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TATORT BERGKULISSE: EIN MORDFALL IM URLAUBSPARADIES DER ALPEN Auf der Alm gibt's doch a Sünd: Nach einer rauschhaften Feier auf der Innsbrucker Umbrüggler Alm wird eine Kellnerin tot im Wald aufgefunden. Zunächst deutet alles auf einen tragischen Unfall hin. Doch der Wirt will beobachtet haben, wie sich der Landeshauptmann mit dem Opfer gestritten hat ... Aber wieso hätte ausgerechnet der liebe Herr Freudenschuss die Kellnerin umbringen sollen? Hat sie etwas über den Landesvater gewusst, das nicht an die Öffentlichkeit dringen sollte? FALSCHE ALIBIS UND FREUNDERLWIRTSCHAFT ERSCHWEREN DIE ERMITTLUNGEN Als sich herausstellt, dass die Frau tatsächlich ermordet wurde, schweigt das heimische Tagblatt hartnäckig - und niemand will von unlauteren Machenschaften wissen. Dabei ist offenkundig, dass es hinter den Kulissen nicht mit rechten Dingen zugeht. ALPENKRIMI OHNE LEDERHOSEN VON JOE FISCHLER Ein klarer Fall für die LKA-Polizistin Valerie Mauser und ihren bärigen Kollegen Stolwerk, die auf falsche Alibis, verschlossene Türen, ein prall gefülltes Wespennest aus Geld- und Freunderlwirtschaft und letztlich auf ungeahnte Abgründe stoßen ... Joe Fischler liefert einen atmosphärischen Krimi mit viel Witz und Tiroler Flair vor der malerischen Alpen-Kulisse der Innsbrucker Nordkette! ********************************************* Leserstimmen: "Das Tiroler Flair ist gut getroffen, viel Witz und Humor und eine Prise Spannung geben eine gute Mischung." fredhel, lovelybooks.de "Toller Krimi, coole Darsteller, lebendig und unterhaltsam." MarkusRobinigg, lovelybooks.de "Ich habe schon die letzten Veilchen-Krimis verschlungen und sehnsüchtig auf Valeries neuesten Fall gewartet. Ich wurde nicht enttäuscht: Joe Fischler treibt die Handlung so geschickt voran, dass man das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen möchte. Die Figuren sind äußerst sympathisch und man erfährt nebenbei viel über Land und Leute." **********************************************
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Seitenzahl: 348
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Joe Fischler
Veilchens Rausch
Ein Fall für Valerie Mauser
Alpenkrimi
Af der Umbrückler Ålm ischt a Kasermannd’l
dös hockt gånz verstohl’n hintern Eisnpfannd’l
A gånz a kloans Löterl, dös kocht dir a Muaß und wenn d’davon ißt, håscht du’s G’sicht voller Ruaß
Aus „Die Kasermanndln“ von Josef Pöll
„Ich dich auch.“
Valerie Mauser küsste ihren Liebsten zum Abschied und genoss das Gefühl, genau zu wissen, dass er ihr nachstarren würde, so lange, bis sie aus der Wohnung war. Das Schicksal meinte es gut mit ihr. Es schenkte ihr glückliche Tage, aus denen Wochen und Monate geworden waren, an der Seite des Mannes, der einen wesentlichen Teil zu ihrer positiven Stimmung beitrug.
Sie sperrte hinter sich ab, nur um einen Moment später zu hören, wie das Schloss von der Innenseite aus entriegelt und fast zeitgleich wieder aufgerissen wurde. Wie verliebte Teenager küssten sie sich ein weiteres Mal. Er zog sie an sich, seine Hände drangen fordernd in ihre Afrofrisur, schoben ihre Ohren frei, dann spürte sie seine Bartstoppeln an ihrer Wange, seine Nase seitlich am Kopf, ihr linkes Ohrläppchen zwischen seinen Zähnen. Liebend gerne hätte sie seinem Drängen nachgegeben. Aber sie musste sich beeilen, wenn sie rechtzeitig im Landeskriminalamt ankommen wollte.
Nikolaus Geyer, ursprünglich ihr Mitarbeiter, nun ihr Vorgesetzter und Ermittlungspartner, legte größten Wert auf Pünktlichkeit. Eine Eigenschaft, die er vom Leiter des Landeskriminalamts, Doktor Dietmar Berger, angenommen hatte, als Geyer völlig unerwartet zum Abteilungsleiter gemacht worden war. Vor allem in der ersten Zeit war er unausstehlich zu seinen Mitarbeitern im Ermittlungsbereich Leib und Leben gewesen.
Mit gespielter Entrüstung befreite sie sich aus Sandros Armen.
„Später“, sagte sie verschwörerisch und – wie sie hoffte – mit ausreichend erotischem Unterton, drehte sich um und nahm die ersten beiden Stufen auf einmal. Noch bevor sie an Manfred Stolwerks Wohnungstür vorbeihuschte und dabei den Impuls unterdrückte, den besten, längsten und breitesten Gefährten aller Zeiten mit lautem Klopfen zu wecken, hielt sie inne, sah nach oben und warf Sandro ein letztes, fliegendes Bussi zu, dann trippelte sie weiter, leichtfüßig wie Muhammad Ali, dem Ausgang der Herzog-Friedrich-Straße 20 entgegen.
Diese beiden Männer, Sandro Weiler und Manfred Stolwerk, der eine Freund, der andere Lebensmensch, würden den Tag zusammen auf der Baustelle des Schmatzerhofs verbringen. Valerie würde erst am Wochenende wieder Zeit haben, ihnen zu helfen. Sie liebte die körperliche Anstrengung, das Klecksen, Klatschen, Rühren und Spachteln, sich die Hände schmutzig machen, belohnt von der Überzeugung, wirklich etwas geleistet zu haben. Schließlich hatte man die Früchte seiner Arbeit jeden Abend vor Augen. Was man vom Polizeidienst nicht behaupten konnte – und ehrlich gesagt auch gar nicht wollte.
Dennoch ging sie wieder gerne zur Arbeit. Trotz allem, was passiert war – und was ihr noch bevorstehen würde.
Ja, Valerie Mauser war glücklich. Vielleicht so glücklich wie noch nie in ihrem Leben.
Die Stadt begrüßte sie mit einem Schwall frühsommerlicher Luft. Selbst für den Wonnemonat war es ungewöhnlich warm. Valerie Mauser trat unter den Lauben hervor, hielt inne und schloss die Augen, inhalierte die Luft, die nach Lebensfreude roch, blies sie wieder aus. Dann musste sie weiter. Sie hängte ihre Lederjacke über die Seitentasche und joggte die ersten paar Meter Richtung Goldenes Dachl und links weiter zur Ottoburg.
Als sie vor der Fußgängerampel ihr Diensthandy aus der Jeanstasche holte, um die Uhrzeit zu prüfen, stellte sie mit Erschrecken fest, dass Nikolaus Geyer bereits zweimal angerufen hatte. Das erste Mal vor einer halben Stunde, als sie mit Sandro noch einmal im Bett …, egal – das zweite Mal erst vor wenigen Minuten.
