Udos Mütze und der Zoo - Katja Hildebrand - E-Book

Udos Mütze und der Zoo E-Book

Katja Hildebrand

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Beschreibung

Seit Udos Hund Paulchen im Wald eine magische Mütze gefunden hat, mit der er Gedanken hören kann, ist in seinem Leben eine Menge passiert. Eigentlich mag Udo Zoos nicht. Doch das ändert sich, als er mit seiner Mütze durch den Leipziger Zoo spaziert. Und da hat er eine Idee...

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Bücher lesen heißt wandern gehen, in ferne Welten, aus den Stuben über die Sterne.

(Jean Paul)

Dieses Buch ist für alle geschrieben, die Geschichten lieben.

Katja Hildebrand

Udos Mütze und der Zoo

Band 2

© 2022 Katja Hildebrand

Illustriert von: © 2022 Tanja Neu

Lektorat: Anja Beez

Übersetzt von: © 2022 Susanne und Ryan Woolever

Sprache der Originalausgabe: Deutsch

ISBN Softcover: 978-3-347-77111-6

ISBN Hardcover: 978-3-347-77112-3

ISBN E-Book: 978-3-347-77113-0

Druck und Distribution im Auftrag der Autorin:

tredition GmbH, An der Strusbek 10, 22926 Ahrensburg, Germany

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist die Autorin verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne ihre Zustimmung unzulässig.

Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag der Autorin, zu erreichen unter:

tredition GmbH, Abt. „Impressumservice“, An der Strusbek 10, 22926 Ahrensburg, Deutschland.

1. Kapitel: Die Sache mit der Mütze

Ich bin Udo. Genauer gesagt Udo Fritze. Aber für meinen Namen kann ich nichts. Den haben meine Eltern sich ausgedacht. Mein Vater hat hier vor zwei Jahren in der Stadt eine Autowerkstatt übernommen. Ihn nennen alle ‚Fritze‘, obwohl er eigentlich Werner heißt. Meine Mutter heißt Cornelia Fritze, aber alle sagen ‚Conny‘ zu ihr. Ich nenne sie seit neuestem auch so, weil Till meinte, es sei oberpeinlich, dass ich mit 10 Jahren immer noch ‚Mami‘ zu ihr sage. Sie engagiert sich bei Parents for Future. Das ist so eine Gruppe, die sich für die Umwelt und den Klimaschutz einsetzt, was echt wichtig ist für die gesamte Menschheit. Manchmal engagiert sie sich zwar so sehr, dass sie fast vergisst, dass sie noch eine Familie hat. Aber ich finde es grundsätzlich echt großartig, was sie macht, und ich bin deswegen auch oft bei Demonstrationen dabei. Ach ja, mein bester Freund heißt Till. Um ehrlich zu sein, ist er zugleich mein einziger Freund. Wobei – nein, das stimmt eigentlich nicht. Paulchen ist auch mein Freund. Er ist mein Hund, und er ist unglaublich schlau. Letzten Herbst brachte mir Paulchen bei einem Spaziergang im Wald eine schrotthässliche, rot-blau karierte Mütze. Die muss dort irgendwo gelegen haben, und mein supertoller Hund hat sie gefunden. Es dauerte eine Weile, bis ich gecheckt habe, was das Besondere an der Mütze ist: Wenn ich diese Mütze aufsetze, kann ich Gedanken hören, und zwar die Gedanken von Menschen und Tieren. Das ist echt das Krasseste, was mir je passiert ist. Durch diese Mütze hat sich in meinem Leben ganz schön viel geändert. Um das Geheimnis der Mütze wissen nur Till und ich. Na gut, und Paulchen vielleicht. Aber der kann schweigen.

In die Schule, das sollte ich vielleicht noch erwähnen, gehe ich nicht besonders gern. Meine Lehrerin, Frau Meissner, hat mich nach wie vor auf dem Kieker. Immer wieder kommt es nämlich vor, dass sie mich vor der ganzen Klasse bloßstellt, nur weil ich mal nicht aufgepasst habe. Sie nennt mich einen ‚Träumer‘ und droht mir immer wieder damit, dass ich mit der Einstellung bestimmt nicht aufs Gymnasium komme. Früher war mir das völlig egal. Aber jetzt, wo ich Till als Freund habe, möchte ich eigentlich schon gern auf die gleiche Schule gehen wie er. Und er wird aufs Gymnasium gehen, das ist sicher. Ich glaube, es gibt nichts, was Till nicht weiß. Er ist außerdem Klassensprecher. Deswegen bin ich echt stolz darauf, dass er mein Freund ist. Und ich habe mir vorgenommen, mich in der Schule künftig mehr anzustrengen.

