsequent und mit Kraft um.

Nehmen wir ein weiteres Beispiel:

Evelyn ist Geschäftsführerin eines mittelständischen Unternehmens mit mehreren hundert Mitarbeitern und beliefert seit vielen Jahren sehr erfolgreich Groß- und Einzelhändler mit Ersatzteilen für Fahrräder. Zusätzlich zu ihrem traditionellen Geschäft baute sie vor einem Jahr einen Webshop für Privatkunden auf. Denn es gibt immer mehr Bastler, die ihr Fahrrad selbst reparieren oder tunen. Eine echte Herausforderung für einen Mittelständler mit langjährigen Mitarbeitern ohne jede Erfahrung im Online-Direktvertrieb! Hier kämpfen Evelyn und ihr Team sehr mit den Zahlen – die Gesellschafter sind alles andere als begeistert über die anfänglich hohen Investitionen. Der Start der neuen Idee bedeutete zunächst einmal hohe Kosten für das Design und die Programmierung der Internetseite sowie weitere Anschubkosten für die Werbung. Der Aufwand für das Verpacken, Versenden und Abrechnen neuer Verpackungsgrößen in kleinen Mengen war ebenfalls erheblicher als gedacht. Mitarbeiter mussten für die neuen Prozesse eingearbeitet und geschult werden. Hinzu kam, dass einige den Webshop grundsätzlich für eine Schnapsidee hielten und mit wenig Elan bei der Sache waren.

An einem solchen Punkt gilt es, eine richtungsweisende Entscheidung zu treffen: Weitermachen und noch mehr Gas geben, etwa durch mehr Werbung und weitere Kooperationen, damit hier schneller sichtbare Umsätze gemacht werden können. Die zweite Möglichkeit: Den Internetshop mit möglichst geringen laufenden Kosten weiter betreiben und auf Weiterempfehlungen in sozialen Netzwerken und langsames Wachstum hoffen. So wären die Entwicklungskosten nicht umsonst gewesen und könnten sich durch mögliche Einnahmen wenigstens in der Zukunft irgendwann rechnen. Die dritte Variante: Den Geschäftsbereich klar und konsequent wieder aufgeben, eine strategische Fehlentscheidung eingestehen und das Geschäftsergebnis in diesem Jahr mit einem miesen Ergebnis beenden. Frei nach dem Indianersprichwort: »Wenn du ein totes Pferd reitest, steig ab.« Im nächsten Jahr könnte man dann einen frischen und unbelasteten Neustart im bewährten Geschäftsfeld hinlegen.

Evelyn traf ihre Entscheidung wohlvorbereitet und durchdacht: Sie führte eine Kundenbefragung durch, sprach mit Mitarbeitern, ließ Experten verschiedene Szenarien durchrechnen, nahm die Erfolgsstorys anderer Internetunternehmen genauer unter die Lupe und zog auch die Haltung und Pläne ihrer Gesellschafter in Erwägung. Es gab nicht den einen richtigen Weg. Jede Entscheidung hatte Vor- und Nachteile. Und niemand kann in die Glaskugel blicken und sehen, wie die Welt aussieht, wenn man diese oder jene Wahl trifft. Nach reiflicher Überlegung entschied sie, den Onlineshop wieder zu schließen, vor allem, weil Gesellschafter und Mitarbeiter nicht an die Idee glaubten. Ohne Rückendeckung, da war sie sicher, konnte sie das umstrittene Projekt nicht in den Erfolg führen.

Ein Richtungswechsel ist kein Makel

Sicherlich gibt es Menschen, die an Evelyns Stelle anders entschieden hätten. Manche Charaktere halten es für einen enormen Gesichtsverlust, wenn sie ein bereits begonnenes Projekt wieder beenden. Solche Menschen hören auch nicht auf die Stimme ihres Navigationsgeräts, wenn sie »bitte wenden« hören. »Umdrehen? Auf keinen Fall! Wenn, dann fahre ich vielleicht einen Kreis, dann kann ich das noch als Rundfahrt verkaufen. Aber umzukehren wäre doch das Eingeständnis eines Fehlers!«

Merksatz

Die Überzeugungstäterin steht zu ihren Fehlern. Und lernt daraus.