Sie hatte auf lautlos gestellt, wie immer, wenn sie außer Dienst war. Erreichbar ja, ständig sprungbereit nein, schon gar nicht außerhalb der Bereitschaftszeiten und erst recht nicht, wenn man – so wie sie jetzt – in der zweiten Reihe stand. War Geyer nun ins proaktive Zeitmanagement übergegangen, wie es in der Managersprache hieß? Immerhin hatte sie doch noch gut drei Minuten, im Laufschritt mehr als genug Zeit, um das Landeskriminalamt pünktlich zu erreichen. Sie erinnerte sich an die Verspätung vor ein paar Tagen, für die sie nun wirklich nichts konnte. Traute er ihr nicht mehr zu, pünktlich zu sein? Oder war etwas anderes? Sie würde es wohl früh genug erfahren.
Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß, dachte Valerie, steckte das Handy zurück, merkte, dass drei Minuten doch nicht allzu großzügig für die vierhundert Meter bemessen waren, die noch vor ihr und dem Innrain 34 lagen – und nahm die Beine unter den Arm.
„Uff! Geschafft! Pfuh!“, japste sie beinahe atemlos, als sie ins Gemeinschaftsbüro stürzte. Nur Sven Schmatz war anwesend.
„Ja griaß di, Frau Mauser! Pass auf, du schleifst deine Lederjacke nach.“
„Was? Äh … oh! Danke … Hallo Schmatz! Auch schon da?“
„He! Erst seit fünf Minuten. Höchstens!“
„Aha. Und, was gibt’s? Wie geht’s Luna?“
„Gut! Und wie!“ Seine errötenden Wangen sprachen Bände. Schon klar, Valeries Tochter und er hatten letzte Nacht wieder einmal Spaß miteinander gehabt. Zweimal, sagte ihr die Färbung seines Gesichts.
Dreimal gar?
„Freut mich zu hören, Schwiegersohn.“
Er lächelte verlegen.
Er und Luna. Luna und er. Das Tempo, das Valeries Tochter und der junge Mann hier beziehungstechnisch an den Tag legten, war kaum zu überbieten. Kein Monat nach ihrem turbulenten Kennenlernen waren die beiden schon verlobt gewesen, ganz offiziell mit vorherigem Hand-Anhalten, Blumen und Bonbonniere für die Mutter. Den Verlobungsring hatte Schmatz selbst aus Holz gebastelt, und man konnte ihn fast als schön bezeichnen. Aber eben nur fast. Doch Luna Brennsteiner, vor einem knappen halben Jahr völlig überraschend in das Leben ihrer biologischen Mutter Valerie zurückgekehrt, trug den Ring mit Stolz und die Verlobung mit Fassung.
Irgendetwas musste an dem schmächtigen LKA-Assistenten dran sein, das Valerie bisher entgangen war. Seine Sommersprossen unter dem blonden Wuschelhaardach waren zwar irgendwie süß, und Valerie hatte Schmatz vom ersten Moment an in ihr Herz geschlossen, aber als Liebhaber? Nie im Leben.
Jedenfalls wuchs hinter den beiden Turteltauben kein Gras mehr. Wie viele Male mochte ihr seither schon der Spruch Liebe macht blind auf der Zunge gelegen haben, ohne die Möglichkeit, ihn auszusprechen? Sie wollte die Beziehung der beiden nicht ins Lächerliche ziehen, weder vor Sandro noch vor Stolwerk oder sonst wem. Aber der Computerfreak und die erdig-wilde Tierschützerin waren ein Paar, das seinesgleichen suchte. Wenn es liebestechnisch mit den beiden im selben Tempo weiterging, wären sie bald Eltern, und Valerie Mauser damit – kaum über vierzig – schon Großmutter! Was ihr noch weniger erschreckend vorkam als das Bild, das sich vor ihrem inneren Auge ergab, wenn sie sich die Nachkommen der beiden vorstellte.
„Was siehst du da draußen?“
Valerie schrak auf. Gedankenverloren war sie – quasi im Automatikmodus – ans Fenster getreten und hatte Löcher ins Geschehen auf der Straße unten gestarrt. „Wie? Ach … nichts. Mir ist nur gerade etwas eingefallen.“
„Jetzt, wo du’s sagst, fällt mir auch etwas ein. Der Geyer sucht dich.“
„Ist er in mein… äh – in seinem Büro?“
„Nein, er hat vorhin angerufen.“
„Hat er gesagt, was er will?“
„Nein … nur, dass du dich bei ihm melden sollst, so schnell es geht. Ich glaube, es ist ein neuer Einsatz. Irgendeine Alm, auf der er gerade ist. Mit einer Brücke.“
„Eine Brücke? Auf einer Alm?“
„Äh … ich hör dem Niki nie so genau zu, sorry.“
Valerie grinste in sich hinein. „Schon gut. Ich meld mich gleich bei ihm. Danke, Schmatz.“
Sie machte sich den Spaß, Geyer vom Apparat in seinem Büro aus anzurufen.
„Ja?“
„Guten Morgen, Herr Geyer. Mauser hier.“
„Frau Mauser! Wo waren Sie? Und was machen Sie in meinem … na ja. Ich konnte Sie heute schon zweimal nicht erreichen, Frau Mauser!“
„Ich habe pünktlich meinen Dienst angetreten, ganz nach Vorschrift, Herr Geyer!“ Die kleine böse Souffleuse auf Valeries rechter Schulter salutierte stramm.
„Ja. Also. Äh … ich brauche Sie hier.“
„Wo?“
Geyer schien durcheinanderzukommen. „Ja … auf der Umbrüggler Alm.“
„Wieso?“
Valerie hörte einen erstickten Fluch. „Eine Tote. Wir haben hier eine Tote. Und es sieht nach einem Gewaltverbrechen aus.“
Das erste Tötungsdelikt seit ihrer Rückkehr ins LKA. Sofort spitzte sie die Ohren.
„Umbrüggler Alm, sagen Sie?“
„Ja, und es wäre mir recht, wenn Sie sich einfach ins Auto setzen und kommen würden, statt dass wir hier noch eine Stunde lang Ochs vorm Berg spielen.“
Sie kannte die oberhalb der Innsbrucker Hungerburg gelegene, brandneue Luxus-Alm bereits und sah sich schon so gut wie hinter dem Steuer ihres Dienstwagens.
Dennoch gab es ein gewichtiges Hindernis.
„Herr Geyer, ich habe doch heute um zehn einen Termin beim Polizei… äh …“ Der zweite Teil des Wortes ließ viel länger auf sich warten als geplant: „…psychologen.“
Psychologe klang besser als Psychiater, der Doktor Schnitzer eigentlich war, und Geyer kannte den Unterschied bestimmt nicht.
„Ach?“
Vor ihrem geistigen Auge ratterten Geyers kleine Zahnräder im Oberstübchen.
Sie fuhr fort: „Ja, Sie wissen ja, unabdingbar.“
Genau dieses Wort hatte LKA-Leiter Doktor Berger ihr gegenüber benutzt, als er die Entscheidung im Disziplinarverfahren gegen sie verkündet hatte. Rückkehr in den Polizeidienst ja, allerdings auf Bewährung und nur als einfaches Teammitglied. Und: Eine zusätzliche, psychologische Begleitung sei unabdingbar. Doktor Berger kontrollierte streng, ob sie die Termine auch einhielt.
„Ja …“, rang Geyer hörbar mit sich selbst.
