Unstillbar: Eine verbotene Liebe - Nancy Salchow - E-Book

Unstillbar: Eine verbotene Liebe E-Book

Nancy Salchow

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Beschreibung

Als Maxim sein eigenes Leben riskiert, um Vanessas kleine Nichte Lucy vor einem tragischen Unfall zu retten, ist Vanessa beeindruckt von seinem grenzenlosen Mut und seiner Selbstlosigkeit. Als ihm der Vater der kleinen Lucy daraufhin einen Job in seiner Firma anbietet, nimmt Maxim nach anfänglichem Zögern an und lernt so auch Vanessa näher kennen, die ebenfalls dort arbeitet. Aus der anfänglichen Dankbarkeit für seinen Heldenmut kommen bei Vanessa jedoch ziemlich schnell andere Gefühle für den geheimnisvollen Fremden hinzu. Trotz der Tatsache, dass sie eigentlich verheiratet ist, gelingt es ihr einfach nicht, sich der Leidenschaft zu entziehen, die sie vom ersten Moment an mit Maxim verbindet. Doch auch wenn sie schon lange unter der krankhaften Eifersucht ihres Mannes leidet, hat sie Skrupel, ihn derart zu hintergehen. Wie lange wird sie ihre Neugier auf den rätselhaften Maxim verdrängen können? Und wie lange wird es Maxim gelingen, die Finger von der Schwester seines Chefs zu lassen? Hin- und hergerissen zwischen Vernunft und Sehnsucht ahnen die beiden nicht, dass das Geheimhalten ihrer Liebe ihr kleinstes Problem ist und sie in Wahrheit Teil eines viel größeren Geheimnisses sind. Dieses Buch erschien bereits Anfang 2018, war eine Weile nicht erhältlich und ist nun wieder unter demselben Titel verfügbar. Dieses Buch enthält sehr eindeutige und leidenschaftliche Szenen. Es handelt sich um einen eigenständigen und abgeschlossenen Roman und nicht um einen Teil einer Serie.

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Inhaltsverzeichnis

Über das Buch

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Epilog

Impressum

Nancy Salchow

___________________________

Unstillbar

Eine verbotene Liebe

Roman

Über das Buch

Was tust du, wenn dein Herz eine andere Sprache spricht als dein Verstand? Und bist du bereit, alles aufzugeben, nur um deiner Sehnsucht zu folgen?

Als Maxim sein eigenes Leben riskiert, um Vanessas kleine Nichte Lucy vor einem tragischen Unfall zu retten, ist Vanessa beeindruckt von seinem grenzenlosen Mut und seiner Selbstlosigkeit. Als ihm der Vater der kleinen Lucy daraufhin einen Job in seiner Firma anbietet, nimmt Maxim nach anfänglichem Zögern an und lernt so auch Vanessa näher kennen, die ebenfalls dort arbeitet.

Aus der anfänglichen Dankbarkeit für seinen Heldenmut kommen bei Vanessa jedoch ziemlich schnell andere Gefühle für den geheimnisvollen Fremden hinzu. Trotz der Tatsache, dass sie eigentlich verheiratet ist, gelingt es ihr einfach nicht, sich der Leidenschaft zu entziehen, die sie vom ersten Moment an mit Maxim verbindet. Doch auch wenn sie schon lange unter der krankhaften Eifersucht ihres Mannes leidet, hat sie Skrupel, ihn derart zu hintergehen.

Wie lange wird sie ihre Neugier auf den rätselhaften Maxim verdrängen können? Und wie lange wird es Maxim gelingen, die Finger von der Schwester seines Chefs zu lassen?

Hin- und hergerissen zwischen Vernunft und Sehnsucht ahnen die beiden nicht, dass das Geheimhalten ihrer Liebe ihr kleinstes Problem ist und sie in Wahrheit Teil eines viel größeren Geheimnisses sind.

Dieses Buch erschien bereits Anfang 2018, war eine Weile nicht erhältlich und ist nun wieder unter demselben Titel verfügbar.

