Väter sind was Wunderbares, das muss man den Müttern nur immer wieder sagen - Alexander Bayer - E-Book

Väter sind was Wunderbares, das muss man den Müttern nur immer wieder sagen E-Book

Alexander Bayer

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Beschreibung

Alles, was Väter falsch machen können – und werden: 16 brüllend komische Episoden von Postillon-Autor Alexander Bayer Sie sind im siebten Monat schwanger, und der werdende Vater ist noch nicht in Mexiko? Dann haben Sie Glück und er das Zeug zum Vatersein. Doch seien Sie beide gewarnt – leicht wird es nicht. Denn vom ersten Befruchtungsversuch bis zum Renteneintritt Ihrer Kinder ist so ein Vaterdasein mit Anstrengungen verbunden. Das Buch für alle Väter. Und solche, die es werden wollen. Tiefe Einblicke in das (hochfragile) Seelenleben von Vätern gibt nun einer, der es wissen muss: Der langjährige Postillon-Autor und dreifache Vater Alexander Bayer erzählt die lustigsten Geschichten aus seinem wundersamen Alltag mit Frau und Söhnen, verrät, wie sich Paare auf einen kindgerechten Sportwagen und eine faire Arbeitsteilung beim Stillen einigen, und enthüllt, wo Männer leise und unbemerkt weinen können.  In über 16 herrlich lustigen Episoden zeigt Alexander Bayer aufopferungsvoll, was Väter alles falsch machen werden: vom Geburtsvorbereitungskurs über die Namensfindung bis hin zum Umgang mit geschenkwütigen Großeltern.

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Seitenzahl: 220

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Alexander Bayer

Väter sind was Wunderbares, das muss man den Müttern nur immer wieder sagen

Insiderbericht von der Windelfront

Knaur eBooks

Über dieses Buch

Ihre Frau ist im siebten Monat schwanger, und Sie sind noch nicht in Mexiko? Dann haben Sie das Zeug zum Vatersein. Doch seien Sie gewarnt – leicht wird es nicht. Denn vom ersten Befruchtungsversuch bis zum Renteneintritt Ihrer Kinder ist so ein Vaterdasein mit Anstrengungen verbunden. Tiefe Einblicke in das (hochfragile) Seelenleben von Vätern gibt nun einer, der es wissen muss: Der langjährige Postillon-Autor und dreifache Vater Alexander Bayer erzählt die lustigsten Geschichten aus seinem turbulenten Alltag mit Frau und Söhnen. Er verrät, wie sich Paare auf einen kindgerechten Sportwagen und eine faire Arbeitsteilung beim Stillen einigen, und gibt Tipps, wo man als Mann leise und unbemerkt weint.

Inhaltsübersicht

Vorwort

1. Herzlichen Glückwunsch, Schatz – wir brauchen ein neues Auto!

Die frohe Botschaft

Meine Eltern

Es wird ernst

Der Geburtsvorbereitungskurs

2. Das nächste Mal gebärst du, okay?

Die neue Hebamme

Der letzte Abend

Die Geburt

Die Nacht danach

3. »Baby Bayer« klingt doch auch ganz nett …

Der Name

Das perfekte Alter

Die ersten Besuche

Das Nest

4. Der verfluchte Muttermodus

Lisa wird nicht wach

Gib ihm doch einfach den Schnuller

Babysitter

5. Ist diese Muttermilch auch wirklich bio?

Essen

Minusessen

6. Schatz, er hat geniest – ruf bitte sofort diese 37 Ärzte an!

Krankheiten

Reicht auch ein Schamanenkurs, oder müssen wir jedes Mal wirklich zum Arzt?

Hubschraubereltern

7. Du hast für das Kind mitgebucht? Der passt doch locker ins Handgepäck!

Der erste Urlaub

Im Zoo

Vereine

8. Haben wir noch Gurken im Haus?

Zweites Kind

Drittes Kind

9. Eine Familienpackung Ohrstöpsel, bitte!

Die Lautstärke

Sie hören alles

Zu Tisch

Kindergeburtstag

10. Pokern? Klar hab ich Bock! Plant mich bitte am Mittwoch in zwölf Jahren mit ein

Ihre Freizeit

Wie es früher war

11. Jetzt einen Brautstrauß, bitte!

12. Bitte schenkt ihnen nichts mehr, Mutter …

Die Großeltern

Eltern vs. Großeltern

13.Stell dich nicht so an, Kind – es gibt keinen Grund, Angst zu haben!

