Usir - Roxane Bicker - E-Book

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Roxane Bicker

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Beschreibung

München, 1891. Seit seinem Versuch, Anubis zu beschwören, liegt Bernhard Junker in katatonischer Starre. Jetzt, zwei Jahre später, erwacht er und verübt grausige Bluttaten. Rosa und ihr Mann Paul versammeln in München die Gemeinschaft, die schon Junkers Beschwörung verhindert hat: Daisy und Maresh reisen aus London an, Carl Wilhelmi von seinen Ausgrabungen in Ägypten, Franz Gattenbrink aus seiner Praxis. Gemeinsam begeben sie sich auf Junkers blutige Spur, um ihn aufzuhalten. Ihre Suche führt sie bis nach Kampanien, zu altrömischen Dichtern und hinein in die ägyptische und griechisch-römische Mythologie.

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HYBRID VERLAG

Vollständige elektronische Ausgabe

11/2021

 

Usir – Die Herren des Schakals

 

© by Roxane Bicker

© by Hybrid Verlag, Westring 1, 66424 Homburg

 

Umschlaggestaltung: © 2021 by Creativ Work Design

Lektorat: Mattias Schlicke

Korrektorat: Rudolf Strohmeyer

Buchsatz: Paul Lung

Autorenfoto: Jens Bicker

 

Coverbild ›Wellenbrecher‹

© 2021 by Juliane Buser – Grafikdesign (www.jb-grafikdesign.de)

Coverbild ›Spiel der Mächte - Erwachen‹

© 2019 by Magical Cover Design, Giuseppa Lo Coco

Coverbild ›Shevon‹

© 2019 by Andrea Gunschera; magi digitalis | media production; www.magi-digitalis.de

 

ISBN 978-3-96741-135-5

 

Inhaltswarnungen / Content Notes zum Buch finden sich auf der Homepage der Autorin: www.roxanebicker.com

 

www.hybridverlag.de

www.hybridverlagshop.de

 

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.de abrufbar.

 

Printed in Germany

 

 

Roxane Bicker

 

 

 

USIR

-

Die Herren des Schakals

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Fantasy

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Weltschmerz

 

Ich, der brennende Wüstenwind,

Erkaltete und nahm Gestalt an.

 

Wo ist die Sonne, die mich auflösen kann,

Oder der Blitz, der mich zerschmettern kann!

 

Blick' nun: ein steinernes Sphinxhaupt,

Zürnend zu allen Himmeln auf.

 

Hab' an meine Glutkraft geglaubt.

 

 

Else Lasker-Schüler

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ägypten

Insel Elephantine

 

November 1889

 

 

Prolog

 

Heinrich von Arnhem seufzte leise und strich sich über die Augen. »Nun gut«, sprach er zu Rosa, die ihm gegenüber saß. »Es ist wohl an der Zeit. Tochter, lass mich dir eine Geschichte erzählen. Vor uralten Zeiten lebten die Götter gemeinsam mit den Menschen auf Erden. Osiris war der Herrscher über Götter und Menschen. An seiner Seite standen sein Bruder Seth sowie Isis und Nephthys, ihre Gemahlinnen. Allesamt waren sie die Kinder von Geb, der Erde, und Nut, dem Himmel. Doch was Osiris an Güte und Freundlichkeit mitbrachte, das besaß Seth an Neid und Missgunst. Eifersucht auf die Macht seines Bruders ließ ihn finstere Pläne schmieden.«

»Vater. Ich kenne die alten Legenden zu Genüge. Wolltest du nicht …?«

Sein erhobener Zeigefinger gebot Rosa Schweigen. »Geduld, Tochter.« Er schob sich die goldumrandete Brille auf die Nasenspitze und musterte sie eindringlich über die Gläser.

»Nephthys wurde Seths überdrüssig und ging eines Tages in Gestalt ihrer Schwester Isis zu Osiris. Diese Zusammenkunft blieb nicht ohne Folgen und Nephthys erwartete ein Kind. Aus Angst vor Seth verbarg sie sich, gebar im Geheimen ihren Sohn und setzte ihn aus. In ihrer Verzweiflung offenbarte sie sich ihrer Schwester Isis, die ihr verzieh, das Kind aufspürte und ihm den Namen Anubis gab. Sie nahm ihn an Sohnes statt an und zog ihn auf. Fortan blieb er als treuer Begleiter an ihrer Seite.

Schließlich setzte Seth sein Vorhaben in die Tat um. Er erstickte, ertränkte und zerstückelte seinen Bruder Osiris. Die Suche der Isis nach den Körperteilen ihres Gemahls ist eine eigene Geschichte, die wir hier überspringen. Anubis half Isis, ihren Gatten wieder zusammenzusetzen. Er mumifizierte ihn und ermöglichte ihm damit ein Weiterleben als Herrscher des Jenseits. So wurde Anubis zum Gott der Balsamierung, zum Begleiter der Seelen vom Diesseits ins Jenseits. Er war in beiden Welten zu Hause und hielt die Verbindung von Isis und Osiris aufrecht.

Als die Götter sich schließlich von der Erde zurückzogen und die Herrschaft über Ägypten den Menschen anvertrauten, beauftragte Anubis eine Gruppe von ihnen, als seine Unterstützer zu dienen. Sie nannten sich neb sab - die dem Schakal Zugehörigen.

Später wurde dies von einigen fälschlicherweise umgedeutet in ›Herren des Schakals‹ und sie fühlten sich nicht mehr von Anubis beauftragt, sondern versuchten nun ihrerseits, ihn zu beherrschen. Die von Anubis Erwählten spalteten sich auf, in die Herrscher, die Anubis unterwerfen wollten, um an dessen Macht zu gelangen, und die Diener, die sich weiterhin als ausführende Hand des Gottes verstanden.«

Heinrich von Arnhem zog die Brille ab und legte sie auf den Schreibtisch. Er streckte die Beine aus, lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. Er sah aus dem Fenster seines kleinen Hauses hinaus auf den Nil.

»Machen wir einen Sprung aus der mythischen Vorgeschichte in die jüngere Vergangenheit. Zu einem jungen Mann aus gutem Hause, der sich der Archäologie widmete und ein Forschungssemester in Rom verbrachte. Dort traf er auf einen Mitarbeiter des Archäologischen Institutes, der bereits seit einigen Jahren in Rom lebte und arbeitete. Beide Männer teilten denselben Vornamen, die Leidenschaft für die Archäologie und die Geheimnisse der antiken Kulturen. Sie freundeten sich alsbald an.«

»Doch nicht etwa Heinrich Kirch?«, fragte Rosa verwundert.

Ihr Vater hob nur die Schultern.

»Jener junge Mann hegte schon damals eine Vorliebe für das alte Ägypten, seine Götter und Tempel. Er hatte bereits einige Jahre zuvor mit seinem Vater das Land bereist und dabei in der Nähe des Tals der Könige ein Ostrakon gefunden, auf dem von den Herren des Schakals die Rede war.« Er zog eine Schublade seines Schreibtisches auf und holte eine beschriftete Kalksteinscherbe hervor, die er vor sich legte.

Rosa widerstand dem Drang, nach ihr zu greifen.

»Diese Scherbe war sein kostbarster Besitz. Er hatte seither versucht, mehr über die Vereinigung herauszufinden, und teilte das Wissen nun mit seinem neuen Freund. Es stellte sich heraus, dass auch der einen Hang zum Okkulten hatte. Bald stieß ein Dritter zum Bunde hinzu, ein junger Mediziner, der sich in Rom niedergelassen hatte. Die Männer beschlossen, zunächst zum Spaß, den Schakalsbund wieder auferstehen zu lassen. Als Zeichen ihrer Verbundenheit stellten sie sich Ringe her, in die ein Schakal eingeritzt war. Ihre Forschungen führten sie immer tiefer hinein in die Mysterien und die Magie. Sie versuchten sich an uralten Beschwörungsformeln und …«

Heinrich von Arnhem legte die rechte Hand über die Augen. Seine Stimme war nur noch ein Flüstern, als er weitersprach.

»Sie hatten Erfolg. Der Arzt zeigte ein besonderes Talent dafür, den antiken Zaubertexten Leben einzuhauchen. Nach diesem ersten Gelingen wurde es zu einer regelrechten Besessenheit, weitere Texte zu finden und auszuprobieren. Es blieben nur wenige, denen sie eine Wirkung zu entlocken vermochten, doch jener eine …«

Wieder schwieg er. Als er schließlich die Hand von seinem Gesicht nahm und Rosa anblickte, konnte sie den Schmerz in den Augen ihres Vaters erkennen.

»Ein Mensch verlor sein Leben. Der junge Mann bekam es mit der Angst zu tun und floh. Den Ring versteckte er und versuchte zu vergessen, was geschehen war. Der Zufall wollte es, dass sein ehemaliger Freund und er sich Jahrzehnte später in derselben Stadt wieder begegneten. Aus dem jungen Mann war inzwischen ein verdienter Forscher und Ausgräber geworden, er war verheiratet, verwitwet und es gab eine Tochter, um die er sich kümmern musste. Die Begegnung bestärkte ihn in der Überzeugung, seiner Heimat endgültig den Rücken zu kehren und nicht mehr zurückzukommen. Es scheint, als hätten der Arzt und der Archäologe ihre Bemühungen und Forschungen nie aufgegeben.«

»Der Arzt. Ich nehme an, sein Name war Bernhard Junker?«

Stumm senkte Rosas Vater den Kopf und griff nach der Steinscherbe. Er drehte und wendete sie in den Händen und strich mit dem Finger über die Inschrift auf der Vorderseite.

