Verhängnisvolle Zärtlichkeit - Gina Schneider Frei - E-Book

Verhängnisvolle Zärtlichkeit E-Book

Gina Schneider Frei

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Beschreibung

Die taffe zielstrebige Kathrin Jordan bekam die Chance ihres Lebens. Nachdem sie in jungen Jahren einen schweren Einschnitt erleben musste, schien nun endlich das Schicksal auf ihrer Seite zu sein. Denn die Mitte zwanzigjährige angehende Journalistin durfte für das Magazin „Business Illustrierten“ den jüngsten Sohn der einflussreichsten Familie in New York interviewen. Diese Begegnung mit dem unterkühlten, arroganten Chris Morrison sollte der Ritt ihrer Gefühlsachterbahn werden. Die knisternde Spannung zwischen ihnen zog Kath magisch in seinen Bann. Was allmählich ihre eisige Festung um ihr Herz zum Einsturz brachte. Auf der rosaroten Wolke sollte die selbstbewusste junge Frau jedoch nicht verharren. Plötzlich fand sich Kath in der Unterwelt der Metropole wieder. Wo sie die Finsternis einholen sollte. Kath bekam zu spüren, das Nichts war, wie es auf den ersten Blick schien. Wird ihre frische brennende Liebe, diese Widrigkeiten überleben oder durch die gefährlichen Machenschaften zu nichte gemacht?

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Seitenzahl: 430

Veröffentlichungsjahr: 2024

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VERHÄNGNISVOLLE

DAS WAGNIS

ZÄRTLICHKEIT

Dark Romance

Mafia

© 2024 Gina Schneider Frei

Coverdesign von: DeepRose Gina

Covergrafik von: Gina Schneider Frei/ KI Canva

ISBN

 

Softcover

978-3-384-31271-6

E-Book

978-3-384-31272-3

Druck und Distribution im Auftrag der Autorin:

tredition GmbH, Heinz-Beusen-Stieg 5, 22926 Ahrensburg, Deutschland

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist die Autorin verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne ihre Zustimmung unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag der Autorin, zu erreichen unter: Gina Schneider Frei, Sternenstrasse 18, 9230 Flawil, Switzerland.

KLAPPENTEXT

Die taffe zielstrebige Kathrin Jordan bekam die Chance ihres Lebens. Nachdem sie in jungen Jahren einen schweren Einschnitt erleben musste, schien nun endlich das Schicksal auf ihrer Seite zu sein. Denn die Mitte zwanzigjährige angehende Journalistin durfte für das Magazin „Business Illustrierten“ den jüngsten Sohn der einflussreichsten Familie in New York interviewen.

Diese Begegnung mit dem unterkühlten, arroganten Chris Morrison sollte der Ritt ihrer Gefühlsachterbahn werden. Die knisternde Spannung zwischen ihnen zog Kath magisch in seinen Bann. Was allmählich ihre eisige Festung um ihr Herz zum Einsturz brachte.

Auf der rosaroten Wolke sollte die selbstbewusste junge Frau jedoch nicht verharren. Plötzlich fand sich Kath in der Unterwelt der Metropole wieder. Wo sie die Finsternis einholen sollte.

Kath bekam zu spüren, das Nichts war, wie es auf den ersten Blick schien.

Wird ihre frische brennende Liebe diese Widrigkeiten überleben oder durch die gefährlichen Machenschaften zunichtegemacht?

Trigger-Warnung

Dieser Roman beinhaltet eine Liebesgeschichte.

Dennoch ist das Lesen dieses Romans an erwachsene Personen gerichtet mit starken Nerven.

Es handelt sich um eine absolute fiktive Geschichte, wo alle Handlungen und Personen frei erfunden sind. Ich weder Gewalt, Missbrauch, Drogen oder sonstige dunkle Handlungen hier verherrliche.

Auch wenn es die Charaktere nicht gibt, wie die Geschichte selbst, NICHT DER WAHRHEIT entspricht, werden auf Themen eingegangen, welche es tatsächlich gibt und somit triggern könnten. Die Situationen sind auch sehr lebhaft und bildnerisch geschrieben, was die Trigger-Funktion bei jedem Einzelnen verstärken könnte.

Deswegen warne ich Dich hier nochmals:

Wenn Du Themen, wie vulgäre Aussprachen, psychische, körperliche und sexuelle Gewalt, wie auch andere dunkle Aktivitäten nicht verarbeiten kannst, bitte ich Dich, dieses Buch NICHT zu lesen.

Jegliche Haftung wird somit ausgeschlossen!

(Beinhaltet Szenen mit psychischer, körperlicher, sexueller Gewalt – Drogen, Waffen, Folter und Mord – vulgäre Aussprache, wie sexuellen Handlungen)

Inhalt

Cover

Titelblatt

Urheberrechte

Klappentext

Trigger-Warnung

Kapitel 1

Das Unerwartete

Kapitel 2

Das Interview

Kapitel 3

Die Morrison Brüder

Kapitel 4

Der Bericht

Kapitel 5

Unverhofft kommt oft

Kapitel 6

Komm her, geh weg

Kapitel 7

Entfachtes Feuer

Kapitel 8

Wertvolle Fracht

Kapitel 9

Tiefer Fall

Kapitel 10

Auf Aktionen folgen Reaktionen

Kapitel 11

Kalkulierbare Gefahr

Kapitel 12

Ein Luftschloss

Kapitel 13

Der aufziehende Sturm

Kapitel 14

Alles Dunkel

Kapitel 15

Gebrochenes Herz

Kapitel 16

180 Grad

Kapitel 17

Nervliche Herausforderung

Kapitel 18

Schwarze Stunden

Kapitel 19

Ein Licht am Horizont

Kapitel 20

Gentlemen's Agreement

Kapitel 21

Ende gut – alles gut

Die Autorin

Verhängnisvolle Zärtlichkeit

Cover

Titelblatt

Urheberrechte

Kapitel 1

Kapitel 21

Verhängnisvolle Zärtlichkeit

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Kapitel 1

Das Unerwartete

Die ersten Frühlingsstrahlen der Sonne küssten die noch weiße, zarte Haut von Kathrin. Unbeschwert genoss die gerade mal 16-jährige Highschool Schülerin ihren Urlaub mit ihrer besten Freundin Branda am Pool. Entspannt lagen die Schülerinnen auf ihren Liegestühlen, als eine sanfte Brise des frisch gemähten Grases in Kathrins Nase stieg. Genüsslich zog der Teenager den lieblichen Duft mit einem tiefen Atemzug in sich auf. Sofort kamen die Bilder ihrer sorglosen Kindheit in ihrem inneren Auge zum Vorschein. Immer wenn ihre Eltern als frei-schaffende Journalisten der nächsten heißen Story hinterherjagten, verbrachte Kath ihre Ferien bei ihrer Großmutter in Kentucky. Wie in einem Film sah sich Kath als kleines glückliches Mädchen über die weiten Felder der Farm toben. Auf den Äckern die lärmenden Mähdrescher, die über die goldenen Halme des Getreides fuhren. Zu gerne erinnerte sich Kathrin an die Zeit bei ihrer Granny zurück, auch wenn jedes Mal ein Fünkchen Wehmut mit schwankte. Langsam öffnete Kath ihre wässrigen Augen und schielte zu ihrer noch dösenden Freundin hinüber. Dabei fiel Kath auf, dass die Haut von Branda leicht rosa von der Sonne schimmerte. Schnell rieb sich Kath die aufkommenden Tränen weg, bevor diese über ihre erhitzten Wangen kullern konnten. Lautlos griff sie verspielt nach der Wasserflasche neben ihr. Spritzte es kichernd über die entspannt daliegende Freundin. Wie von einer Biene gestochen, hüpfte diese von dem giftgrünen Stoff auf. „Geht’s noch?“, quietschte Branda außer sich auf, strich dabei das kalte Wasser von ihrem erwärmten Körper. „Ach, tu nicht so. Es ist doch nur Wasser!“, neckte die immer noch lachende Kath kindisch. Was ihre Freundin nicht witzig fand und begann, beleidigt ihre Liege zu trocknen. „Branda“, gerade, als diese zu Kath sah, bekam die Freundin schon die nächste Ladung Wasser entgegen gespritzt. „Boah, das zahl’ ich Dir heim!“.

