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Die Bedediktinerin Hildegard von Bingen ist eine der faszinierendsten Universalgelehrten der Menschheitsgeschichte. Nicht nur die katholische Kirche, sondern auch die Anglikaner und Protestanten verehren sie als bedeutende Kirchenlehrerin. Hildegard von Bingen war seit ihrer Geburt kränklich und schwächlich, war aber seit frühster Kindheit visionär veranlagt. In dem vorliegenden E-Book lesen Sie ihre Schrift "Causae et curae oder liber compositae medicinae" - "Ursachen und Behandlungen der Krankheiten". Hildegard von Bingen war als Ärztin tätig und hat die Klosterapotheke und den Würzgarten gepflegt. Hier hat sie eine Art Hausbuch der Medizin verfasst. Es werden auch Tierkrankheiten und deren Behandlung erwähnt, wie auch faszinierende Details der Landwirtschaft. Lesen Sie hier das faszinierende Erbe einer der brillantesten Frauen der Weltgeschichte.
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Seitenzahl: 478
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LEMPERTZ KLASSIKER
Impressum
Math. Lempertz GmbHHauptstr. 35453639 KönigswinterTel.: 02223 / 90 00 36Fax: 02223 / 90 00 [email protected]
© 2013 Mathias Lempertz GmbH
ISBN: 978-3-939284-76-5
I.
IV.
Weitere e-books in der Edition Lempertz
VON DER ERSCHAFFUNG DER WELT. Gott war und ist ohne Anfang vor der Welt Erschaffung. Er war und ist das Licht und die Leuchte der Welt und war das Leben. Als Gott also die Welt schaffen wollte, hat er sie aus Nichts gemacht, aber in seinem Willen lag der Welt Materie.
VON DER MATERIE. Denn als Gottes Wille sich offenbarte, das Werk auszuführen, ging ohne Aufenthalt aus diesem seinem Willen und, wie es Gottes Absicht gewesen war, die Materie der Welt hervor in Gestalt eines dunklen, ungestalten Klumpens.
VON DER ERSCHAFFUNG DER ENGEL. Und es ertönte das Wort des Vaters: Es werde Licht! Und erschaffen waren das Licht und die leuchtenden Engel. Denn als er gesprochen hatte: Es werde Licht! entstand außer den Weltleuchten auch das Licht, das von den Engeln ausgeht. Als er aber sprach: Es werden die Weltleuchten! so ist darunter zu verstehen das Licht der Lüfte, das wir sehen.
VOM STURZE LUZIFERS. Luzifer aber ersah gegen Mitternacht einen leeren Raum, wo nichts geschah, und wollte dort seinen Wohnsitz nehmen in der Absicht, dort mehr und größere Dinge ins Werk zu setzen wie Gott, da er nichts wusste von dessen Absicht, die übrigen Kreaturen erschaffen zu wollen. Denn er hatte das Antlitz des Vaters nicht gesehen, kannte auch nicht seinen mächtigen Willen, noch auch hatte er seine Güte erprobt, weil er, schon ehe er dieses hätte erfahren können, versucht hat, sich gegen Gott aufzulehnen. Gott hatte nämlich dies noch nicht offenbart, sondern verborgen gehalten, gerade so, wie ein mächtiger und tapferer Mann handelt, der seinen nichts davon ahnenden Mitmenschen eine Zeitlang seine Macht verbirgt, bis er erkennen kann, wie diese über ihn denken und was sie etwa beginnen oder tun könnten. Als nun Luzifer in seinem verkehrten Willen sich zum Nichts aufschwang, weil das, was er tun wollte, Nichts war, so stürzte er in dasselbe herab und konnte keinen festen Fuß fassen, weil er keinen Grund unter sich hatte. Denn er hatte weder die höchste Höhe über, noch auch die tiefste Tiefe unter sich, die ihn hätte halten und vor dem Sturz bewahren können. Denn als er sich zum Nichts aufschwang, brachte das Unternehmen dieses Aufschwunges das Böse hervor, und bald entbrannte durch den eifernden Zorn Gottes das Böse in sich selbst, ohne Klarheit und ohne Licht, wie ein Rad sich umwälzend und drehend, und ließ in seinem Inneren die glühende Finsternis sichtbar werden. So hat sich das Böse vom Guten geschieden, und es hat keine Berührung zwischen dem Guten und dem Bösen, noch auch zwischen dem Bösen und dem Guten gegeben. Gott aber, der Vater des Guten, blieb unberührt davon wie ein Rad, weil seine Vaterschaft seiner Güte voll ist, und so ist diese Vaterschaft die gerechteste, liebevollste, stärkste, gewaltigste und, nach diesem Maßstabe betrachtet, einem Rade vergleichbar. Nun aber ist dieses Rad irgendwo und selbst irgendwelcher Dinge voll. Denn wenn ein Rad weiter nichts besäße wie seinen äußeren Umfang, würde es leer sein. Und wenn zufällig irgend ein anderer dazukäme und da mit Hand anlegen wollte, so würde dies nicht sein können. Denn an einem Rade können nicht zwei Schmiede zugleich ihr Werk verrichten. O Mensch, siehe den Menschen an! Der Mensch hat nämlich Himmel und Erde und alles, was geschaffen ist, in sich in einer Gestalt vereinigt, und alles liegt in ihm verborgen.
VON DER VATERSCHAFT. So ist die Vaterschaft vergleichbar dem Umfang des Rades, die Vaterschaft umfasst das Rad als Ganzes. Das göttliche Wesen ist in ihr, und von ihr stammen alle Dinge, und außer ihr gibt es keinen Schöpfer. Luzifer aber ist nicht ein Ganzes, sondern in viele Teile gespalten, weil er etwas sein wollte, was er nicht sein sollte. Denn als Gott die Welt geschaffen hat, hatte er seit Urzeiten beschlossen, dass der Mensch entstehen sollte.
VON DER ERSCHAFFUNG DER SEELE. Als Gott das Licht schuf, welches flüchtig war und überallhin fliegen konnte, hatte er gleichzeitig beschlossen, dem geistigen Leben, dem Lebensodem, eine körperliche Masse zu verleihen, eine aufrechte Gestalt aus irdischem Lehm, die nicht fliegen noch auch wehen könnte, und wegen dieser ihrer Unfähigkeit nicht imstande, sich erheben zu können. Sie sollte deshalb so gebunden sein, damit sie umso genauer zu Gott emporblickte. Deshalb hasste die alte Schlange diese Bindung, weil der Mensch, trotz seiner körperlichen Schwere, dennoch mit Hilfe seiner Vernunft sich zu Gott emporheben konnte.
VON DEN ELEMENTEN UND DEM FIRMAMENT. Auch die Elemente der Welt hat Gott geschaffen, sie sind im Menschen und der Mensch wirkt mit ihnen. Es sind: das Feuer, die Luft, das Wasser und die Erde, und diese vier Elemente sind untereinander so eng verknüpft und verbunden, dass keins vom ändern getrennt werden kann, und halten sich gegenseitig so fest, dass sie das Firmament genannt werden.
Von der Sonne und den Sternen. Die Sonne, nahezu das Höchste unter ihnen, sendet durch sie ihr Licht und ihr Feuer. Um sie herum stehen einige Sterne von solcher Größe und Helligkeit, dass sie gewissermaßen wie Berge durch das Firmament hindurch zur Erde hin ausgebreitet sind. Daher kommt es, dass sie umso heller erscheinen, je näher sie der Erde sind. In der Umgebung derselben Sonne aber finden sich auch noch andere Sterne von geringerer Größe und Helligkeit. Im Vergleich zur Größe der vorher erwähnten Sterne bilden sie sozusagen die Täler und sind deshalb auch weniger gut sichtbar.
VOM UNWETTER. Wenn in der Himmelsluft einmal größere Wärme und stärkere Glut des Feuers obwalten, erregt diese Glut manchmal ein plötzliches Aufsieden und gefährliches Austreten der Gewässer und sendet diese zur Erde. Daher rühren die Unwetter und das Zerreißen der Wolken. Es ist so, wie wenn ein Topf, auf starkes Feuer gestellt, plötzlich aufsiedet und Schaum auswirft. Diese Unwetter treten nach Gottes Urteil zumeist auf wegen solcher Übeltaten, die bereits in der Vergangenheit liegen, oder wegen eben erst begangener, sündlicher Werke der Menschen, oder auch, um so auf noch bevorstehendes Unheil hinzuweisen, wie etwa Kriege, Hungersnot und plötzlichen Tod. Denn alle unsere Werke berühren sich mit den Elementen und werden von ihnen aus angeregt, weil sie auch mit den Elementen in Beziehung stehen. Ist aber weniger Wärme und Feuersglut in der Himmelsluft, so ist das Aufsieden und Übertreten der Gewässer weniger stark. Das ist so, wie wenn der Inhalt eines Topfes, der auf schwächerem Feuer steht, deshalb auch nur wenig siedet und nur mäßig Schaum aufwirft. Stehen aber Feuer und Wasser in der Luft im richtigen Verhältnis zueinander, so bringt dies eine milde Witterung und es ist angenehm warm, wie ein Topf, der auf gelindem Feuer steht. Steigt aber die Sonne aufwärts, so dass ihr Feuer in der Höhe des Himmels heftig brennt, dann ist auch die Luft manchmal durch die Sonnenglut trocken und dürr, und manchmal grenzt dann das Feuer derselben Sonne schon an das Feuer des Donners.
