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Eine Windel kommt selten allein – alles, was Väter wissen müssen!
Fernab von beschönigenden Klischees sprechen Max und Jakob, bekannt aus dem Erfolgspodcast »Beste Freundinnen«, über alles, was Väter und werdende Väter bewegt: Wie reagiert man, wenn die Freundin schwanger wird? Wie übersteht man die Geburt? Und wann muss man ein Baby eigentlich wickeln? Unterhaltsam, witzig und gespickt mit hilfreichen Tipps erzählen die beiden Väter, warum man seiner schwangeren Freundin besser nicht sagt, dass sie dick aussieht, was man(n) unbedingt im Kreißsaal dabei haben sollte und was es für ein Gefühl ist, das erste Mal seinen Nachwuchs in den Armen zu halten. Ein absolut ehrliches Must-have für alle Männer!
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Seitenzahl: 243
MAX ist der fleischgewordene Spießertraum mit Freundin, Kindern und Reihenhaus. Ein Leben, das sich jeder vielleicht mal vorgestellt hat, bevor es ganz anders kommt.JAKOB war bisher bekennender Dandy. Jetzt wurde er von einer Frau und der Nachricht, bald Vater zu werden, überrannt.Zusammen haben sie den erfolgreichen Podcast »Beste Freundinnen«. Eine Beziehung, die zusammenpasst wie Romantik und Frittenfett, aber durch Herz und Humor verbunden ist.
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Max & Jakob
Vatermilch
Die nackte Wahrheit übers Vatersein
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Copyright © 2021 Penguin Verlag, München,
in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,
Neumarkter Straße 28, 81673 München
Umschlag: Hafen Werbeagentur, Hamburg
Umschlagmotiv: © Jonathan Knowles / Getty Images; Valentyn Volkov / shutterstock
Redaktion: Hanne Reinhardt
Satz: Uhl + Massopust, Aalen
ISBN 978-3-641-26413-0V001
www.penguin-verlag.de
Vorwort
Wann ist der richtige Zeitpunkt, um Kinder zu kriegen?
Alter vs. junger Dad
Vaterprokrastination
Richtige Zeit oder richtige Frau?
Der Moment, wenn du das erste Mal mit deiner Freundin über Kinder sprichst
Reproduktionssex
Wenn man ungeplant Vater wird
Die Nacht der Zeugung (Spürt man, wenn der Schuss ein Treffer ist?)
Schwangerschaft: Romantik vs. Realität
Elf goldene Regeln während der Schwangerschaft
Die Vorbereitung auf das, was kommt
Sorgen und Ängste während der Schwangerschaft
Es könnte jeden Moment so weit sein
Jakobs Geburt
Max’ Geburt
Elf Punkte, wie man seine Freundin bei der Geburt unterstützen kann
Der Moment, wenn man das erste Mal das eigene Kind in den Armen hält
Elf Punkte, wie man seine neue Familie nach der Geburt unterstützt
Die Surrealität der Dreisamkeit
Elf Dinge, die wir besser machen als unsere Freundinnen
Nichts ist mehr so, wie es einmal war (Wie man erst Stück für Stück realisiert, dass sich das komplette Leben verändert hat)
Elf Dinge, die wir als Väter nicht an uns wiedererkennen
Vaterschlaf vs. Vater wach
Elf Dinge, die wir an unseren Kindern hassen
Die ersten Erlebnisse mit dem Kind und die ersten Entwicklungsschritte
Drei Tage Mama – Max
Wenn alles zu viel wird (nach Unterstützung fragen)
Das Gefühl, Vater zu sein
Elf Dinge, die du als Vater nie wieder tun können wirst
Vater wird man zwei Mal
Elf Dinge, die wir an unseren Kindern lieben
Fragen und Antworten
Unfruchtbar
Furie während der Schwangerschaft
Welche Rolle spielt die Veränderung des weiblichen Körpers (und des männlichen) nach der Schwangerschaft?
Gibt es einen richtigen Zeitpunkt, um sich für Kinder zu entscheiden?
Wie stabil muss man im eigenen Leben stehen, um Eltern werden zu können?
Keinen Bock auf kleine Kinder
Keine Lust auf Sex nach dem Kind
Angst vor der Verantwortung
Brief an Jakob
Max
Ich widme dieses Buch meiner Freundin und meinen Kindern: Ihr habt mein Leben und diese Seiten mit Inhalt gefüllt. Jakob
Dieses Buch ist meiner Exfreundin gewidmet. Danke für den schweren und lehrreichen, aber auch oft lustigen Weg, den wir miteinander gehen.
