Unsere Armen und Elenden - Lew Tolstoi - E-Book

Unsere Armen und Elenden E-Book

Lew Tolstoi

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Beschreibung

Die Stadt als Ort der Freiheit aber auch der Verdammnis - Berlin Alexanderplatz im vorrevolutionären Moskau. Tolstois moralischer Kompass richtet sich in dieser Erzählung auf die russische Hauptstadt und ihre verarmte Bevölkerung: Ein Freund des Erzählers sieht sich durch die mitleiderregenden Umstände der Stadt und ohne eigenes Verschulden in Konflikt mit der Polizei geraten. Doch wird die Gerechtigkeit siegen? Mit feinem empathischem Sinn und ohne die Augen zu verschließen berichtet Tolstoi von den Verlockungen aber auch den Gefahren der Metropole.-

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Lew Tolstoi

Unsere Armen und Elenden

Übersezt von Dr. Hermann Roskoschny

Saga

Unsere Armen und Elenden

 

Übersezt von Dr. Hermann Roskoschny

 

Titel der Originalausgabe: Unsere Armen und Elenden

 

Originalsprache: Russisch

 

Coverbild/Illustration: Shutterstock

Copyright © 1906, 2021 SAGA Egmont

 

Alle Rechte vorbehalten

 

ISBN: 9788728017630

 

1. E-Book-Ausgabe

Format: EPUB 3.0

 

Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für gewerbliche und öffentliche Zwecke ist nur mit der Zustimmung vom Verlag gestattet.

Dieses Werk ist als historisches Dokument neu veröffentlicht worden. Die Sprache des Werkes entspricht der Zeit seiner Entstehung.

 

www.sagaegmont.com

Saga ist Teil der Egmont-Gruppe. Egmont ist Dänemarks größter Medienkonzern und gehört der Egmont-Stiftung, die jährlich Kinder aus schwierigen Verhältnissen mit fast 13,4 Millionen Euro unterstützt.

1. Kapitel.

Ich hatte mein ganzes Leben nicht in der Stadt verlebt. Als ich im Jahre 1881 nach Moskau übersiedelte, überraschte mich die städtische Armut. Ich kenne die Armut auf dem Dorfe, aber die städtische war mir neu und unbegreiflich.

In Moskau kann man durch keine Gasse gehen, ohne Bettlern zu begegnen, und zwar eigentümlichen Bettlern, die denen auf dem Dorfe nicht ähnlich sind.

Diese Bettler — sind nicht Bettler mit dem Bettelsack und Christi Namen, wie die Bettler auf dem Lande sich definieren, sondern es sind Bettler ohne Bettelsack und ohne Christi Namen.

Die Moskauer Bettler tragen keine Bettelsäcke und bitten nicht um Almosen.

Zum grössten Teil bemühen sie sich bloss, indem sie Euch begegnen oder Euch an sich vorbeilassen, Euren Augen zu begegnen, und je nach Euren Augen bitten sie oder nicht.

Ich kenne einen solchen Bettler adeliger Abstammung. Der Alte schreitet langsam einher, indem er sich zu jedem Fuss niederbückt. Wenn er Euch begegnet, beugt er sich zu einem Fuss nieder und macht Euch gewissermassen eine Verbeugung. Wenn Ihr stehen bleibet, greift er nach der Mütze mit der Kokarde, verneigt sich und bittet; wenn Ihr nicht stehen bleibet, stellt, er sich, als habe er bloss einen solchen Gang, und er schreitet an Euch vorbei weiter, indem er sich ebenso zu dem andern Fuss niederbückt.

Das ist ein echter Moskauer Bettler, ein gelernter.

Anfangs wusste ich nicht, warum die Moskauer Bettler nicht direkt bitten, aber nachher begriff ich, warum sie nicht bitten, doch bei alledem begriff ich ihre Lage nicht.

Als ich einst durch die Afanasjewgasse ging, bemerkte ich, wie ein Polizist einen von der Wassersucht aufgeschwollenen und zerlumpten Menschen auf eine Droschke lud.