Natürlich interessierte sich Valerie viel mehr für die Leiche als den Termin bei Doktor Schnitzer, seines Zeichens Psychiater und obendrein Psychotherapeut. Andererseits führte sie ihren Chefs nur allzu gern die Lächerlichkeit ihrer Entscheidungen vor Augen. Schließlich hatte ihre eigenmächtige und regelwidrige Arbeitsweise Fälle geklärt und Menschenleben gerettet. Es war einfach nicht anders gegangen. Und der Lohn? Psychologische Gespräche zu aufs Auge gedrückten Terminen – während der offiziellen Dienstzeit. Wie sollte sie da vernünftige Ermittlungsarbeit leisten? Dazu die Degradierung und die darauf folgende Korinthenkackerei von Geyer. Als wäre sie ein junges, dummes Küken, dem gar nichts zuzutrauen war. Trotzdem war sie in der Polizei geblieben, hatte sich für den harten Weg entschieden. Weil er sich, allen Widrigkeiten zum Trotz, richtig angefühlt hatte und immer noch anfühlte. Und sicher auch, weil das Privatleben nun einen ungeahnten Stellenwert in ihrem Leben bekommen hatte.
„Ist sonst noch jemand verfügbar?“, wollte Geyer nach seiner langen Denkpause wissen.
„Nein“, gab sie reflexartig zurück, obwohl sie gerade gehört hatte, wie Kollege Eder gekommen war und sich jetzt lautstark mit Sven Schmatz unterhielt.
Sie musste die beiden übertönen. „Ach was, wir verschieben den Termin einfach. Sie sagen inzwischen Doktor Berger Bescheid, ja? Also dann, bis gleich, Herr Geyer.“
„Frau M…“, hörte sie noch, bevor sie aufgelegt hatte.
Zwanzig Minuten später stieg Valerie im Eiltempo die alte Forstschneise auf die Umbrüggler Alm hinauf. Sie hätte auch die brandneue, im Volksmund Autobahn genannte Zufahrtsstraße nehmen und mit dem Dienstwagen hochfahren können. Hätte. Hätte nicht an deren Beginn ein versenkbarer, in einen Betonblock eingefasster Poller gestanden. Auf einer Forststraße. Mitten im Wald.
„Wie die Pilze“, hatte Valerie geflucht, war aus dem Auto gesprungen und losgewetzt.
Die Wiedererrichtung der Umbrüggler Alm war eine Prestigeangelegenheit der Stadt Innsbruck, die ein riesiges, millionenteures Ufo aus Weißtanne und Lärchenschindeln mitten im Innsbrucker Wald landen hat lassen und dies zum Anlass nahm, auch gleich eine prächtige neue Forststraße zu errichten – und jedem Befahren durch Unbefugte einen Poller in den Weg zu setzen.
Gleich am Anfang der alten Schneise ging es steil bergauf. Valerie war gut in Form, was sie nicht nur der Baustelle auf dem Schmatzerhof zu verdanken hatte. Sandro und sie sportelten regelmäßig, und besonders gerne taten sie das genau in dieser Gegend, zwischen Hungerburg und Seegrube, wo hunderte kleine und größere Wege, Steige und Schneisen zum Wandern und Mountainbiken einluden und großartige Ausblicke auf die Tiroler Hauptstadt ermöglichten.
Als sich der Wald lichtete und sie nur noch ein paar Meter von der Dreier-Abfahrt, einer nur bei guter Schneelage nutzbaren Skiabfahrt zur Talstation der Nordkettenbahn entfernt war, sah sie nicht nur mehrere Menschen und Fahrzeuge auf dem Weg stehen, sondern auch vier Jeansbeine aus dem Wald ein paar Meter oberhalb der Abfahrt leuchten. Dazu vernahm sie aufgebrachte Männerstimmen.
Eine davon gehörte unverkennbar Nikolaus Geyer. „Sie können mich mal kreuzweise!“
„Ja und Sie mich erst, Sie aufgeblasener Hanswurst! Machen mir hier die ganzen Spuren madig und dann plustern Sie sich noch auf! Weg! Wegwegweg! Raus aus meinem Wald! Los!“
„Aber … das … pff … also ich“, hatte es Nikolaus Geyer hörbar die Sprache verschlagen.
Dann sah sie ihn, wie er mit seinen zarten italienischen Lederschuhen und dem maßgeschneiderten Anzug die Böschung hinunterstolperte, dorthin, wo sich schon mehrere Personen versammelt hatten.
Geyer war schon länger nicht mehr im Lot. Nicht nur, dass er sich langsam zu einem Doktor-Berger-Klon entwickelte, ihm machte auch der Mehraufwand der Abteilungsleitung und die Verantwortung zu schaffen. Valerie hätte dies mit Genugtuung registrieren können, schließlich merkte er nun selbst, welche Herausforderung so ein Führungsjob darstellte. Doch eigentlich tat er ihr leid. Geyer war kein schlechter Polizist. Er war nur ein mieser Chef, woran auch der feine Zwirn nichts änderte, in den er sich seither warf. Vorgesetzter zu sein, holte irgendwie das Schlechteste aus ihm heraus, da half auch die Verpackung nichts. Da sich Valerie aber selbst weder für die bessere Vorgesetzte noch Ermittlungsbeamtin hielt, nach allem was geschehen war – mit den Marinovs, Wolf Rock, Milan Knarr und Ex-Kollegin Prammer, für die man immer noch keinen Ersatz gefunden hatte –, hielt sie sich zurück. Ein schlechter Chef war schließlich besser als gar keiner.
„Ah, Frau Mauser, da sind Sie ja!“, gab Geyer ihr merkbar wütend zur Begrüßung hin, Valerie nickte nur und ging die letzten paar Schritte auf ihn zu, ohne ihre Hand auszustrecken.
Er konnte sich kaum beherrschen. „Ist das zu glauben? Dieser aufgeblasene Piefke von der Spurensicherung lässt uns den Fundort nicht betreten!“
Uns?, dachte Valerie, bemühte sich aber um ein verständnisvolles Gesicht. „Es gibt eine Leiche? Gewaltverbrechen, haben Sie am Telefon gemeint?“
„Sch!“, machte er und zog sie weiter den Weg hinunter, außer Hörreichweite der anderen, die sich wie auf Kommando zu Valerie gedreht und ihre Lauscher gespitzt hatten.
Geyers Wagen stand hinter einem grünen Quad der Waldwerk-Forstgenossenschaft, wiederum dahinter der Caddy von der Spurensicherung. Erst als sie die Autos hinter sich gelassen hatten, fing Geyer zu sprechen an.
„Ja, wie es aussieht, handelt es sich um ein …“
„Ja bitte? Ein?“
Er musterte sie und schien angestrengt nachzudenken. Dann holte er Luft. „Frau Mauser, halten Sie Ihre Kleidung für angemessen?“
Sie erschrak und sah an sich herab. Wet T-Shirt? Hose vergessen? Oder Schlimmeres? Aber da war nichts, das nicht so gehörte. Violettes Sommerleibchen – die Lederjacke hatte sie im Auto gelassen –, Jeans, sportliche Schuhe. Was zum Geier meinte er?
„Was meinen Sie?“, sprach sie’s aus.