Vorbildrolle

Ängste

Der Weihnachtsmann

Chaos im Haos

14. Baby ist besser als Hund

Mit Baby angeben

Was andere Eltern sagen (Dialoge anderer Leidensgenossen)

15. Verzeihung, ist das hier mein Kind?

Ich liebe die Kita

Schule

16. Wie, ein Kind kostet Geld? Ich dachte, die kriegt man umsonst

Rezipientenpost (gesammelt)

Vorwort

Lieber (angehender) Vater. Jetzt hat Ihre Frau Sie tatsächlich gezwungen, mein Buch zu lesen. Brutal schenkte sie es Ihnen zu Weihnachten, obwohl Sie sich wehrten und sich viel lieber einen Ferrari oder wenigstens eine kleine Zapfanlage für die eigene Küche gewünscht hatten. Doch verzagen Sie nicht – genau für solche Fälle habe ich die folgenden Seiten geschrieben.

Mit meinem Buch möchte ich Ihnen und all den anderen Männern da draußen zeigen, dass Sie nicht allein sind. Dass auch ich und zahlreiche meiner Vorkämpfer es trotz Frau und Kindern geschafft haben, gesellschaftlich akzeptierte Väter zu werden. Auch Gerüchte, an die ich noch bis vor Kurzem geglaubt habe, man verliere seine Männlichkeit, sobald man ein Buch fertig liest, möchte ich hiermit ausräumen.

Das Verlangen, mich mitzuteilen und Kommilitonen mit Rat und Expertise unter die Arme zu greifen, verspürte ich bereits seit Beginn meiner hauptberuflichen Tätigkeit als Autor. Lange habe ich überlegt, worüber ich ein Buch schreiben könnte. Es musste ja etwas sein, das viele Menschen betrifft und im Optimalfall mit Schwierigkeiten verbunden ist. Es musste etwas sein, womit ich mich auskenne; etwas, womit ich tagtäglich konfrontiert bin.

Aber ständig wurde ich von einem meiner Kinder beim Nachdenken über ein mögliches Thema unterbrochen. Geburten, Lärm, Krankheiten, Rosenmontage und Trampolinparks kamen immer wieder dazwischen, und so war ich kurz davor, die Idee eines eigenen Buchs zu verwerfen.

»Herr Bayer, Sie haben doch Kinder?«, fragte mich meine Literaturagentin bei einem Videotelefonat, das ich zwischendurch abbrechen musste, weil die Brotrinde meines mittleren Sohnes härter war als gedacht. »Schreiben Sie doch DArüber!«

Ich war begeistert von ihrer Idee und legte schon nach kurzer Zeit eine Leseprobe vor. Nachdem wir geklärt hatten, dass »Horror« nicht unbedingt das Genre gewesen sei, das ihr vorgeschwebt war, und »Psychothriller«, auch wenn sich das beim Thema Erziehung förmlich aufdrängt, ebenfalls nicht infrage kam, einigten wir uns auf ein humoriges Buch.

In mühevoller Kleinstarbeit und mit unermesslicher Unterstützung meiner geliebten Ehefrau,1 ohne die ich zwar deutlich mehr Freizeit, aber auch viel weniger Buch hätte, entstand das Ihnen nun mit viel Liebe aufoktroyierte Sachbuch.

Zu meinem schriftstellerischen Vorgehen gibt es nicht viel Außergewöhnliches zu berichten, aber weil so etwas ja in ein gutes Vorwort gehört: Ich schrieb mein Buch von links nach rechts und setzte immer einen Buchstaben hinter einen anderen, bis sich Wörter und später Sätze daraus ergaben. Manche bekamen am Ende einen Punkt, manche nicht? Die doch in falscher Reihenfolge geschriebenen Wörter wurden anschließend vom Verlagslektor gewissenhaft korrigiert und mit einer riesigen Kartoffelmaschine auf Papier gedruckt. So stelle ich mir den Ablauf zumindest vor – ich arbeite ja nicht im Verlag.

