Vegan for Life - Jack Norris - E-Book

Vegan for Life E-Book

Jack Norris

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Beschreibung

Möchten Sie vegan leben, wissen aber nicht, wie Sie den Umstieg schaffen? Ernähren Sie sich bereits ohne tierische Produkte, sind sich aber unsicher, ob Sie auch alle wichtigen Nährstoffe aufnehmen? Vegan for Life ist der grundlegende Leitfaden für eine optimale und dauerhafte pflanzenbasierte Ernährung und widmet sich Schritt für Schritt allen wichtigen Punkten, die es bei einer veganen Ernährungs- und Lebensweise zu beachten gilt. Die zertifizierten Ernährungsberater und langjährigen Veganer Jack Norris und Virginia Messina entzaubern die hartnäckigsten Mythen über eine vegane Ernährung und liefern stichhaltige Informationen zu einer ausreichenden Versorgung mit allen wichtigen Nährstoffen wie u. a. Calzium und Protein, geben Tipps zu den richtigen Nahrungsergänzungsmitteln und erklären, was es mit Sojaprodukten wirklich auf sich hat. Ein Sechs-Schritte-Programm für die Ernährungsumstellung zeigt, wie alle nährstofflichen Bedürfnisse erfüllt werden und geht ebenfalls auf die Besonderheiten von Schwangerschaft und Stillzeit ein. Vegan for Life umfasst alle Facetten eines pflanzenbasierten Lebens und befasst sich nicht nur mit gesundheitlichen, sondern auch mit ethischen Aspekten. Eine einfach anwendbare Lebensmitteltabelle, leckere Ersatzmöglichkeiten und Beispielmenüs machen die praktische Umsetzung im Alltag unkompliziert und vielseitig. Jack Norris und Virginia Messina haben mit Vegan for Life ein Grundlagenwerk mit einem Überblick über sämtliche wichtigen Informationen und Ressourcen verfasst, auf die Sie in den unterschiedlichsten Lebensabschnitten zurückgreifen können. „Ein absolut stichfester Ratgeber, der sämtliche Mythen widerlegt, über Stolperfallen aufklärt und Ihnen dabei hilft, mit einer pflanzenbasierten Ernährung Ihre optimale Gesundheit zu erreichen. Unverzichtbar für alle, die vegan leben – egal ob Anfänger oder alte Hasen.“ – Dr. Michael Greger, Bestseller-Autor von HOW NOT TO DIE

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JACK NORRIS & VIRGINIA MESSINA

VEGAN

FOR

LIFE

Der Leitfaden für ein gesundes, fittes Leben und einen pflanzenbasierten Ernährungsstil

Jack Norris & Virginia Messina

Vegan for Life

Der Leitfaden für ein gesundes, fittes Leben und einen pflanzenbasierten Lebensstil

1. deutsche Auflage 2018

ISBN: 978-3-96257-015-6

© 2018 Narayana Verlag GmbH

Titel der Originalausgabe:

Vegan for Life

Everything You Need to Know to Be Healthy and Fit on a Plant-Based Diet

Copyright © 2011 by Jack Norris and Virginia Messina

Übersetzung aus dem Englischen: Ilona Meier

Coverlayout: Nicole Laka, www.nima-typografik.de

Coverfoto © Scisetti Alfio-shutterstock.com

Herausgeber:

Unimedica im Narayana Verlag GmbH, Blumenplatz 2, 79400 Kandern

Tel.: +49 7626 974 970–0

E-Mail: [email protected]

www.unimedica.de

Alle Rechte vorbehalten. Ohne schriftliche Genehmigung des Verlags darf kein Teil dieses Buches in irgendeiner Form – mechanisch, elektronisch, fotografisch – reproduziert, vervielfältigt, übersetzt oder gespeichert werden, mit Ausnahme kurzer Passagen für Buchbesprechungen.

Sofern eingetragene Warenzeichen, Handelsnamen und Gebrauchsnamen verwendet werden, gelten die entsprechenden Schutzbestimmungen (auch wenn diese nicht als solche gekennzeichnet sind).

Die Empfehlungen dieses Buches wurden von Autor und Verlag nach bestem Wissen erarbeitet und überprüft. Dennoch kann eine Garantie nicht übernommen werden. Weder der Autor noch der Verlag können für eventuelle Nachteile oder Schäden, die aus den im Buch gegebenen Hinweisen resultieren, eine Haftung übernehmen.

Für alle Nutztiere und jene, die alles dafür geben, ihr Leiden zu beenden.

LOB FÜR VEGAN FOR LIFE

»Die vegane Revolution steht unmittelbar bevor! Vegan for Life ist ein unabdingbarer Leitfaden für alle, die die Gründe und Hintergründe dieses immer beliebteren Lifestyles verstehen wollen.«

— Mark Reinfeld, Mitverfasser von The 30-Minute Vegan, The Idiot’s Guide to Eating Raw, Vegan Fusion World Cuisine und Europa isst vegan

»Die veganen Ernährungsspezialisten Jack und Virginia verdeutlichen uns hier auf klare und prägnante Weise, was Gesundsein wirklich bedeutet. Wenn Sie dieses gut aufgemachte, faktenbasierte Buch über Ihr Wohlbefinden und das Wohlbefinden dieses Planeten einmal gelesen haben, haben Sie alle notwendigen Werkzeuge, um Ihr persönliches Gesundheitsoptimum zu erlangen.«

— Robert Cheeke, Bestsellerautor von Vegan Bodybuilding & Fitness

»Vegan for Life zeigt nicht nur die Eignung und Vorzüge einer veganen Ernährung auf, sondern zeigt uns die nötigen Schritte, um uns auf die richtige Weise umzustellen! Dieses Buch empfehle ich all meinen Kunden.«

— Dr. Matt Ruscigno

INHALT

EINLEITUNG

Vegan fürs Leben

KAPITEL 1

Veganer Nährstoffbedarf

KAPITEL 2

Pflanzliches Eiweiß

KAPITEL 3

Vitamin B12: Die Krux der veganen Ernährung

KAPITEL 4

Calcium, Vitamin D und gesunde Knochen

KAPITEL 5

Fett – Die besten Entscheidungen

KAPITEL 6

Eisen, Zink, Jod und Vitamin A – Vegane Quellen optimal nutzen

KAPITEL 7

Der vegane Ernährungsleitfaden

KAPITEL 8

Die Umstellung auf die vegane Ernährung

KAPITEL 9

Ein gesunder Start – Die vegane Ernährung während der Schwangerschaft und Stillzeit

KAPITEL 10

Vegan aufwachsen – Kinder und Teenager

KAPITEL 11

Vegane Ernährung für Menschen über fünfzig

KAPITEL 12

Vorzüge pflanzlicher Nahrungsmittel – Gesundheitsvorteile der veganen Ernährung

KAPITEL 13

Gewicht, Herzerkrankungen und Diabetes

KAPITEL 14

Sporternährung

KAPITEL 15

Ist Soja gesund?

KAPITEL 16

Vegan, aber wieso?

RESSOURCEN

Zum Thema Veganismus

GETREIDE, BOHNEN UND GEMÜSE:

Eine kurze Einführung

Danksagungen

Referenzen

Index

EINLEITUNG

VEGAN FÜRS LEBEN

Die vegane Ernährungsweise ist die einfachste Antwort der Welt auf eine Heerschar komplexer Probleme.

Zu fast jedem Zeitpunkt in der menschlichen Geschichte aßen Menschen, was immer ihnen gerade in die Hände fiel; die Nahrungsmittelwahl war getrieben von Verfügbarkeit, Gewohnheit und Geschmack. Das änderte sich erst vor ungefähr einem Jahrhundert, als die neue Ernährungswissenschaft aufdeckte, dass Nahrung nicht nur etwas zu essen ist – sie ist ein Aspekt in der Erlangung optimaler Gesundheit.

Die letzten Jahrzehnte jedoch haben uns gelehrt, dass das, was wir essen noch viel weitreichendere Auswirkungen hat, und zwar nicht nur für unsere eigene Gesundheit, sondern für das Leben der Tiere, die diesen Planeten mit uns teilen, und für die Zukunft des Planeten selbst. Unser aktuelles Ernährungssystem ist für eine wachsende Gesundheitskrise in den USA, einen besorgniserregenden Verlust globaler Ressourcen und unvorstellbar schlimme Grausamkeiten an Tieren verantwortlich. Es gibt heutzutage viele gute Gründe, sich für eine vegane Ernährung zu entscheiden.

