36,99 €
Diplomarbeit aus dem Jahr 2002 im Fachbereich Soziale Arbeit / Sozialarbeit, Note: 1,0, Universität Kassel, Sprache: Deutsch, Abstract: Um das Thema, nämlich die Frage nach einem Umbruch in der Teilhabe behinderter Menschen an der Behindertenpolitik, beantworten zu können, ist es zunächst einmal notwendig, etwas über die Geschichte der von der Armutspolitik abgekoppelten Behindertenpolitik zu erfahren.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Impressum:
Copyright (c) 2013 GRIN Verlag / Open Publishing GmbH, alle Inhalte urheberrechtlich geschützt. Kopieren und verbreiten nur mit Genehmigung des Verlags.
Bei GRIN macht sich Ihr Wissen bezahlt! Wir veröffentlichen kostenlos Ihre Haus-, Bachelor- und Masterarbeiten.
Jetzt bei www.grin.com
Aus dem Fachbereich Sozialwesen der Universität Kassel
Umbruch in der Teilhabe von behinderten Menschen an der
Behindertenpolitik ?
Dipl.- Arbeit für die Prüfung zum Erwerb
des Akademischen Grades
Dipl.-Sozialarbeiter/-Sozialpädagoge
eingereicht von:
Zur Zeit leben in der Bundesrepublik Deutschland ca. 6,6 Millionen Schwerbehinderte. Dies sind 8% der Gesamtbevölkerung. Davon sind nur 4,5% oder 300 000 von Geburt an behindert. Die meisten werden es im Laufe ihres Lebens, etwa durch Unfälle oder Altern.[1]
Diese Zahlen allein verdeutlichen, das es sich hierbei nicht um ein seltenes gesellschaftliches Phänomen handelt, sondern dass es jede und jeden betreffen kann.
Die Behindertenpolitik spielt in der öffentlichen politischen Diskussion in der Bundesrepublik trotz dieser Zahlen jedoch eine eher unbeachtete, marginale Rolle.
Gleichwohl hat sich im Bereich der Behindertenpolitik in den letzten Jahren ein Wandel vollzogen, der erheblich zu sein scheint. Der Fokus dieser Politik hat sich von ihrem Ursprung in der Sozialpolitik nun auch auf gesellschaftspolitische Fragen ausgedehnt.
Anlässlich der Verabschiedung des Gleichstellungsgesetzes für behinderte Menschen im Februar 2002 war man sich etwa im Bundestag fast parteienübergreifend einig, dass durch die Art der Erarbeitung dieses Gesetzes und durch das Gesetz selbst nun eine völlig neue Entwicklung in der Behindertenpolitik eingetreten sei. Man sprach vom Paradigmenwechsel in der Politik für behinderte Menschen. Behinderte Menschen hätten erstmals mit diesem Gesetz ihren Lebensbereich selbst gestaltet, seien vom Objekt der Fürsorge zum Subjekt der Teilhabe geworden.[2]
Eine aktive Teilhabe behinderter Menschen an der Behindertenpolitik
wäre in der Tat ein Umbruch, den viele Behindertenverbände schon seit langem fordern.
Von daher ist die Frage, ob solch ein Umbruch in der Teilhabe behinderter Menschen an der Behindertenpolitik tatsächlich stattgefunden hat, auch gesellschaftlich von großem Belang.
Die Konsequenzen, die sich aus einer aktiven Teilhabe behinderter Menschen an der Behindertenpolitik ergäben, könnten erheblich sein. Die Durchsetzung einklagbarer Bürgerrechte im Rahmen eines Gleichstellungs – bzw. Antidiskriminierungsgesetzes hätten nicht nur für das Leben behinderter Menschen in unserer Gesellschaft einen Wandel zufolge, sondern auch für alle anderen gesellschaftlichen Minderheiten.
Das hieße dann in der Konsequenz nichts weiter, als dass ein Umbruch in der Teilhabe behinderter Menschen in der eher unbeachteten Behindertenpolitik eine Zäsur auszulösen in der Lage wäre, die die ganze Gesellschaft im Hinblick auf ihr Zusammenleben mit Minderheiten verändern könnte.