Dieses Buch enthält sehr eindeutige und leidenschaftliche Szenen. Es handelt sich um einen eigenständigen und abgeschlossenen Roman und nicht um einen Teil einer Serie.

Prolog

Wenn ich die Augen schließe, überkommt mich der bittersüße Tagtraum mit ganzer Macht.

Und doch scheint alles so real, wenn ich mich selbst am Strand entlanglaufen sehe.

Der feuchte Sand haftet an meinen nackten Füßen wie die Erinnerung an eine längst vergessene Zeit.

Der Geschmack von salziger Luft auf der Zunge. Das Rauschen der Wellen, die sich wie mutige Kämpfer erheben, nur um kurz darauf wieder eins mit dem Meer zu werden.

Mein Blick wandert hinüber zur Felsenküste, die mit ihren malerischen Formen regelrecht danach schreit, in einem Gemälde festgehalten zu werden. Verrückt, dass das Meer und der Strand hier so anders erscheinen als daheim.

Liegt es an der Aura des Verbotenen? An der Unberührtheit des Morgens? An der Ahnung von Freiheit, die immer wieder wie ein Sonnenstrahl zwischen dunklen Wolken hervorblitzt, nur um kurz darauf wieder zu verschwinden?

Ich schiebe die Hände in die Seitentaschen meines Sommerkleides, das meine Knie flatternd umspielt.

»Sag mal, bist du auf der Flucht?«

Seine Stimme durchreißt meine Gedanken. Lächelnd drehe ich mich zu ihm um und schaue ihm dabei zu, wie er in großen Schritten auf mich zugelaufen kommt.

»Wolltest du dich etwa davonschleichen?«, fragt er mit schnellem Atem, als er mich endlich erreicht hat.

»Ich wollte dich nicht wecken.« Wir bleiben stehen. »Alles hier ist so mystisch und irgendwie ganz anders als zu Hause. Da musste ich einfach runter zum Strand. Selbst das Wasser riecht hier irgendwie anders.«

»Das liegt nicht am Meer, sondern an uns.«

»An uns?« Ich strecke meine Hand aus und berühre seinen nackten Oberkörper mit meinen Fingerspitzen. Bis auf seine Shorts ist er nackt und weckt allein mit seinem Anblick süße Erinnerungen an die letzte Nacht.

Er legt die Hände um meine Taille. »Wir haben das Rätselhafte hergebracht, diese ganz besondere Atmosphäre.« Er zwinkert mir frech zu. »Ohne uns wäre dieser Ort einfach ein Strand wie jeder andere.«

Sanft schiebt er seine Finger unter den hauchdünnen Stoff meines Kleides, bis ich seine Hand an meiner Hüfte spüre.

Instinktiv komme ich näher. So nah, dass ich seine kräftige Mitte direkt an meiner spüre.

Die Erinnerung an die Leidenschaft, die wir noch wenige Stunden zuvor in dem kleinen Haus am Meer geteilt haben, scheint auch ihn zu packen. Ich spüre, wie allein der Gedanke daran auch seine Erregung weckt. Eine Tatsache, die meine Fantasie nur noch mehr anheizt.

»Ich wünschte, wir könnten ewig bleiben«, flüstere ich.

»Warum tun wir es dann nicht einfach?«

»Aus deinem Mund klingen die Dinge immer so einfach.«

»Weil sie es auch sind, wenn man nur mutig genug ist.«

»Du weißt, dass ich morgen zurück muss.«

Er beugt sich für einen Kuss herunter. Ein Kuss, der meine innere Unruhe weckt.

»Morgen ist noch so weit weg«, flüstert er, während seine Lippen meinen Hals berühren. »Bleibt es dabei, dass wir uns heute Abend wieder hier sehen? Derselbe Ort? Dasselbe Geheimnis?«

Ich nicke. »Ich möchte das hier so lange wie möglich am Leben halten.«

»Das hier?«

»Diesen Ort.« Ich mache eine kreisende Bewegung mit dem Zeigefinger. »Du und ich. Alles hier.«

Er ist mir so nah, dass sich jeder Muskel seines kräftigen Körpers durch den Stoff meines Kleides drängt – wie der zügellose Schrei nach diesem einen Moment, in dem alle Regeln bedeutungslos werden. Der Moment, in dem wir uns die Kleider vom Leib reißen und einfach nur das tun, was wir von Anfang an wollten.