Die Titelsuche gestaltete sich nicht so leicht. Verschiedene Titel wie »Schatz, wie heißt er noch mal?« oder »Die Windel ist halb voll – die Ansichten eines optimistischen Vaters« standen zur Auswahl. Als Satiriker wollte ich einen starken Gag haben, der Verlag aber lieber einen Titel, der niemanden abschreckt, auf den Inhalt verweist und viele Käufer anspricht. Und so sah mein abschließender – und, wie ich finde, hervorragender – Vorschlag dazu aus: »Ein lustiges Buch über einen Vater, der mit Anfang vierzig den täglichen Durchsetzungskampf gegen Frau und Kind mit Bravour besteht, jeglichem Stress trotzt und in allen Lebenslagen gelassen bleibt«. Untertitel: »Wenn Sie auch ein Vater oder Frau oder Mutter eines werdenden solchen sind, dann kaufen Sie das Buch und lesen es selbst oder schenken es Ihrem Mann/Sohn, je nachdem, wer Sie dann sind. Aber bitte nicht zu Weihnachten – da wünschen sich Männer gerne was anderes«. Ja, der Titel ist nicht gerade der kürzeste auf dem deutschsprachigen Buchmarkt, aber ich hoffe, dass er sich bei der Verlagsabschlussbesprechung trotzdem durchsetzen wird.

Und nun vergessen Sie für einen Moment Ihre kotzende schwangere Frau und viel Spaß mit dem Buch!

1. Herzlichen Glückwunsch, Schatz – wir brauchen ein neues Auto!

Die frohe Botschaft

»Haben wir keine Löffel mehr, oder was wird das hier?«, fragte ich Lisa, als sie ihren Tee mit einem positiven Schwangerschaftstest umrührte.

Moment mal – erst dieses alkoholfreie Mischbier in meinem Kofferraum, dessen Fund mich vor Tagen so sehr aufgeregt hatte, dass ich beinahe den neuen Baby-an-Bord-Aufkleber auf meiner Heckscheibe übersah. Und jetzt dieser positive Schwangerschaftstest … Da stimmte doch etwas nicht! Doch bevor ich zu einer klärenden Frage ansetzen konnte, bat Lisa mich, in den Supermarkt zu fahren und drei Gläser saure Gurken zu kaufen. Blumenerde und Nutella hätten wir ja genug da. Und da wurde mir klar: Entweder wollte sie im Garten einen Gurkenbaum pflanzen und dabei ein Nutellabrot essen, oder … sie war schwanger!

»Na endlich, ich dachte, du kommst da gar nicht mehr drauf«, atmete Lisa erleichtert auf und gestand, schon im zwölften Tag schwanger zu sein. Dass ich ihren siebzehnten Wink auf Anhieb verstanden hatte, machte sie froh, denn einen achtzehnten hätte sie nicht mehr gehabt.

Ich freute mich auch, denn als Enkel und Sohn hatte ich jetzt schon gut dreißig Jahre Erfahrung, aber Vater war neu. Es gab da nur ein paar kleine unbedeutende Hürden zu meistern.

 

Damals wohnten wir bereits zusammen, küssten uns täglich, und Lisa wurde schwanger. Nun sollte ich Vater werden. Was kam da auf mich zu? Was will so ein Baby überhaupt? Ich war früher auch mal eines, aber gemerkt habe ich mir den ganzen Kram nicht, den ich damals gewollt habe. Also musste ich das neu lernen.

Lisa bestand darauf, dass ich Ratgeberbücher für Väter lese, ich war dagegen.

»Wer liest denn überhaupt so einen überflüssigen Schwachsinn?«, fragte ich, so diplomatisch ich konnte. »Vater ist man doch intuitiv! Und außerdem: Wenn überhaupt, dann sollten kurze YouTube-Videos ausreichen, um mich vollumfänglich zu bilden.« Das hatte schließlich bei »Regal aufbauen leicht gemacht« schon wunderbar funktioniert. Und bei »Nagel im Daumen – was tun?« auch …

Ja, eigentlich sah ich es ein – ich musste mich informieren. Aber ich wollte einfach nicht, dass Lisa auch noch in meiner Freizeit über meine Freizeit bestimmt. Wenn ich Bücher lese, verliere ich mich ohnehin immer in meinen eigenen, viel spannenderen Gedanken und kriege nichts vom Geschriebenen mit. Es kommt häufig vor, dass ich ein und dieselbe Buchseite bis zu zwanzigmal neu lesen muss, ehe ich dann ergebnislos aufgebe. Häufig passiert das schon auf Seite drei. Lisa schimpft dann und behauptet, ich hätte die Grundschule getrost überspringen können, da ich die Fähigkeit zu lesen in meinem Leben offenbar nicht benötigte.

