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Seitenzahl: 32
Leipzig Kurt Wolff Verlag 1917
Gedruckt bei E. Haberland in Leipzig-R. Januar 1917 als achtunddreißigster Band der Bücherei „Der jüngste Tag“
Die Gedichte sind 1914—16 entstanden, sie gehören meinen toten Freunden
Nicht mehr will ich den Tag vertrinken
Unter allen der abseits Weinende sein,
Wortlos und müde hinauszusinken
Die Arme empor des Nachts zwischen Kissen zu schrein.
Oder in Straßenbahnen voller Gesichter
Plötzlich hochrot und in Tränen Erwachter zu stehn
Um dann erfüllt, doch bezwungen vom Spruche der Richter
Flackerndes Feuer geduckt zu vergehn.
Heute begriff ich die jammernden Stunden des Knaben,
Flehend, bei Spielen der andern mitjubeln zu können,
Nicht immer nach Wildheit der Lechzende sein, erschüttert von Gaben,
Die sich unzeigbar verschenken und selten zu nennen.
Harte Schwielen wünscht ich mir in die Hände
Oder auf Bäumen zu sitzen und Zweige zu brechen,
Doch mir wuchsen die Tage in endlose schmerzende Brände
Und ich verschloß mich stumm, meine Schlaffheit zu rächen.
Ich trug die Gesichter der groben ungläubigen Lehrer
In meine zitternden Träume, zaghaften Nächte hinein,
Wurde mir selber aufhorchend und wundernd der Hörer,
Ließ mich gleiten, wurde in Qualen gemein,
Ließ mich verleiten von jedem, das mich bewegte,
Der nicht mehr da war, dunkel und trunken den Blick,
Was mich so maßlos erbitterte und erregte
Von mir gebracht fiel dröhnend auf mich zurück.
Jugend, Verrat, schwerträumend, bewußtlos verübt,
Geschändet, verstoßen, verschlossen, wehrlosen Willens.
Großes, hartherziges Grauen der höhnenden Stadt,
Lachende, riesige Menschen, die mich in Händen gehabt,
Die mir zerknickten die wachsenden Glieder zum Stoß:
Ich blieb an den Wolken hängen
Ich blieb an den himmlischen Winden hängen
Ich sank in die Wiesen, Gras nickte mir zu,
Den hohen Gesängen
Der wissenden Wälder
Gab ich mein brennendes brüderlich: Du.
Aufgehender Tag, teilhaft des Sinns solcher Zeit,
Mutter, Dein Schoß regt sich verkündungsvoll,
Stolz Deines Sohnes will donnernd erwachen,
Heiliger Stunde dröhnt das Geläute der Welt.
Kirchen stürzen zerschmettert, Gott geht zu Gast,
Der fromme Geist zeigt schluchzend sein Herz,
Süß liegt die ruhende Kraft bereit,
Unseliger Schlaf auftut die Augen
Zu vollstrecken des Geistes Geheiß:
Denn Gott ist zornig, ist streng und zornig!
Durch Jungsein leergebrannt
Die eingekreiste Glut,
Vielmals vergossen
Weg abendlicher Qual.
Denn da genügt kein Wort,
Ist nirgends ein Wort,
Das der Nacht Verhängnis
Gerecht ermißt.
Wir sehen uns an Wänden
Verrunzelt winzig stehn,
Zwischen weichen Fingern zermalmend
Überschreitet uns riesig die Frau.
Wir strecken um ein wenig Glück
Die Hand, um enge Güte,
Um einen Hof der Scham, uns stürzt
Zärtlichkeit vom Angesicht.
Aber Feindschaft ist so groß,
Kein Schoß verheißt Empfang,
Ekel überspannt den Leib
Seiner Unzulänglichkeit.
Blühte doch ein Tal der Ruhe,
Käme Zeit des Morgens,
Der ins Innen dringt
Und Erlösung kennt.
Auf dem Rücken der Stadt
Hockt der häßliche Zwerg,
Die kreischende Nacht,
Das Tor voll Qual.
Soll ich mein kleines
Lustliedlein singen,
Mein Herzlein bringen
Vor Deinen Mund,
Knie will ich falten,
Hände hinhalten,
Mach mich gesund!
Hebe mir Schwere
Vom Haupt,
O ich ersticke,
Aller Geschicke
Steh ich beraubt.
Laß mich die Leere
Mit meinen bloßen
Armen durchstoßen,
Bin ich doch nackt
Ausgegossen in Deine Hände,
O so beende
Was mich da packt.
Zärtlichkeit hasse ich,
Schwäche versehrt mich,
Liebe zerstört mich,
Ich bin gar unfähig.
Im Fensterriß errötend rings von Tag
Der Häusermauern eckiges Gesicht,
Beglotzt den Traum, lang rasselndes Gewicht,