Fehler sind herrlich! Wir können so wunderbar aus ihnen lernen und uns enorm weiterentwickeln. Die größten Erfindungen entstanden, weil Tüftler sich trauten, zu experimentieren und ihre Ideen auch nach Rückschlägen weiterzuentwickeln. Manche Entdeckungen wurden aus reinem Zufall gemacht, so wie die Erfindung von Post-its.

Es gibt keine Fehler, höchstens Umwege

Es gibt keine Fehlentscheidungen! Merken wir, dass es sich bei dem eingeschlagenen Weg um einen Holzweg handelt, können wir auf den ursprünglichen Pfad zurückgehen und dabei wenigstens die Landschaft bewundern, die wir durch unseren Umweg entdeckt haben. Beim Joggen lande ich übrigens regelmäßig auf dem sogenannten Holzweg: In meiner Abenteuerlust will ich oft Neues entdecken und biege mitten im Wald schon mal auf einen Weg ab, der relativ breit ist und vielversprechend aussieht. Tatsächlich handelt es sich dann um eine Sackgasse die entsteht, wenn der Förster mit einem Fahrzeug einbiegt, um Holz zu transportieren, und dann einfach wieder umdreht.

Viele Unternehmen haben bereits erkannt, dass es sich lohnt, über Fehler regelmäßig zu sprechen. Mitarbeiter werden geradezu ermutigt, ihre Pannen und Missgeschicke zu teilen, damit alle aus ihnen lernen können. Auf sogenannten Fuckup Nights berichten gescheiterte Gründer, Manager oder Angestellte öffentlich in einem Vortrag von ihrem persönlichen Scheitern auf humorvolle Weise. So verlieren Fehler ihren Schrecken, und wir können sie wirklich für uns nutzen.

Dazu passt dieses Bonmot von Marlene Dietrich: »Wenn ich mein Leben noch einmal leben könnte, würde ich die gleichen Fehler machen. Aber ein bisschen früher, damit ich mehr davon habe.«

Zu seinen Fehlern zu stehen wirkt also auch entscheidungsstark und sehr souverän! Wir sollten sie daher nicht verschämt vertuschen, sondern laut kommentieren und zum Thema machen.

Bauen Sie sich Ihren persönlichen Entscheidungskompass

Bei vielen Entscheidungen werden wir durch Faktoren beeinflusst, die nicht wirklich hilfreich sind. Da sitzt uns ein Bewerber gegenüber, der uns an unseren Mathelehrer erinnert, und gleich sind wir ihm gegenüber negativ eingestellt. Ein Name klingt nach einer bestimmten Nationalität: Schon beginnt unser innerer Film mit einem Drehbuch, das sämtliche Klischees enthält, die uns gerade einfallen. Genau aus diesem Grund sind einige Firmen mittlerweile dazu übergegangen, Bewerbungen im ersten Schritt anonym, ohne Foto und ohne Altersangabe zu bearbeiten.

Merksatz

Die Überzeugungstäterin trifft Entscheidungen wohlüberlegt und mit System.

Es gibt eine analytische, für mich wunderbar nachvollziehbare Methode, künftige Entscheidungen durch einen eigenen Richtungsweiser vorzubereiten.

Sie funktioniert so:

Notieren Sie in einer Tabelle, die Sie über Wochen oder Jahre pflegen können, immer wieder Ihre persönlichen beruflichen Erfolgs- und Jubelmomente. Das kann ein erfolgreich abgeschlossenes Projekt mit einem besonders angenehmen Kunden sein oder der Stolz über eine gute Leistung einer Mitarbeiterin, die Sie vor kurzem eingestellt haben.

In einer zweiten Spalte notieren Sie daneben, welche Ihrer Entscheidungen zu diesem Erfolgsmoment geführt haben. Im ersten Fall wäre das etwa Ihre Entscheidung, genau diesen Kunden zu akquirieren, im zweiten Fall ist es die Personalentscheidung für diese Mitarbeiterin und auch die Entscheidung, ihr die Aufgabe zu übergeben, die sie mit Bravour gelöst hat. Im Laufe der Zeit erhalten Sie also eine immer länger werdende Liste »guter Entscheidungen«, die sich für Sie positiv entwickelt haben.