Danke an dich, Lilla. Ich bin gespannt, wie sich das Buch für dich lesen wird, wenn du es in zwanzig Jahren mal in den Händen hältst.
Für alle werdenden Väter und diejenigen, die bereits Vater sind – und für alle Frauen, die einen Blick durchs Schlüsselloch werfen wollen.
Vater wird man pro Kind mindestens zweimal: Das erste Mal bei der Geburt und das zweite Mal sozusagen Stück für Stück und immer mehr, es begleitet einen auf dem gesamten Lebensweg, den man mit seinem Kind geht. Mit jedem Entwicklungsschritt (des Kindes und damit von einem selbst), mit jeder eigenen Grenze, die man überschreitet, mit jedem gemeinsamen Lachen und Weinen. Vaterwerden ist die tiefgehendste Erfahrung, die ein Mann in seinem Leben machen kann. Es ist eine Erfahrung, die alles verändert. Und bevor Räucherstäbchen dieses Buch in Flammen aufgehen lassen, kommen wir mal wieder runter von unserem kleinen esoterischen Trip.
Vaterwerden ist all das, aber es ist noch viel mehr: Es ist der basic Shit, auf den man nicht vorbereitet ist.
Wir, Max und Jakob, sind zwei Väter. Max geplant mit Reproduktionsklinik, langen Sexsessions und Kerzenschein. Jakob ungeplant, ein paar Monate nachdem er mit einer Frau die ersten vorsichtigen Schritte in Richtung Beziehung gewagt hatte. Jeder Schuss ein Treffer. Dummheit? Sicher! Reue? Niemals!
Persönliche Erlebnisse auf dem Weg des Vaterwerdens und -seins, spannende Hörerfragen aus dem meistgehörten Elternpodcast Deutschlands und praktische Elf-Punkte-Listen: All das findet ihr in diesem Buch. Viel Spaß, Freude und Liebe beim Elternwerden und -sein.
Jakob: Ich bin zwar in Berlin geboren, aber als ich meine ersten klaren Gedanken zum Thema Familie hatte, lebten wir gerade eine Zeit lang auf dem Land. Für mich gab es schon immer eine ländlich idealisierte Vorstellung von Familienleben. Ich muss wohl so 13 oder 14 gewesen sein, als ich anfing, über Familie nachzudenken. Sogar noch bevor ich überhaupt mein erstes Mal hatte. Alles schien so weit entfernt und 25 war in meinen Augen damals das perfekte Alter, um Vater zu werden. Mit 25 hat man sich ausgelebt, ist erwachsen und hat eigentlich das Leben hinter sich – ist also bereit für den langweiligen Teil. Außerdem steht man natürlich mit 25 fest im Beruf und ist quasi schon oben angekommen auf der Karriereleiter.
Max: So konkret war es bei mir nie. Aber ich wusste auch schon sehr früh, dass ich eines Tages Kinder und eine Familie haben will. Dazu gehörte allerdings natürlich auch die richtige Frau. Die ließ lange auf sich warten, und zwischenzeitlich gab es auch mal eine Phase, in der ich dachte, es wird nie eine kommen, mit der ich mir das vorstellen kann. Ich dümpelte ein paar Jahre von Affäre zu Affäre und hatte das Thema schon fast ad acta gelegt. Bis dann die Richtige kam. Im Nachhinein frage ich mich aber, ob es wirklich nur an der Frau lag.
Jakob: Für mich war es lange eine völlig rationale Überlegung. Ich hatte eine innere Bucket List mit Zielen und Erlebnissen, die dran waren, bevor ich Kinder kriege. Ein ganz wichtiger Punkt darauf: Ich wollte die Welt gesehen haben. Das war so’n vager Gedanke, ich dachte an etwas über 100 Länder. So viel vorweg: Ich bin weit darunter. Außerdem wollte ich meinem Kind finanziell was bieten können. Gerade weil ich selbst in eher bescheidenen finanziellen Verhältnissen mit einer zwischenzeitlichen Durststrecke auf Hartz IV groß geworden bin, wollte ich genau das meinen Kindern ersparen. Im Allgemeinen hatte ich mir vorgestellt, dass ich keine offenen Wünsche mehr haben würde: So stellte ich mir das Gefühl vor, fertig und bereit zu sein für das Neue.