Besorgt betrachtete Emma Jansson die zwei spielenden Teenager in ihrem Garten, welche sich kichernd ihrer Wasserschlacht hingaben. „Wann möchtest Du es ihr mitteilen?“, erklang plötzlich leise die Worte von Peter neben ihr, als auch er die zwei Mädels beobachtete. „Ich weiß nicht, wie ich ihr das bloß sagen soll“, seufzte schweren Mutes die Mutter von Branda. Mitfühlend legte der Vater seine Hand auf die Schulter seiner Frau. „Wir müssen es ihr sagen, Liebes. Ich weiß, wie schwer es Dir fällt, da Evelyn für Dich wie eine Schwester ist.“ Die Mutter dreier Kinder schluckte schmerzlich bei den Worten über ihre Studien-Freundin. Sie legte mit Tränen in den Augen ihre Hand auf seine, „Kommst Du mit? Dann bringen wir es hinter uns.“ Einfühlsam nickte Peter, bevor er seine Frau an die Hand nahm, die Terrassentür danach leise öffnete.

Jeder Schritt zum Swimmingpool war für Emma unerträglich, auch wenn ihr Peter dabei Halt bot. Das Gelächter der Girls schallte durch den ganzen Garten. „Branda hör auf! Ich kann nicht mehr!“ Schnappend nach Luft, lachte sich Kathrin über die Fratzen ihrer Freundin einen Schranz. Doch die letzte Grimasse von Branda versteinerte schlagartig, als sie ihre mitgenommene Mutter sah. Nun drehte sich auch die noch kichernde Kath zu ihren Gasteltern um. Es wurde mäuschenstill, als Emma mit Peter die letzte der drei Stufen zum Podest nahmen. Nicht einmal mehr das Rascheln der Blätter war noch zu hören. Diese unangenehme Stille zog sich wie ein Schleier über diesen wunderschönen Frühlingsnachmittag.

Je näher die Eltern kamen, desto gravierender wurde dieses Gefühl bei ihrer Tochter. Doch Kathrin konnte ihre Gesichtszüge nicht richtig deuten, obwohl sie seit Jahren bei ihnen ein und aus ging. Nur dass etwas nicht stimmte, war auch Kath klar. „Mama, was ist?“, stieß Branda neugierig hervor, welche sich währenddessen bedrückt auf dem Liegestuhl niederließ. Emma klopfte sanft auf den Stoff, „komm, setz Du Dich zu mir, Kath“. Zurückhaltend setzte sich Kath neben Emma, während sich Branda starrend zu ihrem Vater begab. Ein eiskalter Schauer durchzog Kath, als Emma ihr betroffen die Hand auf das nackte Knie legte.

Tief durchatmen – dachte sich Emma. Mit allem Mut, den sie zusammenbrachte, probierte Emma, die richtigen Worte zu finden. „Kath, Du weißt …“ doch sie musste den Satz abbrechen. Bedauernde Tränen schossen Emma unaufhörlich in die Augen. Durcheinander sah Kath zu Peter, welcher ebenfalls mit den Tränen zu kämpfen hatte. Da überkam Kath wie ein Blitz eine schreckliche Vorahnung. Schob diesen Gedanken schnell wieder weg. Sah fragend zu Peter, welcher still dasaß und wartete, bis sich seine Frau etwas gefasst hatte. Mit dünner Stimme versuchte Emma weiterzusprechen, „Ich möchte, dass Du weißt, dass Du, egal was ist, immer zu mir … zu uns kommen kannst!“. Als Emma abgehackt sprach, setzte sich Branda wortlos neben ihre Freundin, legte ihren Arm stärkend über ihre Schultern. In diesem Augenblick erfasste sie einen aufkommenden Luftzug. Kath starrte wortlos mit weit geöffneten Augen zu Emma, da rollte plötzlich eine dicke Träne über ihre Wange. „Nein! … Nein, das darfst Du nicht sagen!“. Ein höllischer Schmerz durchzog Kathrins Herz, da nur noch ein lauter Gedanke in ihr wütete. Sofort riss Emma sie zu sich in die Arme, tröstend drückte sie das schluchzende Mädchen an ihr Herz. Wimmernd brach Kath flüsternd über ihre Lippen, „Wie?“. Emma kämpfte gegen ihre Tränen an, brachte dabei kaum die Worte zusammen. Sanft fuhr sie der Tochter ihrer besten Freundin über die noch nassen Haare, „Sie waren gerade auf dem Heimweg, als ihr Flugzeug im Golf von Mexiko …“ Hilflos klammerte sich die verzweifelte Kath an Emma fest. Dabei entwich Kathrin immer wieder ein leises „Mama“. Es stockte auch Peter der Atem, als er die Drei bitterlich weinen sah, nachdem sich auch Branda umarmend um Kath geschlungen hatte. Dieser schmerzliche Anblick brachte Peters Damm dann doch zum Brechen. Schwer atmend, rang er seine aufkommenden Tränen nieder. Seine Überzeugung, für sie stark sein zu wollen, gab ihm die nötige Kraft, in diesen schweren Stunden nicht ebenfalls der Trauer zu verfallen.

Zehn Jahre sind ins Land gezogen, doch Kath erinnerte sich an die Hiobsbotschaft, als wäre es erst gestern gewesen. Wie an jedem Todestag ihrer Eltern, gab es nur einen Ort für sie, wo die mittlerweile junge Erwachsene sein wollte. Kniend saß Kath vor dem polierten schwarzen Grabstein, als die Bilder der rührseligen Beerdigung in ihr hochkamen. Dabei widerhallte die wundervolle Stimme von Branda in ihren Ohren. Extra für die Trauerfeier sang ihre beste Freundin mit dem Kirchenchor das Lieblingslied ihrer Eltern, was sich Kathrin nach diesem Tag nie wieder anhörte. Zu sehr hätte es ihre Narben aufgerissen, welche sie über die Zeit hinter dicke eisige Wände versiegelt hatte. Mit geschlossenen Augen sah Kath die weißen Särge nebeneinander auf gebart. Im Hintergrund auf einer braunen Staffelei eine große Fotografie ihres Hochzeitsfotos, welches die Vereinigung auch im Tode von Evelyn und Noah symbolisieren sollte. Daneben wunderschöne rote Mohnblumengestecke. Mit der Erinnerung an diesen rabenschwarzen Tag spürte Kath wieder die bemitleidenden Blicke der Trauergäste auf ihr. Es war fürchterlich, wie die vielen Freunde und Bekannte ihrer Eltern sie ansahen. Statt ihrer Trauer Raum zu geben, verfiel Kath an diesem Tag in Wut und Zorn über das Schicksal, das sie erleiden musste. Sich diesen mitfühlenden Augen ausgeliefert zu fühlen, statt sich in Ruhe verabschieden zu können. An diesem Tag verließ keine einzige Träne ihre Augen. Innerlich fühlte sich Kath nur noch leer und vom Leben ausgespuckt. Genauso wirkte auch Kath auf die Trauergemeinde. Eine versteinerte kalkweiße Statue, welche nichts berührte. Nur die Familie Jansson wusste, wie es wirklich um das jugendliche Mädchen stand. Diese haben Kath, ohne überlegen zu müssen, aufgenommen. Sich liebevoll und fürsorglich auch die letzten Jahre um sie immer gekümmert hatten.