„Ihr Beinkleid ist zu kurz und noch dazu zerschlissen!“
Ach das!
Valeries böse Souffleuse ließ sich Geyers Wort zerschlissen auf der Zunge zergehen und reimte einen nicht jugendfreien Kommentar hinzu, der sich um seine eigene Kleidung drehte und in Fäkalsprache endete.
„Das hat man jetzt so.“
„Ach?“
„Ach.“
„Hochwasser und ab durch den Häcksler?“
So viel Witz hätte sie ihm gar nicht zugetraut. Dabei waren ihre Jeans noch harmlos im Vergleich zu dem, was man auf Schulhöfen sah. Die Hochwasserstulpen waren schwer im Trend und die kiemenartigen Lüftungsschlitze an Knie und Oberschenkel durchaus angenehm bei diesen Temperaturen. Angenehmer jedenfalls als Geyers Cavalli, der in dieses Waldgebiet passte wie ein Ferrari in die Wüste – und ebenso von Erdflecken übersät war wie die Schuhe.
„Herr Geyer, wollen wir uns hier über Modetrends unterhalten oder das, was passiert ist?“
Valerie konnte kaum glauben, dass er ihre Frage ernsthaft würdigte und innerlich zwischen seiner lächerlichen Pedanterie und der Toten hin- und hergerissen schien. Noch einmal starrte er an ihr herab. Schließlich hatte er aber doch ein Einsehen.
„Also gut. Eine Frau, zirka zwanzig, wahrscheinlich erschlagen. Oder erstickt.“
„Erschlagen ODER erstickt?“
„Ihr Kopf war unter einem Erdhaufen. Also … nur der Kopf.“
„Wer hat sie gefunden?“
„Ein Mitarbeiter vom Waldwerk auf Inspektionsfahrt. Gegen sechs Uhr. Der Herr da oben, in Grün.“
Valerie sah zu der Personengruppe hinauf und erkannte einen Förster wie aus dem Bilderbuch, Karohemd, Arbeitshose, feste Stiefel, Hut, alles seltsam waldfarben – eine Sinfonie der Camouflage. Wenn der einen Schritt zwischen die Bäume machte, sah man garantiert nur noch sein Gesicht und den mächtigen Rauschebart herausleuchten. Der Waldmann fühlte sich von ihrer Gafferei angesprochen, nickte und kam zu ihnen.
„Grüß Gott!“, brummte er und streckte ihr die Hand entgegen.
Geyer übernahm die Vorstellung. „Herr Walkner, das ist Frau Oberstleutnant Mauser, eine meiner Mitarbeiterinnen.“
„Frau Oberstleutnant!“, sagte Walkner heiser, aber zackig. Einen klitzekleinen Moment war Valerie, als röche sie Alkohol.
„Mauser reicht“, gab sie ihm zurück und konnte sich das Stehen Sie bequem! nur mit Mühe verkneifen. „Sie haben die Leiche gefunden?“
„Das hat er mir bereits alles gesagt“, kam Geyer seiner Antwort zuvor.
Alles? Im Ernst, alles?, dachte sie. Der Förster wirkte auf Valerie ziemlich derangiert – hatte wohl tatsächlich getrunken. „Und was haben Sie so früh hier im Wald gemacht? Um sechs Uhr morgens? Ihr Fahrzeug steht talwärts, also wollten Sie gerade die Skiabfahrt hinunter, nicht wahr?“
Aus dem Augenwinkel registrierte Valerie, wie es Geyer die Sprache verschlug, genauso wie dem Waldmann, der immerhin zu einer Antwort anzusetzen versuchte.
„Ich … äh …“
Hätte er ihr jetzt von seinen Jagdpflichten erzählt, die man so früh am Morgen zu erledigen hatte und auch Skiabfahrten einschlossen, Valerie hätte ihm wohl glauben müssen. Aber Walkner kam auf keine Ausrede, schwieg sich aus und schielte – jetzt eindeutig – durch sie hindurch.
Sie kannte seinen Untersatz bereits. Das Waldwerk befuhr die Wege regelmäßig, gehörte natürlich zu den Auserwählten, die über die Poller-Barriere kamen. Sie erinnerte sich an einen Vorfall, bei dem sie von einem dieser Vehikel fast niedergemäht worden wäre, so schnell war es unterwegs gewesen.
„Haben Sie hier oben übernachtet?“, fragte sie ins Blaue hinein. „Ist wohl spät geworden gestern? Und rein blaulichttechnisch ist es besser, die Skiabfahrt als die Gramartstraße zu nehmen, wo die Kollegen gerne stehen?“
„Ich … äh … muss ich das sagen?“, wandte sich Walkner an Geyer, dieser schüttelte den Kopf.
„Das tut nichts zur Sache, Frau Mauser“, übernahm er.
Walkner fasste aus Geyers Worten neuen Mut. „Und Ihre Unterstellungen können Sie sich sparen!“
Ach, das tut nichts zur Sache?, dachte sie. „Wissen wir schon, wer die Frau ist?“, fragte sie beide Männer gleichzeitig.
Walkner sah zu Boden.
„Sie kennen das Opfer?“, bohrte Valerie auf gut Glück nach.
„Also ich … nein … ich hab nur einen roten Stofffetzen aus dem Wald herausleuchten sehen, also hab ich angehalten und nachgeschaut. Zuerst hab ich gedacht, es ist ein Plastiksack … die Leute glauben ja, nur weil nicht alle zehn Meter ein Müllkübel hängt, kann man alles auf den Boden schmeißen – dann hab ich sie da liegen gesehen. Mit dem Kopf unter der Erde. Also hab ich gleich den Notruf gewählt und nichts angefasst. Ich schwör!“
„Sicher, dass Sie die Frau noch nie gesehen haben?“
„N… ich meine ja! Wie denn, wenn ihr Kopf eingegraben ist?“
Nun, da habt ihr Männer ja noch andere Anhaltspunkte, dachte sie, beschloss aber, es vorerst dabei zu belassen. „Sie kommen trotzdem nochmal bei mir im Büro vorbei“, sagte Valerie, die sich ärgerte, von Geyer vorschnell abgewürgt worden zu sein. Was etwas zur Sache tat und was nicht, wusste man oft erst viel später, nachdem man Leuten wie Walkner ein Loch in den Bauch gefragt hatte. Was Geyer als guter Polizist eigentlich wissen sollte. Oder war das hier ein Männerding? Eine kleine Machtdemonstration? Eine Retourkutsche dafür, dass sie früher seine Chefin gewesen war?
Wie auch immer, sie kramte eine Visitenkarte aus ihrer Umhängetasche und reichte sie dem Förster.
„Also dann kann ich jetzt fahren?“, wollte Walkner wissen. „Ich muss zu einer … einer Wasserverhandlung.“ Demonstrativ sah er auf seine Uhr. „Und ich nehme am besten die neue Forststraße“, hängte er kleinlaut an und zeigte nach oben.
Geyer nickte. Valerie dachte darüber nach, was eine Wasserverhandlung sein könnte. Und ob denn niemand hier auf die Idee kam, ihn aufgrund seiner offensichtlichen Fahruntauglichkeit festzuhalten.