Max: Im Gegensatz zu dir war ich weder besonders strukturiert in meiner Lebensplanung, noch hatte ich eine Liste, die ich abarbeiten wollte. Ich habe eher in den Tag hineingelebt und war mit meinem Leben zufrieden, wie es war. Ich lernte Frauen kennen, mit denen ich für eine kurze Zeit zusammenblieb, hielt alles unverbindlich, um mich wieder von ihnen zu trennen, bevor es zu ernst wurde. Irgendwann spürte ich aber, dass mich dieses Leben ins Blaue hinein nicht mehr erfüllte. Ich brauchte und wollte mehr, um glücklich zu sein. Und ich spürte, dass ich innerlich bereit dafür war.
Jakob: Aber worauf fußte denn dein Gefühl, bereit zu sein, wenn du keine Bucket List hattest, keine Vorstellung, was den richtigen Zeitpunkt ausmacht? Gab es bei dir nicht die Idee, dass du deinen Kindern bestimmte Dinge bieten wolltest?
Max: Ich hatte keine Liste, und wenn ich eine gehabt hätte, wäre sie nicht annährend so lang gewesen wie deine. Klar gab es ein paar Träume, die ich nicht verwirklicht hatte. Ich wäre gerne noch ins Ausland gegangen, für ein Jahr Work & Travel in Australien. Wobei ich mir da auch nicht sicher bin, ob das wirklich mein eigener Wunsch war oder nur so eine Idee, dass das irgendwie dazugehört, weil viele meiner Freunde so was gemacht haben. Ein weiterer großer Traum war es, in die Berge zu ziehen und Snowboardlehrer zu werden. Als ich aber einen festen Job anfing, wurde auch das immer unrealistischer.
Jakob: Das klingt so bitter.
Max: Ist es irgendwie auch. Aber ich glaube, das ist okay so: Manche Träume sind eben nicht da, um erfüllt zu werden, sondern einfach, um ab und zu ein bisschen Urlaub von der Realität zu machen.
Jakob: Ist das wirklich so, oder legt sich deine Psyche das heute so zurecht, damit du zufriedener bist mit deinem Leben?
Max: Das habe ich mich auch lange gefragt, aber mittlerweile kenne ich mich ja ein bisschen. Träume können ja auch einfach helfen, den Alltag zu verschönern, selbst wenn sie nie real werden. Bei diesen beiden konkreten Träumen weiß ich heute, dass ich sie nie angegangen wäre. Aber solange sie als Traum in der Luft hingen, musste ich mich nicht mit dem realen Alltag beschäftigen und konnte vor mich hindümpeln, ohne mein Leben wirklich anzupacken.
Jakob: Am Ende muss man sagen: Du hast mehr erreicht, als deine Mutter dir je zugetraut hätte.
Max: Ja, das war aber auch nicht viel.
Jakob: Was wolltest du denn für deine zukünftigen Kinder sein? Welche Version von dir? Was wolltest du ihnen bieten?
Max: Für mich war schon immer klar, dass ich für meine Kinder ein emotionaler Vater sein will. Einer, der mit seinen Gefühlen präsent ist. Denn genau das habe ich bei meinem Vater vermisst. Meine Mutter war allein für das Emotionale zuständig. Über finanzielle Sicherheit habe ich mir nie Gedanken gemacht.
Jakob: Das ist schon komisch: Vielleicht will man seinen Kindern immer genau das bieten, was man selbst vermisst hat. Bei mir war das eben finanzielle Sicherheit. Aus der Erfahrung heraus, wie es ist, ständig pleite zu sein, und jedes Mal, wenn es klingelt, Angst zu haben, dass der Gerichtsvollzieher vor der Tür stehen könnte, wollte ich vor allem eins: genügend Cash für die Kids. Die goldenen Drei: Haus, Auto und Golden Retriever.
Max: Finanzielle Sicherheit war bei uns eigentlich nie ein Thema. Meine Eltern waren nicht reich. Aber wir lebten in einer Doppelhaushälfte und damit ging es uns finanziell schon sehr viel besser als vielen meiner Freunde. Trotzdem ist mein Bedürfnis, meinen Kindern finanziell etwas zu bieten, nahezu nicht vorhanden. Für mich ist es wichtiger, dass ich für meine Kinder da bin. Dass sie nicht nur physisch, sondern vor allem seelisch gut versorgt sind.