In einer dritten Spalte notieren Sie nun die Kriterien, die zu Ihrer Entscheidung geführt haben. Warum haben Sie sich für diesen Kunden entschieden? Haben Sie ganz gezielt neue Kunden aus der Pharmabranche angesprochen, weil es den Unternehmen hier im Moment gut geht? Notieren Sie »Sicherheit« als ein Motiv. »Sympathie« könnte bei beiden oben genannten Entscheidungen eine Rolle gespielt haben. Vielleicht ist es Ihnen wichtig, dass Sie sich mit den Menschen, mit denen Sie arbeiten, gut verstehen. Sie werden im Laufe der Zeit feststellen, dass Ihre Beweggründe sich immer wieder wiederholen und mehrfach auftauchen.

In einer vierten Spalte vergeben Sie Punkte von 1 bis 5, je nachdem, wie wichtig dieser Beweggrund für Sie war. Nun können Sie die Liste Ihrer Motive und Entscheidungsgrundlagen nach ihrer Bedeutung sortieren. Das Ergebnis ist Ihr ganz persönlicher Kompass als Unterstützung für künftige Entscheidungen.

Wenn Maschinen für Künstliche Intelligenz programmiert werden, funktioniert es genauso: Objektive Faktoren werden gesucht, die Entscheidungen beschreiben und vorbereiten.

Entscheidungen intuitiv überprüfen

Jede Sekunde kann unser Gehirn etwa 40 Sinneseindrücke bewusst verarbeiten. Das heißt, wir erinnern uns später, wie etwas aussah oder was jemand mit welcher Stimme sagte und wie der Kaffee duftete, der auf dem Tisch stand. Weitere 11 Millionen Sinneseindrücke prasseln ebenfalls auf uns ein – doch sie landen nur in unserem Unterbewusstsein. Unser Gehirn schützt sich vor Überforderung und wählt ganz einfach diejenigen Eindrücke aus, die ihm zur weiteren Verarbeitung wichtig erscheinen. Das erklärt übrigens, warum unterschiedliche Menschen hinterher ganz verschiedene Berichte über ein Meeting abliefern, so dass man den Eindruck haben könnte, sie sprechen nicht von derselben Veranstaltung.

Alle Informationen, die unser Unterbewusstsein aufnimmt, gehen nicht verloren. Wir kommen nur schwerer an sie heran. Greifen wir bei unseren Handlungen auf sie zurück, nennen wir es Intuition, weil wir nur ahnen, aber nicht so ganz genau wissen, warum dieser Weg sinnvoll ist.

Gehen wir also davon aus, dass unser Unterbewusstsein superschlau ist und immer genau weiß, was für uns gut und richtig ist. Es gibt einige Methoden, unsere Intuition zu befragen, um sicherzustellen, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

Merksatz

Die Überzeugungstäterin vertraut ihrer Intuition.

Bäume sprechen lassen

Mit meinen Seminargruppen praktiziere ich ihn gelegentlich, den »Medical Walk«. Abgeguckt von den Indianern kann ein sehr bewusster Spaziergang durch die Natur dazu betragen, sichere Entscheidungen zu treffen. Es funktioniert ganz einfach: Vor dem Losgehen konzentrieren wir uns auf eine Frage oder ein Thema, das uns gerade umtreibt. Nun suchen wir nach einem Zeichen in der Natur, das uns eine Antwort liefert.

Es ist verblüffend, wo unser Auge hängenbleibt und wie unterschiedlich wir die Bilder deuten! In Seminargruppen haben schon zwei Menschen denselben Baum völlig gegensätzlich für sich interpretiert. Einer blickte auf die hohen Zweige, die sich im Wind wiegten und auf denen ein Vogelnest hin- und herbalanciert wurde. Eine andere Teilnehmerin entdeckte am selben Baum den dicken Stamm, dessen Rinde sich an einigen Stellen löste, als würde er sich häuten wollen. Das Bild erinnerte sie an einen Schmetterling, der sich aus einem Raupenkokon befreite. Sie ahnen es schon, welche Geschichten hinter solchen Beobachtungen stecken könnten.