»Ich will dir ganz nahe sein«, sage ich leise, während meine Hand nach seiner greift. »So nah, dass ich alles andere vergesse. Vergessen fühlt sich gerade verdammt gut an.«

Er scheint genau zu wissen, was ich meine. Für einen Moment betrachtet er mich schweigend, dann zieht er mich vorbei an den Ruderbooten, die verlassen im Sand liegen, bis wir unter einem ehemaligen Rettungsturm, dessen Balken mit meterhohem Schilf verdeckt sind, Zuflucht finden.

Niemand von uns sagt ein Wort und doch ist alles so klar.

Unsere Ungeduld lässt kein Zögern zu. Atemlos umfasse ich sein Gesicht, während er mich sanft zu Boden zieht.

Ich spüre seine Hände zwischen meinen Schenkeln, seine Küsse auf meinem Schlüsselbein.

Was zum Teufel hat mich innerhalb so kurzer Zeit zu einer derart zügellosen Frau werden lassen? Ist es wirklich so, wie er sagt? Hatte ich diese Seite schon immer an mir und sie aus Angst oder aus falsch gedeuteter Vernunft stets vor mir selbst verborgen?

Doch ehe ich mich erneut in abstrusen Gedanken verlieren kann, spüre ich ihn fest und fordernd auf mir.

Verrutschter Stoff, Sand unter unserer Haut und seine feuchten Lippen an meinen Brüsten.

Ich spüre, wie sich alles um uns herum zu drehen beginnt. Seine kräftigen Hände, die meinen Schenkel anheben, während er hart und eindringlich ein Teil von mir wird.

Instinktiv ordnen wir uns einem gemeinsamen Rhythmus unter. Schnelle, hektische Bewegungen, die unsere Ungeduld wiederspiegeln. Fast so, als hätten wir unser ganzes Leben lang von genau diesem Augenblick gewusst und einzig und allein darauf gewartet.

Was auch immer uns hergeführt hat, etwas, das sich so richtig anfühlt, kann einfach nicht falsch sein. Doch als ich aus der Ferne das Kreischen aufgescheuchter Möwen wahrnehme, scheint es, als würde mich jemand warnen.

Kapitel 1

Maxim

Wenn ich heute an den Tag unserer ersten Begegnung zurückdenke, fühlt es sich wie gestern an.

Ich erinnere mich noch genau an meinen ersten Blick in ihre Augen. Diese wunderschönen mokkafarbenen Augen. Das lange nussbraune Haar, das ihr in Strähnen ins freche Gesicht fiel.

Nein, frech trifft es nicht ganz. Viel eher war es eine Art unermüdliche Skepsis, mit der sie die Welt betrachtete. Die Welt – oder war nur ich derjenige, den sie damals auf diese Weise ansah?

Noch heute spüre ich die Erregung in mir, wenn ich an unser erstes Gespräch denke. Keine Frau vor ihr hat nur zwei Sekunden gebraucht, um meine Fantasie derart zu beflügeln. Die Vorstellung ihrer vollen Lippen auf meinen, der Gedanke an ihre zarten Hände, die meinen Unterleib berühren. Bilder, die mich vom ersten Moment an in Besitz nahmen.

Und doch war es nicht nur die körperliche Anziehung, die ich von Anfang an zwischen uns gespürt habe.

Es war mehr. So viel mehr.

Und angefangen hat alles mit der kleinen Lucy …

*

Vanessa

Der Regen peitscht unbarmherzig gegen die Fensterfront. Schon den ganzen Vormittag hält er sich wie ein unliebsamer Verwandter, der einfach nicht verschwinden will.

Wo ist die Romantik, die dem warmen Sommerregen so gern nachgesagt wird?