Jakob: Wenn wir unsere Wünsche und Pläne zusammengelegt hätten, wäre das schon ein ziemlich gutes Paket. Was ist für dich aus deiner heutigen Perspektive denn der richtige Zeitpunkt zum Vaterwerden? Und sag jetzt bitte nicht, den gibt es nicht.
Max: Mit dem Wissen von heute würde ich sogar sagen, dass ich auch früher bereit gewesen wäre, Vater zu werden. Denn es ist ja nicht so, dass man auf einmal reif und erwachsen ist, wenn man ein Kind bekommt. Es gibt keinen Schalter, den man umlegt auf: Jetzt bist du ein verantwortungsvoller Vater. Das ist ein Prozess. Ich muss zugeben, als meine Tochter geboren wurde, habe ich mich immer noch wie der unreife Jugendliche gefühlt, der einfach in den Tag hineinlebt … In die Vaterrolle musste ich erst hineinwachsen.
Jakob: Diese persönliche Entwicklung ist ein spannender Prozess. Als ich die 20 überschritten hatte, reifte in mir der Gedanke, dass ich mich mit den Prägungen, die ich von zu Hause mitgekriegt habe und die mich beflügeln und behindern, so auseinandergesetzt haben will, dass ich sie auf keinen Fall unbewusst auf meine zukünftigen Kinder übertrage. Im Nachhinein ist die Illusion, irgendwann mit der eigenen Entwicklung fertig zu sein, krasser Bullshit. Kein Bullshit ist jedoch, dass deine Prägungen, wenn du sie zumindest auf dem Schirm hast, dich und deine Kinder nicht mehr im gleichen Maße steuern. Heißt: Fertig bist du nie, aber als Vater eine gewisse persönliche Reife zu haben, tut den Kindern gut. Andererseits entwickelt man durch das Vatersein ja auch viel persönliche Reife.
Max: Und vielleicht ist das ja auch die Antwort auf die Frage nach dem richtigen Zeitpunkt, Kinder zu bekommen. Das Leben ist ein Prozess und ständig in Entwicklung. Wir müssen nicht unbedingt bestimmte Ziele erreicht haben, um gute Eltern zu sein. Dieser Gedanke entsteht meist eher aus einer egozentrischen Perspektive. Ein Kind fragt nicht danach, welches Modelljahr der übergroße SUV vor der Tür hat. Für Kinder ist es am allerwichtigsten, das Gefühl zu haben, willkommen und gewollt zu sein.
Max: Ich wusste immer, dass ich irgendwann Kinder haben will, aber nie, wann ich sie bekommen wollte. Es gab nur eine Deadline: Ich wollte jünger sein als mein Vater, wenn ich mein erstes Kind in den Armen halte. Mein Vater war 38, als ich auf die Welt kam. Das habe ich zum Glück geschafft – ich habe meinen Vater um sechs Monate unterboten.
Jakob: Mein Vater war bei meiner Geburt 22. In dem Alter war ich in meiner großen Bimsphase.
Max: War das nicht ein cooles Gefühl, so einen jungen Vater zu haben? Ich habe mir nämlich genau deswegen das Ziel gesetzt, ein jüngerer Vater zu sein, weil ich als Jugendlicher immer das Gefühl hatte: Mein Vater ist zu alt. Mir war es manchmal sogar peinlich, meinen alten Vater Freunden vorzustellen, weil ich das Gefühl hatte, er wirkt wie ein Opa.
Jakob: Kann ich gut verstehen. Tut er auch. Ein notgeiler älterer Herr, der sich mit seiner Mini-DV-Kamera und einem 30er-Zoom junge Punanis von der Venus auf 100 Meter Entfernung lecknah ranholt. Ich finde, am Ende hat beides seine Qualitäten: Ein älterer Vater ist in vielen Dingen gelassener und reflektierter. Er hat viele Sachen für sich schon durch und ist auch oft nicht mehr so getrieben im Beruf. Die älteren Väter, die ich erlebe, und dazu gehört auch deiner, haben eine andere Ruhe, mit der sie ihren Kindern begegnen. Bei meinem Vater hatte ich manchmal das Gefühl, dass wir ein weiterer, wenn auch sehr wichtiger Punkt auf seiner langen Aufgabenliste waren. Natürlich haben wir die Zeit mit ihm genossen. Und da kam ihm in vielen Punkten das junge Alter zugute. Er war sehr sportlich, und wir waren viel draußen, er war mit uns beim Wasserski, Surfen und Inliner fahren. Eigentlich ist das Verhältnis zu einem sehr jungen Vater oft so wie zu einem viel älteren Bruder. Mit meinem Ziel, mit 25 Jahren Vater zu werden, habe ich mich in einer guten Mitte zwischen einem alten und jungen Dad gesehen.