Ich frug:

— Weshalb?

Der Polizist gab mir zur Antwort:

— Weil er um Almosen gebeten.

— Ist dies etwa verboten?

— So ists! Verboten ist es, erwiderte der Polizist.

Der an der Wassersucht Leidende wurde in der Droschke fortgeführt.

Ich nahm eine zweite Droschke und fuhr ihnen nach.

Ich wollte erfahren, ob es wahr sei, dass es verboten ist, um ein Almosen zu bitten, und wie dies verboten sei.

Durchaus konnte ich nicht begreifen, wie es möglich ist, einem Menschen zu verbieten, einen andern um irgend etwas zu bitten, und ausserdem erschien es mir unglaublich, dass es verboten sein sollte, um Almosen zu bitten, da doch Moskau voll Bettler war.

Ich trat in das Polizei-Kommissariat, in das man den Bettler gebracht hatte.

In dem Kommissariat sass hinter dem Tische ein Mann mit Säbel und Pistole.

Ich frug:

— Weshalb hat man diesen Menschen verhaftet?

Der Mann mit Säbel und Pistole sah mich streng an und sagte:

— Was geht Sie das an?

Doch da er die unumgängliche Notwendigkeit fühlte, mir irgend eine Aufklärung zu geben, fügte er hinzu:

— Die Obrigkeit befiehlt, solche Leute zu fassen, folglich ist es nötig.

Ich ging:

Ein Polizist, derselbe, der den Bettler hergebracht hatte, sass im Vorzimmer auf dem Fensterbrett und blickte traurig in ein Taschenbuch.

Ich frug ihn:

— Ist es denn wahr, dass man den Bettlern verbietet, in Christi Namen zu bitten?

Der Polizist wurde munter, sah mich an, dann runzelte er nicht etwa die Stirn, sondern schien wieder einzuschlafen und sagte, sich auf das Fensterbrett niederlassend:

— Die Obrigkeit befiehlt es, also muss es sein.

Und er wandte sich aufs neue seinem Buche zu.

Ich ging hinab auf die Aussentreppe zum Iswoschtschik 1 .

— Nun, wie stehts? Haben sie ihn eingesperrt? frug der Iswoschtichik.

Offenbar interessierte den Iswoschtschik der Fall ebenfalls.

— Sie haben ihn eingesperrt, erwiderte ich.

Der Iswoschtschik schüttelte den Kopf.

— Wie ist es denn bei Euch in Moskau verboten, in Christi Namen zu bitten? frug ich.

— Wer kennt sie! sagte der Iswoschtschik.

— Wie ist das? frug ich. Den Bettler führt man auf das Polizei-Kommissariat?

— Jetzt haben sie das schon abgestellt, sie erlauben es nicht, sagte der Iswoschtschik.

Nachher sah ich noch mehrmals, wie Polizisten Bettler nach dem Kommissariat und dann in das Arbeitshaus führten.

Einst begegnete ich in der Mjasnizkaja-Strasse einer Schar solcher Bettler, etwa dreissig Mann.

Vor ihnen und hinter ihnen gingen Polizisten.

Ich frug:

— Weshalb?

— Weil sie um Almosen gebeten!

Es stellte sich heraus, dass das Bitten um Almosen in Moskau gesetzlich verboten ist allen den Bettlern, von i denen Du in Moskau in jeder Strasse einigen begegnest und deren Reihen während des Gottesdienstes und namentlich während Begräbnissen bei jeder Kirche stehen.

Aber weshalb fängt man einige und sperrt sie irgendwo ein und lässt die anderen da?

Das vermochte ich nicht zu begreifen.

Oder giebt es unter ihnen gesetzliche und ungesetzliche Bettler, oder sind ihrer so viele, dass es nicht möglich ist, alle einzufangen, oder fasst man die Einen ab und es finden sich aufs neue andere ein?

Bettler giebt es in Moskau eine Menge aller Art. Es giebt solche, die davon leben; es giebt auch wirkliche Bettler, solche, die irgendwie nach Moskau geraten sind und sich wirklich in Not befinden.