2. Kapitel: Der Ausflug

Eine nasse Zunge fährt mir zur Begrüßung über das Gesicht. „Uäääh! Paulchen, du sollst mich nicht abschlecken!“, schimpfe ich meinen Hund. Doch als ich mich Sekunden später verschlafen im Bett aufsetze und er mich so reumütig und abwartend anschaut, da kann ich ihm nicht länger böse sein. „Hat dich Conny geschickt?“, frage ich ihn und kraule ihn durch. Am liebsten mag er es hinter den Ohren. Dann fällt mir ein, dass heute Schulausflug ist. Und schlagartig sinkt meine Laune in den tiefsten Keller.

„Was ist denn mit dir los? Freust du dich denn nicht auf den Ausflug in den Zoo?“, fragt mich meine Mutter, als ich mich missmutig an den Frühstückstisch setze. ‚Ob sie hellsehen kann?‘, frage ich mich. Ich zucke mit den Schultern. „Wir waren doch schon mal dort. Mir hat der nicht gefallen“, antworte ich. „Ich finde, im Zoo sind die Tiere nur eingesperrt!“ Conny klopft mir auf die Schulter. „Udo, du darfst das nicht so negativ sehen. Ein Zoo hat heutzutage auch eine wichtige Funktion beim Artenschutz. Ach, das wird bestimmt trotzdem ein toller Tag, den du mit deinen Freunden dort verbringen kannst. Machst du ein paar schöne Fotos für mich? Von den Elefanten? Du weißt ja, dass ich die besonders schön finde.“ Ich seufze ergeben und nicke. Sie versteht mich ja doch nicht.

Paulchen sitzt neben mir und legt den Kopf schief, als ich ihn anschaue. Das ist sein „Was-machen-wir-jetztzusammen“-Blick, und ich muss ihn leider enttäuschen. „Paulchen, wir können nur eine ganz kleine Runde Gassi gehen“, sage ich, schnappe die Hundeleine und setze nach kurzer Überlegung die Mütze auf. Als mein Hund sieht, dass es jetzt endlich nach draußen geht, hüpft er aufgeregt mit dem Schwanz wedelnd um mich herum, weil er sich so freut. Da muss ich lachen, denn es sieht einfach zu drollig aus. „Paulchen, du hast es gut. Du musst in keine Schule. Und du musst vor allem in keinen dummen Zoo!“ Paulchen schaut mich mit schiefgelegtem Kopf an. Natürlich versteht er kein Wort.

Jeder, der mich mit der Mütze sieht, fragt sich wahrscheinlich, ob ich nicht mehr alle Kekse in der Dose habe. Aber da stehe ich mittlerweile drüber. Ich setze sie mir auch nicht immer auf. Das kann nämlich echt anstrengend sein, ständig alle Gedanken zu hören. Manchmal jedoch ist es praktisch.

Paulchen zieht wie verrückt an der Leine und kriegt die Nase gar nicht mehr vom Boden weg. „Oh, wie spannend, ein neuer Hund im Revier! Oh, wie spannend, ein neuer Hund im Revier …“, höre ich seine Gedanken und muss vor mich hin grinsen. Als mein Hund an einem Laternenmast schnüffelt, höre ich, wie er denkt: „Junge oder Mädchen? Freund oder Feind? Junge oder Mädchen? Freund oder Feind?“ Hunde wiederholen ihre Gedanken ziemlich oft. Und sie sind meistens ganz konzentriert bei einer Sache. Bei Paulchen ist das jedenfalls so. Mein Hund beschließt, seine Duftmarke genau hier zu hinterlassen, hebt sein Bein und pinkelt einen hässlichen gelben Strahl an den Mast. „Jetzt riechst du mich. Jetzt riechst du mich“, denkt mein Hund und trippelt zufrieden weiter.

Plötzlich hat er die Nase nur noch auf dem Boden und läuft im aufgeregten Zickzack vor mir hin und her und her und hin und vor und zurück und bringt mich fast zu Fall: „Katze? Kaninchen? Katze? Kaninchen?“, denkt er und versucht, die Spuren der Nacht zu verfolgen und zu entschnüffeln. Da muss ich lachen und vergesse für einen Augenblick, dass ich gar keine Lust auf diesen Ausflug habe.

Ich finde ja, wenn man auf einen Ausflug geht, gehört eine Bus- oder Zugfahrt dazu. Aber weil wir den Zoo direkt bei uns in der Stadt haben, gehen wir zu Fuß dort hin. Der Hauptgrund, weshalb wir um diese Jahreszeit diesen Ausflug in den Zoo machen: Wir behandeln in Deutsch gerade das Thema Tierbeschreibung, und die Meissner möchte, dass sich jeder im Zoo ein Tier aussucht und dieses so genau wie möglich betrachtet. Dann sollen wir das Tier exakt beschreiben. Als wir im Zoo angekommen sind, gibt sie uns noch einmal genau Anweisungen: „Denkt daran, auch zu lesen, was auf den Schildern steht, die am Gehege angebracht sind. Ihr müsst euch notieren, wo die Tiere in freier Wildbahn leben, was sie fressen, was ihre Gewohnheiten und besonderen Fähigkeitensind. Achtet genau auf den Körperbau und auf den Kopf. Notiert euch alles, was euch wichtig erscheint.“ ‚Blablabla‘, denke ich mir nur und schiebe schmollend die Unterlippe vor.

