Vergessene Berge - Wolfgang Rosenwirth - E-Book

Vergessene Berge E-Book

Wolfgang Rosenwirth

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Beschreibung

Überlaufen und touristisch übererschlossen. Das trifft auf viele Alpenregionen zu. Doch es gibt sie noch, die urtümlichen Ecken, wo die Natur noch wild sein darf, wo in Bergdörfern die Zeit stehen geblieben ist und wo das Erlebnis Berg noch ein Abenteuer ist. Dieser Band stellt Ihnen 18 "vergessene" Gebirge der Alpen vor und zeigt Ihnen, wie Sie diese auf Tages- und Mehrtagestouren erleben und durch sanften Tourismus bewahren können.

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Bergeinsamkeit über dem Gardasee, am Ostgrat des Monte Caplone (Tour 20)

Gotlind Blechschmidt (Hsg.)

VERGESSENE BERGE

Unberührte Wanderparadiese in den Alpen entdecken

Inhalt

Vorwort

Einführung

DIE TOUREN

Bayerische VoralpenEugen E. Hüsler

1Ein Aussichtsbalkon in den Ammergauer Alpen

2Der König und sein Komponist

3Krapfenkarspitze & Co.

4Ein Grenzgang der besonderen Art

Lechtaler AlpenGotlind Blechschmidt

5In den Namloser Bergen

6In der Liegfeistgruppe

Totes GebirgeSusanne Posegga

7In der Mondlandschaft des Toten Gebirges

GesäuseSusanne Posegga

8Bergauf und bergab durch den Nationalpark Gesäuse

Der Triglav-NationalparkMartin Sinzinger

9Im Angesicht des Triglav

10Herrliche Natur im Dolina Triglavskih Jezer

Pesariner DolomitenEugen E. Hüsler

11Rund um den Creton di Culzei

12Ein Klettersteig der Sonderklasse

Lienzer DolomitenSusanne Posegga

13Wilde Lienzer für zahme Wanderer

DolomitenEugen E. Hüsler

14Unterwegs auf dem Sellaband

15Die Route der Signora Paolina

16Wo die Dolomiten am wildesten sind

Belluneser DolomitenEugen E. Hüsler

17Alta via delle Dolomiti Bellunesi

PalagruppeMartin Sinzinger

18Val Venegia: Liebliches Tor zum Hochgebirge

19Variation der Palaronda

GardaseebergeEugen E. Hüsler

20Fast 2000 Meter hoch – der Monte Caplone

21Vergessene Aussichtswarte

22Die große Reibn

23Berühmter Gipfel, einsamer Weg

Südlicher AdamelloMaria & Wolfgang Rosenwirth

24Überschreitung des Monte Boia

25Um den Cornone di Blumone

26Vom Monte Bazena zum Monte Frerone

27Blaue Juwelen in den Brescianer Voralpen

Brescianer VoralpenMaria & Wolfgang Rosenwirth

28Aussichtsbalkon über dem Iseosee

Bergamasker AlpenMaria & Wolfgang Rosenwirth

29Stolze Berge, steile Hänge

MedelgruppeMichael Pröttel

30Durchquerung der Medelgruppe

31Auf den Spuren des Paters

Adula-AlpenGotlind Blechschmidt

32Auf das Rheinwaldhorn

Tessiner AlpenGotlind Blechschmidt

33Auf den Spuren der Transhumanz

34Via Alta Vallemaggia

Grajische AlpenGotlind Blechschmidt

35Auf den Rocciamelone

36Kulturelle Erkundungen um Usseglio

SeealpenGotlind Blechschmidt

37Großartige Rundtour über das Kloster Sant’Anna

Register

Impressum

Die Gletscher der Eiszeit hinterließen dieses große Kar im Toten Gebirge. (Tour 7)

Kurz vor dem Gewitter im weitläufigen Valle di Cadino, südlicher Adamello (Tour 26)

Am Abstieg vom Cimone della Bagozza, Bergamasker Alpen (Tour 29)

Der Schiederweiher im Stodertal spiegelt die markante Spitzmauer-Ostwand. (Tour 7)

Valle del Gleno mit der zerstörten gleichnamigen Staumauer, Bergamasker Alpen (Tour 29)

Vorwort

»Wo Wandern ein Abenteuer ist …« Im vorliegenden Buch »Vergessene Berge« stellen Ihnen, liebe Leserin und lieber Leser, drei Autorinnen und vier Autoren 19 Gebirge in den Alpen vor, die fast alle nicht vor unserer Haustür liegen. Von den Bayerischen und Lechtaler Alpen ausgehend reichen sie über das Gesäuse im Osten bis zu den Seealpen ganz im Südwesten des 1200 Kilometer langen Alpenbogens. Alle sind sie irgendwie »vergessen«, nämlich von deutscher Seite aus abgelegen, übergangen und vernachlässigt, und finden in der alpinen Wanderliteratur im Allgemeinen wenig Beachtung. Insider hingegen wissen schon seit geraumer Zeit, welche herrlichen Wanderungen man in diesen wilden, urtümlichen Gebirgen abseits touristischer Hotspots unternehmen kann und wie sehr sie sich von den gewohnten Unternehmungen unterscheiden. Sicher sind auch dort, je nach Lage und Saison, mal mehr – meist einheimische – oder weniger Wanderer unterwegs. Aber im Allgemeinen geht es eher ruhig zu, und das ganze Drumherum ist auch ein anderes: Statt breit ausgebauter Wege mit umfangreicher Seilbahninfrastruktur gibt es vorwiegend schmale Bergpfade und wenig oder keine Aufstiegshilfen; man schläft nicht in hotelähnlichen Unterkunftshütten, sondern in einfacheren Berggasthäusern und Talunterkünften oder Biwakhüttchen; anstelle von Halligalli wie in Ischgl & Co. finden traditionelle, tief berührende Almfeste statt. Die Zeit scheint hier ein wenig stehen geblieben. Durch die weitere Anfahrt – gern mit öffentlichen Verkehrsmitteln – handelt es sich in den seltensten Fällen um Tages- oder Wochenendtouren, und so ergibt sich ein gutes Verhältnis zwischen der Anreisezeit und der Zeit am Berg. Und warum nicht nach einer Woche im Adamello in die Tessiner Alpen wechseln und den Bergurlaub dort fortsetzen? Wer mehrwöchige Bergauszeiten schon einmal erlebt hat, weiß um ihren Erholungswert. Man muss ja auch nicht jeden Tag am Berg unterwegs sein, sondern legt Ruhetage ein, spürt in den Tallagen interessante Ecken und Winkel auf und geht auf kulturelle Wanderschaft. Jedes der hier vorgestellten vergessenen Gebirge hat seine ureigene Charakteristik und bietet alles andere als Einheitsbrei. Es erwartet Sie eine entsprechend interessante Lektüre: Nach einer Kurzvorstellung des jeweiligen Gebirges folgen Wandervorschläge unterschiedlicher Dauer, ferner Infos zu Anreise und Aufenthalt unter Aspekten der Nachhaltigkeit. So sind auch Dorfläden, Käsereien sowie spezielle bzw. preisgünstige Unterkünfte und lokale Initiativen aufgeführt. Sanfter Tourismus wie hier vorgeschlagen gibt manchen von der Bevölkerung weitgehend verlassenen Gegenden eine Überlebenschance und stärkt die lokale und regionale Wirtschaft. Alle Touren wurden von den Autorinnen und Autoren abgegangen und sorgfältig dokumentiert; Veränderungen im Gelände sind aber jederzeit möglich. Das Autorenteam verspricht Ihnen einmalige Wanderabenteuer und tiefe Eindrücke, von denen Sie lange zehren werden. Und Vorsicht – es entwickelt sich schnell ein gewisser Suchtfaktor!

Viel Freude in den »Vergessenen Bergen« wünschen

Gotlind Blechschmidt, Eugen E. Hüsler, Susanne Posegga, Michael Pröttel, Maria und Wolfgang Rosenwirth und Martin Sinzinger

Einführung

Ausrüstung und OrientierungWas die Schuhe angeht, sind feste, über den Knöchel reichende Wanderschuhe mit gutem Profil nötig, bei der Gletschertour aufs Rheinwaldhorn allerdings steigeisenfeste Schuhe. Für einige Touren genügen auch Multifunktions- oder Approachschuhe. Auf die Mitnahme anderer spezieller Ausrüstung oder von Teleskopstöcken wird jeweils in den Infokästen hingewiesen. Stöcke sind bei langen Abstiegen und auch auf Schneefeldern sehr nützlich. In den Rucksack gehören ein Erste-Hilfe-Set, ferner eine Rettungsdecke oder ein Biwaksack sowie eine Taschenlampe und eine Trillerpfeife (auch für das Abgeben von Notfallsignalen); gern auch eine Reepschnur mit einem Karabiner und natürlich ausreichend Getränke und einige Energieriegel, dazu höhenangepasste warme Kleidung (Mütze, Handschuhe) und ein Regenschutz. Ein Handy (inklusive Karten- oder Tourenportalen als Apps) mitzunehmen ist nützlich, aber man sollte sich gerade in den vergessenen Bergen nicht auf die Netzabdeckung verlassen! Daher empfiehlt sich die Mitnahme der jeweiligen topografischen Karte und ausgedruckter Tourenbeschreibungen. Wer sich nicht die betreffende Karte kaufen möchte, kann sich unter Umständen auch einen Kartenausschnitt online heraussuchen und ausdrucken.

Onlinekarten:

Deutschland (Bayern):

https://geoportal.bayern.de/bayernatlas Frankreich: https://www.geoportail.gouv.fr Italien (Piemont): https://webgis.arpa.piemonte.it/Geoviewer2D/index.html

Italien (Bozen):

http://gis2.provinz.bz.it/geobrowser Italien (Südtirol): https://www.sentres.com/de/suedtirol/karte

Österreich: www.austrianmap.at Schweiz: https://map.geo.admin.ch Slowenien: http://www.geopedia.siwww.alpenkarte.euhttps://mapcarta.com

Schwierigkeiten und GehzeitenDie Touren reichen von Talwanderungen über Klettersteige bis zu einer leichten Gletscherhochtour – dazwischen liegt ein ganzes Spektrum an Routen verschiedener Schwierigkeitsgrade. Im Allgemeinen befinden sie sich mit teils schmalen Bergwegen auf steileren Abschnitten und kurzzeitigen Versicherungen im mittleren Bereich. Schwere Touren verlaufen öfters im absturzgefährdeten Gelände, sind häufiger mit Versicherungen oder kleinen Kletterstellen gespickt, und dauern auch länger. Die Angaben zum Tourencharakter in den Infokästen liefern weitere Hinweise dazu.

In der Schweiz geben die einheitlich gestalteten Wegweiser eine Grundeinteilung vor: Die »normalen« Bergwanderwege sind auf gelben Schildern mit weiß-rot-weißen Wegmarkierungen ausgewiesen, alpine Routen auf blauen Schildern mit weiß-blau-weißen Markierungen. Ferner gilt eine Einteilung von T 1 bis T 6, wobei Bergwandern die Stufen 1 bis 3 und Alpinwandern die Stufen 4 bis 6 umfasst. Die Gesamtbewertung einer Route richtet sich nach dem Spitzenwert der Hauptkriterien. Weitere Informationen unter: www.sac-cas.ch/de/ausbildung-und-sicherheit/tourenplanung

Für die vergessenen Berge gilt, dass steile Grashänge, Schrofengelände oder exponierte Gratpassagen vor allem an Regentagen oder bei Gewitter gefährlich und schwieriger werden können als angegeben. Da kann es schnell einmal zu heiklen Situationen kommen. Das Gelände sollte absolut beherrscht werden, und auch die eigene psychische Konstitution spielt eine wichtige Rolle.

Die Gehzeiten sind ohne Pausen gerechnet und geben lediglich eine Richtschnur. Sie können sich deutlich verlängern, wenn man beispielsweise doch einmal den Weg suchen oder ein Gewitter abwarten muss. Neuschnee und einfallender Nebel verlängern eine Bergunternehmung ebenfalls. Oder es ist aber irgendwo so schön, dass man einfach länger als gedacht verweilen möchte.

Tümpel beim Passo del Termine mit Scaglia und Cornone di Blumone, südlicher Adamello (Tour 25)

Bergfrühling in der Pala-Gruppe: Abstieg ins Val Garès (Tour 19)

Tourensaison und WetterDie Tourensaison richtet sich ganz klar nach Höhenlage und Charakteristik der jeweiligen Tour. Für die meisten eignet sich allerdings nur die Zeit ab Mitte Juni bis Herbst oder bis zum ersten Schneefall. Falls Übernachtungen in Hütten notwendig sind, ist man auf deren Öffnungszeiten angewiesen, es sei denn, es gibt Winterräume. Das bedeutet allerdings, mehr Gepäck dabeihaben zu müssen (evtl. Kocher, Lebensmittel). Früh in der Saison liegt in den Höhenlagen womöglich noch Schnee und macht manche Passagen im Extremfall unpassierbar. Im Herbst wiederum kann ein früher Wintereinbruch die Pläne vereiteln.

Im Juni und Juli ist die Blumenpracht in den Bergen am schönsten, dann kommen Blumenliebhaber voll auf ihre Kosten – im Herbst wiederum bestechen die klare Luft und die Färbung der Laubbäume und Lärchen. Allerdings sind die Tage schon deutlich kürzer. »Goldener Oktober« gilt nicht überall, in den Seealpen ist dann schon mit Regenphasen zu rechnen. Zur Hochsaison im Juli und August sind mehr Menschen unterwegs (vor allem in der Schweiz um den Nationalfeiertag am 1. August und in Italien in der Woche mit dem 15. August, Ferragosto). Andererseits hat es auch seinen Reiz, in der Hochsaison zum Beispiel Tanz- oder sonstige Folkloreabende, Wallfahrten und Patroziniumsfeste mitzuerleben, wodurch sich in jedem Fall Einblicke in die Kultur der bewanderten Region eröffnen. Es heißt immer, die Wetterentwicklung im Auge zu behalten (ein Höhenmessgerät, das mittels Luftdruckmessungen funktioniert, leistet hier gute Dienste – zeigt das Gerät nach einer Übernachtung oder auf einem Gipfel eine deutlich höhere als die tatsächliche Höhe an, dann ist ein Tiefdruckgebiet im Anmarsch und man muss mit Regen rechnen). Bei Grattouren ist die Einschätzung der Gewittergefahr besonders wichtig. Achten Sie auf hohe Quellwolken, die sich ab Mittag entwickeln, und auch auf mögliche Risiken, die sich entlang von metallenen Versicherungen entwickeln können! Man sollte am besten stets vor einer Tour die einschlägigen Wetter-Webseiten besuchen und auch Webcams, an denen sich die Höhenlage der Schneedecke ablesen lässt.

www.alpenverein.de

www.alpenverein.at

www.wetter.orf.at

www.provinz.bz.it

www.arpalombardia.it/Pages/Meteorologia/Previsioni-e-Bollettini.aspx/topPagina (Lombardei)

www.meteoschweiz.ch

www.meteosvizzera.admin.ch/home.html?tab=overview (Tessin)

www.accuweather.com

www.mountain-forecast.com (Sechs-Tage-Prognose, auch mit Angaben über Windchill und Temperatur in einzelnen Höhenlagen; in die Suchmaske einen Gipfel des gewählten Gebietes eingeben)

Bergrettung und alpines NotsignalEs empfiehlt sich, die hier angegebenen Notrufnummern ins Mobiltelefon einzuspeichern. Wenn eine davon in einer Notsituation gewählt werden muss, sollte man die Antworten auf die folgenden fünf »W-Fragen« parat haben: 1. Wer ruft an? (Nennen Sie Ihren Namen und Standort) 2. Wo ist das Ereignis? (Hierzu sollte man die Ortsangabe möglichst genau angeben, z. B. die GPS-Koordinaten) 3. Was ist geschehen? (Beschreiben Sie knapp das Ereignis und das, was Sie konkret sehen) 4. Wie viele Betroffene? (Schätzen Sie auch die Verletzungen der betroffenen Personen und geben Sie deren Alter an) 5. Warten auf Rückfragen (legen Sie nicht gleich auf, die Notrufmitarbeiter benötigen von Ihnen vielleicht noch weitere Informationen!) Sollte in einer alpinen Notlage bei einer der Touren kein Mobilfunknetz bestehen, ist das alpine Notsignal zu senden, also sechsmal pro Minute in regelmäßigen Abständen ein akustisches oder optisches Signal abzugeben, dann eine Minute zu warten und das Signal zu wiederholen. Das Antwortsignal besteht aus drei akustischen oder optischen Zeichen pro Minute.

Allgemeine europäische, kostenfreie Notrufnummer: 112 (funktioniert auch mit leerer Prepaidkarte und auch bei sehr schwachem Netz) Österreich: Alpinnotruf 140, Rettung 144 Italien: 118

Schweizerische Rettungsflugwacht REGA: 14 14

Die Haindlkarhütte im Nationalpark Gesäuse (Tour 8)

Frankreich: 15

Notruf-Apps: zum Beispiel SOS-EU-ALP über https://www.leitstelle.tirol/news/sos-eu-alpnotruf-app-fur-tirol-bayern-und-sudtirol oder https://echosos.com/de

UmweltschutzEs versteht sich von selbst, keine Spuren außer den Fußspuren zu hinterlassen, weder unterwegs noch beim Aufenthalt in einer bewirtschafteten oder gar unbewirtschafteten Hütte. Nehmen Sie allen Müll wieder mit ins Tal! Das gilt auch für Papiertaschentücher. Sie verrotten nämlich erst nach einem bis fünf Jahren. Nehmen Sie auch ruhig einmal fremden Müll mit. Unter Felsen versteckte Plastikflaschen lassen sich zusammentreten und beanspruchen dann im Rucksack kaum Platz.

Beachten Sie die jeweils gültigen Regeln, wenn Sie in einem Naturpark oder gar Nationalpark unterwegs sind, zum Beispiel auch, was Feuermachen oder wildes Zelten anbelangt. Stören Sie keine Tiere und lassen Sie nicht Ihre Hunde frei laufen! Pflanzen darf man nicht entnehmen, aber natürlich gern fotografieren. Benutzen Sie keine Abschneider. Bei Gewittern oder Starkniederschlägen entwickeln sie sich zu Bachläufen und führen zu Erosion.

Wenn es irgendwie geht, nehmen Sie bitte schon zur Anreise die öffentlichen Verkehrsmittel! Besonders bei Überschreitungen stellen sie ihre Vorteile unter Beweis. Wie entspannend, eine »Bergfahrt« mit einer Zugreise beginnen und aufhören zu lassen.

Die bei Autofahrten herausgeschleuderten Emissionen kann man bei Portalen wie myclimate oder anderen kompensieren. Das gespendete Geld kommt Klimaschutzprojekten zugute …

Unterwegs in den Vette, in der Bildmitte das Cimónega-Massiv (Tour 17)

Bayerische Voralpen

Eugen E. Hüsler

Eine so große wie stille Gratwanderung in den Bayerischen Voralpen: vom Galgenstangenkopf zur Krapfenkarspitze

Bayerische Voralpen

Berge zwischen Trubel und Stille

An einem Föhntag brauchen die Münchner nicht an den Tegernsee oder nach Garmisch zu fahren, um ihren Bergen nahe zu sein. Es reicht ein Besuch des Olympiaturms, 32 Sekunden Liftfahrt bis zur Aussichtsplattform 185 Meter über Grund. Da stehen sie dann am südlichen Horizont, schön aufgereiht und fast zum Greifen nahe, die Bayerischen Alpen, angeführt von der Zugspitze.

An- und Rückreise

Mit Bahn und Bus: Sowohl per Bahn als auch mit dem Bus sind die Ortschaften in den Bayerischen Voralpen bequem erreichbar. Von München führen Bahnlinien nach Oberammergau, Garmisch-Partenkirchen, Kochel, Lenggries, Tegernsee und Schliersee–Bayrischzell.

Mit Pkw: Wer mit dem eigenen Fahrzeug anreist, kommt ab München am bequemsten über die A 95 bzw. die A 8 ins Zielgebiet.

Nachhaltige Übernachtungsmöglichkeit, Einkehr, Einkaufen

Das Alpenvorland ist ein Top-Reiseziel. Entsprechend besteht ein breitgefächertes Angebot, von der AV-Hütte (am Berg) bis zur Luxusherberge mit Wellnessoase im Tal. Viele Almen bieten im Sommer Brotzeiten und Getränke an. Ein paar Einkaufstipps: Holzofenbrot (Adolf-Link-Hütte, Spitzing, www.alpenverein.de), Marmeladen und Aufstriche (Genussschmelzerei Essendorfer, Schliersee-Neuhaus, www.essendorfer.de), feine Käse (Tölzer Kasladen, Bad Tölz, www.toelzerkasladen.de), Weine und Delikatessen (Wein & Lukull, Lenggries, www.weinundlukull.de), Eybel Schokoladenquelle (Waakirchen, www.trueffel.de), Käse, Joghurt, Butter (Schaukäserei Ettal, www.schaukaeserei-ettal.de)

Ausrüstung

Normale Bergwanderausrüstung

Karten und Literatur

Eugen E. Hüsler, Isarwinkel, Rother Wanderführer; Hildegard Hüsler, Wanderführer Isarwinkel und Tegernseer Berge, Bruckmann Verlag AV-Karten Bayerische Alpen 1:25 000, Blätter 7, 9, 12, 13

Kontakt

Regionale bzw. örtliche Tourismusbüros, z. B. www.ammergauer-alpen.de, www.bad-toelz.de, www.lenggries.de, www.tegernsee.com

Ihr Gipfel liegt gut 90 Kilometer vom Olympiagelände entfernt, die Liftfahrt vom Eibsee herauf dauert – trotz modernster Technik – etwas länger als jene am Olympiaturm. Noch erheblich mehr zieht sich an schönen Sommertagen die Anreise, und wer Pech hat, verbringt kostbare (Frei-)Zeit mit nervender Parkplatzsuche.

Das gilt auch für Erholungssuchende, die den Walchensee ansteuern. Er hat sich in den letzten Jahren zu einem der absoluten Hotspots des bayerischen Wochenendtourismus entwickelt, die 28 Parkplätze am Südufer sind im Sommer bei Schönwetter rappelvoll, auf dem Wiesenstreifen zwischen Straße und Wasser räkeln sich Jung und Alt, mehr oder minder bekleidet, es riecht nach Sonnencreme. Draußen auf dem See wird eine neue Sportart geübt, auf einem Board stehend: SUP.

SUV und Wohnmobile verstopfen derweil Straße und Parkflächen. Heile Bergwelt? Die beginnt erstaunlicherweise bereits ein paar Schritte vom See entfernt. Das Baumgrün schluckt den Lärm, dafür zwitschert und pfeift es in den Bäumen, untermalt vom Gurgeln eines Bergbachs. Ein dicker Ameisenhaufen demonstriert eindrucksvoll, wie Gewusel nach einem (geheimen) Plan völlig lautlos funktioniert.

Nur frühmorgens einsam: der Herzogstand. Tiefblick auf den Kochelsee

Wege in die EinsamkeitEs gibt sie, auch in den Bayerischen Voralpen, und manchmal beginnen sie da, wo der Trubel am größten ist. Wer kennt schon den vielleicht schönsten, garantiert intimsten Ausguck hoch über dem Walchensee? Natürlich sind damit nicht die beiden absoluten Hotspots der Region gemeint, auch nicht der Simetsberg. Letzterer bietet übrigens – wenn Tageszeit und Lichteinfall stimmen – beim Abstieg einen Tiefblick auf den See, den man nur magisch nennen kann. Wie ein blauer Spiegel liegt das Gewässer da, eingebettet in verschattete, dunkle Waldhänge. Mit dem Fernglas lässt sich mit etwas Glück ziemlich genau im Osten, am bewaldeten Hang des Rautbergs, zwischen den Baumwipfeln die kleine Hütte mit dem ganz großen Walchenseeblick entdecken – ein echter Geheimtipp. Also bitte nicht weitersagen …

Erbe der WittelsbacherEin besonders weitläufiges Wandergebiet sind die Ammergauer Alpen, einst das bevorzugte Jagdrevier der bayerischen Könige. Auch im Vorkarwendel gingen die Wittelsbacher gern hoch zu Ross auf die Pirsch. So mancher der kunstvoll angelegten Reitwege blieb erhalten, andere sind längst verfallen, wie etwa der Herzogsteig unter der Schöttelkarspitze. Wer die Soiernseen mit dem Drahtesel ansteuert, folgt den Spuren des Märchenkönigs Ludwig II. Der hatte es allerdings weniger mit der Jagd; er ließ sich lieber – so heißt es zumindest – bei Vollmond in einem Boot übers Wasser rudern. Dabei kam ihm wohl die Idee einer Seebühne, um in der großen Bergkulisse Wagners Oper »Rheingold« aufführen zu lassen. Das Spektakel hätte man sich sogar von der Schöttelkarspitze aus anschauen können. Die bekam einen Pavillon, für dessen Bau man die Bergspitze um ein paar Meter abtragen musste. Ludwigs kunstvoll angelegten Reitweg nutzen heute die Wanderer; vom Pavillon, der bei einem Unwetter abbrannte, ist lediglich eine etwa drei Meter lange Eisenstange übriggeblieben. Das Soiernhaus – heute eine in Ehren ergraute Alpenvereinshütte – diente dem Monarchen als Unterkunft, das Gesinde war in einem Nebenhaus untergebracht.

Ein prächtiger Falter: der Admiral

Auch in den Bayerischen Voralpen häufig anzutreffen: der Stengellose Enzian

Im Schatten der HotspotsStille Winkel finden sich oft auch in der Nachbarschaft stark frequentierter Wanderziele – siehe Walchensee. Während rund um den Tegernsee der Bär brummt und die Parkplätze am Spitzingsee rappelvoll sind, begegnet man westlich des Blaubergkamms, zwischen Achenpass und Schildenstein, kaum einer Menschenseele. Sogar in der Wendelsteinregion – nicht unbedingt als Diaspora zu bezeichnen – gibt es ruhige, wenig begangene Wege und einsame Berge. Ein schönes Beispiel ist da der Hochsalwand-Ostgrat, unmarkiert und mit ein paar kurzen, leichten Kletterstellen garniert. Vom Gipfel aus kann man dann zuschauen, wie die Zahnradbahn des Herrn Steinbeis (so hieß der Erbauer und Finanzier wirklich!) an der schroffen Soinwand zur Bergstation hinaufklettert. Oben wuselt es an Schönwettertagen mächtig. Wer zum Gipfel und zur ganz großen Aussicht will, muss sich auf eine Viertelstunde Kolonnenwandern einstellen.

Auch weiter westlich, an Isar und Krottenbach, lassen sich Wanderziele entdecken, die fast noch als Geheimtipps durchgehen, etwa der Aufstieg zum Delpssee oder der Moosbachsteig mit seinen zauberhaften Wasserkaskaden, die sich über sagenhafte 350 Höhenmeter aneinanderreihen. Links des Rißbachs erhebt sich, ansetzend mit dem Galgenstangenjoch, die lang gestreckte, mehrgipflige Soiernkette. Die Gratüberschreitung bis zur Krapfenkarspitze ist ein absolutes Highlight und garantiert ein paar Stunden Bergeinsamkeit.

Das gilt auch für das Estergebirge, das sich mit seinen ewig langen oder sausteilen Anstiegen als ziemlich resistent gegen Besucherinvasionen erweist. Totale Einsamkeit verheißt der Aufstieg vom Loisachtal über die Teufelskapelle zur Hohen Kisten. Im Herbst wird man da höchstens einem Jäger begegnen. Wenn der dann nicht so richtig freundlich schaut, liegt es daran, dass die Waidmänner Touristen in ihrem Revier nicht gern sehen.

Früh aufstehen!Bergeinsamkeit gibt es – kein Witz! – auch am Herzogstand, am Brauneck oder an der Rotwand. Voraussetzungen: schönes Wetter und ein ganz früher Start. In den Tag hinein wandern, aus dunkler Nacht. Du hast den Berg für dich allein, kannst mit tausend Sternen am Himmel plaudern, auf die ersten Vogelstimmen hören, zuschauen, wie es im Osten allmählich zu dämmern beginnt. Und dann das Finale. Über einem nachtdunklen Bergrücken steigt sie hoch, erst nur ein gleißender Punkt, dann zur Kugel anwachsend: die Sonne, der 150 Millionen Kilometer entfernte Fusionsreaktor. Was für ein Schauspiel!

Einen fast unwirklichen Sonnenaufgang erlebten wir vor ein paar Jahren am Jochberg. Als die Sonne frühmorgens über der Benediktenwand erschien, tauchte der Vollmond, rötlich leuchtend, gerade hinter der Zugspitze ab. Ein Gänsehautmoment in Zeitlupe, unvergesslich!

Der letzte Wildfluss Bayerns: die Isar

1 Ein Aussichtsbalkon in den Ammergauer Alpen

Was für ein Gipfelname: Rosengarten

Naturfreunde, denen die Alpen näher sind als das Watt, bekommen glänzende Augen, wenn vom Rosengarten die Rede ist: das Felstrio der Vajolettürme, Tita Piaz, die Rotwand … Aber ein Rosengarten in den bayerischen Bergen? Der ist nur gerade halb so hoch wie die Rosengartenspitze in den Dolomiten und von eher unscheinbarer Gestalt, tarnt sich auch noch mit viel Wald- und Wiesengrün.

Anforderung/Schwierigkeit

Mittel

Tourencharakter

Gipfelüberschreitung in überwiegend bewaldetem Gelände, teilweise weglos, unmarkiert. Von der Blöße am Rosengarten hübsche Aussicht

Ausgangspunkt/Endpunkt

Parkplatz (ca. 880 m) am Eingang ins Tal der Schleifmühlenlaine; Zufahrt von der B 23 (Unterammergau)

Höchster Punkt

Rosengarten (1425 m)

Länge

560 Hm auf/560 Hm ab/7 km

Dauer

Parkplatz – Schartenköpfel (1370 m) 1.30 Std. – Rosengarten 0.30 Std., Abstieg 1 Std. Gesamt 3 Std.

Einkehr/Übernachtung

Gasthof Schleifmühle, www.gasthof-schleifmuehle.de

Wetzsteinmuseum

Wissenswertes über die Wetzsteinherstellung und ihre Geschichte vermittelt das kleine Museum direkt neben dem Gasthof Schleifmühle. In Unterammergau, am Dorfplatz, steht das Dorf- und Wetzstoa-Museum; im Freilichtmuseum Glentleiten ist eine historische Wetzsteinmühle zu besichtigen (19. Jh.).

Für die Unterammergauer ist ihr Rosengarten allerdings seit Jahrhunderten ein ganz besonderer Berg. Denn an seiner Nordostflanke, an den Hängen des Schartenköpfels, ist kieselsäurehaltiges Kalkgestein aufgeschlossen, und das eignet sich hervorragend zur Herstellung von Wetzsteinen. Die findigen Bauern machten daraus ein rentables Geschäft. Der gebrochene Stein wurde geschliffen, bis 1840 von Hand, später mit wasserbetriebenen Mühlen. Die Wetzsteine entwickelten sich bald zu einem echten Exportschlager; sie fanden nicht nur in der Region Abnehmer, sondern wurden auch in die Donauländer verkauft. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts lebten in Unterammergau noch über 40 Familien neben der Landwirtschaft von der Wetzsteinschleiferei. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Produktion eingestellt: Industrielle Fertigung schlägt Handwerk.

Der RosengartenAlso auf zum Rosengarten, dem bayerischen! Der Frühlingstag verspricht viel Sonne und angenehme Temperaturen. Die 25 000er AV-Karte, Ausgabe 2009, zeigt an dem Bergstock viel Wald, wenig Fels, ein paar Forstpisten und einen Fußweg, dessen wildes Auf und Ab einiges an Spannung verheißt, aber auch Raum zum Nachdenken lässt. Zum Beispiel über den Bergwald. Der hat ja mehr als nur eine Funktion, bietet den Dörfern im Tal im Winter Schutz vor Lawinen, er liefert Brenn- und Bauholz und ist ein artenreicher Lebensraum. Hier sind nicht nur Reh und Hirsch, Birkhuhn und Wiesel zu Hause, es wimmelt buchstäblich von Leben, auch dem winzigsten. Ein toter Baum, verrottend, ernährt vielerlei Insekten; in seinem Wurzelwerk legt der selten gewordene Hirschkäfer seine Eier ab. Das Millionenheer der Ameisen ist am Waldboden und an den Bäumen unterwegs: Allesfresser und unermüdliche Arbeiterinnen. Schmetterlinge gaukeln über Waldlichtungen, der Kuckuck zählt bis dreizehn und irgendwo klopft ein Specht. Er hat es auf Borkenkäfer abgesehen, die ihre Brutgänge zwischen Holz und Rinde, zwischen Baum und Borke, anlegen.

Anfängliche WegsucheStart: Parkplatz – 100 Meter: rechts weg von der Pürschlingstraße – 200 Meter: rechts ab von der Straße in die Schleifmühlenklamm. Wir schließen das Weidegatter – und sind zu zweit allein. Bis zum Gipfel werden uns gerade mal zwei Wanderer begegnen. Und die fragen nach dem Weg, weil sie sich total verlaufen haben … Das soll den Leserinnen und Lesern dieses Buches nicht passieren, deshalb die penible Beschreibung des Einstiegs. Den Weiterweg kann man nicht verfehlen – immer der Fahrspur nach, einen Schlepplift querend und im Wald am Hang hinauf zu einer komfortablen Forstpiste. Mit ihr weiter bergan über eine Rechtskehre zur Schartenkapelle (Bildstöckl) in einer Wiesensenke. Wie weiter? Nach kurzem Suchen entdecken wir eine gute Spur, die den Nordhang des Schartenköpfels nach rechts hin zur nordwestseitigen Geländekante schneidet. Hier verlässt man sie nach links und steigt weglos über den breiten Waldrücken an. Das Gelände ist gut begehbar, wiederholt muss man allerdings umgestürzten Bäumen ausweichen.

Oben u. unten: Leben und Sterben am Berg: Wind und Wetter haben den Bäumen am Gipfelrücken des Rosengartens schwer zugesetzt.

Das Große im KleinenHildegard entdeckt am Wegesrand eine Weinbergschnecke, die gerade dabei ist, im Zeitlupentempo einen kleinen Felsen zu ersteigen. Sie trägt ein fein gezeichnetes Gehäuse in der Form einer rechtsgängigen Spirale und wird sich bald übers Grünzeug hermachen und es mit ihrer Raspelzunge abernten. Ein Eichhörnchen turnt im Geäst hoch über uns und ganz schwindelfrei, irgendwo krächzt ein Rabe, und unter meinen Füßen, im dicken Humusboden, krabbelt, frisst und stirbt es gerade millionenfach. Waldleben. »Vorsicht!«, mahnt Hildegard, weil ich, meinen Gedanken nachhängend, fast über einen Ast gestolpert wäre. Der finale Aufstieg zum Schartenköpfel ist nicht nur weglos, hier liegt auch reichlich Totholz, dazu sind ein paar kleine Felsen zu übersteigen. Dann taucht recht unvermittelt das Gipfelkreuz auf, mit Buch, aber ganz ohne Aussicht. Dafür gibt’s eine nicht zu übersehende Wegspur, die kurz hinabläuft in die moorige Senke vor dem Rosengarten und anschließend über den Nordrücken unseres Wanderziels zum Gipfel ansteigt. Noch ein Kreuz, diesmal allerdings mit Aussicht. Der »Gipfel« entpuppt sich als ein nach Süden gerichteter, weitgehend baumfreier Hang. Das war nicht immer so, wie die zahlreichen Baumleichen beweisen. Sie tragen einen Hauch von Melancholie in das schöne Landschaftsbild, machen nachdenklich. Bäume sterben halt auch, wie wir Menschen. Und sie altern wie wir, in ihrer Jugend schlank und gerade gewachsen, bilden sich mit der Zeit Runzeln auf ihrer Haut, manche werden dick oder krumm, ihre Kronen lichten sich. Dafür entwickeln sie Persönlichkeit, jeder alte Baum ist ein Unikat, keiner wie der andere, in die Ringe ist sein Leben eingeschrieben, sind Trockenzeiten und feuchte Sommer gespeichert. Jetzt liegt der Baum am Boden, abgerissen die dicken Äste, die Borke geplatzt. Seine Nadeln hat er längst verloren. Dafür grünt es gleich daneben; ein zierliches Bäumchen, keinen halben Meter hoch, macht sich auf den Weg durchs Leben. Ewiger Kreislauf.

Abstieg ins TalDas Panorama vom bayerischen Rosengarten ist typisch für Alpenrandberge: viel Baumgrün rundum, am südlichen Horizont Felsgrau. Ein Blickfang ist der Teufelstättkopf, gerade mal zwei Kilometer weg. Er gibt in etwa die Abstiegsrichtung vor. Bald kommt ein steiniger Ziehweg in Sicht. Er läuft hinab in den Graben der Kurztallaine und mündet wenig später in die Pürschlingstraße. Den Abschluss der Runde bildet der Gang durch die Schleifmühlklamm. Es gischtet und stiebt ordentlich. Dazu passt das frisch gezapfte Bier im Gasthof Schleifmühle. Das kleine Wetzsteinmuseum nebenan besuchen wir ein andermal – versprochen.

Der Herbst: ein Farbenrausch. Am Rückweg vom Rosengarten

2 Der König und sein Komponist

Der Altlacher Hochkopf

Liebhabern der Wagnerschen Klangwolken, die – aus welchen Gründen auch immer – keine Karten mehr für den »Siegfried« auf dem Grünen Hügel von Bayreuth ergattert haben, empfiehlt sich als Alternative eine Wanderung zum Altlacher Hochkopf. Voraussetzungen: Freude an der Natur und etwas Bergerfahrung.

Anforderung/Schwierigkeit

Mittel

Tourencharakter

Einsamkeit statt Trubel bietet die Klamm-, Höhen- und Gipfelwanderung. Markierte Wege, abschnittsweise auch Sandstraßen. Highlights: Aufstieg durch die Klamm der Eibenlaine, Zugspitzblick

Ausgangspunkt/Endpunkt

Niedernach (802 m) am Ostufer des Walchensees. Anfahrt durch die Jachenau

Höchster Punkt

Hochkopfhütte (1299 m)

Länge

720 Hm auf/720 Hm ab/18 km

Dauer

Niedernach – Sattel (1174 m) 2 Std. – Galgenwurfsattel 1 Std. – Hochkopfhütte 1 Std., Abstieg 1.45 Std.

Gesamt 5.45 Std.

Einkehr/Übernachtung

Waldschänke in Niedernach; unterwegs keine Einkehrmöglichkeit

Von Ludwig II., dem »Kini«, weiß man, dass er nicht nur ein Faible für Monumentalbauten à la Versailles hatte, sondern auch gern in den Bayerischen Bergen weilte, am Schachen etwa oder an den Soiernseen. Und am Altlacher Hochkopf. Da hatte sein Vater, Maximilian II., eine Jagdhütte erbauen lassen, zusammen mit einem komfortablen Reitweg von Altlach herauf. Der hat die Zeitläufe halbwegs unbeschadet überstanden, im Gegensatz zur Originalhütte aus Wittelsbacher Zeit. Von der blieben lediglich ein schwarzer Kachelofen und einige mit Ornamenten verzierte hölzerne Wandverkleidungen erhalten. Ludwig hat der Platz auf jeden Fall sehr gefallen, wie er Richard Wagner 1878 schrieb: »Auf der Höhe des Hochkopfes, der gerade im Mai so wonnig schön ist, und den Sie leider i. J. 65 in so trauervoller Stimmung und überdieß bei heftigem Sturm kennenlernten, hier also feierte ich Ihr theures Geburtsfest.«

Zwei verwandte SeelenWagner weilte auf Einladung des Königs im Sommer 1865 auf der Hochkopfhütte. Das Wetter meinte es nicht gut mit dem Meister; wenigstens kam er mit seinem »Siegfried« ein gutes Stück voran, wie er im Tagebuch notierte: »… habe ich an Siegfried sauber geschrieben; der Zauber ist gelöst.«

Ludwig II. und Richard Wagner lernten sich 1864 kennen: zwei verwandte Seelen, der König ein Fantast, der vom Ritterleben vergangener Zeiten träumte und ihm mit seinen Schlössern Leben einzuhauchen versuchte; das Musikgenie Wagner, das dem Monarchen die dazu passenden Stoffe lieferte, grandios und pathetisch vertont. Eines Königs würdig eben. Was die beiden noch verband neben der Musik: Sie konnten überhaupt nicht mit Geld umgehen.

Einsame Wege zwischen Walchensee und IsartalDa müssen wir uns keine Gedanken machen. Denn auf dieser Tour gibt’s keine Gelegenheit, Geld auszugeben. Die Hochkopfhütte der DAV-Sektion Vierseenland ist nur für Mitglieder zugänglich; den grandiosen Zugspitzblick von der Terrasse aus dürfen dagegen alle genießen, sogar ganz umsonst. Von Altlach am Südufer des Walchensees kommt man über den ehemaligen Reitweg in zwei Stunden leicht zu dem Ausguck mit Promi-Historie. Wir haben uns diesmal eine längere Variante ausgedacht, die einen facettenreicheren Eindruck der Waldlandschaft zwischen Walchensee und Isartal mit ihren Gräben, Buckeln und Hochmooren vermittelt. Ausgangspunkt ist Niedernach am Abfluss des Walchensees. Abfluss? Das Wasser der Jachen ist weggestaut, weil es für den Arbeitseinsatz im Kraftwerk am Kochelsee gebraucht wird. Wie jenes des Rißbachs, das ein paar Meter diesseits der Grenze zu Tirol gefasst und in einem langen Stollen in den Walchensee geleitet wird. Die traurige Hinterlassenschaft: ein riesiges Flussbett, 300 Meter breit, meistens staubtrocken: ein bayerisches Wadi.

Dafür plätschert die Eibenlaine munter der Jachenau entgegen, wo sie gleich ihren Namen ändert. Fast in ihrem ganzen Lauf vom Rücken des Ochsensitzer Berges herab hat sie sich tief ins mürbe Gestein gegraben. Das sorgt für recht spektakuläre Landschaftsbilder und zwingt den Weg, nicht weniger als viermal die Bachseite zu wechseln – auf schmalen, aber stabilen Brücken. Gleich nach der vierten Querung steht man am Fuß des »Turms«, eines schroffen Felsenbugs über der Mündung des Kaltwassers in die Eibenlaine. Da hinauf? Ja, und sogar auf einem ordentlichen, aber eben sehr steilen Weglein. An einem Aufschwung – der Schlüsselstelle! – sind ein paar Eisenkrampen und ein dickes Drahtseil angebracht, an dem man sich gern festhält. Noch ein Fixseil, dann geht’s ungesichert im Zickzack weiter, bis sich der bewaldete Rücken allmählich zurücklegt. Exakt am Ende der Direttissima hat jemand eine Holzbank platziert – wirklich nett! Wir nehmen das Angebot gern an, genießen die freie Sicht auf den Walchensee und einen Schluck Isotonisches. Weiter geht’s auf bequemerem Geläuf, erst auf einem breiten Ziehweg, dann auf einer noch breiteren Forstpiste südwärts zu einer namenlosen Senke über dem Isartal. Hier erteilt ein gelbes Wegschild Auskunft: Galgenwurfsattel. Hinter der Wasserscheide folgen gleich mehrere Verzweigungen in kurzem Abstand, Wegweiser und rot-weiß-rote Markierungen halten uns aber auf der richtigen Spur. Die führt erst von Osten, dann nach Süden umbiegend hinauf zur Hochkopfhütte. Sie steht am Westhang knapp unterhalb des Altlacher Hochkopfs und beglückt mit einem magistralen Blick auf Deutschlands höchsten Berg, die Zugspitze.

Der Meister war auch hier.

Abstieg über die AlmDie Sonne steht schon recht weit im Westen; Zeit, an den Abstieg zu denken. Der alte Reitweg der Herren Richard und Ludwig bietet sich an oder der Pfad Richtung Galgenwurfsattel und hinab zur Unteren Sachenbacher Alm. Hier ertönt Glockengebimmel – Jungvieh genießt die Sommerfrische: würzige Kräuter statt Silage.

Wir wandern talauswärts, folgen einer Waldstraße, die recht brutal in den Hang trassiert wurde. Sie endet im Nirgendwo über dem Zusammenfluss von Alpenbach und Eibenlaine. Ein kleiner, ziemlich ausgewaschener Weg läuft steil hinunter zur Eibenlaine. Eine Hängebrücke führt übers Wasser ans rechte Ufer. In Gedanken bin ich schon weiter, im Biergarten der Niedernacher Waldschänke. Prost!

Bayerische Bilderbuchlandschaft: der Walchensee und seine Berge

3 Krapfenkarspitze & Co.

Große Gratüberschreitung im Vorkarwendel

Hotspots gibt’s in den Bayerischen Alpen genug, aber auch Leerstellen, Bergregionen, die man als Halbwildnis bezeichnen könnte. Wenige Wege, keine bewirtschafteten Hütten, dafür jede Menge Einsamkeit. Im Vorkarwendel ist der lang gestreckte Bergkamm nordöstlich der Soiernspitze für die meisten Bergsteiger Terra incognita.

Anforderung/Schwierigkeit

Anspruchsvoll

Tourencharakter

Kammüberschreitung im Vorkarwendel mit herrlichen Ausblicken, teilweise auf alten Jagdsteigen, mit weglosen Passagen. Im Neulahnerkar und am Grat kurze Kletterstellen (I). Bergerfahrung und ein sicherer Tritt sind unerlässlich, eine ordentliche Kondition Voraussetzung. Nur bei stabilem Wetter gehen – es gibt keine Zwischenabstiege – und genügend Getränke mitnehmen. Großes Panorama von der Krapfenkarspitze, fast so schön ist die Aussicht vom Dreierspitz.

Ausgangspunkt/Endpunkt

Parkplatz an der Straße ins Rißtal, knapp 1 km vor der Oswaldhütte

Höchster Punkt

Krapfenkarspitze (2109 m) bzw. Dreierspitz (1962 m)

Länge

1650 Hm bzw. 1500 Hm auf und ab (mit bzw. ohne Krapfenkarspitze)/24 bzw. 21 km

Dauer

Rißtal – Abzweig Jagdsteig (1124 m) 2 Std. – Jägersruh (1894 m) 2.30 Std. – Krapfenkarspitze 1 Std. – Galgenstangenjoch 2.30 Std., Abstieg ins Rißtal 2 Std.

Gesamt 10 Std.

Kürzere Variante mit Aufstieg durchs Neulahnerkar 8.30 Std.

Einkehr/Übernachtung

Unterwegs keine Einkehr, Oswaldhütte an der Rißtalstraße

Herbstzeit ist Wanderzeit: Die Bäume verfärben sich, der Himmel prunkt mit tiefem Blau, ein Hauch von Melancholie liegt über der Landschaft. Also nutzt man schöne Wochenendtage für einen Ausflug in die Berge oder besser: davor. Vor dem Karwendel in jene Bergregion, die treffend Vorkarwendel heißt. Schafreiter, denkt da der Münchner Gipfelstürmer! Aber nein. Unser Ziel ist acht Meter höher, dürfte aber heute nicht (geschätzte) 300 Besucher willkommen heißen, sondern möglicherweise bloß zwei: die Krapfenkarspitze. In der 25 000er AV-Karte findet man den Berg leicht. Etwas genauer hinschauen muss allerdings, wer in der Gegend nach Wegen sucht, das beruhigende Rot markierter Wege fehlt komplett. Immerhin, ein paar gestrichelte Linien verzeichnet das Kartenblatt – wohl alte Jagdsteige aus der Zeit der Wittelsbacher. Die frönten gern der Jagd, damit das aber nicht zu mühsam wurde, mussten Wege her, möglichst geeignet für Ross und Reiter.

Wir haben kein Pferd dabei, doch ein schön angelegter Weg erfreut auch uns Zweibeiner. Beim Blick auf die topografische Karte stellt sich bloß noch die Frage: links- oder rechtsherum? Wir entscheiden uns für den Aufstieg durchs Fermerstal, weil ich mir von der langen Gratwanderung im Abstieg unverstellte Aussicht und am späteren Nachmittag gutes Fotolicht verspreche.

Ins Tal des FermersbachsWir starten an der Rißtalstraße, knapp einen Kilometer nördlich der Oswaldhütte, und folgen der Sandstraße, die das breite, meist knochentrockene Geröllbett des Rißbachs quert. Traurig. Was auf Tiroler Boden als ungezähmter Wildbach daherkommt, wird in Bayern umgehend von einem finsteren, fast acht Kilometer langen Stollen geschluckt und zum »Arbeitseinsatz« in den Walchensee geleitet. Technik contra Natur. Bei der Paindlalm biegt unser Weg ins Tal des Fermersbachs ein. Aus der breiten Piste wird bald ein Ziehweg, später ein Pfad, der nur noch sanft ansteigt und schließlich in den ersten von insgesamt fünf Gräben mündet, die in der Folge zu queren sind. Der erste ist der wildeste, der letzte der tiefste. Nach einem Höhenverlust von 80 Metern steigt man dahinter auf zu einer Geländeschulter, wo eine Forstpiste, von der Fereinalm kommend, endet.

Hinauf!Gleich am Wendeplatz der Straße beginnt der alte Jagdsteig. Im Links-rechts-Rhythmus geht’s am bewaldeten Ostrücken des Dreierspitzes bergan, mit gelegentlichen Tiefblicken in den Dreiergraben. Nach etwa einer Stunde mündet die Zickzackspur auf eine größere Lichtung; links am Waldrand steht eine winzige Ein-Raum-Holzhütte. Ein paar Serpentinen höher verzweigt sich der Weg: rechts ist richtig, verrät die topografische Karte. Nach einer längeren Hangquerung kommt man aus dem Wald und steht wenig später am Eingang ins Neulahnerkar. Wir sind schon etwas geschlaucht, und mich zwickt‘s im Wadl. Weil das Gelände nicht unüberwindlich erscheint, entscheiden wir uns für den Abkürzer durch den Karwinkel hinauf zum Grat. Und die Krapfenkarspitze? Ein andermal. Der weglose Anstieg erweist sich dann als steinig und ziemlich mühsam, der finale Felsriegel zum Grat lässt sich aber überraschend leicht bezwingen. Als Orientierungspunkt dient ein Felskopf; links dieser natürlichen Wegmarke gewinnen wir den Grat. Noch ein paar Schritte, und wir stehen auf einem namenlosen, in der Karte mit 1979 Metern eingezeichneten Mugel. Höchste Zeit für eine Schau- und Verpflegungsrast. Schön aufgereiht am südlichen Horizont stehen die Karwendelgipfel, vom Sonnjoch bis zum Wörner.

KammwandernGut einsehbar ist auch unser Weiterweg über gleich mehrere Gipfel: Dreierspitz, Baierkarspitze, Fermerskopf und zuletzt der bewaldete Galgenstangenkopf: zwei Stunden auf und ab über Schrofen, zwischen Krummholz und im Gras. Gleich hinter dem Dreierspitz heißt es aufpassen, damit man nicht ins Latschengestrüpp gerät. Der richtige Weg führt über eine kleine Felsstufe (I, Steinmännchen) hinunter in eine Mini-Scharte, dann kurz aufwärts. Am Grat geht es weiter abwärts in das Joch vor der Baierkarspitze, dann steil über die steinige Grasflanke zum Gipfel mit Kreuz. Der Fermerskopf wird ebenfalls überschritten, der Galgenstangenkopf über die von Erosion gezeichnete Ostflanke umgangen (Abstecher 10 Min.).

Zurück ins TalDieser letzte Hochpunkt erhält öfters Besuch, was man auch dem Abstiegsweg anmerkt: keine undeutliche Spur mehr, sondern ein ordentlicher Weg. Er verläuft zunächst zur Nordostkuppe des Galgenstangenjochs, bevor er – teilweise im Wald – über viele Kehren hinabzieht zur Grafenherberge. Dann geht’s im Zickzack weiter bergab, bis die Spur nach rechts abknickt und am steilen Hang hinunterläuft gegen den Dreiergraben. Unmittelbar vor der Schlucht stößt man auf den Hinweg.

Noch vor der Paindlalm tauchen wir ein in den Talschatten. Am Gipfel des Schafreiters wärmen sich die letzten Gipfelstürmer im Licht der tiefstehenden Sonne, bevor sie zur Tölzer Hütte absteigen. Beim Blick ins Fermerstal lasse ich die schönen Bilder des Tages Revue passieren: ein riesiges Spinnennetz am Weg, der wilde Wandgraben, die Gämsen im Neulahnerkar, die Aussicht vom namenlosen Rastplatz. Übrigens: Begegnet sind wir den ganzen Tag über keiner Menschenseele.

Variante mit SpitzeNatürlich lässt sich die Tour um den Schlenker über die Krapfenkarspitze erweitern: Das bedeutet anderthalb Stunden und 150 Höhenmeter mehr. Man umrundet dabei den Gipfel südseitig und steigt aus dem Sattel mit dem schönen Namen Jägersruh über die Gumpenkarspitze zum höchsten Gipfel im langen Kammrücken auf. Da und dort muss man in dem schrofigen, auch felsigen Gelände (I) die Hände zu Hilfe nehmen. Kein Problem für geübte Berggänger.

Fantastisch! Tiefblick von der Gumpenkarspitze auf die Soiernseen

4 Ein Grenzgang der besonderen Art

Vom Reitstein zur Königsalm

Viel Wald, unzugängliche Gräben, Felsen, ein paar Forstpisten – das zeigt uns die 25 000er Karte des Alpenvereins westlich vom Blaubergkamm. Aber keine markierten Wanderwege. Das macht neugierig, dürften hier doch früher Jäger (auch als gesetzlose) unterwegs gewesen sein. Also auf zur Pirsch, aber unbewaffnet!

Anforderung/Schwierigkeit

Mittel

Tourencharakter

Abwechslungsreiche Kammwanderung an der Grenze Bayerns zu Tirol, weitgehend unmarkiert. Orientierungsvermögen und Trittsicherheit unerlässlich, auch eine ordentliche Kondition. Bei Nässe nicht ratsam

Ausgangspunkt/Endpunkt

Parkplatz (830 m) an der Weißach, nahe der Abzweigung zur Königsalm

Höchster Punkt

Plattenalm (1582 m)

Länge

900 Hm auf/900 Hm ab/16 km

Dauer

Parkplatz – Mündung Albertsbach 0.30 Std. – Bodigbergalm (1214 m) 1.15 Std. – Reitstein (1516 m), 1 Std. – Plattenalm – 1 Std. Königsalm (1144 m) – Parkplatz 0.45 Std.

Gesamt 5.45 Std.

Einkehr/Übernachtung

Königsalm, im Sommer bewirtschaftet