Gerade heute fiel es der sonst so taffen jungen Frau schwer auf dem Friedhof zu sein. Eigentlich wollte sie ihren Eltern die freudige Nachricht über den erfolgreichen Abschluss ihres Studiums berichten. Doch die Erinnerungen der Vergangenheit übermannten ihre Gefühle. Schon als Kath an das Grab trat, machte sich eine düstere Atmosphäre in ihr auf. Die noch zuvor bestehende Heiterkeit über ihren Erfolg war verschwunden.

Wehmütig legte Kath eine Hand auf das weiche Gras der Ruhestätte, wo ihre Eltern lagen. „Ich vermisse Euch!“, wisperte die große, schlanke Kathrin, während sich eine dicke Träne von ihren langen Wimpern löste und auf einen Halm fiel. Genau in diesem Augenblick zog der Wind aus dem Osten auf und wehte ihr durch die halblangen offenen Haare. Ein behütetes Gefühl stellte sich bei der angehenden Journalistin ein. Die Vorstellung, ein Zeichen ihrer Eltern damit erhalten zu haben, tröstete Kath ein wenig. Lächelnd sah Kath neben sich, wo sie ihre Eltern ausmalte, wie diese sie stolz anschauten. Das gefühlsbetonte Lächeln formte sich weiter auf den fein geschwungenen Lippen, „Schön, dass ihr da seid.“ Diese Zeit mit ihren scheinbar anwesenden Eltern wollte sie in Stille genießen. Schweigend saß Kath nun im Schneidersitz auf dem weichen Gras. Sah dabei die Porträts ihrer Eltern an. „Ich habe meine Abschlussprüfungen bestanden!“, sprach die etwas gefangene Kath mit ruhiger Stimme. Endlich konnte sich Kath auch am Grab über ihren Abschluss an der Universität erfreuen. Beschwingt erzählte sie ihren Eltern, was sie nun vorhatte. Wie sie in die Fußstampfen von ihnen treten und auch großartige Storys schreiben wollte.

Der Wind hatte in der zwischen Zeit dunkle Regenwolken gebracht, welche sich mit kleinen Tropfen bei Kath bemerkbar machten. Ein bunter Regenschirm spannte sich plötzlich über ihren Kopf. „Es beginnt zu regnen. Möchtest Du noch bleiben?“, die einfühlsame Stimme ihrer besten Freundin Branda erklang hinter ihr. Erst jetzt nahm Kath ihre Hand vom Grab. Gab einen liebevollen Kuss auf ihre geöffnete Handfläche, drückte diese sanft auf den mit vereinzelten Tropfen bedeckten Stein. „Ich komme bald wieder. Drückt mir für morgen die Daumen“. Gefasst richtete sich Kath auf und drehte sich grazil zu Branda um. „Danke, dass Du gewartet hast. Aber wir können gehen.“ Bestätigend nickte die Blondine, hakte sich bei Kath ein und lächelte ihr herzlich zu.

Als die Freundinnen nach einer guten Stunde bei den Eltern von Branda auf Staten Island ankamen, war der Gemütszustand von Kath unverändert. Immer noch schwankend zwischen der schmerzlichen Erinnerung und der hoffnungsvollen Zukunft, versuchte sie die Fassade zu wahren. Es fiel Kath schwer, ihre wahren Gefühle jemandem zu offenbaren, geschweige darüber zu reden. Obwohl die ganze Familie Jansson immer für Kathrin da war, sie hegten und pflegten. Sie wie ihr eigenes Kind behandelten, war da ein großes schwarzes Loch, welches einfach nicht zuwachsen wollte. Niemand schaffte es, diese Lücke im Herzen zu füllen.

Gekonnt manövrierte Branda ihr Fahrzeug in die Parklücke am Straßenrand vor dem Einfamilienhaus ihrer Eltern. Als sie den Motor ihres Wagens ausgeschaltet hatte, warf sie ihrer immer noch wortlosen Freundin einen skeptischen Blick zu. „Willst Du darüber reden?“, fragte die mit einer weiblichen Figur geformte Branda besorgt. Mit dieser Frage setzte Kath umgehend ihr liebreizendes Lächeln auf, da sie wusste, dass es ansonsten zu einer psychologischen Analyse von Branda zu Folge hätte. „Tut mir leid, ich war schon beim morgigen Gespräch mit der Business-Illustrierten“. Kaum hatte Kath den Satz ausgesprochen, hätte sie sich schon ohrfeigen können. Denn auch dies war ein gefundenes Fressen für ihre Freundin, ihr Studium als Psychologin anzuwenden. Um sich zu retten, sprach Kath hastig weiter, bevor Branda überhaupt zu Wort hätte kommen können. „Ich bin kurz das Gespräch durchgegangen, was mich erwarten könnte. Es ist wichtig, dass ich perfekt vorbereitet bin, da es meine Chance ist, in der Branche Fuß zu fassen.“

„Das packst Du ohne Probleme! Du bist einfach ein Genie im Jonglieren mit den Worten und jeder, der Dich nicht nehmen würde, ist einfach ein Idiot!“ Breit grinsend zwinkerte Branda ihr zu. Zwar machte sich Kath keine Gedanken um das Vorstellungsgespräch, trotzdem tat der Zuspruch ihrer Seele gut. Aus dem liebreizenden Lächeln von Kath wurde ein lebhaftes Feixen. „Was Du nicht sagst!“, kicherte Kath befreit auf. „Lass uns hineingehen, bevor deine Mom alles noch verkocht, weil wir nicht pünktlich zum Essen erscheinen.“ Schwungvoll flog die Beifahrertür auf, Kath setzte so gleich die eleganten Pumps auf den Bordstein und erhob sich graziös aus ihrem Sitz. Branda tat im selben Augenblick dasselbe, nur dass sie nicht so damenhaft ausstieg. Wie ein Elefant stampfte Branda mit ihren Pumps auf. Lief dann wie auf Eiern um ihr Fahrzeug. Dabei sah sie zu, wie Kath beschwingt ihre Hüfte auf den hohen Absätzen hin und her schwang. Beneidend blickte sie ihrer Freundin für den federleichten Gang mit diesen Schuhen nach. Branda trug lieber praktische Schuhe als irgendetwas mit Absatz. Für diesen Tag jedoch wollte die Blondine es wieder einmal wissen.

Dies zeigte Branda einmal mehr, warum sie diese Dinger an sich nicht ausstehen konnte.

Vergnügt stand Kath mit leuchtenden Augen auf der Veranda. Betrachtete die unsichere Branda, wie sie langsamer als eine Schnecke auf sie zukam. „Zieh doch die Dinger aus!“, rief Kath der fluchenden Branda zu. Abkämpfend mit den Pflastersteinen unter ihren Füßen, hob Branda ihren Kopf. „Wart!“ Blitzschnell ließ sich Branda in die frisch gemähte Wiese fallen. Packte energisch den linken blauen Pumps, welcher so gleich einen Freiflug auf den Gehweg bekam. Hastig ergriff Branda auch den Zweiten, warf diesen über ihren Kopf in den Vorgarten. Jubelnd, endlich diese Dinger los zu sein, hob Branda eifrig ihre Arme in die Luft. Dieses sorglose, kindische Verhalten ihrer Freundin steckte Kath an. Wie in alten Zeiten vergnügten sich die zwei Frauen über ihre Fratzen. Doch dann krümmte sich Kathrin übertrieben vor Lachen, weil die Nachbarn vorbeiliefen und dümmlich den Kopf schüttelten.