Wir mussten alle einen Notizblock und was zu schreiben mitnehmen. Ich habe keine Lust darauf. Till stößt mich aufmunternd von der Seite an. „Na los, Udo, jetzt mache kein Gesicht, als hätte ich dir die Wurst vom Brot gestohlen.“ Ich kicke einen Stein zur Seite, der vor mir auf dem Boden liegt. „Wieso können wir nicht einfach nur so im Zoo sein? Einfach ohne was aufschreiben zu müssen …“, knurre ich mürrisch. Till lacht. „Udo, das ist doch jetzt wirklich nicht tragisch. Du hast gesagt, du willst einen Elefanten beschreiben, oder? Komm, die Elefanten sind ganz in der Nähe der Flusspferde, die möchte ich mir genauer ansehen.“ Till hat recht. Ich sollte mir ein Beispiel an ihm nehmen, wenn ich weiterhin mit ihm die gleiche Schule besuchen möchte. „Gut, dass du deine Mütze dabeihast“, flüstert Till und zwinkert mir verschwörerisch zu.

Aus den Augenwinkeln sehe ich, wie sich Mario, Ben und Flori diese vielsagenden Blicke zuwerfen. „Der Typ ist einfach peinlich“, höre ich eine Stimme. War sie von Mario oder Flori? „Dass der sich mit der Mütze nicht geniert!“ Das war Ben. Ich grinse in mich hinein. Wenn die wüssten, dass ich alles hören kann, was sie so denken. Sie scheinen sich echt viele Gedanken zu machen: „Mit der Mütze sieht er aus wie ein Penner. Und stinken tut er auch so!“, höre ich Marios Stimme. Die ist unverkennbar. Sollen sie denken, was sie wollen. Ich zucke mit den Schultern, grinse die drei Lästermäuler betont freundlich an und schultere meinen Rucksack. Die Mütze hat mir im Herbst geholfen, mich endlich gegen diese fiesen Jungs aus meiner Klasse zu behaupten. Durch die Mütze habe ich nämlich herausgefunden, dass Mario, der immer so cool tut, panische Angst vor Hunden hat. Damit habe ich ihn jetzt in der Hand. Und deswegen machen sie mich nicht mehr öffentlich fertig, sondern lästern nur noch hinter meinem Rücken. Sie wissen nämlich nicht, dass ich mit der Mütze alles höre, was sie denken. Seitdem macht es mir nicht mehr viel aus, dass sie so fies sind.

Till zwinkert mir erneut zu und macht ein Foto von mir mit der Mütze. Ich grinse lässig in die Kamera und mache ein Peace-Zeichen. Cool finde ich, dass man heute eine Kamera oder ein Smartphone mitnehmen durfte, um Bilder knipsen zu können. Leider habe ich noch kein eigenes Smartphone. Meine Mutter findet, das reicht noch, wenn ich in die 5. Klasse komme, aber ich bin da anderer Meinung.

Plötzlich sehe ich, wie Till die Arme hektisch hochreißt. Und dann spüre ich nur noch, wie mir die Mütze vom Kopf gerissen wird. „He!“, schreie ich wütend. Mario grinst mich frech an und wedelt mir mit der Mütze vor dem Gesicht herum. „Fang sie doch!“, ruft er und will sie Ben zuwerfen, der ein Stück hinter ihm geht. Aber da hechtet Till dazwischen und schnappt sie sich. Seelenruhig gibt er sie mir, und ich bin ganz erstaunt, wie ich sie mir lässig auf den Kopf setze. „Wie mutig Mario ist, wenn du deinen Hund nicht dabeihast, Udo“, meint Till. Ich sehe, wie das Mario so überhaupt nicht passt. Unmerklich schnaubt er durch die Nase. „Die Mütze ist so eklig“, beschwert er sich. „Ja, seit du sie angefasst hast, finde ich sie auch richtig eklig“, gebe ich zurück. Till grinst anerkennend. Ich bin stolz auf mich. „Pah“, macht Mario verächtlich. Doch der finstere Blick, den er mir zuwirft, als er mit seinen fiesen Kumpanen weiterzieht, kann mich nicht aus der Bahn werfen. Nicht mehr. Ich merke, dass mich die Mütze richtig mutig gemacht hat.