Auch für die Sozialarbeit hätte dies einen Wechsel in der Perspektive zur Folge. Aus der Arbeit stellvertretend für behinderte Menschen würde bzw. müsste dann eine Arbeit gemeinsam mit behinderten Menschen werden. Konzepte zur Arbeit mit Minderheiten müssten starke emanzipatorische Gesichtspunkte enthalten oder ganz neu erarbeitet werden. Soziale Arbeit könnte dadurch auch eine Repolitisierung erfahren, da sie in einem solchen Fall Partei wäre im Kampf um die Emanzipation gesellschaftlicher Minderheiten.
An diesen Beispielen ist zu ersehen, das es sich beim Thema dieser Arbeit nicht um die Klärung einer Detailfrage von Politik, sondern letzten Endes um die Veränderung gesellschaftlicher Realität handelt.
Um das Thema, nämlich die Frage nach einem Umbruch in der Teilhabe behinderter Menschen an der Behindertenpolitik, beantworten zu können, ist es zunächst einmal notwendig, etwas über die Geschichte der von der Armutspolitik abgekoppelten Behindertenpolitik zu erfahren.
Dazu wird nach dieser Einführung im zweiten Kapitel die Geschichte der Behindertenpolitik in Deutschland von ihren Anfängen im 18. Jahrhundert bis ins Jahr 1998 dargestellt. Dabei werden die wichtigsten Gesetze aufgeführt und die Intention staatlicher Behindertenpolitik von der Integration von Kriegskrüppeln über den Rehabilitationsgedanken bis in die Gegenwart erläutert.
Die Zeit des Nationalsozialismus wird in einem eigenen Unterpunkt dargestellt. Er unterbricht in diesem zweiten Kapitel wie in der Realität die Kontinuität in der Entwicklung der Behindertenpolitik zwischen der Weimarer Republik und der Bundesrepublik. Hier soll der absolute Bruch, den der Umgang der Nationalsozialisten mit behinderten Menschen, die keine Kriegsveteranen waren, verursacht hat, verdeutlicht werden. Die Durchführung der Euthanasie und die Abkehr von jeglichem humanitären Gedankengut war derart radikal, das es bis in die Gegenwart und vermutlich noch lange in die Zukunft hinaus das Verhältnis von behinderten Menschen zur deutschen Gesellschaft und umgekehrt beeinflussen wird.
Das Jahr 1998 als Abschluss des zweiten Kapitels ist nicht zufällig gewählt. In diesem Jahr fand ein Regierungswechsel statt, der den neuen Entwicklungen innerhalb der Behindertenbewegung nun ein politisches Pendant gab und ihnen Teilhabe, zumindest als politische Absichtserklärung, versprach. Zuvor war dies nicht der Fall.
Dieser Regierungswechsel beendete eine lange Phase staatlicher Behindertenpolitik und eröffnete nun die Möglichkeit zu einer neuen Ausrichtung in diesem Politikfeld.
Im Kapitel 3 wird deswegen noch einmal eine Zusammenfassung der Behindertenpolitik bis 1998 vorgenommen. Neben einer Würdigung des Erreichten, in der dargestellt wird, dass die sozialpolitischen Errungenschaften, die die alten Behindertenverbände wie VdK oder der Reichsbund mit erkämpft hatten, auch viel Lob erfahren haben, geht es hier aber auch um die Kritik an ihrer Art der Vertretung. Dies dient dazu, noch einmal zu verdeutlichen, dass sich die alten Behindertenverbände und ein Teil derer, die sie zu vertreten glaubten, schon erheblich entfremdet hatten.
Der Gedanke der Selbstvertretung behinderter Menschen, der Teilhabe von ihnen an der Lösung ihrer eigenen Probleme und die Fokussierung auf gleiche Bürgerrechte statt auf soziale Unterstützung war den alten Verbänden fremd und auch nicht ihr Ziel.