»Ja«, sagte er schließlich. »Du weißt, was das bedeutet?«

Sie nickte. »Dass Direktor Heinrich Kirch uns die ganze Zeit etwas vorgespielt hat. Dass er vermutlich selbst einer der Teilnehmer an der Beschwörung des Anubis war. Dass Junker und er unter einer Decke stecken.«

»Dass sie in all den Jahren ihre Bemühungen nicht aufgegeben haben«, ergänzte Heinrich von Arnhem. »Und neue Verbündete fanden.«

Rosa dachte an den Chor, der vor einem knappen halben Jahr das Ritual in der Lenbachvilla begleitet hatte. Vier Personen. Wenn tatsächlich Heinrich Kirch dazu gehörte, wer waren dann die anderen drei?

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

München

Dezember 1891

1

Die verlorene Seele

 

Am Anfang war die Urfinsternis. In der Schwärze schwebt meine Seele. Ich bin allein. Da ist nichts. Nur die Dunkelheit und ich. Wenn ich hinunterschaue in den Abgrund, ist dort kein Wasser unter mir. Nur das Nichts.

Wie bin ich hierhergekommen? Ich weiß es nicht. Ich weiß nichts. Keine Erinnerungen, keine Gedanken an die Zukunft. Nur das Hier und Jetzt. Ich schwebe.

Dann höre ich die Stimme. Sie spricht, doch ich verstehe sie nicht. Wie auch – es ist nichts Körperliches an mir, das diesen Klang aufnehmen könnte. Aber ich höre! Gibt es dort noch etwas, das nicht nur Seele ist? Etwas außerhalb des Geistes und der Dunkelheit?

Ich halte inne in meiner Bewegung und sinke darnieder. Der Klang. Die Stimme. Wie sanfte kleine Noten schweben sie funkelnd in die Finsternis hinein. Ich versuche, sie zu greifen, zu erfassen, ihrer habhaft zu werden, doch sie entgleiten meinen körperlosen Fingern.

Finger. Ja, da ist etwas. Eine Empfindung, die außerhalb der Finsternis liegt. Ein Kribbeln, ein Zucken. Eine Berührung. Die Klänge verändern sich. Diese Noten sind dunkler, tiefer. Langsamer schweben sie an mir vorbei und verklingen im Nichts.

Fort.

Stille.

Langsam treibe ich weiter durch das Schwarz. Wohin?

Ich habe kein Ziel, keinen Start, ich bewege mich einfach weiter.

Wohin?

Ich.

Was bin ich? Eine Seele. Ein Geist. Ein Körper?

Zucken. Kribbeln.

Fort.

Stille.

Luft. Atmen. Ein und aus. Ein und aus. Langsam, mühsam. Luft, die in meine Brust strömt. Finger. Brust. Da ist noch mehr.

Die kleinen, zarten, plätschernden Noten sind erneut da. Hell und spielerisch tanzen sie durch die Finsternis, nur um bald darauf zu verstummen.

Ich sehne mich danach zurück. Kämen sie doch nur wieder. Ich will sie nicht nur sehen, wie sie die Dunkelheit erhellen. Ich will sie hören, will sie spüren, sie fühlen. Fühlen. Da ist es wieder, das Kribbeln. Das Zucken. Die Berührung. Die Luft. Atem, der über meine Lippen strömt.

»Ich weiß, dass du da bist. Ich weiß, dass du mich irgendwann verstehen wirst.«

Ich zucke zurück. Verschwinde in der Schwärze, die mir so lange Schutz geboten hatte. Laut. So laut. SO LAUT.

Fort.

Hinweg von diesem Schmerz und zurück in die Geborgenheit des Nichtseins.

Schwarz. In der Schwärze vor mir zeichnet sich ein Gesicht ab. Schwärzer als das Schwarz, dunkler als die Urfinsternis. Eine spitze Schnauze, Augen wie Obsidian, aufmerksam aufgerichtete Ohren.

Der Schakal!

Ihm bin ich treu gefolgt, ihm habe ich mich ergeben, ihn habe ich beherrschen wollen. Schwarze Augen mustern mich, wiegen mich, befinden mich für zu leicht. Ein Finger. Zart. Rosig. Er streckt sich aus, berührt mich an der Stirn. Ich zucke zurück.

Am Anfang war die Urfinsternis. In der Schwärze schwebt meine Seele.

Nein. Nicht mehr. Ich sah das Licht. Ich vernahm die Klänge. Ich spürte die Berührungen. Nicht mehr. Nein. Er wird mich nicht zurückhalten können. Der Schakal besitzt keine Macht über mich.

»Der Schakal besitzt keine Macht über dich. Wenn du es nur genug willst, so kannst du ihm entkommen.«

Entkommen. Hinaus aus der Schwärze. Fort aus der Finsternis. Weg von der Dunkelheit. Doch wo finde ich den Ausgang?

»Fühlst du es? Kannst du es spüren? Ich bin da und ich komme wieder. So lange, bis du erwacht bist.«

Zeit. Wie viel Zeit ist vergangen?

Fort.

Stille.

Nein. Stille, aber dort ist jemand. Kühle auf meiner Brust. Eine Hand an meinem Arm.

Stille.

Kein Wort.

Stille.

LICHT! Blendende Helligkeit sticht mir durch Körper, Geist und Seele, als das Tor, das mich von der Außenwelt abschirmt, aufgerissen wird. Schmerz. Vorbei.

Finsternis.

Stille.

»Ich weiß, dass du es fühlen kannst. Ich weiß, dass du mich hörst. Ich weiß, dass du geschaut hast.«

Eine kleine, weiche Hand legt sich in meine Finger. Ich drücke sie. Wärme.

»Wir brauchen Zeit. So lange hast du hier unbeweglich gelegen. Wir brauchen Zeit. Der Schakal kann dir nichts mehr anhaben. Ich habe ihn im Griff.«

Die Schwärze schwindet und wird durch ein schimmerndes Rot ersetzt. Flattern. Das Rot weicht einer blendenden Helligkeit. Schnell schließe ich die Augen wieder.

»Siehst du. Wir sind auf einem guten Weg. Bald, bald schon wirst du wieder bei uns sein und deine lange Reise findet ihr Ende.«

Fort ist die Hand. Fort ist die Wärme.

Rot. Ein Schimmer. Licht.

Die tiefen Noten kommen. Eine kurze Berührung, doch keine Wärme.

Die Stille kommt und geht.

Wann würde sie wieder bei mir sein?

»Dein Weg ist noch nicht zu Ende. Du warst tot und bist doch wieder lebendig. Hast die Finsternis geschaut und nun das Licht. Du warst fort und bist wiedergekehrt. Du bist nicht der Erste.«

Nicht der Erste. Vor mir sind schon andere diesen Weg gegangen. Tot und wieder lebendig. Am dritten Tage auferstanden von den Toten. Nein. Vorher. Früher. Ich erinnere mich. Aus Eifersucht gemeuchelt von dem eigenen Bruder. Erstickt, ertränkt, zerstückelt. Gestorben und wieder zum Leben erweckt. Von ihr …

Meine Lippen zucken, doch ich bringe ihren Namen nicht heraus.

»Du weißt es. Du weißt es! Ich kann es erkennen. Du weißt es. Nicht mehr lange.«

Dunkle Noten.

Stille.

Roter Schimmer. Licht.

Ein blonder Haarschopf über einem kindlichen Gesicht, doch die Augen. Die Augen. Uralt sind sie. Jahrtausende haben sie schon gesehen. Die Stimme, die zu mir spricht. Die Klänge. Das Rascheln des Papyrusdickichts im Wind. Das Plätschern der Fluten des Nils.

»Osiris«, hauche ich mit einem mühevollen Atemzug.

»Osiris«, bestätigt mir mein Gegenüber. »Herr der Unterwelt, Herrscher über die Verstorbenen. Und du folgst ihm nach.«

»Ich folge ihm nach. Ich bin der wiedergeborene Osiris.«

»Gestorben. Und auferstanden. Doch bevor du wahrlich wiedergeboren wirst, musst du noch etwas tun. Für mich, die ich den Schakal in Schach halte. Du musst etwas für mich erledigen.«

Als das kühle Messer sich in meine Handfläche schmiegt, weiß ich, was zu tun ist.

2

Rosa Kury

Haus der Familie von Arnhem

 

Der Wind rüttelte an den Fenstern von Rosas Arbeitszimmer und trieb braune Blätter vor sich her. Draußen herrschte trübes Wetter und Rosa musste die Lampe auf ihrem Schreibtisch anzünden, um die Briefe lesen zu können, die heute mit der Post kamen.

Sie stützte das Kinn in eine Hand und blickte hinaus in den Garten. Einzig die immergrünen Nadeln der Tannen boten ein wenig Farbe an diesem grauen Dezembernachmittag.

Gedankenverloren ließ sie die Hand über die Scherbe in ihrer Tasche gleiten. Die Herren des Schakals stand darauf geschrieben und noch einiges mehr. Seit ihr Vater ihr den Stein vor zwei Jahren überließ, in der Hoffnung, dass er sie in ihren Nachforschungen weiterbringen würde, saß sie immer wieder mit Carl über der Inschrift und brütete.