„Was ist denn hier los?“, verwundert über den Lärm vor ihrem Haus öffnete Emma die Tür. Da erblickte die Dame des Hauses schon die zwei kichernden Gründe, welche sich über die Watson lustig machten. Freudig über diese lockere Stimmung sah sie die Zwei an. Emma rechnete eigentlich mit einer trüben Atmosphäre heute, da sie von dem Besuch auf dem Friedhof wusste. Allmählich beruhigten sich Kath und Branda wieder, nachdem sie Emma wahrgenommen hatten. Überschwänglich fiel Kath ihrer Ziehmutter zur Begrüßung in die Arme. Beglückt über diese herzliche Umarmung drückte Emma die sonst so reservierte Kathrin an ihr Gesicht. Herzlich strich die in die Jahre gekommene Emma über die glatten Haare der knapp zwei Köpfe größeren Adoptivtochter. Mittlerweile hatte sich auch Branda zu ihnen gesellt und umarmte beide beschwingt mit. In diesem Moment konnte Kathrin sogar die innige körperliche Nähe zulassen.

Schnuppernd hielt Emma auf einmal ihre Nase in die Luft, „Sch …, der Braten!“ Schnell befreite sich die Mutter aus den Armen ihrer Mädels und stürmte ins Haus. Ungehalten begannen die Freundinnen erneut zu lachen. Es war so typisch für Emma, dass etwas verkohlte oder verkochte. Geschweige das bekannte Fluchwort aussprechen würde. „Meine Mom bringt glaub’s in 1'000 Jahren Scheiße nicht über ihre Lippen“, spottete Branda, bevor sie ihrer Mutter zur Unterstützung in die Küche folgte.

Nach einem erleichternden Seufzer ließ Kathrin dankbar ihren Blick über den Vorgarten schweifen. – Es ist schön, solche Menschen an meiner Seite zu haben – dachte sich Kathrin demütig, während ihr die ausgezogenen Pumps wieder ins Auge fielen. Leichtfüßig marschierte die in Türkis gekleidete Kathrin auf die Schuhe zu. Sammelte diese schnell zusammen, als sich ihr Magen mit einem lauten Knurren bemerkbar machte. – Na, dann wollen wir mal schauen, was es neben dem verkohlten Ding sonst noch gibt – dachte sich Kath, als sie sich samt den Schuhen auf ihren rebellierenden Bauch drückte.

„Und, bist Du schon wegen morgen aufgeregt?“, wollte Peter von Kath wissen, die gerade auf einem Stück verbrannter Kuh herumkaute. Mühsam versuchte sie den Fleischbrocken zu zermahlen, bevor sie diesen dann nach gefühlter Ewigkeit herunterwürgte. Das Schlucken hörte man bis ans andere Ende des großen Holztisches, welcher Peter vor Jahren für seine Frau geschreinert hatte. Am Kopfende saß Peter mit einem ähnlichen Problem. Denn auch er hatte den Kampf mit seinem Fleisch angetreten und versuchte es mit Messer und Gabel zu zerkleinern. Die neben ihm sitzende Emma konnte sich das Ganze nicht mehr ansehen, wie alle sich mit ihrem Essen anlegten. Kraftvoll erhob sie sich von ihrem Stuhl, „So, Schluss jetzt! Wir bestellen Pizza!“.

„Aber Mom, es ist doch köstlich, was Du wieder gezaubert hast“, wandte Branda für die ganze Familie ein. Zu gut wussten alle, wie sich Emma jedes Mal beim Kochen für sie ins Zeug legte. „Ja klar. Dann lasst Euch die Schuhsohle schmecken. Ich jedenfalls bestelle mir eine leckere, reichlich belegte Pizza von Giovanni!“. Zur Unterstreichung ihres Vorhabens strich sich Emma über ihr kleines Bäuchlein. Alle am Tisch begannen schallend zu lachen, als sie Emmas Faxen dazu sahen. Teilten aber dann der wartenden Emma mit, welche Pizzen sie jeweils gerne hätten. Schnell hauste Emma ans Telefon, rief den Lieferanten an, bevor sie sich gemütlich wieder an den Tisch zu den anderen gesellte. „Also, wo waren wir?“, setzte Peter erneut an, „Ach ja, genau! Bist Du jetzt wegen morgen nervös?“ Kath lehnte sich gelassen an die Stuhllehne. Hatte dabei ein verschmitztes Grinsen auf ihren Lippen, weil alle an ihrem Mund klebten. „Komm, mach es nicht immer so spannend!“, ungeduldig verwarf Branda schon nach kurzer Zeit ihre Arme.

„Ist ja gut. Nein, bin gut vorbereitet und seh das eher locker.“ Dies stimmte, denn Kath machte sich keine Sorge wegen des Vorstellungsgesprächs bei der Zeitschrift. Die eingereichten Artikel, die sie im Studium für die Uni-Zeitung schrieb, kamen beim Chefredakteur hervorragend an. Wie auch das Empfehlungsschreiben ihres Wirtschaftsprofessors fand den entsprechenden Anklang bei Justin Wales. Dieser hatte selbst bei dem anspruchsvollen Dozenten Wirtschaft absolviert und wusste, dass der Professor nur selten solche Schreiben verfasste.

Zu schmalen Schlitzen kniff Branda ungläubig über die Worte ihrer Freundin ihre Augen zusammen. Behielt jedoch vorerst ihre Skepsis für sich, während sie weiter dem Gespräch stillschweigend folgte. „Das freut mich, wenn Du beruhigt an die Sache ran gehen kannst. Aber es wäre auch nicht schlimm, wenn Du nervös wärst“, mit Engelszunge sprach Emma, da auch ihr nicht den Argwohn ihrer Tochter verdeckt blieb. Offensiv verschränkte Kath ihre Arme hinter ihrem Kopf, „Ich weiß. Aber wirklich, ich bin kein bisschen aufgeregt wegen morgen. Vielleicht auch, weil Mr. Wales am Telefon sehr sympathisch war.“ Endlich wurde Brandas Mimik weicher, nickte bestätigend, weil die Erklärung für sie einleuchtete. Dennoch war Kath froh, als das Klopfen an der Haustür zu hören war und sie damit von diesem Thema erlöst wurde. Zügig sprang sie vom Tisch auf, „Heute zahl’ ich!“, rief Kath zurück, als sie schon auf dem Weg war.

Die Büroräumlichkeiten der Business-Illustrierten waren im 13. Stock eines Hochhauses in New York City. Kath hatte für diesen wichtigen Morgen extra einen eleganten schwarzen Hosenanzug gekauft. Passend dazu lehnte sich Kath von Branda eine schlichte weiße Bluse aus. Fein säuberlich bügelte diese Kath sicherheitshalber nochmals auf, nachdem sie vom Besuch bei den Jansson wieder zu Hause war. Es durfte nichts dem Schicksal überlassen werden, weswegen Kath alles ins kleinste Detail vorbereitet hatte. Was wohl auch der Grund für ihre Gelassenheit darstellte. Bis zu dem Zeitpunkt, als Kath den ersten Schritt in die Empfangshalle machte. Schlagartig wurde ihr flau im Magen, ihre Beine fühlten sich wie Pudding an. Wie eine Welle hatte die Nervosität Kath eiskalt erwischt. Solche plötzlich eintretende Gefühlsexplosionen waren für die kontrollierte junge Frau zu suspekt, als dass sie mit dem hätte umgehen können. Gedanklich über sich selbst schimpfend, lief Kathrin dennoch selbstbewusst über den glänzenden Marmorboden. Die äußere Fassade von der jungen, angehenden Journalistin war perfekt. Niemand hätte ihr die innere Unruhe ansehen können. Mit strahlenden Augen, die Haare zu einem Dutt zusammengebunden und einer damenhaften Haltung wirkte Kath klassisch elegant.