Wahrscheinlich hat sie damit recht, doch diese merkwürdige Bibliophilie ihrerseits stört mich schon, seit wir uns kennengelernt haben. Zu jedem feierlichen Anlass – zu Geburtstagen, zum Valentinstag, zu Weihnachten, zu Halloween, zu meiner vorzeitigen Haftentlassung – immer gibt es ein Buchgeschenk. Und das dann auch von jedem Mitglied Lisas gesamter Familie. Anfangs durchblätterte ich die Bücher noch schnell in der Hoffnung, darin Geldscheine oder wenigstens getrocknete Laubblätter zum Basteln zu finden, doch schnell wurde ich eines Besseren belehrt. Meine Bitten, mir doch lieber Geld oder wenigstens gar nichts zu schenken, gingen stets in verständnislosem angeheiratetem Gelächter unter.

Kurzum: Ich drückte mich seit eh und je wie jeder vernünftige Mann vor dem Lesen und versuchte mich auch dieses Mal dagegen zu wehren. Wir einigten uns auf Ratgeberhörbücher, die ich nach erfolgreichem Abschluss kurz zusammenfassen und laut nacherzählen musste.

 

Ich habe mit meiner Frau riesiges Glück, weil sie nicht nur intelligent und wunderschön ist, sondern auch viel Verständnis für meine Belange hat. Und außerdem liest sie mein Manuskript Korrektur und ergänzt hier und da, wenn etwas Wichtiges fehlt.

Wir haben uns Anfang des Jahrtausends kennengelernt und waren uns auf Anhieb sympathisch.

Ich wollte sie bereits beim ersten Treffen heiraten, behielt das allerdings bis zur Geburt unseres dritten Kindes für mich. Ja, bei manchen Dingen brauche ich einfach ein wenig Anlauf. So auch beim Kinderwunsch.

»Alex, bist du wirklich sicher, dass wir das Kind jetzt bekommen sollten?«, fragte sie, obwohl, wie ich fand, aus ihrer Sicht eigentlich schon alles feststand.

»Meinst du, obwohl ich noch an der Uni bin, zwei Jobs parallel fahre und das Kind bis zu meinem Abschluss vor meinen Eltern verstecken müsste?«, konterte ich mit einer Gegenfrage. »Nein, Mutter, du hast dich ganz sicher verhört! Das Brüllen im Hintergrund ist kein Baby, das ich vor dir verheimliche. Das ist bloß die ungeduldige Lisa, die das Telefon haben will, um ihrer Schwester zu zeigen, wie realistisch sie Babygeschrei nachahmen kann.«

Lisa lachte.

»Meinst du das? Um solche Gespräche nicht führen zu müssen, soll ich etwa auf ein menschliches, selbst gemachtes Baby verzichten? Niemals!« Ich gab mich souverän, doch in Gedanken malte ich mir bereits aus, was wohl mein dritter Job werden würde.

Während Lisa bereits fest im Berufsleben stand, studierte ich noch und arbeitete nebenher als Satireautor, um das Benzin für meinen Zweitjob bei der Taxizentrale zu finanzieren. Aber nun war das alles nicht mehr wichtig. Wir beschlossen, Eltern zu werden.

Meine Eltern

»Hast du’s deinen Eltern jetzt schon gesagt?«, fragte Lisa, als ihr Bauch sichtbar zu wachsen begann.

»Was, das mit dem Strafzettel?«, lenkte ich erfolgreich ab. »Nein, habe ich natürlich nicht. Ich bitte dich – ich bin 32 Jahre alt und muss mich für zu schnelles Überlandfahren bei meinen Eltern nicht mehr rechtfertigen«, fügte ich schnell an, um nicht über das von mir hoch gefürchtete Thema der Elternkonfrontation reden zu müssen.

Doch mein Ablenkungsversuch wurde enttarnt, und Lisa drückte nach: »Alex, ich weiß, du hast keine Lust, mit deinen ›ach so konservativen Eltern‹ zu sprechen, aber wir müssen ihnen das mit der Schwangerschaft einfach mitteilen. Studium, Geldsorgen, Minijobs hin oder her.«

Ich nickte verständnisvoll, sprang auf und versuchte, aus dem Zimmer zu fliehen. Doch Lisa hatte bereits abgeschlossen und den Schlüssel gegessen. Zumindest nahm ich das an, weil man ja über den Appetit von Schwangeren so einiges hört.

Und so begannen wir darüber zu reden, wie, wann und wo wir es ihnen erzählen würden. Ich hasse liebe es, eine vernünftige Frau zu haben.

* * *

»Jetzt kann Lisa unterm Pulli keine Wassermelonen mehr schmuggeln«, bemerkte mein Vater, als wir Tage später in Kamen ankamen. Zum Glück war Lisa schon zu meiner Mutter ins Wohnzimmer vorgegangen und kriegte nichts mit.

