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Die CityFarm Augsburg ist gewachsen! Benjamin Vogt und seine Frau Ildikó haben ihren Traum wahrgemacht. Der ehrenamtlich betriebene, gemeinnützige Mini- Bauernhof steht nach dem Kraftakt des Umzugs vor neuen Herausforderungen. Wie bekommt man eine Subsistenzwirtschaft mitten in der Stadt hin? Warum muss an Silvester eine Wächtergemeinschaft die Schafe beschützen? Wie versorgt man die tierischen Mitbewohner ohne Strom- und Wasseranschluss? Mal humorvoll, mal kritisch, aber immer unterhaltsam führt Benjamin Vogt durch die turbulenten Geschehnisse auf der CityFarm. Er gibt wertvolle Tipps und erzählt ganz offen von den Lektionen, die die CityFarm ihn gelehrt hat.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 90
ISBN: 9783749498796
ISBN: 9783957050120
ISBN: 9783957080301
ISBN: 9783749498000
Website:
https://cityfarm-augsburg.de
Facebook:
CityFarm Augsburg
Instagram:
ildi_von_der_cityfarm
Youtube Kanal:
CityFarm Augsburg
Auf unserem Youtubekanal gibt es einen Rundflug über die CityFarm!
„Urban Gardening mal anders“ ISBN: 3957050189
Untergang und Wiederauferstehung
Umzug mit Hindernissen
Fluffgepuff und Crowdfunding
Das große Baggern
Wer will fleißige Handwerker sehn…
Erinnerst du, das erste Gartenjahr?
Frischer Wind
Clash …
Im Kindergarten
Ente, Kuckuck oder doch ein Wolpertinger?
Nightmare on Silvester
Gedanken um die Zukunft
Imker Imker du musst wandern
Soziale Kontrolle
Hausgemachte Zahlenspinnerei
Ahoi, Schlauchboot oder Gummistiefel?
Selbstversorgung leicht gemacht?
Branding Promotion und andere wirre Dinge
Coronale Disfunktion
Abgesang
Das alte Gelände nahe der Kläranlage wurde vom Advocatus Diaboli persönlich aufgekündigt. Die Auszugsfrist rückte unaufhaltsam näher und immer noch war kein alternatives CityFarm-Gelände in Sicht. In einer Hauruckaktion von uns wohlgesonnenen Stadträten, Tiefbau-, Liegenschafts-, und Grünordnungsamt kam es unter den herbstlichen, beinahe schon kahlen Apfelbäumen des zum Tode verurteilten Idylls zum Showdown.
Es war einmal… Ein blühender Garten!
Meine Stadt, unser aller Augsburg wollte nicht, dass unsere kleine aber feine Bildungseinrichtung stirbt. Nach ermüdenden Begehungen verschiedener Ausweichstandorte, die allesamt entweder in Bauerwartung standen, oder bereits für Wohncontainer verplant waren, prescht ein uns zugeneigter städtischer Mitarbeiter voran. „Wie wäre es denn mit dem Gelände im Gablinger Weg? Platz ist ausreichend vorhanden, der Untergrund für städtische Zwecke nicht nutzbar und der Einzugskreis Oberhausen gewährleistet. Hatten wir euch diese Ecke nicht schon einmal angeboten?“
Im hintersten Hinterstübchen klingelte etwas. „War das nicht die alte Kiesgrube? Haben wir uns nicht dagegen entschieden, weil es so weit ab vom Schuss ist und soviel Kram rumliegt?“ Dunkel dämmerte mir, dass dies jetzt unsere letzte Möglichkeit war in Kooperation mit der Stadtverwaltung eine neue CityFarm 2.0 in die Kinderschuhe zu helfen. Diesen Olivenzweig mussten wir beinahe schon ergreifen. Ildi preschte umgehend mit einem gut durchdachten Einwand vor. Die Fleißige hatte für diesen Fall extra recherchiert wie weit man für Gemüseanbau von den darunter liegenden Altlasten weg müsste: „Dann benötigen wir aber auch ein paar LKWs mit Mutterboden!“ Etwas kleinlaut kam zögerlich eine Antwort. „Mit guter Erde aufschütten sollte kein Problem darstellen. Wir hätten gerade sowieso eine Baumaßnahme bei der wir nicht genau wissen wohin mit dem Abraum. Den könntet ihr haben, und schon seid ihr untergebracht. Ist das nicht ein Angebot?“ Stumm nickte sich das frisch vermählte Ehepaar Vogt zu.