Selbstsicher drückte Kath den Fahrstuhlknopf, als gerade ein Geschäftsmann hinter sie trat. „Wo müssen Sie hin?“, fragte die tiefe Stimme, als die Türen des Aufzugs aufgingen. Diesen Farbklang erkannte Kathrin sofort, geschmeidig drehte sie sich zu dem Herrn um. „Guten Tag, Mr. Wales. Zu Ihnen.“ Der Gründer von Business-Illustrierten war ein junger Mann. Mitte 30 hätte Kath geschätzt, gut 1,70 m groß, blonde gekrauste Haare und mit eher femininen Gesichtszügen ausgestattet. – Hmmm, ich habe ihn mir ganz anders vorgestellt – überlegte sich Kath irritiert, als sie in die unscheinbaren Augen des Redakteurs blickte. – Nach seiner Stimme müsste er männlicher aussehen – doch auch seine Statur war wie sein Gesicht schmal und mädchenhaft. Fiel der jungen Frau bei der weiteren Betrachtung des vor ihr stehenden potenziellen Chefs auf. „Dann sind Sie Mrs. Jordan. Freut mich, Sie persönlich kennenzulernen“. Ein breites Lachen formte sich auf Justins dünnen Lippen, während er Kath seine Hand zur Begrüßung hinstreckte. Freundlich nickte die immer noch selbstbewusst wirkende Kath, obwohl sie innerlich wegen ihres Ensembles unsicher wurde. Denn Justin war in schlichten dunkelblauen Jeans, einem zerknitterten schwarzen Hemd, wie einer losen Krawatte bekleidet. Seine Schuhe hätten eine Grundreinigung nötig gehabt, da diese voller Schmutz und Staub waren. Schnell drückte Kath ihren Zweifel overdressed zu sein beiseite, ergriff schnell seine knochige Hand, „Ganz meinerseits.“

Gentleman Like ließ Justin seine Bewerberin zuerst den Fahrstuhl betreten, drückte den Etagenknopf, nachdem sich die Türen geschlossen hatten. Die Rückseite des Aufzugs war verspiegelt, was Justin nutzte, um sein Aussehen zu überprüfen. Mit weit aufgerissenen Augen stand er da, als er seine Aufmachung im Spiegel sah. Hektisch strich Justin über die Brust- wie Bauchpartie, damit er etwas sein Hemd richten konnte. Doch jeder Versuch war aussichtslos, da alles voller beträchtlicher Falten war. Hoffnungslos seufzend über seinen Versuch drehte sich Justin Kath zu, „Entschuldigen Sie mein Auftreten. Es war heute Morgen turbulenter, als ich erwartete.“ Zu gut kannte Kath diese Aussage noch von ihren Eltern, wenn diese einen aufregenden Tag hatten. Ein wohlwollendes Kichern schwappte über ihre Lippen, welches Justin vergnügt erwiderte. „Tja, mit dem muss man leben, wenn man einer heißen Spur auf der Fährte ist“, scherzte der Chefredakteur, gab damit definitiv den nochmals gestarteten Versuch auf, sich herzurichten. Kräftig bestätigte die amüsierte Brünette mit ihrem Kopf seine Aussage, wobei sich fast ihr Dutt löste. „Oh ja, das habe ich zur Genüge bei meinen Eltern miterlebt.“ Das aufgeheiterte Grinsen wich schlagartig aus Justins Gesicht, „Ihre Eltern sind Journalisten?“. Erstaunt über diese Information sah der Chefredakteur mit erwartungsvollen Augen sie an. Ein beruhigtes Schmunzeln formte sich auf ihrem Mund. Stolz erfüllt nickte Kath mit einem glänzenden Funkeln, straffte ihre Brust, „Ja, ist schon lange her.“ In diesem Moment öffneten sich die schweren Aufzugtüren und Kath eröffnete sich ein Bild der Hektik. Die aufgebrachten Journalisten wirbelten regelrecht durch die Räumlichkeiten. Mehrere Telefone verlangten eindringlich nach jemandem mit ihrem unaufhörlich lauten Klingeln. Kaum waren sie aus dem Fahrstuhl getreten, stand schon ein Mitarbeiter neben ihnen. Hielt kommentarlos Justin ein Blatt unter die Nase. Kaum hatte der Chefredakteur das Papier entgegengenommen, verschwand der junge Bursche auch schon wieder. Da rief schon eine Mitarbeiterin aus einem kleinen Büro, „Justin, wir haben es!“ Mit dem Daumen nach oben bestätigte er ihre Freude. „Am besten gehen wir in mein Büro, da haben wir etwas Ruhe. Wie Sie sehen, geht es hier wie in einem Bienenstock zu“, forderte Justin gelassen Kath auf, ihm zu folgen. Herausfordernd gestaltete sich der Weg zu seinem Büro am anderen Ende der Redaktion. Jeder wollte noch schnell was von Justin, doch er wimmelte prinzipiell jeden mit den bestimmenden Worten „Komm nachher“ ab. Was eine hartnäckige Journalistin nicht einfach so hinnahm.

Energisch bäumte sich die Frau mit Ponyschnitt vor ihm auf, „Was soll dieser Bullshit, Justin?“. Wetterte sie, ohne Rücksicht auf Kath zu nehmen, los. Dickhäutig stand Justin da, wollte erneut abwinken, dass sie später darüber reden würden. Unbeeindruckt von seiner Haltung schnaubte sie lauthals weiter „Du kannst verdammt nochmal nicht einfach meine Story klauen und mir so einen Scheiß geben. Das kann eine Anfängerin machen!“ Dabei drückte sie ihm entschieden ihre dicke Mappe in die Hand. Angenommen klemmte Justin diese relaxt unter seinen Arm, ließ sich dabei von Paulas übertriebenen theatralischen Machtgehabe nicht einschüchtern. Demonstrativ grinste er Paula an. „Okay, wenn Du das nicht machen willst, dann gebe ich es ihr!“. Justin streckte die Notizen Kath hin, welche das Ganze hinter seinem Rücken gespannt verfolgte. Ein vernichtender Blick folgte in ihre Richtung, als Justin noch zynisch einen obendrauf setzte. „Sie wird es wahrscheinlich eh besser schreiben als Du.“ Aufgebracht wollte die Journalistin schon ihren Mund öffnen, doch da lief Justin bereits gleichgültig an ihr vorbei. Schnell sputete sich Kath ihm hinterherzukommen, während sie sich an Paula vorbeidrängte. Kurz überlegte sich Kath bei der Angestellten sich mit einem Blick zu entschuldigen, weil sie die angespannte Situation nicht mochte. Kath sich in ihrer Haut nicht mehr ganz so wohlfühlte. Geschweige einen solchen Start, als eventuell neue Mitarbeiterin sich nicht gewünscht hatte. Was sie dann aber mit erhobenem Kopf aus ihren Gedanken strich.

Endlich ohne weiteren Zwischenfall in Justins Büro angekommen, konnte Kath endlich wieder sicher durchatmen. Justin hob eine kleine Tasse in die Luft, „Auch einen?“. „Danke, sehr freundlich von Ihnen. Können Sie mir bitte noch erklären …“, die unangenehme Situation mit Paula ließ Kath doch nicht so kalt, wie sie es sich gewünscht hätte. Die Augen von Justin begannen zu funkeln, als er siegreich seine Hände aneinander rieb. Angelehnt an seinen Schreibtisch, wartete Justin, bis sich Kath in den Sessel vor ihm gesetzt hatte. Fiebrig auf seine Erläuterung lehnte sich ihr Körper angespannt an die Lehne. Jeder Muskel begann sich spürbar zu machen, während sie an seinen Lippen hing. Angst, dass Justin ihre Beklommenheit wahrnehmen könnte. Nervös schlug sie ihre langen Beine übereinander, legte ihre Hände auf ihre Knie. Beruhigt, als sein zugeneigtes Lächeln erstrahlte, lockerte sich ihr Unbehagen in Luft auf. Räuspernd stieß sich Justin von der Tischkante, wandte zügig dabei seinen berührten Blick von ihr ab. – Ist eben halt auch ein Mann – kicherte Kath für sich zufrieden, als sie seine erröteten Wangen sehen konnte. Es war ihr lieber, solch eine Reaktion zu erhalten, als dass er ihre Unsicherheit registriert hätte.