VOM DONNER. Im Donner ist das Feuer des Gerichts, Kälte und übler Geruch. Wird aber einmal das Feuer des Donners vom Sonnenfeuer berührt, dann sendet es, hierdurch veranlasst, einige Blitze ohne große Bedeutung.
VOM BLITZ. Es donnert ein wenig und hört wieder auf, gerade so, wie wenn ein Mensch, über etwas erzürnt, seinen Zorn nicht ausbrechen lässt, sondern ihn unterdrückt und so beherrscht. Zuweilen aber wird das Donnerfeuer durch die allzu große Hitze der Sonne sehr erregt und in große Erschütterung versetzt, so dass es starke und gefährliche Blitze aussendet und seine Stimme gewaltig erhebt, einem Menschen vergleichbar, der, in heftigen Zorn versetzt, diesen in gefährlicher Tat sich aus wirken lässt. Dann kommt es auch zuweilen vor, dass das oberste Feuer des Donners, vom Sonnenfeuer berührt, die Kälte, welche im Donner steckt, an einem Punkte sich sammeln lässt, so wie das Wasser das Eis auf einen Ort zusammentreibt, und diese Kälte treibt dann den Hagel zu den Wolken hin, die Wolken nehmen ihn auf, verteilen ihn und senden ihn zur Erde.
VOM HAGEL. Der Hagel ist sozusagen das Auge des Donners. Wenn aber die Sonne im Winter im Abstieg steht, sendet sie ihr Feuer nicht bis zur Höhe des Himmels, brennt mehr unter wie über der Erde und glüht dann nicht in der Höhe des Himmels.
VOM SCHNEE. Daher kommt es, dass die Wasser, welche sich in den höheren Luftschichten befinden, durch die Kälte gewissermaßen wie mit Staub besprengt werden und Schnee liefern.
VOM REGEN. Sind aber die Wasser nachher in der Wärme gelinde, so senden sie Regen aus, und wenn die Sonne dann einmal weder zuviel Wärme noch auch zuviel Kälte bringt, dann entsendet sie wohl auch gelegentlich einen warmen Regen, wie der Mensch, wenn er je zuweilen einmal vergnügter Stimmung ist, vor lauter Freude viele Tränen vergießt.
VON DEN WINDEN. Vier Hauptwinde gehören unter und über der Sonne zum Firmament, halten es zusammen und umgeben den ganzen Erdkreis, das heißt: vom unteren bis zum oberen Teil des Firmaments, wie mit einem Mantel. Der Ostwind umschließt die Luft und sendet den mildesten Tau auf das Trockene. Der Westwind mischt sich mit den fließenden Wolken, damit er die Gewässer aufhält, dass sie nicht hervorstürzen. Der Südwind aber hält das Feuer in seiner Zucht zurück und hindert es, dass es nicht alles verbrenne. Der Nordwind hält die äußersten Finsternisse im Zaum, damit diese ihr Maß nicht überschreiten. Diese vier Winde sind die Flügel der göttlichen Allmacht. Wenn sie alle auf einmal entfesselt werden, dann werden sie alle Elemente verwickeln, sich voneinander trennen, das Meer in Aufregung bringen und alle Gewässer austrocknen.
VOM TAGE DES GERICHTS. Jetzt aber sind die vier Winde eingeschlossen durch den Schlüssel der Majestät Gottes, solange die Elemente in ihren Schranken bleiben, und werden über keinen Menschen in irgendwie gefahrdrohender Weise herrschen, außer am Ende der Zeiten, weil dann alles gereinigt werden wird, und dann werden sie einen Gesang im Einklang erheben. Es gibt keine Kreatur, die nur durch eine einzige Eigenschaft bestehen kann, wenn sie nicht mehrere besitzt.
VOM NICHTS. Das Nichts besitzt keine Eigenschaft, auf der es sich gründen könnte, und ist deshalb nichts. So verlieren auch andere Geschöpfe, die aus eigenem Willen heraus mit dem Nichts sich verbinden, alle ihre Eigenschaften und werden zu Nichts.
VOM FIRMAMENT UND VON DEN WINDEN. Das Firmament aber umfasst das Feuer, die Sonne, den Mond, die Sterne und die Winde. Durch alle diese besteht es und wird durch die ihnen eigenen Kräfte gefestigt, so dass es nicht auseinanderbrechen kann. Denn wie die Seele den ganzen menschlichen Körper zusammenhält, so auch halten die Winde das ganze Firmament zusammen, damit es nicht in Unordnung gerät. Sie sind unsichtbar, wie auch die Seele unsichtbar ist, die von Gottes geheimem Ratschluss herkommt. Wie ein Haus ohne seine steinernen Eckpfeiler keinen Halt hat, ebenso wenig würden weder das Firmament noch die Erde, noch der Abgrund, noch auch die ganze Welt mit all ihren Bestandteilen ohne diese Winde bestehen können, weil all dieses mit ihnen verbunden ist und durch sie gehalten wird. Die ganze Erde würde nämlich bersten und zerbrechen, wenn diese Winde nicht wären, wie auch der Mensch ganz auseinanderfallen würde, wenn er keine Knochen besäße. Denn der Hauptostwind hält alle östlichen Länder zusammen, der Hauptwestwind den ganzen westlichen Bezirk, der Hauptsüdwind den ganzen Süden und der Hauptnordwind den ganzen Norden.
VON DEN SEITENWINDEN. Jeder dieser Hauptwinde hat zwei andere, schwächere Winde zur Seite, wie zwei Arme, in die er zuweilen einen Teil seiner Kräfte aushaucht. Diese schwächeren Winde haben nämlich dieselbe natürliche Beschaffenheit, die auch ihre Hauptwinde besitzen, so dass jeder dieser schwächeren Winde seinem Hauptwind wie seinem Vorgesetzten nachahmt, nur dass sie wesentlich geringere Kräfte besitzen, und weil sie einen und denselben Weg mit ihrem Hauptwind haben, so wie die zwei Ohren einen und denselben Weg zum Hören im Kopfe haben. Wenn sie durch das rächende Gebot Gottes getrieben werden, empfangen sie ihr Blasen und ihre Kraft von ihren Hauptwinden und sind dann in so großer Unruhe und erregen ein derartiges und so großes Getöse und so gefährliche Zusammenstöße, wie auch die schlechten Säfte gefährliche Unruhen bei den Menschen hervorrufen, wenn sie sie in Krankheit stürzen. Jedoch sind jene Hauptwinde niemals seit
Erschaffung der Welt in ihrer ganzen Kraft bewegt worden und werden auch nicht bewegt werden bis zum Jüngsten Tage. Dann aber, wenn sie ihre ganze Gewalt offenbart und ihr Blasen ganz losgelassen haben werden, werden durch ihre Gewalt und ihr Zusammenprallen die Wolken zerrissen und die obersten Schichten des Firmaments zusammengeballt und zertrümmert werden, wie der menschliche Körper zerfällt und alle seine Glieder Zusammenstürzen, wenn seine Seele von ihrem Körper beim Verlassen desselben befreit wird. Der Ostwind hat zwei Flügel, mit denen er den ganzen Erdkreis an sich zieht. Der eine Flügel regelt den Lauf der Sonne von der Höhe bis zur Tiefe, der andere Flügel eilt der Sonne entgegen, so dass er für sie ein Hindernis abgibt, ihren Lauf da weiter zu verfolgen, wo sie nicht weiter soll. Derselbe Wind gibt auch aller Feuchtigkeit ihre Feuchte und lässt alle Keime sprießen. Der Westwind dagegen besitzt sozusagen einen Mund, mit dem er alle Gewässer auseinanderblasen und zerstreuen und so alle Gewässer auf die richtigen Wege verteilen und verbreiten kann, damit nicht ein Wasser über das andere sich erhebt, sondern seinen richtigen Weg innehält. Denn er hat die Gewalt über die Luft, die das Wasser trägt. Dieser Wind lässt alles Grün verdorren und ebenso alles andere, was in seiner Nähe ist. Der Südwind dagegen führt gewissermaßen einen eisernen Stab, der oben drei Zweige hat und unten zugespitzt ist. Denn seine Stärke, mit der er das Firmament und den Abgrund zusammenhält, ist der des Stahles zu vergleichen. Denn so, wie der Stahl alle Metalle meistert und bändigt, und wie das Herz dem Menschen seine Kraft verleiht, ebenso auch hält die Stärke dieses Windes das Firmament und den Abgrund in seinem Bereiche zusammen, damit dieser nicht auseinanderfällt. Am oberen Ende trägt er drei Kräfte wie drei Zweige, deren eine die Wärme der Sonne bei ihrem Aufgang mäßigt, eine am Mittag deren sengende Hitze herabmindert und eine am Abend ihre Wärme abkühlt, damit sie in diesen Bereichen ihr Maß nicht überschreitet. Unten aber ist er zugespitzt, weil seine Macht auch im Ab gründe gefestigt ist, damit nicht aus der Tiefe Feuchtigkeit und Kälte über ihre Grenzen hinaus nach oben steigen. Derselbe Wind bringt alles zur Reife, die Blätter an den Bäumen und das Gras, Saat, Früchte, den Wein und alle übrigen Erzeugnisse der Erde lässt er zur Reife gedeihen. Der Nordwind aber hat vier Säulen, mit denen er das ganze Firmament und die ganze Tiefe hält. Wenn er diese einmal in die Höhe gezogen haben wird, dann wird das Firmament mit dem Abgrund zusammengeballt werden. Diese vier Säulen aber halten die vier Elemente, welche dort im Nordbezirk enge miteinander verbunden sind und ihr Ende finden so wie sie auf Säulen gestützt sind, damit sie nicht herabfallen. Wenn aber am Jüngsten Tage dieser Wind mit seiner Gewalt die vier Säulen erschüttert haben wird, dann wird auch das Firmament zusammengefaltet werden, wie man Brieftafeln zusammenzufalten pflegt. Dieser Wind ist kalt, bringt Kälte und fesselt und hält durch die Kälte alles zusammen, damit es nicht auseinanderfällt.