Ich starre auf den Kugelschreiber in meinen Händen. Ein Werbegeschenk vom örtlichen Pizzaservice.

Pizza.

Mein Magen knurrt. Ist es eigentlich zu früh für die Mittagspause?

Ich schaue zu Manja herüber, die neben mir hinter dem breiten Tresen sitzt und gelangweilt auf ihren Bildschirm starrt.

Seufzend hake ich die Bestellliste ab, während ich mich in der üblichen Vormittagslethargie verliere.

»Erst fünf Kunden heute«, brummt Manja genervt, während sie sich eine ihrer feuerroten Locken gedankenverloren um den Finger wickelt.

»Liegt bestimmt am Wetter«, antworte ich, ohne von meinen Listen aufzusehen. »Draußen habe ich aber vor zehn Minuten ein junges Pärchen bei den Gebrauchtwagen gesehen.«

»Und wenn schon. Solange sie nicht reinkommen, kann ihr Interesse nicht allzu groß sein. Und Jonas ist schon seit fast drei Stunden nicht aus seinem Büro gekommen. Sonst will er doch immer irgendetwas erledigt haben. Klingt für mich nach absoluter Flaute, wenn du mich fragst.«

Ich zucke mit den Schultern. Daran, dass die Geschäfte gut laufen, ändert auch ein verregneter Vormittag nichts. Aber Manja ist viel zu gern deprimiert, als dass ich ihr widersprechen würde.

Ich senke den Blick erneut auf den Kugelschreiber in meinen Händen. Vielleicht sollte ich wirklich beim Pizzaservice anrufen, sonst schlafe ich noch über diesen dämlichen Listen ein.

Doch mein aufkommendes Hungergefühl gerät von einem Moment auf den anderen in den Hintergrund.

Als ich seine Schritte hinter uns höre, spüre ich sofort, dass etwas anders ist als sonst. Für den Weg von seinem Büro hinter der Glasfront durch den Ausstellungsraum bis zum Tresen benötigt er an diesem Vormittag nur wenige Sekunden.

Mit schnellem Atem lehnt er sich über den Tresen, während er mich mit weit aufgerissenen Augen anstarrt.

»Lucy.« Er fuchtelt wild mit den Armen.

»Was ist mit ihr?« Instinktiv springe ich auf.

»Sie ist ...«, er stemmt die Hände in die Knie, »in ein Auto gelaufen.«

»In ein Auto? Aber wie ist das möglich? Sie ist doch bei der Tagesmutter oder nicht?« Ich fahre mir panisch mit den Fingern durchs Haar. »Wie geht es ihr? Ist sie …«

»Ich weiß nur, dass sie zu Hause bei Becky ist. Und dass sie jemand«, er atmet tief ein, »im letzten Moment gerettet hat.«

»Gerettet? Aber wer?«

»Mehr weiß ich auch nicht.« In seinen Händen baumelt der Autoschlüssel. »Ich fahre jetzt zu ihr.«

Hektisch ziehe ich meine Tasche unter dem Schreibtisch hervor. »Ich komme mit.«

Meine Entscheidung überrascht ihn nicht. Vermutlich hat er sogar damit gerechnet.

»Manja, du stemmst das hier solange allein, ja?«, ruft er ihr auf dem Weg zum Ausgang zu.

»Ist ja eh nichts los.« Sie winkt uns mit aufmunterndem Lächeln zu. »Meldet euch, wenn was ist, ja? Und drückt die Kleine von mir.«

Ich spüre mein Herz bis zum Hals schlagen, während ich die Beifahrertür öffne und mich in den Wagen setze. »Ich begreife einfach nicht, wie das passieren konnte.«

»Becky wird mehr wissen.« Er startet den Motor noch bevor er sich angeschnallt hat. »Eins steht jedenfalls fest, eine Tagespflegeeinrichtung, die es nicht verhindern kann, dass meine Tochter in ein Auto rennt, hat es verdient, eine Menge Ärger zu bekommen. Mal abgesehen davon, dass Lucy nie wieder auch nur einen Fuß über deren Türschwelle setzen wird.«