Es ist einfach und macht Spaß, vegan zu werden, doch es ist zweifelsohne ein Lernprozess. Darum haben wir dieses Buch geschrieben: Um sowohl neue als auch langjährige Veganer mit robusten Informationen auszustatten, damit ihre Ernährung gesund, aber auch praktisch bleibt.

Als qualifizierte Diätassistenten und Tierrechtsverfechter sind wir offen und uneingeschränkt pro-vegan und möchten so vielen Menschen wie möglich dabei helfen, die ersten Schritte hin zu einer tierfreien Ernährung zu gehen. Das bedeutet, dass wir Ihnen die bestmögliche Ernährungsberatung liefern wollen, denn die vegane Ernährung ist keine realistische Option, wenn Sie Ihren Nährstoffbedarf nicht decken oder sich auf eine Art ernähren, die nicht auf Ihre optimale Gesundheit ausgelegt ist. Wir geben Ihnen die Ernährungsgrundlagen mit auf den Weg – die wesentlichen Fakten, die Sie zum Schutz Ihrer Gesundheit benötigen, während Sie sich auf eine vegane Ernährung umstellen. Außerdem haben wir viele praktische Tipps für Sie, um Ihnen die Umstellung so leicht wie möglich zu machen.

Wenn Sie mit dem Veganismus noch nicht allzu vertraut sind, können die Informationen in diesem Buch Sie hoffentlich davon überzeugen, dass eine vegane Ernährung ungefährlich und gesund ist. Auch langjährige Veganer und Veganerinnen dürften in diesem Buch reichlich nützliche Informationen finden. Wir wollen mit all den Märchen aufräumen, die leider einige Veganer dazu veranlasst haben, weniger optimale Ernährungsentscheidungen zu treffen, und helfen Ihnen dabei, Ihre vegane Ernährung noch gesünder zu gestalten.

Auch macht es nichts, wenn Sie sich erst einmal nur ein bisschen umschauen möchten. Nutzen Sie die Informationen in diesem Buch, um mit der Umstellung zu beginnen, denn jede Reduktion von tierischen Produkten in Ihrer Ernährung kann einen großen Unterschied ausmachen.

Vegan zu werden war noch nie so einfach

Veganismus erscheint Ihnen vielleicht neu und ungewöhnlich, aber er existiert als Konzept schon sehr lange. 1944, kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs, prägte eine kleine Gruppe britischer Vegetarier das Wort »vegan«. Es setzt sich aus den ersten drei und letzten zwei Buchstaben des Worts »vegetarian« zusammen, denn, so ihr Wortlaut, »Veganismus beginnt mit Vegetarismus und bringt ihn zu seiner logischen Schlussfolgerung«.

Damals war es nicht einfach, vegan zu leben, gerade in England. Der Nachkriegslebensmittelmangel machte besondere Ernährungsformen schwierig. Die Ernährungswissenschaft steckte noch in den Kinderschuhen und einige Nährstoffe, die besonders für Veganer von Relevanz sind, waren noch nicht identifiziert worden. Von Veganismus hatte nie jemand gehört, Kochbücher und ähnliche Hilfsmittel existierten also noch nicht.

Der Wandel, den wir heute, fünfundsechzig Jahre später, erleben, hätte jene frühen Pioniere in Erstaunen versetzt. Er erstaunt sogar die von uns, die seit gerade mal zwanzig Jahren vegan leben. Es gibt heute nicht nur Hunderte veganer Kochbücher, sondern sogar spezielle Kochbücher, die sich ausschließlich mit veganem Backen, Feiertagen, Kindermahlzeiten und Grillabenden befassen. In beinahe jedem Lebensmittelgeschäft in den USA finden Sie Sojamilch, Veggie-Hotdogs und milchfreies Eis. Und wenn Sie im Supermarkt in der Nähe nicht finden, wonach Sie suchen, dann erfüllen Ihnen vegane Onlineshops fast jeden Wunsch.

All diese Veränderungen machen die vegane Ernährung einfacher und ansprechender, als Sie es sich vielleicht je vorgestellt haben. Veganer essen immer noch Bohnen und Reis, aber sie essen auch Nudeln mit Artischocken-Pesto, gerösteten Tempeh in Aprikosen-Barbecuesauce, Eisbecher mit heißer Karamellsauce und Veggie-Cheeseburger. Durch besseres Essen, mehr Informationen und ein wachsendes Verständnis der Gesundheitsvorteile pflanzlicher Kost wird die Welt immer veganfreundlicher.

Warum Vegan?

Seit 1950 haben sich Agrarbetriebe stark verändert, aus einem Bestreben heraus, Kosten zu senken und Fleisch, Milch und Eier billiger zu produzieren. Das war die Geburtsstunde der Massentierhaltung: Tiere werden in Lagerhallen und Käfige gepfercht, die ihnen keinen Platz zur freien Bewegung bieten. Moderne Tierhaltung missachtet die instinktiven Grundbedürfnisse und das Wohlbefinden der einzelnen Tiere. Viele sterben schon lange, bevor sie zum Schlachthof gelangen, an Krankheiten, Verletzungen oder weil sie Nahrung und Wasser nicht erreichen können. Die Zustände in Schlachthöfen sind ebenso tragisch und grausam. Moderne Bauernhöfe sind nur noch selten freundliche Familienunternehmen, sondern für gewöhnlich Fabrikbetriebe, in denen Effizienz Vorrang vor dem respektvollen Umgang mit Tieren hat. Die schlichte – und ungemütliche – Wahrheit ist, dass die Produktion tierischer Nahrungsmittel (selbst Milchprodukte und Eier) Tierleid verursacht.

Dank der Bemühungen von Tierrechtsorganisationen werden immer mehr Menschen diese Missstände bewusst. Viele sehen die Antwort darin, Produkte von Tieren zu kaufen, die unter besseren Bedingungen gehalten wurden. Viele solcher Produkte, die mit »artgerechter Haltung« werben, stammen von Tieren, die unter etwas besseren Umständen gelebt haben, aber häufig sind die Unterschiede völlig unwesentlich. Auch all diese Tiere werden normalerweise in denselben Schlachthöfen getötet. Ebenso bedeutet ein Bio-Label nicht, dass ein Produkt aus »artgerechter Tierhaltung« stammt. Ein hoher Prozentsatz biologischer Tierprodukte kommt von Tieren aus der Massentierhaltung.

Wirklich bedeutsame Verbesserungen der Zustände können nur auf sehr kleinen Bauernhöfen stattfinden, wo jede Lebens- (und Sterbe-) Phase der Tiere überwacht wird. Doch das ist eine sehr teure und unwirtschaftliche Weise, Tierprodukte herzustellen. Selbst wenn wir uns das leisten könnten, gäbe es nicht genügend Land für derartige Höfe, um die US-amerikanische Bevölkerung zu ernähren.

In Kapitel 16 beschäftigen wir uns mit diesen Problemen eingehender. Es ist nicht leicht, darüber zu lesen, wie diese Tiere ihr Dasein fristen, doch wenn Sie sich fragen, ob eine vegane Ernährung das Richtige für Sie ist, helfen Ihnen diese Informationen vielleicht dabei, Ihre Wahl von Nahrungsmitteln nüchterner zu betrachten. Wenn Ihnen das Leid von Tieren in der Massentierhaltung nahegeht oder Sie glauben, dass Tiere niemals von Menschen benutzt werden sollten, ist eine vegane Ernährung eine effektive und bedeutsame Art und Weise, Ihre Überzeugungen in die Tat umzusetzen.

Die Produktion von Fleisch, Milch und Eiern ist aber zudem auch verschwenderisch und schadet der Umwelt. Die Landfläche, auf der die Nahrung für Milliarden von Nutztieren angebaut wird, könnte stattdessen Lebensmittel für den direkten menschlichen Verzehr produzieren und so Regenwälder, Wasser und fossile Brennstoffe schützen. Eine größere Unabhängigkeit von tierischen Nahrungsmitteln ist ein wichtiger Schritt hin zu einem kleineren CO2-Fußabdruck.

Doch wer sich pflanzlich ernährt, zieht auch persönliche Vorteile daraus. Veganer haben niedrigere Cholesterinwerte, weniger Bluthochdruck und ein geringeres Diabetesrisiko. Vegane Ernährungsformen spielen eine Rolle in der erfolgreichen Behandlung chronischer Krankheiten. Mit diesen Punkten befassen wir uns in Kapitel 13.

Ist die vegane Ernährung gesund?