Sachlich erläuterte der Redakteur dann endlich „Wir nennen uns hier alle beim Vornamen. Wird für Dich auch recht sein, oder?“ Ohne auf Kaths Antwort zu warten, redete er hektisch weiter, „Also, Paula ist sauer, da ich ihrer Story nachging, weil ich einen Insider-Tipp bekam. Konnte jedoch nicht auf sie warten. Aber das weiß sie nicht. Dazu kommt, dass ich ihr ein Interview aufgebrummt hatte, weil wir zu wenige Leute waren. Da ich es jetzt Dir gebe, hat sie wieder das Gefühl, ich nehme ihr was weg …“ Überrumpelt unterbrach Kath ihn, da sie ihren Ohren nicht traute, „Ich soll das Interview machen? Also dann bin ich eingestellt?“. Bei jedem Wort, das Kath sprach, weiteten sich ihre Augen. – So einfach kann doch ein Vorstellungsgespräch nicht wirklich sein – überlegte sie sich überrascht, behielt dabei aufmerksam Justin im Auge. Mit einem kleinen Hopser platzierte Justin sich auf seinem Schreibtisch. Seine Beine schwankten spielerisch vor und wieder zurück. Immer noch ungläubig starrte Kath ihn an. „Es ist ein Testlauf. Wenn Du dieses Interview zu meiner Zufriedenheit erfüllst, was für Dich eigentlich kein Problem sein sollte – dann ja!“

Kapitel 2

Das Interview

„Wie geil ist das denn bitte!“, flippte Branda komplett aus, als Kathrin euphorisch erzählte, wie die erste Begegnung mit Justin Wales verlief. Ihre Freundin fiel vor lauter Begeisterung fast vom Stuhl, während sie das Gemüse für das Abendbrot schnippelte. Mit der Schöpfkelle in der Hand drehte sich Kathrin lebhaft zu Branda um. Hob selbstsicher diesen in die Höhe, „Jetzt heißt es, auf in den Kampf!“ Dabei tropfte etwas von der Tomatensoße auf die weiße Bluse, welche Kathrin immer noch trug. Der feine Samtstoff zog umgehend die rote Soße auf. Nachdem sich direkt ein großer Fleck auf der linken Brust abgebildet hatte, sah Kathrin schuldbewusst an sich runter. „Oh Nein! Das tut mir leid! Ich kauf’ Dir eine Neue!“ Wie eine übermäßige Tragödie geschehen sei, versuchte sich Kathrin bei ihrer Freundin mit überschlagender Stimme zu entschuldigen. Branda winkte nur tröstend ab, während sie gleichgültig vom Missgeschick zu Kath blickte. „Ach, die hätte ich eh in den Müll geworfen. Aber vielleicht solltest Du eher darauf achten, wenn Du schon in den Kampf ziehst, dass Du nicht verwundet wirst!“ Ein Fragezeichen bildete sich im Gesicht von Kath. Verstand die Anspielung ihrer Freundin nicht. – Mein Gott, was meint sie? Was soll mich verletzen? Warum muss ich aufpassen? Wieso sagt Branda so was? – Auch nach längeren Überlegungen, kam sie nicht darauf. Branda hatte sich schon wieder dem Gemüse gewidmet, beachtete die immer noch regungslos dastehende Kathrin nicht wirklich.

Mit der Kelle in der Hand setzte sich Kath zerstreut auf den gegenüberstehenden Stuhl. „Wie meinst Du das?“. Ihre Stimme war hauchdünn, kaum hörbar. Obwohl es ihr nicht dämmerte, traf der Satz von Branda einen Nerv. Erst jetzt hob die Blondine wieder den Kopf, erschrak, als sie in das blasse Gesicht sah. Wie ein Wasserfall sprudelten die Worte aus Branda raus, „Schatzi, was ist los?“. Vorsichtig legte Branda ihr Rüstmesser auf den Tisch. Streckte ihre Hand aus, damit sie die Finger von Kath berühren konnte. „Ich meine es doch wegen des Fleckens auf der Bluse, weil es so aussieht …“ Sofort brach sie den Satz ab, weil Kath aussah, wie diese gerade einen Geist gesehen hätte. In sich haltend, schaute Branda ihre verstörte Freundin an. Suchte die Worte, um die Stimmung wieder ins Positive zu kippen. Langsam bekam Kath wieder Farbe, schüttelte sich schnell wie ein nasser Hund. „Boah, was war denn das gerade?“ Verblüfft über ihr eigenes Verhalten, musste Kathrin über sich selbst lachen. Erleichtert über die rasche Wende, löste sich der Knoten in Brandas Hals auf. Über diese Situation konnte sie aber nicht mitlachen. Das beinahe Tod scheinende Gesicht von Kathrin ging ihr zu sehr in Mark und Bein über. Wortlos beobachtete sie Kath vom Stuhl aufstehen. Wie sie freudig an die Kochzeile ging, damit sie die Soße umrühren konnte. Wie nichts gewesen wäre, fragte Kathrin nach dem Gemüse. Stumm wie ein Fisch reichte Branda ihr das geschnippelte Grünzeug. Pfeifend ergriff Kath die Schale und warf es in den Topf. Schnuppernd lehnte sie sich gelassen über den Herd. „Mhhh, das wird lecker! Hast Du auch schon so Hunger wie ich?“ Appetitlos sah sie ihre Freundin bei der Arbeit zu. Versuchte jedoch authentisch zu antworten, „Ja, langsam.“

Wie ein Wirbelwind fegte Kath durch die Küche. Deckte zügig den Tisch. Schöpfte die Spaghetti in eine roséfarbene Schüssel. In dieser Zeit lehnte sich Branda versteift zurück. Froh, dass ihre Freundin abgelenkt war.

Seit Vorschulalter kannten sie sich und nach dem Tod von Evelyn und Noah, wurde ihr Freundschaftsband unzertrennlich. Wie eben hatte Branda ihre Freundin noch nie gesehen. Nicht einmal, als die fürchterliche Nachricht kam. Dieser schlagartige Stimmungswechsel versuchte sich Branda psychologisch zu erklären. Doch wie ein Esel vor einem Berg konnte sie sich das Verhalten nicht logisch erklären. Mit dem Servieren des Essens wurde sie letztlich aus ihren Analyseversuchen herausgerissen. Erst beim Schöpfen sah Kath die besorgten Augen ihrer Freundin. Hätte nicht gedacht, dass diese die Situation zuvor derartig berührte. Fürsorglich stellte Kath vorsichtig den Teller vor Branda. „Mach Dir keinen Kopf. Es ist alles gut bei mir! Wirklich. Komm, lass uns essen und ich erzähl’ Dir, wen ich interviewen darf.“ Aufgeregt stachelte sie extra Branda an, damit ihre Freundin auf andere Gedanken kam. Gleichzeitig stieg der Geruch von den Nudeln mit der Soße in die Nase. Schnuppernd über ihren Teller gebeugt, kam auch ihr Lächeln zurück. Eine gut gehäufte Gabel schob sich Branda daraufhin breit grinsend in den Mund. Schmatzend lobte sie Kathrin für ihre Kochkünste. „Zum Glück kann wenigstens eine von uns kochen! Und das bin definitiv nicht ich!“ Verschmitzt begann Kathrin zulachen, „Ja, denn Du kochst so gut wie Emma!“

Sofort war der verbrannte Braten vom Sonntag wieder präsent. Am Ende, doch froh waren um die bestellten Pizzen, was ihre Kaumuskeln regelrecht entlastet hatte. Kichernd saßen sie am Esstisch in ihrer kleinen Küche. Erst kürzlich hatten die zwei Ladys in Eigenregie diese renoviert.