»Nun warte doch erst mal ab, was genau passiert ist. Vielleicht konnten sie es ja gar nicht verhindern. Vielleicht war es ein irrer Autofahrer, der zu viel getrunken hat und auf den Bürgersteig gefahren ist oder …«

»Becky sagt, Lucy ist einfach allein rausgegangen.« Er verlässt den Parkplatz des Autohauses und fährt auf die Hauptstraße. »Das muss man sich mal vorstellen: Wie kann eine Dreijährige bitte unbemerkt verschwinden? Noch dazu bei diesem Wetter?«

»Rausgegangen? Aber warum?« Die dunkelsten Horrorszenarien flackern vor meinem inneren Auge auf. Ihre dünnen Ärmchen, blutüberschmiert am Rande einer Straße. Panisch schnappe ich nach Luft. »Wenn ich nur daran denke ...«

Seine Schläfen pulsieren, seine Haut ist kreidebleich. Auf seiner Stirn und im Ansatz seines aschblonden Haars sehe ich Schweißperlen glitzern. Ihn scheinen dieselben Bilder zu verfolgen wie mich.

»Wer hat sie gerettet?«, frage ich. »Und wie?«

»Ich habe keine Ahnung, Vanessa.«

»Tut mir leid. Du hast ja schon gesagt, dass du nicht mehr weißt. Ich will dich ja auch nicht nerven. Aber sie ist meine Nichte. Allein der Gedanke, sie könnte …« Ich verstumme.

»Es geht ihr gut. Das ist im Moment alles, was zählt.«

Ich schlucke meine Tränen herunter. Das Letzte, das Jonas jetzt gebrauchen kann, ist eine hysterische Schwester, die ihn noch nervöser macht.

Wortlos lehne ich mich zurück, während wir das Gewerbegebiet hinter uns lassen und uns langsam dem Ortsausgangsschild nähern.

In der Ferne zieht sich das Meer wie ein blassblauer Streifen zwischen den weizengelben Feldern und dem makellosen Himmel. Fast so, als wollte es mit aller Macht daran erinnern, dass kein Ereignis diese Perfektion erschüttern kann.

Ich atme tief ein, während ich für einen Moment die Augen schließe, um das Hämmern in meinem Kopf zu stoppen.

Er hat recht. Es geht ihr gut. Das ist alles, was zählt.

Kapitel 2

Vanessa

Er hat das Auto kaum in der Einfahrt zum Stehen gebracht, da reißt er auch schon die Wagentür auf und stürmt zum Haus. Hastig folge ich ihm, als hinge mein Leben davon ab.

Als wir die Wohnküche durch den Hintereingang betreten, kommt uns Lucy mit einem Teddy in der Hand entgegen.

»Papa«, jubelt sie und breitet die Arme nach ihm aus.

»Da ist ja meine Kleine.« Erleichtert hebt er sie hoch. »Was machst du denn bloß für Sachen?«

Ich spüre, wie eine zentnerschwere Last von meinen Schultern fällt. Kein Kratzer. Kein blauer Fleck. Sie scheint vollkommen unversehrt. Die blonden Löckchen, die rosigen Wangen.

»Tante Nessy.« Sie kichert mich fröhlich an, während ich ihr Kinn mit den Fingerspitzen kraule.

»Hallo meine Süße. Ich dachte, ich komme dich auch mal wieder besuchen.«

Nun kommt auch Becky aus dem Wohnzimmer und greift nach der Kleinen.

Sie setzt sie ab und beugt sich zu ihr herunter. »Lucy, magst du nicht ins Wohnzimmer gehen und das Bild zu Ende malen, das du Papa schenken willst?«

Aufgeregt klatscht die Kleine in die Hände.

»Für Papa«, ruft sie lachend, während sie ins Wohnzimmer trippelt.

Einen Moment lang sehen wir ihr wortlos nach. Es scheint uns alle derselbe Gedanke zu verfolgen.