Weder in diesem noch im letzten Jahr hatten sie es geschafft, nach Ägypten zu reisen, um ihren Vater zu besuchen. Vielfältige Verpflichtungen kamen auf sie zu, seit es da plötzlich ein Schulkind daheim gab, um das sie sich kümmern mussten.

In einem zweiten Hof aus Licht im Halbdunkel saß Viktoria, den blonden Kopf über ein Buch gesenkt. Still und unauffällig. Die Beine untergeschlagen versank sie fast in dem großen Sessel, in dem früher immer Rosas Vater gesessen und gelesen hatte.

Viktoria.

 

Vor über einem Jahr wurde sie ganz unvermutet Teil ihres Haushaltes. Es musste um dieselbe Zeit gewesen sein, als Daisy ihren Sohn Peregrin in Ägypten zur Welt brachte. An einem Abend im Juni klopfte es an ihrer Tür, leise nur, kaum vernehmlich, und hätte sich Rosa nicht gerade im Flur aufgehalten, wäre ihr das schwache Geräusch entgangen.

Viktoria Delamar stand vor der Tür, zitternd, nur in ein dünnes weißes Kleid gewandet. Das schmale Gesicht bleich, die Haare strähnig.

 

»Was liest du, Sternchen?«, fragte Rosa leise.

Das Mädchen hob den Kopf und lächelte leicht.

»Es kamen nicht nur Briefe für dich heute mit der Post. Auch für mich war ein Paket dabei. Der alte Mann hat es mir aus Ägypten geschickt.«

»Du weißt, dass du ihn nicht so nennen sollst.«

Viktoria legte den Finger zwischen die Seiten und klappte das Buch zu. »Du tust es auch.«

»Er ist mein Vater. Ich habe es mir verdient.«

»Wie soll ich sonst zu ihm sagen? Heinrich? Großvater?«

Rosa schmunzelte. Nein. Beides passte nicht.

»Siehst du. Der alte Mann also. Er hat mir ein Buch geschickt.«

»Welches?«

»Die Reise zum Mittelpunkt der Erde von Jules Verne. Es ist sehr spannend.«

»Dann will ich dich nicht aufhalten. Hinab in den Snæfellsjökull mit dir.«

 

An jenem Juniabend vor anderthalb Jahren hob Paul das Kind ohne Umschweife hoch und trug es ins Haus. Sie gaben ihm zu essen und zu trinken und steckten es in Daisys altem Zimmer ins Bett. Die ebenso kurze wie tragische Geschichte ihres plötzlichen Auftauchens konnten sie dem Mädchen erst am nächsten Tag entlocken. Ihre Großmutter Veronica Delamar war gestorben und nach der Beerdigung hatte Miriam Delamar ihre Nichte Viktoria des Hauses verwiesen. Sie könne und wolle sich nicht länger um das Balg ihres Bruders kümmern, hatte sie gesagt, und dem Kind die Tür vor der Nase zugeschlagen. Verlassen und verängstigt war Viktoria durch München geirrt, hatte auf der Straße geschlafen, bis der Zufall ihr den Weg zu Rosas Tür wies. Der Zufall, oder Isis, die im Traum zu ihr sprach, wie Viktoria behauptete.

Rosa und Paul suchten Miriam Delamar noch einmal in ihrem Haus auf. Das kurze unerfreuliche Gespräch durch den Spalt der Tür zeigte, dass es für Viktoria dort keine Zukunft geben würde. Immerhin erreichten sie, dass ihnen die Sachen des Mädchens ausgehändigt wurden.

 

»Erst möchte ich wissen, was in deinen Briefen steht!«

»Sternchen, ich bin noch nicht dazu gekommen, die Briefe zu lesen.«

»Rosa, du denkst zu viel nach. Das tust du immer.«

»Und du bist viel zu abgeklärt für dein Alter.«

»Nun mach sie schon auf. Ich will wissen, was alles passiert ist.«

 

So kamen Paul und sie dann doch, vollkommen überraschend und unerwartet, zu einem Kind. Für sie beide stand außer Frage, dass sie Viktoria bei sich behalten und ihr ein Heim geben würden. Mit Entsetzen stellte Rosa fest, wie viel bisher bei dem Mädchen versäumt worden war. Sie konnte lesen und schreiben, hatte aber nie eine Schule besucht, sondern war von Veronica daheim unterrichtet worden. Allerdings weniger in den alltäglichen Dingen, mehr im Dienst an der Göttin Isis. Auch Rosas Schulzeit war nur unregelmäßig verlaufen. Mal hier in München, wenn sie sich länger vor Ort aufhielten, mal in Kairo. Oft hatte ihr Vater sie selbst unterrichtet und sein breit gefächertes Wissen an sie weitergegeben. All das fehlte Viktoria und nun musste sie es nachholen. Aber sie zeigte sich wissbegierig, sog alles Neue auf, was sie in der Schule lernte.

 

Rosa hob die beiden Umschläge hoch. »Erst Carl oder erst der alte Mann?«

Den dritten Brief, an sie persönlich adressiert, legte sie beiseite, in ihre Schublade. Ihn würde sie erst öffnen, wenn sie alleine war. Cyril.

»Carl! Zu meinem Buch hatte ich selbst einen Brief, der alte Mann wird also sicher nur an euch geschrieben haben.«

»Nun denn ...«

Rosa schlitzte den Umschlag auf und entfaltete den Stapel Blätter, der ihr entgegenfiel. Dicht an dicht bedeckte Carls enge Handschrift die Papiere und sie seufzte. Sich kurzzufassen fiel ihm noch nie leicht. Rosa überflog den Brief und versuchte, das Wichtigste herauszufiltern.

»Er ist in Kairo den Winter über«, berichtete sie. »Hat einige Bücher fertigzustellen. Über die Inschriften im Grab desMeki-en-iu, immer noch, über das Heiligtum in Elephantine und noch weitere theoretische Abhandlungen. Er nahm Quartier im Haus des alten Mannes, Ibrahim bemuttert ihn und Carl lässt es sich in der südlichen Sonne gut gehen, wie es mir scheint. Über Bekannte ist er in Kontakt mit der Universität in Kairo getreten, hat dort schon einige Vorlesungen gehalten und plant, demnächst die große Sammlung an Altertümern zu besuchen. Er lässt grüßen, vermisst uns alle, aber das Wetter nicht, und verspricht, über Weihnachten und Neujahr nach München zu kommen.«

 

Bis Ägypten hatten Rosa, Paul und Viktoria es nicht geschafft, aber im Frühjahr unternahmen sie für einige Tage eine Reise nach Italien und trafen sich dort mit Rosas Vater und seiner Ehefrau Naila. Nach München wollte er nicht reisen und Naila, die nie über Assuan geschweige denn Ägypten selbst hinausgekommen war, empfand die Fahrt den Nil hinauf und über das Mittelmeer schon wie eine Weltreise. Italien erwies sich als ein Kompromiss.

Heinrich von Arnhem fand gleich Gefallen an dem so unerwarteten Familienzuwachs und Rosa staunte, wie der in ihrer Kindheit immer so unnahbare Mann in Gegenwart von Viktoria aufblühte. Von Naila brauchte man gar nicht zu reden. Sie war fasziniert von dem hellhäutigen Mädchen mit dem blonden Haar und Viktoria umgekehrt von ihr, die mit ihrer dunklen Haut ebenso fremd auf sie wirkte.

 

Viktoria klatschte in die Hände. »Ich freue mich, wenn Carl uns besucht. Es ist gar nicht so lange hin. Was meinst du? Werden Daisy und das Baby auch kommen?«

»Ich hoffe es. Und das Baby kann inzwischen laufen und beginnt zu sprechen. So klein ist es nicht mehr, du wirst sehen.«

Daisy, Maresh und ihr Sohn Peregrin verbrachten die meiste Zeit in England auf dem Landsitz von Mareshs Vater. Daisy und Rosa schrieben sich oft, aber sahen sich viel zu wenig. Auch Carl teilte seine Zeit mittlerweile zwischen Ägypten und München auf. Er, der Bücherwurm und Akademiker, der kaum aus seinem Arbeitszimmer herausgekommen war, mauserte sich in den letzten zwei Jahren zu einem richtigen Weltenbummler.

»Es wird schön sein, alle wieder einmal versammelt zu sehen.« Rosa faltete Carls Schreiben und steckte es wieder in den Umschlag. Sie würde es später gründlich lesen.

Als sie nach dem Brief ihres Vaters griff, klopfte es an der Tür. Ida streckte den Kopf herein und knickste entschuldigend. Rosa ließ den Brief sinken.

»Hier ist jemand für sie, Frau Kury«, sagte Ida. »Darf ich ihn hereinbringen?«

»Das kommt darauf an, wer es ist.«

Im Flur hinter Ida erklang ein Räuspern.

»Es wäre wichtig«, sprach die Stimme eines Mannes und Rosa nickte Ida zu, die Tür zu öffnen.

Ein Gendarm trat ein. Rosa erkannte ihn. Er gehörte zu Pauls Männern. Sie erhob sich hinter ihrem Schreibtisch.