VON DER SONNE. Die Sonne ist, wie schon oben gesagt wurde, im Gipfel und gewissermaßen im Mittelpunkt des Firmaments gelegen, besteht aus Feuer und Luft und hält durch ihr Feuer das Firmament mit all seinen Stützen und seinem ganzen Fundament, die Luft, die Gestirne, die Sterne und die Wolken zusammen, damit sie nicht herabstürzen und überallhin zerstreut werden, ebenso wie die Erde alle Geschöpfe, die auf ihr sich befinden, trägt. Audi die Himmelsluft wird durch sie zusammengehalten. Wenn aber die Sonne an der höchsten Stelle des Firmaments steht, läuft ihr das Feuer entgegen und ist ihr dienstbar. Die Sonne festigt das ganze Firmament und breitet ihren Schein aus über die ganze Erde, wodurch diese dann das Grün und die Blumen hervorbringt. Dann aber sind die Tage lang, weil die Sonne in der Höhe des Firmaments ihre Bahn läuft, und es ist Sommer. Neigt sich aber die Sonne zur Erde herab, dann kommt ihr die vom Wasser herrührende Erdkälte entgegen und lässt alles Grün verdorren. Weil jetzt die Sonne sich zur Erde hinabgeneigt hat, sind die Tage kurz, und es ist Winter. Auch ist im Winter die Sonnenwärme unter der Erde größer wie über derselben. Wäre nämlich jetzt die Kälte unter der Erde ebenso stark wie über ihr, oder im Sommer die Wärme unter der Erde ebenso groß wie sie über der Erde ist, so würde infolge dieses Übermaßes die ganze Erde zerspringen. Steht der Winter bevor, so steigt Unwetter aus dem Wasser auf und verdunkelt das Licht der Sonne. Daher werden auch die Tage dunkel. Geht es dagegen auf den Sommer zu, dann fallen die Ungewitter unter die Erde herab, und deshalb sind die Tage oftmals schön und heiter, weil die Sonnenwärme da ist. Die Sonne ist in ihrem Lauf beständig, immer voll und nimmt nicht ab. Sie sendet ihr Licht zum Monde, wenn sie sich ihm nähert, wie wenn ein Mann seinen Samen in ein Weib ergießt.
VOM MONDE. Der Mond besteht aus Feuer und einer dünnen Luft, steht in der Luft, hat seinen Wohnsitz in ihr und diese selbst wird durch ihn gefestigt. Wenn er kein Licht mehr hat, geht er unter die Sonne. Von dieser breitet sich dann eine Sphäre aus, die den Mond zur Sonne hinzieht, wie der Achat1) das Eisen an sich zieht. Sie zündet den Mond an, aber auch die übrigen Planeten und Sterne wie auch die Luft und die sonstigen Gestirne in der Umgegend des Mondes streben aus aller Macht zum Monde hin und laufen zusammen, um ihm bei seiner Entflammung zu helfen. Nachdem der Mond angezündet ist, nimmt er allmählich an Größe zu, bis er voll geworden ist, wie etwa auch ein Holzstoß oder ein Haus, in Brand gesetzt, erst langsam zu brennen beginnt, bis schließlich das Ganze in Flammen steht.
Inzwischen und solange wie der Mond zunimmt, bis er voll wird, festigt die Sonne das oberste Firmament und weicht nie von ihm. Die Sonne führt den Tag mit sich und hält ihn bei sich, weil das oberste Firmament hell ist, und der Mond die Nacht, weil die Erde finster ist. Ist aber der Mond ganz voll, so dass er sich hat, wie ein schwangeres Weib, dann lässt er sein Licht von sich und übergibt es den Sternen, und so werden die Sterne heller.
VOM TAU. Mit Hilfe dieser Wärme erwärmen und kräftigen dann die Sterne die Luft, und die erwärmte Luft sendet ihren Schweiß, das heißt: ihren Tau, auf die Erde herab und macht sie fruchtbar. Deshalb lässt die überall befeuchtete Erde die Früchte entstehen. Denn während der Mond abnimmt, weil er sein Licht den Sternen überlässt, und dann, von der Sonne entzündet, wieder bis zu seiner vollen Größe heranwächst, senden die Sterne nach und nach das Licht und die Wärme, die sie vom Monde erhalten haben, in die Luft aus, um sie zu erwärmen und zu stärken. Die Luft ergießt ihren Schweiß von oben herab zur Erde, um sie zu befruchten, damit, wenn der Mond wieder voll geworden ist, die Sterne inzwischen wieder lichtleer geworden sind, um von neuem frisches Licht und Wärme vom Monde aufzunehmen, und damit, wenn der Mond abgenommen hat, die Sterne wieder voll sind, um Luft und Erde zu kräftigen, wenn aber die Sterne abgenommen haben, der Mond wieder voll ist.
VON DER REINIGUNG DER LUFT. Wenn die Sterne in den Nächten so leuchten, dass manchmal glühende Kugeln wie glühende Spieße in der Luft zu fliegen scheinen, so kommt dies davon, dass die Sterne ihr Feuer in die Luft senden, um diese zu kräftigen, damit sie ihrerseits durch ihre Wärme die Erde befruchten kann. Daher sieht und findet man denn auch oftmals, dass die Luft sich von dem Feuer und der Wärme der Sterne reinigt, so dass allerlei Unreinlichkeiten wie Schlamm aus ihr herabfallen.
VON DEN LUFTFÄDEN. In ähnlicher Weise fliegt, wenn Sommer und Winter sich scheiden, weil der Sommer schwindet und der Winter heranzieht, oder auch, wenn der Winter weicht und der Sommer kommen will, in der Luft eine Art von Gerinnsel, wie weiße Fäden, umher da, wo die Luft sich reinigt. Dies Gerinnsel senkt sich beim Zusammentreffen jener beiden Jahreszeiten, Winter und Sommer, zur Erde herab, wenn sie gegenseitig Zusammenstößen.
VON DER MONDFINSTERNIS. Wenn aber einmal eine Mondfinsternis sichtbar wird, so hat diese ihren Grund darin, dass die Elemente und die Ungewitter je zuweilen aufeinanderstoßen, wie wenn sie eine Streitigkeit zwischen sich auszumachen hätten. Dann wird aber der Mond weder gänzlich ausgelöscht, noch nimmt er ab, sondern die Unwetter verdunkeln ihn nur für eine kurze Zeit. Die Kraft des Mondes ist so groß, dass sie jener Ungewitter Herr wird und er sein Licht wieder aussendet, weil des Mondes Macht größer ist wie die jener Unwetter.