Dann zieht er Becky schließlich zur Seite. »Wie konnte das passieren?«, fragt er aufgebracht.

»Ich weiß es auch nicht.« Sie greift nach seinen Händen, anscheinend nach Halt suchend. »Katharina hat panisch bei mir angerufen und ich bin sofort von der Arbeit weg.«

Er zieht einen Stuhl für sie zurück und setzt sich mit ihr an den Küchentisch. »Und dann? Was hat sie gesagt? Wie konnte Lucy einfach so aus dem Haus verschwinden?«

Ich bleibe wie eine stille Beobachterin am Treppengeländer stehen, das ins obere Stockwerk führt, während ich den beiden aufmerksam zuhöre.

»Katharina sagt, dass sie nur kurz in der Küche war, um das Obst für die Kleinen zu schneiden«, erzählt Becky, »und als sie nach den Kindern sehen wollte, sah sie, dass die Haustür offenstand.«

»Aber warum ist Lucy überhaupt weg? Hast du etwas aus ihr herausbekommen?«

»Sie sagt, dass sie Bunny suchen musste.«

»Bunny? Ihren Stoffhasen? Aber der ist doch in ihrem Zimmer.«

»Das habe ich ihr auch gesagt, aber sie sagte, dass sie ihn draußen gesehen hat und wollte ihm dann hinterherlaufen.«

»Draußen? Im Garten?«

Becky legt schluchzend den Kopf in die Hände. »Katharina hat zwei Katzen, eine davon ist weiß. Vielleicht hat Lucy sie durchs Fenster gesehen und wegen des Regens mit einem Hasen verwechselt.«

Er streichelt ihre Hände mit seinen Daumen. »Und wo ist das mit dem Auto passiert?«

Becky schaut mit verheulten Augen auf. »Sie ist die Einfahrt runtergelaufen, bis zur Straße. Sie hat gesagt, dass Bunny so schnell war. Na ja, und dann …«, ihre Stimme versagt.

»Es geht ihr gut«, mische ich mich ein. »Das ist alles, worauf es jetzt ankommt.«

Becky nickt mir seufzend zu.

»Hinter dem Steuer saß eine Frau aus dem Ort«, fährt sie schließlich leise fort. »Ich glaube, sie selbst steht auch noch unter Schock. Sie hat immerzu auf mich eingeredet, wie leid es ihr tue und dass sie Lucy erst im letzten Moment gesehen hat.«

»Stand Lucy denn direkt vor dem Auto?«, hakt Jonas nach. »War sie etwa mitten auf der Straße?«

Beckys Unterlippe zittert. Schweigend nickt sie, während die Tränen erneut die Oberhand gewinnen.

Ich lege die Hand auf Beckys Schulter. Eine blonde Strähne hat sich aus ihrem Zopfgummi gelöst, ihr ganzes Gesicht ist errötet vom Weinen.

»Ich will mir gar nicht vorstellen, was passiert wäre, wenn die Frau schneller gefahren wäre«, fährt sie wimmernd fort.

»Trotzdem begreife ich nicht, wie Katharina so etwas passieren konnte«, schimpft Jonas. »Wenn sie es nicht auf die Reihe bekommt, fünf Kinder im Blick zu behalten, muss sie eben die Tür abschließen. Das kann doch nicht so schwer sein.«

»Schuldzuweisungen bringen doch jetzt keinem was«, antwortet Becky.

Jonas unterdrückt seine Wut auf die Unachtsamkeit der Betreuerin. Mit schwerem Atem presst er die Lippen zusammen. Ich kenne diesen Gesichtsausdruck. Lange wird es ihm nicht gelingen, seine Emotionen zurückzuhalten.

»Sie hatte so viel Glück«, sagt Becky. »Wenn Maxim nicht gewesen wäre …«

»Maxim?« Ich schaue sie fragend an.