Max: Sport habe ich mit meinem Vater auch viel gemacht. Gerade als mein Bruder und ich noch klein waren, ist mein Vater am Wochenende oft mit uns unterwegs gewesen, wir waren Segeln, Tennisspielen, Drachensteigen oder einfach nur Wandern. Diese Zeit will ich nicht missen, ich habe sie sehr positiv in Erinnerung. Aber je älter ich wurde, umso mehr hat mein Vater nicht nur körperlich, sondern auch mental abgebaut. Ich habe als Heranwachsender irgendwann kein männliches Vorbild auf Augenhöhe mehr gehabt. Das hat mir einige Steine in den Weg gelegt. Ich hatte immer das Gefühl, ich kann mit meinem Vater bestimmte Dinge nicht besprechen. Gerade Frauen und Sex waren totale Tabuthemen. Als erwachsener Mann war es mir wohl deshalb vor allem wichtig, für meine Kinder ein mental präsenter Vater sein. Sie sollten immer das Gefühl haben, über alles mit mir reden zu können. Andererseits: Mein Mini-DV-Vater bimst wenigstens nur in Gedanken jüngere Frauen. War es bei deinem Vater nicht sogar so, dass er nach der Trennung von deiner Mutter ein aufregendes Liebesleben hatte, an dem du passiv teilhaben durftest?
Jakob: Das ist sicher ein weiterer Nachteil an jungen Vätern, dass die Wahrscheinlichkeit höher ist, dass sie noch mal eine neue Partnerschaft eingehen. Da gab es für mich akustische Pornos, auf die ich lieber verzichtet hätte. Zum Glück gibt es Kopfhörer. Dafür ist das Identifikationspotenzial mit einem jungen Vater höher. Hast du mit deinem Vater oder mit deiner Mutter das erste Mal über Sexualität gesprochen?
Max: Ehrlich gesagt habe ich mit meinem Vater nie über Sex gesprochen. Das blieb dem Sexualkundeunterricht überlassen, und irgendwann folgte ein kurzes, unangenehmes Gespräch mit meiner Mutter. Ich habe das Thema danach zu Hause rigoros abgeblockt. Sex und meine Eltern, das ging für mich nicht zusammen. Aber das ist es, was ich meine: Ich glaube, in einer Vater-Sohn-Beziehung ist es wichtig, dass dieses Feld vom Vater bearbeitet wird. Alle Ängste, die ein junger Mann mit Sex verbindet, können in einem aufbauenden Gespräch mit dem Vater aufgefangen oder zumindest abgefedert werden. Weil es das bei mir nie gegeben hat, war Sex für mich lange ein angstbesetztes Thema, mit dem ich nichts zu tun haben wollte.
Jakob: So Gespräche à la: »Junge, mir ist der Lachs früher auch öfter abgeschmiert« und generell über Beziehungen hatte ich mit meinem Vater schon. Es war auch gut, dass ich wusste, dass er noch aus einer praktischen Perspektive spricht und nicht aus der verstaubten Theorie. Hilfreich war in dem Fall tatsächlich auch, dass die Praxis nicht meine Mutter war. Andererseits gibt es mit jungen Vätern natürlich viel schneller eine Konkurrenz. Bei uns gab es ab der Pubertät ständig Wetten zwischen ihm und mir. Also nicht in dem Sinn, dass wir meine Schwester auf einer Party abgeholt und dann um ihre gute Freundin gewettet hätten. Es ging eher um sportliche Aktivitäten. Wer kann schneller Snowboard fahren, länger tauchen, den anderen zu Boden ringen.
Max: Ist es wirklich so, dass durch die Konkurrenz zum eigenen Vater die Beziehung zu ihm leidet? Ich hätte gedacht, dass genau diese Spiele und Neckereien, wie sie ja unter vielen Männern üblich sind, die Verbindung zum eigenen Vater eher stärken?
Jakob: Jein. Auf der einen Seite entsteht eine Art Freundschaft. Auf der anderen Seite ist dein Vater in dem Moment, in dem du in Konkurrenz zu ihm trittst, eben auch immer ein Gegner. Mein Vater machte die Wettkämpfe ja nicht, um wirklich herauszufinden, wer besser oder schlechter war, sondern zum Großteil, um mich zu pushen und fit zu machen, nach dem Motto: Solange besser möglich ist, ist gut nicht gut genug. Es war am Ende ein Wettkampf mit dem Leben und die Liebe meines Vater mein Antrieb.