Dann fiel ihr noch etwas ein. „Aber Sie werden unten nicht an meinem Dienstauto vorbeikommen, es steht vor dem Poller.“
„Sie stehen VORM POLLER?“, krähte er, als hätte sie ihm gerade gestanden, in seinem Wald ein kleines Lagerfeuerchen entfacht zu haben.
„Drüber geht ja schwer“, gab sie zurück. „Herr Geyer, wie sind Sie und die Spurensicherung eigentlich daran vorbeigekommen?“, fragte sie interessehalber.
„Ich kann den per SMS runterfahren“, übernahm Walkner die Erklärung.
„Der Poller hat ein Telefon?“, staunte Valerie.
„Wenn man so will, ja. Siemens-Komplettsystem. Chip- und Barcodeleser, Fernbedienung per Funk und Mobilfunk. Alles möglich. Sie hätten mir nur wie Herr Geyer per Telefon Bescheid geben müssen, dann hätte ich Sie durchgelassen.“
Da hatte wohl jemand sein Spielzeug bekommen. Ein Poller mit Telefon. Im Wald. Schon interessant, wofür man in Innsbruck alles Geld hatte.
Valerie kramte in ihrer Tasche. „Hier, mein Schlüssel, lassen Sie ihn einfach stecken“, sagte sie, drehte den Zündschlüssel vom Bund und drückte ihn Walkner in die Hand. Ohne dessen Reaktion abzuwarten, nickte sie Geyer zu und ging zwischen den Wägen durch, näher zum Fundort hin.
„Also, was wissen wir bisher?“, fragte sie nach hinten, als sie außer Walkners Hörweite waren. Da keine Antwort kam, fasste sie ihr bisheriges Wissen zusammen: „Eine junge Frau um die zwanzig, rote Kleidung, erschlagen und/oder erstickt und gegen sechs von diesem Forstmann gefunden, der hier oben seinen Rausch ausgeschlafen hat, das Opfer vermutlich kennt, es aber nicht zugeben will?“ Was natürlich nichts zur Sache tut, lag ihr auf der Zunge, aber sie wollte Geyer nicht unnötig provozieren.
Ihr Neo-Chef schwieg. Valerie stieg die Böschung hoch.
„Wagen Sie es bloß nicht!“, donnerte es wie aus der Pistole geschossen und in perfektem Hochdeutsch aus dem Wald. Der Forensiker Bernd Spängler kannte kein Pardon, wenn jemand seinen laufenden Untersuchungen nahe kam.
„T’schuldigung, Bernd“, gab sie zurück und blieb mitten im Hang stehen.
„Ach, du bist’s, meine liebe Valerie! Oh, bitte verzeih mir die rüde Ansprache, aber dieses Rhinozeros von … warte bitte einen Moment, ja? Ich komme unverzüglich zu dir und zeige dir alles. Arrivo subito!“
Rhinozeros von Geyer. Ja, das trifft’s, dachte sie, während sie mit bemüht bedauerndem Gesichtsausdruck nach hinten sah und Geyer pantomimisch zu bedeuten versuchte, unten zu bleiben. Was diesen nur noch mehr anspornte, seine polierten Lederschuhe Spitz voraus in die Böschung zu rammen und zu ihr hochzustolpern.
Während sie warteten, ging Valerie in die Knie und versuchte, einen Blick unter den halbhohen Bäumen hindurch in den dichten Wald zu erhaschen. Tatsächlich sah man den roten Stoff des Opfers herausleuchten, jetzt erkannte sie auch einen nackten Unterschenkel, wohlgeformt, dunkel befleckt. Dazu Beine, die in weißen Schutzanzügen der Forensik steckten, vier an der Zahl. Zwei davon kamen näher. Äste raschelten, dann stand Spängler vor ihnen.
„Cara Valerie!“, sagte er, schob seinen Mundschutz nach unten und drückte ihr links und rechts ein feuchtes Bussi auf die Wangen, wobei sein Schnauzer pikste. Er war sorgfältig darauf bedacht, Geyer keines Blickes zu würdigen. „Wir sind hier gleich fertig. Komm, ich zeig dir alles.“
„Brauch ich denn keinen Anzug?“
„Aber nein, wie gesagt, gleich erledigt. Außerdem gibt’s ja nicht mehr viel zu ruinieren, das hat dein Mitarbeiter schon getan.“
Nun sah Spängler doch zu Geyer, besser gesagt, er durchbohrte ihn mit seinem Blick, gleich darauf war er wieder die Sanftmut in Person.
Hinten zwängte sich Walkners Quad millimeterknapp an den anderen Fahrzeugen vorbei und knatterte westwärts nach oben davon.
„Komm, liebe Valerie, komm!“, lockte Spängler sie in den Wald und zog einen dicken Ast beiseite, damit sie sich leichter tat.
Valerie duckte sich grinsend und schlüpfte an ihm vorbei. Wie unschwer zu erkennen war, stand sie in der Gunst des aus Deutschland stammenden Experten. Vielleicht, weil sie ihm Respekt zollte. Was man von vielen anderen LKA-Mitarbeitern nicht behaupten konnte. Spängler galt als pedantisches Ekel, viel schwerer wog jedoch die Tatsache, dass er nach den zwanzig Jahren, in denen er nun schon hier lebte und arbeitete, immer noch keinen Brocken Tirolerisch in den Mund nahm, schlimmer noch, liebend gern italienische Ausdrücke in seine Sprache einflocht – er verehrte Italien wie seine Heimat Deutschland, während ihm Österreich nur als Arbeitsland zu dienen schien. Mit ihm zu arbeiten, konnte Fluch wie Segen sein, denn seine fachliche Kompetenz war unumstritten.
„Sie nicht!“, bellte er zurück und ließ den Ast schnalzen, der auch traf.
„Aua!“, kam von Geyer, der stehenblieb und sich das Gesicht rieb. „Sie Idiot!“
„Stronzo!“
Trotz aller Vorsicht, mit der sie sich dem Fundort zu nähern versuchte, hatte sich ein verdorrtes Ästchen in Valeries blondem Afro verfangen und war abgebrochen. Sie zog es heraus, versteckte es schuldbewusst hinter ihrem Rücken und ließ es in einem unbeobachteten Moment fallen.
„So, liebe Valerie, du siehst ja die Schweinerei“, wies Spängler auf die tiefen, schmalen Fußspuren, die zweifellos von Geyers Tanzschuhen stammten und die rechte Seite der Leiche umgaben. „Wieso hat er nicht gleich eine Rüttelmaschine verwendet, um die ganze Umgebung zu plätten? Und dann gräbt er sie noch aus und dreht sie um … Incredibile!“
Spänglers Assistent machte letzte Fotos, dann rückte er ab.
Schweinerei, hallte in ihr nach. Valerie bezog die Schweinerei weniger auf Geyers Spuren als auf den Zustand der Toten, die sie gerade anzustarren schien. Trotz des verdreckten Gesichts hatte man unmittelbar den Eindruck, dass sie jung war. Und attraktiv. Um die zwanzig, wie Geyer gesagt hatte. Blasse, von Blut und Erde befleckte Haut, lange, schwarze Haare, die völlig zerzaust und verknotet abstanden, ein Teil hing in die rechte Gesichtshälfte hinein. Ein Schneewittchen, das dem Teufel begegnet war. Ihr Mund war seltsam dunkel umrandet, sah wie schwarzer Lippenstift aus, vermutlich klebte Erde an den Lippen. Die Frau trug ein weinrotes Kostüm, das nicht so recht zu ihrer attraktiv-jugendlichen Erscheinung passen wollte, die weiße Bluse war bis knapp unter die Brust hochgerutscht, offenbarte ein Nabelpiercing. Kleidung, Haar, Stellen an Gesicht und Extremitäten, fast alles war von verwitterten Nadeln der Bäume gespickt.