»Er war gerade dabei, ein paar Schindeln auf dem Dach seiner Schwester auszutauschen, als Lucy zur Straße runterlief. Es kam ihm gleich seltsam vor, dass ein kleines Mädchen allein unterwegs ist, deshalb ist er die Leiter hinabgestiegen.«

Ich ziehe einen der Stühle zurück und setze mich neben die beiden. »Er hat sie also …«

»… gerettet.« Auf ihrem Gesicht breitet sich ein dankbares Lächeln aus. »Er ist vor das Auto gelaufen und hat Lucy instinktiv von der Straße gezogen.«

»Das heißt, er hat sein eigenes Leben riskiert.« Ich halte kurz inne. »Das ist unglaublich.«

»Er sagt, dass er einfach nur seinem Instinkt gefolgt ist«, antwortet Becky. »Und dass das jeder andere auch getan hätte.«

»Stimmt ja auch«, entgegnet plötzlich eine fremde Stimme.

Irritiert schaue ich auf. In der offenen Küchentür, die zum Foyer des Haupteingangs führt, steht er wie eine Offenbarung. Die Hände in einem alten Tuch vergraben, an dem er sich seine öligen Finger abwischt.

Er ist höchstens Ende zwanzig, keine zwei Jahre älter als ich.

Seine olivgrünen Augen fallen sofort in seinem markanten Gesicht auf. Das kurze rehbraune Haar, das aussieht, als hätte es gerade jemand mit den Fingern zerwühlt. Der Zehntage-Bart, der ihm etwas Raues, Verwegenes gibt.

Jonas steht wie wach geworden auf. »Sie sind Maxim?«

Erst jetzt wird mir bewusst, dass ich ihn regelrecht angestarrt habe. Verlegen wende ich meinen Blick ab.

»Der bin ich«, antwortet Maxim, während er Jonas die Hand reicht.

»Es ist mir eine Ehre.« Jonas zieht ihn an sich und klopft ihm brüderlich auf den Rücken. »Sie können sich nicht vorstellen, was für eine Ehre.«

»Nichts für ungut, aber ich war einfach nur zur richtigen Zeit am richtigen Ort.«

»Oh nein, mein Lieber. Sie haben Ihr Leben riskiert. Das würde nicht jeder tun.«

»Wer von uns kann denn schon sagen, was er in so einer Situation tun würde. Letztendlich folgt man doch nur seinem Instinkt. Ich habe einfach nur getan, was getan werden musste.« Er zuckt mit den Schultern. »Ich freue mich, dass ich Ihrer Kleinen helfen konnte, aber Sie sollten eher dem Zufall dankbar sein, nicht mir. Wenn ich nicht gerade auf dem Grundstück meiner Schwester gewesen wäre …«

»Maxim ist Kfz-Mechaniker.« Becky strahlt. »Er hat gesehen, dass eines meiner Rücklichter defekt ist und darauf bestanden, es auszuwechseln. Das war übrigens die einzige Möglichkeit, wie ich ihn dazu bringen konnte, mit mir herzukommen, damit ich ihn dir vorstellen kann.«

Jonas lächelt dankbar. »Und ich bin froh darüber.« Er klopft Maxim erneut auf die Schulter. »Sie sind mein Held. Unser Held, das ist Ihnen klar, oder?«

»Hören Sie.« Maxim stopft das Öltuch in den Bund seiner Jeans. »Ich freue mich wirklich, dass ich helfen konnte. Und auch das mit dem Rücklicht war selbstverständlich. Aber Sie sollten einfach nur dankbar sein, dass es Ihrer Kleinen gut geht. Mehr zählt jetzt nicht.«

»Reden Sie nicht klein, was Sie getan haben.« Unweigerlich stehe ich auf. »Sie haben Lucy gerettet. Ihr Leben gerettet! Keine Worte können ausdrücken, wie dankbar wir sind.«

Erst jetzt scheint er mich bewusst wahrzunehmen. Für den Bruchteil von Sekunden schaut er mich auf eine Weise an, die mich daran zweifeln lässt, dass wir uns zum ersten Mal gegenüberstehen.