„Bevor wir zuschlagen, würden wir uns das Gelände gerne anschauen. Am besten fahren wir gleich mal hin.“ Kaum war der Satz laut ausgesprochen rumpelte die Cityfarm eigene Flüsterpost los. In Windeseile verbreitete sich unter unseren Mitstreitern die Nachricht, dass man sich JETZT im Gablinger Weg in der Sackgasse bei den Krötenbiotopen trifft.
Hier war einst unser Eingangstor!
Als wir angeradelt kommen, tummeln sich bereits zwei Handvoll unserer fleißigen Helfer mitsamt Kind und Kegel auf der erstaunlich gut gepflegten Wiese gegenüber unseres Hoffnungsträgers. Wir bleiben ziemlich gerührt stehen. Alle unsere Mitstreiter sind da. „Ist es das?“ Frage ich etwas schockiert. Das Erste was mir wortwörtlich nicht ins Auge, sondern ins Ohr sticht, ist der Umgebungslärm. Einen Steinwurf entfernt rauschen tausende Autos über eine doppelspurige Bundesstraße, dahinter quietschen im Fünfminutentakt Züge aller Art über Gleise, deren Geräuschkulisse nur übertroffen wird vom Piepen und Krachen des Container-Umschlagbahnhof der benachbarten Großspedition. Dort türmen sich gigantische Containerstapel die von ebenso gigantischen Maschinen unter lautem Quietschen rangiert werden.
Meine Liebste nimmt es locker: „Wie schön! Hamburger Hafen Stimmung. Stell dir doch vor die Bundesstraße wäre Meeresrauschen, dann wird es schon gehen!“ Nicht nur meine Aufmerksamkeit schweift über die zukünftige Scholle. Jedermann mustert unser nicht mehr ganz so jungfräuliches Domizil der neuen Farm. „Ach du meine Güte!“ Mannshoher Goldruten- und Weidenaufwuchs soweit das Auge reicht. Am Eingang prangert eine nicht zu übersehende zu zwei Dritteln ausgebrannte Stadelruine. Zusammengebrochene schwarze Balken türmen sich auf einem massiven stahlarmierten Betonfundament. Halb verbrannten, bereits zu schlammiger Erde gewordenen Heuballen liegen kreuz und quer. Das damals von der Feuerwehr aus den Angeln gerissene Vollmetall-Gattertor hängt mit etwas Draht notdürftig geflickt, schief im kalten Herbstwind. Wir bahnen uns einen Weg durch das widerspenstige Gestrüpp. Als ich über den dritten illegal entsorgten Autoreifen stolpere, wird schnell klar, dass die Domestizierung dieses Brachlandes keine leichte Aufgabe werden wird. Halb schon im Boden verschwundene Pflastersteine liegen wahllos verstreut herum, aus denen etliche Schwielen und Blasen später, einen Meter höher über „Normal Null“, ein wunderbarer Weg entstehen wird. Einziges Bauwerk sind windschiefe, merklich in die Jahre gekommene, ziemlich wackelige Pferdeboxen. Das Holz findet noch die schönste aller Verwendungen, Upcycling zur Interimswerkstatt. Aber zuvor stehen noch weitreichende Entscheidungen an. In großer Runde halten wir Kriegsrat. Ich mache den Anfang. „Um ehrlich zu sein, hege ich gehörige Zweifel... Das wird uns Jahre unseres Lebens kosten!“ Die Runde winkt meine Bedenken kategorisch ab. „Vielleicht, doch werden das wirklich schöne Jahre! Also ich bin voll dafür! Lasst es uns anpacken!“
Gemeinschaftlich entschieden wir uns für den Wiederaufbau der CityFarm. Dann ging alles Knall auf Fall. Schon eine Woche später rückte ein für solche mähgefährlichen Unwägbarkeiten geeigneter großer Aufsitzmäher der Firma Wüst an und machte den Acker zumindest einmal begehbar. Zuvor mussten aber alle Büsche gerettet werden, was sich als nicht ganz so einfach herausstellt. Der massenhaft und illegal verklappte Maschendraht erschwerte das Vorankommen, weswegen etliche der verwachsenen Wurzelgebilde zurückbleiben mussten.