»Meinst du ihren Bauch oder was?«, entgegnete ich mit gespielter Empörung, notierte mir aber heimlich den Wassermelonen-Gag, um ihn später irgendwann bei der Arbeit als meinen eigenen ausgeben zu können.

»Ja, sicher den Bauch«, fuhr er enttäuscht und leicht misstrauisch fort. »Der sieht ja jetzt unter der Kleidung aus wie eine Wassermelone, was einen theoretischen Melonenschmuggel quasi unmöglich macht, verstehst du?« Mein Vater starrte in mein linkes Auge, ohne auch nur einmal zu blinzeln.

»Aha …« Ich spielte den Ahnungslosen, um Zeit zu schinden.

Mein Vater ist diplomierter Maschinenbauingenieur und somit in der Pflicht, allen alles unnötig detailliert zu erklären. Es könnte ja sein, dass sein Sohn, der vom Witzeschreiben lebt, seinen Melonen-Gag nicht verstanden hatte. Während mein Vater noch überlegte, für mich eine Konstruktionszeichnung einer Melone anzufertigen, um ganz sicherzugehen, hatte ich andere Sorgen.

Ich wusste, dass mein Geständnis unmittelbar bevorstand, dafür waren wir ja angereist. Aber ich wollte noch Zeit gewinnen. Zeit, in der ich noch nicht wegen meines unüberlegten, verantwortungslosen und in der Weltgeschichte einmaligen Idiotenschritts, verfrüht Vater werden zu wollen, vor dem elterlichen Gerichtshof verurteilt worden war. Ich brauchte Zeit zum Ankommen. Zeit zum Durchatmen. Vater musste also noch ein bisschen verwirrt werden.

»Du weißt aber schon, dass es unhöflich ist, Frauen auf ihr Zugewicht anzusprechen?«, setzte ich meine List fort und deutete auf seinen eigenen Bauch: »Du hast dich ja auch ganz schön gehen lassen in letzter Zeit.«

Mein Vater blickte mich minutenlang an, ohne auch nur ein Wort zu sagen. Sein Reißbrett, auf dem schon eine skizzierte Melone prangte, deren eingezeichneter Radius offenbar dem durch zweifaches Pi geteilten Umfang entsprach, hielt er dabei am hängenden Arm.

Ich hatte es geschafft. Mein Vater sah noch irritierter aus als an jenem Samstag, an dem meine Mutter ihn aus dem Mittagsschlaf gerissen, indem sie ihm ein wenig kalt gepresstes Olivenöl in den Mund getröpfelt hatte. Sie habe ihm seine Stimmbänder schmieren wollen, hatte sie erklärt, damit er nachts nicht so laut schnarche. Meine Mutter ist ebenfalls diplomierte Maschinenbauingenieurin und experimentiert gerne herum, wie sie sagt.

Jetzt stand mein Vater also vor mir und verstand maximal Regionalbahnhof. Er hatte drei Optionen. Erstens: Lisa hatte tatsächlich zugenommen, und er war mit seinem unüberlegten Melonen-Witz in ein Bauchfettnäpfchen getreten, zweitens: Lisa war schwanger, und ich wollte davon ablenken, weil ich meine Komplexe offenbar immer noch nicht im Griff hatte und die infantile Angst hegte, in seinen Augen als unreif zu gelten, oder drittens: Lisa war schwanger, und ich versuchte, warum auch immer, durch beleidigende Allegorien enterbt zu werden.

Mein Vater entschied sich für Option zwei, begann Mitgefühl zu entwickeln und mir in die Karten zu spielen. »Tut mir leid, Sohn, das war sehr ungeschickt von mir«, setzte er stockend an und gestand, in den vergangenen Monaten tatsächlich ein- bis zweihundert Gramm zugenommen zu haben. Auch die Bemerkung über Lisas Melonenbauch nehme er mit sofortiger Wirkung zurück.

War das eine Finte? Wollte er mich nur in Sicherheit wiegen, um dann noch effektiver verurteilen zu können? Ich durfte mich nicht reinlegen lassen und öffnete meinen Mund, um etwas von einer Kohlenstoffdioxid-Diät2 zu erzählen, die ich aus Solidarität mit Lisa begonnen hätte, einem größeren Kleiderschrank, den wir jetzt benötigten, und davon, was es bedeutete, Schokolade vor seiner Frau auf dem Dachboden verstecken zu müssen. Da lugte schon meine Mutter in den Flur und fragte, ob sich der künftige Großvater auch schon so freue, bald babyzusitten. In der Ferne hörte ich Lisa lachen und atmete laut und lange aus.