Laut der American Dietetic Association ist eine gut geplante vegane Ernährung für alle Lebensphasen geeignet.1 Am Einwand »gut geplant« stören sich vegane Ernährungsberater bereits seit nahezu zwei Jahrzehnten, denn jede Ernährungsform, ob vegan oder nicht, muss gut geplant werden. Wer sich von tierischen Produkten ernährt, erfüllt nicht automatisch all seine Nährstoffbedürfnisse, sondern kann einen Mangel an Ballaststoffen und anderen Nährstoffen entwickeln, die in der veganen Ernährung reichlich vorhanden sind. Auf der anderen Seite muss bei veganen Ernährungsformen mehr auf bestimmte Nährstoffe wie Vitamin B12 und Eisen geachtet werden.

Ganz egal, wie wir uns ernähren, jeder von uns benötigt ein grundlegendes Ernährungsverständnis. Doch die vegane Ernährung fördert die optimale Gesundheit während des gesamten Lebenszyklus. Es kursieren viele negative Berichte über Veganer und insbesondere Kinder, die an Nährstoffmangel leiden, doch diese liegen in Wahrheit in sehr eingeschränkten veganen Ernährungsweisen wie makrobiotischer oder Rohkost-Ernährung begründet.

Die vegane Ernährung ist nicht schwierig; es ist lediglich eine andere Art und Weise, den eigenen Nährstoffbedarf zu decken. Dieses Buch ist ein Leitfaden zur veganen Ernährung und Mahlzeitenplanung für alle Lebensphasen und für jene, die sich vegan ernähren möchten, um ihr Risiko für chronische Krankheiten zu senken. Mit unseren Schritten werden Ernährungsinformationen zu nachvollziehbaren Mahlzeiten und wir haben realistische Menüs für jeden Lebensstil.

Von der Entscheidung, vegan zu werden, profitieren Sie in jeder Hinsicht. Die vegane Ernährung respektiert das Leben von Tieren und stellt eine klare Ablehnung der Teilnahme an ihrem Leiden dar. Viele Leute empfinden Erleichterung, wenn sie sich dem Veganismus annähern, denn in ihm spiegeln sich ihre Gefühle gegenüber Tieren wider. Ein pflanzlicher Speiseplan erweitert Ihren Horizont und führt Sie an neue Lebensmittel und Gerichte heran; sehr wahrscheinlich wird Ihre Ernährung dadurch nicht langweiliger, sondern interessanter. Je nachdem, wie Sie sich zurzeit ernähren, wird die Umstellung auf eine vegane Ernährung zudem sehr wahrscheinlich Ihre Gesundheit verbessern.

Dieses Buch ist für alle, die von diesen Vorteilen Nutzen machen möchten und bereit sind für den Weg hin zu einer gesunden Ernährungsweise, die auf Mitgefühl basiert.

Hinweis: In diesem Buch wird oft 1 Tasse als Mengenangabe von Lebensmittel verwendet. Das Fassungsvermögen einer Tasse beträgt generell 250 ml.

Definitionen

Omnivore

In diesem Buch verwenden wir die Begriffe »Omnivore« oder »Gemischtköstler« und »Fleischesser«, um Menschen zu beschreiben, die sich dazu entschieden haben, Fleisch und andere Tierprodukte zu essen. Ein Omnivore ist also jemand, der Pflanzen, Fleisch, Milchprodukte und Eier isst.

Flexitarier

Einige Omnivore ernähren sich flexitarisch. Das bedeutet, sie essen Fleisch, Milch und Eier, aber setzen – zumeist aus gesundheitlichen Gründen – in ihren Mahlzeiten einen Fokus auf pflanzliche Nahrungsmittel.

Ovo-Lakto-Vegetarier

Vegetarier, die Milchprodukte und Eier essen, werden als Ovo-Lakto-Vegetarier (OLV) bezeichnet. Die meisten Vegetarier in den USA ernähren sich auf diese Weise. Viele der Informationen, die uns über vegane Ernährungsweisen vorliegen, sind abgeleitet von Studien mit Vegetariern.

Veganer

Das Wort »vegan« wurde geprägt, um einen Lebensstil zu beschreiben, der sämtliche Tierprodukte vermeidet, die als Nahrung, Kleidung und Körperpflegeprodukte verwendet werden. Die Basis für diese Lebensweise ist die Ethik im Zusammenhang mit unserem Umgang mit Tieren, doch eine vegane Ernährung – die Fleisch, Fisch, Milch und Eier vermeidet – wird aus ganz verschiedenen Gründen angenommen; manchmal aufgrund unserer Nutzung von Tieren, aber auch aus gesundheitlichen oder umweltbedingten Überlegungen. Da es in diesem Buch speziell um Ernährung geht, meinen wir mit dem Wort »vegan« eine rein pflanzliche Ernährung.

Unser Weg: So wurden wir vegane Diätassistenten

Jack

Mit neunzehn ging ich mit meinem Dad und Großvater angeln. Wir warfen die Schnüre aus, lehnten uns zurück und warteten, bis etwas anbiss. Wenn wir einen Fisch gefangen hatten, wurde er in eine leere Kühlbox gelegt, wo er sich eine ganze Weile hin und her wand, bis er schließlich erstickte. Ich hatte ein furchtbar schlechtes Gewissen dabei und entschloss mich, keine Fische an Land zu ziehen. Wenn die Fische Menschen wären, würden wir alles tun, um ihnen solche Schmerzen zu ersparen, dachte ich. Aber es war nur ein Fisch, also war es offenbar egal. Dennoch schien sich die Qual dieser Fische kaum von der unseren zu unterscheiden. Mein Großvater und mein Vater fanden meine Reaktion verwirrend und es dauerte noch ganze zwei Jahre, bis ich aufhörte, Fisch zu essen!

Während der folgenden zwei Jahre zeigte mir eine meiner Philosophie-Dozenten ein paar Seiten aus Animal Liberation und ich kam ins Grübeln. Daraufhin kaufte ich mir die CD Animal Liberation von Peter Singer, die als Benefiz-Album für People for the Ethical Treatment of Animals veröffentlicht worden war. Ich bat PETA um weitere Informationen und erfuhr mehr und mehr über die Massentierhaltung. Als Erstes hörte ich auf Eier zu essen, gefolgt von Säugetieren und Vögeln. Die ersten paar Wochen waren schwierig, denn Fleisch brachte mich häufig in Versuchung, doch nachdem ich einige eiweißreiche vegane Lebensmittel für mich entdeckt hatte, war ich damit zufrieden. Ein paar Monate später strich ich auch Fisch vom Speiseplan. Zu diesem Zeitpunkt war ein Glas Kuhmilch am Tag zur Calciumversorgung das einzige Tierprodukt, das ich konsumierte. Als mein Chiropraktiker mich darauf hinwies, dass ich Calcium über grünes Gemüse aufnehmen kann, strich ich auch die Milchprodukte und wurde vegan. Das war im Juni 1988.

Nach der Uni wurde ich Vollzeit-Aktivist für Tiere, gründete mit Matt Ball Vegan Outreach und reiste zwei Jahre lang durchs Land, um Broschüren über den Veganismus an Unistudenten auszuteilen. Während dieser Zeit lernte ich viele Leute kennen, die eine vegane oder vegetarische Ernährungsweise ausprobiert, sich dabei aber nicht gesund gefühlt hatten. Daher – und wegen all der anderen Ernährungsfragen im Zusammenhang mit veganen Ernährungsformen – begann ich meine Ausbildung zum registrierten Diätassistenten. Ich wollte über das, was ich tat, gründlich informiert sein.

Ginny

Als ich für mein Studium der Ernährungswissenschaften an die Uni ging, war ich sorgenlos omnivor, mampfte glücklich und zufrieden an Hamburgern und gebackenem Hühnchen. Mein ganzes Leben lang hatte ich Tiere geliebt und ein großes Mitgefühl für sie gehegt, und dennoch kam es mir zweiundzwanzig Jahre lang nicht in den Sinn, dass meine Ernährungsweise irgendetwas damit zu tun haben könnte.

Die Glühbirne ging an, kurz nachdem ich meine Auszeichnung als registrierte Diätassistentin erhielt. Ich hatte vor Kurzem geheiratet und kochte alle möglichen Gourmetdinner, darunter – nur so zum Spaß – auch vegetarische Gerichte. Laurel‘s Kitchen war das erste vegetarische Kochbuch, das ich mir anschaffte. Dieses Buch hat mich auf den Pfad in Richtung eines ethischen Essverhaltens gebracht. Ich stand in der kleinen Küche meiner Wohnung in Kalamazoo in Michigan, als ich das Buch öffnete und las:

Dieses Buch widme ich einem glänzenden schwarzen Kalb, das vor vielen Jahren auf dem Weg zum Schlachthof war und dessen Augen auf die eines Menschen trafen, der ihre Bitten verstand und uns, und Tausende andere, dazu inspirieren würde, das Geschenk des Lebens zu schenken.