»Einen guten Tag wünsche ich Ihnen, Gendarm …?«

»Zacharias Bentner, Frau Kury. Das wünsche ich Ihnen ebenfalls und bitte entschuldigen Sie die Störung, aber der Chef schickt mich. Er will Sie sprechen. Dringend.«

Der Chef. Was konnte Paul während seiner Dienstzeit von ihr wollen, dass er einen seiner Männer losschickte? Was konnte nicht warten, bis er am Abend daheim war?

»Was ist passiert?«

»Wird er Ihnen selbst mitteilen.«

Bentner zog einen Zettel aus der Jacke und drückte ihr das Papier in die Hand. Als sie ihn auffaltete, stand dort in Pauls präziser Handschrift eine Adresse notiert.

Überrascht schaute Rosa auf.

»Sankt Bonifaz?«

 

3

Die verlorene Seele

 

Warten. Still und unbeweglich. Ruhig und kaum zu sehen.

Es fällt mir nicht schwer, habe ich doch die letzten zweieinhalb Jahre nichts anderes gemacht.

Zweieinhalb Jahre! Ich kann es noch immer nicht ganz glauben, aber die Schwäche meines Körpers zeigt mir, dass es so sein muss.

Ich brauche Unterschlupf. Ruhe. Essen. Ein Messer.

Beobachten. Warten. Die Tür öffnet sich.

Nein. Eine weitere Enttäuschung. Er ist es nicht.

Schnellen Schrittes eilt der Mann an mir vorbei. Nur ein kurzer, missbilligender Blick streift mich. Ich ziehe den Mantel enger um meinen Körper, senke den Kopf. Er sieht nur den abgerissenen Bettler, nicht, wer ich wirklich bin.

Wer bin ich? So vieles liegt noch im Dunkel, im Vergessen, und doch führten mich meine Schritte hierher.

Wo es begann.

Wo es endete.

Sein Herz in meiner Hand.

Die Maske.

Der Erfolg, fast greifbar!

Ein Finger an meiner Stirn.

Dunkelheit.

 

Er wird nicht kommen. Er ist nicht hier.

Später. Später …

Zwei Seelen. Ich starre auf meine Finger hinab. Das Blut ist inzwischen getrocknet. Zwei Seelen, die mir Kraft geben. Ich spüre sie in meinem Inneren. Ein seltsames Gefühl und doch ... und doch. Ein Leben für ein Leben. Ihr Leben für mein Leben.

Wer war ich?

Wer bin ich?

Wer werde ich sein?

Die Kälte kriecht in meine Glieder. Ich kann nicht länger warten. Diese fleischliche Hülle, die so lange leer darniederlag, sie ist schwach.

Unterschlupf. Ruhe. Essen. Zeit, nachzudenken. Mich zu erinnern. Und dann ein Messer.

4

Rosa Kury

Sankt Bonifaz

 

Die Basilika von Sankt Bonifaz lag auf der rückwärtigen Seite des Königsplatzes an der Karlstraße, Rücken an Rücken mit dem Kunstausstellungsgebäude.

An die Kirche schloss sich ein Benediktinerkloster an. Eines der wenigen, die innerhalb der Stadtmauern angesiedelt waren. Ein gutes Dutzend Mönche lebten hier unter der Ägide des Abtes Benedikt Zenetti. So wie auch die anderen Gebäude rund um den Königsplatz gehörten Kirche und Kloster zu den Bauten Ludwigs I. Erst 1850 erhielt Sankt Bonifaz die Weihe – eine der jüngeren Kirchen Münchens.

In weiser Voraussicht hatte Zacharias Bentner eine Kalesche geordert, die Rosa in kurzer Zeit hinüber bringen würde. Er selbst verabschiedete sich und schwang sich auf sein Pferd. Rosa Bescheid zu geben war nur einer seiner Aufträge gewesen.

 

Als Rosa aus der Kalesche stieg und über die Straße eilte, sah sie eine bekannte Gestalt vor dem Tor zur Abtei stehen. Den Mantelkragen hochgeschlagen gegen den Wind, den Hut tief ins Gesicht gedrückt, wartete Doktor Franz Gattenbrink auf sie. Er nickte ihr kurz grüßend zu, behielt jedoch die Hände in den Taschen. Auch wenn der Arzt sich ihr gegenüber immer recht zurückhaltend verhielt, so war sein höfliches Verhalten stets tadellos gewesen. Warum zeigte er sich heute so verschlossen?

»Franz!«, rief sie, als sie näherkam. »Paul hat auch dich herbestellt? Das verheißt nichts Gutes.«

»In der Tat. Rosa, es tut mir leid. Ich befürchte Schlimmes.«

»Was meinst du damit, Franz? Was tut dir leid?«

Doch der Doktor antwortete nicht. Er senkte den Kopf und öffnete ein unscheinbares Tor in der Umfassungsmauer des Klosters. Rosa folgte ihm eiligen Schrittes. Innerhalb der Mauern hielt der Wind inne. Als sich das Tor hinter ihnen schloss, verstummten auch die Geräusche der Straße und eine fast heilige Stille umgab sie.

»Du hast dich rar gemacht in letzter Zeit.«

Franz nickte und schob die Hände wieder in die Taschen seines Mantels. »Ich weiß, und es tut mir leid. Es gab viel zu tun.«

»Unsere Einladung für Weihnachten steht. Wir hoffen, dass Carl und du die Feiertage bei uns verbringt. Daisy und Maresh kommen mit dem Nachwuchs und auch Viktoria wird die Gesellschaft gut tun.«

Franz warf ihr über die Schulter einen verschämten Blick zu, während sie über den Hof schritten. »Alle endlich wieder einmal versammelt. Du hast recht, wir sehen uns viel zu wenig in letzter Zeit. Über Weihnachten habe ich mit Paul bereits gesprochen und ihm zugesagt. Carl kommt in der Woche Mitte Dezember, dann stehen wir euch zur Verfügung.«

»Er fehlt dir.«

Der Doktor blieb stehen, zog sich den Hut vom Kopf und hielt Rosa die Tür auf, die ins Kloster selbst hineinführte. »Wie würde es dir gehen, wenn dein Mann monatelang fort wäre?«

Sie schlüpfte hinein, Franz schloss leise die Tür hinter ihnen. Sie standen in einer kleinen Empfangshalle. Gegenüber führte ein weiteres Tor in den Klosterhof. Eine Kuppeldecke, die auf vier Säulen ruhte, erstreckte sich dicht über ihren Köpfen. Im Innern der Halle war es dunkel, nur wenige Lampen erhellten die schlichten Gänge. Es roch nach Ruhe, nach Zeit und etwas Weihrauch. Zielstrebig trat Franz durch eine weitere Tür zu ihrer Linken, die in ein Treppenhaus und das eigentliche Klostergebäude führte.

»Du scheinst dich hier auszukennen.«

Franz zuckte mit den Schultern. »Ich kam in den vergangenen zwei Jahren öfter her, als mir lieb ist.«

 

Paul wartete am oberen Ende der Treppe auf sie. Er sah blass aus, die Lippen waren zu dünnen Strichen zusammengepresst. Seinen Helm hielt er locker in der Hand, die obersten Knöpfe des Waffenrocks hatte er geöffnet.

Er warf Rosa nur einen kurzen Blick zu, ein kaum erkennbares Lächeln huschte ihm über die Lippen. Dann wandten sich seine blauen Augen Franz zu.

»Du hättest es mir sagen müssen. Ich hätte auf ihn Acht geben können.«

»Es tut mir leid. Mir erschien es so das beste Arrangement. Und es ist zweieinhalb Jahre gut gegangen. Ich habe nicht mehr damit gerechnet ….«

»Von wem sprecht ihr?«, unterbrach Rosa die beiden. »Paul, worum geht es und warum wolltest du mich hier haben?«

Ihr Mann legte den Helm auf den Boden, schob ihn mit dem Fuß ein Stück beiseite und fuhr sich dann seufzend durch die blonden Haare, so dass sie in alle Richtungen abstanden. Er streckte die Hand aus und zog Rosa an sich. Sein Waffenrock roch nach Schweiß und Rauch, nach Dreck und Straße. Erschöpft sank sein Kopf auf ihre Schulter. Kurz nur, kurz schlossen sich seine Arme um sie, dann ließ er sie wieder los und trat einen Schritt zurück. Rosa verstand, wie Franz sich fühlen musste. Wie würde es ihr fehlen, jede Nacht neben Paul einzuschlafen, jeden Morgen sein Gesicht neben sich zu sehen. Seine Umarmungen, sein Geruch, einfach, dass er da war und ihr den Halt und die Beständigkeit im Leben gab, die sie so dringend brauchte. Sie mochte sich nicht vorstellen, was es hieß, wenn er über Monate hinweg nicht greifbar wäre.