Zweifellos handelte es sich um ein Gewaltverbrechen: Um den Kopf des Opfers herum lag aufgehäufte Erde. Die rechte Hand stand in deutlich überbeugtem Winkel, wirkte wie eingeklappt. Gebrochen. Unter den nicht allzu langen, scheinbar nicht lackierten Fingernägeln hatte sich Dreck gesammelt. Ein Kampf, dachte Valerie sofort.
Wie es aussah, hatte Geyer die arme Frau mit bloßen Händen ausgewühlt und dann noch umgedreht. Wozu bloß?
„Wer ist sie, Bernd? Irgendwelche Anhaltspunkte?“
„Leider kann ich dir diesbezüglich keinen Gefallen tun, meine Liebe. Kein Ausweis, keine Brieftasche, kein Smartphone.“
„Wie lange ist sie schon tot?“
„An Ausprägung und Verhalten der vorderseitigen Livores gemessen ziemlich genau sechs Stunden, würde ich sagen.“
Valerie brauchte einen Moment, um seine medizinische Fachsimpelei zu entschlüsseln. Die Totenflecken ließen sich also gerade noch wegdrücken. Sie sah auf ihr Handy und rechnete zurück. Drei Uhr nachts. Was machte sie hier oben, zu dieser Unzeit?
Warum warst du hier?, fragte sie das Opfer im Geiste und registrierte ein weiteres wichtiges Detail. „Aber sie ist nicht im Erdhaufen erstickt.“
„Gut beobachtet, liebe Valerie. Keine Dunsung, keine punktförmigen Blutungen. Aber eines steht fest: Mit dem Eingraben des Kopfs wollte jemand auf Nummer sicher gehen.“
Bis auf das gebrochene Handgelenk waren keine schwerwiegenden Verletzungen erkennbar. Also fragte sie: „Wie ist sie dann gestorben?“
„Scusi, aber da wirst du die Obduktion durch den Gerichtsmediziner abwarten müssen.“
„Aber du hast doch eine Vermutung.“
„Vermuten heißt nicht wissen.“
„Bitte, Bernd.“
Sie sah ihm tief in die Augen. Er rang mit sich, schließlich gab er nach.
„Ebbene … Meinetwegen. Für dich, Cara. Schau zu“, sagte er, beugte sich zum Opfer, drehte den Kopf behutsam zur Seite und gab so den Blick auf den Hinterkopf frei, an dem ein Erdklumpen wie festgebacken schien, vermutlich von getrocknetem Blut zusammengehalten. Nicht leicht zu erkennen mit den schwarzen Haaren.
„Eingeschlagen?“
„Kann man so sagen, ja. Wie es aussieht, kommen erstrangig Schädel-Hirn-Trauma mit Hirnblutung et alia in Betracht. Aber wie ich immer sage, ich bin Archivar und kein Mediziner.“
Der studierte Physiker stellte sein Licht unter den Scheffel, aber Valerie erwiderte nichts. Sie wettete, dass der berühmte stumpfe Gegenstand später im Obduktionsbericht zu finden sein würde. So etwas gab es hier im Wald zuhauf, hauptsächlich dicke Äste und große, rundgeschliffene Steine.
Obwohl Spängler es sicher veranlassen würde, suchte sie visuell die unmittelbare Umgebung ab. Doch der rauchende Colt, ein blutverschmierter Holzprügel vielleicht, war nicht zu entdecken. Hier im steilen Gelände wäre es dem Täter ein Leichtes, sein Werkzeug mit einem einzigen, schwungvollen Wurf nahezu unauffindbar zu machen. Aber wer die Zeit und Ruhe hatte, den Kopf seines Opfers einzugraben, der kümmerte sich wohl ebenso sorgfältig um sein Mordinstrument.
„Wurde sie hier erschlagen, Bernd?“
„Es sieht so aus, sì. Obwohl der Täter sie natürlich auch hierher hätte schleppen können. Dann hätte er sie aber vorher einwickeln müssen, denn mein Assistent hat noch keine Blutspuren im weiteren Umkreis entdeckt.“
„Wie hat er den Kopf eingegraben?“, fragte Valerie. Der Waldboden unter den Nadelbäumen federte zwar angenehm, ohne Hilfsmittel konnte man ihn aber kaum aufreißen. Es sei denn, man war ein Wildschwein.
„Gute Frage. Sag mir, wie trennt man die Spuren deines Rhinozeros’ von denen des Täters?“
„Jetzt reicht’s aber!“, schimpfte Geyer von draußen, der, keine fünf Meter von ihnen entfernt, den Großteil ihrer Unterhaltung mitbekommen haben musste.
Valerie sah Spängler hoffnungsvoll an. „Was meinst du, wie?“
„Pff … so ein Affe aber auch! Stupido!“, murmelte er, dann sprach er so leise weiter, dass Geyer es garantiert nicht hören konnte: „Sieh her. Hier, die kleine, glatte Kante am Erdloch.“
„Ja, genau!“, erkannte sie. „Eine Schaufel?“
„Ein Spaten, wenn du mich fragst“, sagte er nüchtern, ohne den üblichen, besserwisserischen Unterton in der Stimme.
„Ein Spaaaten“, wiederholte sie geflissentlich und fürchtete, ihn jetzt unnötig nachgeäfft zu haben. Aber er sah nicht anders drein als sonst. „Hast du sonst noch was für mich, lieber Bernd?“
„Sì. Ein kleines, aber wichtiges Detail. Guck mal.“
Er schlug den Stoff der Jacke des roten Kostüms um. Auf der Innenseite waren zwei Wörter eingestickt.
„Was für ein Glück, dass ausgerechnet DU heute Dienst hast“, schmeichelte sie ihm, tätschelte seinen Unterarm und ging dann geduckt an ihm vorbei nach draußen. Dabei verfing sich ihr Afro schon wieder unabsichtlich im Geäst und nahm einen blinden Passagier mit …
„Und?“, knurrte Geyer sie an, als sie wieder in der Sonne stand. Zu den Leuten, die unterhalb der Böschung auf dem Forstweg standen und mit gespitzten Ohren heraufgafften, hatten sich zwei Mountainbiker gesellt.
Valerie konnte Schaulustige nicht ausstehen. Sie musste ganz nah an Geyer herantreten, um nicht belauscht zu werden. „Sie haben’s ja gehört, oder, Herr Geyer?“
„Nein, nicht alles. Also, informieren Sie mich gefälligst, Mauser“, zischte er.
Mauser. Verständlich, dass er sauer war und seine Aggressionen an irgendwem auslassen musste. Wobei er sich wohl am meisten über sich selber ärgerte. Also verkniff sie sich das FRAU Mauser!, das ihr im Reflex schon auf der Zunge gelegen war, und teilte ihm ihre Schlussfolgerungen mit.
Alle bis auf eine.