Und ganz plötzlich machte es »klick«. Diese einfachen Worte sprachen Bände und ich wusste in diesem Moment, das ich nie wieder das Fleisch von Tieren essen würde.

Fünf Jahre später, 1989, nahm ich eine Stelle beim Physicians Committee for Responsible Medicine an und machte einen weiteren gewaltigen Schritt in meinem Verständnis von einer ethischen Ernährungsweise. Ich arbeitete dort als angestellte Ernährungsberaterin und befasste mich viel mit der Milch- und Eierproduktion – und was ich darüber erfuhr, lähmte mich. Ich lernte, dass die Tiere in Milch- und Eierbetrieben genauso sehr leiden wie in der Fleischproduktion. Ich wurde »hauptsächlich vegan« und verbrachte die folgenden paar Jahre damit, nach und nach alle tierischen Produkte vom Speiseplan und aus anderen Teilen meines Lebens zu streichen. Ich widmete meine Arbeit dem Vorhaben, so viel wie möglich über die Planung gesunder, tierfreier Ernährungsformen zu lernen. Meine Arbeit als Autorin und Beraterin hat auch heute noch diesen Fokus – Informationen über vegane Ernährung mit anderen zu teilen und ihnen zu helfen, sich auf eine gesunde und glückliche Reise hin zu einer Ernährung auf der Basis von Mitgefühl zu begeben.

Die Top Ten der Irrtümer zur veganen Ernährung

Zwar gewinnt die vegane Ernährung schneller an Stellenwert, als jeder sich im Traum hätte vorstellen können, aber sie ist noch immer alles andere als Mainstream. Es ist eine große Herausforderung, die Leute davon zu überzeugen, dass diese Ernährungsweise nicht nur ungefährlich und gesund, sondern auch lecker und machbar ist. Gleichzeitig jedoch hat der Enthusiasmus für die vegane Ernährung bei ihren Verfechtern einige unglückliche Irrtümer aufkommen lassen, aufgrund derer einige Veganer schlechte Entscheidungen für ihre Gesundheit treffen.

In diesem Buch räumen wir mit einigen dieser Fehlschlüsse auf; hier sind die zehn größten, mit denen wir uns beschäftigen werden:

1. Veganer benötigen weniger Calcium als Omnivore.

2. Um von einer veganen Ernährung profitieren zu können, müssen Sie Fette vermeiden.

3. Die gesündeste Art sich vegan zu ernähren, besteht zu 100 % aus unverarbeiteten, vollwertigen Nahrungsmitteln.

4. Veganer müssen erst mit der Einnahme von Vitamin-B12-Präparaten beginnen, wenn sie mindestens drei Jahre vegan gelebt haben.

5. Wenn eine vegane Ernährung gesund ist, muss eine Rohkosternährung noch besser sein.

6. Der Konsum von Sojaprodukten verleiht Männern weibliche Charakteristika.

7. Bei der Umstellung auf eine vegane Ernährung fühlen Sie sich unwohl, da Ihr Körper entgiftet wird und Sie einen Entzug von Tierprodukten durchmachen.

8. Vegane Teenager können Essstörungen entwickeln.

9. Einige essenzielle Aminosäuren sind nicht in pflanzlichem Eiweiß enthalten.

10. Veganer müssen nur 5 bis 6 % der täglich aufgenommenen Kalorien als Eiweiß aufnehmen.

KAPITEL 1

VEGANER NÄHRSTOFFBEDARF

Mit der Entdeckung von Eiweiß, Kohlenhydraten und Fetten entstand zu Beginn des 19. Jahrhunderts die Ernährungswissenschaft. Doch bereits lange vorher wussten Menschen sehr viel – und zwar nur durch systematisches Ausprobieren und Scheitern – über den Zusammenhang zwischen Nahrung und Gesundheit, ohne die schützenden Faktoren in Lebensmitteln wirklich zu verstehen. Das erste dokumentierte Ernährungsexperiment wurde 1747 von Dr. James Lind, einem Schiffsarzt der British Royal Navy, durchgeführt. Damals war das Leben an Bord ein gefährlicher Beruf, und nicht nur aufgrund von Stürmen und Piraterie, sondern weil die Hälfte aller Seeleute auf langen Reisen an Skorbut starben. Lind vermutete, dass dies mit dem Mangel an Obst und Gemüse an Bord zusammenhing und gab kleinen Gruppen von Seeleuten unterschiedliche Nahrungsmittel zu essen. Ihm fiel auf, dass diejenigen, die Zitronen und Limetten aßen, nicht an Skorbut erkrankten.

Die Navy machte sich diese Informationen zunutze und sorgte dafür, dass alle britischen Schiffe mit Limetten bestückt wurden. Doch weshalb Limetten diese Wirkung hatten, wurde erst zweihundert Jahre später mit der Entdeckung von Vitamin C erkannt. (Die Entdeckung des Mittels gegen Skorbut wurde zwar Lind zugeschrieben, doch chinesische Seefahrer bauten bereits mindestens seit dem fünften Jahrhundert Pflanzen auf ihren Schiffen an, um Skorbut zu bekämpfen.)

Bereits im Jahr 1916, lange vor der Entdeckung vieler anderer Vitamine, empfahlen Ernährungswissenschaftler den Konsum bestimmter »schützender Nahrungsmittel«. Die allerersten empfohlenen Tagesdosen wurden Amerikanern 1941 über das Radio vermittelt und sind seitdem unzählige Male aktualisiert und erweitert worden.

Heute ist das Food and Nutrition Board (FNB) des National Institute of Medicine für die Empfehlungen einzelner Nährstoffe verantwortlich. Dabei handelt es sich um die offiziellen Empfehlungen, doch die Wissenschaft dahinter ist manchmal immer noch nicht klar. In manchen Fällen gibt es einfach noch nicht genügend Informationen, um viel mehr als eine fundierte Vermutung abgeben zu können. Der tatsächliche, individuelle Bedarf unterscheidet sich zudem je nach Lebensstil, Ernährungsweise und Genetik, es ist also unmöglich, genaue Nährstoffbedürfnisse für einzelne Personen festzulegen.

Die Empfehlungen werden so formuliert, dass sie den Bedarf der allermeisten Amerikaner erfüllen. Daher haben viele Amerikaner einen niedrigeren Bedarf an einzelnen Nährstoffen, während andere möglicherweise einen höheren Bedarf haben. Es gibt aber auch Ausnahmen. Zum Beispiel glauben viele Experten, dass die aktuellen Empfehlungen für Vitamin D viel zu niedrig angesetzt sind. Ebenso aktuell ist die Debatte um Calciumempfehlungen. Global werfen immer mehr Experten Fragen bezüglich des menschlichen Eiweißbedarfs auf; einige glauben, dass die Empfehlungen die tatsächlichen Bedürfnisse unterschreiten.

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE) wurde 1953 gegründet und veröffentlicht monatlich die Ernährungs Umschau mit belegbaren wissenschaftlichen Forschungsergebnissen sowie Übersichten über den aktuellen Stand der Forschung aus dem gesamten Gebiet der Ernährungswissenschaft.

Veganer und Referenzwerte

Nährstoffempfehlungen richten sich an Omnivore. Für Vegetarier und Veganer müssen einige Empfehlungen höher angesetzt werden. Der Eiweißbedarf beispielsweise soll etwas höher liegen, da pflanzliches Eiweiß weniger gut verwertet wird als Eiweiß von Tieren. Der Unterschied ist gering und wird mit einer veganen Ernährung mühelos ausgeglichen, solange der Kalorienbedarf gedeckt ist und die Ernährung eiweißreiche Lebensmittel enthält. Der Zinkbedarf ist ebenfalls möglicherweise höher, und es kann sein, dass einige Veganer weniger als die optimale Menge aufnehmen.

Eisen ist kontroverser. Wir werden sehen, dass Veganer einen höheren Bedarf haben, aber es ist nicht klar, wie viel höher dieser Bedarf ist. In der Tabelle unten finden Sie die FNB-Empfehlungen für Eisen, aber wir glauben, dass Veganer sich um diese hohe Menge keinen Kopf machen müssen. Dieses Thema wird in Kapitel 6 im Detail besprochen.