 

Ja, entgegen meinen schlimmsten Befürchtungen haben meine Eltern die frohe Botschaft erstaunlich positiv aufgenommen. Mehr noch: Angeblich haben sie schon seit meinem 18. Geburtstag darauf gewartet. Meine Mutter wurde vor lauter Euphorie über das Neuungeborene sogar fahrlässig und gestand, die Schwangerschaft bereits geahnt zu haben und eines Nachts, während wir schliefen, in unsere Wohnung eingebrochen zu sein, um das Schlafzimmer für eine passende Kinderkrippe auszumessen. Dabei habe sie uns selbst gestrickte Babysocken unters Kopfkissen gelegt. Symbolisch, sagte sie.

»DIAbolisch«, korrigierte ich und wurde nach dem Besuch einen Monat lang nicht mehr angerufen.

Wir fuhren nicht weniger schwanger, aber beruhigt wieder nach Hause, während ich überlegte, in wessen Wohnung Mutter wohl eingebrochen sein musste. Denn bei uns lagen nie Socken unterm Kopfkissen.

Es wird ernst

Die erste Ultraschalluntersuchung war erstaunlich leise. Für uns Erwachsene jedenfalls. Babys hören dabei angeblich laute, lang gezogene Töne, was uns etwas beunruhigte. Wir hatten Angst, das Kind hätte meine Ohrengröße geerbt und würde unter dem Ultraschall besonders leiden. Auch die Gynäkologin, die unsere Diskussion mitbekommen hatte, musterte meinen Kopf, nickte zustimmend und brach die Untersuchung vorzeitig ab.

Allerdings haben wir alle wichtigen bis dato entwickelten Organe bereits erkennen können. Das Herzchen schlug angenehm rhythmisch, und sämtliche Arme, Beine und Nasen waren dran. Auch bildete ich mir ein, bei meinem Ultraschallbaby süße Krauselocken – wie die meinen – gesehen zu haben. Allerdings hätte das auch der Dickdarm meiner Frau sein können. Also hakte ich lieber nicht nach.

Das Geschlecht wollten wir uns auf keinen Fall vorher verraten lassen, weil wir keine Lust hatten, schon jetzt Namen zu überlegen. Frau Kratzwagen akzeptierte die Bitte, ergänzte jedoch, meine Mutter habe hier bereits angerufen und nach dem Geschlecht des Babys gefragt. Ich bat sie, auch weiterhin nichts preiszugeben, und notierte mir, beim nächsten Kamen-Besuch die Nummer der Frauenarztpraxis auf die Sperrliste der elterlichen Fritzbox zu setzen.

 

Auf dem Heimweg grummelte es in meinem Magen. Das mussten die Nutella-Gurken von letzter Woche sein, dachte ich. Oder das Bild des schlagenden Herzens meines Darmlockenkindes in Lisas Bauch, das mich doch mehr zu beeindrucken schien, als ich preiszugeben bereit war. Natürlich war ich äußerlich immer noch derselbe entspannte Typ vom Raucherschulhof, doch diese messerscharfen Gedanken, die sich beharrlich durch meine Coolness-Wand schnitten, ließen nicht locker:

Was wird das Kind? Wird es ein Junge? Ein Mädchen? Wird es gesund? Wie groß? Wie schwer? Weit war ich mit meinen Ratgeberhörbüchern noch nicht gekommen, doch wusste ich bereits, dass Jungen bei der Geburt ein bisschen mehr auf die Waage brachten. Wegen des angeborenen Pillemanns, wenn ich mich richtig erinnerte. Andererseits haben Mädchen in der Regel viel längere Haare, was das Gewicht eigentlich ausgleichen dürfte …

Wie würde das Kind aufwachsen, laufen und sprechen lernen? Wie gut in der Schule sein? Würde es – falls ein Junge – ein Astrophysiker werden? Und falls ein Mädchen, eine Astrophysikerin? Oder doch eher eine bundesweit gefürchtete Staatsanwältin, die ihren Vater verklagt, weil er sich vor ihrer Geburt über Geschlecht, Gewicht, Größe und künftige Profession viel zu wenige Gedanken gemacht hatte?