Im letzten Semester an der Universität hatten sich die Studiengängerinnen dazu entschlossen, ihr eigenes Apartment zu beziehen. Durch die angespannte Wohnungslage in Brooklyn zog sich die Suche nach der passenden Wohnung. Schließlich musste die Bleibe nicht nur diesen Home-Affekt haben, sondern auch nicht ihr Budget sprengen. Ein Tipp einer Bekannten brachte dann am Ende ihre Traumwohnung doch noch. Sie mussten zwar hier und da Kleinigkeiten machen, doch der Blick auf die Brooklyn Bridge war den Aufwand wert. Dies war für die zwei Freundinnen der absolute Jackpot. Mit dieser super Lage waren sie schnell in der City. Aber auch zu ihrer Familie war es nur ein Katzensprung. Zum ersten mal in ihrem Leben wurden die zwei mit Renovierungsarbeiten konfrontiert. Unter anderem standen Wände da, welche gestrichen werden wollten. Einige mussten sogar neu verputzt werden. Und sogar im Zimmer von Branda durften sie einen neuen Boden verlegen. Die zwei Linkshänderinnen hatten zwar gute handwerkliche Hilfe bei allem, doch bei der Küche waren sie dann doch auf sich gestellt. Denn keiner der Männer wollte ihnen diese in Rosa streichen. Was die Ladys nicht davon abhielt, ihren Plan in die Tat umzusetzen. Die Küchenschränke waren dank der nachträglich gelernten Fähigkeiten schnell abgeschliffen, die Farbe aufgetragen und alles wieder montiert. Mit Stolz erzählten sie seit da, wie einfach es ginge und dass Frauen es supergut alleine packten. Branda ging sogar so weit zu sagen, dass Frauen gar keine Männer benötigen würden. Dies galt aber nicht für Kath, denn sie vermisste es, in den Armen eines starken Mannes zu liegen. Mit diesem schöne aufregende Zeiten zu erleben. Oder auch einfach mal tiefsinnige Gespräche zu führen. Wehmütig sehnte sich Kath sogar manchmal richtig danach.

Auf ihren Ellenbogen abgestützt, fixierte Branda neugierig Kathrin. „Also komm, erzähl, wen darfst Du interviewen?“ Mit gespitzten Ohren wartete sie gespannt, welche berühmte Person Kath treffen durfte. „Du wirst es mir nicht glauben. Das Magazin stellt erfolgreiche Geschäftsleute vor.“ Schon mit den Augen rollend, saß Branda auf ihrem Stuhl. Hatte sich genervt zurückgelehnt. Es war für die junge Psychologin immer noch ein Mysterium, warum Menschen nicht einfach auf den Punkt kommen konnten. Stattdessen mussten sie einen ausgedehnten Bogen um eine Sache bauen. Schnaubend blies Branda die Luft durch ihre Nase auffällig laut aus. „Ist ja gut! Oh Mann, Dir, was zu erzählen ist nicht lustig. Ich darf Chris Morrison treffen.“ Zwei aufgerissene Augen sprangen Kath fast entgegen, nachdem der Name gefallen war. Sie glaubte schon, dass die Augen von Branda aus ihren Höhlen rollen würden. Aufgeregt schnappte Branda nach Luft. „Chris Morrison!“, mit ihrer piepsigen Tonlage lehnte sich Branda ruckartig wieder nach vorn. „Der soll tierisch heiß sein!“. Schmachtend legte sie dramatisch dabei ihren Handrücken an ihre Stirn. Ließ ihren Kopf dazu in ihren Nacken fallen und tat, als ob sie gleich in Ohnmacht fallen würde. „Haha, ich wusste es!“ Blitzschnell setzte sich Branda aufrecht hin, sah sie flehend an, „Nimm mich mit!“. Erhoffte sich, mit ihrem Hundeblick Kaths Güte erhaschen zu können. „Schau mich nicht so an“, bat Kath herzzerreißend, während sie sich die Hände vor die Augen hielt. Nicht nur sein außerordentlicher Sex-Appeal war bekannt, sondern auch sein zurückgezogener Lebensstil. Nur wenige, wenn überhaupt, wussten etwas über ihn. Was sicher bekannt war, dass Chris Morrison zu der einflussreichsten Familie in New York gehörte. Selbst für Kath war dieses Interview ein absolutes Highlight, wenn sie nur schon daran dachte. Nicht nur, dass es eine riesengroße Ehre als Neuling war ein Gespräch mit einem der Morrison-Familie zu führen. Sondern viel mehr einen geheimnisvollen Mann zu treffen, der noch jedes Frauenherz angeblich zum Schmelzen brachte. Kath fragte sich schon mehrmals, ob auch sie seinem Charme erliegen würde. Da doch eher wenige Männer ihre Aufmerksamkeit gewinnen konnten. Gedankenverloren vergaß Kath schon fast ihre Freundin. Bettelnd lehnte sich diese über den Tisch, legte ihre Hände auf die von Kath. „Biittee!“. Es glich schon einem Affentheater für Kathrin, dass ihre Bestie so reagierte. Versuchte ernst zu bleiben und ihre Freundin zurück auf den Boden zu holen. „Branda, ich kann Dich wirklich nicht mitnehmen. Zudem, es ist nur ein Mensch, wie jeder Anderer auch.“ Hysterisch sprang Branda vom Stuhl hoch. „Spinnst Du? Der ist nicht wie jeder Anderer! Ganz im Gegenteil!“ Das Getue von Branda ging Kathrin langsam auf die Nerven. Energisch schüttelte diese ihren Kopf, „Komm runter! Er ist ein Mann und fertig!“. Beleidigt wandte sich Branda ab. Schnippisch kam noch „Du hast keine Ahnung!“, bevor sie trotzig, wie ein Kleinkind aus der Küche stampfte.

Oh, meine Güte! Und so reagiert eine studierte Psychologin? Manchmal muss ich mich echt fragen. Ja nu, egal, die kriegt sich wieder ein. Aber nur weil er zu den Morrison gehört, ihn so anhimmeln? – ging Kath beim Aufräumen der Küche über das Verhalten von Branda durch den Kopf. Es war immer das Gleiche, wenn es um Berühmtheiten oder einflussreiche Menschen ging. Da drehte Branda allemal durch. Hob diese Menschen in den Himmel. Setzte sie auf einen üppigen Thron. Als ob diese etwas Besseres wären als sie. Dies konnte Kathrin bei aller Liebe zu ihrer Busenfreundin nicht nachvollziehen. – Mein Gott, der hat ja eigentlich nicht einmal etwas geleistet! Nur dank seiner Familie, hat der es zu etwas gebracht … – Schoss es Kathrin abschätzend weiter durch ihre Gedanken. Sie sah es nicht ein, diesen Chris auf ein Podest zu heben, nur weil er Milliarden im Familienunternehmen scheffelte. Desto mehr sie darüber nachdachte, kam Kath zu dem Entschluss, dass er nur ein weiterer verwöhnter Schnösel war. Der gewiss Arbeiten nicht erfunden hatte und Frauen nur als schönes Anhängsel sah. „Genau das ist es!“, jubelte sie vor sich hin. Endlich hatte Kathrin den Ansatz ihres Interviews. „Ich werde dem Typen keinen Honig um den Mund schmieren, wie die anderen. Egal, wie gut der aussieht.“ Zufrieden mit ihrem vorgenommenen Vorgehen marschierte Kathrin zielstrebig in ihr Zimmer. Nahm eifrig ihren Laptop vom Schreibtisch. Setzte sich ehrgeizig auf ihr Bett und begann ihren Fragenkatalog für das morgige Gespräch zu erstellen.