Nährwertaufnahme bei Veganern: Im Vergleich mit den empfohlenen Zufuhrwerten

Es gibt nur wenige Informationen zur Nährstoffaufnahme von Veganern, doch laut einigen Studien nehmen Veganer vermutlich mehr an bestimmten Nährstoffen auf als Omnivore – darunter Vitamin C, Thiamin, Riboflavin, Niacin, Vitamin B6, Folat und manchmal Eisen.2 Demgegenüber nehmen viele Veganer weniger Calcium und Zink auf als empfohlen. In der Tabelle auf Seite 17 vergleichen wir FNB-Empfehlungen mit den tatsächlichen Aufnahmewerten einer Gruppe britischer Veganer.

Eine gute Ernährung ist eine gute Werbung

Egal, ob Sie bereits vegan sind oder gerade erst die ersten Schritte in die Richtung tun: Der Verzicht auf Tierprodukte ist effektiv. Er reduziert Tierleid, stoppt Ihre finanzielle Unterstützung der Massentierhaltung und lässt Sie gegen den Gebrauch von Tieren Stellung beziehen. Um jedoch die größtmögliche Wirkung zu erzielen, hoffen die meisten von uns Tierliebhabern, auch andere dazu zu ermutigen, vegan zu werden.

Die Fleisch-, Milch- und Eierindustrie stellt vegane Ernährungsweisen gern als unzulänglich dar. Daher ist es nicht in unserem Sinne, sie mit Munition zu versorgen. Einige Veganer sperren sich gegen die Aufnahme von Vitamin-B12-Präparaten aus Angst, dass sie die vegane Ernährung dadurch als mangelhaft darstellen könnten. Doch solche Risiken hinsichtlich Nährstoffdefiziten einzugehen, ist das Schlechteste, was wir für das Image der veganen Ernährung tun können. Die Behauptung, Veganer hätten einen geringeren Calciumbedarf, zum Beispiel kann dazu führen, dass einige Veganer schlechte Entscheidungen für ihre Knochengesundheit treffen. Ein Weg, in Anderen Vertrauen in die vegane Ernährung zu wecken, ist, sicherzugehen, dass wir wirklich gesund sind.

Auch ist es wichtig, Veganismus als Lifestyle darzustellen, der praktisch, einfach und nachvollziehbar ist. Zeit, Zugänglichkeit und Geschmack sind die wichtigsten Faktoren, nach denen Menschen Entscheidungen in ihren Essgewohnheiten treffen, deshalb können sehr eingeschränkte Ernährungsformen ein falsches Bild vom Veganismus entstehen lassen. Der aktuelle Trend unter manchen Veganern, auf mehr und mehr Lebensmittel zu verzichten – zugesetzte Fette, gekochte Speisen und Gluten zum Beispiel – ist eher kontraproduktiv, insbesondere, da diese Ernährungseinschränkungen für die meisten kaum gesundheitlich vorteilhaft sind. Es stimmt zwar, dass einige Leute ihr Gewicht besser im Griff haben, wenn sie sehr wenig Fett konsumieren, doch die Forschung deutet darauf hin, dass Ernährungsweisen mit geringen Mengen an zugesetztem Fett oder fettreichen Speisen sogar noch vorteilhafter für lang anhaltende Gewichtskontrolle sein könnten. Wir werden uns ebenso damit befassen, warum kleine Mengen ungesättigter Fette, insbesondere einfach ungesättigter Fette, gut in der Behandlung und Vorbeugung chronischer Krankheiten sein können.

Ebenso basiert die Rohkosternährung auf einigen wenigen wissenschaftlichen Prinzipien, deren Beweislage im besten Falle wackelig ist. Tatsächlich gibt es bislang keine guten Belege dafür, dass eine reine Rohkosternährung besser sein soll als eine Mischung aus rohen und gekochten vollwertigen pflanzlichen Speisen. Einige gesundheitsfördernde Komponenten in Lebensmitteln, zum Beispiel Lycopin (ein Antioxidans aus Tomaten, das vor Prostatakrebs schützt), sind nur aus gekochten Speisen verwertbar. Beta-Karotin, die Vorstufe von Vitamin A, wird ebenfalls besser aus gekochten Lebensmitteln und noch besser in Verbindung mit etwas Fett aufgenommen. Eine Rohkosternährung kann in der Gewichtskontrolle hilfreich sein, da sie eine geringere Kaloriendichte aufweist, doch dadurch ist sie für Kinder ungeeignet.

Für Zöliakiebetroffene ist eine glutenfreie Ernährung absolut notwendig, denn sie haben eine permanente Glutenintoleranz. Doch diese Autoimmunkrankheit betrifft im Durchschnitte nur ca. 1 % der Bevölkerung in Europa, die meisten Veganer haben also keinen Grund, sich glutenfrei zu ernähren. Es gibt sogar Hinweise darauf, dass eine glutenfreie Ernährung mit einer Verringerung der gutartigen Darmbakterien und einer Vermehrung schädlicher Mikroben in Zusammenhang steht. Wer nicht an Zöliakie leidet, profitiert also möglicherweise davon, Gluten nicht gänzlich vom Speiseplan zu streichen. (Natürlich muss bei Allergien, einschließlich Weizenallergien, die nicht im Zusammenhang mit Zöliakie stehen, die Ernährung entsprechend angepasst werden.)

Die vegane Ernährungsweise mit diesen zusätzlichen Einschränkungen zu belegen, die für die meisten Menschen keinerlei nennenswerte Gesundheitsvorteile mitbringen, hilft weder den Tieren noch ist es dem Veganismus dienlich. Im Gegenteil: So erscheint die vegane Ernährung bloß schwieriger und weniger attraktiv. Wenn wir möchten, dass sich andere uns anschließen und eine auf Empathie basierende Ernährungsweise wählen, dann ist es sinnvoll, unnötige Einschränkungen zu vermeiden und vegane Ernährungsweisen so zugänglich zu machen wie möglich.

Die Ernährungsempfehlungen in diesem Buch basieren auf aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen und sollen Ihnen dabei helfen, Ihre vegane Ernährungsweise gesund und realistisch zu gestalten. Sie werden sehen, wie einfach es ist, den eigenen Nährstoffbedarf mit einer Vielfalt aus gekochten und ungekochten pflanzlichen Lebensmitteln zu decken, und dass auch nichts dagegenspricht, hin und wieder Fertigprodukte in Ihren Familienmahlzeiten unterzubringen.

Nährstoffempfehlungen für Gemischtköstler und Veganer im Vergleich mit der Versorgung Britischer Veganer

 

EMPFOHLENE ZUFUHR FÜR ERWACHSENE

ZUFUHR BRITISCHER VEGANER, 2003

 

GEMISCHTKÖSTLER

VEGANER

 

MÄNNER

FRAUEN

MÄNNER

FRAUEN

MÄNNER

FRAUEN

Eiweiß

0,36 g pro Pfund ideales Körpergewicht (entspricht ca. 54 g Eiweiß am Tag für einen Menschen mit einem Idealgewicht von 150 Pfund bzw. 68 kg.)

0,36 g pro Pfund ideales Körpergewicht

0,4 g pro Pfund ideales Körpergewicht (entspricht ca. 60 g Eiweiß am Tag für einen Menschen mit einem Idealgewicht Von 150 Pfund bzw. 68 kg.)

0,4 g pro Pfund ideales Körpergewicht

62 g

56 g

Vitamin A, RAE (Retinoläquivalent)

900

700

 

 

 

 

Vitamin C, mg

90

70

 

 

155

169

Vitamin D, IE

600

600

 

 

 

 

Vitamin E, mg

15

15

 

 

16,1

14

Vitamin K, µg

120

90

 

 

 

 

Thiamin, mg

1,2

1,1

 

 

2,3

2,1

Riboflavin, mg

1,3

1,1

 

 

2,3

2,1

Niacin, mg

16

14

 

 

23,9

21,1

Vitamin B6, mg

1,7

1,5

 

 

2,2

2,1

Folat, µg

400

400

 

 

431

412

Vitamin B

12

, μg

2,4

2,4

 

 

 

 

Calcium, mg

1.000

1.000

 

 

610

582

Kupfer, µg

900

900

 

 

 

 

Chrom, µg

35

25

 

 

 

 

Jod, µg

150

150

 

 

 

 

Eisen, mg

8

18

14

33

15,3

14,1

Magnesium, mg

420

320

 

 

440

391

Selen, µg

55

55

 

 

 

 

Zink, mg

11

8

16

12

7,9

7,2

Kalium, mg

4.700

4.700

 

 

3.937

3.817

Ergänzungsmittel in der veganen Ernährung

Abgesehen von Vitamin B12 bekommen Sie alle Vitamine und Mineralien, die Ihr Körper braucht, aus pflanzlichen Nahrungsmitteln. Je nach den individuellen Umständen können Ergänzungsmittel jedoch eine wichtige Rolle bei der Bedarfsdeckung spielen, insbesondere für Vitamin D, Jod, Calcium und DHA.