Egal was es würde und welchen Berufsweg es einschlagen wollte, ich würde es immer unterstützen, zu nichts zwingen und nichts verbieten – das nahm ich mir damals fest vor. Nur eine einzige Ausnahme würde ich machen: Meine Kinder durften – komme, was wolle – auf keinen Fall Lehrer werden. Lehrer – das wusste ich aus meinem Studium – werden spätestens nach zwei Tagen Berufserfahrung automatisch zu unausstehlichen Besserwissern, die nicht nur permanent ihre Familie und Freunde belehren, sondern auch sämtliche Menschen in ihrem Umkreis mit ihren langweiligen Pausenhofanekdoten penetrieren. So wie mein Jugendfreund Daniel, der mich letztens anrief, um mir zu erzählen: »… und dann sagte ich lässig zu ihm: ›Dustin, wenn du deine Facharbeit nicht bis morgen abgibst, darfst du nicht mit auf die Klassenfahrt!‹ Dustin schaute mich nur ganz traurig an und bettelte, vielleicht doch noch mitfahren zu dürfen. Aber meine Antwort war ›Nein‹! Hahaha! Was haben wir im Lehrerzimmer alle gelacht!«

Auch wenn ich damals vorzeitig auflegte, musste ich zugeben, dass Lehrer selbst nichts für ihre Nervigkeit können. Denn das ist ein Naturgesetz. Genauso, wie man automatisch riesengroß wird, wenn man sich in einem Basketballverein registriert.3 Und doch wollte ich meinen Kindern und ihrem Umfeld dieses fürchterliche Schicksal ersparen. Alle anderen Berufe wären für mich okay, und auch ansonsten würde ich das Vatersein sicherlich hinbekommen, dachte ich und begann mich allmählich zu entspannen.

Der Geburtsvorbereitungskurs

Langsam, aber sicher wurde alles konkret, und meine Frau meinte, wir sollten uns mit professioneller Hilfe auf die Geburt vorbereiten. Alle anderen täten das auch.

Ich sah das anders und wehrte mich: »Ach was, ich halte so einen Geburtsvorbereitungskursus für überflüssigen Schnickschnack. Eine Art zivilisatorische Modeerscheinung wie Instagram oder das Frauenwahlrecht.«

Lisa nahm mir meinen provokanten Chauvinismusversuch nicht ab, und zwanzig Minuten später waren wir für einen von der Hebammengilde empfohlenen sechswöchigen Geburtsvorbereitungskurs registriert.

Einer von uns freute sich tierisch. Ich nicht. Ich suchte schnell nach Ausreden, um da nicht mitgehen zu müssen. »Ich geh da nicht mit!«, rief ich wie auf Autopilot. »Meine Frau ist nämlich schwanger und braucht meine volle Unterstützung daheim.«

Lisa neigte leicht ihren Kopf und schaute mich mit einer Mischung aus Mitleid und Überlegenheit an. Und ich begriff, dass ich meine seit Wochen überall erfolgreich verwendete Globalausrede gerade maximal falsch eingesetzt hatte.

Erfahrene Freunde hatten mich mehrfach vor diesem kleinen mit Riesenbäuchen vollgestopften Raum gewarnt, wo man nur unnötig viel atmen und den Geburtsvorgang mimen musste. Darauf hatte ich keine Lust. Habe meine Meinung aber schnell revidiert, als Lisa sagte, dass es dort auch Bier geben würde. Das war natürlich etwas anderes, und ich entschied, mich für den Geburtsvorbereitungskurs zu begeistern. Ich war sogar so euphorisch, dass ich die Hebamme am nächsten Tag anrief, um ihr im Vorlauf zu danken und mitzuteilen, wie sehr ich mich doch auf den Kursus freue. Die Hebamme freute sich auch, stellte jedoch vorsichtshalber klar, dass es bei ihr kein Freibier gebe und dies eine erstaunlich häufige Fehlinformation sei.

Auf meine verärgerte Nachfrage hin meinte Lisa, sie habe das nie so gesagt. Und überhaupt, was mir einfiele, während ihrer ohnehin anstrengenden Schwangerschaft Verleumdung zu betreiben. Gesagt habe sie wohl das Wort »wir« und nicht »Bier«. Ich hätte das nur in meiner Ignoranz wie immer total falsch gehört. Zur Strafe müsse ich jetzt definitiv mitgehen.

 

Dort angekommen, bemerkte ich: Ich war nicht das einzige Opfer. Auch die übrigen Mitbringsel und Hodeninhaber, die im Vorraum wie defekte Lampen mit gesenkten Köpfen herumstanden und nicht wussten, ob sie ihre Schuhe aus- oder doch lieber wieder anziehen sollten, hatten sichtbar keinen Bock auf diese Veranstaltung.