VON DEN FÜNF PLANETEN. Es gibt auch noch fünf weitere Planeten, sie haben ihr Licht vom Feuer und von der Himmelsluft und bilden die Kraft und Stärke des Firmaments. Sie haben ihre Umläufe ebenso in den Höhen wie in den Tiefen des Firmaments, damit sie dort leuchten, wo die Sonne nicht strahlt und ihren Schein kaum sichtbar werden lässt. Wo sie sich befinden und ihre Bahnen durchlaufen, dienen sie dem Kreislauf der Sonne, halten sowohl deren Geschwindigkeit zurück, wie sie auch ihr Feuer verzehren, so dass sie unter ihrem Einfluss nicht solche Feuersglut aussenden kann, wie sie tun würde, wenn sie sie nicht daran hinderten. So wie die fünf Sinne des menschlichen Körpers seinen Leib Zusammenhalten und seinen Schmuck bilden, ebenso halten auch jene fünf Planeten die Sonne zusammen und dienen ihr zur Zierde.
VON DER HEMMUNG DES FIRMAMENTS. Das Firmament dreht sich mit Geschwindigkeit und die Sonne läuft ihm mit den übrigen Planeten in umgekehrter Richtung langsam entgegen und hemmt seine Geschwindigkeit. Denn wenn die Sonne das Firmament nicht durch ihr Aufhalten hemmte oder wenn sie selbst mit den übrigen Planeten und mit derselben Geschwindigkeit dem Firmament entgegenliefe, mit der sich dieses umdreht, würde alles durcheinandergeraten und das ganze Firmament zu Bruch gehen. Wäre nämlich das Firmament unbeweglich, so dass es sich nicht umwälzte, dann würde die Sonne fast den ganzen Sommer hindurch über der Erde stehen, ohne dass es Nacht würde, und beinahe während des ganzen Winters unter der Erde, ohne dass es Tag sein würde. Nun aber wälzt es sich in der Weise um, dass, während es selbst der Sonne entgegenläuft und diese ihm, es um so schneller durch die Sonnenwärme in sich verdichtet und widerstandsfähiger gemacht wird, das heißt also: wenn die Sonne das Firmament durchläuft und dieses mit ihrem Feuer völlig durchdringt und durchgießt. Vor dem Sündenfall Adams war das Firmament unbeweglich und drehte sich nicht. Nach seinem Fall aber fing es an, sich zu bewegen und umzudrehen. Vom Jüngsten Tage ab wird es aber wieder unbeweglich dastehen, wie es am ersten Schöpfungstage vor Adams Fall gewesen ist. Jetzt aber dreht es sich deshalb, damit es von der Sonne, dem Mond und den Sternen seine Kraft und Stärke empfängt, weil, wenn es unbeweglich stehen würde, es in kurzer Frist verflüssigt und aufgeweicht auseinanderfließen würde. Aus demselben Grunde, weil es nämlich nach einem bestimmten Maße sich dreht, reinigt es auch die Elemente. Diese Reinigung äußert sich zuweilen in Gestalt wasserführender, schwarzer Wolken, wie wir sie sehen. Das ist so, wie wenn Wasser, in einem Topf aufs Feuer gesetzt, unter dem Einfluss der Siedehitze Schaum aufwirft und gereinigt wird.
VON DEN HARMONIEN DES FIRMAMENTES. Bei seiner Umdrehung bringt das Firmament wunderbare Töne hervor, die wir aber wegen seiner allzu großen Höhe und Breite nicht hören können, wie auch eine Mühle oder ein Wagen, wenn er sich dreht, seine Töne hat. Das Firmament besitzt aber deshalb eine solche Höhe und Ausdehnung um die Erde herum, damit die Menschen und die Tiere auf der Erde nicht zugrunde gehen, eben weil es so weit von ihnen entfernt ist. Denn die Menschen sowie die Tiere würden von dem Feuer, den Winden, dem Wasser und den Wolken vernichtet werden, wenn es sich in ihrer Nähe befände. Wie Leib und Seele eins sind und sich gegenseitig stützen, ebenso verhält es sich mit dem Firmament und den Planeten, die sich auch gegenseitig erwärmen und kräftigen. Wie aber die Seele den Leib belebt und stärkt, so wärmen und stärken auch die Sonne, der Mond und die übrigen Planeten das Firmament mit ihrem Feuer und verleihen ihm so seine Kraft. Denn das Firmament ist zu vergleichen dem Haupte des Menschen, Sonne, Mond und Sterne den Augen, die Luft dem Gehör, die Winde dem Geruch, der Tau dem Geschmack, die Flanken der Erde den Armen und dem Gefühl. Alle anderen Geschöpfe, die in der Welt sind, vergleichen sich dem Bauche, die Erde aber dem Herzen, weil ebenso wie das Herz den Körper oben und unten zusammenhält, auch die Erde den Gewässern, die an ihrer Oberfläche fließen, den festen Untergrund liefert und andererseits für die unterirdischen die Hemmung abgibt, damit sie nicht in verkehrter Weise hervorbrechen.
VON LUZIFERS STURZ UND DER ERSCHAFFUNG DES FIRMAMENTES. Der Abgrund ist wie die Füße und der Gang des Menschen. Als der Teufel vom Himmel herabstürzte, wo er sitzen und regieren wollte, und doch nicht eine Kreatur schaffen und hervorbringen konnte, errichtete Gott sofort das Firmament, damit der Teufel sähe und begriffe, was und wie viel Gott tun und schaffen könnte. Damals auch gab Gott der Sonne, dem Mond und den Sternen ihren Platz am Firmament, damit der Teufel an ihnen sehe und erkenne, wie viel Pracht und Herrlichkeit er verloren habe.
VON DEN STERNEN. Die Sterne sind untereinander weder gleich in der Größe noch auch gleich in der Helligkeit, sondern einige sind größer, andere kleiner, einige von stärkerem, andere von schwächerem Glanz. Das Firmament aber wird von obenher durch die Sonne gehalten, so dass es nicht über ein bestimmtes Maß emporsteigen kann, und von unten her von der Erdluft, die Erde und Wolken zusammenhält, damit es seine Grenzen nach unten hin nicht überschreitet. So wird, wie eben gezeigt wurde, das Firmament oben und unten gehalten, so dass es über seine richtigen Grenzen nicht hinausgehen kann.
VON DEN ZWÖLF STERNBILDERN UND DEN PLANETEN. Geradeso, wie das Firmament in seiner Bahn von den sieben Planeten geleitet wird, ebenso leisten diese ihm auch mit den zwölf Sternbildern gewissermaßen Dienst und Fürsorge. Denn wenn die Sonne zum Sternbild des Steinbocks gelangt ist, geben ihr die zwei Planeten, die sie bis zum Sternbilde des Schützen begleitet hatten, sozusagen einen Wink, jetzt wieder aufwärts und zu dem früheren Wege zurückzugehen, und ermahnen sie, wie vorher wieder aufzusteigen. Dies Sternbild heißt deswegen: der Steinbock, weil es auch die Neigung hat, aufwärts zu steigen. Die zwölf Sternbilder bedeuten nämlich mit ihren Namen weiter nichts, als dass sie, wie die übrigen fünf Planeten, ihrer Bestimmung entsprechend, die Sonne entweder im Sommer veranlassen, in die Höhe zu steigen oder im Winter, bei ihrem Niedergange, sie auf nehmen und ihr also auf diese Weise ihren Dienst leisten. Ist die Sonne aber bis zum Zeichen des Steinbocks gelangt, so laufen die übrigen drei Planeten unter sie und drängen sie langsam in die Höhe bis zum Sternbilde des Wassermanns. Wenn sie hier aufzusteigen beginnt, erwärmt sie die Erde im Bereiche ihrer Grundfläche und ebenso die Gewässer, welche unter der Erde sind, und deshalb sind die Gewässer unter der Erde im Winter wärmer wie im Sommer. Im Zeichen des Wassermanns gehen jetzt der Planet, der dauernd seine Wärme von der Sonne erhält, also der, welcher im Zeichen des Krebses unter der Sonne steht, wie auch die anderen sich nähernden Planeten rückwärts. Sie begleiten die Sonne bis zum Sternbilde der Fische. Wenn sie dies Sternbild erreicht hat, steht sie schon sozusagen in der Mitte der Gewässer. Die Fische aber, die sich vorher vor der Kälte verborgen gehalten hatten, spüren jetzt die Sonnenwärme und beginnen zu laichen. Der andere Planet, der im Zeichen des Krebses rechts von der Sonne stand, läuft ihr hier entgegen und zieht sie aufwärts bis zum Sternbilde des Widders. Hat die Sonne das Sternbild des Widders erreicht, so laufen ihr auch hier die zwei unteren Planeten entgegen, fangen sie auf, steigen