In dieser Nacht konnte Kathrin kein Auge zumachen. Durch die gewaltigen Temperaturen war es einfach viel zu heiß in ihrem Zimmer. Es glich der Hölle. Seit Langem fiel kein Tropfen mehr vom Himmel, was die Hitze in den vergangenen Tagen in Brooklyn in die Höhe trieb. Zudem beschäftigte sie sich damit, welches Outfit für das Interview angebracht wäre. Egal, wie oft Kath ihren Kleiderschrank in Gedanken nach dem richtigen Kostüm durchgewühlt hatte, fand sie einfach nicht das passende. Ihr Kleiderschrank platzte zwar aus allen Nähten, weil sie nichts Lieberes tat als Shoppen. Trotzdem empfand sie keines ihrer Kostüme als das Richtige. „Kath, bist Du schon wach?“, erklang es plötzlich durch die geschlossene Tür. Genervt, morgens schon gestört zu werden, drückte sich Kath ihr Kissen auf ihr Gesicht. Ein richtiger Morgenmuffel war nichts gegen die junge Brünette. Zwar war es für sie kein Problem, früh aufzustehen, doch wehe, jemand sprach sie vor ihrem ersten Kaffee an, war der Zapfen bei Kath ab. Eigentlich wusste dies ihre Mitbewohnerin zu gut, weshalb sich Kath noch mehr darüber ärgerte. Freundlich, wie nur möglich, versuchte sie zu antworten, „Ja“. Was ihr aber nicht wirklich gelang, da ihre Tonlage alles verriet. Vorsichtig öffnete Branda die Zimmertür, presste ihr Gesicht durch den winzigen Türspalt, „Möchtest Du einen Kaffee?“

Oh Mann, was fragst Du mich so doof? Mach doch einfach – polterte Kathrins innere Stimme. Biss in ihr Kissen, damit sie dies nicht ihrer fürsorglichen Freundin an den Kopf warf. Zählte bedachtsam auf zehn. Zog dann ihr Kissen langsam von ihrem Gesicht, nachdem sie ihr liebenswertestes Lächeln aufgelegt hatte. „Das wäre lieb.“ Kathrin rechnete schon von Branda nun zugetextet zu werden, doch stattdessen schloss diese ruhig wieder die Tür. Perplex, nicht über ihren Fragenkatalog ausgequetscht zu werden, atmete Kath erleichtert durch. Aus der Küche hörte sie das Scheppern und Klappern des Geschirrs. Wie eine Verrückte musste Branda bei diesem Lärm in der Küche wüten. Bis endlich Kath glaubte, die Kaffeemaschine vernehmen zu können. Wie auch das Fluchen ihrer Freundin, welche ansonsten die Küche ziemlich mied. Da verflog auch die Verärgerung über ihre Mitbewohnerin. Zu sehr schätzte Kath die Bemühungen ihrer Freundin, als weiter griesgrämig zu sein.

Aufgemuntert kroch sie aus ihrem kuschligen Bett. Streifte ihren seidenen Bademantel über ihre noch warme Haut und schlenderte in die Küche. „Guten Morgen“, begrüßte die erstaunte Kath die aufgestylte Branda, welche schon beizeiten aufgestanden sein musste. Denn auf dem kleinen Küchentisch standen zwei Coffee to Go Becher vom Bäcker um die Ecke. Daneben ein Teller mit frischen französischen Croissants, für die er weitaus bekannt war. „Sind die mit Schokolade?“, gerührt über das leckere Frühstück, setzte sich Kathrin an den Tisch. Nahm sich ein Schokocroissant vom Teller und biss genüsslich rein. Als die noch warme Schokolade ihre Zunge berührte, glaubte Kath im siebten Himmel zu sein. „Mhhh, einfach köstlich!“, schwärmte sie. Schmunzelnd setzte sich nun auch Branda an den Tisch, setzte den Becher an ihre Lippen und nahm einen zügigen Schluck. „Ja, das sind sie wirklich! Und an diesem besonderen Tag kann ich Dir doch auch nichts anderes als nur das Beste bringen.“ Damit ließ Branda sie an diesem Morgen in Ruhe frühstücken. Zog sich sogar zurück und erst nach gut einer halben Stunde, kam Branda wieder in die Küche zurück.

„Und bist Du aufgeregt?“, nun war es so weit, die Fragen ihrer Freundin gingen los. „Hast Du schon alles bereit? Weißt Du auch schon, was Du anziehst? Ah ja, und konntest Du alle Fragen notieren, wo Du Dir vorgenommen hattest? Nicht, dass Du etwas vergisst nachher!“ Kichernd nickte Kathrin. Es war so klar, dass diese nicht die eine Antwort abwarten konnte, sondern gleich alle miteinander fragen musste. So als ob sie sonst eine davon vergessen würde. „Ja, konnte ich. Nur bei – Was zieh’ ich an? Frag mich nicht. Ich hab’ mir echt die ganze Nacht den Kopf darüber zerbrochen.“ Wie aus dem Nichts sprang Branda von ihrem Stuhl auf, stürmte aus der Küche in einer Hektik, als sei der Teufel höchst persönlich hinter ihr her. Mit verwundertem Gesichtsausdruck blieb Kath am Küchentisch sitzen, während sie Brandas Staubwolke nachschaute. Doch bevor sie überhaupt hätte reagieren können, um ihr nachzugehen, war Branda schon wieder zurück. In der Luft hielt die außer Atem gekommene Blondine ein Outfit, welches Kathrin vor langer Zeit gekauft, jedoch schon vergessen hatte. Bis heute gab es für sie keinen Sinn, dieses Kostüm anzuziehen, weshalb Kath es zuhinterst in ihrem Schrank verstauben ließ. Es bestand aus einem royal blauen Kurzblazer, welcher mit zwei schwarzen Knöpfen ausgestattet war. Dazu den passenden Bleistiftrock, welcher die weiblichen Linien von Kathrin betonte. Unter dem königsblauen Blazer konnte sie das einfache schwarze Shirt mit Rundhalsausschnitt tragen. Gerade bei dieser drückenden Wärme war es das geeignete Outfit, um nicht ins Schwitzen zu kommen. Klatschend sprang nun auch Kath von ihrem Stuhl auf, hüpfte zu ihrer Freundin und umarmte sie, „Du bist ein Genie! Das hab’ ich voll vergessen.“

Ein reges Treiben herrschte in der prachtvollen Eingangshalle des Bürokomplexes der Firma Morrison Investing. Wie in einem Bienenhaus flogen die Ankömmlinge regelrecht über den weiß marmorierten Boden. Wobei die Absätze der Frauen ein Klackern verbreiteten, was die Nervosität von der wartenden Kathrin antrieb. Eine kleine Schweißperle bildete sich auf ihrer Stirn, obwohl sie nur auf dem schwarzen Sessel saß. Das eine Bein über das andere geschlagen, beobachtete die Journalistin jeden einzelnen vorbeilaufenden Mann. Fragte sich, wer von ihnen wohl dieser geheimnisvolle Chris Morrison sei. Kein einziges Foto konnte sie bei ihren Recherchen über ihn finden, was ihre Ausschau erschwerte. Es wurde zwar viel über ihn gemunkelt oder Thesen aufgestellt, welche Kathrin auch nicht weiterbrachte. Der junge Morrison war ein Geist mit einem Namen. Weswegen sich die Journalistin über die Beurteilung über sein sagenhaftes Aussehen erst recht verwunderte, wenn ihn doch nie jemand zu Gesicht bekam. Sie konnte sich vorstellen, dass die Leute anhand seiner angeblichen Frauengeschichten ein Bild über ihn in die Welt setzten. – Vielleicht ist er ja hässlich wie die Nacht – überlegte sich Kath des Weiteren. Das Irritierende für die nachdenkliche Wartende war, dass es von seinem Vater Jack und seinem Bruder Luc x-tausende Bilder in den Dokumentationen gab. Eine erneute Perle bildete sich und fand den Weg über Kathrins Stirn. – Hoffentlich beginnt es bald zu regnen. Verdammt, es ist sooo schwül – jammerte sie genervt, während sie mit ihrem Taschentuch möglichst unauffällig vorsichtig über ihre Stirn tupfte.