Übertragung einer Entscheidung auf einen sportlichen Wettkampf

Hadere ich zwischen zwei möglichen Entscheidungsoptionen (Bleibe ich in der aktuellen Position oder nehme ich die neue Herausforderung an? Suche ich meine neue Wohnung in der Stadt oder auf dem Land? Kehre ich zurück in den Job in Teilzeit oder in Vollzeit?), kann ich mir von Fußballern helfen lassen, indem ich mir ein Spiel ansehe. Meine beiden Entscheidungsalternativen übertrage ich auf die beiden Mannschaften. Gewinnt rot, mache ich dies, sind die in den weißen Trikots stärker, mache ich jenes. Natürlich delegiere ich meine Entscheidung nicht wirklich auf die Spieler. Doch ich merke beim Verfolgen des Spielverlaufs ganz schnell, dass ich parteiisch bin und für eine Mannschaft deutlich höhere Sympathien pflege. Ich freue mich deutlich mehr, wenn sie in Ballbesitz sind und fiebere ängstlicher, wenn die Gegner sich »unserem« Tor nähern. Unser Unterbewusstsein hat nämlich längst entschieden, welcher Weg ihm geeigneter erscheint.

Diese Methode funktioniert übrigens am besten, wenn man von Fußball nicht die geringste Ahnung hat und nicht zuvor schon weiß, welche Mannschaften und Spieler wie stark sind. Sonst kann man auf Handball, Volleyball oder Eishockey ausweichen.

Setzen Sie sich auf verschiedene Stühle

Für diese Methode brauchen wir ebenso viele Stühle (gleicher Bauart), wie wir Entscheidungsoptionen haben, und einen oder mehrere Sparringspartner, die uns beobachten, zuhören und Feedback geben.

Ordnen Sie nun jedem Stuhl eine Entscheidungsoption zu. Im zuvor beschriebenen Beispiel von Evelyn mit ihrem Onlineshop für Fahrradzubehör könnten diese heißen:

Weitermachen und mehr Gas geben

Weitermachen mit minimalen Kosten

Aufhören

Nun würde Evelyn sich auf den ersten Stuhl setzen und zunächst einmal nur körperlich beschreiben, wie sich das Sitzen hier anfühlt: Bequem? Wackelig? Warm? Leicht? Schwer? Was spürt sie? Wird ihr schwindelig? Bekommt sie Bauchgrummeln? Möchte sie am liebsten nicht mehr von diesem Stuhl aufstehen?

Es klingt eigenartig, aber es ist tatsächlich so, dass sich verschiedene Optionen anders »anfühlen«. Das bemerken sogar Beobachter, wenn sie uns nur dabei zusehen, wie wir uns positionieren, welchen Gesichtsausdruck wir haben, welche Körperspannung wir zeigen.

Wenn wir nun auch noch verbal beschreiben, wie unser Leben in vielleicht einem Jahr aussieht, wenn wir genau diese Entscheidung getroffen haben, wird alles noch klarer. Unsere Sprache verrät, was unser Unterbewusstsein längst weiß. Sind wir uns unserer Sache nicht sicher, werden sich Wörter wie »eigentlich« und »irgendwie« einschleichen. Vielleicht erwähnen wir, was wir nun »müssen«, während auf einem anderen Stuhl von »wollen« die Rede ist. Genau hierfür brauchen wir aufmerksame Beobachter, die uns spiegeln, was sie sehen und hören.

Ich habe diese Übung schon in mehreren Seminaren ausprobiert und fand es jedes Mal verblüffend, wie klar die »richtige Entscheidung« für Außenstehende längst war, während die Person, die selbst mitten im Dilemma steckte, noch immer nicht merkte, wohin sie tendierte.

Welche Methode Sie auch wählen: Es lohnt sich, ein wenig Zeit zu investieren, um getroffene Entscheidung noch einmal zu überprüfen. Umso sicherer und konsequenter werden wir sie umsetzen!

Kennen Sie Ihre Prioritäten