Ist es die winzige Neigung, die sein Kopf macht, während er mich betrachtet? Oder die Art, wie sich seine Augen verkleinern, als würde er einen Gegenstand in der Ferne anvisieren?

»Sie sind …?«

»Vanessa.« Ich reiche ihm die Hand. »Jonas' Schwester.«

*

Maxim

Irre ich mich oder durchleuchten mich ihre Blicke regelrecht? Ist das wirklich nur Dankbarkeit in ihren Augen – oder Neugier?

Oder bilde ich mir das alles nur ein, weil ich zu sehr damit beschäftigt bin, mich in diesen Wahnsinnsaugen zu verlieren?

»Freut mich«, antworte ich.

Für eine Weile spüre ich ihre Hand in meiner. Warm und fremd. Und doch liegt irgendetwas Vertrautes in unserer flüchtigen Berührung.

»Mich freut es auch.« Nur zögerlich zieht sie ihre Hand aus meiner.

»Vanessa hat recht«, sagt Lucys Mutter. »Sie sind unser Held. Daran kann auch Ihre Bescheidenheit nichts ändern.«

»Kommt schon, Leute.« Ihr Mann legt den Arm um meine Schulter. »Hören wir doch auf mit diesem dämlichen Gesieze. Ich bin Jonas, das ist Vanessa und meine Frau Becky kennst du ja schon. Ich hoffe, es ist auch in Ordnung, wenn ich dich duze?«

Seine Euphorie verwirrt mich. Andererseits, seine kleine Tochter ist einem schweren Unfall entkommen, vermutlich wäre jeder an seiner Stelle derart aufgedreht.

»Sicher«, antworte ich irritiert.

»Du bist Kfz-Mechaniker«, sagt er.

Ich nicke. »Aber zur Zeit arbeite ich halbtags als Fahrer in einer Großbäckerei.«

»In einer Bäckerei?« Jonas fasst sich grübelnd ans Kinn. »Nicht dein Traumjob, oder?«

»Ich komme zurecht.« Ich kämpfe mir ein Lächeln ab. »Es hat mich wirklich gefreut, helfen zu können. Aber jetzt muss ich los.«

»Jetzt schon?« Becky legt die Hand an meinen Arm, während sie ihren Mann mit einem schweigsamen Kopfnicken betrachtet.

Er erwidert ihr Kopfnicken mit einem Augenzwinkern.

Instinktiv schaue ich zu Vanessa, die etwas abseits steht. Weiß sie, was hier vor sich geht? Und was haben diese seltsamen Blicke zwischen Becky und Jonas zu bedeuten?

»Weißt du, Maxim«, beginnt Jonas schließlich, »ich besitze ein Autohaus. Eines der größten in Wismar.«

»Das freut mich.« Ich schaue mich nach meinen Autoschlüsseln um.

»Na ja, und zu diesem Autohaus gehört auch eine Werkstatt.«

Auf der Küchenanrichte finde ich schließlich meinen Schlüssel.

»Zur Zeit arbeiten dort nur zwei Angestellte«, fährt er fort. »Aber ich denke schon länger darüber nach, noch einen dritten Mitarbeiter einzustellen.«

»Moment mal. Bietest du mir gerade einen Job an?«

»Sieht ganz so aus.« Er macht sich gerade. »Und zwar tue ich das hochoffiziell.«

»Aber du weißt doch gar nichts über mich.«

»Ich weiß, dass du meine Tochter gerettet hast, das reicht mir.«

Becky lächelt sanftmütig. »Jonas besitzt eine ausgezeichnete Menschenkenntnis. Er merkt sofort, ob jemand Potenzial hat. Außerdem hast du mein Auto in kürzester Zeit repariert.«

»Das war doch nur ein Rücklicht«, antworte ich.

»Es zeigt mir deine Einsatzfähigkeit«, sagt Jonas. »Solche Leute findet man selten.«

Mein Blick wandert erneut zu Vanessa, die das Jobangebot ebenso zu überraschen scheint wie mich.

Für einen Moment schauen wir einander wortlos an.

---ENDE DER LESEPROBE---