langsam mit ihr aufwärts und drängen sie, wie ein Widder mit den Hörnern, nach vorwärts. Steigt aber die Sonne höher, etwa bis zum Zeichen des Stiers, dann bleiben diese beiden Planeten dort zurück und zwei andere kommen ihr entgegen, die nur selten zu sehen sind und sich auch nur selten zeigen, falls sie nicht etwa irgendwelche Wunder mit sich bringen. Diese treiben die Sonne mit großer Gewalt vorwärts, wie ein Stier, der kräftig mit den Hörnern stößt, und führen die Sonne zum Hochstand, so dass, wenn sie das Sternbild der Zwillinge erreicht hat, der eine von ihnen auf die eine, der andere auf die andere Seite der Sonne tritt und sie auf diese Weise sich trennen, bis sie ihren höchsten Stand erreicht haben. Dann, im Sternbilde des Krebses, wenn die Sonne bereits zum Abstiege sich wenden muss, eilt der Planet, welcher ihr zur Rechten geht, ihr etwas voraus, findet dabei den anderen Planeten, der unterhalb der Sonne steht, und sogleich geht dieser Planet, der den anderen Planeten merkt, ein bisschen rückwärts und der andere folgt ihm. Dann kehrt dieser Planet wieder zurück und der erste weicht und jener folgt. So gehen beide, eine Zeitlang vorwärts und rückwärts schreitend, wie die Krebse einher, bis sie die Sonne zum Niedergang bewegen. Der Planet, der links von der Sonne stand, bleibt dort, und nun begleiten beide Planeten die Sonne und halten sie bei ihrem Niedergange, damit sie nicht zu schnell abwärts läuft. So führen sie sie bis zum Sternbilde des Löwen. Hier begegnen die beiden Planeten, die im Zeichen des Widders standen, der Sonne mit einem leise brummenden Ton. Die Sonne aber sendet, wie wenn sie erzürnt wäre über die Schwierigkeit bei ihrer Wende, große Hitze aus, so dass Blitze und Donner ertönen, weil sie sich nur schwer zum Abstiege wendet. Ist sie aber bis an das Sternbild der Jungfrau gelangt, so laufen ihr dort die beiden Planeten entgegen, die ihr bereits im Zeichen des Stiers in den Weg getreten waren. Von jetzt ab geht sie ihre Bahn langsamer und gelinder, weil ihre Wärme und Strenge abnehmen, da die Erde zu dieser Zeit keine neue Frucht mehr hervorbringt, sondern fast ganz im Vollgenuss der Reife dasteht. So gehen beide Planeten dann mit der Sonne einher bis zum Zeichen der Waage, wo Wachsen und Verdorren gleichsam wie auf einer Waage liegen, wo das Wachstum aufhört und die Dürre herannaht. Jetzt geht wieder der eine der beiden Planeten auf die eine und der andere auf die andere Seite der Sonne, und beide trennen sich dabei gerade so, wie sie es im Zeichen der Zwillinge taten. So lenken sie die Sonne bis zum Sternbilde des Skorpions, und hier bleibt der eine von ihnen zurück. Dann aber begegnet hier ein anderer Planet die Sonne, nämlich der, welcher unterhalb des Krebses verlief. Auch der Planet, welcher dort zur Sonne hinlief und rückwärts und vorwärts ging, bleibt nun bei der Sonne, und so gehen beide mit ihr zusammen. Dann, im Zeichen des Skorpions, sucht auch alles kriechende Getier seine Schlupfwinkel auf, in denen es sich über Winter verbergen kann. Die zwei vorher genannten Planeten aber ziehen so mit der Sonne weiter bis zum Stembilde des Schützen und verbleiben da. Jetzt, im Zeichen des Schützen, geht kein Planet mehr so mit der Sonne zusammen, wie sie bis dahin mit ihr gingen, sondern gestatten ihr, nach eigenem Gutdünken gemächlich und langsam ihre Bahn zu durchlaufen, weil sie jetzt doch schon im tieferen Abstieg sich befindet. Es ist so, wie wenn man ein Schiff flussabwärts bisweilen ohne Anwendung der Ruder langsam von selbst treiben lässt und diese eine Zeitlang außer Tätigkeit sind. Weil aber die Sonne abwärts geht, macht sich ihre Wärme besonders unter der Erde bemerkbar, sowie auch an den Gewässern, die von der Erde entfernt sind. Jene beiden Planeten, welche die Sonne bis zum Stembilde des Schützen begleitet haben, erheben sich jetzt zu den Wolken aufwärts und erwärmen durch ihre Eigenwärme die Luft mehr wie gewöhnlich. Andernfalls würde alles, was auf der Erde ist, zugrunde gehen. Auf diese Weise sind sie der Sonne bis zum Stembilde des Steinbocks dienstbar, wo dieselben Planeten die Sonne wieder zu ihrem früheren Aufstieg ermahnen und ihr dabei behilflich sind, wie bereits auseinandergesetzt worden ist. Die Sonne aber ist gewisser- maßen anzusehen wie der Hut des Firmaments, der sein Licht dem ganzen Firmament, der Erde und den Gewässern leuchten lässt und seine Wärme spendet, allerdings nicht allen im gleichen Maße. Denn diese ist in der Mitte der Erde am stärksten, und da ist die Erde durch die Sonne auch am kräftigsten, und alles, Früchte und Tiere, ist hier kräftiger entwickelt wie an den anderen Orten. Denn weil die Sonne ihre Strahlen über die verschiedenen Teile der Erde verschieden weit aussendet, sind da, wo die Länder abwärts gerichtet sind, sowohl die Erde wie auch die Früchte der Erde und die dort lebenden Tiere von geringerer Kraft wie in der Mitte der Erde. Der Weinstock verlangt zu seinem Gedeihen große Wärme und wächst durch die Wärme, und in einem Lande, wo viel Sonnenwärme ist, ist der Wein stark. Ebenso verlangt das Getreide Wärme und Kälte, und da, wo Sonnenwärme und Kälte vorhanden sind, wächst das Getreide üppig.
VON DER VERSCHIEDENHEIT DER ERDFRÜCHTE. Es gibt gewisse Gegenden, die warm sind, andere, die kalt, noch andere, die lauwarm sind. Dementsprechend verhalten sich auch die Menschen, die Tiere und die Früchte der Erde. Dennoch aber sind sie alle eines Geschlechtes, obwohl sie hier eine größere, dort eine geringere Kraft durch die Sonnenwärme besitzen.
VON DER FESTIGKEIT DES FIRMAMENTS. Das Firmament wird durch die Sterne zusammengehalten, so dass es nicht auseinanderfallen kann, wie der Mensch durch seine Gefäße aufrechterhalten wird, damit er nicht auseinanderfließt und in Stücke zerfällt. So, wie die Gefäße den ganzen menschlichen Körper von den Füßen bis zum Kopf hin durchziehen, so auch die Sterne das Firmament. Und wie das Blut in den Gefäßen sich bewegt, und wie das Blut die Gefäße in Bewegung setzt und sie springen und Pulsschläge liefern lässt, ebenso bewegt sich auch das Feuer in den Sternen und macht, dass sie sich bewegen und Funken wie Sprünge und schlagende Pulse aussprühen. Dies sind die gewöhnlichen Sterne, die in sich gleichsam eine Art von Stürmen auftreten lassen, je nachdem die Werke der Menschen gerade sind. Die Planeten aber werden, im Gegensatz hierzu, niemals bewegt, außer wenn sie durch die Sonne und den Mond beeinflusst werden und jene größeren Sternbilder es bestimmen. Von dem Orte aus, an den jeder Stern hingestellt ist, durchläuft er das ganze Firmament in auf steigender Richtung, wie ein Blutgefäß beim Menschen, das vom Fuße bis zum Kopf in die Höhe steigt. Dem ganzen Firmament spenden die Sterne Licht und Wärme, geradeso wie die Gefäße, die die menschliche Leber durchziehen, derselben Leber Blut und Wärme liefern. Die Sterne sind über das ganze Firmament hin gesetzt, sowohl über das Firmament, das wir am Tage sehen, wie auch über das, welches wir bei Nacht erblicken. Durch die gewaltige Helle der Sonne, die den Tag bedingt, werden aber die Sterne verdeckt, so dass sie tagsüber nicht gesehen werden können, weil das Sonnenlicht stärker ist wie das Licht der Sterne. Es ist so, wie wenn das gewöhnliche Volk schweigt, wenn die Fürsten genannt werden, und wenn die Fürsten sich zurückziehen, erst das gewöhnliche Volk in den Vordergrund tritt. Andernfalls würden die Sterne bei Tage ebenso gut wie bei Nacht wahrgenommen werden können.