Zwar gibt es auch Präparate, die aus Nahrungsmittelkonzentraten gewonnen werden, doch die allermeisten Ergänzungsmittel werden synthetisch hergestellt – das heißt, sie werden in einem Labor synthetisiert. Solange sie gut verdaulich sind, sind synthetische Vitamine und Mineralien eine gute Option. In manchen Fällen sind sie sogar besser als Nahrungsmittelkonzentrate – einige »natürliche« Vitamin-B12-Mittel zum Beispiel werden von Firmen hergestellt, die keine adäquaten Teststandards befolgen, weshalb das Ergänzungsmittel nicht als verlässliche B12-Quelle gelten kann.

Die United States Pharmacopeia (USP) verifiziert die Qualität, Reinheit und den Wirkstoffgehalt von Nahrungsergänzungsmitteln von Firmen, die an ihrem Zertifizierungsprogramm teilnehmen. Ergänzungsmittel, die mit dem Label »Dietary Supplement USP Verified« ausgezeichnet sind, wurden auf adäquate Löslichkeit getestet. (Vitamin- und Mineralstoff-Ergänzungsmittel ohne USP-Label können auch von hochwertiger Qualität sein, sie wurden lediglich nicht zertifiziert.)

Wir empfehlen Ergänzungsmittel für die Nährstoffe, die in veganen Ernährungsweisen so niedrig sein können, dass es zu einem Mangel kommen kann. Multivitaminpräparate können Sie zwar mit mehreren solcher Nährstoffe gleichzeitig versorgen, doch durch die Einnahme einzelner Ergänzungsmittel nehmen Sie nur die auf, die Sie auch benötigen. Einige Punkte gilt es zu beachten: Erstens haben die meisten von uns ausreichend Magensäure, um die Ergänzungsmittel gut zu zerlegen und zu verwerten. Wenn Sie jedoch Grund zur Annahme haben, dass Ihre Magensäure nicht kräftig genug ist, ist es sinnvoll, die Vitamin- und Mineralienpräparate zu kauen oder vor Aufnahme zu zerkleinern. Außerdem muss bei manchen Ergänzungsmitteln ein gewisses Gleichgewicht beachtet werden. Zum Beispiel hemmt eine hohe Zinkaufnahme die Aufnahme von Kupfer. Wenn Sie 50 mg Zink am Tag supplementieren (die empfohlene Zufuhr liegt bei 8 bis 10 mg), können Sie innerhalb weniger Wochen einen Kupfermangel entwickeln. Das ist nur ein Grund, weshalb Sie sich für Ihren Nährstoffbedarf auf eine ausgewogene Ernährung stützen und Ergänzungsmittel nur zum Ausgleich etwaiger Defizite verwenden sollten.

Ernährung einfach halten

Menschen benötigen mehr als vierzig essenzielle Nährstoffe. Die meisten wissen, dass sie Vitamin C, Eiweiß und Calcium benötigen, haben aber womöglich noch nie vom B-Vitamin Biotin oder dem Mineralstoff Vanadium gehört und wissen nicht, dass sie Lebensmittel essen müssen, die sie mit diesen Nährstoffen versorgen. Und das müssen sie auch nicht unbedingt. Die meisten Nährstoffe sind in den verschiedenen Ernährungsformen problemlos verfügbar, sodass wir gar nicht darüber nachdenken müssen, wo wir sie herbekommen.

In diesem Buch konzentrieren wir uns auf neun Nährstoffe: Eiweiß, Calcium, Eisen, Zink, Jod, Alpha-Linolensäure und die Vitamine B12, A und D. Auch einige weitere Nährstoffe werden kurz besprochen, darunter DHA, eine Omega-3-Fettsäure, die nicht als essenzieller Nährstoff gilt (das bedeutet, dass zwar immer mehr darauf hinweist, dass dieser Nährstoff wichtig ist, aber noch nicht festgelegt wurde, dass er über die Nahrung zugeführt werden muss). Dabei handelt es sich um die Nährstoffe, die für Veganer besonders relevant sind und die im Mittelpunkt der veganen Ernährung stehen. Eine ausreichende Versorgung mit diesen Nährstoffen zu gewährleisten ist nicht schwierig. Sie müssen nur wissen, wie.

Nährstoffempfehlungen und Referenzwerte: Begriffserklärung

Je nach dem wissenschaftlichen Stand der Dinge ist es bei einigen Nährstoffen leichter als bei anderen, präzise Bedarfsmengen zu bestimmen. Wenn den Wissenschaftlern nicht genügend Informationen zur Verfügung stehen oder die Ergebnisse widersprüchlich sind, kann es schwierig sein, zu einer Aussage über die optimale Nährstoffzufuhr zu gelangen. Daher werden die aktuellen Empfehlungen verschiedenen Kategorien zugeteilt, die zusammenfassend als Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr bezeichnet werden:

Empfohlene Zufuhr (RDA, von Englisch: Recommended Dietary Allowance): die Menge eines Nährstoffs, die nach aktuellem Stand den Bedarf von 97 bis 98 % der Bevölkerung deckt. Sie variiert je nach Altersgruppe und Geschlecht.

Schätzwert (AI, von Englisch: Adequate Intake): Wenn es nicht genügend Informationen gibt, um eine empfohlene Zufuhr zu formulieren, so wird vom Institute of Medicine ein Schätzwert festgelegt, der auf Studien und Beobachtungen von Ernährungsweisen gesunder Bevölkerungsgruppen beruht. Die Calciumempfehlung zum Beispiel ist ein Schätzwert, da der aktuelle Kenntnisstand bezüglich des menschlichen Calciumbedarfs widersprüchlich ist.

Sichere Höchstmenge (UL, von Englisch: Tolerable Upper Intake Level): Dabei handelt es sich um die höchste tägliche Gesamtzufuhr eines Nährstoffs, die noch als sicher eingestuft wird. Manche Nährstoffe können extrem toxisch wirken, wenn normale Mengen deutlich überschritten werden, doch eine solche übermäßige Zufuhr steht fast immer im Zusammenhang mit Nahrungsergänzungsmitteln.

Tageszufuhr (DV, von Englisch: Daily Value): Diese Referenzwerte werden ausschließlich in den Nährwertinformationen auf Lebensmittelverpackungen verwendet und basieren auf viel älteren empfohlenen Zufuhrwerten. Vitamine und Mineralien, die im Nahrungsmittel enthalten sind, werden als Prozent der empfohlenen Zufuhr angegeben. Die tägliche Referenzmenge für Calcium liegt beispielsweise bei 1.000 mg. Wenn ein Nahrungsmittel also 10 % der Referenzmenge enthält, enthält es 100 mg Calcium. Das Problem ist, dass es schwierig nachzuvollziehen ist, was diese Zahlen bedeuten, wenn Sie die Referenzwerte bestimmter Nährstoffe nicht kennen – und das steht nicht auf dem Etikett. In den nächsten Kapiteln besprechen wir, welche Nährstoffe für Veganer besonders relevant sind, und statten Sie mit den Informationen aus, die Sie benötigen, um Lebensmitteletiketten entziffern zu können.

Ernährungsstudien verstehen

In den Medien und im Internet werden wir mit Ernährungsratschlägen förmlich überrollt. Vieles davon ist widersprüchlich und häufig kommen mehrere Studien, die derselben Frage nachgehen, zu unterschiedlichen Ergebnissen.

Im Prinzip lässt sich auf praktisch jedem stark beforschten Gebiet alles belegen, einfach, indem man sich die Studien herauspickt, die die eigene Theorie stützen. Manche Unterstützer des Veganismus tun dies, um vegane Ernährungsweisen besser darzustellen, und einige Kritiker wählen völlig andere Studien, um die vegane Ernährung schlecht dastehen zu lassen.

Um Ernährungsforschung wirklich zu verstehen, müssen wir uns die gesamte Beweislage ansehen und herausfinden, was von den meisten Studien gestützt wird. Eine einzige Studie kann nur selten ausreichend Belege für eine Fragestellung liefern. Es bestehen immer Ungereimtheiten und Fehler in der Durchführung. Außerdem fallen unterschiedliche Arten von Studien unterschiedlich stark ins Gewicht. Die Stärken und Schwächen bestimmter Studientypen müssen also gegen die Stärken und Schwächen anderer abgewogen werden.

Arten von Studien

SCHWÄCHSTE EVIDENZ

Diese Studien liefern keine überzeugenden Beweise, sondern werden in erster Linie durchgeführt, um herauszufinden, ob weitere Nachforschungen berechtigt sind.