„Dann wären wir hier fertig“, kommentierte Geyer das Gehörte.
„Noch nicht ganz. Ich denke, wir sollten uns die Umbrüggler Alm näher ansehen.“
„Wozu?“
Den Sherlock-Holmes-Moment hatte sie sich bis zum Schluss aufgespart. Sie holte schon Luft, da rauschte von oben, westlich der Alm, ein dunkelgrüner Jeep heran und zog eine Staubwolke nach, im Stil eines Rallyewagens schoss er weiter auf die Skiabfahrt, näherte sich ihnen viel zu schnell und kam mit blockierenden Rädern nur knapp vor Spänglers Caddy zum Stehen. Die Tür wurde aufgerissen, und heraus sprang ein viel zu groß geratenes Rumpelstilzchen.
„Wer von euch Volltrotteln hat seinen Wagen unten mitten auf dem Weg geparkt?“, kam’s aus der Staubwolke.
„Wenn man vom Teufel spricht“, sagte Valerie vor sich hin, nachdem sie die Aufschrift am dunkelgrünen Jeep entziffert hatte.
„Was?“, fragte Geyer, da stieg sie schon die Böschung hinunter und näherte sich dem Neuankömmling mit gereckter Grußhand.
„Mauser, Landeskriminalamt. Ich bin der Volltrottel.“
„Oh. Ach so. Ja.“ Er schüttelte ihr verlegen die Hand. Sein Blick wanderte von ihren Jeans nach oben und blieb an ihrer Frisur kleben. Er war also einer von der Sorte, auf die ihr blonder, ausladender Afro eine magische Anziehungskraft hatte.
Die Augen sind hier unten, meinte die böse Souffleuse.
„Dann haben Sie Walkner getroffen? Hat er mein Auto umgeparkt?“, fragte Valerie.
Der Mann nickte nur einmal, dafür deutlich.
„Hat er Ihnen was gesagt?“
Jetzt schüttelte er ebenso deutlich den Kopf. „Den Vogel hab ich ihm gezeigt, dem alten Bsuf!“
Valerie bemühte sich um ein ernstes Gesicht. „Und wer sind Sie?“, fragte sie, obwohl sie es wusste. Jeder, der nur oft genug in der Gegend unterwegs war, kannte ihn.
„Ja, der Zartl halt.“
„Derzartlhalt?“, ließ sie den notorisch polternden Almpächter auflaufen.
„Korbinian Zartl.“
„Und was machen Sie hier?“, gab sie die Ahnungslose.
„Ja, siehst du … sehen Sie nicht, was auf meinem Auto steht? Von der Alm bin ich halt. Und jetzt muss ich rauf, aufräumen und aufsperren. Eh schon zu spät alles. Also, schaut’s, dass weiterkommt’s, ha! Vertreibt’s mir ja die Gäste auch noch … Ah, griaß di, Michl! Wie das falsche Geld, de Arbeitslosen, ha!“, begrüßte er einen der Mountainbiker lautstark. „Kehrt’s dann eh gleich bei mir zu, ha!“
Der beschäftigungslose Bergradler und sein Kollege nickten untertänigst und grüßten zurück.
Allzu weit schien es mit Zartls Kombinationsgabe nicht her zu sein. Sonst hätte der Polizeiauflauf hier, so knapp unterhalb seiner Alm, möglicherweise Fragen aufgeworfen. Aber das Einzige, woran er sich interessiert zeigte, war der ungestörte Betrieb seiner Alm. Er hatte sich bereits umgedreht und schritt entschieden zu seinem Jeep zurück.
„Stopp!“, bellte Valerie in dem Tonfall und der Intensität, mit der man Kinder vor roten Fußgängerampeln zum Erstarren brachte, und erzielte beim Almpächter genau dieselbe Wirkung.
Korbinian Zartl, von seinen Stammgästen Korbl genannt, war ein Wirt von der Sorte Gockel: immer darauf bedacht, am höchsten Punkt des Misthaufens zu stehen. Sein rauer Charme und grobschlächtiges, aber durchaus gepflegtes Äußeres machten ihn für sein weibliches Publikum auf seltsame Weise attraktiv – und verschafften ihm Respekt unter der Männerschaft. Auf Valerie hatte er weder die eine noch die andere Wirkung.
Erst jetzt bemerkte sie, dass ihr energisches Stopp! zur Folge hatte, dass sämtliche Anwesenden Zartl und sie anstarrten, als hätte jemand die Glocke am Boxring geschlagen.
Sie trat näher an Zartl heran und sah zu ihm hoch. Er würdigte sie keines Blickes. Geyer, in dessen Gesicht ein großes Fragezeichen stand, kam zu ihnen.
Valerie sprach leise, aber bestimmt. „Es ist besser, wenn wir oben in der Alm weiterreden. Ich … wir haben da noch ein paar Fragen an Sie, Herr Zartl.“
Er überlegte kurz, nickte den Bikern nochmals mit gespielt freundlichem Ausdruck zu und willigte ein. „Von mir aus kommt’s mit, aber die Autos sollen sich von da heroben schleichen, und zwar dalli!“, bellte er und deutete auf Geyers und Spänglers Dienstwägen.
Eine Viertelstunde später war der Almpächter nicht mehr wiederzuerkennen.
„Tot?“
„Ja. Leider ist jeder Zweifel ausgeschlossen.“
Valerie hatte Geyer und Zartl zugleich eingeweiht, dass auf der Innenseite der Kostümjacke der Toten die beiden Wörter Umbrüggler Alm eingestickt waren. Da die Personenbeschreibung auf eine von Zartls gestrigen Aushilfen passte, hatte Geyer dem Almwirt ein Handyfoto gezeigt, anhand dessen der Wirt das Opfer sofort als Victoria Schwarz identifizierte und sich gleich anschließend einen vierfachen Vogelbeerschnaps hinunterkippte. Valerie und Geyer hatten dankend abgelehnt.
„Aber das kann ja gar nicht sein.“
„Wieso?“
„Ja weil ich sie erst vor ein paar Stunden noch gesehen hab.“
„Ja? Und wo?“, mischte sich Geyer ein.
„Na DA halt, wo sonst, ha?“, wies er mit einer ausladenden Bewegung auf den Raum, in dem sie saßen.
Draußen ging einer der beschäftigungslosen Mountainbiker die Panorama-Glasfront entlang, die den Innenraum vom Balkon trennte, legte die flachen Hände an die Seiten seines Gesichts und gaffte zu ihnen herein, gefolgt von Winken und pantomimischer Darstellung der Konsumation größerer Biermengen. Der Wirt holte theatralisch aus, der Biker verstand und schlich sich.
„Es ist ja auch erst vor ein paar Stunden passiert“, gab Valerie zu bedenken.
Zartls Mimik zeigte tiefe Betroffenheit. „Aber wer macht denn so was? Des arme Madl!“, schluchzte er ganz und gar ungockelhaft in sein Stofftaschentuch.