WAS DIE STERNE ANDEUTEN. Die Sterne tun zuweilen viele Zeichen an sich kund, je nachdem wie die Menschen gerade in ihren Werken sich haben. Sie zeigen aber weder Zukünftiges noch auch die Gedanken der Menschen an, sondern nur das, was der Mensch bereits als eigenen Willen dargetan hat oder in Worten oder in Taten betreibt, weil die Luft dies aufnimmt. Sie teilt es den Sternen mit und sogleich offenbaren diese der Menschen Werke. Gott aber schuf die Sterne zum Dienst des Menschen, damit sie ihm leuchteten und dienten. Sie aber geben deshalb auch seine Werke zu erkennen, wie ein Diener den Willen und das Werk seines Herren kundtut. Wie nämlich die Seele im Menschen zunächst aufleuchtet und dann erst zur Tat schreitet, so leuchten auch die Sterne am Firmament und zeigen die Werke des Menschen an, während er schon dabei ist.
WAS DIE PLANETEN DEUTEN. Sonne, Mond und die übrigen Planeten zeigen nicht immer das menschliche Tun und Treiben an, sondern nur selten. Zeigen sie aber einmal etwas an, so handelt es sich um eine große Sache und betrifft die öffentlichen Angelegenheiten. Der oberste Planet, der „das Auge“ genannt wird, und der, welcher der nächste oberhalb des Mondes ist und „der Arme“ heißt, sind wie zwei Pflöcke an der tiefsten Stelle des Firmaments befestigt und den Menschen nicht sichtbar. Nur zuweilen, wenn die Wolken verfinstert sind, erscheint, von ihnen ausgehend, ein Wetterstrahl in den Wolken, zum Zeichen, dass etwas bevorsteht. Wenn aber an der Sonne einmal irgendwelche Zeichen sichtbar werden, so rührt dies davon her, dass jene beiden Planeten auf die Sonne losgehen, so dass auf diese Weise an der Sonne selbst Zeichen auftreten, die auf ein bevorstehendes Mirakel hinweisen. Beide Planeten werden aber nie so sichtbar, dass man sie ganz und voll sehen kann, bis kurz vor dem Tage des Gerichts. Dann senden sie ihren Glanz aus der Höhe überraschend auf die Erde herab, und kluge Menschen werden daraus ersehen, dass der Tag des Gerichtes herannaht. Der Planet aber, welcher „der Augenstern“ genannt wird und hinter dem obersten Planeten steht, bringt Überschwemmung und zeigt sie an. Er sieht nicht aus wie ein Stern, sondern schießt gewissermaßen Pfeile aus. Manchmal erscheint er in einem bleichen Glanz und dann kündet er etwas an. Der Planet aber, der hinter dem zweiten steht und „der Reiche“ heißt, hat angezeigt, dass Christus gegen den Teufel ankämpfen werde. Heute erscheint er nicht mehr als Stern, sondern wie eine Art Wetterleuchten am Himmel und verkündet dann kommende Wunderdinge. Wird aber einmal an der Sonne eine ungewöhnliche Verdunkelung beobachtet oder eine Veränderung in ihrer Farbe, so deutet dies auf bevorstehende, gewaltige Ereignisse in der Welt hin.
VON DER MORGENRÖTE. Der Grund dafür, dass die Sonne am Morgen bei ihrem Aufgange rot aussieht, liegt in der Kälte und Feuchtigkeit der Luft, weil die zu dieser Zeit herrschende Feuchtigkeit und Kälte die menschlichen Augen rot werden lassen. Ähnlich verhält es sich spät am Tage, wenn die Sonne am Abend rot aussieht: es kommt von der Kälte der Luft her, weil sie jetzt zum Ozean sich herabneigt. Der Abendstern aber, der auch „der Begleiter“ genannt wird, ist wie ein vertrauter, geheimer Freund der Sonne. Er bestimmt den Ertrag des Getreides und des Weines, einmal gibt es mehr, das andere Mal weniger. Nachher erscheint der Planet, welcher „der Arme“ genannt wird, und lässt seine Zeichen sehen, wie oben schon gesagt ist. Er schmälert auch den Ertrag der Früchte auf der Erde.
WAS DER MOND DEUTET. Erscheinen am Monde besondere Zeichen, so verursachen auch diese wieder jene beiden Planeten, die im tiefsten Grunde des Firmaments wie zwei Pflöcke befestigt, die Sonne angehen, ihre Zeichen kundzugeben, und den Mond dadurch beeinflussen, dass sie ihn entweder anzünden oder verdunkeln. Der Mond aber nimmt die üblen, unnützen Dünste aus der Luft in sich auf wie auch die Wärme der reinen Luft, die nutzenbringende mäßige Bewegung der Luft, die Gefahren der Unwetter, die kräftige Luft, welche alles Wachstum bedingt, die Luft, die die Früchte werden lässt, und die, welche Dürre und Mangel herbeiführt, und dies ist der Winter. Dies alles sammelt er in sich auf wie ein Mann, der Wein in einen Schlauch füllt, in diesem auf hebt und dann wieder austrinkt. Ebenso sammelt der Mond dies alles beim Zunehmen in sich auf und trinkt es beim Abnehmen wieder aus. Daher sind seine Tage einmal gut, ein andermal schlecht, die einen nutzenbringend, die anderen unnütz, einige stark, andere schwach, einige hässlich und andere schön grün, einige sind trocken, andere wieder schädigen dauernd den Ertrag der Früchte. Wie der Mond alle diese wechselnden Eigenschaften besitzt, so erweist sich auch an der Feuchtigkeit im menschlichen Körper der Wechsel und die Veränderlichkeit im Schmerz, bei der Arbeit, in der Klugheit und im Glück. Man darf nicht daran denken, dass die Säfte der menschlichen Körper von der Sonne bestimmt und so von ihr beeinflusst würden, weil diese selbst sich immer gleichbleibt und weder zu- noch abnimmt. Auch nach den Sternen dürfen sie nicht beurteilt werden, weil die Sterne nicht nur aus sich selbst heraus handeln, sondern vom Monde abhängig sind. Dasselbe gilt für die Jahreszeiten, weil diese durch den Mond geregelt werden, und auch für die Beschaffenheit der Luft, also Regengüsse oder die Dürre des Winters oder des Hochsommers, weil auch diese unter dem Einflüsse des Mondes wirken. Alles wird nach dem Mond geregelt, weil er die Mutter aller Jahreszeiten ist und, wie die Söhne einer Mutter nach der Mutter gezählt werden, so auch alle Zeiten nach dem Monde gerechnet werden. Auch die Luft und die Sterne nehmen bisweilen die Werke der Menschen in sich auf und dehnen sich ihnen entsprechend manchmal nach göttlicher Bestimmung aus, vereinigen sich und senden ihren Hauch aus. Und wenn sie hierzu sich erheben, so wird nachfolgend der Mond in Tätigkeit versetzt, und dementsprechend werden die Tage entweder hell und klar sein oder stürmisch. So wird also der Mond von vielen Gefahren und Stürmen bedrängt, wie auch eine Mutter viele Gefahren und viel Leid bei der Geburt ihrer Kinder aussteht. Deshalb sind auch die Zeiten des Mondes gesund und ungesund, reif und unreif. Wenn der Mensch so handelte, wie er eigentlich müsste, würden alle Jahreszeiten und die Luft in den Jahreszeiten gleichbleiben, also in dem einen Frühling so wie im vergangenen Frühjahre, in diesem Sommer so wie im letzten Sommer und so auch die übrigen. Weil aber der Mensch in seinem Ungehorsam sich über die Furcht vor und die Liebe zu Gott hinwegsetzt, überschreiten auch alle Elemente und Zeiten ihre Rechte. Das lässt sich mit den Eingeweiden im Menschen vergleichen. Denn wenn der Mensch das ihm zustehende Maß überschreitet, so folgen ihm seine Eingeweide. Mit schlechten Werken setzt er sich über die Gerechtigkeit hinweg, beschwert und verdunkelt Sonne und Mond: und diese lassen dann, dem ihnen gegebenen Beispiele folgend, Stürme, Regengüsse und Dürre auftreten. Denn der Magen und die Blase des Menschen nehmen alles auf, wodurch sein Körper ernährt wird. Erhalten diese beiden Speise und Trank im Übermaß, so bringen sie dem ganzen Körper die Unwetter der verdorbenen Säfte, wie auch die Elemente sich nach dem Beispiele des Menschen verhalten. Denn der Mensch sät seinen Samen aus, wenn die richtige Zeit in Wärme und Kälte eingetreten ist, und dieser erhebt sich dann zur Frucht. Wer aber würde wohl so töricht sein, dass er seinen Samen während der größten Sommerhitze oder der strengsten Winterskälte aussäte? Dieser würde ja zugrunde gehen und nicht auf gehen.