Unter diesen Bettlern sind häufig schlichte Bauern und Bauernweiber in Bauernkleidung. Ich begegnete oft solchen. Einige derselben waren hier erkrankt und kamen aus dem Krankenhause, und sie können sich weder ernähren, noch aus Moskau fortkommen. Einige von ihnen trieben sich ausserdem auch herum (ein solcher war wahrscheinlich auch jener an der Wassersucht Leidende), einige waren nicht krank, sondern Abbrändler, oder alte Männer, alte Weiber mit Kindern. Einige waren auch vollkommen gesund, zur Arbeit tauglich.

Diese vollkommen gesunden Bauern, die um Almosen baten, interessierten mich besonders.

Diese gesunden, zur Arbeit tauglichen Bettler-Bauern interessierten mich auch deshalb, weil ich seit meiner Ankunft in Moskau der Bewegung wegen die Gewohnheit angenommen hatte, auf die Sperlingsberge mit zwei Bauern, welche dort Holz sägten, zur Arbeit zu gehen.

Diese zwei Bauern waren genau solche Bettler wie jene, denen ich in den Strassen begegnete.

Der Eine war Peter, ein Soldat aus Kalúga, der andere Bauer, Ssemjón, war aus Wladímir.

Sie besassen nichts ausser den Kleidern am Leibe und ihren Händen.

Und mit diesen Händen verdienten sie sich bei sehr schwerer Arbeit 40 bis 45 Kopeken täglich, wovon sie beide zurücklegten — der Kalugaer sparte zu einer Schuba 2 , und der Wladimirsche, um das Geld zur Fahrt in sein Dorf zusammen zu bringen.

Indem ich solchen Leuten auf den Strassen begegnete, interessierte ich mich besonders für sie.

Warum arbeiten diese und jene betteln?

Wenn ich einen solchen Bauer traf, frug ich ihn gewöhnlich, wie er in diese Lage kam?

Einst treffe ich einen Bauer mit graumeliertem Bart, der gesund ist.

Er bettelt; ich frage ihn nach dem wer und woher.

Er sagt, er sei aus Kaluga gekommen, um Arbeit zu suchen. Anfangs fanden sie Arbeit — altes Gerümpel zu Brennholz zu zersägen. Mit seinem Kameraden zersägte er alles bei einem Herrn; sie suchten andere Arbeit, fanden sie nicht, der Kamerad machte sich von ihm los, und da schlägt er sich nun so die zweite Woche herum, hat alles aufgezehrt was da war, hat keine Säge, nichts, um sich etwas zu kaufen.

Ich gebe ihm Geld zum Ankauf einer Säge und weise ihm den Ort, wohin er zur Arbeit kommen soll.

Im voraus hatte ich mich schon mit Peter und Ssemjon besprochen, dass sie einen Mitarbeiter aufnehmen und einen zweiten Mann zu ihm suchen sollten.

— Vergiss es also nicht! Komm’! Dort giebt es viel Arbeit.

— Ich werde kommen ... wie sollte ich nicht kommen! sagt er. Ich kann arbeiten.

Der Bauer beteuert, dass er kommen wird, und mir scheint es, dass er mich nicht betrügt und die Absicht hat, zu kommen.

Am andern Tage komme ich zu den mir bekannten Bauern.

Ich frage, ob der Bauer gekommen ist? — Er ist nicht gekommen.

Und so haben mich einige Menschen betrogen.

Es betrogen mich auch solche, welche sagten, dass sie bloss Geld zu einem Eisenbahnbillet brauchten; um nach Hause zu fahren, und nach einer Woche traf ich sie wieder auf der Strasse.

Einige habe ich erkannt, und sie erkannten mich, und mitunter, wenn sie mich vergessen hatten, wiederholten sie denselben Schwindel, aber bisweilen rissen sie aus, sobald sie mich erblickten.

So erkannte ich, dass auch in dieser Kategorie viele Betrüger sind, aber auch diese Betrüger waren sehr beklagenswert.