Im Kapitel 4 wird deswegen eine Untersuchung vorgestellt, die sich damit befasst, wieso die alten Behindertenverbände eben jene Politik betrieben, die viele behinderte Menschen, die sich direkt für ihre Belange engagieren wollten, sogar in eine regelrechte Opposition und eine erbitterte Auseinandersetzung mit ihnen treiben mussten. Diese Untersuchung ist aus dem Jahre 1992, von Markus Hammerschmidt und heißt „Behindertenverbände im sozialpolitischen Entscheidungsprozeß“
Darin wird die Rolle und die Art der Interessensvertretung der Verbände in einer repräsentativen Demokratie analysiert und dargestellt, wie und warum sie die Vertretung ihrer Interessen in einer nicht - konfrontativen, staatsloyalen, ausschließlich sozialpolitischen und indirekten Vertretung suchten. Dies ist einerseits wichtig, um zu zeigen, dass diese Art der Vertretung durchaus durchdacht und effizient war, die Konfrontation der alten Verbände mit der neuen Bewegung aber dadurch auch unvermeidlich wurde, und so die einseitige Ausrichtung der alten Verbände zu einem ersten Umbruch in der Behindertenpolitik führte, wenn man so will zu einer Emanzipation behinderter Menschen von denen, die lange stellvertretend für sie tätig waren.
Diesen ersten Umbruch stellt das fünfte Kapitel dar. Es soll die neue Entwicklung innerhalb der Behindertenbewegung darstellen, in der teilweise schon Anfang der siebziger Jahre damit begonnen wurde, für Bürgerrechte und direkte Teilhabe zu streiten. Nach der Darstellung der „Krüppelbewegung“, die sich radikal für Autonomie und Emanzipation behinderter Menschen einsetzte, werden neue Behindertenverbände und deren Ziele vorgestellt, die zwar auch die Autonomie und Selbstvertretung behinderter Menschen zum Ziel hatten, sich aber von der Radikalität der „Krüppelbewegung“ absetzten. Als ein Beispiel für diese Gruppen wird die „Independent- Living Bewegung“ in Deutschland samt ihrer Ziele vorgestellt.
Die übergreifende Meinung dieser neuen Behindertenverbände, man brauche ein Gleichstellungs- bzw. Antidiskriminierungsgesetz lässt sich unter anderem durch eine sehr starke Beeinflussung dieser Gruppen vom Kampf behinderter Menschen in den USA um gleiche Bürgerrechte erklären.
Ohne die Fixierung auf die Vorbildfunktion der US- amerikanischen Behindertenbewegung und des „American with Disabilities Act“ von 1990, dem Vorbild für das deutsche Gleichstellungs- bzw. Antidiskriminierungsgesetz, hätte die Entwicklung der Behindertenpolitik in Europa und in Deutschland sicher nicht diesen Verlauf genommen.
Woher dieser starke Einfluss kommt, soll mit einem Blick auf die Geschehnisse in den Vereinigten Staaten erklärt werden. Darum wird dieses amerikanische Gesetz, seine Entstehung und seine gesellschaftlichen Konsequenzen vorgestellt.
Der Kampf um ein deutsches Gleichstellungsgesetz wird danach beschrieben. Darin wird der Weg der neuen Behindertenverbände und ihr Kampf um ein solches Gesetz von der Grundgesetzänderung 1994 bis zum Jahre 1998 rekapituliert. Damals stand sowohl das Ziel als auch das Instrument, nämlich der Wille zur Teilhabe und ein Gesetzentwurf von Betroffenen, in diesem Fall vom „Forum behinderter JuristInnen und Juristen“ zur Verfügung. Vertreter des neuen emanzipatorischen Gedankens der Behindertenbewegung waren organisatorisch damit zunächst am Ziel. Dann trafen die Wege von Behindertenbewegung und Politik unter neuen Vorzeichen wieder aufeinander.
Auch das Engagement behinderter Menschen in Parteien mit bürgerrechtlichem Ansatz wird hier vorgestellt, um zu zeigen, dass gerade dieses parteipolitische Engagement erst die Grundlage der aktiven Teilhabe etwa an der Gestaltung eines solchen Gesetzes ist.