VON DER ZEIT DER ZEUGUNG. So ergeht es den Menschen, die weder die Reifezeit ihres Alters noch auch die Mondzeit beachten, sondern jederzeit nach Willkür zeugen wollen: ihre Kinder schwinden unter vielen Schmerzen körperlich dahin. Gott aber nimmt dennoch seine jungen Knospen zu sich, auch wenn sie körperlich hinfällig sind. Deshalb muss der Mann auf die Reifezeit seines Körpers achten und auch die richtigen Mondzeiten mit soviel Sorgfalt suchen, wie jemand, der seine reinen Gebete an Gott richtet, dass heißt also: er soll seine Nachkommenschaft zu der Zeit zeugen, wo seine Kinder nicht aus Schwäche zugrunde gehen müssen. Er soll nicht handeln wie ein Mensch, der seine Speisen wie ein Fresser in sich hinein schlingt, der sich um die richtige Essenszeit nicht kümmert, sondern er soll sein wie der, welcher die ordentliche Zeit innehält, damit er nicht sei wie ein Fresser. So also hat der Mensch sich zu verhalten und die richtige Zeit für seine Zeugung zu erforschen. Der Mann soll sich dem Weibe nicht nähern, solange dies noch Mädchen ist, sondern erst dann, wenn es Jungfrau ist, weil es dann reif ist. Auch soll er das Weib nicht berühren, ehe er einen Bart hat, sondern erst dann, wenn er einen Bart hat, weil er dann reif ist zur Fruchtbarkeit für die Nachkommenschaft. Ein Mensch, der in Fressen und Saufen dahinlebt, wird oftmals an seinen Gliedmaßen aussätzig und verkrümmt. Wer aber Maß hält im Essen und Trinken, wird gutes Blut und einen gesunden Körper haben. So auch geht der Mensch, welcher ständig in seiner Leidenschaft und im Übermaße seiner Körperkraft seinen Begierden nachgibt und, wenn sich der Drang zur Zeugung in ihm erhebt, seinen Samen verschwenderisch von sich gibt, oft genug an seinem eigenen Samen zugrunde. Wer aber seinen Samen zur rechten Zeit vergießt, bringt auch recht geartete Kinder hervor.
VON DEN ELEMENTEN. Die Elemente aber trinken alles, was zur menschlichen Natur gehört, wenn der Mensch die Elemente in sich auf nimmt, weil der Mensch mit ihnen ist und sie mit dem Menschen sind, und demgemäß fließt auch das Blut des Menschen. Daher steht auch geschrieben: „Himmel und Erde klagen über den Menschen!“, weil die ruhelosen Zwistigkeiten in den Werken der Menschen die Elemente oft in Bewegung setzen, wie wenn ein Mann ein Netz in seiner Hand hält und dies bewegt. Ebenso auch bringt der Mensch die Elemente in Bewegung, so dass sie, je nach seinem Tun, ihre Ausstrahlungen aussenden.
VOM EINFLUSS DES MONDES. Die Zeit des Mondes regiert nicht über die menschliche Natur, wie wenn er ihr Gott sei und als ob der Mensch irgendwelche Naturkraft von ihm erhielte oder als ob der Mond der menschlichen Natur irgendetwas zuwende oder entzöge oder für irgend- etwas bestimmte. Vielmehr begegnet der Mond dem Menschen im Luftgeschmack eines jeden seiner Lebenswerke. So werden das Blut und die Säfte, die im Menschen sind, nach dem Zeitpunkt der Mondbewegung bewegt, das heißt: je nachdem der Mond die Luft bei gutem Wetter oder im Unwetter bewegt, und je nachdem dann Blut und Säfte im Menschen fließen, fasst die Feuchtigkeit im Menschen dessen Natur in seinem äußeren Benehmen zusammen. Aber auch wenn die Gefäße des Menschen anschwellen, also unter dem Einflüsse von Zorn, Jähzorn, Begierde, Trinkgelagen, Trauer und körperlicher Krankheit sowie des ständigen Wechsels im Durcheinander der menschlichen Gewohnheiten, nimmt all diesem entsprechend die Feuchte im Menschen den Geschmack davon in ihre Natur auf, wie jede gekochte Speise ihren eigenen Geschmack, je nach ihrer Art, festhält. Gleichwohl durchdringt, wie schon gesagt ist, der Heilige Geist das ganze menschliche Wesen, wie zum Beispiel bei den Propheten, den Weisen, den Guten und den Gerechten, indem er sie mit aller sorglichen Auswahl an sich zieht und, wie die Sonne die Wetterwolken, durchdringt und durchleuchtet, so dass dies Durchdringen mit dem Feuer des Heiligen Geistes die schwankende Natur des Menschen besiegt, wie geschrieben steht: Alles, was aus Gott geboren ist, besiegt die Welt!, und so sündigt der Mensch nicht. Wie geringe Speisen durch den Geschmack der Gewürze in besser schmeckende gewandelt werden und so ihren gewöhnlichen Geschmack verlieren, ebenso wird auch durch das Feuer des Heiligen Geistes die minderwertige Art des Menschen in eine bessere, als sie durch seine Empfängnis war, umgewandelt. So wird der Mensch ein anderer in seiner Natur, weil das, was himmlisch ist, das, was irdisch ist, besiegt und überwindet. Deshalb freut sich alles in Gott, und die alte Schlange ist zum Spott geworden. Jetzt aber machen, wie oben gesagt, die übrigen kleinen Sterne die verschiedenen, alltäglichen und minderwertigen Taten der Menschen sichtbar. Ist nämlich gutes Wetter in den Wolken und besteht in der Luft keinerlei Bewegung der Winde, Unwetter und Regengüsse, leuchten also die Sterne in ihrem vollen Glanze, und verdeckt dann irgendeine Wolke alle Sterne, so dass sie nicht gesehen werden können, trotzdem keinerlei Bewegung in der Luft vorhanden ist, und bleibt das so die ganze Nacht hindurch, ja wohl gar in gleicher Weise noch durch die folgende und die dritte Nacht, so ist das nicht ohne Bedeutung für die Voranzeige irgendeines Wunders. Verdeckt aber eine Wolke die Sterne nur an einer Stelle, so dass sie dort nicht gesehen werden können, verzieht sich aber in kurzer Zeit wieder, so hat dies nichts zu bedeuten, wenn auch die Luft ganz ruhig ist.
WESHALB DIE PLANETEN AUS SICH HERAUS NICHTS ANKÜNDIGEN. Alle diese Vorbedeutungen rühren nicht her von einer Eigenkraft der Planeten, Sterne oder Wolken, sondern Gott hat sie zugelassen, und sie geschehen nach seinem Willen und Ratschluss, weil Gott den Menschen ihre Werke vor Augen stellen wollte, so, wie die Münze das Bild ihres Regenten zeigt.
VON DER MACHT DES FEUERS. Als Gott die Welt erschuf, gründete er sie, wie bereits gesagt, auf die vier Elemente: Feuer, Luft, Wasser und Erde. Das Feuer, welches an höchster Stelle des Firmaments wie auch unter den Elementen steht, besitzt fünf Kräfte: Hitze, Kälte, Feuchtigkeit, Luft und Bewegung, so wie der Mensch aus fünf Sinnen besteht. Das Feuer brennt, aber die Kälte widersteht ihm, dass seine Hitze nicht über ihr Maß sich ausbreiten kann. Das Wasser kommt ihm mit seiner Feuchtigkeit zu Hilfe, damit sein Dampf aufsteigen kann. Durch die Luft aber gerät das Feuer in Brand und durch die Bewegung wird es angefacht, dass seine Flamme leuchtet.
VON DEN KRÄFTEN DER LUFT. Der Luft aber eignen vier Kräfte: sie sendet den Tau aus, bringt alle Gewächse zum Grünen, setzt den Windhauch in Bewegung, durch den sie die Blüten hervorlockt, und verteilt überallhin die Wärme, durch die sie alles reifen lässt, wie sie selbst auch über die vier Teile der Welt hin ausgebreitet ist. Die Luft ist der Hauch, der im Tau den keimenden Pflanzen die Feuchtigkeit eingießt, damit alles ergrünen kann, der durch sein Wehen die Blumen hervorbringt und durch seine Wärme allem die völlige Reife gibt. Die Luft aber, die der Lage des Mondes und der Sterne am nächsten ist, befeuchtet die Gestirne ebenso, wie die irdische Luft die Erde und die unverständigen wie die mit Sinnen begabten Tiere, je nach ihrer Art, belebt und bewegt, ohne dabei selbst abzunehmen. Wenn aber diese Tiere sterben, so kehrt die Luft zu ihrer früheren Stelle wieder zurück, nimmt dabei aber nicht an Menge zu, sondern bleibt so, wie sie früher war. Die Erdluft aber, die die Erde mit Feuchtigkeit tränkt, lässt Bäume und Kräuter grünen, wachsen und sich bewegen. Audi wird sie, solange sie in ihnen steckt, an Menge nicht weniger, noch auch nimmt sie zu, wenn sie die gefällten oder ausgerissenen Pflanzen verlässt. Sie bleibt in demselben Zustande wie zuvor.