Sie alle waten halbnackte, elende, mager, kränklich aussehende Leute. Es waren dieselben, welche wirklich erfrieren oder sich erhängen, wie wir es durch die Zeitungen erfahren.

––––––––

2. Kapitel.

Als ich von dieser städtischen Armut mit den Städtern sprach, da sagten sie mir alleweil:

— O, das ist noch nichts . . . alles das, was Sie gesehen haben! Gehen Sie auf den Chitrow Rynok 3 und in die dortigen Nachtherbergen. Dort werden Sie die echte „goldene Kompanie“ sehen.

Ein Spassvogel sagte mir, dass das jetzt schon nicht mehr eine Kompanie, sondern ein goldenes Regiment sei: so viele waren ihrer geworden.

Der Spassvogel hatte Recht, doch er wäre noch wahrer gewesen, wenn er gesagt hätte, dass dieser Leute jetzt in Moskau nicht eine Kompanie und nicht ein Regiment, sondern, dass ihrer eine ganze Armee sei . . . ich glaube gegen 50 000.

Auch ich bekam Lust, all diese Armut zu sehen, von der man mir erzählte.

Mehrmals schlug ich die Richtung des Chitrow Rynok ein, doch jedesmal wurde mir schwer zu Mute und ich schämte mich.

— Weshalb werde ich die Leiden von Menschen betrachten gehen, denen ich nicht helfen kann? sagte eine innere Stimme.

— Nein, wenn Du hier lebst und alle Reize des städtischen Lebens siehst, so geh, besichtige auch dieses, sagte eine andere Stimme.

Und da ging ich im Monat Dezember des dritten Jahres an einem frostigen und windigen Tag zu diesem Zentrum der städtischen Armut, auf den Chitrow Rynok.

Es war an einem Wochentag um vier Uhr.

Schon als ich über die Soljanka ging, begegnete ich mehr und mehr Leuten in seltsamer, ihnen nicht eigener, Kleidung und in noch seltsamerer Fussbekleidung Leuten mit einer eigentümlichen, ungesunden Gesichtsfarbe und, was die Hauptsache war, mit einer eigentümlichen, ihnen allen gemeinsamen Nichtbeachtung alles dessen, was sie umgab.

In der seltsamsten, mit nichts zu vergleichenden Kleidung schritt der Mann vollkommen ungezwungen daher offenbar ohne daran zu denken, wie er anderen Leuten erscheine.

Alle diese Leute bewegten sich in derselben Richtung.

Ohne nach dem Wege zu fragen, den ich nicht kannte, ging ich ihnen nach und gelangte auf den Chitrow Rynok.

Eben solche Frauenzimmer in zerlumpten Überröcken, Mänteln, Ärmelleibchen, Stiefeln und Galoschen, und ebenso ungezwungen, ohne auf die Missgestalt ihrer Kleidung zu achten, alte und junge, sassen auf dem Platze, boten etwas feil, gingen hin und her und schimpften einander.

Es war wenig Volk auf dem Platze. Offenbar ging die Mehrzahl der Leute um den Platz bergauf, und über den Platz, alle in derselben Richtung.

Ich ging ihnen nach.

Je weiter ich ging, desto mehr solcher Leute kamen auf demselben Wege zusammen.

Nachdem ich den Platz überschritten hatte und die Strasse bergauf ging, holte ich zwei Frauenzimmer ein — das eine alt, das andere jung, beide in etwas Zerlumptes und Graues gehüllt. Sie gingen und sprachen von irgend einer Angelegenheit.

Nach jedem nötigen Wort wurden ein oder zwei unnötige, höchst unanständige Worte ausgesprochen. Sie waren nicht betrunken, etwas bekümmerte sie, und die ihnen entgegenkommenden und hinter ihnen und vor ihnen gehenden Männer schenkten diesen ihren Reden, die mir seltsam erschienen, gar keine Beachtung.

An diesen Orten sprachen offenbar alle so.