»Ich habe dich hierher gebeten, weil dieser Fall uns alle betrifft. Franz, vielleicht solltest du es ihr mitteilen.« Ein harscher Unterton hatte sich in seine Stimme gemischt. Franz senkte den Kopf und drehte den Hut in den Händen. Er sah nicht auf, als er zu sprechen begann. »Als uns die Suche nach der Anubismaske vor zweieinhalb Jahren in die Lenbachvilla führte und wir dort das Ritual störten, nun, ihr wisst, was geschah. Ihr wart dabei, ihr habt es gesehen. Daisy, Anubis, was auch immer geschehen ist, es hat Bernhard Junker in einem katatonischen Zustand zurückgelassen.« Er strich sich die dunklen Haare zurück und begann, auf dem kleinen Treppenabsatz hin und her zu wandern. »Er reagierte auf keine Reize. War nicht ansprechbar, nichts, aber er lebte. Was auch immer er getan hat, ich sah es als meine ärztliche Verpflichtung, ihn nicht sich selbst und damit dem sicheren Tod zu überlassen. Jemand musste sich um ihn kümmern, ihn versorgen und ihn gleichzeitig beaufsichtigen und mich verständigen, sobald es …«, er blieb kurz stehen und seine Augen huschten zu der geschlossenen Tür hinter Paul, » … sobald es irgendwelche Veränderungen in seinem Zustand geben würde. Ich habe euch damals gesagt, ich hätte ihn an einem sicheren Ort untergebracht. Nun, dieser Ort war hier. Ich habe Bernhard Junker in die Obhut der Mönche gegeben, die sich in den letzten zwei Jahren um ihn gekümmert haben. Ich selbst kam regelmäßig her und habe ihn untersucht. Es gab keinerlei Hinweise darauf, dass so etwas geschehen könnte. Keine.«

Rosa hatte schweigend zugehört. »Bernhard Junker«, sagte sie nun. »Hier. Du hast ihn hier direkt vor unseren Nasen untergebracht?«

»Was hätte ich denn tun sollen, Rosa? Es musste in jener Nacht schnell gehen. Ich wollte ihn in keine öffentliche Einrichtung stecken. Hier bekam ich jederzeit Zugang zu ihm und konnte auf die Verschwiegenheit der Brüder setzen.«

»Und was ist jetzt passiert?« Rosa sah Paul an, der den Kopf senkte.

»Er ist aufgewacht«, sagte Franz.

»Wenn es nur das wäre«, ergänzte Paul.

 

Paul hob den Helm vom Boden auf und befestigte ihn an seinem Koppelgürtel. Dann öffnete er die Tür, die auf einen weiteren, im Gegensatz zum unteren Stockwerk deutlich heller erleuchteten Gang führte. Einer von Pauls Gendarmen stand neben der Tür Wache, einen zweiten konnte Rosa ein Stück den Gang entlang ausmachen.

Als sie durch die Tür traten, straffte sich der Gendarm und ein alter Mann erhob sich von einem Stuhl. Er trug die traditionelle schwarze Kutte der Benediktinermönche. Ein schweres Goldkreuz hing um seinen Hals. Trotz der fortgeschrittenen Jahre war sein Haar noch dunkel.

»Doktor Gattenbrink«, sprach er Franz an, als er auf sie zutrat und seine Hand ausstreckte.

»Vater Abt.« Der Doktor ergriff die dargebotene Hand und senkte den Kopf. »Es tut mir leid, dass meine Taten solches Unglück über Ihr Haus brachten.«

»Gottes Wege sind unergründlich. Ich weiß, dass Sie nur in bester Absicht gehandelt haben.« Er drückte nochmals Franz’ Hand und wandte sich dann Rosa zu. »Frau Kury. Ihr Mann hat Sie bereits angekündigt. Ich freue mich, dass Sie kommen konnten, auch wenn ich mir ein Kennenlernen unter erfreulicheren Umständen gewünscht hätte. Mein Name ist Benedikt Zenetti, ich bin der Abt dieses Klosters, wie Sie sicher schon erkannt haben.«

Rosa ergriff die Hand des alten Mannes, der die ihre mit festem Druck schüttelte. »Vater Abt. Die Umstände scheinen in der Tat unerfreulich zu sein, auch wenn ich immer noch nicht genau darüber im Bilde bin, was passiert ist. Sie haben Bernhard Junker Unterkunft und Pflege angedeihen lassen. Nun ist er unerwarteterweise erwacht, und ...?« Sie sah vom Abt zu Paul und hob die Augenbrauen in die Höhe.

Paul zog sie an sich und murmelte ihr leise ins Ohr. »Ich muss dich vorwarnen. Es ist kein schöner Anblick. Ich weiß, dass du es ertragen kannst. Du bist im Laufe der Jahre oft genug dem Tod begegnet. Trotzdem, bitte wappne dich.«

Und nun wurde Rosa der Geruch bewusst, der ihr schon die ganze Zeit in die Nase gestiegen war. Die Ausdünstung eines Schlachtfeldes.

 

Paul führte sie zu der Tür, wo der zweite Gendarm stand. Der Abt ließ sich wieder auf dem Stuhl nieder, faltete die Hände und wartete geduldig.

Der Geruch wurde stärker, je näher sie der Tür kamen. Sie unterschied sich in nichts von den anderen schlichten braunen Holztüren, die den Gang säumten. Beißend stieg es ihr in die Nase, scharf und gleichzeitig süßlich. Blut. Fäkalien. Alles, was ein Mensch beim Sterben von sich gab. Es passte so gar nicht zu diesen ruhigen, stillen Hallen.

Paul griff nach der Klinke der Tür, der Gendarm trat einen Schritt beiseite. Er hielt den Kopf gesenkt. Rosa konnte erkennen, dass sich auf seiner Oberlippe ein leichter Schweißfilm gebildet hatte. Der Mann war bleich und atmete ganz bewusst ein und aus.

Mit der anderen Hand zog Paul Rosa zu sich heran. Er legte seine Stirn gegen ihre. »Ich komme nicht mit hinein. Mir reicht, was ich bisher gesehen habe. Mach dir selbst ein Bild von allem. Es tut mir leid, dass ich dir das zumuten muss. Fass nichts an, verändere nichts. Wir haben die Dinge zwar schon so gut es ging aufgenommen, aber auch Franz muss alles so sehen, wie es ist.«

Ganz leicht nur streiften seine Lippen die ihren, dann öffnete er die Tür und sie trat ein.

 

Rosa hatte schon viele Gefechte erlebt, schwere Verletzungen am eigenen Leib erfahren, doch was sie hier erwartete, das übertraf an Brutalität und Blutrünstigkeit alles, was ihr bisher begegnet war.

Sie betrat einen kleinen, schmucklosen Raum. Das Fenster zeigte zum Innenhof hinunter. Ein Bett mit einer Kommode am Fußende und ein Stuhl bildeten das einzige Mobiliar. Die Wände waren ursprünglich in freundlichem Weiß gekalkt gewesen. Nun aber ... Rosa wandte den Blick ab.

Am Boden lagen in schwarze Kutten gewandet zwei Gestalten. Rosa beugte sich zu ihnen hinunter, fasste sie jedoch nicht an. Nichts verändern, hatte Paul gesagt. Was sie sah, reichte ihr. Die Körper waren kaum noch als menschlich zu erkennen, die Schädel an der Wand zerschlagen. Deutlich konnte man dort noch die Spuren erkennen, wo der Verputz abblätterte. Die bis zur Unkenntlichkeit zertrümmerten Gesichter nahmen ihnen jegliche Persönlichkeit. Der Geruch nach Blut und menschlichen Ausscheidungen verstärkte sich, als sie sich den Körpern näherte. Rosa zog ein Tuch aus der Tasche, das sie sich vor die Nase hielt. Auf dem Boden erkannte sie einen Fleck Erbrochenes. Auch anderen schien der Anblick auf den Magen geschlagen zu sein.

Rosas Blick wanderte über die Gestalten. Vor der Brust waren die Kutten grob aufgerissen. Im Körper klaffte ein Loch, wo ihnen das Herz herausgerissen worden war. Zwei blutige Klumpen Fleisch lagen auf dem Boden. Zerquetscht. Zerdrückt. Zertreten.

Blutige Fußspuren bedeckten die Holzdielen. Keine Abdrücke von Schuhen konnte sie dort erkennen. Die Gendarmen waren vorsichtig gewesen. Rosa sah die Spuren nackter menschlicher Füße.

Und die Wände? Rosa zog sich mithilfe des Stuhles wieder in die Höhe.

Die Wände. Nicht nur die Spuren der zerschlagenen Schädel, blutige Flecken, Hirnmasse, Haare konnte sie da sehen. Handabdrücke und grobe Zeichnungen bedeckten die einstmals weißen Wände. Nein. Keine Zeichnungen. Es waren Schriftzeichen, altägyptische Hieroglyphen, die sich dort immer und immer wiederholten. Ein stilisierter Thron, ein Auge.

Sie bildeten den altägyptischen Namen Usir, den Namen des Jenseitsgottes, den man heute Osiris nannte.

5

Rosa Kury

Sankt Bonifaz

 

Als Rosa schließlich die Zelle verließ, nahm sie dankbar das Glas Wasser entgegen, das ihr Abt Benedikt reichte.

»Frater Kosmas und Frater Simon sind es, die dort drinnen liegen«, sagte er leise. »Ich dachte, Sie sollten wissen, mit wem Sie es zu tun haben. Beide waren zur Pflege und Betreuung von Herrn Junker eingeteilt. Sie haben ihre Aufgabe in den letzten zwei Jahren aufmerksam und pflichtbewusst erledigt.«

»Und es gab keinerlei Veränderungen? Kein Anzeichen, dass Junker erwachen könnte?« Rosa trank einen großen Schluck und versuchte, den bitteren Geschmack auf der Zunge herunterzuspülen, den der Raum und das Gemetzel darin hinterlassen hatten.