VON DEN KRÄFTEN DER SEELE. Die Seele des Menschen, die von Gott in den Menschen vom Himmel herab kommt, ihn belebt und ihm seinen Verstand gibt, stirbt nicht, wenn sie den Menschen verlässt, sondern wandert, ewig lebend, entweder zum Lohne für ihr Leben oder zu den Qualen des Todes.
VON DEN KRÄFTEN DES WASSERS. Das Wasser besitzt fünfzehn Kräfte: Wärme, Luft, Feuchtigkeit, das Überschwemmen, die Geschwindigkeit und die Beweglichkeit. Den Bäumen gibt es ihren Saft, den Früchten den Geschmack, den Kräutern ihr Grünen. Mit seiner Feuchtigkeit durchdringt es alles mit Nässe, trägt die Vögel, ernährt die Fische, lässt die Tiere in seiner Wärme leben, behält das Gewürm in seinem Schaum zurück und trägt alles, ebenso wie die zehn Gebote und die fünf Bücher Mosis im Alten Testament es tun, die Gott alle für die geistige Einsicht bestimmt hat. Denn aus lebendiger Quelle entspringen die Gewässer, die alle Unsauberkeit abwaschen. In allen beweglichen Geschöpfen ist auch das Wasser leicht beweglich und für die unbeweglichen Kreaturen die zündende Ursache allen Wachstums. Durch die Wärme der feuchten Luft fließt es: Hätte es diese Wärme nicht, so würde es wegen der Kälte hart sein. Durch die Wärme der Luft also sinkt es herab und durch ihre Feuchtigkeit fließt es. Hätte es diese Luft nicht, so würde es nicht fließen können. Durch diese drei Kräfte: die Wärme, die Feuchtigkeit und die Luft besitzt es seine Leichtbeweglichkeit, so dass ihm nichts widerstehen kann, wo es selbst die Überhand bekommen hat. Den Bäumen liefert es den Saft, macht sie durch seine Luft beweglich und verleiht durch seine warme Feuchtigkeit den Früchten der Obstbäume, je nach ihrer Art, den Geschmack. Durch seine fließende Feuchtigkeit haben die Kräuter ihr Grünen in sich, und die Steine schwitzen von seiner Feuchtigkeit. So fasst des Wassers Kraft alles zusammen, damit es nicht zu Schaden kommt, weil seine Feuchtigkeit in allem schwitzt. Auch die Wasservögel trägt das Wasser mit seiner Wärme und ernährt die Fische, weil sie in ihm entstanden sind und von seinem Hauche leben. Die wilden Tiere aber, die im Wasser aushalten können, halten durch seine Wärme aus, und die kriechenden Tiere erhalten durch den Hauch des Wassers ihre Lebensluft, so dass sie auf diese Weise leben können. So hält und trägt das Wasser alles durch seine Kräfte.
VON DER MATERIE UND DER BELEBUNG DER GESCHÖPFE. Als im Anfang Gottes Wort ertönte, war die Masse der Kreaturen ohne Feuer und kalt. Der Geist Gottes, welcher Feuer und Leben ist, schwebte über den Gewässern. Damals hat derselbe Geist aller erschaffenen Kreatur das Leben eingehaucht, jeder nach ihrer Art, und mit diesem Einhauchen ein Feuer in ihr an gezündet, damit alles Erschaffene, je nach seiner Art, Feuer und Leben in sich trüge. Das Wirken des göttlichen Wortes erweist sich im Ergrünen. Es würde kein Grün vorhanden sein, wenn es nicht durch Feuer und Wärme unterhalten würde. Alle Kreatur müsste ohne jeden Trost verlassen dastehen, auseinanderfallen und zugrunde gehen, wenn sie nicht durch das Fundament des feurigen Lebensgeistes gefestigt würde.
VON DER BEWEGLICHKEIT DES WASSERS. Gleichwie der Geist des Herrn Feuer und Leben bedeutet und aller Kreatur ihr Sein und Leben verleiht, ist auch das Wasser in sich leicht beweglich, weil es die anderen Geschöpfe sammelt, hält und stärkt. Außerdem ist es schlüpfrig und unbeständig, bringt vielem Leben und Tod. Einige Lebewesen hält es auch in sich, die, von besonderer Beschaffenheit, sich über seine Oberfläche nicht erheben können, weil sie fallen würden, und diese tötet es zuweilen. Gleichwohl ist im Laufe des Wassers, wo es auch fließt, Wind und Feuer vorhanden.
VON DER SONNE UND IHREN GEWÄSSERN. Die Gewässer, welche sich nahezu inmitten der Sonne befinden, wenn die Sonne mitten im Firmament wie in dessen Herzen steht, sind sehr mächtig und haben einen ausgedehnten Verlauf. Von der Sonnenwärme sind sie dick und von der Luft kräftig.
Von der Fließkraft werden sie nicht beeinträchtigt, weil sie nicht fließen. Vom Winde aber werden sie doch bewegt. Auch zieht die Sonne bisweilen das Feuer, welches sich in den Gewässern befindet, an sich, und der Sturmwind sammelt manchmal dieselben Gewässer in gewaltigen Wellen, wie eine Flamme, die irgendeinen Gegenstand in Brand setzt. Dann erhebt sich das Wasser wie ein Feuer, das aufflammt, und das Wasser folgt dem Feuer nach, und so erheben sich gleichsam Hügel und Berge. Wenn diese aber darauf weichen und gebändigt werden, lassen sie ihren Samen, das aus Feuer und Wasser entstandene Salz, herabfallen, so wie die Kräuter bei ihrer Reife ihre Samen auswerfen.
VOM SALZ. Vom Feuer hat das Salz seine Trockenheit, sein Geschmack aber rührt her von der Feuchtigkeit des Wassers.
VON DER VERSCHIEDENHEIT DER GEWÄSSER. Die Bäche, welche von diesen großen Wassern, das heißt: vom Meere aus, fließen, und die Quellen, welche aus ihnen entspringen, sind salzig und haben ein stärkeres Feuer und größere Kräfte in sich, wie die übrigen Gewässer. So hat auch das Herz mehr Kräfte, wie der übrige Körper. Denn die großen Ströme, von welchen sie herstammen, besitzen größere Kräfte, wie die übrigen Flüsse, weil sie über den ersten, gesunden, von Anbeginn an gelegten Sand fließen und nicht über den, den sie bei ihrem Verlauf gebildet oder bloßgelegt haben. Das Wasser bildet gewissermaßen den Wasserkörper der Erde und die Erde gleichsam das Herz des Wassers, weil das Wasser die Erde umgibt und durchdringt, ebenso, wie der Leib das Herz in sich begreift und bedeckt, und die Erde hält ihrerseits das Wasser, wie auch das Herz den Körper hält. Das Wasser aber des großen Meeres, das die Welt umgibt, bildet sozusagen die eine Seite jener Gewässer, welche sich oberhalb des Firmaments befinden, weil die in der größten Höhe über dem Firmament vorhandenen Gewässer sich mit denen der größten Tiefe unterhalb des Firmaments gegenseitig verbinden. Diesen Gewässern sind vielfältige Schichten des Firmaments entgegengelagert, die wie die Blätter der Schreibtafeln zusammengefaltet sind, damit sie die verschiedenen Strömungen und Überschwemmungen der Gewässer Zusammenhalten. Wie aber die Seele die Vernunft, den Verstand, das Wissen und das Gefühl in sich zusammenfasst, so hält auch das Firmament die vier Elemente, ihrer Eigenart entsprechend, und lässt sie nicht zugrunde gehen. Diese Gewässer bleiben ununterbrochen so, wie sie einmal hingestellt sind, und bewässern ihren Schild, das heißt: die Erde, indem sie ihr Wasser darauf - und ausgießen, so, dass diese sich zuweilen über die Erde hin ausbreiten und manchmal auch sich erheben und hochsteigen. Ein andermal werden sie im Regen ausgegossen, und so festigt das Wasser seinen Schild durch die Winde und die Luft, damit er nicht auseinanderfließt und herabfällt. Die seit der Schöpfung nach Osten hin gelegte Sandfläche am Meere wird häufig berührt von den immerwährenden Lüften der Erde. Daher stammen die Gewürze und die anderen Heilkräuter in diesem Sande. Wenn der Mensch diese haben könnte, würde er an keiner Krankheit mehr zu leiden haben. Aber auch wenn gewisse Steine von diesem Sande aus ausfließen und so in den Besitz des Menschen kommen könnten, würden sie Krankheiten, Seuchen und Fäulnis von ihm wegscheuchen. Das Wasser ist aber dort so groß und so tief, dass man sie nicht erlangen kann.