Max: Also habt ihr euch auch stückweise voneinander entfernt, weil dein Vater nicht dein sportlicher Partner war, mit dem du gemeinsam ein größeres Ziel erreichen konntest, sondern weil ihr Gegner wart und es darum ging, wer zuerst über die Ziellinie rennt. Da kann ich nur von Glück sagen, dass mein Vater immer versucht hat, uns einerseits zu fordern und an unsere Grenzen zu bringen, sich aber dabei nie als unbezwingbares Hindernis vor uns aufgebaut hat. Irgendwann wird bei dir doch aber der Zeitpunkt gekommen sein, an dem du deinem Vater körperlich überlegen warst. Wie war es dann? Hast du dann die Spielregeln bestimmt?
Jakob: Als ich ihn zum Beispiel im Ringen bezwang, hörten die Wettkämpfe auf. Ich kam aus den USA wieder und hatte ein Jahr Leistungssport Ringen betrieben. Da hatte er keine Chance mehr. Ich denke, es ging ihm eben nicht darum, zu schauen, ob ich stärker war, sondern ein großer Teil seiner Motivation war, die beste Version meiner selbst zu fördern. Als ich stärker wurde als er, war er nicht mehr das passende Gewicht auf meiner Hantelbank. Nur Scheitern war nicht wirklich in seinem Plan für mich vorgesehen. Diesen Ehrgeiz schreibe ich auch eher jungen Vätern zu. Ältere Väter haben diese Phase meist schon hinter sich. Dieses Leistungsdenken bei jungen Vätern hat ja auch nicht nur Schattenseiten. Ich konnte mich dadurch zu dem Mann entwickeln, der ich heute bin.
Mit einem jungen Vater ist natürlich auch die optische Präferenz bei Frauen ähnlicher, obwohl das jetzt meiner These widerspricht, dass eigentlich alle Männer, egal wie alt sie sind, optisch auf 22-jährige Frauen stehen. Bei meinem Vater und mir war es aber wirklich so, dass wir einmal dieselbe Freundin meiner älteren Schwester gut fanden. Er hat es mir allerdings zu spät gesagt. Sie kam nämlich zu dem Zeitpunkt aus meinem Zimmer, das genau neben seinem Schlafzimmer lag.
Max: Kam sie einfach nur aus deinem Zimmer, oder ist sie unter deiner Decke hervorgeschlüpft?
Jakob: So fangen bestimmt viele üble Pornos an. Wir sind nach einer Party zu mir nach Hause bzw. zu uns nach Hause. Eines ergab das andere. Tatsächlich gab es solche Situationen öfter mit Freundinnen meiner großen Schwester.
Max: Irgendwie entsteht in mir gerade das perverse Bild, dass du mit deinem Vater zusammen einen Dreier mit der guten Freundin deiner Schwester hast. Steht ihr da dann auch in Konkurrenz, und dein Vater versucht dich anzuspornen, mehr Leistung zu erbringen?
Jakob: Ich weiß auch schon, wer das dann mit der Mini-DV-Kamera filmt.
Jakob: Ich hatte mir also das Ziel gesetzt, mit 25 Vater zu werden. Als ich dann 25 war, fühlte ich mich so bereit, Kinder zu kriegen, wie ein Kreisligaspieler nach einem Bänderriss bereit ist, bei der WM zu spielen.
Max: Da hat sich bis heute nicht viel geändert. Aber dass du schon so früh eine konkrete Vorstellung davon hattest, wann du Vater werden wolltest, erschreckt mich. Ich war mit 13 noch ein kleiner Junge, der gefühlt mit Lego und nur ausnahmsweise mit Punanis spielte, und der Gedanke, dass ich zu einem bestimmten Zeitpunkt Kinder wollte, existierte für mich nicht. Mit 25 dann fühlte ich mich immer noch wie 18, und das Konkreteste, was ich mit Kindern verband, war der Sex mit Frauen, der auf keinen Fall zu diesem Ergebnis führen sollte.