 Weder In-vitro-Studien (Studien, die in Reagenzgläsern oder Zellkulturen häufig an einzelnen Zellen durchgeführt werden) noch Tierversuche können als Basis für verlässliche Rückschlüsse auf Ernährung und Krankheit dienen. Neben ethischen Bedenken und trotz ihres verbreiteten Einsatzes können Ernährungserkenntnisse aus Tierversuchen häufig keine Reaktionen im Menschen voraussagen.

 Bei einer Fallstudie werden Patientenakten, Behandlungsverlauf und Krankheitsfolgen eines oder möglicherweise mehrerer Krankheitsfälle beobachtet und in wissenschaftlichen Zeitschriften veröffentlicht. Diese Art der Beobachtungsstudie kann häufig zur Bildung einer Basis für eine Hypothese dienen, liefert jedoch keine Belege. Berichte, die dagegen nicht in unabhängigen Fachzeitschriften veröffentlicht werden, sind lediglich Anekdoten und können keinen oder nur einen geringen Beitrag zur Ernährungswissenschaft leisten. Ein großer Anteil der Ernährungsinformationen im Internet und aus Büchern – einschließlich Büchern, die von Ärzten und anderen Medizinern verfasst wurden – basiert auf Anekdoten und nicht auf Wissenschaft.

 Ökologische (oder Korrelations-) Studien vergleichen Ernährungsgewohnheiten und Krankheitsvorkommen in Bevölkerungsgruppen. Ein Beispiel einer solchen ökologischen Studie, die vielen Veganern bekannt sein dürfte, untersuchte Hüftfrakturen und Proteinzufuhr in verschiedenen Ländern.4 Die Ergebnisse zeigten, dass die Häufigkeitsrate von Hüftbrüchen mit steigender Eiweißzufuhr zunahm. Doch anders als viele glauben, belegte diese Studie nicht, dass eine hohe Eiweißzufuhr zu brüchigen Knochen führt. (Warum das so ist, beleuchten wir in Kapitel 4.) Doch sie schaffte die Voraussetzung für klinische Studien zum Einfluss von Eiweiß auf den Calciummetabolismus.

Eine weitere Art von ökologischer Studie ist die Migrationsstudie, die untersucht, wie eine Umsiedlung die Gesundheit von Menschen beeinflusst, wenn sie sich die Nahrungs- und Lebensgewohnheiten ihrer neuen Wahlheimat aneignen. Solche Studien können dabei helfen, zu ermitteln, ob das Risiko, an bestimmten Krankheiten zu erkranken, mehr mit Genetik oder Lebenswandel zusammenhängt.

Ökologische Studien stecken voller Probleme, denn es gibt unzählige Faktoren, die die gesundheitlichen Auswirkungen beeinflussen und für die Datenanalyse nicht vollständig kontrolliert werden können. Außerdem kann eine individuelle Nahrungszufuhr nur grob geschätzt werden.

BESSERE EVIDENZ: EPIDEMIOLOGISCHE FORSCHUNG

Epidemiologische Studien können feststellen, dass zwei Faktoren gemeinsam auftreten, aber nicht, ob einer den anderen verursacht. Sie sind anfällig für Störvariablen; also etwaige unidentifizierte Probleme, die zur Assoziation zweier Faktoren führen. Wenn Wissenschaftler zum Beispiel herausfinden, dass Menschen, die nur geringe Mengen Obst verzehren, ein höheres Krebsrisiko haben, scheint die logische Schlussfolgerung zu sein, dass Obst gegen diese Krankheit schützt. Doch was, wenn die, die kein Obst essen, auch keinen Sport treiben? Es ist schwierig zu bestimmen, ob der Mangel an Obst oder an Sport oder gar eine Kombination aus beidem das Risiko erhöht.

Ökologische Studien, oben angesprochen, liefern unter den epidemiologischen Studien die schwächste Beweislage. Die folgenden drei Arten epidemiologischer Forschung liefern stärkere Belege.

 Retrospektive Studien vergleichen Essgewohnheiten von Menschen, die an einer bestimmten Krankheit leiden, mit denen von gesunden Menschen. Wenn Menschen mit Herzkrankheiten zum Beispiel öfter eine Ernährung reich an gesättigten Fettsäuren konsumieren, könnten wir daraus schließen, dass gesättigte Fette in irgendeinem Zusammenhang mit Herzkrankheiten stehen. Der größte Nachteil solcher Studien für die Ernährungsforschung ist, dass die Erinnerungen an die frühere Ernährungsweise fehlerhaft sein können, insbesondere dann, wenn sich die Ernährung über die Jahre verändert hat.

 Querschnittstudien vergleichen Essgewohnheiten und Erkrankungsraten in Bevölkerungsgruppen zu einem bestimmten Zeitpunkt. Ein Problem dabei ist, dass Menschen, die kürzlich erkrankt sind, auch erst kürzlich ihre Ernährung verändert haben könnten.

 Prospektive Studien (oder Kohortenstudien) beobachten große Bevölkerungsgruppen, die zu Beginn der Studie (zumeist) gesund sind. Im Verlauf der Studie werden die Essgewohnheiten jener Personen, die Krankheiten entwickeln, mit den Ernährungsweisen derer verglichen, die nicht krank werden. Für diese Studien sind sehr viele Testpersonen erforderlich – wir sprechen hier von mehreren Zehntausend – und sie finden über eine lange Zeitdauer statt, doch sie fallen bei Epidemiologen am stärksten ins Gewicht.

STÄRKSTE EVIDENZ: KLINISCHE STUDIEN

Randomisierte kontrollierte Studien (RCT, Englisch randomized controlled trials) sind der Goldstandard der Ernährungswissenschaft. Dabei handelt es sich um die verlässlichste Art von Studien, da Probanden zufällig verschiedenen Gruppen zugeteilt werden, deren Ernährungsweisen von der Studie bestimmt werden. Idealerweise werden diese Studien doppelblind durchgeführt; das heißt, die Testpersonen selbst wissen nicht, ob sie in der Testgruppe oder der Kontrollgruppe sind. Wenn die Wissenschaftler die Daten erfassen, wissen auch sie nicht, aus welcher Gruppe die Daten stammen, bis alle Daten erfasst und analysiert sind. Es können zum Beispiel Auswirkungen von Ergänzungsmitteln oder Nahrungsmitteln auf Krankheitsparameter wie Cholesterin oder die Knochendichte auf diese Weise untersucht werden. Diese Studien können einen immensen Einfluss haben, weshalb idealerweise jede Frage der Ernährungswissenschaft in RCTs getestet werden sollte. Leider sind sie sehr teuer und aufwendig in der Durchführung, weshalb sie häufig in geringerem Umfang und über kürzere Zeit durchgeführt werden, als ideal wäre.

Weitere Überlegungen

EIN PAAR WORTE ZU STATISTIKEN

Statistische Analysen werden immer durchgeführt, um die Wahrscheinlichkeit zu eliminieren, dass unterschiedliche Resultate nur rein zufällig aufkamen. Im Allgemeinen ist ein Befund statistisch signifikant, wenn die Wahrscheinlichkeit, dass er durch Zufall auftrat, bei weniger als 5 % liegt. Bei kleinen Studien wird es schwieriger, eine statistische Signifikanz aufzuzeigen. Wenn die Unterschiede und die Behandlung nicht statistisch signifikant sind, lautet das Fazit immer, dass es keine Wirkung gab, selbst wenn eine Behandlung Wirkung zu zeigen oder es Unterschiede zwischen Gruppen zu geben scheint.

Meta-Analysen sind eine Möglichkeit, Daten kleinerer Studien zu verwerten. Dabei handelt es sich um eine statistische Analyse einer großen Anzahl von Studien mit dem Zweck, die Ergebnisse in den Wissenspool zu integrieren. Sie werden häufig durchgeführt, um den kleinen Umfang einzelner Studien wettzumachen.

PEER REVIEW

Wissenschaftliche Fachzeitschriften stellen sicher, dass Studien glaubhaft sind und sich die Veröffentlichung lohnt, indem sie von anderen qualifizierten Forschern begutachtet werden. Die Gutachter können auf Basis ihrer Meinung vom Studienaufbau und anderen Faktoren eine Empfehlung abgeben, ob die Studie veröffentlicht werden sollte oder nicht.

WER HAT DIE STUDIE FINANZIERT?

Die meisten Ernährungsstudien werden von der Regierung finanziert, einige von der Industrie. Das ist allerdings weniger relevant, als Sie vielleicht glauben.

