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Besuchen Sie Venedig – solange es noch steht!Herbert Rosendorfer versieht seine aktualisierte und überarbeitete Einladung, Venedig zu besuchen, mit dem Appell: »Dringend!« Noch gibt es Venedig, diese Stadt, die längst zum Traum ihrer eigenen Schönheit und zum Wunder einer »Inszenierung« des Lebens geworden ist. Herbert Rosendorfer nimmt uns mit auf die verschlungenen Wege ihrer Entwicklung und Topographie und zeigt uns die Kunst gewordene Wirklichkeit ihrer Paläste, Kirchen und Museen. »Venedig sehen und sterben«, war das Motto früherer Besucher. Rosendorfers Buch verwandelt es in die Mahnung: »Venedig sehen, bevor es stirbt«.
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Seitenzahl: 98
Herbert Rosendorfer
Eine Einladung
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Titelseite
Über Herbert Rosendorfer
Über dieses Buch
Inhaltsverzeichnis
Impressum
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Herbert Rosendorfer, 1934 in Bozen geboren, war Jurist und Professor für Bayerische Literaturgeschichte. Er war Gerichtsassessor in Bayreuth, dann Staatsanwalt und ab 1967 Richter in München, von 1993 bis 1997 in Naumburg/Saale. Seit 1969 zahlreiche Veröffentlichungen, unter denen die ›Briefe in die chinesische Vergangenheit‹ am bekanntesten geworden sind. Herbert Rosendorfer, Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste sowie der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz, wurde mit zahlreichen bedeutenden Auszeichnungen geehrt, u.a. dem Tukan-Preis, dem Jean-Paul-Preis, dem Deutschen Fantasypreis, dem Bundesverdienstkreuz Erster Klasse und zuletzt 2010 mit dem Corine-Ehrenpreis des Bayerischen Ministerpräsidenten. Er lebte seit 1997 mit seiner Familie in Südtirol und starb am 20.9.2012 in Bozen.
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Herbert Rosendorfer versieht seine aktualisierte und überarbeitete Einladung, Venedig zu besuchen, mit dem Appell: »Dringend!«
Noch gibt es Venedig, diese Stadt, die längst zum Traum ihrer eigenen Schönheit und zum Wunder einer »Inszenierung« des Lebens geworden ist. Herbert Rosendorfer nimmt uns mit auf die verschlungenen Wege ihrer Entwicklung und Topographie und zeigt uns die Kunst gewordene Wirklichkeit ihrer Paläste, Kirchen und Museen. »Venedig sehen und sterben«, war das Motto früherer Besucher. Rosendorfers Buch verwandelt es in die Mahnung: »Venedig sehen, bevor es stirbt«.
Widmung
Karte
I. Kapitel
II. Kapitel
III. Kapitel
IV. Kapitel
V. Kapitel
VI. Kapitel
VII. Kapitel
VIII. Kapitel
IX. Kapitel
X. Kapitel
XI. Kapitel
XII. Kapitel
XIII. Kapitel
XIV. Kapitel
XV. Kapitel
XVI. Kapitel
Epilog
Meinem Freund Erik Jayme gewidmet
In Erinnerung an gemeinsame Tage in Venedig und an Lorenzo Perosi
1 Caffè Quadri
2 S. Maria della Salute
3 S. Pietro di Castello
4 Piazza S. Marco/S. Marco
5 Rialto
6 S. Bartolomeo
7 Piazetta di S. Marco
8 Campanile
9 Dogenpalast
10 Seufzerbrücke
11 Due Colonne
12 Caffè Florian
13 Caffè Lavena
14 Civico Museo Correr
15 Fondaco dei Tedeschi
16 S. Silvestro
17 S. Zaccaria
18 Hotel Danieli-Excelsior
19 Riva degli Schiavoni
20 S. Giorgio dei Greci
21 Hotel Gabrielli-Sandwirth
22 S. Francesco della Vigna
23 S. Maria Formosa
24 S. Giovanni e Paolo
25 Scuola di S. Marco
26 S. Maria dei Miracoli