Zur Linken befanden sich private Nachtherbergen, und einige traten in diese ein, andere gingen weiter.

Auf der Höhe angelangt, gingen wir auf ein grosses Eckhaus zu. Die Mehrzahl der Leute, die mit mir gingen, blieb bei diesem Hause stehen.

Längs des ganzen Trottoirs vor diesem Hause standen und sassen auf dem Pflaster und dem Schnee der Strasse lauter solche Leute, rechts von der Eingangsthür Frauen, links Männer.

Ich ging an den Frauen vorbei, ging an den Männern vorbei (es waren einige Hundert), und blieb am Ende ihrer langen Reihe stehen.

Das Haus, bei dem diese Leute warteten, war Ljapinskijs unentgeltliche Nachtherberge. Der Menschenhaufe bestand aus Leuten, die hier ihr Nachtlager hatten und auf Einlass warteten.

Um 5 Uhr abends öffnet man die Thüren und lässt die Leute ein.

Hierher gingen fast alle die Leute, welche ich überholt hatte.

Ich blieb am Ende der langen Männerreihe stehen. Die mir Nächsten begannen mich anzusehen und zogen mich durch ihre Blicke an.

Die Kleiderreste, welche ihre Körper bedeckten, waren sehr mannigfaltig, aber der Ausdruck aller auf mich gerichteten Blicke dieser Leute war vollständig derselbe.

In allen Blicken drückte sich die Frage aus: Weshalb bist Du — ein Mensch aus einer andern Welt — hier stehen geblieben? Wer bist Du? Ein Selbstgefälliger oder ein Reicher, der sich an unserer Not erfreuen, seine Langeweile vertreiben und uns noch ein wenig quälen will, oder bist Du Einer — was es nicht giebt und was nicht sein kann — der uns bedauert?

Auf allen Gesichtern stand diese Frage. Er blickt auf, begegnet dem Blick und wendet sich ab.

Ich hatte Lust, mit irgend einem zu sprechen, und ich konnte mich lange nicht dazu entschliessen, doch während wir schwiegen, hatten unsere Blicke uns schon einander genähert. Wie uns auch das Leben geschieden hatte, nach zwei, drei Blicken fühlten wir, dass wir beide Menschen seien, und hörten auf, uns einer vor dem andern zu scheuen.

Am nächsten stand mir ein Bauer mit aufgedunsenem Gesicht und rotem Bart, in durchgewetztem Kaftan und auf den blossen Fuss gezogenen Galoschen.

Und es waren acht Grad Kälte!

Zum dritten oder vierten mal kreuzten sich unsere Blicke, und ich fühlte mich so zu ihm hingezogen, dass ich mich schon nicht mehr schämte, ihn anzureden, sondern mich schämte, nicht irgend etwas zu sagen.

Ich frug, woher er sei. Er gab willig Antwort und liess sich in ein Gespräch ein; die anderen traten näher.

Er war aus Ssmolensk, war hergekommen, Arbeit zu suchen, zum Lebensunterhalt und zur Bezahlung der Steuern.

— Arbeit giebt es nicht, spricht er. Die Soldaten haben jetzt alle Arbeit weggenommen. Da treibe ich mich jetzt herum. Bei Gott, ich habe seit zwei Tagen nichts gegessen, sagte er zaghaft, indem er zu lächeln versuchte.

Da stand ein Theeverkäufer, ein alter Soldat. Ich rief ihn heran. Er schenkte einen Sbíteñ 4 ein.

Der Bauer nahm das heisse Glas in die Hand, und bevor er trank, wärmte er an ihm die Hände, darauf bedacht, die Wärme nicht ungenützt schwinden zu lassen.

Während er sich die Hände wärmte, erzählte er mir seine Erlebnisse.

Die Erlebnisse oder die Erzählungen sind stets ein und dieselben: es gab schlechte Arbeit, dann hörte sie auf, und hier in der Nachtherberge stahl man ihm den Geldbeutel mit dem Aufenthaltsschein. Jetzt kann er nicht von Moskau fort.