»Keines, das wir bemerkt hätten. Doktor Gattenbrink kam regelmäßig vorbei und hat Herrn Junkers Gesundheitszustand überprüft.«

Sie staunte, wie respektvoll der Abt immer noch von dem Mann sprach, der zwei seiner Mitbrüder kaltblütig ermordet hatte. Herr Junker.

»Wann ist es passiert?«

Rosas Blick folgte dem Doktor, der nun das Schlachtfeld betrat. Ob er aus den Überresten der beiden Mönche noch mehr herauslesen könnte?

»Irgendwann am Vormittag muss es geschehen sein«, riss sie die ruhige Stimme des Abtes aus ihren Gedanken. »Wir bemerkten die Abwesenheit der Brüder bei der Mittagshore und begaben uns auf die Suche.«

»Genauer können Sie die Zeit nicht festlegen?«

»Was würde es Ihnen nutzen, Frau Kury? Würden die Brüder dadurch wieder lebendig? Am Vormittag geht ein jeder hier seiner Arbeit nach. Wir überwachen einander nicht.«

Rosa schüttelte stumm den Kopf.

»Niemand hat etwas gehört?«, fragte sie dann. »Ein solches Gemetzel wird nicht still verlaufen sein. Wenn Junker geflohen ist, so wird er blutbefleckt gewesen sein. Es muss doch jemand etwas bemerkt haben!«

Hilflos hob der Abt die Hand, schloss dann die Finger um das goldene Kreuz auf seiner Brust. »Nein. Es tut mir leid.«

 

Fragend schaute Rosa zu Paul und dem Doktor.

»Wie hat er das geschafft? Er hat mehr als zwei Jahre unbeweglich im Bett gelegen und kann über keine großen Kräfte verfügt haben. Aber nach der Tat eines schwachen Mannes sah das da drin nicht aus.«

Paul zog einen Tuchwickel aus dem Inneren seines Waffenrockes und reichte ihn schweigend herüber.

Sie packte das unscheinbare Messer eines Tafelbestecks aus, an dem noch Reste von Blut klebten.

»Das war sein Werkzeug«, sagte Paul mit belegter Stimme.

»Der Wahnsinn kann dem Menschen unvermutete Kräfte verleihen«, warf Franz ein.

Rosa schwieg und drehte das Messer nachdenklich in den Fingern hin und her. Es besaß einen schlichten Holzgriff, eine stumpfe Klinge, und eignete sich besser zum Buttern von Brot als dazu, Menschen den Brustkorb zu öffnen.

»Wo hat er das Messer her? Wenn er im Koma lag, unbeweglich, nicht ansprechbar, dann werden ihm die Mönche das Fleisch geschnitten haben. Wenn er es sich, wie auch immer, besorgt hat, warum dann nur ein solches und kein richtiges Messer? Das erscheint mir seltsam.« Sie schlug die Klinge wieder in das Tuch und gab es Paul zurück.

»Es erscheint mir so manches seltsam an dieser ganzen Angelegenheit.« Paul steckte das kleine Bündel zurück in seinen Waffenrock. »Geh nach Hause, Rosa. Wir werden uns hier um alles kümmern. Ich werde noch mit Abt Benedikt sprechen, Franz wird die Untersuchungen übernehmen. Lass uns sehen, was wir herausfinden. Und sei bitte wachsam und vorsichtig. Wir wissen nicht, wo Junker ist und was er vorhat.«

Kurz nur drückte er ihre Hand.

 

Es dunkelte bereits, als Rosa aus dem kleinen Tor der Abtei auf die Straße trat. Keine Kalesche war in Sicht. Sie würde wohl zu einer der größeren Straßen laufen müssen, wenn sie nicht zu Fuß nach Hause wollte. Vielleicht sollte sie es einfach tun. So lange hatte sie ihre alte Verletzung daran gehindert. Doch wie Franz es ihr versprochen hatte, besserte sich der Zustand ihrer Hüfte nach und nach. Sprinten würde sie nie wieder, auch bei langen Spaziergängen brauchte sie immer noch die Unterstützung eines Gehstockes, doch im Alltag war sie nahezu beschwerdefrei.

Nach einigen Schritten drehte sie jedoch um und ging – einer inneren Eingebung folgend – stattdessen auf den Eingang der Basilika zu. Domus Dei – Porta Caeli stand auf der hohen Tür. Das Haus Gottes – Die Himmelstür.

Rosa legte die Hand auf den kühlen Türgriff und trat in die Stille des Gotteshauses.

Laut hallten ihre Schritte auf dem Marmorboden. Sie kam sich wie ein Eindringling vor und setzte sich in die letzte Reihe der Kirchenbänke.

Rosa glaubte nicht an den Gott der Christenheit. Ihre Mutter war gläubig gewesen und hatte sie jeden Sonntag mit in die Kirche genommen. Es musste hier diese Basilika gewesen sein, vermochte sich ihr kindliches Selbst zu erinnern. Weihrauch, ein Choral, schimmerndes Gold.

Doch ihr Vater hatte ihre christliche Erziehung nach dem Tod der Mutter nicht weiter verfolgt. In Ägypten war es der Muezzin, der zum Gottesdienst rief. Weihnachten und Ostern hatten sie, wenn überhaupt, in koptischen Kirchen gefeiert. Die jüdische Gemeinde in Alexandria hatte sie eine Zeitlang beherbergt.

An ihre Begegnungen mit Anubis und Isis und die Welt der Zwei Wege wollte sie an diesem geweihten Ort gar nicht denken. Von dem heidnischen Kind, das sie als das ihre angenommen hatten, nicht zu sprechen.

Rosa glaubte nicht, aber sie gab sich offen für alles, was da kam. Doch dass hier und jetzt mit dem Mord an den zwei Mönchen, der Flucht Bernhard Junkers und den mysteriösen Hieroglyphen in der Zelle ein weiterer Gott in ihr Leben trat, das machte ihr zu schaffen. Osiris, Herrscher über das altägyptische Jenseits. Die Sphäre der Verstorbenen, deren eine Zwischenwelt sie vor zwei Jahren bereits betreten hatte.

Wahnvorstellungen. Vielleicht waren es einfach Wahnvorstellungen, die sie plagten. Konnte nicht auch alles, was passiert war, anders erklärt werden?

Die Beschwörung des Anubis. Hatte er wirklich durch Daisy gesprochen? Oder waren es nur die Nachwirkungen der Entführung und des Rauches, den Daisy eingeatmet hatte? Der Drogen, die ihr Junker verabreicht hatte? Der Hund, der Rosa auf die Spur der Mordwerkzeuge gebracht hatte. Nur sie hatte ihn gesehen. War er wirklich göttlicher Natur gewesen? Isis, mit der sie geredet, die aus Viktorias Mund zu ihr gesprochen hatte. Vielleicht auch das nur Einbildung?

In Gedanken stand sie wieder im Tempel von Philae in Ägypten, als Sir Francis auf Daisy geschossen hatte. Die seltsame Welt der Zwei Wege, die sie durchschritten. Isis, die sie führte. Wieder nur der Kummer oder die Sorge um die Freundin, die im Sterben lag, die ihr solche Bilder vorgaukelten? Ein Streifschuss und der Schock, so sagten sie es den anderen. In stiller Übereinkunft mit Daisy. Sie konnte es sich nicht erklären, dass sie beide dasselbe erlebt hatten. Also schwiegen sie darüber. Rosa schüttelte den Kopf, doch ihre Gedanken verharrten in der Vergangenheit.

Vielleicht lag der Wahn in der Familie. Sie dachte an das, was ihr Vater ihr auf Elephantine erzählt hatte.

Wir hatten Erfolg …

Dämonenbeschwörung? Die Wiedererweckung von Wesenheiten durch altägyptische Zaubertexte? Es klang so unglaubwürdig! Und war Kirchs Schakalsvereinigung und die Ziele, die sie verfolgte, nicht genauso verrückt?

War die ganze Welt einem Wahn verfallen?

 

Rosas Blick glitt die hohen Granitsäulen empor, durch den offenen Dachstuhl hinein in den blauen Himmel mit den goldenen Sternen, die dort gemalt waren.

»Du schweifst ab, Rosa«, sprach der Mann neben ihr. Unbemerkt hatte er sich zu ihr auf die Bank gesetzt.

»Was?«, fragte sie überrascht und sah ihn an.

»Du schweifst ab«, wiederholte er ruhig. »Eigentlich wolltest du über Junker und den Mord nachdenken und nicht an deinem Geisteszustand zweifeln.«

Sie musterte ihn abwägend. Das dunkle Haar fiel ihm auf die Schultern, er trug einen dichten Vollbart. Die Haut war braun, die Augen ebenfalls. Ein schlichtes Leinengewand umhüllte seinen Körper, die kräftigen Hände hatte er im Schoß gefaltet.

»Hatte ich das, ja? Mein Geisteszustand macht mir aber mehr und mehr Sorgen. Zumal wenn ich hier mit dir sitze und du meine Gedanken liest.«

Ein leichtes Lächeln umspielte die Lippen des Mannes. Er schaute sie nicht an, sondern blickte durch das Mittelschiff der Basilika zur Apsis, wo ein großes Christusbild auf sie herab sah.