27 Ca’ d’Oro
28 Madonna dell ’Orto
29 S. Alvise
30 Ghetto
31 S. Geremia
32 Palazzo Labia
33 S. Maria di Nazareth (Scalzi)
34 Ca’ Pesaro
35 Campo S. Giacomo
36 S. Maria Gloriosa dei Frari
37 Scuola di S. Rocco
38 S. Sebastiano
39 Ca’ Rezzonico
40 Accademia
41 S. Trovaso
42 S. Maria del Rosario »Gesuati«
43 Guggenheim-Museum
44 Palazzo Grassi
45 S. Samuele
46 Hotel Gritti (Palazzo Gritti)
47 Campo S. Stefano/S. Stefano
48 Accademia-Brücke
49 Palazzo Corner della Ca’ Grande
50 Hotel Bauer-Grünwald
51 S. Moisè
52 Harry’s Bar
53 Il Redentore
54 Fondazione Cini
55 Campo Manin
56 Palazzo Contarini del Bovolo
57 S. Giorgio Maggiore
58 Piazzale Roma
59 Hotel Cipriani
Es gibt Zeiten, da sind alle Touristen verflogen. Dennoch geht die Sonne unter, wie die (wie sagt man?) Verantwortungsträger es gern sehen. Aber er schaut nicht hin; er sitzt wahrscheinlich im Caffè Quadri und denkt bei einem Arbeitsessen darüber nach, wie man die letzten Horrornachrichten am besten unter den Teppich kehren kann. Auch die vier, fünf Venezianer, die am Anlegesteg der Linie 82 an S. Giorgio Maggiore stehen, schauen nicht hin. Sie haben das ja jeden Tag. Der Canale della Giudecca plätschert schwarz gegen die Pfosten, die Silhouetten der Dogana und der Salute ragen wie ausgefeilt gegen einen Stahlhimmel, wie von Canaletto gemalt. Von oben senkt sich die Dämmerung, und hinten im Westen breitet sich ein Band von rotem Brokat quer über den Himmel. Es ist so schön, dass einem jedes Wort vergeht.
Aber alles täuscht. Venedig ist eine Inszenierung, ist immer eine Inszenierung gewesen, weswegen viele, die nicht genau genug nachdenken können, nur Flitter und Glitzerkram gesehen haben. Venedig ist eine Inszenierung, aber Venedig hat die Realität, das Leben inszeniert. Echt und falsch verschränkt sich in Venedig. Alles täuscht, vor allem täuscht die Täuschung, und eine vorgetäuschte Täuschung ist das Echte. Von einem der berühmtesten Venezianer gibt es eine – von ihm selber erzählte – Anekdote. Von Giacomo Casanova ist die Rede. Auf einer Gesellschaft in Paris wurde Casanova einem verarmten französischen Herzog vorgestellt, Ritter des Ordens vom Heiligen Geist, dessen Ordenskleinod, das er am Rock trug, allerdings aus Strasssteinen und Blech war. Casanova schmückte sich gern mit einem erfundenen Orden, den er sich selber verliehen hatte. Das Kleinod an Casanovas Rock war aus Gold und Brillanten. »Sehen Sie«, sagte Casanova, »Ihr Orden, Monseigneur, ist echt, aber falsch. Meiner ist falsch, aber echt.« So vernetzt ist falsch und echt in Venedig.
Venedig kann es nicht geben, denn man kann keine Stadt ins Wasser bauen. Aber Venedig gibt es doch. Venedig ist das Trugbild der Realität, aber dadurch, dass die Täuschung echt wird, bringt Venedig die Wirklichkeit hervor. Venedig ist die Stadt als Ding an sich. Venedig ist die Stadt, die es gibt, weil es sie nicht gibt. Venedig war das, was die Welt als letzte Blüte der Schönheit hervorgebracht hat. Es ist nur folgerichtig, dass Venedig als Erstes von unserer Welt zugrunde gehen wird. Diese Einladung nach Venedig kommt zu spät, denn Venedig wird nicht untergehen, Venedig ist schon untergegangen, man will es nur noch nicht wahrhaben, insbesondere die Verantwortungsträger nicht, die immer noch im Caffè Quadri beim Arbeitsessen sitzen.