Jakob: Mit den Zielen ist es manchmal so eine Sache. Wenn du sie erreicht hast, fühlt es sich ganz anders an, als du es dir vorgestellt hast. Meine 25 fühlten sich genau wie 20, 21 oder 23 an. Ich wusste, das Thema kann ich erst mal parken und mein Leben weiterleben wie bisher. Dazu gehörte viel Sport, Frauen daten, allzu feste Bindungen meiden und urlauben. Ein Leben leicht wie Popcorn. Windeln schwer wie Beton kamen mir nicht in die Tüte. Meine neue Zielsetzung war: irgendwann über 30.
Max: Wenn ich ehrlich bin, ist dieses Gefühl, ein junger Mann zu sein, der einfach das Leben auf sich zukommen lässt, auch nie so richtig verschwunden. Es ist irgendwie paradox: Ich wusste, dass ich irgendwann Kinder wollte, aber im Detail damit auseinandersetzen wollte ich mich nicht. Es blieb ein abstrakter Gedanke, und das Einzige, was ich wirklich damit gemacht habe, war, ihn vor mir herzuschieben.
Jakob: Genau das ist es. Dieses Jahr noch nicht. Es ist, als hätte man sich ein ewig langes Sabbatical vom Kinderkriegen genommen. Man weiß, irgendwann muss man wieder an die Werkbank, aber man ruft jedes Jahr aufs Neue seinen Arbeitgeber an und sagt, ich bleib noch ein weiteres Jahr weg.
Max: Vielleicht liegt es auch in der Natur des Mannes. In dem Moment, in dem du dir die ganze Sache mit Kindern richtig vorstellst, siehst du deine eigene Autonomie so stark eingeschränkt, dass einfach nur Panik da ist. Und diese Angst prokrastiniert gerne.
Jakob: Das Prokrastinieren hat ja auch seine guten Seiten. Ich habe die Jahre ohne Kind sehr genossen. Und das nicht so, wie auf den Snooze-Knopf zu drücken und sich noch mal für zehn Minuten im wohlig-warmen Bett umzudrehen, bevor es richtig losgeht, sondern einfach, weil es gute Jahre waren.
Wie frei man ohne Kinder ist, wird einem ja erst richtig bewusst, wenn das vorbei ist. Auch wenn ich heute glücklich bin, bin ich froh, dass ich nicht früher Vater geworden bin.
Du kannst immer noch alles machen, wenn du Kinder hast, aber dein Herz hängt immer an einer Angelschnur.
Max: Bei mir ist das anders. Heute bereue ich meine Prokrastination ein bisschen, und ich weiß, dass die Angst bei der Vorstellung an Kinder viel schlimmer war, als sie hätte sein müssen.
Jakob: Wie war es bei dir? Hast du gespürt, dass es an der Zeit für dich ist, Kinder zu kriegen, oder hattest du plötzlich die richtige Frau an deiner Seite?
Max: Diese Frage ist gar nicht so leicht zu beantworten. Es gab für mich ja nicht in dem Sinne den richtigen Zeitpunkt.
Jakob: Also wärst du immer noch die einsame Spinne in deiner Höhle auf Beutefang?
Max: Wenn du es so beschreiben willst, passt das Bild ganz gut. In meiner Höhle hatte ich gar keine Zeit, mich mit dem Kinderkriegen zu befassen. Ich war mit anderen, für mich wichtigeren Dingen beschäftigt. Meine Freizeit war das, was mein Leben ausmachte. Dazu gehörte es auch, Beute in mein Netz zu locken, aber nicht mit der Absicht, ein Kind zu zeugen, sondern zur reinen Befriedigung.
Jakob: Das ist ein ziemlich widerliches Bild. Wolltest du dich nie binden? Sind Spinnen Einzelgänger?
Max: Es gibt sozial lebende Spinnen, aber ich war definitiv ein Einzelgänger. Und ich hatte zu der Zeit auch keinen konkreten Wunsch, eine soziale Spinne zu werden. Ab und zu lief eine Frau in mein Netz, mit der ich mir vielleicht mehr hätte vorstellen können. Ich habe das aber nie ausgesprochen, vielleicht, weil es mir nicht wichtig war, vielleicht aber auch aus Angst vor Enttäuschung.
Jakob: Für sie oder dich?
Max: Das kann ich dir gar nicht so genau sagen. Das Gefühl, Kinder zu wollen, ist mit diesen Frauen eben nie so stark geworden, dass ich das Bedürfnis hatte, es laut auszusprechen. Aber klar, vielleicht steckte dahinter die Angst, zurückgewiesen zu werden. Wer holt sich schon gerne eine Abfuhr.