Sie schwiegen eine Weile, dann begann der Mann leise zu sprechen. »Der Glaube, Rosa, der Glaube ist es, der uns am Leben hält und das aus uns macht, was wir sind. Und das betrifft nicht nur die Götter, sondern jeden Menschen. Dein Vater oder Carl, sie werden es dir bestätigen können. Es war schon immer so, seit es Menschen gibt. Auch bei den alten Ägyptern. Solange noch der Name eines Menschen bekannt war, solange er durch Opfergaben und Gebete im Jenseits angesprochen werden konnte, so lange existierte seine Seele im Leben nach dem Tod. So geriet er nie in Vergessenheit und konnte ewig weiter existieren. Ist es heute nicht auch so, dass viele Menschen in eurer Erinnerung weiter lebendig sind? Einige mehr, andere weniger. Sie werden erst vergessen, wenn niemand mehr sich ihrer erinnert. Wenn niemand mehr von ihrer Existenz weiß und … an sie glaubt. Je mehr Menschen glauben, desto mächtiger ist die Wirkung ihrer Herzen. Desto mächtiger und kräftiger sind wir, an die sie glauben. Manche von uns versinken im ewigen Schlaf, im Schlaf der Zeit, wenn niemand mehr an sie glaubt, aber ihre Namen noch bekannt sind. Doch wenn nur in einem Herzen, einem einzigen, der Glaube wieder erweckt wird, so kann der Schlummernde geweckt werden.«

Rosa rutschte ein Stück beiseite und drehte sich um. Sie schaute dem Mann direkt ins Gesicht. »Was willst du mir damit sagen?«

Noch immer wandte er den Blick nicht von der Apsis ab. »Ich will dir gar nichts sagen, Rosa. Bin ich nicht nur dein Unterbewusstsein, dein instabiler Geisteszustand, der zu dir spricht? Denkst du nicht so? Angenommen es ist so. Du unterhältst dich also mit dir selbst, nicht wahr? Alles, was in diesem Gespräch auftaucht, ist das Produkt deiner eigenen Überlegungen.«

»Als würde ich Selbstgespräche führen.«

»Als würdest du Selbstgespräche führen. Aber ist es nicht viel angenehmer, zu einer anderen Person zu sprechen? Deine Gedanken an ein Gegenüber zu richten? Und passe ich nicht gut hierher?«

Rosa senkte den Kopf und legte die Hände vor das Gesicht. »Und wenn du doch echt bist? Wenn es nicht mein verwirrter Geist ist? Oder beides?«

»Zweifle nicht.« Eine warme Hand schloss sich um ihre und als sie aufschaute, blickte sie in die unergründlichen Augen des Mannes. »Zweifle nicht«, wiederholte er leise. »Bist du nicht hierhergekommen, um über Junker und den Mord an den Brüdern nachzudenken? Sprich es aus, was dir auf der Seele lastet.«

»Es ist so vieles, was hier nicht zusammenpasst. Über zwei Jahre liegt Junker hier, ohnmächtig, unbeweglich. Plötzlich wacht er auf, beschafft sich eine unzureichende Waffe, bringt die Mönche um, flieht. Für alles das braucht es eine körperliche Konstitution, die er nach der Zeit nicht gehabt haben kann.« Noch immer ruhte ihre Hand in seiner. Sie war warm, die Innenseite rau und mit Schwielen bedeckt. Sie fühlte sich echt an. Nicht wie eine Einbildung. »Hättest du es nicht verhindern können? Ein sinnloser Tod von zwei unschuldigen Männern. Es ist doch dein Haus!«

»Unschuldig? Was weißt du von der Schuld des Menschen? Sinnlos? Ist dir der große Plan bekannt? Du weißt nicht, was noch kommen wird. Und was steht draußen auf der Tür, durch die du herein gekommen bist?«

Sie musste einen Moment nachdenken. »Domus Dei.«

»Genau. Das Haus Gottes. Nenne es Spitzfindigkeit, Rosa. Es ist nicht mein Haus. Es ist das Haus Gottes. Auch ich bin nur ein Gast hier und der, den ihr als meinen Vater bezeichnet, er ist fern. Du hast von Junkers körperlicher Verfassung gesprochen. Was schließt du daraus?«

»Zwei Dinge.« Sie hielt den Zeigefinger der rechten Hand hoch. »Er ist bereits vor längerer Zeit erwacht und hat sich nur verstellt. Ich weiß nicht, ob das möglich ist. Ob er Franz so hätte täuschen können, der ihn doch regelmäßig untersucht hat. Und auch, warum dann heute dieser plötzliche Ausbruch von Gewalt? Warum hat er sich nicht einfach des Nachts davongeschlichen?«

»Warum? Was denkst du?«

Sie zuckte die Schultern und hob einen zweiten Finger. »Er war nicht bei klarem Verstand. Vielleicht wahnsinnig. Wir können kein rationales Verhalten von ihm erwarten. Der andere Punkt. Er ist erst heute erwacht. Dann muss es jemanden gegeben haben, der ihm geholfen hat. Geschwächt wie er war, hätte er sich nicht das Messer besorgen und die beiden Mönche abschlachten können.«

»Einen Komplizen? Hast du Spuren gesehen?«

Stumm schüttelte sie den Kopf. »Nur ein Paar Füße hat Abdrücke im Blut hinterlassen. Von nur einer Hand wurden die Wände beschriftet. Das eine ist so unwahrscheinlich wie das andere. Aber …« Wieder schwieg sie einen Moment. »Aber er wollte uns etwas sagen, mit dem, was er getan hat. Er hat den Mönchen die Herzen herausgerissen und sie zerstört. Für ihn war das Herz der Sitz der Seele. Er vernichtete also nicht nur ihre Körper, sondern auch ihre Seelen. Die Schrift an den Wänden. Osiris. Warum Osiris? Bisher war er doch ein Anhänger des Anubis und Teil der Herren des Schakals, wenn ich dem glaube, was mein Vater mir berichtet hat und was wir selbst in der Lenbachvilla erlebt haben. Warum nun Osiris?«

»Wofür steht Osiris?«

»Bei den alten Ägyptern war er der Herrscher über das Jenseits, der Gott des Totenreiches. Er war einst gestorben und wiederauferstanden.«

»Wie passend. Findest du nicht? Alles kehrt irgendwann wieder.« Er löste seine Hand aus ihrer und deutete in die Apsis, wo Christus vor einem hellblauen Himmel auf einer Wolke stand.

»Alles kehrt wieder«, wiederholte Rosa nachdenklich. »Mein Vater hat mir davon erzählt. Was in der Götterwelt ein erstes Mal geschah, das passierte auch auf Erden immer wieder. So wie Osiris starb und ins Jenseits einging. Wie sein Sohn Horus ihm auf dem Königsthron folgte. So wurde der ägyptische Pharao, wenn er starb, zu Osiris im Jenseits und sein Sohn zum Nachfolger und Stellvertreter des Horus auf Erden.«

»Die Geschichten wiederholen sich, denn auch das Leben von euch Menschen gleicht sich immer wieder. Manche der Ereignisse werden zu Mythen, zu Legenden, manche zu Historie, doch wirst du immer wieder das gleiche entdecken. Alles kehrt irgendwann wieder.«

»Und Junker?«

»Was ist mit Junker?«

»Er war wie tot. In dem Ritual von Anubis in ein ewiges Nichts geschickt. Und nun, nun ist er wieder erwacht. Er war tot und ist wiederauferstanden. Er ist wie Osiris. Oder zumindest hält er sich dafür.«

 

6

Rosa Kury

Haus der Familie von Arnhem

 

Es war spät, als Paul heimkehrte. Rosa hörte das leise Klicken, als er die Haustür hinter sich ins Schloss zog. Die Tür zu ihrem Arbeitszimmer war nur angelehnt. Sie hatte eine Lampe brennen lassen, deren Schein in einem langen schmalen Balken bis auf den Flur fiel.

»Du bist noch wach?«, fragte er kaum hörbar.

»Wer könnte schlafen nach einem Tag wie diesem?« Rosa erhob sich aus dem großen Sessel in ihrem Arbeitszimmer. Als sie am Abend zurückgekommen war, hatte sie dort Viktoria schlafend vorgefunden, zusammengerollt, Die Reise zum Mittelpunkt der Erde fest in den Armen. Ida hatte nur entschuldigend mit den Schultern gezuckt. Viktoria war mitunter ein starrköpfiges Kind, das auf seinem eigenen Willen beharrte. Rosa hatte ihr das Buch aus den Händen genommen, sie ins Bett getragen und ihren Platz eingenommen.

»Du hättest nicht auf mich warten müssen.«

Der Lichtbalken im Flur wurde größer, als Paul die Tür des Arbeitszimmers öffnete. Die flackernde Beleuchtung zauberte Schatten auf sein Gesicht und ließ seine so vertrauten Züge scharf hervortreten. Den Uniformrock hatte er ausgezogen und trug ihn zusammengelegt über seinem Arm. Zerzaust standen ihm die blonden Haare vom Kopf ab. Er sah erschöpft aus.