Wir hatten zwar von den 7000 Quadratmetern Fläche nur 1500 gepachtet, doch schien es niemanden zu stören, wenn wir den Rest auch noch bewirtschafteten. Zur Freude der Kinder durfte Benni sich nämlich das schnittstarke Gefährt entleihen und auf dem hinteren Teil mit dem „Mäh- und Mulchmonster“ ein Labyrinth in den Goldrutendschungel modellieren. Sowohl unsere Hunde, als auch unsere kleinsten Gäste hatten darin noch über Monate hinweg „Versteckusspaß“. Das ging trotz, dass unsere Kleinsten regelmäßig in die Brennnesseln plumpsten. So manches Geheul drang bestimmt bis zum nahe gelegenen Gaskessel.
Da die Aufschüttung sicherlich bis in den Frühling auf sich warten lassen würde, brauchten wir dringend eine „Zwischen-CityFarm“. Die nicht ganz unbegründete Angst vom alten Gelände mit brachialen Rechtsmitteln herausgeklagt zu werden, trieb uns unerbittlich voran. Dieses Damoklesschwert sollte um nichts in der Welt auf uns niedergehen. Aber eine offensichtliche, vermeintlich einfache Lösung stand schon parat. Was bot sich für eine Palettenhütte besser an, als das noch von dem abgebrannten Stadel übrig gebliebene Betonfundament? Doch das müsste „Mann“ erst mal räumen. Einen vollen Tag ackerten sich deshalb vier gestandene Kerle an dem verkeilten, armierungs- und nägelgespickten Eichenbalken mit Motorsäge und Äxten ab. Mehrere abgerissene Stiele und stumpf gefahrene Ketten später, mussten wir einsehen, dass das Vorhaben „Balken aus der Asche“ ohne schweres Gerät nicht umzusetzen war. Was in Gedanken ganz einfach klingt, ist manchmal in der echten Welt alles andere als realistisch. So auch der etwas mittelalterliche Gedanke die Betonfläche von Hand abräumen zu können.
Früher muss an dieser Stelle eine wirklich massive Hütte gestanden haben, die mit Heu und Stroh gefüllt war, dann aber lichterloh abbrannte. Im Laufe der Zeit verwandelten sich die verkohlten Reste teilweise zu Erde, sodass verklebte Erd-Kohle-Haufen auf dem Fundament entstanden. Diese werden wir noch als besten Dünger für Kürbisse zu nutzen wissen.
Dreckige Schinderei!
Ein guter Freund, seines Zeichens Panzerschlosser sprach die unumkehrbare Wahrheit aus: „Für den Sauhaufen gibt es nur eine Lösung. Ein Minibagger muss her!“ Wie Recht er hatte. Mit Einsatz der motorisierten Grabmaschine wäre die Fläche innerhalb eines Tages von allem Unrat und Erde befreit gewesen, hätte ich als ungelernter, dilettantischer Baggerführer nicht sämtliche Ölschläuche aus der Verankerung an der Schaufel gerissen. Zwischenzeitlich spritze eine regelrechte Fontäne besten Hydraulikgetriebeöls umher, sobald man den Motor anließ. Erst mit dem Einsatz unseres „hauseigenen Kühlmitteltechnikers“ konnte der Schaden behoben werden.
Ronja bestaunt unser Tagwerk!
Kaum eine Woche später türmte sich, dank der erlesenen Baggerqualitäten unseres neusten Wildfangs, einem Versicherungsvertreter, ein großer Haufen aus Holzkohlebohlen am Eingang. Die kläglichen Überreste des alten Stadels.