Einer brummte unverständlich vor sich hin, er müsse wieder weg, weil er seinen Reisepass zu Hause vergessen habe, ein zweiter fragte die leitende Hebamme schüchtern nach dem von seiner Frau versprochenen Bier. Die meisten anderen versteckten sich entweder hinter den Bäuchen ihrer Partnerinnen oder starrten minutenlang auf die Uhr, um nicht in Gespräche verwickelt zu werden.

Ich wusste, ich musste etwas unternehmen. Ich fasste allen Mut, rollte meine immer dickbäuchiger werdende Frau in den Hauptraum und trottete hinterher.

Das Zimmer war zwölfeinhalb Quadratmeter groß und viereckig, was äußerst unpraktisch war, da man runde Bäuche ja nicht platzsparend in die Ecken bekommt. Insgesamt waren wir sieben Paare. Sämtliche im Vorraum noch zweifelnden Männer waren offenbar unter Androhung häuslicher Gewalt mitgekommen. Selbst der Bier-Suchende hatte sich mit seinem nüchternen Schicksal arrangiert und fragte nicht mehr nach seinem Lieblingsgetränk. Ich konnte darüber nur müde lächeln. Wie kann man nur so naiv sein und auf solch plumpe Versprechen hereinfallen!

An dieser Stelle möchte ich werdende Väter vorwarnen, dass Frauen während der Schwangerschaft zu unglaublichen Tricks greifen, um ihre Partner bei der Stange zu halten. Dieses Verhalten ist anthropologisch begründet und stammt noch aus der Steinzeit, in der Männer während der Dinosaurierjagd nicht auf dumme Gedanken kommen und immer brav in die Höhle zurückkehren sollten. Schon damals haben Frauen bei unliebsamen Verpflichtungen Giftfroschwasser oder gegorenen Rübensaft in Aussicht gestellt, auch wenn gar keiner da war. Diese List hat sich bis heute erhalten.

Wir betraten also diesen kleinen Raum, in dem die in einen gebügelten Leinensack gehüllte Hebamme uns freudig erwartete. Sie kniete auf einer der ausgelegten Sportmatten und wartete geduldig, bis alle drin waren, Plätze fanden und sich niederließen.

Auch Lisa und ich suchten einen Platz aus. Und damit endete für mich der gemütliche Teil der Veranstaltung, denn ich bin ungefähr so gelenkig wie eine Reckstange bei Dauerfrost. Ich kann nur sitzen, wenn ein Stuhl oder ein anderes Sitzmöbel den für meine undehnbaren Sehnen notwendigen Abstand zwischen Becken und Boden herstellt. Eine Hocke ist auf Dauer unbequem, Schneidersitz kenne ich nur aus Filmen, und kniend sieht man immer so bedürftig aus. Also entschied ich mich dafür, mich hinzulegen, mit der Begründung, der Raum sei außerordentlich gemütlich eingerichtet und ich von der Schwangerschaft meiner Frau ohnehin noch etwas erschöpft.

»Vorbildlich!«, kommentierte begeistert die Hebamme Anne-Marie meinen Enthusiasmus, denn das Liegen auf dem Rücken sei eine wichtige Komponente im Kreißsaal und heute unsere erste Übung. Die anderen sollten mich jetzt ganz genau anschauen und versuchen, das Liegen ähnlich gut nachzumachen. Während Lisa meinen Eifer belohnte und mir anerkennend zunickte, waren andere skeptisch:

»Wat soll’n das? Der liegt ja bloß da, wie so’n Salzsack mit Locken«, brummte der Bärtige, der vorhin nicht nach Hause durfte, um seinen Reisepass zu holen. »Wenn das eine Übung sein soll, dann kann ich die auch.« Er legte sich hin und wurde ebenfalls von Anne-Marie gelobt. Zwar seien seine Füße im Gegensatz zu meinen nicht nach Feng-Shui ausgerichtet und er solle das bitte sofort korrigieren, aber nicht jeder habe nun mal das gleiche Liegetalent.

Ich bedankte mich bei der Hebamme und stellte einen neuen Rekord im Unterdrücken von Lachen auf. Holger, mein einstiger Sitznachbar auf dem Gymnasium, dessen ansteckende Lachattacken nicht nur seine mündlichen Noten versaut hatten, wäre stolz auf mich.

Während auch alle anderen die Liegeübung erfolgreich bestanden, drehte sich der Bärtige immer wieder im Kreis, konnte die Feng-Shui-Position nicht erreichen, wurde immer frustrierter und verließ unter hysterischem Gelächter seiner mit Drillingen schwangeren Frau brummend den Raum.

Als Nächstes sollten wir atmen.