Jakob: Also hast du auf die Frau gewartet, bei der du dir sicher warst, hier gibt es keine Abfuhr. Kompliment! Du hast alles riskiert, ganz nach dem Motto: Live your life to the fullest!
Max: Fick dich!
Jakob: Nein, aber mal im Ernst. Waren schon vor deiner jetzigen Freundin Frauen dabei, die du dir als potenzielle Mütter hättest vorstellen können? Hattest du allgemein den Wunsch, Kinder zu kriegen, und hast die passende »Gebärmaschine« gesucht, oder war der Wunsch abhängig von den Frauen, die du getroffen hast?
Max: Jein. Du bist meine messerscharfen Antworten ja mittlerweile gewohnt. Natürlich liegt die Antwort irgendwo dazwischen. Ich habe zwar schon bei einigen Frauen darüber nachgedacht und es mir vielleicht auch irgendwie vorstellen können, aber so richtig konkret ist es selbst in meinem Kopf nie geworden. Die Frauen schienen auch selber noch nicht so weit zu sein, oder ich war für sie nicht der Richtige. Mit meiner jetzigen Freundin hatte ich zum ersten Mal das Gefühl, zwanglos und ohne Ängste über Kinder sprechen zu können. Sie hat das Thema angesprochen, aber ich konnte ganz offen darauf eingehen und musste nicht innerlich abblocken. Heute weiß ich, dass es für mich die Kombination aus dem richtigen Zeitpunkt und der richtigen Frau war, durch die sich dann langsam eine positive Einstellung zu Kindern entwickeln konnte. Ich habe bei meiner Freundin auch schon sehr früh das sichere Gefühl gehabt, dass sie ein gutes Muttertier sein wird. Ich kann also nicht ausschließen, dass ich nicht nur eine Freundin gesucht habe, sondern auch eine Mutter für meine zukünftigen Kinder. Wie war das denn für dich? Gab es bei dir den richtigen Zeitpunkt?
Jakob: Eigentlich war es bei mir am Ende so ähnlich wie bei dir. Eine ganze Zeit lang habe ich unbeschwert in den Tag hineingelebt. Mal war ich ein paar Wochen mit einer Frau zusammen, dann wieder eine Nacht mit einer anderen. Nach einer ganz festen Freundin habe ich nie gesucht. Der Wunsch nach Kindern war schon irgendwie da. Ich wusste, dass ich irgendwann mal eine Familie gründen will. Das Bild war jedoch emotional leer, also ohne Gefühl dahinter. Das Gefühl entwickelte sich erst langsam, wie ein kleines Feuer. Über Jahre war es nur eine Sparflamme. Dann drehte etwas den Herd auf – vielleicht mein Alter oder bestimmte Erlebnisse. Auf einmal wurde der Wunsch nach Kindern größer, und damit veränderte sich auch mein Blick auf Frauen. Die optische Komponente blieb, aber es kamen andere Parameter dazu: Interessiert sie sich für Kinder und fühlen die sich bei ihr wohl? Das passierte alles auf der Gefühlsebene, ich habe da nichts logisch abgearbeitet. Ich erinnere mich noch gut, wie sich eine Ex-Affäre, die eine riesige Oberweite hat, meine neugeborene Nichte auf die Brust gelegt hat. Die Kleine schlief friedlich, und sie hatte ein überglückliches Gesicht. Und trotzdem wusste ich: Nicht mit ihr! Es ist also nicht nur der richtige Zeitpunkt, sondern auch die richtige Frau. Es ist sicher eine Mischung.
Jakob: Ich kann mich noch ziemlich genau an die erste Freundin erinnern, die mit mir übers Kinderkriegen gesprochen hat. Ich lief mit Anna an einem milden Sommerabend durch eine Straße mit vielen Altbauhäusern. Ganz oben in einer großzügigen Dachgeschosswohnung brannte Licht. Anna sagte, das wäre die perfekte Wohnung, um Kinder großzuziehen. Ich hatte das Gefühl, ein Schraubstock würde auf meinem Kehlkopf zugedreht. Mein 26-jähriger Körper zuckte zusammen, und ich wusste: Ja, aber nicht mit dir. Vielleicht ein guter Zeitpunkt, um Schluss zu machen. Vielleicht ein guter Zeitpunkt, einfach noch ein bisschen Spaß zu haben.
Max: Wie ging es mit eurer Beziehung weiter?
Jakob: