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"Vergrabenes Gut" ist eine weitere Erzählung Paul Kellers, die vom barocken Lebensgefühl und der schlesischen Eigenwilligkeit seiner Heimat erzählt. Mitten in den Bergen in einem schönen Walddorf liegt der Zeiskenhof, der größte Bauernhof im ganzen Umkreis. Die Zeiske waren über Jahrhunderte hinweg tüchtige Wirte, hochgeachtet und grundsolide. Aber einmal, so erzählt man sich, kam der Teufel und säte Unkraut unter den Weizen: Der damalige Zeiskenbauer verlumpte den Hof bis auf den letzten Ziegel. Ein "guter" Freund hatte ihn zu Trunk, Spiel und allerlei Liederlichkeit verführt, ihm Geld auf Geld geliehen und eines Tages die Falle zugeklappt: Der Zeiskenhof war sein. Dem einzigen Sohn, dem sechzehnjährigen Wilhelm Zeiske, schenkte der neue Besitzer noch zehn Taler und schickte ihn fort. Dem jungen Zeiske gelingt es, im Dorf als Knecht unterzukommen. Eines Tages erzählt er dem Enkel seines Brotherrn von einer vergrabenen Kiste. Als der alte Fritz damals Krieg geführt habe, seien die Russen gekommen. Der damalige Zeiskenbauer hat sein ganzes Geld in Goldstücken besessen und alles vergraben – einen ganzen, bronzenen Kasten voll. Er hat aber niemanden gesagt, wo er es vergraben hat, und als die Russen kamen, wurde er totgeschlagen. 400 Morgen müsste man absuchen – fast unmöglich ...Das schlesische Lebensgefühl als heitere Anekdote kongenial wiedergegeben!-
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Seitenzahl: 34
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Paul Keller
Erzählung
Saga
Vergrabenes Gut
© 1932 Paul Keller
Alle Rechte der Ebookausgabe: © 2016 SAGA Egmont, an imprint of Lindhardt og Ringhof A/S Copenhagen
All rights reserved
ISBN: 9788711517536
1. Ebook-Auflage, 2016
Format: EPUB 3.0
Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für andere als persönliche Nutzung ist nur nach Absprache mit Lindhardt und Ringhof und Autors nicht gestattet.
SAGA Egmont www.saga-books.com – a part of Egmont, www.egmont.com
In meinem schlesischen Heimatdorf ist ein Hügel, welcher der Windmühlenberg heißt. Auf den Ehrentitel „Berg“ hat er ja wohl nicht viel Anspruch, denn er ist eben so hoch, daß man von ihm, wenn man sich auf die Zehen stellt, über unseren Dorfkirchturm hinweggucken kann. Und der ist nur 20 Meter hoch.
Aber es liegt sich gut auf dem Windmühlenberge, wenn die alte Mühle ihre großen, klapperdürren Gespensterarme hebt und dreht, ein bißchen stöhnt und ächzt wie eine alte Frau, die für ihre Kinder Brot schafft — fleißig, ehrlich und treu. Und es ist eine goldene Aussicht da oben, eine viel schönere als von manchem berühmten Berg. Genau nach den vier Himmelsrichtungen hin liegen wunderschöne Bergkuppen des Schlesierlandes: im Osten der alte Zobten, ein Riesendreieck; er steht da wie ein Winkelmaß, das der große Weltenbauherr, als er Schlesien schuf, in Gedanken stehen gelassen hat; — im Süden die einsamen Wälder des Eulengebirges, der Hochwald und der Sattelwald, die in blauer Romantik über dem rauchenden Industriegebiet von Waldenburg stehen, und im Norden die Striegauer Berge, von wo aus der Alte Fritz die Hohenfriedberger Schlacht schlug.
Mitten drin in solchem Wald- und Bergland liegt der Windmühlenberg meiner Heimat. Er ist der Rigi meiner Jugend; auf ihm hatte ich schon als Kind meine Aussichten und auch meine Blicke in ferne Zeiten. Am öftesten sann ich dem Alten Fritz nach. Hohenfriedeberg, wo sich der Zweite Schlesische Krieg entschied, kann man deutlich sehen, die alte vielumstrittene Bolkostadt Schweidnitz liegt in greifbarer Nähe, jenseits des einsamen Bergwirtshauses liegt Burkersdorf, wo der Siebenjährige Krieg zu Ende ging. Und dicht vor den Augen ist ein Dorf mit roten Dächern und einem weißen Kirchturm, ein Nestchen mit kaum ein paar hundert Bewohnern, das aber doch einen geschichtlichen Namen hat — Bunzelwitz. Dort war für Friedrich von Freußen die Zeit der größten Not. Verschanzt lag er in dem Unglücksjahr 1759 im Lager von Bunzelwitz mit einer jämmerlichen Armee von kaum noch einigen tausend Mann in Lehm und Schnee; auf dem Pfaffenberg, der auch deutlich sichtbar ist, waren oft nur Patrouillen von fünf bis zehn Mann. Und hinter dieser Spinnwebenlinie lag das Königszelt und nur ein paar Meilen dahinter Breslau, nach dem die Feinde strebten. In meinem Heimatdorf waren damals die Russen. Sie suchten den „Durchbruch“ nach Breslau und wagten und fanden ihn nicht, weil der schlaue Fuchs von Bunzelwitz sie ständig mit seinem hin- und herhuschenden Häuflein täuschte.
An der Größe und am Grausen heutiger Kriege gemessen, erscheint uns der Siebenjährige Krieg freilich als eine romantische Spielerei, aber es ging auch damals um Leben und Tod, um Sein und Nichtsein! Es brannten auch damals die Dörfer und auch damals mußten Menschen flüchten oder wurden grausam gemartert.
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