Unverhofft überraschte uns Mutter Natur mit einem starken Wintereinbruch, der unsere Mobilität zum Erliegen kommen ließ. Es blieb uns nichts anderes übrig als von Zwei auf Vier Räder zu wechseln. Der „contact in Augsburg e.V.“ sprang freundlicherweise, mit seiner Sprinterflotte ein. Zu meiner persönlichen Schande lief die Aktion etwas ungeplant und über Wochen hinweg ab, womit ich wohl einiges im Sozialkaufhaus durcheinanderbrachte. Bitte entschuldigt ihr lieben Contactianer. Eure solidarische Spontanität ist mit Gold einfach nicht aufzuwiegen. An dieser Stelle ein von Herzen kommendes DANKESCHÖN!
Pflanzenlieferung!
Ohne diese Arbeitsfrenchise-, Car-sharing-hilfs-pionierleistung hätten wir unseren Umzug niemals stemmen können! Danke, dankee, dankeeee!!!
Im Eichhörnchenmodus ging es nun Sprinterfuhre für Sprinterfuhre voran. Mit der Hilfe unserer wetterfesten Mitstreiter, die Wind und Schneetreiben trotzten, konnten wir jede Menge Paletten, Bauholz, Zaunelemente, Steine und Werkzeuge zur neuen Farm transportieren. Nachdem wir zu Weihnachten zwangsweise eine Pause eingelegt hatten, folgten bereits am zweiten Weihnachtsfeiertag die Planung und der Bau unserer allerersten Palettenhütte. Das kleine Gebäude sollte in Modulen errichtet werden, damit es später ohne große Probleme auf die neue Fläche umziehen konnte.
Mit dem Bau einer Hütte aus Wiederverwertetem zu beginnen ließ nicht nur mein Handwerkerherz höher schlagen. Endlich konstruktiv tätig sein! Eine „fertigbau“ Minnihütte stand zu diesem Zeitpunkt bereits, doch war die kaum einbruchssicher zu bekommen. Als erstes benötigten wir somit dringend eine abschließbare Lagermöglichkeit, was der dreiste Diebstahl unserer hochwertigen, unglücklicherweise geliehenen Akkuschrauber bewies. Die wurden, mangels Verschlussmöglichkeit, zur Sicherheit extra in einer leeren Regentonne versteckt, während wir uns frierend in der frisch errichteten Palettenkonstruktion am Dach zu schaffen machten. Trotzdem fehlte kaum eine halbe Stunde später jede Spur von den unverzichtbaren Baustellengeräten. Wehmütig dachte ich an die alte Farm. Dort war ja alles Wichtige vorhanden. Unsere große Hütte konnten wir trotzdem nicht mitnehmen, da sie zum alten Grundstück gehörte, genauso wie der Steinstall und die Werkstatt. Da die neue Fläche sehr abgelegen in einer Sackgasse steckte, wollten wir auch nicht einfach alles auf die offene Wiese stellen. Zum Glück ergatterten wir einige Meter klapprigen Bauzaun, der zwar ohne absperrbare Sicherungsmaßnahmen auskam, aber zumindest optisch unsere Arbeitsgeräte rudimentär schützte.
Hüttenbau im frostigen Schneetreiben!
Es mangelte nämlich nicht an zwielichtige Gestalten die in unserer Sackgasse herum schlichen. Ob dies nur Neugierige, Gassigänger, Strauchdiebe oder Naturliebhaber waren, vermochte man durch die winterliche Vermummung nicht zu sagen. Sei es drum, wir jedenfalls benötigten dringend mehr sicheren Stellraum. Nach kurzer Suche ergab sich die Chance zwei wunderbare Hütten mit den klangvollen Namen „Malta“ und „Australien“ erstehen zu können. Für uns als „nicht mit Reichtum geschlagene Möchtegernlandwirte“ wäre die Neuanschaffung kaum zu stemmen gewesen. Aber als Ausstellungsstücke waren sie erschwinglich. Ein herzliches Dankeschön nochmals für die Förderung an die Stiftungsgemeinschaft „anstiftung & ertomis“. An nur einem Wochenende stemmten wir es mit vielen fleißigen, helfenden Händen, die zwei Hütten auf der Ausstellungsfläche ab und an der neuen Farm wieder aufzubauen.