An Valeries Kopfhaut kitzelte es. Sie griff hin und spürte etwas Hartes, kam aber nicht richtig heran. Bewegte es sich? Sie nahm die zweite Hand zu Hilfe, wühlte sich durch ihren Afro, zog das Ding heraus, erschrak und ließ es fallen … ein großer Käfer purzelte auf den Tisch, kohlrabenschwarz … das Kerlchen hatte sie garantiert aus dem Wald mitgenommen. Obwohl sie sich weder vor Gekreuch noch Gefleuch ängstigte, bekam sie Gänsehaut, als sie beobachtete, wie er seine Beinchen durch die Luft schleuderte und dann eines – oder zwei? – lang machte, um sich aus der misslichen Rückenlage zu befreien. Der Krabbler kippte auf die Beine, eilte davon und stürzte sich in Kamikaze-Manier vom Tisch.
Valerie tat so, als sei nichts gewesen, und schaute sich um. Auf den Tischen und der Bar standen noch jede Menge Gläser und Geschirr, der Boden war dreckig und die Luft abgestanden. „Was war denn hier los gestern?“, fragte sie den Wirt und hoffte, dass er sich inzwischen etwas beruhigt hatte.
„Ja, eine pipifeine Feier haben wir gehabt, halt. Zweihundert Aufgmaschelte in Spendierhosen. Das gibt’s auch nicht jeden Tag. Deshalb hab ich die Victoria als Hilfe geholt. Mei, des arme brave Madl! Und ich bin schuld! Ich werd mir das nie verzeihen, dass ich sie hergerufen hab. Nie!“ Am Schluss brüllte er fast und donnerte seine Faust auf den Tisch. Valerie und Geyer zuckten synchron zusammen, dann war es mucksmäuschenstill.
Bis Geyers Handy klingelte. Er sah aufs Display, schoss auf und entfernte sich.
Valerie wandte sich wieder dem Almwirt zu. „Woher kennen Sie Frau Schwarz, Herr Zartl?“
„Die Victoria … sie hat bei uns ihr Praktikum gemacht. Vor ein paar Jahren, vor der Matura, wo sie noch in die Tourismusschule gegangen ist halt … mei, es ist so schlimm!“
„Hat sie nach der Schule öfter bei Ihnen ausgeholfen?“
Zartl schwieg. Die Frage war ihm sichtlich unangenehm.
„Herr Zartl, ich bin nicht von der Finanzpolizei. Wir müssen Victorias Mörder finden.“
Er nickte, dann holte er Luft. „Ja. Ich hab sie immer anrufen können, wenn viel los war. Selbst jetzt, wo sie studiert hat, war sie immer froh um das Geld. Und die Gäste haben sie so gern mögen! Mei na!“, stieß er aus und vergrub sein Gesicht wieder.
„Betreiben Sie die Alm alleine?“
„Nein … meine Frau Maria ist auch mit dabei. Und ein Koch und ein ständiges Serviermadl. Aber die kommen heut später, es packt eben nicht jeder so einen Abend wie gestern.“
„Und was genau war das für eine Feier?“
„Sehen S’ ja eh die Wimpel, oder? … TYROVALUE!“, antwortete er, als erklärte das alles, und deutete auf ein Tischfähnchen.
„Ja?“
„Der Immobilienfonds. Die Gstopften, die alles leerkaufen bei uns und dann ihre Anteile als Wertpapier verscherbeln“, sagte er.
Valerie wusste das schon, schließlich kam TYROVALUE oft genug in den Medien vor, gerade in den letzten paar Monaten, in denen Wohnraum in Tirol dank dieser Firma unleistbar geworden war.
„Und was haben die gestern zu feiern gehabt?“
„Einen Rekord. Fünf Milliarden Immobilien oder so. Und dazu den Kursrekord von ihrer Aktie halt.“
„Da haben die’s sicher krachen lassen“, ließ sich Valerie mehr zu einem Kommentar als einer Frage hinreißen und dachte an Leonardo DiCaprios Eskapaden in The Wolf of Wall Street. Wo Geld und Aktien zusammenkamen, da wurden wilde Partys geschmissen, überall auf der Welt.
Der Wirt nickte wissend.
„Was halten Sie von TYROVALUE?“, fragte sie ihn.
„Nichts … ich mein, neutral bin ich halt. Ich kann dazu nichts sagen. Schaut alles gut aus, und jeder freut sich.“
„Sind Sie selbst auch Aktionär?“
Er lachte bitter. „Schau ich so aus, als könnt ich mir Aktien leisten, Frau Mauser? Hier, die Alm, ist meine einzige Aktie. Und die ist teuer genug. Wissen S’, was die Stadt mir an Pacht abknöpft? Rechnen S’ sich die Kaspressknödl aus, die ich im Monat verkaufen muss, damit sich das ausgeht. Aber schlucken S’ vorher eine Valium … Also ganz offen gesagt, ich bin heilfroh um Veranstaltungen wie gestern. Da bleibt wenigstens einmal was hängen. Und deshalb sag ich Ihnen sicher nichts Negatives zu TYROVALUE!“
„Und wer war gestern da?“
„Alle.“
„Alle?“
„Ja halt alles, was einen Namen hat. Sagen Sie mir irgendein Gfrieß, das bei uns regelmäßig aus der Zeitung lacht, es war gestern garantiert da heroben.“
Valerie hatte keine Lust auf ein Ratespiel. „Haben Sie gleich mal ein paar Namen für mich?“, fragte sie und klappte ihr Notizbuch auf.
„Ja … halt … der Bürgermeister … der Chef vom Fonds, Goldschmied heißt der, glaub ich, mit seinem Handlanger … dann der Schönschauger Luis mit seiner Band … fast alle Landesräte … der Zeitungskaiser … der Landeshauptmann …“
„Freudenschuss?“, platzte Valerie spontan heraus.
„Der ist doch überall, wo der blaue Rauch aufgeht“, kommentierte Zartl mit ernster Miene. Seine Abneigung war deutlich abzulesen.
Schon klar, zwei Prachtgockel in ein und demselben Raum, das ging sich nicht aus.
„Herr Zartl, wir brauchen eine Liste mit allen Anwesenden. Bis wann können Sie mir die schicken?“
„Pff, ich hab doch keine Ahnung, wie die alle genau heißen!“
„Vielleicht machen Sie die Aufstellung zusammen mit Ihrer Frau und den anderen Bediensteten? … Es wäre wirklich wichtig, um den möglichen Täterkreis eingrenzen zu können.“
„Na, keine Chance. Sie haben ja keine Ahnung, was wir gestern alles zu tun gehabt haben! Ein Bienenstock ist ein Altersheim dagegen! Da kann man keine Namen auswendig lernen … warum fragen S’ nicht bei TYROVALUE nach? DAS sind Statistikmenschen, die haben sicher alles ganz genau parat.“
Valerie gab ihm insgeheim Recht. Aber ob sich der Täter auf die offizielle Gästeliste setzen hat lassen? „Trotzdem. So viel wie geht, Herr Zartl. … Hat eigentlich jemand Fotos gemacht?“
„Ja sicher. Der Sellewohl von der Zeitung war mit seinem Chefknipser da. Ich denk, die haben alles fotografiert. Das Wichtigste jedenfalls. Und garantiert ist der Sellewohl auf allen Gruppenbildern mit drauf, der eitle Hund. Am Wochenende soll eine große Beilage kommen. Wegen der Rekorde und der schönen Feier. Endlich einmal eine gscheite Werbung für mich, und dann passiert so was! … Die Victoria! … Nein, es ist schrecklich. Schrecklich!“