Die Ergebnisse sind so, wie sie sind, und der Auftraggeber kann daran nichts ändern. Den einzigen wahren Vorteil hat er darin, dass er die Daten vor Veröffentlichung einsehen kann; dadurch kann die PR-Abteilung sich darauf vorbereiten, eine Pressemitteilung herauszugeben.

Wir können also nur von der Forschung gestützte Aussagen zur veganen Ernährung machen, wenn wir in Betracht ziehen, was die meisten Studien aussagen (anstatt Schlüsse aus einzelnen Studien zu ziehen), und indem wir uns hauptsächlich auf die Studien stützen, die aller Wahrscheinlichkeit nach mit den verlässlichsten Informationen aufwarten. Auch ist wichtig, dass Studien unabhängig begutachtet und in Fachzeitschriften veröffentlicht wurden.

KAPITEL 2

PFLANZLICHES EIWEISS

Bereits vor mehr als dreißig Jahren erklärten Ernährungswissenschaftler, dass uns rein pflanzliche Nahrungsmittel mit ausreichend Eiweiß versorgen können.1 Und doch müssen sich Veganer immer wieder eine Frage anhören: »Und woher kriegst du Eiweiß?« Viele Fragen rund ums Eiweiß in pflanzlichen Ernährungsweisen entstammen einer Verwirrung darüber, was »vollständiges« Protein ist.

Vollständiges und unvollständiges Protein

Proteine bestehen aus Ketten von zwanzig verschiedenen Aminosäuren. Einige Aminosäuren können vom Körper selbst hergestellt werden (normalerweise aus anderen Aminosäuren), weshalb wir sie nicht über die Nahrung aufnehmen müssen. Andere – sogenannte essenzielle Aminosäuren (EAS) – müssen über die Nahrung zugeführt werden.

Eiweiße im menschlichen Körper haben für gewöhnlich ein beständiges Verhältnis aus EAS. Da die EAS in Tierprodukten und Sojabohnen prozentuell denen im menschlichen Körper sehr ähnlich sind, wird Eiweiß aus diesen Quellen als »vollständig« bezeichnet. Pflanzliche Lebensmittel wie Getreide, Bohnen und Nüsse haben einen geringeren Anteil an mindestens einer essenziellen Aminosäure, weshalb sie »unvollständig« sind. Bohnen (außer Sojabohnen) enthalten nur geringe Menge der EAS Methionin und Getreide ist arm an Lysin. Doch wenn Getreide und Bohnen gemeinsam aufgenommen werden, ergänzen sich ihre Aminosäureprofile zu einem »vollständigen« Mix, der gut zum menschlichen Bedarf passt.

Zu Beginn der 1970er-Jahre verbreitete das Buch Diet for a Small Planet von Frances Moore Lappé die Ansicht, dass vegetarische Mahlzeiten aus solchen spezifischen, aufeinander abgestimmten Kombinationen bestehen müssten.2 Heute wissen wir, dass die Theorie über eine solche Kombination verschiedener Eiweiße nicht falsch war, sie stellte sich lediglich als unnötig heraus. Neuere Untersuchungen haben gezeigt, dass der Körper essenzielle Aminosäuren speichert.3 Wir müssen diesen Speicher lediglich regelmäßig mit allen Aminosäuren auffüllen, daher ist es wichtig, eine große Vielfalt pflanzlicher Nahrungsmittel zu essen. Doch die alte Theorie, dass bestimmte Kombinationen aus Pflanzen – die einander ergänzenden Paare – zusammen gegessen werden müssen, stimmt nicht.

Obst ist zwar sehr eiweißarm und Öle liefern gar keines, doch alle anderen pflanzlichen Nahrungsmittel enthalten Eiweiß. Es ist ein häufiger Irrglaube, dass eine oder mehrere Aminosäuren gar nicht in Pflanzen vorkommen; das stimmt nicht. Alle pflanzlichen Eiweißquellen enthalten zumindest kleine Mengen einer jeden essenziellen Aminosäure. Sie würden sogar Ihren Bedarf an Eiweiß und allen essenziellen Aminosäuren decken, wenn Sie sich nur von einer Sache, zum Beispiel Pintobohnen, ernähren würden. Zugegeben, Sie müssten ziemlich viele davon essen: ungefähr 800 g am Tag. Das ist kaum umsetzbar, teils, weil es langweilig wäre, aber auch, weil all die Bohnen andere Lebensmittel verdrängen würden, die wir brauchen, um den Bedarf an anderen Nährstoffen zu decken. Daher ist es im Hinblick auf eine gesunde Ernährung sinnvoller, eine Vielfalt von Eiweißquellen zu konsumieren.

Empfohlene Eiweißzufuhr für Veganer

Der Eiweißbedarf wird auf Basis eines gesunden (oder »idealen«) Körpergewichts berechnet – also das Gewicht eines Menschen mit einem gesunden Anteil Körperfett. Wissenschaftler verwenden das metrische System, zur Berechnung des Eiweißbedarfs wird also das gesunde Körpergewicht in Kilogramm verwendet.

Die empfohlene Eiweißzufuhr für Erwachsene liegt bei 0,8 g Eiweiß pro Kilogramm ihres Idealgewichts. Wie die meisten anderen veganen Diätassistenten empfehlen wir Veganern jedoch eine etwas höhere Zufuhr, da pflanzliches Eiweiß nicht so gut verdaulich ist wie tierische Proteine.4 Für Veganer, die Lebensmittel wie Tofu oder Fleischalternativen aus verarbeitetem Sojaprotein essen, ist das womöglich ein geringeres Problem, da Erhitzen und Verarbeitung häufig die Eiweißverwertung verbessern. Wer sich jedoch zur Deckung des Eiweißbedarfs auf vollwertige Nahrungsmittel wie Hülsenfrüchte, Nüsse und Getreide verlässt, sollte die Verwertbarkeit dieser Eiweißquellen einkalkulieren.

Der Unterschied ist gering: Veganer sollten versuchen, 0,9 g Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht aufzunehmen. Veganer mit einem gesunden Körpergewicht von 70 kg würden damit täglich etwas mehr als 60 g Eiweiß benötigen.

Da der Eiweißbedarf von Person zu Person stark variiert, wird die empfohlene Zufuhr so festgelegt, dass sie den Bedarf von 97 % der Bevölkerung deckt und liegt damit über dem Bedarf vieler Menschen. Da wir nicht wissen, wo wir uns auf dem Eiweißbedarfspektrum befinden, und weil neuere Erkenntnisse vermuten lassen, dass die Empfehlungen zu niedrig angesetzt sind,5 fahren Sie gut damit, auf Nummer sicher zu gehen und sich nach Möglichkeit an der empfohlenen Zufuhr zu orientieren.

Bei Kindern und Jugendlichen verwenden wir eine empfohlene Zufuhr, die auf den Bedarf der verschiedenen Altersgruppen abzielt und speziell für Veganer berechnet wurde.

Eiweißempfehlungen für junge Veganer

ALTER

(JAHRE)

MÄDCHEN

(GRAMM/TAG)

JUNGEN

(GRAMM/TAG)

1–2

18–19

18–19

2–3

18–21

18–21

4–6

26–28

26–28

7–10

31–34

31–34

11–14

51–55

50–54

15–18

50–55

66–73

Bedarfsdeckung in der veganen Ernährung: Die wichtige Rolle von Hülsenfrüchten

Zwar sehen Sie im Diagramm auf Seite 31, dass viele pflanzliche Nahrungsmittel gute Eiweißquellen sind, doch Hülsenfrüchte sind besonders eiweißreich. Zu den Hülsenfrüchten gehören Bohnen, Erbsen, Linsen, Sojaprodukte (zum Beispiel Tofu, Sojamilch und vegane Fleischalternativen) und Erdnüsse. (Erdnüsse werden von den meisten als Nüsse angesehen, doch sie gehören botanisch zu den Hülsenfrüchten und haben aus ernährungswissenschaftlicher Sicht mehr mit Pintobohnen und Linsen gemein als mit Walnüssen und Pekannüssen.) Laut unserem Ernährungsleitfaden sollten Sie täglich mindestens drei bis vier Portionen dieser Nahrungsmittel essen. Eine Portion ist dabei ziemlich bescheiden angesetzt: ½ Tasse gekochte Bohnen, ½ Tasse Tofu oder Tempeh, Mini-Veggieburger (ca. 30 g), 1 Tasse Sojamilch oder zwei EL Erdnussbutter. Es ist nicht schwierig, diese Nahrungsmittel in Ihren Mahlzeiten unterzubringen. In Kapitel 7 finden Sie dazu ein paar Tipps.