Der Weg bis zur Verabschiedung dieses Gesetzes, das praktisch als Sinnbild des Umbruchs in der Teilhabe behinderter Menschen an der Behindertenpolitik sowohl von den Betroffenen als auch von der Regierung gesehen wurde, die Schwierigkeiten im politischen Prozess, auch innerhalb der neuen Regierung und im Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung wird danach geschildert. Der Druck der Wirtschaftsverbände und des Bundesrates und das Dagegenhalten der Behindertenverbände wird noch einmal aufgrund schriftlicher Stellungnahmen im Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung rekapituliert, um den Prozess und das heftige Ringen um die Ausgestaltung eines solchen Gesetzes realistisch darzustellen.
Im Kapitel 6 wird das Gleichstellungsgesetz dargestellt, zunächst sein Inhalt, die Neuerungen die es bringt und danach die Reaktionen unter den politischen Parteien und den Behindertenverbänden.
Dann wird noch einmal explizit auf das noch in dieser Legislaturperiode vorgesehene, aber nicht mehr zustande gekommene Antidiskriminierungsgesetz eingegangen, das die wichtigen zivilrechtlichen Frage der Gleichstellung von Minderheiten regeln und eine wichtige, von allen Behindertenverbänden geforderte Ergänzung des Gleichstellungsgesetz werden sollte. Die Gründe für das Scheitern in dieser Legislaturperiode werden dargelegt.
Das Siebte Kapitel dieser Arbeit beschäftigt sich dann noch einmal mit dem Verhältnis der amerikanischen Behindertenbewegung und ihres „Disability-Acts“ und dem deutschen Kampf um das Gleichstellungsgesetz, zwischen dem zeitlich zwölf Jahre liegen.
Warum dies so ist, versuchte die Germanistikprofessorin Carol Poore von der Brown- University in Providence, USA in einem kulturhistorischen Vergleich anlässlich eines Vortrags im Juni 2002 in Berlin zu erläutern. Die Ergebnisse werden hier vorgestellt. In diesem Kapitel wird auch über eine neue Arbeitsgemeinschaft berichtet, die sich kürzlich an der Universität Dortmund gegründet hat. „Disability- Studies“, die über Behinderung aus geschichtlicher Perspektive forschen, hierzulande völlig neu sind und, wie der Name schon vermuten lässt, in den USA schon seit den 80er Jahren etabliert sind.
Das achte Kapitel schildert dann in einem Exkurs Gleichstellungsgesetze und ihre Verbreitung weltweit, auch die unterschiedlichen Arten von gesetzlicher Gleichstellung. Hier soll das zuvor geschilderte noch einmal global eingeordnet werden.
Im neunten Kapitel kommen dann in zwei Interviews Experten zu Wort, die zur Frage eines Umbruchs in der Teilhabe behinderter Menschen an der Behindertenpolitik ihre Meinung äußern.
Der eine ist Ilja Seifert, promovierter Germanist und Literaturhistoriker, Mitbegründer des ersten unabhängigen Behindertenverbandes der DDR, (AbiD) und von 1990 bis 1994 und 1998 bis 2002 Bundestagsabgeordneter der PDS und deren behindertenpolitischer Sprecher.
Der andere ist Ottmar Miles-Paul, Bundesgeschäftsführer des Behindertenverbandes Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben Deutschland ISL e.V. , Mitbegründer von Disabled Peoples` International in der Europäischen Union und Publizist diverser Veröffentlichungen zur Gleichstellung Behinderter. Außerdem gehört er für Bündnis 90/ Die Grünen dem Kasseler Stadtparlament sowie den Behindertenrat der Stadt Kassel an.
Diese beiden sollen die Frage nach dem Umbruch in der Teilhabe behinderter Menschen an der Behindertenpolitik noch einmal aus Expertensicht beantworten und dabei auch die ganze Bandbreite der Meinungen innerhalb der Behindertenbewegung bezüglich dieser Frage deutlich machen.
Im zehnten Kapitel werden die verschiedenen Aspekte der Frage nach einem Umbruch in der Teilhabe behinderter Menschen an der Behindertenpolitik zusammengeführt und bewertet. Danach werden die Konsequenzen daraus auf die zukünftige Entwicklung erläutert.
Anfänge einer von der Armenpolitik abgekoppelten Behindertenpolitik lassen sich im 18. Jahrhundert erkennen. Kriegsgeschädigte Soldaten wurden durch Gnadenunterstützungen sowie durch die Errichtung von Invalidenhäusern unterstützt.[3] Obwohl es in erster Linie um die Sicherung der Betroffenen in finanzieller Not ging, sieht Hammerschmidt hierin die ersten Ansätze zur gesellschaftlichen Eingliederung Behinderter. Zu nennen seien des weiteren die Einführung derBismarkschen Sozialversicherungsgesetzgebungin den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts, die anfangs erwerbstätige Arbeiter gegen die Risiken Krankheit und Invalidität absicherte.
Erste Ansätze dieser Rehabilitationspolitik finden sich im Bereich der Unfallversicherung des Jahres 1884. Es folgte 1889 der Aufbau der Alterssicherung (Invalidenversicherung). Danach konnten die Versicherungsanstalten das Heilverfahren übernehmen, sofern als Folge der Krankheit die Erwerbsunfähigkeit zu erwarten war, welche einen Anspruch auf Invalidenrente begründete. Diese Regelung beinhaltete schon damals den Grundsatz „Rehabilitation vor Rente“.[4]
Im gleichen Sinne wurden im 19. Jahrhundert die Militärversorgungsgesetze ergänzt.
Aus der Geschichte dieses Sozialversicherungssystems heraus entwickelte sich für Behinderte im Laufe der Zeit ein Versicherungs –und Gesundheitsschutzsystem.[5]
Der Reintegrationsgedanke von Behinderten in Arbeit und Gesellschaft setzte sich erst im Ersten Weltkrieg durch. Die Zahl der Kriegsbeschädigten war so groß, dass die bis dahin geltenden Fürsorge- und Militärversorgungsgesetze der Notsituation durch die auf Rentenleistung abgestellte Versorgung allein nicht mehr gerecht werden konnten. Es wurde für erforderlich gehalten, rechtzeitig auf die berufliche Wiedereingliederung des Behinderten hinzuwirken. In dieser Zeit liegen auch die ersten gesetzlichen Maßnahmen für Schwerbehinderte.[6]
Nach dem ersten Weltkrieg und dem Zusammenbruch des deutschen Kaiserreiches änderte sich die Sozialpolitik unter dem Druck des durch die Kriegsfolgen entstandenen Handlungsbedarfs.[7] Zahlreiche Kriegsbeschädigte kehrten ins zivile Leben zurück. Nach der Demobilisierung der Soldaten drohte die Gefahr, dass nun ein Verdrängungsprozess zuungunsten der körperbehinderten Arbeitskräfte erfolgte. Daher wurde ein allgemeines Kündigungsverbot für Schwergeschädigte verhängt. 1920 beschloss dann die Nationalversammlung einstimmig das „Gesetz über die Beschäftigung Schwerbeschädigter“.[8] Eine gesetzliche Einstellungspflicht und damit auch die ersten Ansätze einer staatlichen Arbeitsmarktpolitik zunächst für Kriegsgeschädigte und Arbeitsunfallgeschädigte waren damit vorhanden. Der gute Wille des Gesetzgebers beruhte letzten Endes auf der breiten Mehrheitsmeinung der damaligen Nachkriegsgesellschaft, dass die Kriegsbeschädigten ein großes Opfer für die Allgemeinheit erbracht und somit auch ein Recht auf einen wirtschaftlichen Nachteilsausgleich hätten. Der neue Staat, die Weimarer Republik, erkannte Rentenzahlungen, Arbeitsplatzsicherung und anderes als wohlbegründete Rechte an.[9]