»Doch, das musste ich.« Rosa nahm Paul die Jacke ab und zog ihn an sich. »Gerade an einem Tag wie diesem.«

Paul legte die Arme um Rosas Taille und den Kopf auf ihre Schulter. »Wir haben alles zusammengekratzt, was wir finden konnten. Franz hat jetzt das Vergnügen, sich um die Körper und alles, was dazugehört, zu kümmern. Er hat sie in die Anatomie bringen lassen. Meinte, dort hätte er bessere Möglichkeiten, sie zu untersuchen. Ich habe das Gekritzel an den Wänden abgezeichnet. Morgen werden Kopien angefertigt, von denen du eine haben kannst. Und dann müssen wir …«

»Genug.« Sie legte ihm die Hand auf die Lippen und brachte ihn so zum Schweigen. »Es ist genug für heute. Du bist dreckig und du riechst. Ida hat den Kessel angefeuert, es ist reichlich heißes Wasser da. Zieh dich aus und dann ab in die Badewanne mit dir.«

 

Rosa schloss die Tür des Badezimmers hinter sich, als Paul sich seiner Kleidung entledigte. Während sie den Hahn aufdrehte und dampfendes, heißes Wasser in die kupferne Wanne strömte, ließ sie den Blick über seinen Körper wandern. Die angebrochene Rippe, die er sich bei einem Einsatz auf dem letzten Oktoberfest zugezogen hatte, war schon halb verheilt, aber immer noch deutlich zu erkennen. Der Schnitt quer über die Brust, verursacht von einem zerbrochenen Keferloher, war nur mehr ein heller Strich. Sie erinnerte sich gut, wie sie ihn an jenem Abend in der Praxis von Franz abgeholt hatte, wie Paul lachend und scherzend auf dem Behandlungstisch lag, während der Doktor den Schnitt nähte und die Rippe richtete und verband. Heute nicht. Heute war keinem von ihnen zum Scherzen zumute.

Rosa nahm seine Kleidung entgegen und legte sie in den Flur. Ida würde ihre liebe Mühe damit haben, die Blutflecken heraus zu schrubben.

Mit einem Seufzer ließ sich Paul in das Wasser sinken und tauchte komplett unter. Als er wieder über der Wasseroberfläche erschien, hatte auch Rosa sich ausgezogen und hielt Seife und Schwamm bereit.

Zwar war das Wasser heiß, der Rest des Badezimmers aber unbeheizt. Paul beobachtete interessiert, wie sich eine Gänsehaut über Rosas Körper ausbreitete.

»Was?«, fragte sie und tauchte den Schwamm ins Wasser.

»Nichts«, antwortete er unschuldig und schnippte ihr einige Wassertropfen entgegen. »Willst du da draußen bleiben? Kalt, wie es ist.«

»Soll das ein Angebot sein?«

»Eine Aufforderung. Hier drin ist genug Platz für zwei.«

»Erst die Pflicht, dann das Vergnügen, mein Lieber.« Sie schäumte den Schwamm ein und sah ihn auffordernd an. »Zeig deinen Rücken her.«

 

Rosa stand am Fenster, zog den Morgenmantel enger um sich und sah in den nächtlichen Garten hinaus. Im Dunkel lagen der kleine Teich und die Laube, die Wiese und die alten Bäume.

»Es ist Neumond, wusstest du das? Unsere letzte Begegnung mit Junker fand bei Vollmond statt. Ob es ein Zufall ist?«

»Was sollte es sonst sein?« Paul gähnte. »Vorsehung? Planung?«

»Ich weiß es nicht«, Rosa drehte sich herum und setzte sich auf die Bettkante, »und das ist, was mich beunruhigt. Erinnerst du dich, was Carl uns damals erzählt hat? Vollmond galt als das Vereinigungsfest, wo sich Junker mit Anubis vereinigen wollte. Neumond ist ein Tag der Vergänglichkeit, des Todes. Der Tag, an dem er die beiden Mönche umgebracht hat. Wie gern würde ich mich mit Carl austauschen, aber er ist in Kairo.Wie gern wüsste ich mehr von meinem Vater, doch er weigert sich hierherzukommen.«

»Du kannst ihnen immerhin schreiben und deine Sorgen zu Papier bringen. So wäre auch Carl bereits über alles informiert, wenn er kommt.«

»Meinst du nicht, dass Franz das in Carls Fall bereits übernommen hat?«

Paul verschränkte die Arme hinter dem Kopf und streckte sich. Er gähnte ein weiteres Mal. »Da wäre ich mir nicht sicher. Du kennst ihn doch. Höflich und unnahbar, wie immer. Aber ich denke, dass ihn der Vorfall heute sehr mitgenommen hat. Er macht sich Vorwürfe, dass er an der ganzen Misere und dem Tod der Mönche schuld ist,womit er in gewisser Weise ja auch recht hat. Manche Dinge jedoch sind nicht vorherzusehen. Unser guter Franz hätte immer gerne alles im Griff. Wenn ihm nun trotz sorgfältiger Planung die Dinge entgleiten …«

»Du hast recht. Er wirkt immer so ruhig und beherrscht. Aber ich konnte heute kurz hinter die Maske blicken. Er leidet unter der Trennung von Carl, was ich nachvollziehen kann. Wenn nun noch der Junker-Vorfall dazu kommt?«

»Wir sollten ihn im Auge behalten.«

»Da werden wir keine Chance haben. Die Einzige, die er je ein Stück an sich herangelassen hat, ist Daisy. Ich denke, ich werde morgen nicht nur nach Kairo und Assuan, sondern auch nach London schreiben. Daisy sollte informiert sein und vielleicht können sie ihren Besuch etwas vorziehen. Ich fühlte mich wohler, wenn wir alle beisammen wären.«

»Wenn wir nur wüssten, was Junker vorhat. Wenn wir alle zusammen sind, bieten wir ein größeres Ziel für ihn. Doch wir haben auch mehr Möglichkeiten, uns zu schützen. Rosa, ich mache mir Sorgen. Wir müssen an uns denken. An unsere Familie, an das Sternchen.«

Rosa ließ den Morgenmantel zu Boden gleiten und schlüpfte zu Paul unter die Bettdecke. Er zog sie an sich, sie legte den Kopf auf seine Schulter. Seine Augen waren schon fast geschlossen.

»Unser Sternchen …«

Wann hatten sie angefangen, Viktoria so zu nennen? Sie wusste es nicht. Einer von ihnen hatte damit begonnen und jetzt war es ihr Name.

»Wir waren bisher nur für uns selbst verantwortlich. Ich habe mich noch immer nicht daran gewöhnt, dass dort jemand ist, der zu uns gehört, der unseres Schutzes und unserer Hilfe bedarf. Paul, ich glaube nicht, dass Junker sich gegen uns wendet. Eher wird Daisy sein Ziel sein. Sie war es, die sein Ritual gestört hat, die von Anubis übernommen wurde, die ihn in die Katatonie geschickt hat. Deshalb will ich sie bei mir haben, damit ich auf sie aufpassen kann.«

Sie schwieg. Und auch von Paul kam keine Antwort mehr. Er war eingeschlafen.

 

7

Die verlorene Seele

 

Schon von weitem kann ich seine Stimme hören, gedämpft nur und leise, doch tief, weich und tragend. Ein jeder Laut präzise und akzentuiert und in genau der richtigen Klanghöhe. Eine Stimme, ausgebildet und geschult, wie man sie nur selten hört. Bald schon verstummt sie auf ewig. Johannes Dorn. Sicherlich wird man ihn vermissen. Man soll ihn vermissen. Eine klaffende Lücke soll sein Tod hinterlassen.

Kirch hatte ihn ausgewählt, hatte ihn in unseren Kreis gebracht, ihm Honig ums Maul geschmiert, seine Unersetzlichkeit gepriesen. In einem hatte er recht. Wenn Dorn die alten Texte rezitierte, so entfalteten sie eine solche Wirkmacht, die ihnen zu entlocken mir nie gelang.

Heute wird seine Stimme verstummen und nur noch ich werde die Hymnen lesen. Nicht er mit seinem affektierten Gehabe. Nie wieder.

Ich folge den Klängen durch die Dunkelheit. Einen Schritt nach dem anderen. Die Finsternis macht mir keine Angst. Lang genug habe ich darin gelebt, lang genug hat sie mich geborgen. Sie ist zu meiner Freundin und Vertrauten geworden. Ruhig spricht seine Stimme, doch was ist das? Da erhebt sich noch eine andere, sie schreit, sie fleht, sie keift, sie bettelt. Meine Ohren schmerzen. Sie sind diese Klänge noch nicht wieder gewohnt. So lange Zeit waren es nur die strahlenden Noten in der Finsternis, die Töne, die ich nur sah, die meine Ohren nicht erreichten, sondern nur meinen Geist.

Auch die andere Stimme wird verstummen. Dafür werde ich sorgen.

Das Messer schmiegt sich sanft in meine Hand. Es ist ein anderes, ein neues. Die Klinge scharf und spitz. Sie wird mir gute Dienste leisten.

Die Tür, die mich zum hinteren Teil der Bühne führt, sie ist nur angelehnt. Lauter und lauter wird die Stimme und auch Dorns Entgegnungen werden heftiger. Was sie sagen? Es interessiert mich nicht. Ich habe die menschlichen Beziehungen längst hinter mir gelassen. Mein Weg ist ein anderer. Unsterblich werde ich mich erheben.

Wird er mich wiedererkennen, in diesem letzten Augenblick? Die Mönche haben sich um mich gekümmert. Das Haar ist kurz, selbst rasiert haben sie mich. Doch eingefallen sind die Wangen und schmal bin ich geworden. Erst nach und nach komme ich wieder zu Kräften. Deswegen muss es schnell gehen heute Abend. Für einen großen Kampf fehlt mir noch die Ausdauer. Nur eine Woche bin ich wieder auf dieser Welt.